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I
ih/ ~v
ZEITSCHRIFT
FUR
VBRMESSÜNGSWESEN
IM AUFTRAGE UND ALS ORGAN
DES
DEUTSCHEN GEOSIETEKTEREINS
herausgegeben von
Hr. 1¥. Jordan, ^^^ V. Steppes,
Professor in Hannover Btonerrath in München.
XXV. Band.
(1896.)
STUTTGART.
VERLAG VON KONRAD WITTWER.
1896.
Druck von Gebrüder Jänecke, Hannover.
Sachregfister.
Seite
AbhandluDg von Vogeler betr 690
Absteckung von Brecbpunkten in Wegen und Gräben, sowie sonstigen
schmalen, parallel begrenzten Parzellen, von Hellmich 436
Aufgabe der beiden Punktpaare in ihrer örtlichen Auswahl und rechne-
rischen Behandlung mittelst Maschine und numerisch- trigonometrischen
Hilfstafel, von Sossna 361
Auftragapparat nach Seyfert, von Seyf ert 147
Besprechungen:
£s march, Die Kunst des Stabrechnens, bespr. von Jordan 655
Fuhrmann, I. Ueber einige geodätische Instrumente; IL Die Nivellir-
instrumente, bespr. von Winckel 25
Har tl, Tafeln enthaltend die Ausmaasse der Meridian- und Parallelkreis-
Bögen, dann die Logarithmen der Krümmungsradien des BessePschen
Erdellipsoids, bespr. von Jordan 28
Jordan, Handbuch der Vermessungskunde I.Band, 4. Aufl., bespr. von
Seyfert 150
Kohlrausch, Leitfaden der praktischen Physik, 8. Aufl., bespr. von
Jordan 711
Kraft, Anfangsgründe der Theodolitmessung, 3. Aufl., bespr. von
Petzold 156
Landesaufnahme, Kgl. preuss. , Die Nivellementsergebnisse der
trigonometrischen Abtheilung, bespr. von Steppes 542
Lo ewe, Strassenbaukunde, bespr. von Petz old 62
L u e g e r , Lexikon der gesammten Technik und ihrer Hilfswissenschaften,
bespr. von Jordan 23
V. Schlieben, vollständiges Hand- und Lehrbuch der gesammten Land-
messkunst, 9. Auflage von Ca vi lie, bespr. von Steppes 637
Vogler, Grundlehren der Kulturtechnik, bespr. von Schiebach 378
Wüllner, Lehrbuch der Experimentalphysik L u. IL Band, 5. Aufl.
bespr. von Petzold " 62, 157
Z eut hen , Geschichte der Mathematik, bespr. von Jordan 26
Zimmermann, Rechentafeln, bespr. von Jordan 30
Bussolenzuge, von Hammer 161
Conforme Abbildung, von Jordan 101
Conforme Kegelprojection, von J or d an 129
Conforme Kegelprojection von Mecklenburg, verglichen mit der congruenten
Soldner'schen Projection, von Vogeler 257, 320, 691
Conforme Projection I u. II, von Jor d an 198, 200
Conformität in Bayern, von Franke.... 327
Coordinaten, congruente oder conforme, von K o 11 193
Coordinaten-Gesammtverzerrung von Hammer und Jordan 684
Coordinaten, mittlerer Verzerrungsfehler, von Jordan 249
Coordinaten, querachsige, von Jo r dan 83
Coordinaten, querachsige, von Jordan 214
181030
IV
Seite
Coordinaten, querachsige rechtwinklige sphärische Coordinaten für die
Zwecke der Kleintriangulirung und Specialvermessung, von Schulze. 65
Coordinaten, querachsige, von Schulze 206
Coordinaten, Soldner'sche oder Gauss'sche? von KoU 199
Coordinaten, Soldner'sche oder Gauss'sche? von K o 11 321
Coordinaten, Soldner* sehe oder Gauss'sche? von Kol 1 : . . . 473
Coordinaten betreffende Bemerkung, von Helmert 544
Coordinaten system einer Landesvermessung, von Steif f 333
Coordinatentafeln von Ul ffers, Druckfehler, von Meier 256
Deutsche Reichs-Geodäsie 1
Distanzlatten-Theilung, von Hammer 653
Distanzmesser, die Smith'schen Untersuchungen, von Petzold 659
Dreiecksnetz- Anschluss an ein Hauptnetz, von Krüger 289, 339, 368
Eisenbahnvorarbeiten, von Pull er 366
Ellipsen-Rectification und Complanation des Ellipsoids, von Hammer ... 411
Erdmessung, ßerlcht über die Internationale Erdmessnng betr., von
Hegemann 124
Fadenkreuz, zur Geschichte, von Hammer 513
Geodätische Linie, ihre Berechnung aus geographischen Coordinaten und
conformen ebenen Coordinaten, von Vogel er 240
Geometrisches Problem, von Ju ri seh 273
Gesetze und Verordnungen:
Generalcommission für Ostpreussen betr. Gesetz 252, 318
Haushaltsetat Preussens betreffs der Landwirthschaftlichen Verwaltung 277
Landmesser-Ordnung, Entwurf 417
Landmesser-Prüfungsordnung, Nsuihtrag dazu 157
Preussische Bestimmung betreffs der Eigenthumsveränderungslisten 376
Gradnetz für topographische Karten, von Jordan 109
Graphische Ausgleichung beim trigonometrischen Einschneiden von Punkten,
von Hammer 611, 674
Grundbesitz, von Harksen 385
Höhen aufnahmen in Württemberg im Maassstab 1 : 2500 und die Herstellung
einer topographischen Karte im Maassstabo 1:25000, von Schiebach 353
Karte von Ostfriesland von Fabricius aus dem Jahre 1592 124
Kataster-Karten in Oesterreich 711
Kosten für Vermessung und Vermarkung jährlich in Württemberg, von
Jordan • 267
Längenmaassvergleichnngen, die persönliche Gleichung dabei, von Stadt-
hagen 103
Längenmaassvergleichungen, Genauigkeit der Pointirnng von Stadthag en 168
Längenmessung der Bonner Basis mit Messlatten und Messband, von
Rein hertz 7, 33
Litteratur über Vermessungswesen:
Seite 31, 64, 128, 159, 224, 287, 319, 352, 384, 416, 448, 543,642,657,672,713
üebersicht der Litteratur für Vermessungswesen von 1895, von
Petzold 481, 517
Logarithmentafel von Jordan, Druckfehlerberichtignng, von Denzel 384
Logarithmentafel von Jordan, Druckfehlerberichtigung von Schule 31
Maassstab mit auswechselbaren Füssen, von Eichholtz 413, 512
Messlatten-Reductor von Hamm er 665
Methode der kleinsten Quadrate, von Kopsel 316
Orientirnngsübertragung durch einen seigeren Schacht, von Uhlich 113
Pensionsverhältnisse der Generalcommissions-Landmesser betreffende Frage 586
V
Seite
Personalnachrichten:
Seitö 31, 96, 126, 158, 192, 255, 278, 318, 348, 3i«3,415,479, 512, 586,656,
671 (Hoogh), 689, 71.4 (Spindler).
Geheimrath Professor Dr. Dünkelberg« von Winckel 217
Landmesser, die die Landmesserpriifung bestanden haben 215, 707
Photogrammetrische Praxis, von Fi n s t erwal d er 225
Pläne als Beweismittel zur Entscheidung von Grenzstreitigkeiten, Vortrag
von Nagel 600
Planimeter von Mönkemöller, von Hiiser 443
Quadratur des Kreises 123
Rechenschieber mit Theilungen auf Celluloid, von Hammer 122
Rechentafeln von Ludwig Zimmermann, von Schulze 703
Repetitionstheodolite französischer Form, Verschiebung von Aihidade
gegen Limbus, von Nip p a 675
Richtungsbeobachtungen bei vollen Sätzen, Berechnung des mittleren Fehlers,
von üblich 686
Rtickwärtseinschneiden, Anwendung der Rechenmaschine und numerisch-
trigonometrischer Tafeln, von Sossna 269, 288, 471
SchätzungsgenauigkeitanNivellir-undDistanzscalen, von Wagner 449, 501, 586
Schiebetachymeter, zur Geschichte, von Puller 375
Signalpfeife mit Maassstäben, von Hammer 542
Staatsaufsicht über die gewerbetreibenden vereidigten preussischen Land-
messer 182
Stangenplanimeter mit Rolle von Hamann 643
Tachymeter mit Celluloid-Höhenbogen, von Jordan 14
Tachymeter von Sanguet, von Petzold 144
Tachymeter von Sanguet, einige Versuche, von Petzold 700
Tachymeterschieber, von Pull er 20
Theodolit ohne Kreistheilung und Nonienablesung, von Heyde 652
Thesaurus logarithmorum von Vega betr., von Helmer t 317
Triangulation, Hauptdreiecksketten und Netze der Preussischen Landes-
triangulation, von Jor dan 406
Trigonometrische Abtheilung der Preussischen Landesaufnahme, ihre Ar-
beiten im Jahre 1895, von v. Schmidt 97
Trigonometrische Abtheilung der Preussischen Landesaufnahme, Veröffent-
lichungen betr., von Jordan 101
Unterricht und Prüfungen:
Landmessercursus, Vorbedingungen, von Koll 307
Vorlesungsverzeichniss der Landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin 191
Vorlesungsverzeichniss der Landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin
im Winter 1896/97, von Frank 640
Wtirttembergische Geometer-Schule 22, 125
Vereinsangelegenheiten:
Badischen und Elsass-Lothringischen Geometer- Verein betreffende Anfrage 192
Bayerischer Bezirks-Geometer- Verein 96
Deutscher Geometer- Verein:
Bitte betreffs einer Unterstützung der Wittwe des Landmessers Wann ach,
von Winckel 63
Kassenbericht und Haushaltsentwurf, von H ü s e r 94
20. Hauptversammlung betr., von Winckel 126
Ordnung der 20. Hauptversammlung, von Winckel 253, 349, 444
Finladung zur 20. Hauptversammlung von Nagel und Gerke 279
VI
Seite
Liste der Einsender und Geldbeträge 280
Bittgesuch, die Eisenbahnlandmesser betr., von Winckel 690
20. Hauptversammlung betr., von G e rke 416
Bericht über die 20. Hauptversammlung, von Steppes 545
Personalveränderungen der Mitglieder betr., von Hüser 642
Elsass-Lothringischer Geometer* Verein, von Autenrietfa 286
Niedersächsischer Geometer- Verein 286
Rheinisch-Westfälischer Landmesser- Verein 159
Thüringer Geometer- Verein, von Schnaub ert 282
Verein praktischer Geometer im Königreich Sachsen, von Winckel... 352
Württembergischer Oberamt49- und Bezirk sgeometerverein, Bericht über .]
die Hauptversammlung vom 5. Mai 1895, von Gehring 607 .j
Vermessungswesen Deutschlands im 19. Jahrhundert, Festrede von Jordan 587 ^
Winkelgrössen-Bezeichnungsweise, von Hammer 189, 221, 256 j
Winkelgrössen-Bezeichnungsweise, von Wilski 175 .]
Wurzel-Näherungswerthe, von Pul 1 er 263 .;
Namenregrister.
Autenrieth, Elsass-Lothringischer Geometer- Verein 286
Denzel, Druckfehlerberichtigung in der Logarithmentafel von Jordan .. 384
Eichholtz, Maassstab mit auswechselbaren Füssen 413, 512
Finsterwa 1 der, Photogrammetrische Praxis 225
Franke, Conformität in Bayern 327
Ge bring, Württembergischer Oberamts- und Bezirksgeometer - Verein,
Bericht über die Hauptversammlung vom 5. Mai 1895 607
Gerke, 20. Hauptversammlung betr 416
Hamann, Stangenplanimeter mit Rolle 643
Hammer, Bussolenzüge 161
H amm e r , Distanzlattentheilung 653
Hammer, Ellipsen-Rectification und Complanation des Ellipsoids 411
Hammer, Graphische Ausgleichung beim trigonometrischen Einschneiden
von Punkten 611, 674
Hamm er, Messlatten-Reductor 665
Hammer, Rechenschieber mit Theilungen auf Celluloid 122
Hammer, Signalpfeife mit Maassstäben 542
Hammer, Winkelgrössenbezeichnungsweise 189, 221 256
Hammer, Zur Geschichte des Fadenkreuzes 513
Hammer und Jordan, CoordinatenGesammtverzerrung 684
Harksen, Grundbesitz 385
Hegemann, Bericht über die Internationale Erdmessung betr. 124
Hei Im ich, Absteckung von Brechpunkten in Wegen und Gräben, sowie
sonstigen schmalen, parallel begrenzten Parzellen 436
Helm ert, Coordinaten betreffende Bemerkung 544
He Im ert, Thesaurus logarithmorum von Vega betr. 317
Heyde, Theodolit ohne Kreistheilung und Nonienablesung 652
VII
Seite
Hti s e r , Kassenbericht und Haushaltsentwurf für 1895 94
Hüs er, Personalveränderungen der Mitglieder betr 642
Hiise r, Planimeter von MönkemöUer 443
Jordan, Besprechung von: Es march, die Kunst des Stabrechnens 655
Jordan, Besprechung von: Hartl, Tafeln enthaltend die Ausmaasse der
Meridian- und Parallelkreis-Bögen, dann die Logarithmen der Krümmungs-
radien des Besserschen Erdellipsoids 28
Jordan, Besprechung von: Kohlrausch, Leitfaden der praktischen
Physik, 8. Aufl 711
Jordan, Besprechung von: Lueger, Lexikon der gesammten Technik
und ihrer Hilfswissenschaften 23
J or dan, Besprechung von: Zeuthen, Geschichte der Mathematik 26
Jordan, Besprechung von: Zimmermann, Rechentafeln 30
Jordan, Gonforme Abbildung 101
Jordan, Gonforme Kegelprojection 129
J or d an, Gonforme Projection I u. II 198, 200
Jordan, Gradnetz für topographische Karten 109
Jordan, Hauptdreiecksketten und Netze der Preussischen Landestrian-
gulation 406
Jordan, Jährliche Kosten für Vermessung und Vermarkung in Württemberg 267
Jordan, Mittlerer Verzerrungsfehler 249
J or dan, Querachsige Coordinaten 83
Jordan, Querachsige Goordinaten 214
J or dan, Tachymeter mit Gelluloid-Höhenbogen 14
Jordan, Vermessungswesen Deutschlands im 19. Jahrhundert, Festrede 587
Jordan, Veröffentlichungen der Trigonometrischen Abtheilung der Preussi-
schen Landesaufaahme 101
Juris ch. Geometrisches Problem 273
K oll , Congruente oder conforme Goordinaten? 193
Koll, Soldner'sche oder Gauss*sche Goordinaten? 199, 321, 473
K ol 1 , Vorbedingungen zum Landmessercursus 307
K ops e 1 , Zur Methode der kleinsten Quadrate 316
Krüger, Dreiecksnetz -Anschluss an ein Hauptnetz 289, 339, 368
Meier, Druckfehler in den Coordinatentafeln von ülffers 256
Nagel, Pläne als Beweismittel zur Entscheidung von Grenzstreitigkeiten,
Vortrag 600
Nagel und Gerke. Einladung zur 20. Hauptversammlung 279
Nippa, Repetitionstheodolite französischer Form, Verschiebung von
Alhidade gegen Limbus 675
Petz old, Besprechung von: Kr a ft, Anfangsgründe der Theodolitmessung 156
Petzold, Besprechung von: Loewe, Strassenbaukunde 62
P e t z 0 1 d , Besprechung von : W ü 1 1 n e r , Lehrbuch der Experimentalphysik
I. und II. Band, 5. Aufl 62, 157
Petzold, Die Smith^schen Untersuchungen mit dem Ocnlarfaden - Distanz-
messer 659
Petzold, Tachymeter von Sanguet 144
Petzold, Versuche mit dem Sanguet'schen Tachymeter 700
Petzold, Uebersicht der Litteratur für Vermessungswesen von 1895: 481, 517
P uU e r , Eisenbahnvorarbeiten 366
Puller, Tachymeter- Schieber 20
Puller, Wurzel -Näherungswerthe 263
Pull er. Zur Geschichte der Schiebetachymeter 375
Be inh er tz, Längenmessung der Bonner Basis mit Messlatten und Messband 7, 33
VJII
Seite
Schlebachy Besprechung vun : Vogler, Grundlehren der Kulturtechnik 378
Schlebachy Höhenaufnahmen in Württemberg im Maassstab 1:2500,
und die Herstellung einer Topographischen Karte im Maassstabe
1 : 25000 353
V. Schmidt, Arbeiten der trigonometrischen Abtheilung der Preussischen
Landesaufnahme im Jahre 1895 97
Schnaubert, Thüringer Geometer - Verein 282
Schule, Druckfehlerberichtigung in der Logarithmentafel von Jordan.. 31
Schulze, Querachsige rechtwinklige sphärische Coordinaten für die
Zwecke der Kleintriangulirung und Special Vermessung 65
Schulze, Querachsige Coordinaten 200
Schulze, Rechentafeln von Ludwig Zimmermann 703
S e y f e r t, Auftragapparat nach Seyfert 147
Seyfert, Besprechung von Jordan, Handbuch der Vermessungskunde
1. Band, 4. Aufl 150
Sossna, Aufgabe der beiden Punktpaare in ihrer örtlichen Auswahl und
rechnerischen Behandlung mittelst Maschine und numerisch - trigono-
metrischer Hilfstafel 361
Sossna, Rückwärtseinschneiden, Anwendung der Rechenmaschine und
numerisch- trignometrischer Tafeln 269, 288, 471
Stadthagen, Die persönliche Gleichung bei Längenmaassvergleichungen 103
Stadthagen, Genauigkeit der Pointirung bei Längenmaassvergleichungen 1 68
St eiff , Coordinatensystem einer Landesvermessung 333
Steiff, Württembergische Geometerschule 125
Steppes, Bericht über die 20. Hauptversammlung 545
Steppes, Besprechung von: Kgl. Preuss. Landesaufnahme, die
Nivellementsergebuisse der trigonometrischen Abtheilung 542
Steppes, Besprechung von : v. S c h 1 i eb e n , Vollständiges Hand- und Lehr-
buch der gesammten Landmesskunst, 9. Auflage von Caville 637
Uhlich, Orientirungsüb ertragung durch einen seigeren Schacht 113
Uhlich, Richtungsbeobachtungen bei vollen Sätzen, Berechnung des
mittleren Fehlers 686
Vogel er. Die conforme Kegelprojection von Mecklenburg, verglichen mit
der congruenten Soldner'schen Projection 257, 320, 691
Vogeler, Die geodätische Linie, ihre Berechnung aus geographischen
Coordinaten und conformen, ebenen Coordinaten 240
Wagner, Schätzungsgenauigkeit an Nivellir- und Distanzscalen 449, 504, 586
Wil ski , Winkelgrössen- Bezeichnungsweise 175
Win ekel, Bernhard Spindler 714
Win ekel, Besprechung von: Fuhrmann, L Ueber einige geodätische
Instrumente; H. Die Nivellirinstrumente 25
W i nck e l , Eisenbahnlandmesser betr. Bittgesuch 690
Winckel, Geheimrath Professor Dr. Dünkelberg 217
W i n c k e 1 , Liste betreffs einer Unterstützung 63
Winckel, Verein praktischer Geometer im Königreich Sachsen 352
Win c kel, 20. Hauptversammlung betr 126, 253, 349, 444
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes»
Professor in Hannover Steuer-Rath in München.
1896. HeftL Band XXV.
!• Januar. m$- —
Deutsche Reichs-Geodäsie.
Vor 23 Jahren, im December 1872, hat in Berlin eine Versammlang
von Geodäten verschiedener deatscher Staaten Berathungen gepflogen
über die Orflndong einer deutschen Reichs-Oradmessungs-Gommission.
Das Ergebniss dieser Berathungen ist abgedruckt in dem Oeneralbericht
der mitteleuropäischen Oradmessung für 1872, 8, 22—48, womit die
Sache abgeschlossen war, indem der damalige Bundesrath den ihm
eingereichten Plan auf sich beruhen Hess.
Wenn heute aus unbestimmten Mittheilungen die Hoffnung entsteht,
dass ein geodätisches Reichsamt geschaffen werden soll, das jenen
Oedanken von 1872 vielleicht in neuer besserer Form zu verwirklichen
bestimmt ist, so drängt sich uns eine politische Vergleichung auf:
Auch die Schaffung eines Deutschen Reiches ist lange vor 1871
nicht bloss stiller Wunsch aller Deutschen, sondern auch Gegenstand
der Berathnng einer amtlich bestellten Versammlung 1848 in Frankfurt
gewesen, aber was jenes Parlament von 1848 geschaffen hat, papierene
„Ornndrechte^ und eine Reiehsyerfassung ohne ausübende Oewalt, das
ist zu vergleichen mit der Reichs-Gradmessüngs- Verfassung von 1872 ;
beide sind ein Stück Papier geblieben, und beide haben nahezu gleich
lang geruht (ungefähr ein Vierteljahrhutidert), bis sie ersetzt wurden
durch eine schaffende Kraft.
Wenn es gestattet sein mag, die Analogie zwischen der Schaffung
des Deutschen Reiches und der bevorstehenden Schaffung eines geodä-
tischen Reichsamtes noch etwas weiter zu führen, so möge auch an das
prophetische Wort eines schwäbischen Dichters aus der Paulskirche
erinnert werden, von dem „Tropfen demokratischen Oeles^, welcher dem
künftigen deutschen Kaiserreiche nicht mangeln dürfe. — Ein solches
demokratisches Element giebt es auch in der deutschen Oeodäsie,
welches dem künftigen geodätischen Reichsamt — oder wie das Amt
heissen mag ~ nicht wird fehlen dürfen, und das ist das praktische
Bedürfnis» der Tausende von Feld- und Landmessern und Vermessungs-
zeitschrift für VennMsangBwesen 1896. Heft l. 1
S Deutsche Reichs-Geodäsie.
ingenieuren nach Regelang der Angelegenheiten des täglichen geodä-
tischen Gebraachs, welche mit der internationalen hohen firdmessnng
wenig oder gar keine Berührung haben.
Das bisherige geodätische Institut^ welches in der höheren Geodäsie
das Höchste leistet^ hat nach unten nicht gewirkt weil nach seiner Ver-
fassung ihm die Beziehungen zu dem geodätischen täglichen Brod des
Landmessers^ — zu Höhenangaben und Ooordinaten — abgeschnitten
sind. — Ein geodätisches Reichsamt^ welches im Deutschen Reiche
feste Wurzeln schlagen soll^ muss dem Landmesser jeder preussischen
Provinz oder jedes deutschen Mittel- und Kleinstaates^ der in der
Anlage und Behandlung seiner Triangulirungen oder seiner Nivellements
und dgl. Zweifel findet^ mit Belehrung auf amtlichem Wege entgegen
zu kommen in der Lage sein^ und auf allen solchen Gebieten aus
eigener Erfahrung schöpfen können.
Von dem Plane des unsterblichen Begründers der internationalen
Erdmessung ist nach dessen Tode in seinem eigenen Vaterlande etwas
unerfüllt geblieben^ was den Lebensnerv der Geodäsie ausmacht, das
ist das unmittelbare Messen auf dem Mutter-Erdboden selbst, wie es der
Feld- und Landmesser betreibt. General Baeyer dachte sich sein
geodätisches Institut in der Weiterentwicklung als eine geodätische
CentralbehördC; in welcher das, was heute Landesaufnahme und Eataster-
vermessung heisst, allmählich aufgehen sollte, oder an welche sich diese
Theile allmählich angliedern sollten. Als Beweis hierfür haben wir
mündliche und schriftliche Aeusserungen Baeyer^s aus dem Anfang der
70 er Jahre, namentlich einen Bericht an eine badische Behörde, in welchem
es heisst : Es ist Hoffnung vorhanden, dass die Triangulirungsnetze ohne die
Hemmung durch die Landesgrenzen innerhalb des Deutschen Reiches sich
entwickeln werden. Eine geodätische Oentralbehörde mit allgemeinen
deutschen Reichsfunctionen, ausgedehnt über die höhere und niedere
Geodäsie, das ist es, was General Baeyer nach 1870 im Sinne hatte.
Denken wir uns ein deutsches geodätisches Reichsamt etwa mit
der Verfassung der Kaiserlichen Normal-Aichungs- Commission, mit
jährlichen oder halbjährlichen Versammlungen von Mitgliedern aus den
einzelnen Staaten, in welchen Gedankenaustausch hin und her statt-
finden kann, so wäre damit den kühnsten Hoffnungen Aussicht auf Er-
füllung gewährt. Sehen wir ab von den Gegenständen höherer Geodäsie,
Lothablenkungen, Pendelvergleichungen u. s. w., für welche genügend
gesorgt ist oder von anderer Seite gesorgt wird, so mögen diejenigen
Theile der niederen Geodäsie uns beschäftigen, welche seit Jahr-
zehnten einer einigermaassen einheitlichen Behandlung harren.
I. Coordinatensysteme.
Wie wir vor kurzem in einem besonderen Vortrage über diesen Gegen-
stand dargelegt haben (Zeitschr. f. Verm. 1895 S. 337—345), sind die
deutschen Coordinatensysteme, etwa 50 an der Zahl, im Laufe eines
Deutsehe Reichs-Geodäsie. 3
Jahrhunderts ohne gegenseitige Beziehungen entstanden^ sie bilden heute
ein systemloses Oewirre^ dessen Mängel klar zu Tage liegen, welche
aber bei der heutigen Verfassung d^r Yermessungsbehörden in ab-
sehbarer Zeit kaum Verbesserungen im Einzelnen erwarten lassen wegen
der tiefgreifenden Folgen^ welche jede Anwendung auf diesem Gebiete
mit sich bringt.
Ganz anders aber stände die Sache, wenn eine Gentralinstanz über
die auch auf diesem starren Gebiete von 2eit zu Zeit nicht zu
vermeidenden Neubildungen und Anschlüsse wachte. Wir denken uns
ein ideales Princip von rechtwinkligen Coordinatensystemen seitens
des geodätischen Reichsamtes ausgearbeitet, das in allen den Fällen
zur Verwendung käme, wenn ein Staat oder eine Staatsbehörde irgend
welche Aenderungen oder Neuanlagen von Ooordinaten vorzunehmen
oder auch nur vorläufig zu überlegen in die Lage käme; und dass
solcher Fälle in der nächsten Zeit mehr als einer vorliegen, haben wir
in dem schon erwähnten Vortrage (in Zeitschr. f. Verm. 1895, S. 341
und 342) bemerkt. Wir haben also als erste Nummer unseres Programms:
1. Untersuchung und Neuregulirung der deutschen
Goordinatensysteme.
II. Topographie.
Kein Theil des gesammten Karten- und Plan- Werkes wird ver-
schiedenartiger behandelt als die topographischen Karten in 1 : 25 000
mit Horizontal- Curven, welche heute den Grundton der deutschen
Topographie bilden. Zwischen der unmittelbaren Messtischaufnahme in
1:25000 selbst und der Flurkartenbehandlung in 1;2500 mit nach-
heriger lOfacher Verkleinerung kommen alle Zwischen - Verfahrungs-
arten vor. Indessen scheint bei der Beurtheilung dieser verschiedenen
Fälle die technisch-landmesserische Seite zurückzutreten vor den staatlichen
^Ressorts-Verhältnissen, betreffend die militärische Topographie.
In dem Grossstaat ist das militärische und vaterländische Interesse,
die gesammte Topographie des Landes fest in einer Hand zui^halten,
ein so überwiegendes, dass die allmähliche Vercivilisirung der Topographie,
welche in den Kleinstaaten angefangen hat Platz zu greifen und auch
schon Früchte getragen hat, im Grossstaat sich jeder Erörterung entzieht.
Wenn bei alledem über die Zusammenfassung der ganzen Topographie
aller deutschen Staaten auch von civiler Seite her ein Wort gesagt
werden kann, so ist es in dem Sinn, dass die militärische Topographie
und das bürgerliche Landmessen bereits begonnen haben, sich derart
in die Aufgabe zu theilen, dass der Landmesser Pläne grossen Maass-
stabes in 1:1000— 1:2500 liefert, die er auch allmählich mit Hdhen-
zahien und Horizontalcurven zu überziehen lernt, sodass dem militärischen
Topographen immer mehr nur noch die Verkleinerung, dann die zeichnerische
1*
4 Deutsche Reichs-Geodäsie.
und künstlerische Zasammenfassntag übrig bleibt von dem^ was der Land-
messer im grossen Maassstabe geliefert hat.
Oder ist es etwas wesentlich Anderes als das hier gesagte, wenn
z. B. eine Orossstadt von 200000 Einwohnern ihr Pläne in 1:500 mit
Höhenkoten und Horizontalcnrven bezogen auf N. N. nebst anstossenden
FeldmarkS'Plänen dem staatlichen Militär-Topographen übergiebt, der
daraas eine künstlerisch schiene Karte in 1:25000 viel weniger mit dem
Messtische im Felde als mit dem Pantographen und mit der Zeichen-
feder im Zimmer herstellt ? Vor Jahren hat ein hochgestellter militärischer
Geodät geäussert: Wenn einmal in Preussen alle Flurkarten nach festen
Coordinatensystemen vermessen sein werden (wie damals als Neu-
einrichtung in Schleswig-Holstein), so wird auch die Topogrophie für
die Lagepläne kaum noch etwas anderes zu thun vorfinden, als das
Reduciren auf 1 : 25 000.
Nehmen wir also an, dass es die Zukunft der militärischen Topo-
graphie allmählich sein wird, die von dem Feldmesser gelieferten
mit Höhenzablen und Horizontalcnrven bereits versehenen Flurkarten zu
sammeln, zu verkleinern und künstlerisch auszugestalten, dann bleibt
für unser Programm eines geodätischen Reichsamtes übrig:
IL Die He rstellung einer einheitlichen Karte des Deutschen
Reiches in 1:2500 oder 1:5000 mit Höhenzahlen und Horizontal-
cnrven.
III. Vorarbeiten fOr Elsenbahn-, Strassen- und Wasserbau.
Seitdem der deutsche Normalhorizont festgelegt und alle Behörden
sich gewöhnt haben, ihre technischen Nivellements daran anzuschliessen,
bleibt für Ingenieur- Arbeiten nur noch der Wunsch übrig, gute Karten
genügend grossen Maasstabes als Unterlagen zu erhalten. Nur wer, als
Praktiker, aus einem Lande mit gedruckten Flurkarten in ein Land ohne
solche versetzt wird, kann den ungeheuren Unterschied in der Leich-
tigkeit von technischen Vorarbeiten in beiden Fällen ermessen. Bei
jedem auch nur ganz vorläufigen Strassen-, Wasser- etc. Entwurf schreibt
der würftembergische Ingenieur kurzer Hand an das Stuttgarter Kataster-
bureau, und lässt sich die nöthigen Flurkarten in 1:2500 in beliebig
vielen Abdrücken, zu 70 Pf. das Stück, kommen, und hat dann in den
meisten Fällen nichts weiter nöthig, als einige Nivellements dazu zu
machen, um einen ersten Entwurf seiner Strasse u. s. w. zu haben. Wie
ganz anders in einem Staate ohne gedruckte Karten! Sehen wir davon
ab, dass es oft schon schwer ist, nur auszuforschen wo die Flurkarten
einer Gemarkung zu haben sind, auf Rathhäusern, auf der Regierung
u. s. w., es folgt, wenn man in den Besitz der Karten gelangt ist, das
Copiren, Verkleinern, Zusammenlegen (häufig ohne Coordinatensystem),
kurz eine mühselige und unerquickliche Arbeit, oft gerade wenn alles
am meisten drängt, welche sicher in dieser Form das 10 — 20 fache von
Deutsche Reiclis-Geodäsie. 5
dem kostet was die systematisch schon von der Eatasterbehörde ein-
zdeitende ein ftlr allemal angeordnete Herstellung von Eatasterkarten-
Auszfigen in 1 : 2500 sammt Autographirung in massiger Auflage gekostet
haben würde. —
Man sagt, alle Flurkarten in 1 : 2500 oder 1 : 5000 vom ganzen
Lande, Städte und plattes Land, gedruckt vorräthig halten, das konnte
zwar ein Land wie Württemberg oder höchstens Bayern, aber ein
Gross Staat kann das nicht. —
Wenn man aber das Geschäft auf die einzelnen Provinzen, deren
doch jede auch nicht grösser ist als ein mittelstaatliches Königreich,
vertheilt, so ist nach unserer Ansicht nicht abzusehen, warum eine so
unendlich nützliche und Kosten sparende Einrichtung wie die Herstellung
gedruckter Flnrkarten nicht auch in Preussen und in allen anderen
Staaten möglich sein sollte. —
Die theuere Lithographie wie in Bayern und Württemberg mit dem
Ballast der aufzubewahrenden lithographischen Steine würde man aller-
dings jetzt nicht mehr nachmachen, indessen seit der Erfindung der
Autographic und seit der unschätzbaren Vervollkommnung der vielen Zink-
druck-, Lichtdruck- etc. Verfahren wird es nicht schwer sein, das richtige
Verfahren auszuwählen.
Die gedruckten Flurkarten auch vollends mit Höhenzahlcn . und
Horizontalcurven zu versehen, ist ein Fortschritt, den bis jetzt von allen
Staaten nur Württemberg gemacht hat, wo das statistische Landesamt
zur Zeit an einer solchen Aufnahme arbeitet. Diese Vervollkommnung
wird sich die künftige Reichskarte in 1:2500 nicht entgehen lassen.
Also nicht bloss als Unterlage fttr die Topographie in 1 : 2500,
sondern als selbstständiges Unternehmen für die Zwecke der Vorarbeiten
zu Eisenbahn- Strassen- und Wasserbauten empfehlen wir als zweiten
Theii des Programms eines deutschen geodätischen Reichsamtes noch-
mals:
U. und IIL Herstellung einer einheitlichenKarte desDeutschen
Reiches in 1:2500 oder 1:5000 mitJSöhenzahlen und
Horizontalcurven.
IV. Vermarkungs-Gesetz.
Was nützt die genaueste Stückvermessung, wenn die Grenzen der
einzelnen Grundstücke nicht sicher und dauernd bestimmt sind?
Diese Frage ist schon so lange aufgeworfen, als überhaupt ge-
messen wird. In Bayern zur Zeit des Ueberganges vom Messtisch zum
Theodolit war es ein Hauptargument der Messtisch- Anhänger : Solange
nicht eine gute Vermarkung aller Grundstücke eingeführt wird, ist die
alte Messtischaufnahme noch lange gut genug.
Eine werthvoUe Abhandlung über die Vermarkung als Grund-
bedingung der dauernden Brauchbarkeit grösserer Vermessungswerke,
6 Deutsche Reichs-Geodäsie.
vom Oberlandmesser Hüs er in der Zeitschr. f. Verm. 1894, S. 545 — 557,
sagt auf S. 546: fast alle älteren Vermessnngswerke leiden an dem
Mangel der nOthigen Anhaltspunkte durch Vermarkung^ und weiter:
„Eine radicale Abhülfe würde nur durch ein Gesetz zu erzielen sein^
welches sämmtliche Grundeigenthümer zur Vermarkung der Grenzen
ihrer Grundstücke zwingt. Hierzu hat sich aber meines Wissens noch
kein deutscher Staat entschlossen.^ Was die letzte Bemerkung betrifft,
so glauben wir dieselbe widerlegen zu kOnnen durch den Hinweis auf
das badische „Gesetz die Sicherung der Gemarkungs-Gewannen- und
Eigenthums-Grenzen sowie der Dreieckspunkte des der Vermessung des
Grossherzogthums zu Grunde liegenden Dreiecksnetzes betreffend^ in
Nr. XXI des Gr. badischen Regierungsblattes . vom 5. Mai 1854 (ab-
gedruckt in Zeitschr. f. Verm. 1887, S. 400—404). Von dem Fürsten-
thum Waldeck berichtet Hüs er (Zeitschr. f. Verm. 1894, S. 551), dass
sämmtliche Grenzen versteint werden. Auch das Herzogthum Coburg hat
ein Vermarkungsgesetz (Zeitschr. f. Verm. 1882, S. 534), sowie das
Herzogthum Sachsen-Meiningen (Zeitschr. f. Verm. 1883, S. 58). In
Preussen ist etwas ähnliches noch lange nicht erreicht.
Der Deutsche Geometer- Verein hat schon seit Jahren seine Stimme
erhoben, um in dieser Hinsicht etwas zu erreichen, es ist hierzu namentlich
zu berichten, eine „Denkschrift des Rheinisch- Westfälischen Geometer-
Vereins: die Sicherung des Grundeigenthums durch allgemeine Vermarkung
und beweiskräftige Grundkarten, berathen und angenommen in der
7. Hauptversammlung (1878) des Deutschen Geometer-Vereins und er-
weitert durch dessen Vorstandschaft."
Eine ungemein gründliche Untersuchung hat die französische
Eatasterbehörde über den Stand der Vermarkungen angestellt: „Enquete
sur le bornage des propri^t^s. Rapport pr^sent^ au nom du comit^
d'enqu^te par M. Ch. L allem and. Paris 1893." (Zeitschr. f. Verm.
1894, S. 652—656).
Zur Behandlung der im Eatasterwesen auftretenden Rechtsfragen
gibt „das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen Gesetzbuches für
das deutsche Reich, von Carl Steppes, Steuerrath und Eataster-
inspektor in München (Sonderabdruck aus der Zeitschr. f. Verm. 1892),
Stuttgart, Wittwer 1892" einen wichtigen Beitrag.
Gerade jetzt, da ein einheitliches Sachenrecht geschaffen wird^
würde es eine schöne Aufgabe sein, für den praktischen Vollzug der
Eigenthums-Messungen und namentlich für die Anlage und Erneuerung
der Grundkarten einheitliche Normen (in rechtlichen Dingen) zu schaffen.
Dieses führt uns über zu der Form, in welcher allein die Vermarkungs-
frage als Theil eines geodätischen Programmes für absehbare Zeit
aufgestellt werden kann:
V. Einsetzung einer Commission zur Vorberathung eines
Vermarkungsgesetzes.
Reinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner Basis etc. 7
Ob durch die Veröffentlichung dier vorstehenden Gedanken von
Zukunftsplänen für ein deutsches geodätisches Reichsamt ein Nutzen
entstehen wird, oder ob unberufene Projectmachung ungünstige Rück-
wirkung haben wird — wir wissen es nicht. — Aber am Anfang des
Jahres, welches wahrscheinlich eine geodätische Gentralbehörde des
Deutschen Reiches für höhere Geodäsie entstehen sehen wird, auch die
Postulate der niederen Geodäsie, die Wünsche und Hoffnungen des
deutschen „Landmessers^ kund zu geben, das schien uns dem Organe
des Deutschen Geometer- Vereins nicht verwehrt zu sein.
In der Zwischenzeit bis zur nächsten Hauptversammlung im August d. J. in
Dresden wird sich wohl Gelegenheit finden, weitere Stimmen über diesen
Gegenstand zu vernehmen.
Die Ergebnisse der Messung der Bonner Basis mit
Messlatten und Messband."^)
Die Frage nach der Fortpflanzung der Fehler bei Längenmessungen
ist in Folge der Schwierigkeit, die beobachteten Gesammtfehler in die aus
verschiedenen Ursachen entstehenden Einzelfehler zu zerlegen^ zu einer
Streitfrage geworden, welche schon manche Wandlung durchgemacht hat.**)
Der heutige Standpunkt dieser Frage ist kurz der folgende:
Die verschiedenen zur Zeit gültigen d. h. neueren amtlichen Formeln
für die Fehlergrenzen bei Längenmessungen, welche wir wohl als den
allgemein gültigsten Ausdruck der heutigen Anschauungen ansehen
dürfen, berücksichtigen verschiedene Fehlerarten, aber die Gestalt der
Gleichungen, durch welche diese amtlichen Formeln beobachtete oder
erwartete Fehlergrössen darstellen, ist eine verschiedenartige. Man ver-
gleiche z. B. die preussischen, ' wÜFttembergischen, elsass-lothringischen
Formeln mit Ausdrücken von der Form Va^s^ -^-h^ s und as-^-b Ys^
Daneben steht die Ansicht derjenigen Kreise von Fachgenossen, welche
unabhängig oder unbeeinflusst von jenen amtlichen Formeln sind. Diese,
sagen wir, privaten Ansichten lassen sich kurz so ausdrücken: Für
genaue Messungen nimmt man die Gültigkeit des sogenannten „Quadrat-
wurzelgesetzes" in Anspruch, man legt es wenigstens ohne Anstand
Fehler- und Genauigkeitsberechnungen zu Grunde, daneben lässt man
aber für die Messungen der täglichen Praxis den Glauben an ein lineares
Wachsen des Fehlers mit der Entfernung, unter der Annahme, dass diese
Auffassung, welche früher die herrschende war, für weniger genaue
Messungen schliesslich auch genügen könne, stillschweigend bestehen;
*)Der nachfolgende Bericht gibt den Inhalt des auf der 19. Hauptversammlung
in Bonn gehaltenen Vortrages unter Hinzufdgung des Zahlenmaterials.
^^) Die einschlägige Literatur findet sich zusammengestellt in Jordan,
Handbuch der Vermessungskunde. Bd. II, 4. Aufl. 1893, § 23, und Lorber,
Genauigkeit der Längenmessungen S. 22—23.
S Reinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
and ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich annehme, dass der
Praktiker, welcher täglich sein Messinstrument gebraucht und kennt^
nicht nur aus Tradition jenem Qlauben treu bleibt, sondern auch diese
Beziehung aus eigener Anschauung noch immer für die richtige hält,
und wenn er auch das „Quadratwurzelgesetz'' theoretisch nicht be-
seitigen kann, so setzt er ihm doch einen gewissen, passiven Wider-
spruch entgegen.
Bei dieser Lage der für die Landmessung zweifellos wichtigen
Frage, wird ein Bericht über die Ergebnisse einer Untersuchung, über
das bei der Messung der Bonner Basis mit Messlatten und Messband
gewonnene Material, einiges allgemeine Interesse haben.
L Die Messung.
Im Jahre 1892 wurde die Bonner Basis seitens der Preussischen Landes-
aufnahme mit dem BesseTschen und des Preussischen Geodätischen
Instituts mit dem Brunn er' sehen Basisapparate gemessen. Die in Ab-
ständen von rund 156 m (entsprechend lO^Lagen des BessePschen Apparates)
angeordneten Zwischenfestlegungen boten eine günstige Gelegenheit eine
Reihe von Bestimmungen für die Fehlerfortpflanzung bei Längenmessung
mit Messlatten und Messband zu erlangen. Diese Gelegenheit wurde
seitens der geodätischen Abtheilung unserer Akademie benutzt. Die
Messungen wurden ausgeführt von drei zur Zeit als Assistenten an der
Akademie fungirenden Landmessern, während die Leitung der Arbeit
vom Berichterstatter übernommen wurde. Die für die Messung zur Ver-
fügung stehende Zeit beschränkte sich leider auf wenige Tage am Schlüsse
der Basismessung durch das Preussische Geodätische Institut, da unmittelbar
nach Abschluss dieser Messung die Zwischenfestlegungen entfernt werden
mussten, um die im Ackerlande liegende Messbahn, welche für die Dauer
der Basismessungen gepachtet worden war, den Besitzern wieder zur
Bestellung zurückgeben zu können.
Dieser Umstand war für die Anordnung der zu unternehmeüden
Messungen von grösster Bedeutung; er bedingte, dass der ursprüngliche
Plan, „mit möglichst verschiedenen Messinstrumenten möglichst umfassende
und verschiedenartige Messungen vorzunehmen^, aufgegeben, und die
Untersuchung auf wenige Instrumente und ein Verfahren beschränkt
werden musste. Ich entschied mich unter diesen Umständen für das
bei Längenmessungen im Felde zur Zeit übliche Verfahren: Ausrichten
der Linien mit Fluchtstäben (also nicht Messung längs gespannter
Schnur), Handhabung der Latten und des Bandes in der dabei ge-
bräuchlichen Art, und wählte drei verschiedene Instrumente, nämlich
ein Paar 4 m-, und 1 Paar 5 m-Messlatten und ein 20 m Stahl -Messband.
Die Latten haben glatte Endflächen, breiten ovalen Querschnitt und
dm-Theilung; das Messband hat drehbare Endringe, einfache hölzerne
Ziehstäbe zur Bezeichnung des Endmaasses und ebenfalls dm-Theilung.
Basis mit Messlatten und Messband. 9
Es mass hier bemerkt werden, dass, da es nicht mOglich war mit
denselben Instramenten verschiedene Messungsverfahren, und für dieselben
Verfahren verschiedene Instrumente anzuwenden, mit Absicht das ein-
fache Verfahren und die einfachen Instrumente gewählt wurden, wie sie
zur Zeit bei Messungen im Felde noch allgemein üblich sind, um den Ergeb-
nissen den Charakter derjenigen von Feldmessungen zu geben und ihnen
damit neben ihrem theoretische];! Zweck auch einige praktische Be-
deutung zu sichern.
. Die Bonner Basis liegt im Norden von Bonn in der Nähe der
Kölner Chaussee in ebenem Ackerlande; das Gelände Wlt in der Basis-
Richtung nach Norden hin um durchschnittlich 7 dm pro km. Da auf dem
nördlichen Theile der Basis der Brunner 'sehe Apparat noch inThätigkeit
war, wurden die Messungen auf die 9 südlichen Festlegungsstrecken
von Nr. 7 bis Nr. 16 in einer Oesammtlänge von 1405 m beschränkt.
Die im Ackerlande freigelegte Messbahn hatte zur Zeit der Messung
etwa die Beschaffenheit eines natürlichen Feldweges in ebenem Gelände
mit nur wenigen holperigen Stellen. Die Beurtheilung des Bodens in
Bezug auf seine Günstigkeit für die übliche Messungsmethode mit Latten
wird demnach lauten müssen: Verhältnisse günstig, ohne aber das
durchaus Beste zu bieten wie z. B. ein gebesserter Weg, eine Chaussee
oder städtische Strasse. Die Latten konnten auf den Boden gelegt werden,
nur hier und da musste an wenigen holperigen Stellen mit geringer
Hebung gestaffelt werden. Für die Stahlbandmessung war die Bahn
als durchaus günstig zu bezeichnen.
Latten und Band wurden von Arbeitern geführt, welche einige
Male bei den geodätiBchen Uebungen geholfen hatten, die demnach zwar
nicht ganz unerfahren, aber auch nichts weniger als geübte Lattenlegor
waren. Die Linie wurde mit Fluchtstäben in Abständen von 40— 50 m
ausgerichtet. Die drei die Messung ausführenden Landmesser über-
wachten die einzelnen Handhabungen der Gehülfen, achteten auf sorg-
fältige Ausführung und notirten die Ablesungen an den Festpunkten.
Diese wurden gebildet durch die feinen lothrechten Bohrlöcher der Fest-
legungsbolzen der Landesaufnahme. (Diese Bolzen sind abgebildet in
dem Berichte über die Göttinger Basismessung Zeitschr. f. Verm. 1880,
lithogr. Tafel III, Fig. 7). Die 1 m unter der Bodenfläche versenkten
Hauptfestlegungen Nr. 16 und Nr. 9 (Südende und Basismitte) wurden
auf eine im Boden befestigte Bohle heraufgelothet und durch einen
Messerschnitt darauf bezeichnet.
Die Ablesungen an den etwa 2 dm unter der Erdoberfläche ver-
senkten Festpunkten geschahen durch Herauflothen mit dem Schnurlothe,
wobei auf die dm-Theilung der Messinstrumente ein kleiuer Taschen-
maassstab gelegt wurde, so dass die Maasse bis auf cm-Bruchtheile
entnommen werden konnten. Diese Art der Ablesung ist also der
einzige Unterschied gegen die sonst im Felde übliche Messungs-Methode.
10
Reiuhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
Ich bemerke dazu, dass diese Abiesungsart natürlich auf die fort-
laufende Messung ohne jeden Einfluss^ aber fttr die Ververthung unseres
Materials von ganz besonderer Bedeutung ist. (Vcrgl. hierzu Seite 46.)
Die Messungen wurden ausgeführt an drei sehr heissen Tagen des
August 1892 und wurden unter die drei Landmesser^ welche für die
ganze Dauer der Arbeit dieselben Oehttlfen behielten^ so vertheilt, dass
jeder die ganze 1405 m betragende Strecke je 4 mal mit jedem der
drei Instrumente abwechselnd durchlaufend maass, und zwar je 2 mal
hin und her, so dass also die Strecke im Oanzen mit jedem Instrument
12 mal durchlaufend, und zwar je 6 mal hin und her gemessen wurde,
und jedesmal sämmtliche 9 Zwischenfestlegungen in der angegebenen
Art notirt wurden. Der Berichterstatter leitete die Arbeit, vermittelte
die planmässig vorgesehene Abwechslung der Messinstrumente, nahm die
Ergebnisse in Empfang, bestimmte Luft- und Messband-Temperatnren, und
ftlhrte die Maassvergleichungen aas. Diese wurden vorgenommen auf dem
Comparator der Landwirthschaftlichen Akademie, welcher für die Prüfung
von Latten mit den üblichen Endscbueiden zur Benutzung des Messkeiles,
fär die Prüfung von Bändern mit cylindrischen Bolzen zum Umlegen
der Endringe ausgerüstet ist. Zur Maassbestimmnng wurde benutzt ein Paar
stählerne Meter-Normale mit Endschneiden von Bamberg, zur Temperatur-
bestimm ung ein in ^Jiq^ getheiltes Präcisions-Thermometer von Fuess.
Die vor, während und nach der Basismessung ausgeführten Vergleichungen
ergaben für die Latten Werthe, welche innerhalb i/|q mm übereinstimmten,
wie z B. aus den Eeilnnterschieden für die 5 m Latten aus nebenstehendem
schwarze Täfelchen ersichtlich ist. Aus diesem
Grunde und mit Rücksicht auf die Beständig-
keit der Witterung wurden die Messinstru-
mente für die Dauer der Messung als
constant betrachtet, der Maasswerth aus
allen Vergleichungen für die Mittel-
temperatur -f 28^ bestimmt,damit sämmtliche
Ablesungen in Normalmaass umgewandelt und auf 0^ reduzirt. (Dabei
war die mittlere Temperatur der Maassvergleichungen + 27,4^ und der
Messungen -j- 29,0^.) Der mittlere Fehler der Maassvergleichung ergab
sich für die Latten zu db 0,04 und db 0,05 mm, und für das
Messband zu ± 0,4 mm unter Anwendung gleichmässiger mittlerer
Spannung. Der Theilungsfehler von Latten und Band wird später im
Zusammenhang mit dem Ablesefehler Erwähnung finden.
2. Die Ergebnisse der Messung.
In den nachfolgenden Tabellen 1, 2 und 3 sind die in der an-
gegebenen Weise erhaltenen, in Normalmaass umgewandelten und auf
0^ reduzirten Messungsergebnisse für die 5 m- Latte, 4 m-Latte, und
das 20 m-Band zusammengestellt. Der obere Theil der Tabellen ent-
rothe
schwarze
Latte
Latte
vor
8,11 mm
8,69 mm
während
8,«0
8,78
nach
8,13
8,79
der
Messung
Basis mit Messlatten xt&d Messband.
11
hält die Messangen mit dem Anfangspunkt: Basis-Süd Festlegung Nr. 16,
der untere THeil^ die in entgegengesetzter Richtung gemessenen Strecken,
mit dem Anfangspunkt: Festlegung Nr. 7. Die vollen Meterzahlen sind
im Kopf der Tabellen angegeben^ darunter die reduzirten Ablesungen.
Bei Hinzulegung der Reductionen sind der Oleichmässigkeit halber auch
für das 20 m-Band Millimeter eingeführt worden^ obwohl die Ab-
lesungen nur bis auf (vergl. auch Seite 48) Centimeter erfolgt waren.
Die Messungen sind geordnet nach den drei Beobachtern A, B und C, d. h'.
also den drei Landmessern, und den ihnen für die die ganze Dauer der
Arbeit zugewiesenen Oehülfen (vergl. Seite 9). Unter jeder Abtheilnng
der Tabellen sind zunächst für jede Festlegung die arithmetischen Mittel der
Tabelle 1.
5 m -Latte.
Anfang:
Basis Süd
Nr. 16
Ablesung bei Festlegung
Nr. 15 14
13
12
11
10
8
Durchmessene
Länge :
156 m
+
312 m
+
468 m
+
624 m
+
780 m
+
936 m
+
1092 m
+
1248m
+
1404 m
+
Beobachter
A
A
B
B
C
C
mm
464
464
464
466
461
459
mm
540
531
532
537
517
522
mm
510
496
506
511
476
486
mm
635
629
628
637
585
610
mm
765
758
765
776
708
738
mm
802
792
802
807
732
767
mm
968
958
975
975
900
940
mm
961
936
953
955
865
910
mm
1038
1028
1043
1043
948
988
arithm. Mittel
463
530
498
621
752
784
953
Brunner IE.
459
530
500
621
757
791
958
Bessel
457
525
492
610
743
774
938
930
931
909
1015
1018
993
Anfang:
Ablesung
bei Festleg
ung
Stdp.
Nr. 7
Nr. 8
9
10
11
12
13
14
15
16
Gemessene
156 m
312 m
468 m
624 m
780 m
936 m
1092 m
1248 m
1404 m
Länge:
-|-
+
+
+
+
+
+
I
-1-
+
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
Beobachter
A
088
055
236
251
377
492
455
523
981
A
081
065
229
253
381
508
477
545
»1016
B
087
060
231
263
391
507
478
552
1010
B
084
062
233
262
390
520
492
558
1016
C
074
042
206
235
353
472
435
500
953
C
084
057
221
250
373
497
470
510
978
arithm. Mittel
083
057
226
252
377
499
468
531
992
Brunner IE.
087
061
228
261
397
519
488
559
1018
Bessel
084
055
219
250
383
502
468
536
993
Reinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
Tabelle 2.
4 m-Latte.
Anfang:
Basis Süd
Nr. 16
Nr. 15
14
Ablesung
13 1 12
bei F
11
estlegung
10 9
8
7
durchmessene
156 m
312 m
468 m
624 m
780 m
936 m
1092m
1248 m
1404 m
Länge:
+
+
-l-
+
+
-l-
+
+
+
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
Beobachter
A
458
520
484
591
706
733
885
848
926
A
455
506
462
571
682
706
855
821
886
B
464
530
497
621
745
779
940
912
998
B
464
533
502
623
755
789
958
942
1031
C
459
518
487
596
725
744
903
872
951
C
454
513
477
596
720
744
908
882
966
arithm. Mittel
459
520
485
600
722
749
908
880
960
Bmnner I E.
459
530
500
621
757
791
958
931
1018
Bessel
457
525
492
610
743
774
938
909
993
Anfang :
Abb
9sung
bei F
estleg
•ung
Sttdp.
Nr. 7
Nr. 8
9
10
11
12
13
14
15
16
gemessene
156 m
312 m
468 m
624 m
780 m
936 m
1092 m
1248 m
1404m
Länge:
+
+
—
+
+
+
+
+
+
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
Beobachter
A
064
031
176
195
314
417
376
424
861
A
054
028
185
206
331
432
385
439
898
B
089
060
232
261
387
519
488
557
1021
B
089
070
237
264
392
516
483
547
1021
C
074
043
202
226
350
464
428
492
946
C
074
043
202
231
350
469
428
492
946
arithm. Mittel
074
046
206
231
354
470
431
492
949
Brunner IE.
087
061
atcto
261
397
519
488
559
1018
Bessel
084
055
219
250
383
502
468
536
993
darin enthaltenen 6 Messungen nachgewiesen und sodann die ent-
sprechenden Werthe der Basismessung für den Brunner^schen und Bessel-
schen Apparat. Die Ergebnisse der Messungen der Bonner Basis
(vergL Zeitschr. f. Verm. 1893, S. 1) wurden von dem Director des
Egl. Geodätischen Institutes Herrn Geheimrath Professor Dr. Helm er t
für die vorliegende üntersuchnng bereitwilligst zur Verfügung gestellt,
wofür auch an dieser Stelle der gebührende Dank ausgesprochen sei.
Aus den Werthen der Basisapparate für die einzelnen Festlegungs-
strecken wurden die fortlaufenden Entfernungen gebildet, und diese, auf
Millimeter abgerundet, der Vergleichung zu Grunde gelegt. Dazu ist
Basis mit Hesslatten nnd Hessband.
Tabelle 3.
20 m - Band.
13
Anfang:
Basis Süd
Ablesung
beiF(
9stleg
ung
Nr. 16
Nr. 15
14
13
12
11
10
9
8
7
dorchmessene
156 m
312 m
468 m
624 m
780 m
936 m
1092 m
1248m
1404 m
Länge:
+
+
+
+
+
+
+
+
+
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
Beobachter
A
526
582
508
633
799
905
1091
1147
1313
A
466
542
538
693
849
915
1091
1097
1253
B
526
652
658
803
899
945
1101
1087
1153
B
456
522
468
583
719
765
931
947
1023
C
466
532
498
643
779
855
1101
1127
1293
C
446
492
418
543
789
835
1031
947
1013
arithm. Mittel
479
554
515
650
806
870
1058
1059
1175
Branner IE.
459
530
600
621
757
791
958
931
1018
Bessel
457
525
492
610
743
774
938
909
993
Anfang:
Ablesung
bei F
estlegung
Bftdp.
Nr. 7
Nr. 8
9
10
11
12
13
14
15
16
gemessene
156 m
311m
468 m
624m
780 m
936 m
1092 m
1248 m
1404 m
Länge:
+
+
+
+
+
+
+
+
+
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
mm
Beobachter
A
116
1192
398
493
679
825
801
927
1413
A
156
1182
378
463
629
815
801
917
1433
B
016
0992
108
103
219
345
281
327
763
B
106
1112
298
363
499
615
601
687
1163
C
156
1192
398
453
629
805
811
927
1403
e
076
1012
138
223
399
565
591
677
1103
arithm. Mittel
104
1114
286
350
509
662
648
744
1213
Biiinner IE.
087
1061
228
261
397
519
488
559
1018
Bessel
084
1055
219
250
383
502
468
536
993
noch zu bemerken^ dass zwischen den Ergebnissen der beiden Basis-
apparate ein fortschreitender Unterschied besteht, welcher eine zweite
Maassvergleichnng des Brunner^schen Apparates veranlasste und Ge-
genstand besonderer Untersuchungen des Geodätischen Instituts in Pots-
dam ist. Da die Berechnungen der Basisstrecken auf Grund der beiden
Maassbestimmungen für den Brunn er 'sehen Apparat Ergebnisse liefern^
welche nur einen Unterschied von einigen Zehnteln des Millimeters
zeigen, so ist nur eine dieser beiden Berechnungen und zwar die der
ersten Etalonnirnng unter dem Zeichen „Brunner I. E.^, eingeführt
worden.
14 Jordan. Tachymeter mit Gelluloid-Höhenbogen.
Die zur Vergleichung kommenden Messnngsergebnisse^ sämmtlich
auf den Messhorizont bezogen, sind demnach:
1. Die Messungen mit den beiden Lattenpaaren and dem Messband
ansgedrttckt im Werthe der benutzten Bamberg^schen Normal-
stäbe bei 0<^ 0.
2. Die Ergebnisse des Brunn er 'sehen Basisapparates ausgedrückt
im Werthe der ersten Etalonnirnng und internationalen Maass.
(Brunner I. E.)
3. Die Ergebnisse des Besserschen Basisapparates ausgedrückt im
alten Maasssystem der Landesaufnahme (Bessel).
(Fortsetzung folgt.) .
Tachymeter mit Celluloid -Höhenbogen.
Das Bedürfniss rascher Ablesung des Höhen winkeis beim Tacby-
metriren hat uns nach mannigfachen Ueberlegungen zu der Anwendung
eines grossen Höhenbogens aus Celluloid mit einfacher Strichtheilung
(ohne Nonius) geführt^ wie aus den beiden nachfolgenden Zeichnungen
Fig. 1 und Fig. 2 zu ersehen ist, von denen die erste einen Ereis-
tachymeter mit gewöhnlichem Höhenkreis und mit einem Celluloidbogen
und deren zweite einen Schiebetachy meter, der zugleich einen gewöhnlichen
Höhenkreis und einen solchen Celluloid - Höhenbogen besitzt, vorstellt.
Der Ereistachymeter Fig. 1 hat ungefähr dieselbe Construction
wie das in unserem Handbuch der Venn. 4. Aufl., II Band, 1893,
S. 607 ausführlicher behandelte Instrument. Gewöhnliches Theodolit-
untergestell A mit drehbarem Limbus £, Dosenlibelle D und Höhen-
kreis G mit besonderer Einstell -Libelle L, dazu 2 Nonien N. Das
Fernrohr F hat nicht bloss einen Ocular - Auszug, sondern auch einen
Objectiv- Auszug, und zwar zu dem Zwecke, das Objectiv-Ende so
weit zu verkürzen, dass mau damit das Fernrohr ohne Ausheben aus
den Lagern durchschlagen kann. Es könnte dieses durch einen Objectiv-
Auszug theuer erkauft scheinen, denn ein solcher Auszug bringt jeden-
falls Schwankungen der Zielachse mit sich, welche einer genauen
Winkelmessung in horizontalem und verticalem Sinn nicht nützlich sind,
aber das Durchschlagen mit Ausheben des Fernrohrs aus seinen Lagern
hat wegen der vielen dabei in Mitleidenschaft gezogenen Federn, Klammem
und Hindernissen mancher Art so viel Missliches, namentlich bei Messungen
von Studirenden, welche nicht dauernd dasselbe Instrument in der
Hand haben und immer wieder von neuem auf die kleinen Hindemisse
aufmerksam gemacht werden müssen, dass wir den Objectiv- Auszug
nützlich gefunden haben. Uebrigens kommt beim Tachymetriren selbst
Durchschlagen gar nicht vor, sondern nur wenn mit dem Instmmente
Triaugulirnngswinkel oder Polygonwinkel u. dgl. gemessen werden,
oder wenn der Indexfehler am Höhenkreise bestimmt werden soll.
Jordan. Tachymeter mit Celluloid-Hobenbogeti. 15
Der regalilre HQhenkreie G mit den Nonien N nnd der besonderen
Einstell-Libelle L wird gebraucht, venn es sich nm trigonometriBohe
HtthenmesBang mit trigonometrisober Entfemnng bandelt, also zwischen
2 trigonometrischen Funkten deren Entfernung aus den Coordinaten
abgeleitet wird, überhaupt für alle genaueren Zwecke e. B. auch
Tachymetrie aaf ansnahmsweiBe grosse Entfernungen von 300m u. s. w.,
dagegen für die gewöhnliche Tachymetrie deren Entfernungen unter
Fig. 1.
Kmistachymeter mit Celluloid- Hohe sbogen. Haassetab etwa 1:4.
200m sind, dient nur der besondereHöbenbogenZTmit dem Zeiger £*.
Einen solchen Bogen H aas Elfenbein herzustellen, wie bei den
Harine-Sextanten, war beabüchtigt, war aber thener, nnd für ersten
Versach schlug Herr Mechaniker Raudhagen in Hannover, welcher
diese Instrnmrate für uns hergestellt hat, das billige nnd bequeme
Celluloid vor, welches von den Rechenschiebern bekannt ist.
Der Bogen HS hat einen Theilhalbmesser von 135 mm, es ist
also 10=135:57,3 =
16 Jordan. Tachymeter mit Cellnloid-HOhenbogen.
Theilnngseinlieit ist 0,4 mm und daron sollen noeh Zehntel geschätzt
werden, am einzelne Minuten zu erhalten. Das Schätzen von 0,04 mm
ist in der That möglich mit blossem Auge, indessen ist auch die Anwendung
einer grossen Lupe, von 5— dem Darchmesser leicht möglich, sei es
dass dieselbe nur in der Hand gebraucht, oder dass sie befestigt wird;
jedenfalls steht das rasche Ablesen der Minuten am Höhenbogen, auf
einen Blick, ausser allem Zweifel, und damit ist der einzige üebelstand,
den manche Ingenieure noch an der Ereistachymetrie gefunden haben,
beseitigt.
Der Zeiger K muss natürlich mit seinem Indexstriche, an dem
abgelesen wird, auf den Indexfehler = Null gestimmt werden, was in
unserem Falle auf dem Umwege über den Indexfehler des eigentlichen
Höhenkreises O geschehen ist.
Die Bezifferung des Höhenbogens hafien wir geradezu nach
positiven und negativen Höhenwinkeln gemacht, so dass Null in der
Mitte, + 100, + 200... links, und — 100, _ 200... rechts steht. Aller-
dings an dem eigentlichen Höhenkreise mit Nonien wenden wir gewöhnlich
Bezifferung nach Zenitdistanzen an (90° für horizontale Zielrichtung),
aber fttr den Gellnloidbogen schien + 100... — loo u. s. w. mehr am Platze.
Eine Eigenthümlichkeit sei noch erwähnt, welche weniger den
Ingenieur als den Mechaniker angeht, nämlich die Anbringung eines
solchen Bogens nachträglich an ein bereits vorhandenes Instrument,
weil die Centrirung und Theilung Schwierigkeiten hat, so dass es
fast nicht möglich ist, die Theilung des Bogens H mit der Theilung
des eigentlichen Höbenkreises G so genau in Uebereinstimmung zu
bringen als man ablesen kann, nämlich auf 1'. Die Theilung geht in
unserem Falle ungefähr bis 450 nach beiden Seiten, und stimmt an den
Enden nur noch auf etwa 2 — 3' mit der Theilung des eigentlichen
Höhenkrelses G zusammen, so dass eine Correction angebracht werden
muss, wenn man 1' noch richtig haben will. Es war dem Mechaniker
nicht möglich, genaueres Uebereinstimmen zu erreichen ; indessen ist
das nur ein Uebelstand der bei nachträglichem Anfügen eines
solchen Bogens auftritt. Wäre der Bogen von Anfang an gemacht
worden, so würde er natürlich mit dem eigentlichen Höhenkreise
zusammen getheilt und dann könnte der erwähnte Uebelstand nicht
eintreten.
Das nachträgliche Ansetzen des Bogens hatte überhaupt manche
constructive Uebelstände, Abänderung der Verpackung u. s. w. im
Gefolge, auch konnte nicht erreicht werden, dass der Bogen beim
Durchschlagen des Fernrohrs mitgeht, vielmehr muss er hierbei, ebenso
wie bei der Verpackung abgeschraubt werden, wobei zwei Markier-
stifte fttr die völlig gleiche Lage beim Wiederansetzen bürgen.
Als zweites Instrument führen wir in Fig. 2 einen Schiebe-Tachy-
meter vor, welchen wir aber erstens mit einem gewöhnlichen Höhen
JordÜL TachTineter mit Cellaloid-HtlhenbogeD. 17
kreise (? und mit eiDem CellnloidbogeD H versehen lieesen. Das
Instrnmeat ist nach dem bekannten Haster von Fennel in CMael hei^
gestellt von Ed. Spreuger in Berlin, mit Sehiebe-Einrichtang £, C> i), £
n. B. w. and mit dem HSbenkreise (?, während der Cellnloid-HShenbogen
H. erst nachträglich von Mechaniker Randhagen in Hannover ange-
bracht worden ist.
FiK-S.
Schiebe -TachTmeter mit HJtbenkreis nnd mit Celltiloid-Hßhenbogen
Uaassstab etwa 1:4
Reden wir znnHchst von dem Höhenkreise G; denselben hielten
wir nBthig aU wesentliche Ergänzung des Schiebe- Taohymeters, erstens
am die Mifglichkeit trigonometrischen ROhenanschlasaea anoh bei dem
Schiebeverfahren zu wahren, und zweitens sollte dieser Ereis dienen,
am das Schiebe verfahren zn controliren und in Hinsicht anf Handlichkeit
und Geschwindigkeit mit dem Kreis verfahren zu vergleichen. Was nun
zuerst die Controle betriSR, so stellte sich, wie kaum anders zn er-
warten war, heraus, dass der Schiebeapparat im Allgemeinen mit
Constanten Fehlern behaftet ist. Der HOhenkreis G wurde hinsichtlich des
Zeitachrift für VermeBsnngswesen ISM, Heft l. 3
18 Jordab. Tachymeter mit Gelluloid-Höhenbogen.
Indexfehlers richtig gestellt^ durch Höhenwinkelmessung in zwei Fernrohr-
lagen, and dann bei beliebig schiefer Stellung mit dem Höhenwinkel a
und willkürlich angenommener schiefer Entfernung l wurden >»={sina,
a =1 cos a ausgerechnet und mit an den Schiebescalen B und C abge-
lesenen Werthen verglichen. Eine solche Beobachtungsreihe hier vorzu-
fuhren, wird unterlassen, weil es sich meist um constante Verschiebungen
der Scalen B und C handelte, welche dem Instrument als solchem nicht
schlechthin zur Last gelegt werden dürfen. Ausserdem ergab sich, dass
die Absehlinie des Fernrohrs nicht genau parallel der Linealkante BB
war, denn wenn der Höhenkreis O mit den Nonien N scharf auf Null
gestellt wurde (Indexfehler berücksichtigt) und die Höhenscale C mit der
Schraube E auf Null eingestellt werden sollte, so zeigte sich bei ver-
schiedenen Horizontalabständen nicht genau dieselbe HöhennulUage.
Das Instrument hat Richteschrauben uin auch diesen üebelstand
zu beseitigen, wird aber das im Allgemeinen immer genau geschehen?
Wir wollen aus diesen Vergleichungen den Schluss ziehen, dass
der Schiebe -Tachymeter als solcher einer peinlichen Prüfung und
Berichtigung bedarf, wenn man nicht systematische Fehler an den Scalenab-
lesungen haben will, welche grösser sein können als die unregelmässigen
Ablesungsfehler nach welchen gewöhnlich das Instrument als Ganzes
beurtheilt wird. —
Weiter wird der Schluss gerechtfertigt sein, dass die Verfertiger
solcher Schiebe - Instrumente sehr gut daran thäten, jedes Instrument
auf der anderen Seite, so wie in unserm Falle, mit einem Höhenkreise
zu versehen, der als Ergänzung in trigonometrischem Sinne, und ausserdem
als Controle des Schiebe- Apparates dienen könnte.
Der Höhenkreis G hat nun in unserm Falle Veranlassung zum
Anbringen des besonderen Celluloid-Höhenbogens jET gegeben in folgender
Weise:
Eine Art Concurrenzmessung im Felde zwischen Schiebe -Apparat
und Höhenkreis wurde in der Weise eingeleitet, dass nach Einstellung
des Femrohrs auf eine Latte und Ablesung der schiefen Entfernung l
ein Beobachter rechts die Schiebescalen handhabte und ablas, und
gleichzeitig ein zweiter Beobachter links den Höhenwinkel a am Nonius N
ermittelte, und dann etwa auch noch l cos^ a und — Z sin 2 a aus der
tachymetiischen Tafel aufschlug, worauf es sich fragte, welcher von
beiden rascher fertig wurde. (Dass die Latte eigentlich für die Sehiebe-
ablesungen schief und für die Höhenkreisablesung lothrecht zu stellen
war, kam für diesen Zweck zunächst nicht in Betracht.)
Bei diesen Vergleichungen zeigte sich nun, was von früher wohl
bekannt war, ganz deutlich, dass die Höhenwinkelablesung an einem
feinen Kreise, mit Nonius und Lupe, wo Auge und Hand lange
suchen müssen, bis sie die richtige Stelle haben, zu umständlich ist.
Jordan. Tachymeter mit Gelluloid-Höhenbogen. 19
In solciiem Falle kam der Ableser an den Schiebescalen oft voraus!
Ohne daraus schon den Schluss zu ziehen^ dass Schiebeablesung der
feinen Eieisablesung auch mit Rücksicht auf alle anderen Umstände
vorzuziehen sei/ wollen wir nun zu der groben Kreisableäung tibergehen,
welche der links angebrachte Höhenbogen HH mit Celluloid- Theilung
bietet^ Dieser Bogen hat einen Halbmesser von 170 mm, es ist also
10
10 =170: 57,3 = 3mm und — = 10' = 0,5 mm. Wie. sich die Ab-
lesung in einer grossen Lupe darstellt, das zeigt unsere Fig. 2 links
mit einer merkwürdigen Deutlichkeit. Es hat sich nämlich bei der
Photographirung des Instrumentes zum Zweck der Herstellung unseres
Cliches, ein Sttick der Theilung^ in der Oegend von 15^ in Lupen-
vergrösserung ganz richtig mit abgebildet, genau so wie es dem be-
obachtenden Auge durch die Lupe selbst erscheint (jedoch der zur
Ablesung gehörige Indexstrich ist dabei leider nicht mit abgebildet).
Man sieht das Intervall 10' deutlich^ und man kann 1' noch
deutlich auf einen Blick ablesen. Vergleichen wir nun wieder die
Schiebeablesungen mit der Kreisablesung: Ein Schiebeableser stehe
rechts am Instrument, ein Kreisableser stehe links. Das Fernrohr sei
auf die Latte eingestellt und der Lattenwerth l abgelesen. Nun muss
der Beobachter rechts erstens l einstellen, den Winkel CD heran-
rttcken und dann noch an beiden Scalen, horizontal und vertical, ab-
lesen. — Der Beobachter links schaut einfach in die grosse Lupe und
liest mit einem Blicke den Höhenwinkel, z. B. + 14^ 26, ab.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass hierbei der Kreisableser dem
Scalenableser weit voran kommt; wenn es sein muss, könnte der
erstere auch noch die Z.cos^ a und —{sin 2 a im Felde aus der Tafel
aufschlagen, oder der schreibende Oehülfe könnte das auch noch in der
Zeit mit übernehmen, in welcher auf der anderen Seite die Scalen
eingestellt und abgelesen werden.
Wenn bei der Höbenscalenablesung darauf Gewicht gelegt wird,
dass sofort Höhen über JV. N, hergestellt werden, so ist das ein Umstand
auf den wir hier nicht weiter eingehen j ebensowenig als auf alle anderen
Umstände, welche bei der Vergleichung der beiden Verfahrungsarten in
Betracht kommen.
Dagegen dürfte der Zweck erreicht sein, für die Höhenwinkelab-
lesnngen der gewöhnlichen Tachjmetrie einen Celluloidbogen oder einen
Elfenbeinbogen (wie bei dem Marine -Sextanten) zu empfehlen, welcher
ohne Nonien, dagegen mit grosser Lupe einen Höhen winkel auf einen
Blick auf etwa 1' genau abzulesen gibt.
Die Nachahmung der Marine -Sextanten mit Nonien ohne Lupe
mdehte auch noch für Tachymetrie zu versuchen sein. <7.
2*
20
Puller. £ine neue Form des Tachymeter-ScfaieberB.
Eine neue Form des Tachymeter-Schiebers;
von Ingenieur Puller in Saarbrücken.
Bekanntlich hat man bei Anwendung lothrechter Lattenstellung
die Entfernung und Höhe jedes aufgenommenen Punktes nach den Formeln
D==Zcos*aundJ3 = J3i + 2sinacosa — m= J7i -f * — »»*, W
also A = { 9in a cos a (2)
2u bestimmen.
Durch Umformung erhält man daraus
D =(y)(l + cos 2 a) oder d = D - 1= /i^cos 2 a {^^^
und Ä=(--\8ii
l
sin 2 a.
(5)
Wie ohne Weiteres zu erkennen ist, ermöglichen letztere Gleichungen
(4) und (5) eine einfache mechanische Darstellung^ da man nur düe
Projectionen der Länge I — j unter dem Winkel (2 a) herzustellen hat.
Nach Bestimmung der Grössen d und h ergeben sich durch Addition bezv.
Subtraction die Endwerthe D und Hy welche entweder auf dein Wege
der Rechnung oder durch einfache Vorrichtungen an dem Schieber ohne
Schwierigkeit gefunden werden können.
Auf Orund dieser Entwickelungen wurde der nachstehend beschriebene
Apparat construirt, welcher in folgender Figur in einfachen Limen
angedeutet ist.
Paller. Eine neue Form des Tachymeier-Schiebers. 21
um den Mittelpunkt if dreht sich der Maassstab MK^ der eine Theilung
fibr das Einstellen der Grösse l besitzt und mit Hülfe der Ereistheilung
JL auf den Winkel a gestellt werden kann. Die Grössen d und h
werden nun vermittelst eines Projectionswinkels CEFj der auf QH seine
Führung besitzt, erhalten; zum Ablesen dieser Werthe ist auf dem Drei-
eck eine Theilung CD und auf GH eine zweite Theilung angebracht.
Zur Bestimmung der Höhe H hat man CD so einzustellen, dass cUe
Linie MN (a = 0°) die Höhe (Hi — m) angiebt, zu welchem Zwecke
sich CD auf dem Dreiecke verschieben lässt. Für die Ermittlung der
Entfernung D könnte man die Formel D^=d •\- — benutzen, doch er-
scheint es bequemer und auch genauer, die Differenz A nach der Formel
A = 1- D = l sin^a = ^-(l — cos 2 a) = 4- — d (6)
ZU bestimmen; dieses ist auch bei dem vorliegenden Apparate geschehen
und in der Figur ersichtlich gemacht. Auf QH ist die Theilung für l
in gleicher Weise wie auf MK angebracht, während der Winkel CEF
die 25 m umfassende Theilung EF fOr die Werthe A trägt; um letztere
zu finden, sucht man entsprechend der Gleichung A = -^ — d auf OH
die Grösse l und liest den zugehörigen Werth A auf EF ab.
Wie leicht zu erkennen ist, wurde die Bezifferung der verschiedenen
Theilungen so gewählt, dass unmittelbar mit l und a in die. Theilungen
eingegangen werden kann und demnach weder eine Division der l Werthe,
noch eine Multiplication der Winkel a mit der Zahl 2 vorgenommen zu
werden braucht, wodurch eine nicht unbedeutende Zeitersparniss erzielt
wird.
Für das in der Figur angenommene Beispiel ist
. a = 9<^ 30' ; Z = 95,0 (Constante :100) Hi — w = 77,0 m
l
dann wird Ä =15,47 m; a = 44,9 m; — = 47,5
D =« 92,4 m und J3 =?= 92,47 m
Die Differenz A findet man zu 2,6, was in üebereinstimmung mit vor-
stehender Angabe D = 95,0 — 2,6 = 92,4 m giebt; letzteres Ergebniss
ist durch Rechnung festzustellen.
Wie der Verfasser durch einige Versuche erkannt hat, bietet der
praktische Gebrauch dieses neuen Tachymeter-Schiebers keine Vortheile
gegenüber dem von demselben construirten und in Heft 7 Jahrgang. 1893
dieser Zeitschrift beschriebenen Tachymeter-Quadranten.
Als Vorzug des neuen Schiebers ist dagegen anzusehen, dass es
keines Diagrammes bedarf, welches wohl immer zu kleinen, wenn auch
zulässigen Ungenauigkeiten Veranlassung giebt. Für sämmtliche Theilungen
können Nonien vorgesehen werden, so dass der Apparat in verhältniss-
mässig kleinen Dimensionen angefertigt werden kann; doch scheinen nach
22 Eleiner« Mittheilung.
unserer Ansicht Nonien für derartige Bechenmaschinen nicht recht am
Platze zu sein, da sie auf den Arbeitsfortschritt störend einwirken; aas
diesem Grunde ist auch das Versuchsinstrument in fünffach grösserer
Ausführung; als die Figur angiebt, hergestellt worden.
Bei einer demnächst auszuführenden tachymetrischen Aufnahme soll
vorliegender Apparat noch weiterhin praktisch erprobt, und bei . günstigem
Ausfall des Ergebnisses soll einer sachgemässeren Herstellung näher
getreten werden.
Kleinere Mittheilung.
Württembergische Geometer -Schule,
Von einem Stuttgarter CoUegen ist als Auszug aus den Verhandlungen
der Kammer der Abgeordneten, 21. Sitzung, 7. Mai 1895 (Staatsanzeiger
Nr. 107, 9. Mai) folgendes mitgetheilt worden:
Stockmayer, Oekonomierath :
Ein Hauptgrund des Rückgangs des Standes der Geometer liegt
in der Vorbildung; die Geometer warten seit langen Jahren schmerzlich
auf eine Prüfungsordnung. Ueberall in den anderen deutschen Staaten
werden grössere Ansprüche an diese Vorbildung gestellt als in Württemberg.
Der Besuch der Geometeraspirantenschule (an der Baugewerkschule) sei
äusserst schwach und werde auch so lange nicht besser werden, bis die
Geometer wieder wie früher dem Polytechnikum zugewiesen würden,
um mit den Bauingenieuren zusammen zu studiren.
Staatsminister des Innern v, Pischek: Die Erlassung einer die
Verordnung vom Jahr 1873 abändernden Prüfungsordnung für Geometer
ist ein Desiderium, das schon lange besteht. Das Ministerium des
Innern, das an die Mitwirkung des Ministeriums des Kirchen- und
Schulwesens gebunden ist, hat schon vor ger.aumer Zeit Verhandlungen
eingeleitet, und das Ergebniss dieser Verhandlungen liegt vor in einem
Entwurf einer Königlichen Verordnung, über welchen vor 14 Tagen
endlich das Einvernehmen der verschiedenen betheiligten Stellen erzielt
worden ist. Ich habe den Entwurf hier vor mir liegen und — er
unterliegt gegenwärtig noch einmal einer Schlussberathung der Feld-
messerprüfungscommission — hoffe, dass er in kurzer Zeit als fertige
K. Verordnung im Regierungsblatt zu lesen sein wird. (Stockmayer:
Bravo.) Nur muss ich das Bravo, welches mir der Herr Abg. von Marbaeh
soeben zugerufen hat, wie ich fürchte von seinem Standpunkt aus etwas
einschränken, denn in der Weise, wie es der Herr Abg. von Marbaeh
wünscht, ist in dem Entwurf der neuen Prüfungsordnung der Bildungs-
gang der Geometer nicht vorgesehen. Die neue Prüfungsordnung geht
davon aus, dass allerdings die Vorbildung der Geometer eine wesent-
liche Verbesserung im Sinne einer Erhöhung der zu stellenden Ansprüche
Bücherschau. 23
zu erfahren habe. Während bisher bloss der Besuch der Volksschule
von den Geometern verlang wurde, soll künftighin die Reife för die
Prima eines Realgymnasiums oder einer Oberrealschnle verlangt werden;
hieran soll sich ein zweijähriger Dienst als Gehilfe schliessen und dann
soll ein Studium an der Fachschule für Geometer der Baugewerkschule,
nicht aber des Polytechnikums folgen. Die technische Hochschule hat
sich daftlr ausgesprochen, dass die Geometer ihren Bildungsgang
künftighin nicht mehr an der Bangewerkschule, sondern an dem
Polytechnikum nehmen sollen. Das Ministerium des Innern hat aber
in üebereinstimmung mit dem verstorbenen Prof. von Baur geglaubt,
dass es sich nicht empfiehlt, die Geometer auf die technische Hoch-
schule zu verweisen. Wir gingen vielmehr davon aus, dass die Fach-
schule in der Baugewerkschule vollständig gerade für den Zweck der
Heranbildung der Geometer eingerichtet und für den praktischen Dienst
der Geometer besser ist als die technische Hochschule. Wenn die
Geometer auf die technische Hochschule verwiesen und wenn sie auf
diese Weise zu akademisch gebildeten Beamten gemacht würden, würden
sich zweifellos im späteren Leben ihre Ansprüche ganz wesentlich
steigern und sie würden in ihrem Verkehr dem Volk ferner gerückt
werden als das bisher der Fall ist. Wir glauben daher daran festhalten
zu sollen, dass die Baugewerkschule diejenige Anstalt ist, in welcher
die Geometer heranzubilden wären. Es hat sich hiermit auch das
Gnltusministerium einverstanden erklärt.
Bücherschau.
Lexikon der geaammten Technik und ihrer HiUfsunssenschaftenj herausgegeben
von OttoLueger, im Verein mit Fachgenossen. Mit zahlreichen Abbildungen.
Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, Leipzig, Berlin, Wien 1894.
Wenn man daran denkt, welche Verbreitung die heutigen „Conver-
sations-Lexika^ von Brockhaus u. s. w. gewonnen haben, und welchen
Werth ein solches das Gesammtwissen umfassendes Werk für jeden
Gebildeten erlangt hat, so wird man die Herausgabe eines ähnlichen
Werkes für das beschränktere Gebiet der Technik als ein glückliches
Unternehmen bezeichnen müssen.
Der Herausgeber Dr. phil. Otto Lueger, Professor und Civil-
Ingenieur in Stuttgart, hat sich eine grosse Zahl von Mitarbeitern zu-
gesellt, unter welchen für Vermessungskunde und Verwandtes zu
erwähnen sind: Grossmann in Hamburg, Günther in München,
Hammer in Stuttgart, Herrmann in Aachen, Roll in Poppeisdorf,
Mehmke in Darmstadt, Melan in Brunn, Reinhertz in Poppeisdorf
u. A. Für unsere Zeitschrift wird es auch betreffs unseres übrigen
Berichtes genügen, die geodätischen Artikel und Verwandtes hervorzuheben,
24 BUcherschau.
wir finden deren in den bis jeiot erscfaienenen 9 Heften etwa folgende:
Ablotheinstrumente, Ablothen, Ablother^ Abnej-Level, Abschreiten, Ab-
Qteckeu; Absteckstäbe, Additamentenmethode, Aequatornal, Aeqaivalente
Beobachtungen, Aeqmvalente Linse, Alhidade, Alignement, Almakantar,
Aneroid, Astrolabium, Astronomie, Astronomif^che Jahrbücher, Astrono-
mischer Theodolit, Astronomisches Dreieck, Astronomische Tafeln, Astroiio-
mische Uhren, Atmosphäre, Atmosphärische Strahlenbrechung, Auf-
nahmen, Aufstellungsfehler, Augenmaass, Augenpunkt, Auge- und Ohr-
Methode, Ausdehnung, Ausdehnungscoefficient, Ausgleichungsrechnung,
Aussteinung, Autographic, Axenlibelle, Azimut, Azimutale Abbildung,
Azimutalkreis, Azimutbestimmung, Azimutübertragung, Barograph, Baro-
meter, Barometrische Einschaltang, Barometrische Höhenformel, Baro-,
metrische Höhenmessung, Barometrische Maxima und Minima, Baro-
metrischer Gradient, Basis, Basismessung, Bedingte Beobachtungen,
Beleuchtung des Fadenkreuzes, Beobachtungsdifferenzen, Beobachtungs-
fehler, Bergzeichnung, Berichtigung der Instrume9te, Bleiloth, Box-
Chronometer, Boyle- Gay- Lussac'sches Gesetz.
Diese etwa 60 Artikel geodätischen Inhaltes finden sich in den
9 ersten Heften mit 800 + ^^0 = 1440 Seiten und man kann darnach
beurtheilen, was etwa das ganze Werk für ein bestimmtes Fach bieten
wird, indem das Ganze auf 25 Hefte (Abtheilungen) berechnet ist,
welche 5 Bände füllen werden. (Gesammtpreis 150 Mark.)
Ob in allen Artikeln stets das richtige Maass getroffen ist, ob nicht
manchmal Selbstverständliches gesagt und Wichtigeres weggelassen ist,
lässt sich schwer sagen, im Ganzen ist das Nöthige auch mit Literatur-
angabeu vorhanden. Die Artikel von Hammer zeichnen sich aus durch
Gründlichkeit namentlich in geschichtlicher Hinsicht, mit Literaturangaben
auch aus älterer Zeit
Zur barometrischen Höhenformel VI. Abtheilung S. 17 möchten wir
eine Berichtigung machen zur Formel von Jordan mit dem Factor
|l -f- 2 1, welcher aber heissen muss jl -] 1, in dem H die
mittlere Höhe über dem Meere bedeutet, also wenn z die Meereshöhe
z -\- (z A- h)
der unteren Station und h der Höhenunterschied ist, so ist H== ^— ^- — -
oder 2 n=2 z-\'hy wie in der That 2 z + h in den Formeln von
Bauernfeind und Rühlmann! angegeben ist.
An manchen geodätischen Artikeln hätte Referent wohl theilweise
Ausstellungen zu machen, doch sei davon nicht die Rede bei einer
Gesammtempfehlung des Werkes, welche uns hier beschäftigt. Ohne
Zweifel hängt die energische Weiterführung und die Arbeitsfreudigkeit
der Mitarbeiter bei einem solchen weit aussehenden Unternehmen auch
ab von der Theilnahme des lesenden und kaufenden Publikums . und
wenn auch die Zahl der Techniker, welche privatim die Ausgabe für
Bücherschau. 25
eia derartiges Werk sich gestatten könne; in unserem Vaterlande eine
beschränkte ist, so werden doch sicher alle technischen (and geodätischen)
Bibliotheken darauf angewiesen sein.
Wir werden über die künftigen neuen Lieferungen^ von der 10 ten
an seiner Zeit weiter Bericht erstatten und wünschen inzwischen dem
kühnen Unternehmen besten Erfolg in den geodätischen Kreisen^ in
welche dieser Bericht gelangt. J,
I. VAer einige geodätische Instrumente, deren Libellen und Femrohre,
TL, Die Nivellirinstrumente, ihre Benutzung, Prüfung und Berichtigung, Von
Dr. Arwed Fahrmann, ordentl. Professor an der Techn. Hochschule
zu Dresden. Verlag von E. A. Seemann. Leipzig 1895.
Die erste der genannten Schriften bezeichnet der Verfasser in der
Vorrede als Einleitung zu 3 anderen Schriften über Nivellirinstrumente^
Kippregeln und Theodolite, deren Herausgabe er beabsichtigt und von
denen die unter Nr. II genannte bereits vorliegt. Wie der Verfasser
selbst hervorhebt; sollen die Schriften in erster Linie als Nachschlage-
buch Hir Architekten, Bautechniker u. s. w. dienen, welche die nöthigen
Vorkenntnisse besitzen, auch in der Vermessungskunde unterrichtet sind,
aber nicht genügende Gelegenheit gehabt haben, sich die für geodätische
Arbeiten erforderliche Sicherheit zu erwerben. In diesen Kreisen werden
die Schriften voraussichtlich viele Freunde finden, da sie kurz und ver-
ständlich gefasst sind und alles Wesentliche enthalten, ohne auf Einzelheiten
der verschiedenen Gonstructionen einzugehen.
Die erstgenannte Schrift enthält im 1. Gapitel allgemeine Be-
merkungen über Bauart, Behandlung, Prüfung und Berichtigung der
Instrumente, sowie Angaben einer Anzahl guter Bezugsquellen.
Im 2. Capitel werden Einrichtung, Gebrauch, Prüfung und Berich.
tigung der Libellen behandelt.
Das 3. Capitel enthält Linsen, Fernrohre, Mikroskope, deren Ein-
richtung, Wirkungsweise, Prüfung und Berichtigung.
In der Schrift „die Nivellirinstrumente" werden zunächst die Haupt-
bestandtheile und die Axen erläutert, die beiden Arten — lösbare und
unlösbare Nivillirinstrumente — beschrieben und einige Bemerkungen
über den Gebrauch gegeben.
Der 2. Abschnitt behandelt die Prüfung und Berichtigung der
Instrumente.
Für die Prüfung und Berichtigung des Gleichlaufes der Zielaxe
mit der Libellenaxe an den unlösbaren Nivellirinstrumenten werden
drei verschiedene Verfahren angegeben.
Bei den beiden ersten Verfahren, welche der Verfasser als
empfehlenswerth für die geodätische Praxis bezeichnet,*) wird eine
») Er fügt sogar hinzu: „Man darf also darauf verzichten, noch andere
zu behandeln."
26 Bücherschao.
zweimalige, bezw. einmalige directe Messung der Instramentenhöhe
erforderlich.
Das dritte Verfahren macht eine solche entbehrlich^ ist aber im
Uebrigen ebenso umständlich wie die beiden ersten.
Das einfachste und in der Praxis — abgesehen von den genauesten
Feinnivellements — fast ausschliesslich übliche Verfahren (Ermittlung
des Höhenunterschiedes zweier Festpunkte durch Zielen aus der Mitte
und Berichtigung des Instruments nach Aufstellung desselben in der
Nähe des einen Punktes) wird gamicht erwähnt.
Der Verfasser überschätzt offenbar den durch die Veränderlichkeit
der Zielaxe in Folge Herausschiebens des Oculars entstehenden Fehler
und unterschätzt den aus der directen — übrigens sehr umständlichen
— Messung der Instrumenthöhe entspringenden.
Der erstere wird bei dem heutigen Stande der Feinmechanik für
kurze Entfernungen (5 — 10 m) stets verschwinden, während der letztere,
wenn man nicht ein sehr sorgfältiges und umständliches Messungsver-
fahren anwendet, leicht eine beträchtliche Höhe erreichen kann. Gerade
Architekten und Bautechniker, für welche die Fuhrmann^sche Schrift in
erster Linie bestimmt ist, werden gut thun, sich stets des einfachsten
Verfahrens zu bedienen und für den seltenen Fall, dass sie genauere
Nivellements auszuführen haben, möglichst mit gleichen Zielweiten zu
arbeiten, wo dies aber nicht angänglich ist, den Fehler nach den
Regeln in Nr. 18 der Fuhrmann'schen Schrift zu ermitteln und in
Rechnung zu stellen.
Im § 6 werdea Prüfung und Berichtigung der lösbaren Nivellir-
instrumente behandelt.
Die in den Text eingedruckten Zeichnungen stellen die Instrumente
mit Weglassung alles Unwesentlichen schematisch dar.
Beiden Schriften ist zur Erleichterung des Nachschlagens ein
alphabetisches Sachregister beigegeben. L. Winckd.
Geschichte der Mathematik im Alterthum und im Mittelalter von H. G. Zeuthen,
Professor an der Universität Kopenhagen. Verlag von Andr. Fred. Eöst & Sohn
Kopenhagen 1896. 3i2 Seiten go.
Die Geschichte der Mathematik hat für den Landmesser grosses
Interesse; ist doch die Landmessung selbst als die Mutter der Geo-
metrie und damit der Mathematik überhaupt zu betrachten. Als Ver-
anlassung zu der Beschäftigung der alten Egypter mit Geometrie wird
hingewiesen auf die Ueberschwemmungen des Nils und die damit ver-
bundenen Bestrebungen, jedermann hinterher den ihm gehörigen Grund
und Boden genau wieder zukommen zu lassen (S. 9). Dass ein Viereck mit
den Seiten a, 6, c, d nach der Formel — - — —^ — berechnet wurde, ist
sicher nur bei Vierecken geschehen, welche dem Rechteck nahe waren
BUcherachau. 27
(8. 11) und wird heute noch von Praktikern so gemacht; und jene
Rechnungsart ist also wohl nicht (wie Cantor annimmt) nur Zeichen
mathematischen Verfalls^ sondern eine Andeutung von berechtigten
Nä he rtings verfahren der Praxis, welche ja auch heute noch vorkommen.
Im Mittelpunkt der griechischen Mathematik steht Eu k li d 300 v. Chr.
mit seinen berühmten ^Elementen" der Oeometrie, welche heute noch
häufig als wirkliches Lehrbuch benutzt werden (z. B. Referent hat darnach
gelernt). In den 300 Jahren vor Euklid haben wir Thaies, Pythagoras,
Plato, Eudoxus, Hippokrates, Hippias, Archytas und nach Euklid kommen
noch Eratosthenes, Archimedes, ApoUonius u. A. über welche alle auf
S. 14 — 29 berichtet wird. Die Landmessung soll nach S. 29 schon zu
Aristoteles Zeiten den Namen Geodäsie geführt haben. Hierzugehört
auch Heron von Alexandrien (von welchem in dieser Zeitschr. 1887,
S. 553, 674; 1888 S. 282, 325, 365 besonders berichtet worden ist).
Die griechische Mathematik, zu welcher Vorstehendes in dem historischen
Ueberblick gehört, wird in 29 Abschnitten behandelt, von welchen
besonderes Interesse verdienen 6. das Unendliche, 7. die Quadratur des
Kreises, 13. Euklid's „Elemente" 14. Euklid^s geometrische Voraus-
setzungen, 17. und 18. commensurable und incommensurable Orössen,
26. die berechnende Geometrie.
Als zweiter Hauptabschnitt folgt die indische Mathematik
mit 2. Zahlenbenennung, Zahlenbezeichnung, Zahlenrechnen vor und bei
den Indern.
Der dritte Hauptabschnitt betrifft das Mittelalter und darunter
2. und 3. die Arithmetik, Algebra und Trigonometrie der Araber,
wovon wir aus S. 312 — 313 entnehmen: Der Name sinus soll insofern
indischen Ursprungs sein, als er die richtige lateinische Uebersetzung eines
arabischen Wortes ist, das durch Entstellung des indischen Wortes
für sinus entstanden war**. Die Araber berechneten Sinustafeln und
Tangentenfafeln von 10 zu 10 Minuten mit der Fehlergrenze (-^)*;
die Tangententafeln vonAbulWafas sollen sogar die Fehlergrenze l-^j'^
gehabt haben, d. h. 0,0000000013 oder bis auf die 8. Stelle richtig!
Die Araber hatten auch schon die Formel der sphärischen Trigonometrie :
cos a = cos b cos c-\-Bmb sin c cos A
und im rechtwinkligen Dreieck ebenfalls die heutigen Formeln, von
welchem die eine
cos -4 = cos a sin C
einem Westaraber Geber ihre Erfindung verdankt.
Mit einem Abschnitt ^Erstes Erwachen der Mathematik in Europa^
Bchliesst das Z e u th e n 'sehe Werk, über welches wir hier berichtet haben,
ohne zu fachmännischer Kritik auf diesem Gebiete befähigt zu sein,
nach dem Eindruck, den das ansprechend geschriebene Buch auf den
28
BUoherschau.
Praktiker macht, der von seinen täglichen mathematischen Htilfsmitteln
gerne auch die auf Jahrtausende zurückreichenden Wurzeln kennen
lernt, und in diesem Sinn empfehlen wir die Schrift den Fachgenossen»
J.
Tafeln enthaltend die Ausmaasse der Met-idian- und ParaHeUcreis- Bögen, dann die
Logarithmen der Krümmungs^Radien des BesseTschen ErdeUipsoids, berechnet
unter der Leitung von Oberstlieutenant H. Hartl in der geodätischen
Abtheilung des K. und K. militär - geographischen Instituts. Separat-
abdruck aus den Mittheilungen des E. K. militär- geographischen Instituts.
XIV. Band. Wien 1895.
Nachdem schon im III. Bande der Mittheilüngen des östereichischen
militär - geographischen - Instituts Tafeln der Krümmungshalbmesser des
Besserschen EUipsoides von Rehm berechnet sind, wurden durch den
auch auf anderen Gebieten rühmlich bekannten Oberstlieutenant Hartl
diese neuen Berechnungen angeordnet, welche auf Grund der in Helmert's
höherer Geodäsie 1880 angegebenen Formeln und Constanten geführt
sind, und durch den ganzen Quadranten von 10' zu 10' und für Oesterreich
theil weise von 1' zu 1' folgendes bieten: I. und II. Meridianbogen vom
Aequator bis zur Breite cp. Da eine ähnliche Tafel von F. G. Gauss in dem
Werke die trigonometrischen und polygonometrischen Rechnungen in der
Feldmessknnst veröffentlicht ist, wollen wir einige Tafel werthe vergleichen:
Breite
?
Meridianbogen vom Aequator bis ^
nach Hartl
nach F. 6. Gauss
Diff.
400
450
500
550
4429 084,790m
4984 439,266
5540 279,543
6096 598,931
4429 084,788m
4984 439,265
5540 279,542
6096 598,929
— 2mm|
-1
-1
-2
Die kleinen Differenzen scheinen davon herzurühren, dass beide
Berechner zwar mit ^BesseFschen Erddimensionen^, aber mit verschiedenen
Annahmen in der Wahl der letzten Stellen gerechnet haben (vergl.
Zeitschr. f. Verm. 1885, S. 22—27).
Ausser diesem Meridianbogen vom Aequator an giebt Hartl auch die
einzelnen Meridiangrade und Minuten und die Parallelbogen - Grade
•Minuten und -Secunden.
Nach diesem wird zuerst behandelt eine Grundfunction
y 1 — e^ sin^cp
d. h. es ist K die Reciproke der von Helmert mit W bezeichneten
Function, dann:
Meridiankrümmungshalbmesser B=:a (1 — e^) E?
Querkrümmungshalbmesser N=aK
Mittlerer Krümmungshalbmesser r = ]/^B N= a |/l — e^ E? .
cBücherschau.
Die Tafel fflgiebt hierfür log K.log N, logÄ, log — alles 10 stelUg
T
von 10' zu 10' durch den ganzen Quadranten. Hierzu wollen wir eine
Yergleichs-Rechnung mittheilen, indem Referent vor Kurzem die Function
W 1
y= ]/ 1 + «'' cos* (p = yj—i = ZTTfZ^' ^^ ^^^^^S unabhängig
neu berechnet hat.
Folgendes ist die Vergleichung derjenigen Werthe von V zu 1%
welche in der letzten Stelle Abweichungen zeigen:
"■
Hartl
*T A 1* H An
?
log-K-
logF
Diff.
^""^KVl^e^
00
0,0000000*000
0,001 4541-798
0,001 4541-798
20
0,0000017-653
0,001 4524145
0,001 4524*146
+ 1
40
0,0000070-524
0,001 4471-274
0,0014471-273
— 1
100
0,0000437067
0,001 4104-731
0,001 4104-730
— 1
120
0,0000626-592
0,001 3915-206
0,001 3915-205
— 1
140
0,0000848-398
0,001 3693-400
0,0013693-399
— 1
190
0,000 1536-746
0,001 3005052
0,001 3005051
— 1
220
0,0002034-788
0,001 2507-010
0,0012507*011
+ 1
320
0,000 4073-722
0,001 0468-076
0,001 0468t)75
— 1
380
0,0005500*454
0,000 9041-344
0,0009041-343
— 1
400
0,0005996-520
0,000 8545-278
0,0008545*279
+ 1
440
0,0007004-992
0,000 7536-806
0,000 7536*807
+ 1 .
550
0,000 9746-935
0,0004794-863
0,000 4794*862
— 1
570
0,001 0218-071
0,000 4323-727
0,000 4323-726
-1
590
0,001 0674-880
0,000 3866-918
0,000 3866-919
+ 1
680
0/)01 1328-358
0,0003213-440
0,000 3213-441
+ 1 .
630
0,001 1536-650
0,0003005148
0,0003005-149
+ 1
640
0,001 1739-741
0,000 2802-057
0,000 3802056
— 1
660
0,0012129*348
0,000 2412-450
0,000 2412-451
+ 1
710
0,001 2995-824
0,000 1545-974
0,000 1545-975
+ 1
820
0,0014259-208
0,0000282-590
0,0000282-589
— 1
900
0,0014041*798
0,0000000*000
0,000 0000000
Hartl's Werthe logK sind geradezu aus dessen Tafel III entnommen
1 -
und die log ^ ., /•- f sind durch Abzug von log y 1—e^ 9.9985458*202
entstanden^ während; nach Hartl 8. 6 die letzten Stellen *2023 sind; so
dass wir in der Umrechnung bereits 0*0003 vernachlässigen müssen.
Unsere Werthe log V sind neu unabhängig mit den Oonstanten der
PreussiBchen Landesaufnahme auf 12 — 13 Stellen berechnet und auf
10 Stellen abgerundet.
30 Bücherschau.
Endlich giebt eine Tafel IV in HartFa Werk die Interpolations-
Coefficienten n, ^ -^^, T ^7^ ^7^ > J® ^^^^ Werthe für n = 0,000
bis n = 0,999 und 1,000-
Diese neaen Hartrschen Tafeln sind sehr ausführlich und bequem,
sie sind für Oesterfeich maassgebend und auch für Rechnungen der
Preussischen Landesaufnahme brauchbar, insofern man von den kleinen
Abweichungen in den letzten Stellen absieht. J.
Rechen-Tafeln, zum Gebrauche für Schule und Praxis bearbeitet von L. Zimmer-
mann, Coblenz. 1895. Verlag des technischen Versandgeschäffces R. Reis
liebenwerda. 40 Seiten 8«. 2 Mark.
Eine Productentafel aller 2ziffrigen und 3 ziffrigen Zahlen also
2. B. 24 X 332, auf nur 20 Seiten ist ein überraschend einfaches Hülfs-
mittel! Schon eine Tafel aller Producte aus je 2 ziffrigen Zahlen würde
bei gewöhnlicher ausführlicher Anordnung 10 solche Seiten beanspruchen.
Zwar ohne Zusaimmensetzung hut auch diese neue Tafel von Zimmer-
mann die grosse Aufgabe, alle Producte bis zu 99 X 999 zu geben,
nicht bewältigen können, aber die Zusammensetzung ist durch einen
kleinen Kunstgriff so vereinfacht, dass man die Ergebnisse fast ebenso
glatt ablesen kann, wie z. B. aus der grossen Crelle'schen Tafel.
Wir wollen das Princip an einem Beispiele zeigen: Es handle sich
um 24 X 332, dann wäre es zunächst das einfachste zu setzen:
24 (800 + 32) = 19200 + 768 = 19968.
Es wird aber auf S. 22 so gerechnet:
24 (800 -f 32) = (19200-1-700) + (768 — 700)
= 19900 +68 = 19968,
d. h. die 700 werden am zweiten Theile weggelassen und dem ersten
Theile zugezählt, so dass man schlechthin 199 und 68, d. h. zusammen
19968 abzulesen hat.
Dieser Betrag 700 bleibt constant auf S. 22 für alle 3 ziffrigen
Zahlen, deren 2 letzte Stellen zwischen 30 und 39 liegen, also z. B.:
24 X 839 = 24 (800 + 39) = 19200 4- 936
= (19200 4- 700) -f. (936 — 700)
= 19900 + 236 = 20136.
Auf diese Weise wird erreicht, dass der zweite Theil höchstens 3 ziflfrig
ist, z. B. am Ende der Tafel S. 35:
93 X 699 = 93 (600 -f 99) = 55800 + 9207
= (55800 -f 8300) + (9207 — 8300)
= 64100 + 907 = 65007
Die Zusammensetzung 64100 + 907 =65007 entspricht der Tafel S. 35,
und man hat also bei der Zusammensetzung höclistens eine Werthstelle
zu addiren. Der ganze Gedanke ist sehr sinnreich und praktisch; es
Personalnachrichten. — Druckfehlerberichtigung. — Neue Schriften etc. 31
giebt wohl keine andere Pruductentafel, welche auf gleich kleinem
Baume soviel leistet.
Zwei folgende Seiten geben noch ^Verhältnisszahlen der Katheten
zur Hypotennse^^ d. h. trigonometrisch gesagt, die Werthe C08a =
\^ 1 — sin^ a als Function von sin a.
Das ganze Werkchen^ elegaint gebunden, 2 Mark; ist sehr zu
empfehlen. J,
Personalnachrichien.
Baden« Nach ordnungsmässlg bestandener Prüfung sind folgende
Geometercandidaten als öffentlich bestellte Geometer aufgenommen worden:
Bücher, Friedr., von Grossenholzheim; Bummele, Max, von Zell i. W;
Vollmer, Wilhelm, von Maxau; Frey, &arl Budolf, von Bheinfelden;
Schmidt, Wilhelm, von Karlsruhe; Müller, Emil, von OttlBnheim.
Druckfehlerberichiigung.
Druckfehler in der 6 stelligen logar. - trigonometrischen Tafel für
neue Theilung von Jordan Stuttgart 1894
Seite log 99 = 955635 soll sein 995635:
Bern, 11. December 1895. Wilh. Schulß,
Ing. d. eidg. topogr. Bureau.
Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Regierungsblatt für das Königreich Württemberg. Nr. 28. Ausgegeben
Stuttgart, Montag den 4. November 1895, enthält: Königliche Ver-
ordnung, betreffend die Prüfung und Bestellung öffentlicher Feld-
messer und die Ausführung der Vermessungsarbeiten vom 21. Octo-
ber 1895. — Verfügung des Ministeriums des Innern, betreffend
die Ausführung und Revision der Vermessungsarbeiteti.
Günther, S,, Erd^ und Himmelsgloben, ihre Geschichte und Construction.
Nach dem Italienischen des M. Fiorini frei bearbeitet. Leipzig 1895.
gr. 8. 5 u. 137 pg. m. 9 Holzschnitten. 4 Mk.
Jahrbuch, Nautisches, oder Ephemeriden und Tafeln für das Jahr 1898
zur Bestimmung der Zeit, Länge und Breite zur See nach astro-
nomischen Beobachtungen. Herausgegeben vom Reichsamt des
Innern unter Redaction von Tietjen. Berlin 1895. gr. 8. 32 u.
270 pg. cart. 1,50 Mk.
32 Nene Schriften über VermessungsweBen.
Die Trian^lirang von Java^ ausgeführt vom Personal des geographischen
Dienstes in Niederländisch Ost-Indien. 4. Abtheilüng, das primflre
DreiecksnetZ; im Auftrage des Ministeriums derOolonien und unter
Mitwirkung von J. 0. A. van Asperen, Geogr. Ingeniear in Ost-
Indien a. D., M. L. J. van Asperen^ Capitain zur See a. D.,
W. O. Teunissen^ Assistenten bei dem geogr. Dienst in Ost-
Indien a. D. bearbeitet von Dr. J. A. 0. Oudemans^. Professor
der Astronomie an der Beichs-Universität zu Utrecht, ehemaligem
Hauptingenieur und Chef des geographischen Dienstes in Ost-Indien.
Druck von Joh. Enachede en Zonen zu Haarlem. Haag 1895.
Martinus Nijhoff, 224 Seiten 4^ und 2 Tafeln.
Battschinger, J., lieber eine neue Bestimmung der Befractiondconstante
auf astronomischem Wege. (München Sitzungsb. Akad.) 1895. 8.
22 pg. 1,20 Mk.
Elementi Oeodetici dei Punti contennti nei Fogli 204, 213—215, 223
della Carta dltalia compresi fra 390 40' e 400.90' di Lsttitaidine
e + 50 Otf e + 60 SO' di Longitudine da Boma. Borna 1895. 4. 90 pg.
Kraft, G., Die Anfangsgründe der Theodolitmessung und der ebenen
Polygonometrie. Mit Anhang: Von den Fehlem der Messungen.
3. Auflage, bearbeitet von Schering. Hannover 1895. gr. 8.
7 u., 285 pg. m. 91 Holzschnitten. 7,50 Mk.
Misura della Base del Ticlno (o di Somma). Misura della Base di
Ozieri (Sardegna). Firenze 1895. 4. 51 pg. c. 9 tavole.
Jordan, TFl, Handbuch der Vermessungskunde. 4. Auflage. (In 3
Bänden.) Band I: Ausgleichungs-Rechnung nach der Methode der
kleinsten Quadrate. Stuttgart 1895. 600 Seiten gr. 8. 12 Mark.
Mit Bildniss von Gauss.
Dallety Q., Manuel pratique de O^od^sie. Paris 1895. 12. av. 22 figures.
3,50 Mk.
Zenithdistanzen zur Bestimmung der Höhenlage der Nordsee-Inseln
Helgoland, Neu werk und Wangeroog, sowie des Leachtthurmes auf
Bother Sand über den Festlandspunkten Cuxhaven * und Schillig.
Veröffentlichung des Kön. Preuss. Geodät. Instituts. Berlin 1895.
gr. 4. 13 u. 280 pg. m. 3 Tafeln. 20 Mk.
Eratosthenes. -— Columba, G. M., Eratosthene e la Misurazione del
Meridiane terrestre. Palermo 1895. 8. 72 pg. 2 Mk. .
Inhalt
Grossere Mittheilungen: Deutsche Beichs - Geodäsie. — Die Ergebnisse der
Messung der Bonner Basis mit Me^slatten und Messband, von Beinhertz. —
Tachymeter mit Celluloid-^Höhenbogen, von Jordan. — Eine neue Form des
TachymetQv-Schiebers, von Puller. — Kleinere Miltbeilung. — Bfldierachau. —
Personalnachrichten. — Druckfeblerberichtigung. ~ Neue Schriften Ober Vermessungtwesen.
Verlag von Konrad Witt wer Stuttgart — Drack von Oebrüder Jänecke in Hannover.
33
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan« und O. Steppes,
Professor in Hannover Steuer-Rath in Manchen.
-HÖH
1896. Heft 2. Band XXV.
^ 16. Januar. K
Die Ergebnisse der Messung der Bonner Basis mil
Messlatten und Messband.
(Fortsetzung von Seite 14.)
3. Die VergleichuDg der Mittel der Latten- und Band-
Messung untereinander und mit den Werthen der
Basismessung.
Um zunächst einen allgemeinen Ueberblick über die Ergebnisse zu
gewähren^ sind in der folgenden Tabelle 4 die Unterschiede, welche
die Messungsmittel gegen die Werthe des Brunner^schen Apparates er-
Tabelle 4.
Streckenlänfi^e
Brunner I
Brunner I
Brunner I
Branner I
5 m-Latte
Anfangspunkt
Süd Nr. 16
—
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—
—
Bessel
5 m-Latte
4 m-Latte
20 m-Band
4 m-Latte
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mm
mm
mm
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156 m
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- 11
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- 21
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+ 5
+ 35
— 49
- 30
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- 17
+ 7
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-- 79
- 35
1092
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- 20
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— 100
- 45
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-
- 22
4- 1
4- 51
128
- 50
1405
Factor :
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- 25
+ 3
+ 58
— 157
- 55
+ 0,0000180
+ 0,0000027
-f 0,0000400
— 0,0000859
+ 0,0000374
Anfangspunkt
■
Nr. 7
156 m
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h ^
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312
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- 11
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- 30
— 89
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- 14
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- 20
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- 43
— 112
- 23
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- 20
- 49
— 143
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1092
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- 20
—
- 20
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- 57
— 160
- 37
1248
—
- 23
—
- 28
—
- 67
— 185
f- 39
1405
Factor:
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- 25
-
- 26
-
- 69
— 195
- 43
4- 0,0000180
+ 0,0000189
-f- 0,0000520
— 0,0001440
+ 0,0000330
mittlerer
Factor:
+ 0,
0000108
+ 0,
0000460
0,0001150
+ 0,
0000352
Zeitschrift für Vermessnngsweseii 1896. Heft 2.
34
Beinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
geben^ nach den Tabellen 1; 2 and 3 berechnet, für jede Messungs-
ricbtnng zusammengestellt. Die Tabelle giebt zunächst eine allgemeine
Anschauung von der Grösse der beobachteten Abweichungen. Sodann
zeigt sie für die verschiedenen Messinstrumente eine ausgeprägte, fort-
schreitende Abweichung, die sich durch die unter den Beihen stehenden
Factoren ausdrücken lassen, und besonders sich in graphischen Dar-
stellungen zu erkennen geben.
Als Beispiel sind die Differenzen zwischen den Mitteln der 5 m-
und 4 m- Latte (Anfang Südpunkt) auf Seite 35 zwischen Figur 1 und 2
durch eine strichpunktirte Linie dargestellt. Aus der Vergleichung
der Factoren für die verschiedenen Instrumente untereinander und für
die der beiden verschiedenen Bichtungen der Messungen mit denselben
Instrumenten untereinander, erkennen wir schon hieraus, dass diese
fortschreitenden Abweichungen nicht ohne Weiteres durch einen Maass-
unterschied sich erklären lassen, sondern auch in anderen Ursachen
ihre Begründung haben müssen. Vergleichen wir z. B. die Factoren für
die 5 m- und 4 m-Latte, so erhalten wir:
Anfangspunkt Nr. 16
Nr. 7
7)
5 m-Latte
4 m-Latte
Differenz der Factoren
der 5 m- u. 4 m- Latte
+ 0,0000027
+ 0,0000189
-1-0,0000400
+ 0,0000520
+ 0,0000373
-f 0,0000331
— 0,0000162
— 0,0000120
Differenz der Factoren
für die Hin- und Her-
Messung
Zu dem naheliegenden Vergleich des Factors der Basisapparate
untereinander mit denjenigen für die Latten- und Bandmessung ist zu
bemerken, dass der grösste Theil jener Abweichung in der Verschieden-
heit des Maasssystems begründet ist (vergl. Seite 14) und bei der ganz
anderen Gestaltung des Messungsverfahrens eine unmittelbare Ver-
gleichung dieser Factoren überhaupt unstatthaft ist, dagegen ist immer-
hin beachtenswerth, dass bei den Latten der grösste Factor nur dreimal,
beim Messband der grösste Factor achtmal so gross ist als derjenige
der Basisapparate untereinander.
4. Vergleichang der Messnngs - Ergebnisse dnrch den
„mittleren Fehler".
Werden nach Tabelle 1 bis 3 die Abweichungen gegen die dort
angegebenen arithmetischen Mittel gebildet, und daraus für alle Messun-
gen die „mittleren Fehler" für die Ablesungen an jeder Festlegung,
so erhalten wir damit einen übersichtlichen Ausdruck für die Fehler-
grössen. Diese Fehlerreihen sind in den Spalten 2, 5 und 8 der
Tabelle 5 auf Seite 36 angegeben, und in den Figuren 1 bis 3 durch
die stark ausgezogenen Linien dargestellt.
Werden weiterhin aus den Tabellen 1 bis 3 die Abweichungen
aller Messungen gegen die Werthe der beiden Basisapparate gebildet, und
Basis mit Messlatten und Messband.
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36
Beinherts. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
Tabelle 5.
Mittlere Fehler ans den Qnadratsammen gebildet aus den Ab-
weichungen gegen das arithmetische Mittel, sowie die Angaben des
Brunner'schen und BesseTschen Apparates.
Streeken-
lihige
5 m-Latte
4 m-Latte
20 m-Band
4 m-Latte
arithm.
Mittel
Branner
Bessel
arithm.
Mittel
Branner
Bessel
arithm.
Mittel
Branner
BeAsel
arithm.
Mittel
der Beob-
achter
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
156
312
468
624
780
936
1092
1248
1405
mm
±4,0
8,4
12,7
15,8
20,1
23,7
24,9
31,0
32,9
mm
± 5,4
8,4
11,8
15,7
23,2
26,2
27,1
34,4
35,2
mm
±6,1
8,6
13,2
16,4
19,8
22,8
25,0
32,1
33,7
mm
±10,2
13,6
20,1
24,2
28,6
36,7
42,4
49,1
58,3
mm
±13,1
17,9
26,2
34,3
47,0
56,7
66,0
74,8
83,1
mm
±11,8
14,5
21,2
27,1
36,3
44,2
51,2
58,5
66,0
cm
± 4,6
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13,2
14,3
15,4
17,8
20,8
cm
± 4,6
8,1
10,8
13,3
14,8
17,4
19,4
22,8
25,9
cm
±4,7
8,4
11,2
13,9
15,6
18,5
20,7
24,3
27,7
mm
± 8,7
6,4
9,2
8,4
9,0
10,0
10,3
13,7
16,3
damit für jede Festlegung das quadratische Mittel derselben; also der
„mittlere Fehler" bezogen auf die Basisapparate^ so erhalten wir die
Fehlerreihen in den Spalten 3, 6 und 9 bezw. 4^ 7 und 10 der Tabelle 5,
welche in den Figuren 1 bis 3 für die auf den Brunner 'sehen
Apparat bezogenen Abweichungen durch eine starke punktirte Linie, für
die auf den Besser sehen bezogenen durch eine feine strichpunktirte
Linie dargestellt sind. Wir bemerken den gleichartigen Verlauf dieser
Linien^ deren Abweichung sich zunächst aus den bereits erwähnten fort-
schreitenden Unterschieden zwischen den Basisapparaten unter einander
sowohl wie gegen die arithmetischen Mittel erklärt.
5. Die fortschreitenden Abweicliimgen für jede
einzelne Messung.
Nachdem wir bisher das Beobachtungsmaterial summarisch betrachtet
haben, wenden wir uns nun zur Betrachtung der einzelnen Messungen.
Zu dem Zweck sind die Abweichungen aller einzelnen Ablesungen
der Tabellen 1 bis 3 gegen die Werthe der Basisapparate gebildet, aus
denen auch schon die unter 4 erwähnten mittleren Fehler berechnet
sind. Da der Unterschied zwischen den beiden Basisapparaten bei Ab-
rundung auf mm ein regelmässig fortschreitender ist, genügt es die
Abweichungen gegen einen der beiden Apparate weiter zu verfolgen.
Dementsprechend sind in den Tabellen 6, 7 und 8 unter den mit d
bezeichneten Spalten die Abweichungen aller Ablesungen gegen den
Brunner'schen Apparat aufgeführt.
Basis mit Messlatten and Messband.
37
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Reinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
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Basis mit Messlatten und Messband.
41
Fig. ö.
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42 Reinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
Die Betrachtung der Zahlenreihen für die einzelnen Messungen, oder
noch besser danach angefertigter graphischer Darstellungen für den
Verlauf der Abweichungen, wie sie durch die in Figur 4 als Beispiele
ausgewählten 4 Messungen für jedes Instrument veranschaulicht sind,
lässt für jede Messung ein ihr eigenes Fortschreiten der Abweichungen
erkennen. Dieses Fortschreiten ist für jede Messung ganz charakte-
ristisch ausgeprägt, nur selten durch einen Sprung unterbrochen (vergl.
Seite 50) und von dem anderer Reihen sowohl nach dem Orade des
Fortschreitens als zum Tlieil auch durch das Vorzeichen unterschieden.
Eine Uebersicht über dieses scharf hervortretende Verhalten der Ab-
weichungen geben uns die dieses Fortschreiten ausdrückenden Factoren fy*)
welche in der letzten Spalte der Tabellen 6, 7, 8 eingetragen sind,
sowie die schematische Darstellung aller Messungen in der Figur 5,
worin die mittlere Abweichung der gebrochenen Linienzttge von der
Geraden durch den Radius der mit db u bezeichneten Kreise ausgedrückt
ist. (Dieser Fehler der Oradstreckung lässt sich auch ausdrücken durch
den mittleren Fehler der Bestimmung der einzelnen Factoren /*, welcher für
die Messlatten rund ± 0,0000025, für das Messband ± 0,000017 beträgt.)
Bezeichnen wir nun in dieser schematischen Darstellung die einzelnen
Linien durch Angabe der Richtung der Messung und der Beobachter
mit den Zeichen s, n und a, i, c (vergl. Tabellen 1, 2, 3 und 6, 7, 8)
so fällt uns sofort die eigenartige Oruppirung dieser Buchstaben auf.
Diese Oruppirung lässt einen wesentlichen Einflnss des Beobachters
deutlich hervortreten, während der Einfluss der Richtung der Messung
weniger sich ausprägt. Um einen zahlenmässigen Ausdruck für dieses
Verhalten der einzelnen Linienmessungen zu gewinnen, vergleichen wir
die in der letzten Spalte der Tabellen 6, 7, 8 angegebenen Factoren
mit einander, indem wir zunächst sämmtliche Messungen zu einer Gruppe
zusammenfassen, dann die auf dieselbe Richtung und endlich die auf
denselben Beobachter bezogenen.
Wenn wir nun als Ausdruck der Uebereinstimmung der Factoren
innerhalb einer solchen Gruppe nach dem Princip des arithmetischen
Mittels „den mittleren Fehler der Einzelfactoren der Gruppe^ benutzen,
so erhalten wir die folgende Tabelle 9, in welcher das Verhältniss dieser
Uebereinstimmung für die drei genannten Gruppen durch die Fehler-
quotienten bezogen auf Gruppe 1 veranschaulicht ist.
Wir ersehen daraus, dass für die Gruppen 1 und 2 im Allgemeinen
dieselbe Uebereinstimmung der Factoren untereinander besteht, dass
dagegen bei der Gruppeneintheilung nach Beobachtern die Ueberein-
stimmung eine erheblich grössere wird, besonders für die Lattenmessun-
gen, bei welcher die Uebereinstimmung rund doppelt so gross ist.
Die Tabelle lässt also ebenso wie die Figur 5 den bedeutenden Ein-
*) Aus diesen auf „Brunn er I" bezogenen Factoren ergeben sich die aut
„Bessel" bezogenen durch Addition von — 0,0000180.
Basis mit Messlatten und Messband. 43
floss erkennen^ welchen die Handhabung der Messinstrumente^ besonders
der Latten; auf den fortschreitenden Factor ausübt. Der Einfluss der
Richtung der Messung giebt sich in dem Unterschied der Mittel der
Factoren für die einzelnen Richtungen in der Tabelle 4 und der Zu-
sammenstellung von Seite 34 zu erkennen. Dass der Einfluss der Rich-
tung sich in der Qruppen-Uebereinstimmung nicht besonders bemerkbar
macht, ist erklärt durch die ebene Messbahn (0,07% Neigung, vgl. S. 9),
welche eine merkliche Beeinflussung der Messung in der einen oder
anderen Richtung nicht bieten konnte, höchstens die durch den Stand
der Sonne im Gesicht oder Rücken des Messenden.
Dasselbe Ergebniss finden wir, wenn wir nicht die einzelnen Messun-
gen durch ihre Factoren summarisch zusammenfassen, sondern auf
alle einzelnen Ablesungen zurückgreifen. Wenn wir z. B. mit den
mittleren Factoren für sämmtliche Messungen (Gruppe 1, [Tabelle 9)
alle einzelnen Ablesungen reduziren, die übrigbleibenden Abweichungen
und daraus ihre ^mittleren Fehler^ bilden, so erhalten wir für die ein-
zelnen Festlegungen Fehlerreihen, welche mit den durch unmittelbare
Mitteilung der Beobachtungen in den Spalten 2, 5 und 8 der Tabelle 5
erhaltenen, innerhalb der durch die Abweichung der Fehlerlinien
von der Geraden bedingten Unterschiede übereinstimmen, wie es der
Vergleich der folgenden Tabelle 10 S. 45 mit den Spalten 2, 5, 8 der
Tabelle 5 ohne Weiteres zeigt. (Ueber den Betrag der unregelmässigen
Abweichung vergl. Seite 45.)
Wählen wir aber eine andere Gruppirung der Messungen, so
werden dementsprechend auch die Fehlerwerthe sich ändern, wie aus
den Fehlerquotienten der Tabelle 9 sich ergiebt. Werden z. B. für
die 4 m-Latte die Messungen nach Beobachtern zusammengefasst (Gruppe 3,
Tabelle 9) und innerhalb dieser Gruppen „die mittleren Fehler" der
Ablesungen gebildet, so erhalten wir die in Tabelle 5, Spalte 11 ein-
getragene Reihe, welche in Figur 2 durch die feine strichpunktirte
Linie dargestellt ist, deren Ordinatengrössen im Vergleich ztr-denen des
mittleren Fehlers aus sämmtlichen Messungen (in der Figur stark aus-
gezogen) nach dem Quotienten 0,34 (Tabelle 9) sich sofort erklärt,
und damit den Einfluss der Handhabung in anderer Form zum Aus-
druck bringt. Danach ist zu erwarten, dass wenn die vorliegenden
Messungen nur von einem Beobachter und Gehülfen ausgeführt worden
wären, die in dieser Weise berechneten mittleren Fehler sich erheblich
kleiner gefunden liaben würden als die in Tabelle 5 zusammengestellten.
Wenn wir nun die Grösse der fortschreitenden Abweichungen, also
unserer Factoren f der Tabellen 6 — 8 betrachten wollen, so haben wir
zunächst zu beachten: 1) dass die Factoren mit einem mittleren Fehler
von rund ± 0,0000025 für die Latten und ± 0,000017 für das Band
sich aus den einzelnen Linienmessungen bestimmt haben, 2) dass sie
bei verschiedenen Linienmessungen mit demselben Instrument sich ver-
44
Reinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
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Basis mit Messlatten und Messband.
46
schieden ergeben um einen Betrag, welcher rund ihrer eigenen Orösse
gleich ist, und 3) dass sie natürlich nur relative Werthe darstellen, die
wir z. B. in unserem Fall, durch Hinzulegen von — 0,0000180 in die
auf die Angaben des BesseTschen Apparates bezogenen Factoren um-
wandeln können. Vergleichen wir nun, mit Berücksichtigung des soeben
Gesagten, die Factoren der verschiedenen Messinstrumente untereinander,
so können wir feststellen, dass zunächst die Factoren und ihre Ab-
weichungen von einander bei den Latten erheblich kleiner sind als beim
Messband, und dass von den beiden Latten, die 5 m-Latte kleinere
Factoren aufweist als die 4 m-Latte. Die Erklärung dafür liegt auf
Tabelle 10.
Strecken-
5 m-
4 m-
20 m-
länge
Latte
Latte
Band
m
mm
mm
cm
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±11,3
±4,1
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12,8
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468
11,9
19,0
10,4
624
15,2
22,8
12,1
780
20,0
26,6
12,5
936
21,5
33,8
13,4
1092
23,9
39,0
14,4
1248
31,3
45,5
16,6
1405
32,0
53,5
19,1
der Hand. Der Unterschied für die beiden verschiedenen Lattenpaare
ist in ihrer Länge ohne Weiteres begründet; ein Urtheil über den Ein-
fluss der Lattenlänge auf den fortschreitenden Factor lässt sich aus
unseren Messungen nicht gewinnen, da mindestens noch die entsprechenden
Messungen mit der 3 m-Latte erforderlich gewesen wären (vergl. S. 8)
um eine Beziehung aufstellen zu können. Es lässt sich nur ganz all-
gemein angeben, dass die Factoren und ihre Abweichung bei der 5 m-Latte
rund halb so gross sind als bei der 4 m-Latte, und daraus schliessen,
dass die 5 m-Latte ein sehr empfehlenswerthes Messinstrument ist. Der
verhältnissmässig hohe Betrag der Factoren und ihre Abweichung beim
Messbande ist der Hauptsache nach dem Einfluss der Spannungsfehler
zuzuschreiben, da die Richtfehler bei der Länge des Bandes sehr zurück-
treten.
6. Die miregeliiiässigeii Abweichungen.
Um nun die bisher ausser Acht gelassene Abweichung der beob-
achteten Linienzüge von der Geraden in's Auge zu fassen, bilden wir
für jede einzelne Linienmessung mit dem für sie berechneten Factor
die fortschreitende Abweichung und damit den Unterschied gegen den
beobachteten Werth. Diese Unterschiede, welche übrigens auch aus den
in Figur 4 dargestellten Linienzügen ersichtlich sind, wollen wir als
„unregelmässige Abweichung" bezeichnen. In den mit red d bezeich-
46 Reinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
neten Spalten der Tabellen 6^ 7 und 8 sind sämmtliche dieser Unter-
schiede enthalten.
Um einen einfachen Ueberblick über ihre Grösse zu erhalten, bilden
wir das quadratische Mittel sämmtlicher Werthe, d. h. also die mittlere
unregelmässige Abweichung für jedes Messinstrument. Es ist ftir
die 5 m-Latte ±5,1 mm,
die 4 m-Latte zb 5,4 mm,
das 20m-Band ± 4,1 cm.
Damit ist auch gleichzeitig der Anschluss der mit dem fortschreitenden
Factor berechneten Werthe an die beobachteten zum Ausdruck gebracht
(vergl. S. 42) und in Figur 5 durch den Radius der Kreise mit dem
Zeichen db u dargestellt. Bilden wir weiterhin in der gleichen Weise
die quadratischen Mittel (mittl. Fehler) für die einzelnen Festlegungen^
so erhalten wir die in der untersten Linie der Tabellen 6, 7 und 8 in
der Spalte unter red d eingetragenen Fehlerreihen, welche in den
Figuren 1 bis 3 durch die feinen Doppellinien dargestellt sind.
Bevor wir auf die Bedeutung dieser Werthe weiter eingehen, hat es
Interesse zu untersuchen, in welcher Weise durch unsere Messungen
eine Aufgabe gelöst ist, welche die Praxis sehr häufig stellt, nämlich
die Aufgabe: ^Zwischen zwei gegebene Festpunkte eine Anzahl von
Zwischenpunkten einzumessen ^. Nehmen wir die Endpunkte unserer
Messung als Festpunkte und bestimmen die sich dabei ergebenden Ab-
weichungen gegen die Angaben der Basisapparate, so erhalten wir die
in der folgenden Tabelle 11 nachgewiesenen Werthe. Als übersicht-
lichen Ausdruck für diese Abweichungen bei der Einschaltung benutzen
wir wieder das aus sämmtlichen gebildete quadratische Mittel (mittleren
Fehler). Es ist für
die 5 m-Latte ±5,9 mm,
die 4 m-Latte dr 6,4 mm,
das 20 m-Band ± 5,3 cm.
Diese Einschalte-Fehler, welche ihrem Betrage nach ungefähr den soeben
angeführten unregelmässigen Abweichungen entsprechen, liefern uns wohl
den besten praktischen Ausdruck für die Beurtheilung der Oenauigkeit
unserer Messungen.
Bestimmen wir nun weiterhin ftir jede Festlegung den ^mittleren
Schaltfehler", so erhalten wir die in den untersten Linien der Tabelle 11
nachgewiesenen Fehlerreihen, welche in Figur 7 dargestellt sind.
Diese Fehlerarten, d. h. die „unregelmässige Abweichung" und
der „Schaltfehler" enthalten nun aber abgesehen von dem eigentlichen,
reinen Messungsfehler noch die Fehler, welche wir bei jeder Ablesung
begehen, und die sich also wieder zusammensetzen aus dem Theilungs-
fehler der Decimeter-Marken, dem Schätzungsfehler bei der Ablesung
oder dem Anlegen des Hülfsmaassstabes, und dem Fehler derAblothung
auf dem Festpunkte. Diese Fehler, die wir zusammenfassend den „Ab-
Basis mit Messlatten und Messband.
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48
Reinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
lese-Fehler** nennen wollen, wurden durch besondere Versuche bestimmt.
Es fand sich für die Messlatten bei Benutzung des Hülfsmaassstabes
(vergl. Seite 9) db 2,6 mm für das Messband ohne Htilfsmaassstab
± 6 mm.
Fig. 6.
Wir sehen daraus, dass der Ablesefehler in erheblichem Maasse an
dem Zustandekommen des unregelmässigen Fehlers betheiligt ist, dass
er bei der Lattenmessung rund die Hälfte des letzteren ausmacht. Um
nun diesen Ablesefehler von dem übrigen Fehlerwerth zu trennen, be-
nutzen wir am bestem die in den Tabellen 6, 7, 8, unten, in den Spalten
red d angeführten Quadratsummen der unregelmässigen Abweichungen
und die danach entworfenen graphischen Darstellungen Figur 6. Diese
Darstellungen lassen ein gewisses Wachsen der Fehlerquadrate mit der
Entfernung erkennen, wobei wir aber sogleich die aus den Figuren sich
ergebende Unsicherheit dieser Beziehung nicht übersehen dürfen. Die
einpunktirte Linie entspricht einer genäherten Ausgleichung und bringt
das Wachsen der Fehlerquadrate proportional der Entfernung zum Aus-
druck, wie es dem unregelmässigen Fehler nach seiner theoretischen
Beziehung zukommt. Das Quadrat des Ablesefehlers ist dabei mit
Basis mit Messlatten und Messband. 49
10 mm, also der mittlere Ablesefehler mit db 3^16 mm für die Messlatten,
and mit d= 1 cm für das Messband eingeführt worden. Die Fehler-
quadrate lassen sich demnach nach der Beziehung c"^ +u^ s ausdrücken
und genähert wiedergeben durch die Gleichungen:
für die Latten 10 + 0,0000214 X s in Millimeter ,
(1)
für das Band 1 -\- 0,000206 Xs in Centimeter
\
Zum Ablesefehler sei noch bemerkt, dass die direct bestimmten Werthe
db 2,6 mm und 0,6 cm für die Berechnung von w^, auf c^ = 10 mm bezw. 1 cm
abgerundet wurden, um dadurch dem Einfluss der verschiedenartigen Ver-
hältnisse bei den Ablesungen (Ablothungen) auf allen Festpunkten gerecht zu
werden und weiterhin dem Umstand, dass bei einzelnen Festlegungen gegen
Ende der Linienmessung seitens der Beobachter nur cm notirt worden sind.
Dies geschah in der Voraussetzung, dass diese Ablesungsgenauigkeit gegenüber
dem Fehler der Messung genügend sei, obwohl gerade umgekehrt der Ablese-
fehler einen bedeutenden Antheil am Gesammtfehler hatte, wie z. B. besonders
deutlich aas den beiden letzten Linienmessungen der Tabelle 2 für den Be-
obachter C hervorgeht, bei welchem durch Vernachlässigung der mm jeder
Unterschied weggefallen ist.
Eine strenge Ausgleichung nach der Beziehung c^ -{- u^ s giebt keine
brauchbareren Werthe als die graphische Bestimmung, wie auch aus der Figur
ohne Weiteres hervorgeht. Der ndttlere Fehler der Factoren ist etwa 1/4 ihres
eigenen Betrages. Bei der 4m-Latte ist es besonders der grosse Werth der
Quadratsumme für die Streckenlänge 156 m, welcher die Bestimmung beein-
flusst; vermuthlich liegt in der zweiten Ablesung der unteren Abtheilung der
Spalte 156, Tabelle 2, ein 1 - cm - Ablesefehler vor. In der Gleichung ist als
Factor die Streckenlänge s eingeführt worden und nicht die Anzahl der Stab-
lagen 1-^ oder -t), d^ ^^ch der Einfluss der Länge des Messinstrumentes aus
den Messungen doch nicht nachweisen lässt.
Die nach dieser Beziehung berechneten Werthe für den als
,, unregelmässigen Fehler*' zu bezeichnenden Theil des Gesammtfehlers
sind in den Figuren 1 bis 3 durch die punktirten mit u bezeich-
neten Curven dargestellt, während der Ablesefehler durch die mit c
bezeichnete durch Schraffieren hervorgehobene Linie ausgedrückt ist. Es
sei in diesen Figuren noch hingewiesen auf das schwache kaum zu er-
kennende Anwachsen des direct berechneten unregelmässigen Fehlers,
welche nach den Tabellen 6, 7 und 8 durch die feinen Doppellinien ein-
gezeichnet sind, sie machen bei den Latten fast den Eindruck eines
von der Entfernung unabhängigen Fehlers; während beim Messbande das
Wachsen mit der Entfernung schon deutlicher sich ausprägt, wie es dem
Charakter eines unregelmässigen Fehlers entspricht. Noch mehr aber
ist ein Kriterium für das Vorhandensein einer zufällige Fehler erzeugenden
Quelle das in Figur 7 bei den Schaltfehlem des Messbandes sich zeigende
Anwachsen des Fehlers zur Mitte der Strecke hin, welches wiederum
der theoretischen Beziehung für zufällige Fehler entspricht. Bei den
Schaltfehlern der Latte ist auch dieses Wachsen nicht zu erkennen, d. h.
alao wegen des geringen Betrages der Zunahme dieser ^unregelmässigen
Zeitschrift fär Vermessungswesen 1896. Heft 3. 4
50
Eeinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
Fehler'' und ihres Verhältnisses zum Ablesefehler^ sowie aus dem
später (Seite 51) • zu erwähnenden Grunde kommt bei den Latten in
den Figuren 1 bis 3 und 7 der Charakter des zufälligen Fehlers nicht
zum Ausdruck.
Um nun weiterhin einen Einblick in das eigenthümliche Verhalten
dieser ^unregelmässigen'^ Abweichungen zu thun, betrachten wir den
Verlauf der bei der Einschaltung sich ergebenden Abweichungen für
jede einzelne Linieiimessung^ wie sie die Tabelle 11 nachweist.
Diese Reihen zeigen uns sofort für viele der Messungen eine auf-
fallende Anordnung der Vorzeichen, die sich am besten in den einzelnen
graphischen Darstellungen ausdrückt und auch schon aus Figur 4 zu er-
kennen ist. Wir finden bei den meisten der Messungen mit den Latten
ein Vorherrschen des negativen Vorzeichens des Schaltfehlers in der
ersten Hälfte der Strecke, ein Vorherrschen des positiven in der zweiten
Hälfte, während ein mehrmaliges un regelmässiges Wechseln des Vor-
zeichens nur selten vorkommt, dasselbe ist vielmehr ^serienweise'' gleich.
Einen Ueberblick über dieses bei den meisten Messungen hervortretende
Verhalten der Abweichung giebt uns der ^durchschnittliche" Werth
des Schaltfehlers fUr jede Zwischenfestlegung, welcher in der zweitletzten
Spalte der Tabelle 11 angegeben ist. Figur 8 giebt eine Darstellung
dieses fast den Charakter einer „Periode" annehmenden Verhaltens für
die 5 m- und 4 m-Latte. Bei dem Messbande zeigen die einzelnen
Messungen in ähnlicher Weise einen regelmässigen Verlauf^ indem ein
ganz unregelmässiges Schwanken für die einzelne Linienmessung nicht
Basis mit Messlatten und Messband. 5 t
▼orkommt^ aber die einzelnen Messungen haben untereinander keinen
von vornherein gleichartig zu nennenden Gang des Fehlers. (Der Unter-
schied der Summen der positiven und negativen Fehler ist gering.)
Dementsprechend sind auch die durchschnittlichen Fehler verh^ltniss-
massig klein (Figur 8)^ in der Mitte der Messung grösser wie am Ende
(entsprechend den zur Mitte hin ihrem Betrage nach wachsenden Ab-
weichungen), so dass der durchschnittliche Fehler also seinem Charakter
nach dem mittleren in Figur 7 entspricht.
Das Ergebniss dieser Untersuchung ist also kurz: ^Bei den vor-
liegenden Lattenmessungen haben die Schaltfehler einen periodischen
Gang, beim Messband bleibt der Charaktei des zufälligen Fehlers besser
gewahrt.''
Wollten wir eine Erklärung dafür suchen, dass bei der Einschal-
tung mit Latten die Ergebnisse bei Beginn der Messung im Allgemeinen
zu gross, gegen Ende zu klein werden, so könnte man z. B. annehmen,
dass im späteren Verlauf der Messung die Latten lockerer aneinander
gelegt worden sind, weil das sorgfältige Aneinanderschieben eine gewisse
Achtsamkeit beansprucht, die im Laufe der Linienmessung bei einer
Strecke von 1400 m und 30^ Hitze wohl etwas nachlassen kann. —
Selbstredend darf das nun nicht verallgemeinert werden, es wird vielmehr
jede Messung je nach ihrer Anordnung und den Verhältnissen unter
besonderen eigenthttmlichen Einflüssen stehen. Aber eine allgemeine
Bedeutung müssen wir für die Thatsache in Anspruch nehmen, dass
die Abweichungen, welche wir zunächst ganz allgemein, als „unregel-
mässige'' bezeichnet haben, nicht den Charakter „reiner zufälliger
Fehler" im Sinne der Fehlertheorie haben, dass also die Fehler der
aufeinanderfolgenden Maassstablagen nicht rein zufällige und unabhängige
sind, sondern dass sie in irgend einer Weise von einander abhängen
Yne ja auch eine Ueberlegung über die Entstehung des Längenmessungs-
fehlers ohne Weiteres erwarten lässt. Es sei nur erinnert an den vom
Richtfehler abhängigen Contactfehler bei Endflächenlatten, besonders
aber an den vom persönlichen Einfluss abhängenden Contactfehler.
(Vergl. Seite 56).
Demnach dürfen wir also auch nicht erwarten, dass diese in der
besprochenen Weise vom Gesammtfehler abgetrennten „unregelmässigen
Abweichungen" oder der „Schaltfehler" sich ohne Weiteres den allein
für „zufällige Fehler" gültigen Sätzen der Fehlertheorie fügen, oder
diese Sätze in den Längenmessungsfehlern sich deutlich ausprägen
müssten, vielmehr werden sie sich in Folge der „Verminderung des zu-
fälligen Charakters" entweder garnicht oder nur sehr verschleiert zu
erkennen geben, wie z. B. die Figuren 1, 2, 3 und 6 zeigen. Damit
ist die Unsicherheit der Bestimmung der Gleichungen für ifc u auf
Seite 49 erklärt.
4*
52 Reinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
Wollen wir nun das Ergebniss anserer letzten Betrachtungen über
die ^ unregelmässige Abweichung^ kurz zusammenfassen^ so können wir
sagen :
Wenn wir vom Oesammtfehler den fortschreitenden Fehler nach fs
und den Ablesefehler nach =i: c abtrennen, so bleibt ein verhältniss-
mässig geringer Fehlertheil übrige welcher sich äusserlich durch Unregel-
mässigkeiten im Verlaufe des Oesammtfehlers zu erkennen giebt, und
den wir dementsprechend als „unregelmässige Abweichung^ =b u be-
zeichnet haben. Dieselbe darf aber nur mit einer gewissen Beschränkung
als ein unabhängig auftretender „zufälliger Fehler^ aufgefasst und
behandelt werden, da er, wie wir gesehen haben, in irgend einer nicht
allgemein bestimmbaren Weise von der Ausführung der Messung ab-
hängig ist.
7. Die Vepgleichung der verschiedenen Fehlerarten.
Um nun die Grössen der verschiedenen besprochenen Arten der
Abweichungen, des „Ablesefehlers," der „fortschreitenden" und „un-
regelmässigen" Abweichung einer Vergleichung unterziehen zu können
und ihren Beitrag zum Oesammtfehler zu erkennen, wollen wir zunächst
von der soeben erörterten Abhängigkeit der beiden letzten Fehlerarten
von einander absehen.
Eine übersichtliche Vergleichung geben zunächst die Figuren 1—3;
wir erkennen daraus unmittelbar das Verhältniss der verschiedenen
Fehlerarten und ihren Beitrag zum Gesammtfehler, der als „unregelmässig"
bezeichnete Fehlertheil ibw, und der „Ablesefehler" dz c haben nahezu
gleichen Werth und kommen gegenüber den fortschreitenden Abweichungen
nur für kürzere Entfernungen in Betracht. Danach ist der dem Verlauf
des fortschreitenden Fehlers analoge Gang der Gesammtabweichung gegen
die Angaben der Basisapparate, sowie derjenige des mit dem arithme-
tischen Mittel bestimmten mittleren Fehlers ohne Weiteres klar.
Dasselbe Ergebniss erhalten wir, wenn wir nach Abtrennung der
Fehlerwerthe ± u und ± c den fortschreitenden Factor f berechnen
und den Gesammtfehler durch die Gleichung ^/~^^~^~ij}'^^^W^ aus-
drücken, wie es z. B. für die 5 m-Latte in der nachfolgenden Tabelle 12
geschehen ist, aus der der Beitrag der einzelnen Fehlerarten zum Gesammt-
fehler, sowie besonders auch durch den Vergleich der Zahlen in Spalte 2
die Bedeutung des unregelmässigen Fehlertheiles u^s im Verhältniss zum
fortschreitenden Fehler /^s^ bei den verschiedenen Werthen s der durch-
meBsenen Länge deutlich hervortritt.
Natürlich drückt nun das in dieser Tabelle sowie in den Figuren
1 bis 3 dargestellte Verhältniss der Einzelfehler kein allgemein gültiges
Gesetz aus, sondern es ist nur eine für die vorliegenden oder ihnen
gleichartige Messungen gültige Beziehung. Der Betrag und das Ver-
hältniss der Einzelfehier wird sich vielmehr je nach dem angewendeten
Basis mit Messlatten und Messband.
53
Verfahren und den begleitenden Umständen gestalten^ wie aus der Be-
trachtung der Entstehung der Einzelfehler sofort erhellt.
Der ^Ablesefehler^ ist ganz unabhängig vom eigentlichen Messungs-
fehler^ er wird vielmehr bestimmt durch die Art der Punktbezeichnung,
der Theilungseinheit des Messinstrumentes, sowie der Methode der Ab-
lesung bezw. Ablothung am Messungspunkte. Dementsprechend kann
sein Betrag vom Millimeter bis zum Centimeter und unter Umständen
Decimeter wachsen. Bei der „fortschreitenden Abweichung'^ zwischen
verschiedenen Messungen haben wir wieder die Abweichung der in
Betracht kommenden Maasswerthe vom eigentlichen „ Messungsfehler '^
zu trennen.
Tabelle 12.
c''= 10; w' = 0,00 00 20 40;/= =0,00 00 00 00 05 60.
Dnrchmessene
c^
mittl.
Strecke
U* 8
c^ + u^s+ps^
yc^+u^8+ps^
MesBungs-
V '
8
P «»
fehler
1
2
3
4
5
6
10
mm
mm
mm
156
3,2
13,6
26,8
5,2
4,0
+ 1,2
10
312
6,4
54,5
70,9
8,4
8,4
0
10
468
10
142
11,9
12,7
-0,8
122
_ _ _ .. ___ —
10
624
13
217
240
15,5
15,8
— 0,3
10
780
16
366
19,1
20,1
-1,0
340
-- —
10
936
19
490
519
22,8
23,7
-0,9
10
»
1092
22
700
26,5
24,9
+ 1,6
668
/
N.
10
1248
25
905
30,1
31,0
— 0,9
870
. — _
.
10
1404
29
1100
1139
33,8
32,9
+ 0,9
54 Reinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
Der unterschied der Maasswerthe^ sei es nun für dasselbe oder für
verschiedene Messinstrumente^ hängt von der Ausfilbrung der Maass-
vergleichung ab und ist dementsprechend sehr verschieden.
Wird für Messlatten eine fortlaufende Maassvergleichung mit Normal-
stäben wie z. B. in der auf Seite 10 erwähnten Weise, und eine dement-
sprechende Umrechnung der Ergebnisse auf ein und dasselbe benutzte
Normalmaass vorgenommen, so kommt nur der Fehler einer solchen
Maassvergleichung in. Betracht. Da es leicht ist auf einem guten
Comparator den mechanischen Fehler einer Vergleichung von Mess-
latten mit Normalstäben innerhalb weniger hundertel Millimeter zu
halten, so ist der diesem Fehler entsprechende Theil des fortschreitenden
Factors etwa rund dt 0,00001; dabei ist aber zu beachten, dass ausser-
dem ein Temperaturfehler von 1^ eine fortschreitende Abweichung von
ifc 0,00001 bis db 0,00002 erzeugen kann, und die Temperatur ein
sehr schwierig zu bestimmendes Element ist. Liegen der Vergleichung
verschiedene Normale zu Grunde, so tritt auch der Maassunterschied
derselben, welcher leicht zb 0,000005 bis + 0,000010 der Länge be-
tragen kann hinzu. (Man vergl. die Abweichung der Angaben beider
Basisapparate = 0,000018.) Wird keine fortlaufende Maassvergleichung
ausgeführt, sondern nur z. B. entsprechend der preussischen Vermessungs-
Anweisung, dafür Sorge getragen, dass die Maassabweichung zwischen
Latten- und Normalmaass eine vorgeschriebene Grenze (± 1,6 mm für
5 m- Latten) nicht übersteigt, so ist damit der Maximalbetrag dieses
Factors (± 0,0003) festgesetzt. Ist einer der zu vergleichenden Maass-
werthe durch trigonometrisch bestimmte Punktabstände gegeben, so ist
ganz abgesehen vom trigonometrischen Bfestimmungsfehler der Vergleichs-
punkte, der durch die Projection vom Messhorizont auf den Berechnungs-
horizont bei verschiedenen Höhen der Strecken entstehende regelmässige
Factor z. B. schon für einen Höhenunterschied von 100 m rund 0,000015.
Mit Rücksicht auf diese unabhängig von der Messung auftretenden
regelmässigen Theile des fortschreitenden Factors muss dieser in zwei
Gruppen von Fehlertheilen zerlegt werden, so dass /^^ = p.^+9^ wird,
worin ^ den soeben erwähnten regelmässigen Fehlertheilen und cp den
eigentlichen fortschreitenden Messungsfehlem entspricht. Ein Beispiel
für den Einfluss einer Maassabweichung auf den Gesammtfehler zeigt der
Vergleich der Messungen mit den Angaben der beiden Basisapparate,
wie er in den Figuren 1 bis 3 zum Ausdruck gebracht ist.
Die allein durch die Messung entstehenden Theile des fortschreitenden
Factors sind zweierlei Art: 1) solche Abweichungen, welche entstehen
durch unrichtige Lage (Richtung) des Messinstrumentes und 2) solche,
welche entstehen durch Aneinanderreihung der einzelnen Lagen.
Bei Lattenmessungen liefert zur ersteren Fehlerart den wesent-
lichsten Antheil der Richtfehler, wobei die verticalen Richtfehler im
Allgemeinen einen grösseren Antheil haben als die horizontalen, während
Basis mit Messlatten und Messband. 55
der Fehler der Durchbiegung bei gut gebauten Latten überhaupt nicht
in Betracht kommen darf. Diese Fehlerart wirkt^ im übrigen feste^ un
veränderliche Lage des Messinstrumentes vorausgesetzt^ stets in gleichem
Sinne^ vergrössemd, auf das Ergebniss ein und zwar so, dass der ihn
zum Ausdruck bringende Factor ftlr eine durchlaufende Linienmessung
von der Art der Messung bestimmt und durch die begleitenden Umstände
beeinflusst wird. Hierbei kommt vornehmlich in Betracht die Methode
der Einrichtung in horizontalem und verticalem Sinne^ z. B. bei der
ersteren^ Ausrichten mit Fluchtstäben in bestimmten Abständen, oder Aus-
richten durch Abschnüren; bei den letzteren, Höheneinrichtung durch rohe
Schätzung, durch Schätzung unterstützt durch Lothstab oder Senkel, durch
Libellen, oder endlich durch Reduction mit Hülfe der durch irgend welche
Neigungsmesser bestimmten Höhenrichtung. Die Beeinflussung des fort-
schreitenden Factors einer Linienmessung durch bestimmte Einwirkungen
kann derart sein, dass er seinen Betrag ganz unregelmässig oder in
bestimmter Weise allmählich ändert, entsprechend der Art und der Dauer
der Einwirkung, so dass der Factor in letzterem Falle gewissermaassen
einen wellenförmigen Gang annimmt, wobei Länge und Höhe der Wellen
nicht allgemein bestimmbar sind, da sie eben von ganz uncontrolirbaren
Einwirkungen abhängen.
Der Fehler der Aneinanderreihung der einzelnen Instrumentlagen
sind ihrer Wirkung nach verschiedener Art; und zwar kann ihr Betrag
constant sein, und dann seinem Vorzeichen nach entweder positiv oder
negativ sein, oder er kann auch während einer Linienmessung unter
dem Einfluss bestimmter Umstände seinen Betrag ändern und sein Vor-
zeichen wechseln^ oder aber endlich er kann nach Betrag und Vorzeichen
ganz unregelmässig auftreten und in diesem letzteren Falle den Charakter
eines zufälligen Fehlers annehmen.
Bei Lattenmessungen kommt hier zunächst der regelmässige Anlege-
fehler in Betracht, welcher entsteht durch stetig zu feste oder lockere
Berührung der Endflächen. Die erstere erzeugt dasselbe Vorzeichen wie
der Richtfehler, der letztere das entgegengesetzte. Dementsprechend
wird dadurch der Betrag der fortschreitenden Abweichung vergrössert
oder verringert, und zwar um einen constanten Betrag, oder um einen
allmählich (wellenft^rmig) veränderlichen, oder es tritt hinzu ein seinem
Charakter nach unregelmässiger Fehler.
Bei der Aneinanderreihung der einzelnen Lattenlagen haben wir die
Methode dieser Aneinanderreihung zu beachten, ob dieselbe dadurch
geschieht, dass die Latten unmittelbar zum Contract gebracht, oder ob
die Aneinanderreihung durch irgend ein Ablothungsverfahren (beim Staffeln)
vermittelt wird. Beim letzteren haben wir es im Allgemeinen mit einem
^unregelmässigen Fehler^ zu thun, dessen Betrag von der Genauigkeit
der Ablothung abhängt.
56 Reinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
Der mittlere unregelmässige Ablothfehler beträgt bei sorgfältigem
Verfahren etwa bei 1,5 m Lothhtfbe bei einem
Fluchtstab (Gewicht 0,8 kg) ± 4 mm
Lothstab ( „ 0,9 kg) i: 2 mm
Schnurloth ( ^ 0,4 kg) db 1,5 mm
Der allein von der Beschaffenheit des Endmaasses abhängende unregel*
massige, d. h. rein mechanische, Oontactfebler ist sehr gering, er beträgt
bei Latten mit guten (nicht beschädigten) Endflächen zwischen ± 0,01 mm
und d- 0,02 mm, bei Latten mit scharfen oder abgerundeten Endschneiden
rund ±0,01 mm.
Diese Stossfehler wurden dadurch ermittelt, dass an eine festgelagerte
Latte eine zweite angestossen wurde wie bei der Messung, und die
Lagen dieser zweiten Latten durch die Stellungen einer auf ihr an-
gebrachten Marke gegen ein festaufgestelltes Schranbenmikroskop ge-
messen wurden.
Hierzu mag bemerkt werden, dass (abgesehen von dem durch
wechselnde Neigungen oder durch die Richtfehler bei Endflächen-Latten
bedingten Oontactfebler) der Vortheil der Verwendung der Keillatten
demnach nicht in der Verringerung dieses eigentlichen rein mechanischen
Oontactfehlers zu suchen ist, sondern vielmehr darin, dass der Latten-
leger die Berührung schärfer beobachten kann, und dadurch zu schärferer
Beobachtung, d. h. Messung, veranlasst wird (und endlich eine Contact-
linie vor Verunreinigung besser geschützt ist als eine Fläche). Es
ist also hier ein persönliches Moment in Betracht zu ziehen, und gerade
bei der Aneinanderreihung der Lagen des Messinstrumentes macht sich
die persönliche Auffassung des Messenden am meisten geltend und
drückt sich im Gang des Fehlers aus.
Beim Messbande kommt vornehmlich der Spannungsfehler in Betracht,
welcher je nach der Sorgfalt des Verfahrens ein constanter, ein all-
mählich oder unregelmässig wechselnder sein kann. Er enthält den
Fehler der Durchbiegung, überwiegt bei weitem den Richtfehler und
ist nicht scharf vom Fehler der Maassvergleichung zu trennen, da die
Spannung die Maasslänge bedingt und zwar so, dass der eigentliche
mechanische Fehler der Maassvergleichnng gegen ihn kaum in Betracht
kommt, einerlei ob mit oder ohne Benützung bestimmter Spannungs-
gewichte oder Federwaagen.
Diese soeben erwähnten eigentlichen Messungsfehler sind nun ihrer
Entstehung nach in nicht allgemein bestimmbarer Weise von einander,
von der Art der Messung, der Länge der Messinstrumente, der Lagerung
derselben und anderen äusseren Einwirkungen abhängig, so dass eine
Trennung in Einzelfehler unmöglich ist, und selbst wenn diese Einzel-
fehler im einzelnen Fall experimentell bestimmt wären, könnte danach
doch keine Verallgemeinerung vorgenommen werden, sondern höchstens
eine untere oder obere Grenze für den Fehlerbetrag angegeben werden.
Basis mit Messlattcn und Messband.
57
Z. B. beim Messbande^ bei welchem die Aneinanderreihung der ein-
zelnen Lagen durch Einsetzen der Ziehstäbe geschieht^ macht der un-
regelmässige Fehler einen weit beträchtlicheren Theil des Oesammtfehlers
aus als bei den Lattenmessungen; es ist aber zu erwarten^ dass er
geringer wird^ wenn anstatt die Aneinanderreihung der Bandlagen durch
die Ziehstäbe selbst zu bewerkstelligen^ bei im übrigen gleichen Ver-
fahren (Spannung) ein Band mit Endmarken benutzt wird^ wodurch ein
schärferer Transport der Bandlagen ermöglicht wird. Es ist demnach
das stärkerere Auftreten der unregelmässigen Fehler durchaus keine
Eigenthümlichkeit der Bandmessung überhaupt, sondern er tritt nur
(auch abgesehen vom unregelmässigen Spannungsfehler) deutlicher hervor
bei Verwendung der Ziehstäbe als Endmaass in der bisher meist üb-
lichen Weise.
Bei unseren Messungen ist für eine Lattenlage der fortschreitende
Fehler f zu ±0,12 mm für die 5 m-Latte, dt 0,16 mm für die
4 m-Latte in der angegebenen Weise berechnet worden, und der unregel-
mässige Fehler u zu de 0,32 mm; für eine Messbandlage sind die ent-
sprechenden Werthe / und u it 3 mm und db 6,5 mm; die zugehörigen
Ablesefehler c db 3 mm und =b 10 mm. Nehmen wir irgend eine andere
Fehleranordnung, z. B. für eine Staffelmessung mit 5 m-Latten, einen
FiK. 9.
30^^
SLo
^O
- Uy
^
»^
^
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0\
'S
Ablesefehler von db 1 cm (d. h. 3 mal so gross als bei unseren Messungen)
einen unregelmässigen Ablothfehler von db 0,6 cm (20 mal so gross
a. b. u. M.) und einen fortschreitenden Fehler von ±: 1 mm (rund
8 mal so gross a. b. u. M.), so würden wir das in Figur 9 dargestellte
Fehlerverhältniss haben, wobei der unter Benutzung des Fehlerausdrucks
V^ c^ + u^s -}- f^ 8^ berechnete Gesammtfehler etwa dem der Tabelle I
für günstige Verhältnisse der preussischen Anweisung IX zu Grunde
liegenden mittleren Fehler entspricht. Würde man andererseits eine
viel schärfere Methode anwenden, z. B. Messung mit Schneidenlatten
längs gespannter Schnüre, so würden dementsprechend die Werthe für
f und u, und je nach der Ablesemethode für c abnehmen; so wäre es
z. B. wohl denkbar für eine 5 m-Lage den fortschreitenden Fehler auf
58 Reinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
die Hälfte desjenigen unserer Messungen, etwa auf 0,05 mm, den an-
regelmässigen auf 0,1 mm (I/3 des unsrigen) und den Ablesefehler auf
1 mm (je nach der Punktbezeichnung) zu bringen, womit dann vielleicht
die äusserste Grenze der Leistungsfähigkeit von Lattenmessungen aas-
gedrückt wäre.
Wir sehen aus der Betrachtung der Einzelfehler und den erwähnten
Beispielen, dass das Verhältniss der Einzelfehler ein wechselndes ist^
je nach dem Messungsverfahren, dem Instrument und den äusseren Um-
ständen. Es giebt demnach kein durch eine einfache
Formel ausdrückbares und allgemein für jede beliebige
Längenmessung gültiges Gesetz für die Anordnung der
Längenmessu.ngs fehler. Danach ist es klar, dass, wenn man
es unternimmt, für die verschiedenartigsten Messungen und für Linien
verschiedener Länge den Gesammtfehler unter der Voraussetzung zum
Ausdruck zu bringen, dass entweder der eine oder der andere der
Einzelfehler der vorherrschende und bestimmende sein müsse, und
es unterlässt das Verhältniss derselben einer Prüfung zu unterziehen^
über den Grad der Uebereinstimmung zwischen Formel und beobachteten
Fehlerwerth Meinungsverschiedenheiten entstehen können, dass der eine
sich für eine lineare Beziehung, der andere sich für das sogenannte
Quadratwurzelgesetz entscheiden kann; es ist ferner klar, dass die
amtlichen Formeln für die Fehlergrenzen, welche eine Schematisirung^
eine Zusammenfassung verschiedenartiger Verhältnisse, nothwendig^
machen, eine verschiedene Gestalt haben können.
Weiterhin haben wir aber auch aus der Betrachtung der Einzel-
fehler nach ihrer Entstehung und ihrem gegeiiseitigen Verhältniss
gesehen, dass die einseitig wirkenden Fehlertheile die vorherrschenden
sind, dass nur unter ganz besonderen Umständen, die wir als ungünstige
bezeichnen müssen, die unregelmässigen Theile die tiberwiegenden
werden können, dass gute Messungen sich demnach durch
einen möglichst gleichartigen Gang der Abweichungen
auszeichnen müssen.
In Widerspruch hiermit steht nun der Umstand, dass das sogenannte
„Quadratwurzelgesetz", wie eingangs erwähnt, wenigstens theoretisch zur
Herrschaft gelangt ist. Diese auffallende Erscheinung erklärt sich zunächst
aus dem Mangel an geeigneten Beobachtungen für das Anwachsen der
Einzelfehler mit der durchmessenen Länge, und dann dadurch, dass bei
der Ableitung der Fehlerbeziehung aus den vorliegenden Beobachtungen
die Bedeutung des Ablese- oder Punktfehlers nicht in gehöriger Weise
beachtet wurde. Die Sache lässt sich (ohne auf die Quadrate der Beob-
achtungsfehler einzugehen) etwa so darstellen; Es liegt ein Complex
von Messungs-Abweichungen vor, welche (ohne Unterscheidung des Vor-
zeichens) etwa innerhalb des in Figur 10 schraffirten Raumes vertheilt
sein mögen. Es wird nun, ohne Rücksicht auf den Ablese- oder Punkte
Basis mit Messlatten und Messband.
59
fehler^ für die Fehlerfunction die Bedingung eingeführt, dass bei der
Strecke 5q=Nu11 auch der Fehler = Null sein soll. Dabei kann zur
Darstellung des Fehlers die gerade Linie in der Regel ebenso wenig
ausreichen^ wie die Quadratwurzel. Wenn die Längen der Linien aber
nur massig sind und für sehr kurze Linien Beobachtungen fehlen, so
kann leicht der Fall eintreten, dass die quadratische Beziehung einen
besseren Anschluss an die Beobachtungen gewährt wie die lineare^ wie
aus Figur 10 ohne weitere Rechnung sofort hervorgeht.
Es ist einleuchtend, dass ein Complex von Messungsfehlern, wie
der in der Figur 10 angedeutete, durch verschiedene Gleichungen mit
mehr oder weniger Anschluss wiedergegeben werden kann, sowohl durch
eine lineare Beziehung nach der Form a . s, als durch eine quadratische
nach der Form a|/s, oder durch eine Beziehung wie in den amtlichen
Formeln ]/^a^s^ + &^s und 08+ & 1/s, und noch durch viele andere
Gleichungen, wie z. B. die sich ohne Weiteres aus der Figur dar-
Flg. 10.
bietende c-^ds. Damit ist aber auch unmittelbar gesagt, dass diese
Gleichungen weiter nichts leisten und auch nicht leisten sollen, als
^beobachtete oder erwartete Fehlergrössen mit praktisch genügendem
Anschluss zum Ausdruck zu bringen^. Wenn nun in einem gegebenen
Fall irgend eine Function als zutreffend gewählt wird, z. B. die Form
a\/^Sy so darf daraus nicht geschlossen werden, dass bei den Messungen
nur oder hauptsächlich unregelmässige Fehler vorliegen. Eine solche
Folgerung ist falsch, es ist das eine Verwechselung des Fehlerfort-
pflanzungsgesetzes mit einem Fehlerausdruck. Dieser Irrthum ist aber
vorgekommen^ ihm ist die Anwendung des sogenannten Quadratwurzel-
gesetzes auf Längenmessungsfehler (z. B. zur Berechnung eines Längen-
einheitsfehlers) zuzuschreiben. Aus zerstreuten Messungen kann man
wohl Reihen für die bei verschiedenen Entfernungen erreichten und zu
erwartenden Messungsfehler, also Fehlergrenz-Tabellen aufstellen, aber
kein Gesetz für die Fortpflanzung der Messungsfehler ableiten.
um ein Beispiel zu dem soeben Gesagten anzuführen, sei hingewiesen
auf die besten und eingehendsten Fehlerreihen für Längenmessungen,
welche bisher veröffentlicht sind, nämlich auf die^ welche L orb er in
go Reinhertz. Die Ergebnisse der Messung der Bonner
seiner verdienstvollen Schrift „üeber die Genauigkeit der Längen-
messungen^ behandelt hat. Die Messungen sind mit 4 m-Latten längs
gespannter Schnüre ausgeführt und entsprechen ihrer Genauigkeit nach
den unserigen mit der 5m-Latte; es ist nämlich bei L orb er bei 280 m
der mittlere Fehler rb 9 mm, bei uns bei 312 m ± 8,4 mm. Lorber
fand das „von der Methode der kleinsten Quadrate geforderte Gesetz'^
d. h. das „Quadratwurzelgesetz^ (Hypothese I) bestiltigt und stellte den
Ausdruck ± 0,000535 ]/X auf. Danach würde sich also für eine
Lage der 4 m - Latte ein unregelmässiger Fehler von =t 1,07 mm
ergeben. Ein so grosser unregelmässiger Fehler ist aber bei einer
guten Messung besonders längs gespannter Schnur nicht denkbar, das
würde ja einer Maximalabweichung von 3 — 4 mm für eine Lattenlage
entsprechen. Es ist eben der eigentliche Messungsvorgang viel genauer
als aus der ohne Rücksicht auf die Ablesefehler aufgestellten Fehler-
formel, falls ihr die Bedeutung eines Fehlerfortpflanzungsgesetzes beigelegt
wird, gefolgert werden muss. Es ist aber wichtig, dass das klar erkannt
wird. Die Lorber 'sehe Gleichung ist also ebenso wie die auf Seite 7 und
59 erwähnten Formeln weiter nichts als ein Ausdruck für die Grösse der
beobachteten Messungsfehler, für welchen ebenso gut oder besser irgend
ein anderer gewählt werden könnte. Auf Grund der graphischen Dar-
stellung der Fehlerreihen möchte ich für diese Lorber'schen Reihen,
für unsere Messungen, sowie für die amtlichen Fehlergrenz-Formeln den
Ausdruck a-\-bs empfehlen, welcher einfach ist, den praktischen An-
forderungen genügen wird, und grundsätzlich jede zu Missverständnissen
Anlass gebende fehlertheoretische Deutung ausschliesst.
8. Schlussbemerkniig.
Fassen wir zum Schluss die Ergebnisse unserer Untersuchung über
die Längenmessungsfehler noch einmal kurz zusammen, so haben wir
das folgende:
Das Verhältniss der Einzelfehler ist je nach der Art des an-
gewendeten Messungsverfahrens, den Instrumenten und äusseren Um-
ständen ein wechselndes.
Bei guten und sorgfältigen Messungen sind die unregelmässigen Ab-
weichungen im Allgemeinen als klein anzusehen im Vergleich zu den
mit der durchmessenen Länge regelmässig fortschreitenden;Abweichungen,
diese letzteren sind daher auch im Allgemeinen für die Fehleranordnung
bestimmend. Dementsprechend giebt es auch keine einfache für alle
Verhältnisse passende Beziehung für das Anwachsen des Längenmessungs-
fehlers. Will man aber eine einfache Beziehung aufstellen, so muss
dieselbe, wenn vom Ablesefehler abgesehen wird, für gute Messungen
lauten: ,)Der Fehler wächst im Allgemeinen proportional der durch-
messenen Länge^, oder anders ausgedrückt: ^gute Messungen zeichnen
Basis mit Messlatten und Messband. 61
sich durch einen gleichartigen Gang der Abweichungen ohne merkliche
Unregelmässigkeiten aus*^.
Welche Form man dem Ausdruck für die Darstellung der Fehler-
grösse, z. B. in den Formeln für die Fehlergrenzen, geben will, ist
gleichgültig, die einfachste ist immer die beste. Derartige Gleichungen
haben keine weitere Bedeutung als die, einen einfachen, übersichtlichen
Ausdruck für eine beobachtete oder erwartete, in einer Tabelle nieder-
gelegte Fehlerreihe zu geben. Sie haben keine weitere fehlertheoretische
Bedeutung, d. h. sie dürfen nicht den Anspruch erheben durch ihre
Bestandtheile das wirklich bestehende Verhältniss der bei der Messung
auftretenden Fehlerarten zum Ausdruck zu bringen, oder die Bedeutung
dieser Fehlerarten richtig darzustellen. Das ist solange weder möglich
noch nothwendig, als nicht durch das Messungsverfahren verbürgt ist,
dass das zum Ausdruck gebrachte Fehlerverhältniss bei der Messung
auch wirklich gewahrt bleibt.
Wenn es sich aber darum handelt unser Messungsverfahren weiter
zu entwickeln, so müssen wir die Einzelfehler in ihrer Bedeutung erkannt
haben. Erst dann können wir unser Verfahren sachgemäss weiter aus-
bilden, wie es die wichtigste Aufgabe der Längenmessung, das ist die
Einschaltung von untergeordneten Liniensystemen in die Systeme der
Landesvermessung, verlangt. Dieser Aufgabe entsprechend ist es in erster
Linie nothwendig, die unregelmässigen Abweichungen in möglichst engen
Grenzen zu halten, d. h. für eine möglichst grosse Gleichartigkeit des
Verfahrens und eine exacte Fortführung der einzelnen Instrument-Lagen
Sorge zu tragen.
In den letzten Jahren sind gerade in dieser Hinsicht erfreuliche
Fortschritte zu verzeichnen gewesen, ich denke an die neuen Formen
der Latten und Bänder, wobei ein besonderer Werth gelegt wird auf
eine exacte Bezeichnung des Endmaasses, womit verbunden sein muss
eine genaue Theilung. Wenn wir auf diesem Wege weiter gehen, und
Theorie und Praxis einander helfen, so dürfen wir hoffen, dass unser
einfaches, aber gerade darum grundlegendes Messungsverfahren, welches
schon Jahrtausende lang, so alt menschliche Cultur überhaupt ist, gedient
hat, auch in Zukunft seiner hohen Bedeutung entsprechend, sich weiter
entwickeln wird.
Bonn, Juni 1895. Reinhertz.
gg Biicherschaiu
BOcherschau.
Lehrbuch der Experimentalphysik von A. Will In er. Erster Band. Allgemeine
Physik und Akustik. Fünfte, vielfach umgearbeitete und verbesserte Auflage.
Mit 321 in den Text gedruckten Abbildungen und Figuren. Leipzig 1895,
B. G. Teubner.
Dieser Band der fünften Auflage der Wttllner'schen Physik behandelt
in seinem ersten Theile^ der allgemeinen Physik^ auch den Geodäten
interessirende Dinge, wovon besonders hervorzuheben sind : die Bestimmungen
der Schwerbeschleunigung von Borda und diejenige mittels des Reversions-
pendels, Anziehung einer Kugel auf äussere Massen^ Abnahme der
Schwere mit der Höhe, sowie Jolly's Nachweis der Abnahme der
Schwer^ mit der Höhe über einer Hochebene^ Verschiedenheit der
Schwerbeschleunigung in verschiedenen Breiten, Bestimmung der Dichtigkeit
der Erde mit der Drehwaage nebst Versuchen von Cavendish,
Versuche von Reich, Baily, Oornu und Bai lie, Bestimmung der
Dichtigkeit der Erde mit der gewöhnlichen Waage von Jolly und
Poynting, Methode der Lothablenkung durch Berge von Maskelyne,
Methode von Airy, Anziehung einer homogenen Kugelschale auf in ihr
befindliche Massen, Attractionsconstante und deren Dimension, Ebbe
und Fluth.
Im Ganzen enthält der Band nach einer Einleitung tlber die Methoden
der Physik, Maasse, Messinstrumente und die Fundamentalsätze der
Differentialrechnung im ersten Theile die Lehre von der fortschreitenden
Bewegung, der drehenden Bewegung, der allgemeinen Gravitation, sowie
die Lehre von den festen, tropfbarflüssigen und gasförmigen Körpern.
Der zweite Theil bringt die theoretischen Principien der Wellenbewegung,
die Wellenbewegung fester, flüssiger und gasförmiger Körper, die Lehre
von der Erregung, von der Ausbreitung und Wahrnehmung des Schalles.
Diese neue Auflage soll wieder in vier Bänden erscheinen, wovon
der zweite die Wärmelehre, der dritte die Elektricitätslehre und der
vierte die Lehre vom Licht enthalten wird. P.
Strassenbaukunde von F. Loewe, ordtl. Professor der Ingenieurwissenschaften
an der Königl. Bayer. Technischen Hochschule zu München. Mit 124 Abbildungen
im Texte. Wiesbaden 1895, G. W. Kreidel. 12,60 Mk.
Es werden nach einer geschichtlichen Einleitung behandelt: 1. Boden-
kunde, 2. Fuhrwerkskunde, 3. Entwurf der Strassen, 4. Bau der
Strassen und 5. Unterhaltung der Strassen. Der erste dieser fünf Ab-
schnitte beschäftigt sich mit der äusseren und der inneren Beschaffenheit
des Bodens, d. h. mit der geometrischen Aufnahme und Darstellung und
mit den geognostischen Untersuchungen. Der dritte, für den Landmesser
besonders mit in Betracht kommende Abschnitt, enthält die Grundsätze
und Regeln für die commercielle und für die technische Tracirung: Gesetz-
Vereinsangelegenheiten. 63
mässigkeit für den Fall einer gleichmässigen Verkehrsdichtigkeit^ den
Satz vom Anschlasspunkte und den vom Knotenpunkte, Grundriss, Aufriss
und Querschnitt der Strassen, Bestimmung der möglichen Linien und
der bauwürdigen Linie, Ermittelung der günstigsten Lage der Strassen-
linie, Uebertragnng der Linien auf das Feld. Aufnahme des Längenprofils
und der Querprofile, Kostenanschläge, Erdmassenberechnung, Massen-
nivellement u. s. w. In gleicher Ausführlichkeit sind die beiden letzten
Abschnitte bearbeitet, worin auf die neueren und. neuesten Bauweisen
hinsichtlich des Materials gebührend Rücksicht genommen worden ist.
P.
Vereinsangelegenheiten.
Bitte.
Am 23. Novetnber v. J. starb der Landmesser Hugo Wannach zu
Charlottenburg, Mitglied des Deutschen Geometer- und des Branden-
burgischen Landmesser- Vereins, mit Hinterlassung einer Wittwe und
zweier kleinen Kinder.
Wannach war bis vor kurzem bei der preussischen Staatseisenbahn-
Verwaltung beschäftigt. Infolge der Neuordnung dieser Verwaltung
wurde ihm gekündigt, worauf er in Charlottenburg ein Vermessungs-
Bureau einrichtete. Nach nur kurzer Zeit ereilte der Tod den erst
36 jährigen, bis dahin gesunden und rüstigen Mann. Theils im Vertrauen
auf seine Gesundheit, theils weil er durch die Sorge um die neu ge-
gründete Existenz und die Familie, sowie die ihm obliegende Unter-
stützung seiner Mutter und der Mutter seiner Ehefrau ohnehin stark in
Anspruch genommen war, hat er es unterlassen, durch Eintritt in eine
Lebensversicherung fQr die Zukunft der Seinen zu sorgen. In Folge
dessen befindet sich die Wittwe mit ihren Kindern in der traurigsten Lage.
Zur Bestreitung der nothwendigsten Bedürfnisse ist ihr aus der
Kasse des Deutschen Geometer- Vereins eine einmalige Unterstützung
von 100 Mk. gewährt worden.
Um das Loos der Frau, bis sie eine andere Existenz gefunden
hat, einigermaassen zu erleichtern, bitten wir die Mitglieder unseres
Vereins um freiwillige Gaben.
Der Vorsitzende des Brandenburgischen Landmesser -Vereins,
Technischer Eisenbahn-Secretair T as 1er, Berlin -Charlottenburg, Kaiser
Friedrich -Strasse 45 B, ist bereit, solche — kleinere auch in Brief-
marken — in Empfang zu nehmen und der Wittwe zu übermitteln.
Ueber den Empfang wird in dieser Zeitschrift öffentlich quittirt werden.
Alten bürg, im December 1895.
Die Vorstandschaft des Deutschen Geometer- Vereins
L. Winckel. *
64 Neue Schriften über Vermessungswesen.
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Czuher, E,n Aphorismen zur Entwicklungsgeschichte der Mathematik im
19. Jahrhundert. Wien 1895. 8. 15 pg. Mark 1,00.
Hultsch F.^ Die Elemente der Aegyptischen Theilungsrechnung. Theil I.
(Abhandl. Ges. Wiss.) Leipzig 1895. Lex. 8. ca. 192 pg.
Grossmann, L., Praktische Anleitung zur Berechnung der Constanten
der BessePschen Formel für den täglichen und jährlichen Gang^
periodischer Elemente. Altona 1895. gr. 4. 6 pg. Mark 1,00.
Valentiner y W.y Handwörterbuch der Astronomie. Herausgegeben unter
Mitwirkung von E. Becker, N. Hertz, N. v. Konkoly u. A.
(2 Bände in 12—15 Lieferungen). Breslau 1895. gr. 8. m. Holz-
schnitten. — Liefg. 2. Jede Liefg. Mark 3,60.
Kempert^s Litteratnr-Nachweis 3. Quartal 1895.
Bagnally Long-distance levelling. A. Min. o. Proc. V. 121, p. 152.
Krüger, Die Auflösung eines speziellen Systems von Normalgleichungen.
Astron. Nachr. Bd. 138, p. 153.
Miller, Zwei neue Auftragapparate für tachymetrische Aufnahme. A.
Centr.-Ztg. f. Optik. 1895, p. 163.
Ertel & Sohn, Neue Mikrometerschrauben für Präzisionsinstrumente.
A. Centr.-Ztg. f. Optik, 1895, p. 163.
Hammer y Das Eckhold^sche Omnimeter in der Ausführung von A. Ott
in Kempten. Ztschr. für Instrum. 1895, p. 233.
Schroder, Nouvel instrument (Tachöographe) servant au arace direct et
au leve direct du terrain. Comptes rendus V. 121, p. 40.
Ziegler 'Hager y Neues geodätisches Universal-Instrument. A. Anz. f.
Gew. u. Bauw. Bd. 37, p. 72 u. Centr.-Ztg. f. Optik 1895, 183.
Laussedat^ Recherches sur les instruments, les methods et le dessin
topographiques. A. Ann. d. Conserv. des Arts et Met. V. VII, p. 60*
Salmoii'o^hiey FerForro et la sua celerimensura. IlPolitecn. 1895, p. 321.
Bansy, Note sur un nouvel appareil topographique „Rapid Traverser"
de M. James Henderson. A. Rev. univ. des Mines V. .31, p. 64.
Jadanzay A proposito di Porro e della sua Celerimensura. Lettera al
Sig. Ing. Angelo Salmoiraghi. II Politecn. p. 464.
Elementi geodetici dei Punti contenuti nei Fogli 6, 7, 12 e 18 della
Carta d'Italia compresi fra 46» 0' e 460 40' di Latitudine e — 20 30'
e — 30 30' di Longitudine di Roma. Roma 1895. 4. 61 pg
c. 1 tavola.
Inhalt.
GrSssere Mittheiiungen: Die Ergebnisse der Messung der Bonner Basis mit
Messlatten und Messband, von Keinhertz (Fortsetzung). ^— BOcherschau. —
Vereinsangeiegenheiten. — Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Yerla« Ton Konrad Wittwer Stattgart — Drack yod Gebrüder Jänecke in Hannover.
' 65
ZEITSCHMFT FOR VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Heransgegeben von
Dr. W. Jordan, und O. ßteppes,
Professor in Hannover Steuer-Rath in Manchen.
1896. Heft 3. Band XXV.
$H 1. Februar. K
Querachsige rechtwinklige sphärische Coordinaten für die
Zwecke der Kteintrianguiiruhg und Specialvermessung.
Bei Gelegenheit der Berechnung einer Eleintriangulirung im Anschluss
an das Netz der Landesaufnahme war dem Unterzeichneten die Aufgabe
gestellt^ aus den gegebenen geographischen Positionen der Anschluss-
punkte II. bis IV. Ordnung rechtwinklige sphärische Coordinaten zu
berechnen, bezogen auf ein System, dessen Hauptachse mit dem in der
Breite 5V 5Qf den Magdeburger Meridian (29^ 18' 7", 8178 östl. Ferro)
senkrecht schneidenden Quernormalbogen zusammenfällt. Da nun hierdurch
die Frage der Anwendung eines querachsigen Systems für Landesver-
messungszwecke, welche bis dahin — wenn von dem conformen Mecklen-
burger Coordinatensystem als nicht streng querachsigen abgesehen wird
— auf das Gebiet theoretischer Speculation beschränkt geblieben ist,
auch ein praktisches Interesse gewonnen hat, so dürfte eine. Darstellung
der in diesem Falle angewandten Beehnungsmethoden an dieser Stelle
gerechtfertigt erscheinen.
Zur Lösung der gestellten Aufgabe waren zunächst zwei Wege ofien :
1) die Berechnung gewöhnlicher Soldner'scher Coordinaten in Bezug
auf den Meridian 29® 18' 7", 8178 als Hauptachse im trigono-
metrischen Formular 6 der Anweisung IX und Transformation
dieser Coordinaten auf das querachsige System«
2) Die Anwendung der Seite 65 ff. des Jahrganges 1894 dieser
Zeitschrift vom Professor Dr. Jiordan gegebenen Formeln,*)
*)Die Formeln von Zeitschr. 1894, S. 65— 74 sind auf S. 74 als noch nicht
endgültig bezeichnet, indem Weiterentwicklung vorbehalten wurde. Die
sphärischen Formeln bis ^- in Zeitschrift 1895, S. 647—653 sind ein Theil
dieser Weiterentwicklung, welche sphäroidisch auch schon . vorhanden und
nur aus Baumrücksichten zurückgestellt war. Trotzdem bringen wir die Ent-
wicklungen von Herrn Schulze ungeandert zum Abdruck, weUsie ganz unab-
Zeitsclirift fär Vermessangswesen 1896. Heft S. 5
66 Schulze. Querachsige rechtwinklige sphärische Goordinaten
Bei näherer Beschäfägnng mit der Sache zeigte sich, dass keine
der beiden Recbnangsmethoden strengen Anforderungen Oenttge leistet,
welche darin bestehen^ dass unter allen Umständen die Rechnungs-
ungenauigkeiien keinen Einfluss auf die zweite Decimalstelle der Goor-
dinaten erlangen dürfen.
Mit Rücksicht auf die Ausdehnung des gesammten Vermessungs-
gebietes:
rund 32 km nördlich der Breite 51° 50'
„ 24 ^ südlich derselben
^ 68 „ östlich vom Magdeburger Meridian
^ b2 jf westlich desselben
ist demnach zur Erreichung der gestellten Anforderung an die Genauigkeit
der Rechnung die Anwendung achtstelliger Logarithmen geboten^ welche
im ungünstigsten Falle einen Fehler von ± Ifi mm verursachen können.
Bei dem unter 1) angegebenen Rechnungsverfahren ist von vorn-
herein die Erreichung des oben genannten Genauigkeitsgrades in Folge
der auf siebenstellige Logarithmen beschränkten Formeln des Formulares 6
ausgeschlossen, ganz abgesehen davon, dass der Umweg über meridionale
Soldner'sche Goordinaten nicht nothwendig ist.
Im zweiten Falle war zu bedenken^ ob die nur bis zur dritten
Ordnung reichenden Jordanischen Formeln den gestellten Anforderungen
an die Schärfe der Rechnung in allen Fällen genügen konnten. Eine
nach dieser Richtung angestellte Untersuchung ergab, dass in der Or-
dinate durch die vernachlässigten Glieder vierter Ordnung von der
Form .... A 9*.X* und ... .X* für die grössten in Betracht kommenden
Entfernungen vom Nullpunkt eine Ungenauigkeit von 11 min und in
der Abscisse eine solche von 17 mm in Folge der Vernachlässigung
der Glieder Acp.X^ und A 9.'^ bewirkt wird, so dass bei
achtstelliger Rechnung die Vernachlässigung der Glieder vierter Ordnung
nicht statthaft ist. Ferner zeigte sich, dass das a. a. 0. ebenfalls ver-
nachlässigte Glied dritter Ordnung von der Form .... A 9^ in Folge
der geringen Breitenerstreckung des Vermessungsgebietes ohne Einfluss
ist, indem dasselbe im äussersten Falle erst den Betrag von 0,59 mm
erreicht.
Bei Anwendung der auf die Glieder vierter Ordnung erweiterten
Formeln für die Ordinate und Abscisse machte sich die hierdurch auf
je 6 Glieder (unter Vernachlässigung des Gliedes A 9') angewachsene
Länge beider Ausdrücke als recht unbequem bemerkbar.
hängig entstanden sind und einen werthvollen Beitrag zur Entwicklungsgeschichte
der queracbsigen Goordinaten geben. Unsere eigenen sphäroidischen Formeln
bis zur 4. Ordnung einschliesslich werden nachher auf S. 83—92 mitgetheilt.
Dieselben geben das Zahlenbeispiel, welches in Zeitschr. 1894 S. 43 noch
mit 0,04" und 0,03" Fehler abschliesst auf 0,001" in den Richtungen und auf 0*1
im Entfernungslogarithmus scharf. D. Red. «7.
für die Zwecke der Kleintriangalirnng and Specialvermessang. 67
In dem Bestreben, eine Gontrole ftlr die Rechnung zu finden, welche
mit möglichst geringem Zahlenanfwand sich bis auf die zweite Dedmal-
stelle der Coordinaten ^streckt, gelangte der Unterzeichnete zu dem im
Folgenden dargestellten Eechnungsmodus. Derselbe gründet sich auf den
Umstand, dass innerhalb der Grenzen des Yermessungsgebietes die Abscisse
eines Punktes nur wenig verschieden sein kann von der Länge des
Qnemormalbogens bis znm Sehnitt mit dem Meridian desselben und die
Ordinate nur um ein geringes kleiner sein kann als der Meridianbogen
von diesem Schnittpunkt bis zum gegebenen Punkt, dessen rechtwinklige
Coordinaten zu bestimmen sind. Werden demnach diese beiden Grössen
als Variabele betrachtet, so müssen für die Coordinaten (x y) sehr ein^
fache Ausdrücke resultiren. Es kommt daher schliesslich nur darauf
an, für diese Variabelen einfache Formeln aufzustellen.
Ehe wir zur Entwicklung dieser Formeln schreiten, mögen noch
einige Bemerkungen Platz finden. Was zunächst den Radius der dem
Erdellipsoid zu substituirenden Eugelfläche anbetrifft, so wählen wir
an Stelle des üblichen mittleren Krümmungshalbmessers im Nullpunkt als
Kugelhalbmesser den Krümmungsradius des Quernormalschnitts im Anfangs-
punkt desselben (also für die Breite 51^ 50"). Die so bestimmte Kugel-
fläche berührt das Erdsphäroid längs des Parallelkreises 51^ 50' und
schmiegt sich infolge der geringen Breitenerstreckung des Yermessungs-
gebietes von max. 56 km dem letzteren enger an als jede andere, wodurch
die Winkeländerungen beim Uebergang vom Ellipsoid, auf die Kugel
möglichst klein werden.
Femer wählen wir abweichend von der Bezeichnung der Achsen
durch Herrn Prof. Dr. Jordan a. a. 0. d. Ztsch. f. Verm. 1894 folgende:
Die Hauptachse (Abscissenachse) wird zur x- Achse gewählt, und
zwar sollen die Abscissen östlich vom Magdeburger Meridian positiv,
westlich von demselben negativ gezählt werden. Die Ordinaten y sollen
sein positiv für Punkte südlich, negativ für Punkte nördlich vom Quer-
normalbogen. Die Zählung der Azimute beginnt von der -|- Richtung
der Hauptachse in rechtläufigem Sinne. Bei dieser Art der Festsetzung
erscheint demnach das querachsige System als ein um 90^ rechtläufig
gedrehtes Soldner'sches gewöhnlicher Art, so dass in der weiteren An-
wendung des ersteren weder neue Begriffe noch neue Bezeichnungen
eingeführt erscheinen abweichend von den herkömmlichen.
Der Uebergang von dem einen zu dem anderen System wird ver-
mittelt durch die bekannten Relationen
worin ^ 9 ^^ Soldner*schen meridionalen Coordinaten für denselben
Anfangspunkt und n^ den Kugelradius bezeichnen.
5*
68
Schulze. Querachsige rechtwinklige sphärische Ooordinaten
Die Ooordinaten im System Magdeburg der preuss. Katasterver-
waltnng folgen hieraus ohne weiteres zu
t|m = t| ; hn^ I — 32588,483,
da die Länge des Meridianbogens von der Breite 51^50' bis zur Breite
52<^ 7' 34", 50 70 nach Tafel I. in F. G* Gauss: Die trigonometrischen
und polygonometrischen Rechnungen etc. 32 588,433 m beträgt.
Streng genommen ist dies zwar nicht richtig, da dem System
Magdeburg ein anderer Kugelradins (mittlerer Krümmungsradius im
Nullpunkt) zu Grunde liegt. Jedoch zeigt eine einfache Eechnung^
dass selbst im ungünstigsten Falle dieser Umstand in den Ordinaten
Differenzen von nur 5 mm hervorruft, welche mit Rücksicht auf die
Genauigkeit siebenstelliger Logarithmen zu vernachlässigen sind.
Gehen wir nun auf unser eingangs genanntes Thema ein.
Es sei Pq der Ursprung des rechtwinkligen, queraehsigen Systems
mit der Breite <po = 51 "^ 50'
und der Länge X^ = 29° 18' 7", 8178
PoQ'=K
fo:' = u
(fp =QP ^B, — B
9
P sei ein beliebiger Punkt des BesseFschen Erdellipsoids mit der
Breite «p und der Längendifferenz X gegen den Meridian von P^.
Der zum Längenunterschied X gehörige Parallelkreisbogen P^ Q
sei gleich v^ und der Radius desselben p^. Ferner seien m n r
beziehungsweise der kleinste, grösste und mittlere Krümmungsradius für
die Breite 9. Der Schnittpunkt M der Flächennormale im Punkte P^
mit der kleinen Achse des Erdellipsoids sei nun Mittelpunkt einer
Eugelfläche vom Radius n^, welcfhe demnach das Ellipsoid im Parallel-
kreis Pp Q berührt. Die Länge des Quernormalbogens vom Punkte P^
bis zum Meridian von P sei beziehungsweise Ä;, K auf dem Ellipsoid
und auf der Kugelfläche. Ferner sei W der Bogen auf dem Kugel-
für die Zwecke der Kleintriangalirang nnd SpecialvermesBung. 69
meridian durch P vom Schnittpunkt Q' mit dem Quemormalbogen K
bis zum Parallelkreis P^ Q. Der Punkt P des Erdsphäroids werde so
auf die Kugel übertragen^ dass die Meridianbogenlänge QP' gleich der
elliptischen Bogenlänge QP ist.
Es sei dann 8 der grösste Kugelkreis zwischen den Punkten P^ F^
B die Breite des letzteren auf der Kugel, T^ und T die Winkel von
S mit dem Meridian von P^ beziehungsweise P', gezählt von der Nord-
richtung in rechtläufigem Drehungssinn. Die 8 T^ T entsprechenden
Grössen auf dem Ellipsoid seien beziehungsweise Sy a^, a, wo demnach
s die Länge der geodätischen Linie zwischen den Punkten P^ P
bezeichnet. Der Winkel des Quernormalbogens K im Endpunkte Q"
mit dem Meridian von Q sei 90 + &" auf der Kugel und der analoge
auf dem Ellipsoid 90 -{- B"« Schliesslich sei noch U die Länge des
Meridianbogens C^P', wo TJ mit (p^ — cp gleiches Vorzeichen haben soll.
Bezeichnen a^ e die halbe grosse Achse und die Excentricität der
Meridianellipse^ so ist für das Bessersche Erdellipsoid
log a = 6.804 643 4636 i ^. ^ r, r.
log e^ = 7.824 410 4237 - 10 I ^"^*^ ^- ^' ®^^««
ond für die Breite «p^ = 51°50'
log iWo = 6.804 428 2989|
log n^ = 6.805 541 19431 nach Jordan
log r^ = 6.804 984 7466]
Meridianquadrant = 10000 855,764 m.
I. Berechnung der Hilfsvariabelen K und U.
Der Quemormalbogen £'auf der Kugel ist ersichtlich nur Function
vom Längenunterschied X, welcher positiv nach Osten sein soll, und er-
halten wir demnach mittels des Maclaurin^schen Lehrsatzes
-=fa-(w)5+(?#).T+--
Die Coefficienten dieser Reihe ergeben sich durch Differentiation
aus der streng richtigen Gleichung
tg K= cos cpo • tg X
in bekannter Weise. Für X = 0 giebt die Ausführung der Differentiationen
nach einigen Vereinfachungen bis zur fünften Ordnung in Bogensecunden
K= cos <Po • ^ + (^^ ?o "" ^^8 3 ?o) 12 + I
+ (2 cos cpo — ^ <^^8 ^?ö + ^ C08 59o) 24Ö+ J
Führen wir hierin mittels der bekannten Relation
^0 = ^0 cos cpo • '^
die Parallelkreisbogenlänge v^ als Yariabele ein^ so folgt
^=t;„+tg'9..^+(2tg*9<,-tg'cp„)-^+ }(1*)
(1)
3n„» ' ' ° ^» " ^"'lön«
70 Schulze« Querachsige rechtwinklige sphärische Goordinaten
and durch Einftthmng der Zahlenwerthe für <f^=sbV 5(f
K= V, + [6.12097 — 20] v/ + [2.1607 - 30] i?/ (2)
wql t;, ~ [1.282 070 169] X" (3)
die in den [ ] stehenden Zahlen bezeichnen in üblicher Schreibweise
die Logarithmen der Goef&cienten.
Was das Glied fünfter Ordnung in Gleichung (2) anbetrifft^ so
erreicht dasselbe den Betrag von 1 Millimeter erst bei einem Längen-
unterschied von 4851'' = 1^ 20' 51", welchem ein Parallelbogen von
92 876 m entspricht. Dasselbe fällt daher fort sowohl mit Bücksicht
auf die Ausdehnung des Yermessungsgebietes als auch auf die Genauigkeit
8 stelliger Logarithmen. Zur Berechnung des Gliedes dritter Ordnung
reichen 4 stellige Logarithmen aus.
Die zweite Variabele Udenken wir uns zerlegt in den Bogen QP^^QP"
und den Bogen QQ" ^= W. Den elliptischen Bogen QP entnehmen wir
ohne weitere Rechnung der Tafel I in- dem bereits angeführten Werke
von F. G. Gauss.
Da auch ^Function von X allein ist^ so können wir ebenfalls den
Maclaurin'schen Satz anwenden und erhalten aus
tg (?o— ^) = *S ?o- COS X
durch Bildung der Ableitungen von W nach X bis zur vierten Ordnung^
in Secunden
X^ X*
FF" =sin 2cpo • ^— (sin 2cpo - 6 sin 2cp, . sin 2^^)— ^+ (4>
wo p" = 206264,806
und aus (4) die lineare Länge
W= ^ W" (5)
P
Werden iu vorstehenden beiden Gleichungen für die Normalbreite
9o=51^ 50' die numerischen Werthe der Coeffidenten eingeführt, so
erhalten wir
W= [5.562 1573-10] X^+ [4.2869-20] X'+ (5)*
worin X in Secunden zu nehmen ist.
Zur Beurtheilung des Einflusses des zweiten Gliedes dient folgende
kleine Tabelle
A .... A
1480 0,9 MUlimeter •
1800 2,0 „
2400 6,4 .„
3000 15,7 „
3600 32,5 „
3800 40,4 „
Es reicht demnach für das Glied vierter Ordnung eine Tafel von
geringem Umfange bezw. ein Diagramm vollkommen aus.
für die Zwecke der Eleintriangalirang und Rpecialvermessnng. 71
Bezeichnet B^f B^ die MeridianbogenUiige vom Aequator bis zur
Breite (p^ bezw. <f, deren Werthe der schon mehrfach genannten Tafel I
entnommen werden^ so ist
U^B^-'B^^W,
wo U mit der Breitendifferenz (p^ — f gldches Vorzeichen haben soll.
Den Winkel 90-|-&" des Quemormalbogens K mit dem Meridian
dnrch P' können wir in analoger Weise in Form einer Reihe mit steigenden
Potenzen von X darstellen. Wir finden durch Ausführung der einfachen
Zwischenr^hnungen bis zur dritten Ordnung
d"=sincp^^.r— (sincpo+sinScp,)— 2 +
und numerisch '' ■ ^
r =[9.895 54 22— 10].X— [8.070 45— 20]X'+. . . .
IL Berechnung der rechtwinkligen Coordinaten (a?y) als Functionen
von U und X.
Bei gegebenem Längenunterschied \ sind x und y nur noch Functionen
von U und können beide Coordinaten mit dem Maclaurin^schen Satz in
Form einer Reihe nach steigenden Potenzen von ü entwickelt werden:
wo die Ableitungen von y und x nach U zu bilden sind aus den
Gleichungen
sin y = co8 0«sin U
— tg(Z— iP) = sin d.tgZJ.
Durch Ausrechnung erhalten wir nach Nullsetzung von ü in be-
kannter Weise
y = COS ft. U- (C0S&-C0S3&).^r^i — =-— U"" (7)
a?=Ä'+sin 0 • t7 + (sin O+sin 3 ») « ^J^\ + .... 17' (8)
Die Glieder fünfter und höherer Ordnung in vorstehenden beiden
Gleichungen kommen für die praktische Anwendung gänzlich ausser
Betracht. Da ferner in (7) das zweite Glied für ^=2^ und 17=^
65 555 m erst den Betrag von 1 Millimeter erreicht, so fällt auch dieses
für die praktische Rechnung fort.
Ueber den Einfluss des Gliedes dritter Ordnung in (8) giebt nach-
stehende kleine Tabelle Aufschluss:
r
4500"
3600"
1800"
600"
300"
u
:=^
50 km
50 km
50 km
50 km
50 km
...U'
17 mm
14 mm
7 mm
2 mm
1 mm
u
^s=
30 km
30 km
30 km
30 km
...U'
4 mm
3 mm
1 mm
0;5 mm
u
20 km
20 km
...U'
1 mm
1 mm
72 Schulze. Querachsige rechtwinklige sphärische Coordinaten
Für das Glied dritter Ordnung reicht daher eine Tafel von sehr geringem
Umfange bezw. ein Diagramm für alle Fälle vollkommen aus.
Entwickeln wir nun cos & und sin & in die bekannten nach Potenzen
des Arguments fortschreitenden Beihen^ wobei nur die ersten beiden
Olieder zu berücksichtigen sind^ und ersetzen & durch k mit Hilfe von
Gl. (6), so erhalten wir
y = U— [8.86120-20] V^ü + (7)*
a; = jK' +[4.581 1171- 10] X. 17- [3-17411 -20] X' CT +(1) (8)*
IP
wenn zur Abkürzung (i) = (sinft + sin3 0) — ^ — ^ gesetzt wird.
Für die praktische Rechnung kommen demnach folgende Formeln zur
Anwendung:
V, =[1.282 070 17H"
JT =t;, 4- [6.12097— 20] i;J
W= [5.562 15 73 — 10] V + [4.28 69 —20]}^*
ft" = [9-895 5422—10] X" — [8.070 45—20] X^
y = U— [8.861 20—20] X* U
X =jK'+[4.5811171— 10] X. 17— [3.17411— 20] X' U+{1)
(l)=(sin» + sin3»)-^
12 n^
wo die fünfte bei Anwendung einer Tabelle für das Correctionsglied
dritter Ordnung (1) nicht unmittelbar erforderlich ist.
Zum Zwecke des Vergleichs der nach den vorstehend genannten
drei Rechnungsmethoden zu erzielenden Resultate wollen wir die recht-
winkligen Coordinaten berechnen für die beiden Punkte
1. X = 0°30' = 1800" A 9 = — 0^30' = — 1800"
2. X = 1 ^0' = 3600" A <p = — 0^30' = — 1800"
Nach dem dritten Verfahren erhalten wir folgende Rechnung:
log X = 3.25527251 j = cp^ — 1800" = 6V 20'
log X^ ^ 6.5105450 5^ = 5 744 208,502 m
logX'= 9.76582 jBq, = 5688585,153 m
log X' = 13.02109 Bo — l^cp = + 55 623,349 m
1.282 07017 6.1210—20 5.562 1573 - 10 4.2869 — 20
3.255 27251 13.6120 6.510 5450 13.0211
4.537 34268 9.7330—10 2.072 7023 7.3080—10
« = 4-34 462,175 + 0,541 + 118,223 + 0,002
K= + 34 462,716 m W= + 118,225 m
ü= + 55 505,124 m
log (7= 4.744 3331 log C/=4.744 3331 log U= 4.74433
log X=^ = 6.510 5450 log X = 3.255 2725 log X' = 9.76582
8.861 20n-20 ___ 4.581 1171-10 3.17411^-20
0.116 08n 2.580 7227 7.68426n-10
— 1,3064 + 380,8226 — 0,0048
{
y ' = 4- 55 503,818 m -f 380,8178
a; ' = + 34 843,543 m (1) = + 0,0096
+ 380,827
für die Zwecke der EleintrianguliroBg nnd SpecialyermessaDg. 73
{
2i
Für Pankt 2 finden wir in derselben Weise
y" = + 55 145,232m
a?" = + 69 685,433 m
Zweite Berechnung von y und x mittels der Formeln vom Professor
Dr. Jordan, Zeitschr. f. Verm. S. 73, 1894*).
Unter Berücksichtigung der festgesetzten Lage und Richtung der
Achsen, des Kugelhalbmessers n^ anstatt r^ und nach Vervollständigung
der Formel (35) durch Hinzufügung des Gliedes. . .Acp^, der Formel (36)
durch Hinzufligung des Gliedes. . .XAcp^ und Beseitigung des Druck-
fehlers im Coefficienten des Gliedes... X^ lauten die Gleichungen für
X und y:
y= — [1.49000317] Acp— [5.5621572 — 10] X^ — [3-86437— 10] Acp^
+ [0-350 52 — 10] AcpX' + [7.74495 — 20] A^' ^
X = [1.282 07017] X — [6.071 1202 — 10] AcpX — [8.52682 — 20] Acp^ xK^^
— [9.66615 — 20] X^J
Die Ausrechnung, welche wir nicht im einzelnen hersetzen wollen,
giebt die Werthe
Punkt 1 Punkt 2
y/ = + 55 503,821 y/' = + 55 145,230
X- = + 34843,535 a?/' = + 69 685,447
Gegen die erste Rechnung haben wir demnach die Unterschiede,
y' — y/ = — 0,003 m y ' — y/' = + 0,002 m
X — 0?/ = + 0,008 m x' — Xß\= — 0,014 m
Dritte Berechnung der Coordinaten yx auf dem Umwege über
meridionale Soldner^sche Coordinaten.
Die im trigonometrischen Formular 6 der Anweisung IX siebenstellig
geführte Rechnung ergiebt zunächst die meridionalen Coordinaten
Punkt 1 Punkt 2
5' = + 34842,218 5" =^ + 69682,823
j' = — 55504,648 i' = — 55 148,540
Durch Transformation (Drehung um 90^) erhalten wir hieraus die
querachsigen Coordinaten
y/ = + 55 503,823 y/ = + 55 145,261
Xp = + 34 843,532 a?/' = + 69 685,418
Dass hierin die dritten Decimalstellen als reine Rechengrössen zu
betrachten sind, bedarf wohl kaum der Erwähnung.
*) Die Rechnung nach den weiter entwickelten Formeln, welche in der
Anmerkung auf S. 66 erwähnt wurden, giebt
Punkt 1 Punkt 2
y = 55503,8176 m y = 55145,2319 m
X = 34843,5423 x = 69685,4332
D. Red. J.
74 Schnlze. Qnerachsi^e rechtwinklige sphärische Goordinaten
Gegen die erste und zweite Berechnung ergeben sich folglich die
Unterschiede
y — y/ = — 0,005 m y ' — y/ = — 0,029m
0?' — Xp = + 0,011 m n?" — x''p = + 0,015m
yj —yp=- 0,002m y/' — y^^= —0,031m
2c/ — a?p = 4- 0,003 m x" — ccp" = + 0,029m
Um zu einem ürtheil über die relative Genauigkeit der drei Rech-
nungsmethoden zu gelangen, wollen wir die aus den rechtwinkligen
Coordinaten (a? y) abgeleiteten geodätischen Polarcoordinaten des
Punktes P' (x y), bezogen auf den Coordinatenursprung P^ und den
Meridian durch denselben, vergleichen mit den Polarcoordinaten des
Punktes P auf dem Sphäroid.
Wir berechnen zunächst den geodätischen Radius vector Snnä das
Azimut Tp im Anfangspunkt desselben. Aus der Relation
cos S = cos X • cos y
folgt durch Reihenentwicklung und Auflösung nach S^ bis zur vierten
Ordnung
' 3n,A ' 15V/ *■
und hieraus mit derselben Genauigkeit
""' 6VSp 90 w/ ^^^^
wo Sq^ =y^ + x^.
Für unsere beiden Normalbeispiele finden wir nach der
III. II. I. Methode
Punkt 1) Sq == 65 534,3134 . . . 4,3109 . . . 4,3117 m
Punkt 2) So = 88 865,3823 . . . 5,3921 . . . 5,3887 m
Punkt 1) S =65 534,0816 . . . 4,0791 . . . 4,0799 m
Punkt 2) S =88 864,7041 . . . 4,7139 . . . 4,7105 m
Es sei nun der Winkel t^ definirt durch die Gleichung
durch welche demnach t^ als Azimut in der Ebene gegeben ist. Der
entsprechende Winkel auf der Kugel sei t^-^-dt. Dann gilt die streng
richtige Gleichung
° sm a?
wo y und x in Theilen des Radius zu nehmen sind. Durch Reihen-
entwicklung erhalten wir aus der letzten Gleichung bis zur Ordnung
einschliesslich
<
^y_±dy
x-\'dx
für die Zwecke der Klemtriangnlirang und Specialvermessong. 75
Nun giebt die Bestimmungsgleichung für i^^
, xdy—ydx
worin zur Abkürzung /S^*=jj*+y*.
Fuhren wir in diese Gleichung für dt die aus der vorhergehenden
Gleichung folgenden Werthe ftir dx und dy ein^ so erhalten wir nach
einigen Beductionen
dt _ay(3?»+2y^) 2a?y^ yx'
und hiemach für das Azimut T^
T,^^0' + {t,+dt) (12)
Wenden wir diese beiden Formeln auf unsere beiden Normal-
beispiele an^ so ergeben sich nachstehende Werthe:
Punkt 1:
nach dem III. IL I. Verfahren
dt = +2", 795 739 2", 795 740 2", 795 737
t^ =.= 57^ 52' 50", 507 725 50", 534 071 50", 545 415
T^ = UV 52' 53", 303 464 53", 329 811 53", 341 152
S = 65 534, 0816 m . . ., 0791 . . ., 0799
Punkt 2:
dt = +4", 480 455 4", 480 457 4", 480 457 .
t^ = 38^21' 22", 178 442 22", 154 637 22", 252 831
T^ = 128° 21' 26", 658 897 26", 635 094 26", 733 288
S = 88 864,7041m ,7139 ,7105
Zur Berechnung der geodätischen Polarcoordinaten {s, a^) des
Punktes P auf dem Besserschen Ellipsoid schlagen wir folgenden Weg ein:
Bezeichnet zunächst s ein beliebiges Stück der geodätischen Linie
P^P und a das Azimut im Endpunkt, femer du das Bogenelement der
Meridianellipse, und dv das Bogenelement des Parallelkreises für die
Breite cp, so bestehen aus bekannten Gründen die Relationen
du= — md(f = — cos a • ds 1 , .
dt;=:jp.dx = sin tt'd« j ^
aus welchen für das Bogenelement ds sich folgende Ausdrücke ergeben
d$ = {du" + dv^f'^
ds = — cos a • dtt + sin «• dv.
Femer gilt, weil s eine geodätische Linie ist, der Clairaut'sche Satz
p sin a = Const. (14)
Unter Beachtung der Relation
dp = du-Bm(f
erhalten wir aus (13) und (14) folgende Differentialgleichungen
da . . .
^ = sin cp (15)
da w . X (1— «^)tg9-tga ,^ß.
-j- = — tg<p-tga=-^; °. 2 — 0-^)
d<p n ^ 1 — e* sin* 9
(17)
etc.
76 Schulze. Qaerachsige rechtwinklige sphärische Goordinaten
und aus den beiden letzteren
d<f n • cos (f (1 — e^ sin'cp) cos 9
dk w«tga (1— e')tga
Aus der zweiten Gleichung (13)
ds ^ p
d\ sin a
erhalten wir durch Differentiation nach X
d^s 2p • cos a sin cp
dk^ sin'a
d^s 6p • cos* a sin' 9 2p- sin* 9 2p* cos* a • cos 9
dV sin^ a sin a m-sin* a
Entwickeln wir mittelst des Taylor^schen Satzes s nach steigenden
Potenzen von X; so erhalten wir für die Bogenlänge s einen Ausdruck
X* X^
worin die Coef&cienten die für X = 0 resultirenden Werthe der Diffe-
rentialquotienten von s nach X bezeichnen.
IC
Nehmen wir a = -^ für X = 0, so erhalten wir die dem Quernormal-
bogen K entsprechende geodätische Linie senkrecht zum Meridian
durch P^:
*=i>o ^+Po öin' ?o --3- -t- (2Po «°* ?o — -^ sin' ?o <^0S 9^J^4. ...
Durch Einfahrung der Parallelkreisbogenlänge v^ geht diese Oleichnng
über in
Hieraus erhalten wir weiter durch Vergleich mit Gl. (1*) folgende
fe = ^-4«^|^.-f,.... (19)
1 — e^ Ibnl
oder nach Einsetzung der Zahlenwerthe für die Oonstanten
k = K— [9.2201471—40] • vi
Der Unterschied K — k beträgt 1 Millimeter erst bei t;^ == 359 725 m,
so dass für die praktische Rechnung derselbe überhaupt nicht in Be-
tracht kommt.
Beiläufig wollen wir noch an dieser Stelle die Abweichung berechnen,
welche in der Länge des Quernormalbogens durch die Annahme eines
Kugelhalbmessers r^ = V^ m^ n^ für n^ bewirkt würde. Bezeichnen
wir mit K' den dieser Annahme entsprechenden Werth von K^ so findet
sich leicht mit Beachtung der Relation
wo Wl =1 — e* sin* 9^j
«' sin' ?o .,3
^0
^0
—
W2
^'^ 0
l^e*
die Differenz
und in Zahlen
3w;(l— e*) .
K — K= [3. 530 1995 — 20]. vj
für die Zwecke der Rleintriangalirang und SpecialvermesBung. 77
Hieraus ergiebt sich, dass der Unterschied K' — K beträgt
für 1;^ = 30 898 Meter .... 1 MUlimeter
„ 64 000 „ .... 8,9 „
„ 100 000 „ .... 33,9 „ etc.
wenn bei der Uebertragung der Punkte des Erdeilipsoids auf die Kugel-
fläche die Parallelkreisbogenlänge für cp^ nicht geändert wird. Die
Wahl des grössten Krümmungsradius n^ zum Eugelhalbmesser ist in
diesem Falle durch vorstehende Daten genügend motivlrt.
Zur Berechnung der geodätischen Polarcoordinaten (s, a^) des
Punktes P haben wir nach (13) und (15) die Differentialgleichungen
du pd\ , da sin a sin cp
— - — = — cos a , -^ — =? sin a , —, — = ^.
ds ds ds p
Indem wir u und X als Functionen von 8 und a betrachten, erhalten
wir in bekannter Weise
du
j — — cos a
ds
d^u sin^ a tg<p
ds^ ~^ n
d^u 3sin^acosatg^9 ^ sin' a cos a
ds^ n^ mn
d^u _4sin»aco8»atg<p
sin*atg<p
Im Differentialquotienten vierter Ordnung sind die Glieder mit dem
Factor e^ vernachlässigt, was hier unbeschadet der Genauigkeit ge-
schehen darf.
In gleicher Weise berechnen wir
d\
d^X
p^ -T-j- = 2 sin a cos a sin cp
Cv s
, d^l _ . 2-2 ft • 3 • 2 I 2sjnaco8*acos*<p-w
p^ --y-3- = 6sinacos^ asm^ cp — 2sm'*a8in'*cp-|
d*X
p* ^ = 8 sin a cos^ a sin <p cos^ cp • w (2 -|-3 tg^ cp)— 8 sin^ acos asin cp cos^cp-n
(l+3tg2cp)
Mit Hilfe des Taylor'schen Satzes erhalten wir für a = a^ und 8 = 0
für X = 0 bis zur vierten Ordnung einschliesslich
u = — scoBa,+A^
v= ssin a^ + Bq
worin die Grössen
sin" a„ tg (p„ a /"°''«o'^o»«o^g'yo i sin'goCOSaA
^0— 2«„ "^l 2nl "^ 6m,n, }
S'
+
("°'""7>^"^2+3tg^cp„)--lg^^(l + 3tg^^,)).- + ...,
78 Schuhe. Qnerschsige reehtwinklige sphärische Coordinsten
_ Bing, COB tt,tg<pa ^, , / sin g, cos' gp tg* (p, sin» g, tg' (p„
8in «Q cos^ a^j
SfWo Wo
'°"';y*"^-(i+3tg',„)).«+....
bekannt sind, indem für a^ und s in denselben mit aasreichender Ge-
nauigkeit die durch ebene, bezw. sphärische Rechnung ermittelten Werthe
für das Azimut und den Radius vector gesetzt werden können.
Aus Gl. (20) erhalten wir nun ohne weiteres
8'={-u + A,y +{v^ ß,y (21)
'^^0 = -:^^ (22)
um die vorstehenden beiden Formeln für die numerische Rechnung
geeigneter zu machen, denken wir uns rechter Hand für die beiden
Binome in GL (21) gesetzt (y+TQ)* bezw. (x+i)^, wo xy die nach dem
dritten Verfahren ermittelten rechtwinkligen Coordinaten des Punktes P
bezeichnen. Durch Entwicklung des Binoms erhalten wir dann un-
mittelbar den Unterschied
WO Sq seine frühere Bedeutung hat.
Bezeichnen wir zur Abkürzung das Complement von 180 — a^
mit ßo, so erhalten wir aus
ßo==arctg|±^
in bekannter Weise bis zur zweiten Ordnung einschliesslich
ßo— ^o_ <» ^ _y_t a!y , a^y gl I (y-a')(y+a')TiS , ,g,..
p" — 5o' ^ S,' «0* -S^o' -So" 2 +--^^*^
wo t^ ebenfalls seine Bedeutung hat, und schliesslich
a, = 90<>-fßo (25)
Wenden wir nun die Formeln (20) bis (24) auf unsere beiden
Beispiele an:
1) für Punkt 1 hatten wir
y = +55 503,818 log 4.744 32285.6
X = + 34 843,543 4.542 12230.5
8^ = 65 534,3134 4.816 46875.4
t^ = 57« 52' 50",507725
Die Rechnung ergiebt folgende Resultate:
Ä^ = + 120,8475 *o = — 385,0199
— 1,3354 + 4,2546
— 0,2757 - 0,5589
+ 0,0208 + 0,8784
— 0,0017 -— 0,0441
-f 119,2555 —380,4899
ilir die Zwecke der Kleintriangalimng und Specialvermessiing. 79
demnach
— 5 . cos ao = 55 623,349 — 119,2555 = 55 504,0935
s • sin a^ = 34: 462,175 + 380,4899 = 34 842,6649
7j = + 0,2755 e = — 0,8781
8—Sq = + 0,2333 — 0,4669 = — 0,2336 m
and folglich
5 = 65 534,0798 m
ß-^^ = + 0",461 0324
+ 2,340 7465
— 0,000 0016 ao = 147^52' 53", 309 516
+ 0,000 0167
— 0,000 0025
= + 2,8017915
2) far Pankt 2 hatten wir gefunden
y = +55 145,232 4.741 50796.8
X = +69 685,433 4.843 14209.2
So == 88 865,3823 4.948 73261.5
t^ = 38° 21' 22",178 442
^0 = + 483,3697 J^o = — 765,0588
— 5,3069 + 8,3996
— 1,0957 — 4,4706
. + 0,0823 + 1,7341
+ 0,0280 +. 0,0474
+ 477,0214 — 759,3483
— S.C08 ao =: 55 623,349 — 477,0214 = 55 146,3276
s-sin «0 = 68 924,349 + 759,3483 = 69 683,6973
7| = + 1,0956 S = — 1,7357
8 — 8^ = 0,6799 — 1,3611 = — 0,6812 m
and
s = 88 864,7011 m
ßo — <o = + 1",9941326
+ 2",5000149
- 0'',0000077 _
+ O",0000193 «0-128 2126,672607
4- O",0000O57
+ 4 ,494 1648
Zur besseren Uebersicht stellen wir die Ergebnisse far strenge und
sphärische Rechnung zusammen.
Far Punkt. 1 ist s — S in Millimetern:
nach dem III. II. I. Rechnungsverfahren
— 1,8 +0,7 —0,1
nnd a^ — T^ in Secunden:
+ 0,006052 — 0,020295 — 0,031636
80 Schulze. Qaerachsige rechtwinklige sphärische Coordinaten
Für Punkt 2:
s — 8= — 3,0 — 12,8 — 9,4 mm
a^— T, = + 0".,013 710 + 0",037 513 — 0'',060 681
und
s—S 1,1 1
; +
s " 36408000 ' ' 93620000 ' 65534000
beziehungsweise
29622 000 " 6942600 ' 9453700
Aus vorstehenden Resultaten ergiebt sich, dass die relative Punkt-
änderung beim üebergang vom Ellipsoid auf die Kugel bei Anwendung
der Abbildung mittelst gleicher Längen des Normalparallelkreises
(cp^ =51^ 50') und des Meridianbogens (von der Breite ^ bis zur
Breite cp^) so gering ist^ dass die durch die hierauf basirte sphärische
Rechnung begangenen Vernachlässigungen höherer Glieder als von der
zweiten Ordnung des Eugelradius selbst im ungünstigsten Falle nur
1 Einheit der 8. Stelle des Logarithmus der Entfernung ausmachen.
Jedenfalls sind die erzielten Resultate der Rechnung nach den einfachen
sphärischen Formeln mit X und U als Variabein schärfer als diejenigen
der ersten und zweiten Rechnungsmethode^ und, wegen des geringeren
Zahlenaufwandes, auch in kürzerer Zeit zu erlangen.
Zum Schluss wollen wir noch kurz eine Frage streifen, welche im
vorliegenden Falle zur Erörterung gekommen ist; nämlich ob bei der
Projection auf die Ebene — bei den Triangulirungen niederster Ordnung
und der Specialvermessung — es zweckmässiger sei, die sphärischen
(bezw. sphäroidischen) rechtwinkligen Coordinaten der Dreieckspunkte in
der üblichen Weise als rechtwinklige ebene zu betrachten und anza-
wenden, oder ob es vortheilhaffcer wäre, fUr die Ebene conforme Coor>
dinaten zu wählen. Zur Beleuchtung dieser Frage wollen wir berechnen
die Maximallängenänderung der Strecke eins beim üebergang von der
Kugel (Radius = Hq) auf die Ebene für rechtwinklige congruente
Coordinaten mit dem Meridian durch P^ als Hauptachse, zweitens mit
dem Quernormalbogen durch P^ als Hauptachse und schliesslich bei An-
wendung conformer Coordinaten im querachsigen System.
Für den an der äuss^rsten Grenze des Vermessnngsgebietes liegenden
Punkt (ymax = — 32 km, a^ax = + 68 km) erhalten wir zunächst eine
Entfernung S^ in der ebenen Abbildung von
75 153,1769 m
und hieraus nach Gl. (10) die Länge des Grosskreisbogens P^ P
S= 75 152,9198 m
und nach Gl. (11) den Unterschied zwischen dem sphärischen und ebenen
Azimut
r„ — (90 + t,) = — 2",1637
r„ = 64» 47' 53", 802
für die Zwecke der Elleintriangalirang und Specialvermessimg. 81
Im erstgenannten Systeme mit dem Meridian durch P^ als Haupt-
achse und dem Ursprung P^ erleidet die sphärische Entfernung r zwischen
den Punkten (15) und (j'9') beim üebergang auf die Ebene eine Ver-
grösserung
Das Maximum dieser Vergrösserung findet statt für \)' = \), d. h.
max Ar fe — S)^^2 Ö^— 0^.2 9
2
y ""' n^2 ^2 V "—
r 2w5H ^ 2nlri ' 2n? *
Für die beiden Punkte 9 = 68 km^ | = 32 km
9'= 68 „ s'=33 „
haben wir r^ = 1000 m; r = 999,9433884 m
und für die Längeneinheit
Ar 1 —6
max __ = -^^^g^ = 56,611.10 .
Im querachsigen System haben wir für ymax = 32 km a^naz =» 68 km eine
Vergrösserung für die Längeneinheit
Ar 1 —6
max = — = 12,537.10
r 79 765 ^^y«'^'-*^
Bezeichnen wir mit (x^r^) die Coordinaten des Punktes (xy) in der
conformen ebenen Darstellung, wo (xy) die sphärischen querachsigen
Coordinaten des Punktes P bezeichnen, ferner mit D^ die (ebene) Länge
des Radius vector P^ P, d. h.
2? = a;* + V
und mit t^ den durch die Gleichung
To=arctg ^
X
definirten Winkel, so findet sich leicht unter Vernachlässigung aller
Glieder von höherer als der zweiten Ordnung in Bezug auf den Eugel-
radius n^
und
^0 ^0 — P 6^2 g2 •
Fttr den Punkt o? = 68 km, ^ = — 32 km berechnet sich hiemach
7] = — 32000,1337 m
2o — S, = + 0,05694 m
T^ — ^0 = — 0" ,33209
so dass die Unterschiede gegen die sphärischen Grössen S und T^ betragen
So --S = 0,2571m
2, — »=:= 0,3140 „
und
2^0 — (90^ + ^0) = — 2",1637
To — (90«+To)= + r,8316.
Zeitsclirift für Vermessungsweseii 1896. Heft 8. 6
82 Schulze. Querachsige rechtwinklige sphärische Coordinaten etc.
Bezeichnen {x y) bezw. {x rl) die ebenen congraenten bezw. conformen
rechtwinkligen Coordinaten eines zweiten Punktes, r^ bezw. p^ die
ebenen Entfernungen dieser beiden Punkte vom Punkt {xy) bezw. (a?7]),
so gelten die bekannten Relationen für das Vergrösserungsverhältniss*)
r=r,[l - cos^ t, ^ ^ )
^-Poi^ eni )
wo r die sphärische Entfernung zwischen den beiden Punkten (xy) und
{x' y) bezeichnet.
Aus vorstehenden beiden Relationen ergiebt sich unter Vernach-
lässigung aller Glieder von höherer als der zweiten Ordnung in Bezug
auf den Eugelhalbmesser
Das Maximum der Abweichung beider Entfernungen in der ebenen
Darstellung tritt ein
für ^ 2n— 1
d. h. für x=Xy
wie auch ohne weiteres aus geometrischer Betrachtung erhellt.
Das Maximum selbst berechnet sich zu
po-^o po^^ ^"^ . y^+yr
max ^ y-=Li^ := — ^ — - — —
und im gegebenen Falle für r=10C)0 m
^" — - — =12,932710
77324 ^ ' ^ ^
wenn der Punkt {xy) nördlich vom Punkt {xy) liegt, und
-^=12,1491.10"^
82310 '
wenn der erstere südlich vom Punkt {xy) liegt.
Wenn man nun erwägt, dass bei der Anwendung congruenter
ebener Coordinaten für die Eleintriangulirung und Specialvermessung
die grösste zu fürchtende Verschiebung der Lage zweier 1000 m von
einander entfernten Punkte im querachsigen System nur 12^5 mm be-
trägt, die mittlere Genauigkeit in der trigonometrischen Bestimmung
der Entfernung zweier Punkte II. Ordnung eben so gross und für
Punkte III. Ordnung fast zweieinhalbmal so gering ist; so kann von
einer Ueberlegenheit der conformen Abbildungsmethode im Falle eines
schmalen westöstlichen Vermessungsgebietes gegenüber der congruenten
kaum noch die Rede sein. Denn ganz abgesehen davon, dass eine
Vergrösserung des mittleren Punktfehlers bei der Einschaltung in das
*) Vergl. Jordan, Bd. HI, S. 273 und 283.
Jordan. Qaerachsige Coordinaten.
83
Netz II. und III. Ordnung von rund 2 cm bei einer Entfernung von
3 km ftir die praktische Anwendung der Resultate belanglos ist, hat
man auch bei congruenter Darstellung in der Ebene weniger Rechen-
arbeit, weil die sphärischen Coordinaten der durch Breite und Länge
gegebenen Punkte der Landestriangulirung I. bis IV. Ordnung ohne
weiteres als ebene gelten, bei conformer Darstellung die Ordinaten y)
besonders berechnet werden müssen. Auch die einfacheren Formeln
letzterer Projectionsmethode fttr die Reduction der ebenen Azimute auf
sphärische und für die Berechnung des Vergrösserungsverhältnisses
können als ausschlaggebende Vorzüge in diesem besonderen Falle nicht
gelten, weil bei der Pnnkteinschaltung IV. und V. Ordnung die Rechen-
arbeit mit der Ermittlung der rechtwinkligen Coordinaten der Neun-
punkte im ebenen System abgeschlossen ist. Meines Erachtens ist unter
derartigen Umständen das Prinzip der Congruenz dem der Conformität
vorzuziehen.
Dessau, 25. December 1895.
Fr. W. Schulze^ Landmesser.
Querachsige Coordinaten.
+x
Die im Vorhergehenden, S. 65 — 83 veröffentlichte Abhandlung
von Herrn Schulze giebt Veranlassung, unsere, schon in der An-
merkung auf S. 66 und S. 73 erwähnten Weiterentwicklungen der
sphäroidischen Formeln alsbald hier zu bringen. Es werden dadurch
in Beziehung auf die Potenzordnung — alle die Glieder wieder auftreten,
T
welche bereits in den sphärischen Formeln von 1895, 8. 647—658 ent-
halten sind, aber nun mit Zufügung der von der Excentricität her-
rührenden Theile (l+iQ^...).
Die Lage des Coordinatensystems
haben wir wie auch in Zeitschrift 1894
S. 70 und 1895 8. 647 so angenommen,
wie in nebenstehender Fig. angedeutet ist,
dass nämlich -^x nach Norden, +y nach
Osten geht. Die Hauptachse oder eigent-
liche Achse ist die ^- Achse, welche den
mittleren Parallelkreis mit (p^ =51^50'
berührt.
Nachdem in Zeitschr. f. Verm. 1894 8. 70—72 die Formeln fttr
qaerachsige Coordinaten für das Ellipsoid bis zur dritten Ordnung ent-
wickelt sind, aber nur mit Beifügung der sphäroidischen Theile (t;^ u. s. w.)
6*
"X
84
Jordan. Qaerachsige Coordinaten.
bei den Gliedern 2. Ordnung, wollen wir nun jene Entwicklang insofern
weiter führen, alB auch bei den Gliedern 3. Ordnung noch die t)^
u. 8. w. mitgenommen werden.
Vor allem wollen wir die Grundformeln von 1894 8. 70, (14)— (16)
genauer geben:
<p' — <p 8 1 s^ sin^ at 3 s^ co8^ a
2
„ - cos ot
F» N 2
N-
s^ sin' a cos a
s
2 ^^«3
.2
(1+3 ^^ + V - 9.) V- ' ^y^ (1-^^)
(1)
8'
S*
X coscp=-^ sin a + -j^ sin a cos a^ — ^3 sin^ a ^*
(2)
s^sin^a^
a-a=j^sina t+Y^H\nacoBa{l+2t^+r^^) ^^^^ (1+2^^4-7]^)
-|-^TK7 sin a cos^ a ^(5 + 6^^+7)^)
'(3)
Diese 3 Formeln gelten für den üebergang von einem Punkte mit
der Breite (p, Länge Null, mit der geodätischen Linie 8, die unter dem
Azimut a ausgeht zu einem Punkte mit der Breite 9' Länge X und
Endazimut a , also Meridianconvergenz a — ou
Indem wir nun stets auf die frühere Entwicklung, Zeitschr. f. Venu.
1894, 8. 65 — 74, Bezug nehmen, wissen wir, dass die Formeln (1) (2)
(3) zweifach anzuwenden sind, erstens auf den Üebergang von (p^, X=0,
s=sXy 0=90^ auf 9, X, 7, d. h. wir haben aus (1):
r,^ ~ 2N,' '
I <
X| cos f ,
_j, r
N.
0^ ^n/^'
(4)
(5)
(6)
Die zweite Anwendung geht vom Punkte cp j, X^, 7^ mit a=^^ und
5=a? nach dem Punkte cp, Xj gegen (9^ Xj) und 7 — y^ als Meridian-
convergenz. Dieses giebt aus (1) (2) (3) bis zur 3. Ordnung ein-
schliesslich:
U <
X y x^ y
X'
äj^li* (l-«t') (7)
(8)
'^-^^-w,wy^+w^wy^+^'^'-^-^'^
(9)
Jordan. Querachsige Coordinateii. 85
Ehe wir diese beiden Gruppen von Oleichnngen addiren^ müssen
wir die N^ auf Nq, t^ auf t^ n. s. w. rednciren^ auch wollen wir
überall die N durch V ausdrücken^ denn es ist
Qnerkrümmungshalbmesser N=-^ (10)
wobei F^ = 1 + T^* = 1 + e'2 cos^ 9 (1 1)
Weiter ist <p^ = ^^ + (<p^ — (p^)
cos cpj = cos 9o — ((pj — 9o) sin cp^
cos* ff, = cos* 9o — 2 (?i — ?o) 8i" ?o <5^8 cpo
V*
Da ausserdem nach (4) <pj — <Po=^ — oT ^^0*^0» ^^ ^^^
F * F * «/*
-^= 1 +e'* (cos* 9, —cos* 9,) = 1 + 2 e * sin 9, cos <Po "y-^^o
F* V* .
^-2 '■■'T"'io'^0 yj2*'0
" .5
cos <p, = cos To + ^ T^o* ^0 sin ?o
«0 = **ng ?o 'j == <»ng <Pj = tang <p„ + («p^ — «p„) (1 + ^,»)
<i = <«-^n**«(i+V)
Damit giebt die Gruppe II mit Beschränkung überall auf 3. Ord-
nung Folgendes:
UaJ
3 sc* a?'
^, (cos cpo + ^ . . .)=-f^ n» e, + ^F„» e
2
2
0 "0
.2.
Wenn man dieses IIa mit dem ursprünglichen I zusammennimmt,
auch überall (10) und (11) berücksichtigt, so erhält man:
c ' 0 2c* ^ *^ 2 c'
^F/7|o^(l-^o')— ^^^ ^oMl-3 IT,,*)
.2,. ^,3
1
(12)
m <
X cos <p. = ^r,+^r,' t, +^ To\'-i;ä n' <«' (13)
I*
^ ' 0 -0 • ^2 ' 0" 0 i 2'c'
^=y- VJ, + ^F*A+|ln^ ^0 (1+2^0^ +>io^)
|^F/^,(l+2^,*+7|o*) (1^)
6C3
Diese Gleichungen entsprechen den früheren (28) (29) (30) in
Zeitschr. 1894, 8. 72 und sphärisch 1895, (5) (11) 8. 648 und (12)
8. 652 oder (14) S. 653 innerhalb der 3. Ordnung.
86
Jordan. Qaerachsige Goordinaten.
Es handelt ach Bun darum, die Gleichungen (12) und (13) nach
X und y aufzulösen, was durch fortgesetzte Näherung geschehen muss.
Jedenfidls in erster Näherung ist
X _ y — <po^ Ay y ^ Xcosyp
yt
' 0
(15)
«* A<p* y' X* C08* y, xy AyXcoay,
Diese Näherungen in (12) und (13) eingesetzt geben bis zur 2. Ordnung:
x_Ay^ , X^_co8^ . 3 Ay'
^ T73I" OTT' •'0l"ol7'5M0*'
2V.
2 K
y X cos y^, AyX cos y^
y z
^ 0
<.
(16)
(17)
Nun nochmals, bis zur 3. Ordnung:
x^ Ay* ^ AyX* cos^ y
c
= ~^ J- -T" -" TO ^ 4. 3
2 y t ^^ 17 A •'0«^*'
'^ 0
0 "^0 ' 0
y^ X^ cos^ y^ 2AyX^co8^yo
Ay* ,.
y 6 '^0 •'0
ay AyX cos y
Tr2
'^ 0
^ 0
^.
2F,»
cos'
?.
A<p'Xc08y,< ,
2F,
(18)
(19)
)(20)
r Q - ' 0 " ' 0
Setzt man diese 3 Ausdrücke in (12) und (13) ein, und nimmt man
dabei für die Glieder 3. Ordnung kurz die Näherungen (15), so be-
kommt man:
c
X A« ,
2F„
y X cos f ,
A<pX cos <p„ t, V ,
(21)
F'
' 0
3 Ay^X ^ ,
(22)
Endlich kann man auch noch die Meridianconvergenz in (14) durch
(16)— (22) als Function von y und X darstellen:
. . X' . 2 IT 2 . ^9^ Xsiny.
Y = X8myo--^smyoC08^yo F,^+ ^^^^^'
2 K
(23)
Zur Probe kann man auch wieder dieses (23) mit Hülfe von (12)
und (13) in (14) zurückverwandeln, was stimmen wird.
Nun haben wir in (12)— (14) und in (21)— (23) alle nöthigen
Formeln bis zur 3. Ordnung.
Endlich wollen wir noch die rein sphärisch entwickelten Glieder
4. Ordnung zusetzen, welche in Zeitschr. 1895, 8. 647 — 653 unter
den Nummern (5), (7), (8), (10), (12), (13) enthalten sind. Wenn wir
ausserdem auch überall die nöthigen p zusetzen, so bekommen wir
Jordan. QnerachBige Coordinaten.
87
folgende 6 Gleichungen^ wobei wir aber zur Bequemlichkeit nur V und t
statt der früheren V^ und t^ schreiben;
X
r
3 X'
9-9o==7F3p^^P.p-_^,
X
^V'P+2^^^M<=-1)P
-f^^^Ml-3V)p-^«'p+^<(l + 3<')p
k24)
Xco8<p„=^Fp+^ F'fp+y F»«» p- l-j F»<=p
'3 3 1(25)
+|^<(i+3<^)p-||;-<(i4-6<')pj
T =1 rtf + ^ F' i^p + 1^ 7»<(l+2«^ + V) p
— I^F'id + 2<» +ir)*)p-||-'<«(2+3<»)p + |^?<M5+6<»)p
k26)
ar
A(p c
Af X
3Af
f F^ + V^"*'''^* V^""'''^2#F^''''
p- v-
f^^V(-l+<*-9V<')-^co8»9<
(27)
X cos (SC AeXcos» c ^ X' c , ^
3 Acp' X c , j Acp^Xcsinf A9X'c8ino
:_ ^ X28)
3 p*
6p*
P
X* .TT» Atp^Xsin« A<bX^
7==X8in9 — ^sintpcos^^p V -^ 1__^ + _!_ gin^cos (p(29)
Man kann die Coefficienten dieser Formeln theilweise auch in mehr
anschaulicher Form schreiben, denn es ist
z!_i r=jL Z1=J^
c M c N c^ r^
wobei M und N die Hauptkrttmmungshalbmesser und r der mittlere
Krümmungshalbmesser sind.
Bei den Gliedern 4. Ordnung, welche nur sphärisch entwickelt sind,
haben wir schlechthin c als Halbmesser gesetzt; wir haben diese Glieder
auch noch besonders sphäroidisch entwickelt und gefunden für cp — cp^ :
2 *,2
-^F«^M1+V...) +
y*Vt
24 c
_(l + 3^^+V..)
man könnte also wohl den Factor F^ in den 2 letzten Gliedern von
(24) zusetzen, aber da die vernachlässigten Glieder mit y)^ . . . das alles
nochmals ändern können, indem F^ = 1 4~ ^^ ^^^7 haben wir kurzer Hand
c* in allen Gliedern 4. Ordnung stehen gelassen, obgleich N* statt
c* sich vielleicht mehr empfehlen würde. Es kommt uns bei jenen
Gliedern 4. Ordnung nur auf die wenigen ersten Stellen an.
88 Jordan. Querachsige Coordinaten.
Zar Anwendung dieser Formeln auf die Normalbreite 51^ 50' hat
man folgende Constanten:
log cos 9 = 9.790 9541080 log sin 9 = 9.895 5421-736
log cos \ = 9.581 9082160 log sin^ 9 = 9.791 0843-472
log ^^2 =7.827 3187-833
log e'^ cos 'cp= 7.409 2269-993 = log r^\ t) * = 0,002 5658 24805
F^ = 1 + 7|^ = 1,002 5658 24805
log F^ = 0.001 1128-964 log F = 0.000 5564-482
log F* = 0.002 2257-928 log P = 0.001 6693-446
tang 9 = ^
log^ =0.104 5880-656
log t^ = 0,209 1761-312 ^^ = ^'^^^ '^^^^ ^^^
log p = 5.314 4251-332 log -= 4.685 5748-668
log c = 6.806 0976-435 log c* = 3,612 1952870
Wenn man diese Oonstanten in die vorhergehenden Formeln ein-
fahrt, so erhält man:
ftlr congruente x,y
A9 = [8.509 9968-343] x — [1.508 0137-1] y* — [9.394 3620) a?»
+ [1.798 6171] x^ — [4.803 7047] a?y' — [8.10277] x^y^ + [7.58202]y*
X = [8.717 9298-299] y + [2.016 9767] xy + 5.316 0226] x^y
— [4.838 9023] y' + [8.69416] x^ y — [8.65540] xy^
7 = [8.613 4720-035] y + [1.912 51888] xy + [5.328 6062] x^y
— [4.851 4850] y^ — [8.6582] xy^ + [8.688 74] x^y
a; = [1.490 0031-657] Acp + [5.562 1572-1] X^— [0.351 2073] A9X'
+ [3.864 3715] A<p'— [7.731 57] A9'— [3.854 68] X*
y =[1.282 0701-701] X— [6.071 1200-1] A 9 X — [9.666 1530] X
— [8.445 4885] A9U- [4.96682] A9'X + [4.66579] A9X
3
3
(24a)
(25a)
(26a)
(27a)
(28a)
Y = [9.895 5421-736] X— [8.071 5618] X^ + [8.9645490] A9* X
+ [3.33773] A9X'
Zu einer ersten Anwendung dieser Formeln wollen wir in runden
Zahlen nehmen:
a? = 50 000 m y = 50 000 m (30)
daraus erhält man:
A9 = + 1617, 956491 — 8,052926 — 0,061987 + 0,000079 — 0,079544
- 0,000793 + 0,000239
A9 = 1609, 761559" = 26' 49,761559" (3O9)
X= 2611,558954 + 25,996610 + 0,258781 — 0,086261 + 0^003090
— 0,002826
X= 2637,728348" = 43' 57,728348" (30X)
Y = 2053,250834 + 20,438967 -f 0,266388 — 0,088796 — 0,002722
+ 0,003052
Y = 2073,86 7723" = 34' 33,867723" (30 y)
l(29a)
Jordan. Querachsige Coordinaten. 89
und die Rttckverwandlung:
X = 49746,75053 + 253,87345—2,514368 + 1,896246—0,002248
—0,003460
X = 50000,00015 m (80 x)
y = 50501,03105—500,16308-0,85083—0,01906—0,01019+0,01369
y = 50 000,00063 m (30 y)
7 = 2073,825643—0,021640+0,062994+0,000643
Y = 2073,867640" == 34' 33,86 7640" (30^)
Die Proben stimmen in x auf 0,15 mm, in y auf 0,63 mm und in
Y auf 0,000083", also überall befriedigend.
Es soll noch das Beispiel durchgerechnet werden, welches wir
früher in Zeitschr. f. Verm. 1894 S. 67 und S. 73 nur bis zur 3. Ordnung
behandelt haben.
Die Coordinaten zweier Punkte sind:
yj=+10 000m a?^ = + 9 999,996 m \
yj = -j-30 000m ajj = + 39 999,738 m / ^ ^
und zwar sind dieses die natürlichen, unverzerrten a?, während im con-
formen Coordinatensystem ist:
y^ = + 10 000 a?, = +10 000 1 ^ 1
!;;= + 30 000 a.;=. + 40 00o}^^^^^''" I (^^>
Nach den Formeln von 1894 8. 67 wurde berechnet:
t^ = 33« 41' 24,2431" t^ = 213« 41' 24,2431"
— 1,0127 + 1,5190
r^=33«41' 23,2304" T^ = 213« 41' 25,7521" (33)
log 5 = 4.5569716-8
— 37-3 (34)
log /S = 4.5569679-5
Nun werden aus (32) die geographischen Coordinaten nach den
Formeln (24) — (29) berechnet:
X, = 8' 43,353035" 9, = 51« 55' 23,265925 y^ = 6' 51,469147" |
X2 = 26' 19,494863" cp^ = 52« 11' 31,394840 ^^ = 20' 41,84472" P ^
Aus diesen X und 9 nach den Mittelbreiten -Formeln unseres Handb.
d. Venn. III. Band 1890, III. Aufl. S. 398 wurde berechnet
log 5 = 4.556 9679-5 (35)
was vollständig mit (34) stimmt und ferner die Azimute:
a, = 33« 48' 14,6988" a^ = 214« 2' 7,6060"- (36)
das giebt mit (23) und (35) die Probe : [entsprechend der früheren weniger
genaueren Rechnung Zeitschr. f. Verm. 1894 S. 73, (11)]:
von (33) T, = 33« 41' 23,2304" T^ = 213« 41' 25,7621'
von (35) Yi= 6' 51,4691" 7^ = 20' 41,8447'
T^ +ti = 33« 48' 14,6995" ^2+^2 = 214« 2' 7,6068
80ll(36) aj = 33« 48' 14,6988" aj = 214« 2' 7,6060"
Abweichungen 0,0007" O,0008"(37)
L"
ff
90 Jordan« Querachsige Goordinaten«
Die Proben stimmen also innerhalb O^OOl"', und da auch die Ent-
fernung S im Logarithmus zwischen (34) und (36) auf O'O stimmt, so
ist das ganze Zahlenbeispiel so scharf berechnet als man unter den
gegebenen Umständen überhaupt erwarten kann. Dabei ist zu beachten^
dass schon die Abrundung auf 1 mm bei den Rednctionen zwischen (31)
und (32) der Richtungsgenauigkeit eine gewisse Grenze setzt^ denn bei
5= 36000 m bringt 1mm bereits 0,005'', oder die unvermeidlichen
Bruchtheile von 1 mm werden 0,001'^^ bereits erheblich beeinflussen.
Uebergang zu conformen Coordinaten sc, y.
In den bisherigen Formeln ist angenommen die Coordinaten Xjt/
seien natürliche, unverzerrte, wie in dem Beispiele (31); wir wollen nun
aber annehmen, das Coordinatensystem sei ein conformes wie in Zeitschr.
1894 S. 66—67 angegeben ist. Dann geht jedes x über in x H — - — =-
6 f*
während die y ungeändert bleiben, oder wir wollen nun, indem wir die
conformen x mit X bezeichnen, setzen:
, = X-^ = X-^V* (38)
wobei log-;^43-= 5.611879 und log -^C_- = 2249 664.
gi^ = 5.611879 und log -^ -
Dieses kann in (24) nur im ersten Gliede eine Aenderung erzeugen inner-
halb der 4. Ordnung, welche überhaupt als letzte auftritt, und es giebt :
X ™ X ^, X'
yz •**• yz
c ' c ' Qc^
hierzu das Glied mit x^ in (24), welches nun auch mit X^ geschrieben
werden kann:
Die Glieder mit X^ zusammen geben :
_^ F' (- F^ + 3V <'-3 V) = -^ F' (-1-V + 3V <'-3V)
= --^F»(l+4V-3V<')P
Die ganze Gleichung (24) wird daher werden:
Acp = fF3p-J^F*^p-|^F^^ep-^F^(l+4V-3V^>
-4t-F^^(l-3V)p--4T-^>+-J^^(l^
> (24*)
In (25) bringt das zweite Glied eine Aenderung zusammen mit dem
ohnehin vorhandenen Gliede x^ y, wo wir aber, weil es nur 4. Ordnung
ist, die F^ weglassen, d. h. = 1 setzen :
Jordan. Querachsige Goordinaten.
91
also die ganze Gleichung (25):
In gleicher Weise behandelt giebt (26)
(25*)
y
Xy
Y=^F<p+^^7»*p +
^*y
Vt{l + 2<» + V)p
c ' c •■2c'
-Ä^'*(l+2«' + V)P S-«M2 + 3<»)p
%&
(26*)
In der Umkehmngsformel fUr x erhält man im Falle conformer
Coordinaten
•«_ ^<P
6cJ ' — F' c + -2-cco8'<p<+...
also wenn man das Glied mit X^ auf die rechte Seite bringt
^ A 9^ 3 , 3 A 9^ X* c' cos^ <p ^
=(
2 F'
2 12
/6 c'
4- ...
Das erste und das dritte Glied lassen sich zusammennehmen (mit
F* = 1 + ^i^) und dadurch wird:
X=^-5^(1+4V-3V^2 + 27V<) + ^/fV ccos^cp^ + ....
das sind nur die Glieder^ welche sich in (27) ändern; im Ganzen hat man :
X=
Acp
AcpX'
3 Acp=
+ -2^ ■^""'''^"-2^ F^'^^'? +¥ -^
p F» ' 2 p' F "'"' ■^'' 2p» F»"" ^ ' 2 p' F»''
Mit ausgerechneten Coefficientenlogarithmen bekommt man folgende
Formeln :
für conforme Coordinaten X^y
A 9 = [8.509 9968-343] X— [1.508 0137-1] y^ — [9.394 3620] x
—[4.119 8080] Z^ — [4.803 7047] Xy^ — [8.10 277] X^ ) (24b)
+[7.58 202] y*
X = [8.717 9298-299] y + [2.016 9767] Xy + [5.316 0226] JPy
— [4.838 9023] y' + [8.65 540] X'y — [8.65 540] Xy^
T = [8.613 4720-035] y + [1.912 5188-8] Xy +:[5-328i6062] X^y
— [4.851 4850] y^ — [8.6582] Xy^ + [8.6582] X^y
(25b)
(26b)
X= [1.490 0031-657] A9+[5.562 1572-1] X^— [0.351 2073] cpAX' ]
+ [3.864 3715] A<p' + [0.079 9520] Acp^ + [4.63 283]Acp'X' i
— [3.85 468] X' j
(27b)
92 Jordan. Querachsige Goordinaten.
y = [1.282 0701-701] X — [6.071 1200-1] A cpX — [9.666 1530] V \ ,
— [8.445 4885] A 9^ X — [4.96682] Acp^ X + [4.66579] A9X' J ^ ^
Y = [9.895 5421-736] X— [8.071 5618] X' + [8.964 5490] Acp'X \
+ [3.33 773] A©X' (^ ^
Wenn man hiernach das grosse Beispiel (30) rechnen will^ so mass
6r
man zuerst a? = 50 000m umwandeln in X=x-^-- — 2=50000,51143,
nnd damit erhält man ans (24b):
Acp= 1617,973 041—8,052 926—0,061 987—0,016 473—0,079 544
—0,000 793+0,000 239
Acp = 1609,761 558 ebenso wie bei (30 9)
aus (25b):
X = + 2611,558 954 -f 25,996 874 + 0,258 786 — 0,086 261
+ 0,002 827 — 0,002 827
X = 2637,728 353
und aus (26b):
•y = + 2053,250 834+20,439 173 + 0,266 394 — 0,088 796—0,002 844
+ 0,002 844 = 2073,867 605
Die Gleichung (27b) giebt ausgerechnet:
X=49746,75053 + 253,87345 — 2,51437 — 1,89625 + 0,50146
+ 0,50371—0,00346
X= 50000,51100.
Die Formeln (28b) und (29b) für y und ^ sind dieselben wie früher
(28a) und (29a).
Damit ist alles erledigt, was zur Anwendung querachsiger recht-
winkliger Coordinaten in dem 120 km langen und 56 km breiten Ge-
biete mit der Mittelbreite 51^ 50' (vergl. 8. 66) nöthig ist, und wir
halten unsere Entwicklungen und Formeln von S. 83— 92 für besser
als die vorhergehenden auf S. 65—83 von Herrn Schulze in Dessau,
obgleich natürlich das Urtheil über diese beiden gleichzeitig veröffent-
lichten Arbeiten dem Leser oder demjenigen überlassen bleibt, welcher
davon praktischen Gebrauch machen will. Unter allen Umständen sind
die unabhängig von zwei Seiten gegebenen Lösungen einer gestellten
Aufgabe, wie schon die Anmerkung auf S. 65 — 66 bemerkt, erwünscht
und schon in der Controle der gleichlautenden Zahlenbeispiele werthvoll.
Aber eine zweite hieran angeschlossene Frage müssen wir noch
behandeln, nämlich ob diese querachsigen rechtwinkligen Coordinaten in
der ebenen Eartendarstellung congruent oder conform gewählt werden
sollen? Herr Schulze kommt auf Seite 83 zu dem Schlüsse, dass das
Princip der Oongruenz dem der Conformität vorzuziehen sei, weil die
congruente Darstellung weniger Rechenarbeit erfordere.
Dass das nicht der Fall ist, mag kurz durch den Hinweis auf
unsere Formeln (24a)— (29a) auf S. 88 und (24b)— (29b) auf S. 91— 92
erledigt werden, denn dass einmal bei X ein Glied 4. Ordnung mehr
auftritt als bei Xy das ist kein Unterschied, zumal man doch in prak-
tischer Anwendung alle Glieder 4. Ordnung in Hülfstäfelchen oder
Jordan. Qnerachsigre Coordinaten. 93
Diagrammen zusammenfassen wird; wie schon bei ähnlicher Gelegenheit
in Zeitschr. 1894, S. 151—152 dargelegt wurde. Auch kann man für
die Hauptglieder 1. Ordnung leicht Httlfstafeln anlegen, wodurch die
8 stelligen Logarithmen (S. 66) ftlr das übrige erspart, überhaupt das
Ganze viel glatter und übersichtlicher zum praktischen Gebrauch ein-
gerichtet werden kann als das auf 8. 65 und S. 73 erwähnte Formular 6
der preussischen Kataster- An Weisung ; auch sei damit die auf 8. 66 als „recht
unbequem^ bezeichnete Rechnung mit 6gliedrigen Reihen erläutert.
Zu der Vergleichung congruenter und conformer Coordinaten zurück-
kehrend, welche nun, nach 8. 65, von dem „Gebiete theoretischer
Speculation^ in das „praktische Interesse^ übergegangen ist, müssen
wir auch auf den Vortrag der Bonner Versammlung 1895 (Zeitschr.
1895, 8. 337—345) und auf die dort geführte Debatte zurückkommen,
aber mit der Bemerkung, dass leider aus jetzt nicht mehr aufzuklärenden
Gründen der Bericht in der Zeitschr. 1895, 8. 509, in dem was diese
Frage betrifft, unrichtig ausgefallen ist; während der Württembergische
Bericht von Weitbrecht in den Mittheilungen des Wtlrttembergischen
Geometer -Vereins Nr. 2, Juli 1895, 8. 55 so lautet: „Professor Koll
vertheidigt die Anwendung der 8oldner*schen Coordinaten bei den
40 preussischen Systemen und betont, dass wenn bei Einführung conformer
Coordinaten das Land nicht in viel mehr Systeme zerschlagen werden
wolle, man sich genöthigt sehen würde, fttr jede Markung besondere
Reductionsmaassstäbe fOr Strecken- und Flächenangaben einzufahren.^
Dieses und die in Zeitschr. 1895, 8. 509 mitgetheilte Darlegung
scheint, mit den Ausführungen von Herrn Schulze auf 8. 83 im Vor-
stehenden, der allerdings weitverbreiteten Ansicht zu huldigen, dass die
unverzerrten, Soldner^schen Coordinaten die „praktischen^ und die con-
formen Coordinaten die „theoretischen^ seien, welche letztere nur etwa zur
Freude Solcher dienen, welche gerne mit-p- rechnen, aber die „Praxis"
nicht zu beurtheilen verständen. Nun ist aber gerade das Gegentheil
der Fall. Die conformen Coordinaten verursachen neben ihren sonstigen
Vorzügen, weniger Rechenarbeit als die congruenten, Soldner*schen,
d. h. da, wo überhaupt von Erdkrümmung die Rede ist, und im ebenen
Rechnen sind überhaupt beide Systeme identisch.
Was den von Prof. Koll (nach dem Württembergischen Bericht
S. 55) ausgesprochenen Satz betrifft, dass bei conformer Projection,
wenn nicht das Land in viel mehr Systeme zerschlagen werden wolle,
für jede Gemarkung besondere Reductionsmaassstäbe für
Strecken- und Flächenangaben erforderlich würden, so möchte es ge-
nügen, zu dessen Widerlegung die Praktiker des einzigen Landes zu
fragen, welches in Deutschland zur Zeit conforme Coordinaten hät^
nämlich die Geodäten von Mecklenburg, ob dort jemals besondere Re-
dnctionen dieser Art von irgend Jemandem fttr nöthig gehalten wurden?
94 Vereinsangelegenbeiten.
Wenn, wie gesagt wurde, die Furcht vor solchen besonderen Reduetionen
in Hannover nach 1866 der Grund war zu der unzweckmässigen Zer-
schneidung des alten classischen Goordinatensystems in 31 confonne
Partialsysteme und später 1881 zu der gänzlichen Abschaffung der con-
formen Ooordinaten, so wäre das nicht eine Folge von praktischen Er-
wägungen, sondern eine Folge irriger mathematischer Auffassung
der Sache gewesen, deren Wiederholung jetzt, da die Frage in mehr
als einem Lande wieder praktisches Interesse gewonnen hat, vermieden
werden muss. «7.
Vereinsangelegenheiten.
IBie Einziehung der Jnifsllederbeltrfti^e fttr das JmMup
t89S erfolgt In der Zelt vom f. JTanuar bis einsehllesslielt
to. Jllftrz. l^ie Herren Jülfsileder, welelte den Beitrag
dnrelt die Post einsenden wollen, werden ersuehf , dieses
in der oben anyesebenen Zelt zu f bun. STaeb dem tO* nftras
erfolfft die Elnzlebuny durcb Post naehnshme« — Es wrird
gebeten bei Einsendung des Beitrages den jetzigen H^obn-
ort, Amtstlfel efe. deuflleb anzuheben, da beabslebtl^t
wird für das Jf ahr t890 ein neues Jülf slIedenFerzeleitnlss
berauszuseben« Aueb Ist die Angabe der Jültslleds-
nummern sebr erwttnsebf*
Gasse 1, Murhardtstrasse 19b, den 1. Januar 1896.
Die Kassenverwaltung des Deutschen Geometer- Vereins.
Hüser, Oberlandmesser.
Kassenbericht für das Jahr 1895.
Der Deutsche Oeometer-Verem besteht am Schiasse des Jahres 1895
nach dem Eassenbuche aus 7 Ehrenmitgliedern, 18 Zweigvereinen und
1267 ordentlichen Mitgliedern.
Zum 1. Januar 1896 haben ihren Austritt angezeigt 25 Mitglieder
dagegen sind für 1896 neu eingetreten 11 Mitglieder, mithin beträgt
der Abgang am 1. Januar 1896 14 Mitglieder, sodass die Zahl der
ordentlichen Mitglieder 1253 beträgt. Am 1. Januar 1895 betrug
dieselbe 1229. Es ist also ein Zuwachs von 24 ordentlichen Mitgliedern
für das Jahr 1895 zu verzeichnen, wogegen die Zahl der Ehrenmitglieder
und Zweigvereine unverändert geblieben ist.
Folgende Mitglieder sind im Jahre 1895 gestorben:
1. Strasburg, Steuerinspector zu Oberlahnstein, Mitgliedkarte Nr. 227,
2. Peltz, Kammercommissar zu Schwaan i. Meckl. ^ ,, 284,
3. S ten del, Vermessungsinspector zu GrossSalza, „ „ 1091,
4. Wenig, Kgl. Landmesser zu Eitorf, „ „1281,
5. Dr. Fischer, Professor am Kgl. Preuss. geod.
Institut zu Gr. Lichterfelde, „ „ 1632,
6. Klönne, Kgl. Landmesser zu Dortmund, „ „ 2089,
7. Jahn, verpfl. Oeometer zu Zittau, „ „2155,
8. Trede, Katastercontroleur zu Hettstedt, „ „2222,
9. Braun, August, Qr. Geometer I. Klasse zu Worms, „ „ 2503,
Yereinsangelegenheiten. 95
10. Heineck^ Heinrich^ Gr. Geometer I. Klasse
zu Hangen beiGiessen, Mitgliedkarte Nr. 2617
11. Wannack, Kgl. Landmesser zu Charlottenburg, ^ „ 2655,
12. Hof mann, Stadtgeometer zu Breslau^ ^ ^ 2804,
13. Mai er, Kgl. Katastergeometer zu München, „ „ 2842^
Die Einnahmen betragen für das Jahr 1895:
I. An Mitgliedsbeiträgen:
von 80 Mitgliedern za 9 J( 720,00 J(
von 1184 Mitgliedern za 6 J( 7104,00 ^
Nachgezahlte Beiträge pro 1894 24,00 „
Samme 7848,00 JC
n. An Zinsen 186,66 „
Summe der Einnahme 8034,66 c/^
Hierza der Kassenbestand am 1. Januar 1895 1141,18 „
Anleihe beim Preuss. Beamtenverein zur Deckung
der lfd. Ausgaben , 300,00 „
Zusammen 9475,84«/^
Die Ausgaben betrugen:
I. Für die Zeitschrift 5966,25 JC
IL Für die Hauptversammlung zu Bonn 1568,30 ^
IIL Verwaltungskosten 741,07 „
IV. Unterstützungen 130,00 „
V. Für den Ankauf von 1000 o^ 3% Preuss.
Consols 996,40 „
Summe 9402,02 c/^
Verglichen mit der Einnahme 9475,84 ^
Kassenbestand am 1. Januar 1896 73,82 c/^
Aas den Ueberschüssen des Jahres 1894 wurde, wie unter den
Ausgaben nachgewiesen^ ein Werthpapier von 1000 Mk. angekauft.
Das Vereinsvermögen besteht daher am 1. Januar 1896
1) aus Werthpapieren im Betrage von 4000 c/^ ^
2) aus dem Kassenbestande am
1. Januar 1896 73 ^ 82 ^
Summe 4073c//iJ 82 J
Davon geht ab die Anleihe von 300 „ — „
Verbleibt Vermögen 3773 ./^ 82 ^
Ausserdem sind 3 Mitglieder mit den Beiträgen im Rückstande ge-
bleben, welche voraussichtlich im ersten Vieteljahre 1896 nachzahlen
werden. Auch können die Zinsen von 2000 Mk. für einige Monate erst
im nächsten Rechnungsjahre in Rechnung gestellt werden, weil die Zu-
Schreibung derselben erst im Laufe des Monates Januar erfolgt.
Cassel, am 1. Januar 1896.
Die Eassenverwaltang des Deutschen Geometer-Vereins.
Hüser.
Entwurf znm Veremshanshält für 1896.
A. Einnahmen.
L Mitgliederbeiträge a. von 1230 Mitgliedern zu 6 JC 7380./^
b. von 70 Mitgliedern zu 9 JC... ^^0 77
Summe L 8010 c^
n. An Zinsen 220
j)
Summe der Einnahmen 8230e/fC
96 Personalnachrichten.
B. Ausgaben.
I. Für die Zeitschrift:
a. für Herstellung a« Versand der Zeitschrift
durch die Buchhandlang von E. Wittwer
zu Stuttgart 3400 JC
b. Honorar der Redacteure 900 „
c. Honorar der Mitarbeiter 1050 „
d. für Abfassung des Litteraturberichtes. 150 ^
e. für Gorrecturlesen 100 ^
f. fttr Verwaltungskosten 100 „
Summe L 5700 c/^
n. Für die Hauptversammlung 1500 „
in. Verwaltungskosten 750 „
IV. Unterstützungen 100 „
V. Rückzahlung von Darlehen 150 „
VI. Verschiedene Ausgaben und zur . Abruqdung 30 „
Summe der Ausgaben 8230 c/^
Abschlt^s.
Summe der Einnahmen 8230 </^
yj jf Ausgaben 8230 „
Die Eassenverwaltnng des Deutschen Geometer- Verein».
Hüser.
In der am 2. und 3. November v. J. abgehaltenen Generalversammlung
des Balerischen Bezirks-Oeometer-Vereins wurde die aus den
nachstehend aufgefahrten Herren bestehende Vorstandschaft gewählt:
Dull, Wilhelm, Bezirksgeometer in München, Vorsitzender,
Oegenfurtner, Anton, Bezirksgeometer in Freising, Ersatzmann,
Amann, Joseph, Bezirksgeometer in Ebersburg, Schriftführer
und Redacteur,
Strebel, Andreas, Bezirksgeometer in Regensburg, Ersatzmann,
Dihm, Adalbert, Obergeometer in München, Eassirer,
Groll, Franz, Bezirksgeometer in Landsberg, Ersatzmann.
Personalnachrichten.
Sachsen, l) Wiederangestellt als Vermessungsassistent Ernst
Wilhelm Mosig. 2) Angestellt als Geometer Oskar Richard
Liebsch und Johann Georg Bruhm. 3) Befördert: Geometer
Schreiber zum Vermessungsassistent und Vermessungsassistent Krause
zum Vermessungs-Ingenieur-Assistent unter gleichzeitiger Versetzung in
das Domainen- Vermessungsbureau.
Inhalt
Grössere Mittheilung(en: Querachsige rechtwinklige sphärische Coordinaten für
die Zwecke der Eleintriangulirung und Specialvermessung, von Schulze. —
Querachsige Coordinaten, von Jordan. — Vereinsangeiegenheiten. — Personal-
nachrichten.
- - - - ■ -
Verlag von Eonrad Wittwer Stuttgart — Dmck von Gebrüder Jttnecke in HaimoTer.
97
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover Steuer-Ratb in München.
1896. Heft 4. Band XXV.
15. Februar. ♦<
Mittheilung über die Arbeiten der Trigonometrischen
Abtheilung der Königlich Preussischen Landesaufnahme
im Jahre 1895.
Vergl. Band XXIV (1895), Seite 115—119.
L Die Triangnlation I. Ordnung.
Im Laufe des Sommers 1895 sind die Messungen in dem. Nieder-
rheinischen Dreiecksnetze (siehe die Tafel in Band XXIII, Seite 8)
beendet worden. Dieses Netz enthält auf einem Gebiete von 21 350 qkm
(388 geogr. Quadratmeilen) 26 Hauptpunkte einschliesslich der Anschluss-
punkte^ sowie 22 eingeschaltete Zwischenpunkte und füllt hiermit den
f»
von der Hannoverschen Dreieckskette (gemessen 1882—85) und der
Rheinisch- Hessischen Dreieckskette (gemessen 1889 — 92) bisher freige-
lassenen Raum aus.
Die 39 vorhandenen Dreiecke des Hauptnetzes zeigen folgende
SchluBsfehler:
2 Dreiecke mehr als 1 Secunde,
8 „ zwischen 0,50 und 1,00 See,
13 „ „ 0,25 „ 0,50 „ ,
16 „ „ Null „ 0,25 „.
Aus sämmtlichen Dreiecksschlussfeblern folgt für den mittleren
Winkelfehler M:
Die unmittelbaren Stationsbeobachtungen haben für den mittleren
Fehler eines Satzmittels, d. h. des Mittels aus zwei in der gleichen
Kreisstellung gemessenen Winkelbeobachfungen, ergeben (vergl. die vor-
jährige Mittheilung, Seite 116):
aus den Fehlern der Winkelmittel : m^, = 0,95"
„ „ „ „ Satzmittel: Wu = 0,89; me =0,88",
Zeitschrift for Vermessungswesen 1896. Heft 4. 7
98 von Schmidt. Mittheilung üher die Arbeiten der Trigonometrischen
ferner flir den mittleren Fehler einer nackten, d. h. von ihrem Theilungs-
fehler befreiten, einfachen Winkelbeobachtung: |jl = 0;78"
und für den mittleren in einer Winkelbeob-
achtung enthaltenen totalen Theilungsfehler : t = 0,69".
Die Beobachtungen wurden ausschliesslich mit zwei völlig gleich-
artigen 27 cm - Theodoliten von Wanschaff ausgeführt, welche seit
1889 die alleinigen Gebrauchsinstrumente der Haupttriangulation bilden.
Die Anordnung der Messungen ist, auch auf den Anschlussstationen,
streng nach der Schreiber'schen Methode der symmetrischen Winkel-
beobachtungen erfolgt.
Die Ausgleichung des Niederrheinischen Netzes ohne Rücksicht auf
die Anschlussbedingungen hat für den mittleren Winkelfehler den Werth :
M= 0",340
geliefert.
Die endgültige Berechnung der Coordinaten und der hieraus her-
vorgehenden Richtungen und Seiten, durch welche das Niederrheinische
Netz seinen für die allgemeine Landesvermessung noth wendigen wider-
spruchsfreien Platz auf dem Bessel'schen Erdsphäroid erhalten hat, wurde
nach einer abgekürzten Methode durchgeführt; diesem Verfahren ist es
zu danken, dass kaum 3 Monate nach Beendigung der unmittelbaren
Beobachtungen die sämmtlichen Ergebnisse abgeschlossen vorlagen.
In dem ganzen Gebiete der Preussischen Landestriangulation ist
nunmehr die Haupttriangulation bis auf das in den Jahren 1896 und
1897 zu messende Pfälzische Dreiecksnetz fertiggestellt.
IL Die Triangulation 11. und III. Ordnung.
Im Jahre 1895 hat sich die Triangulation IL Ordnung über
76 Messtische (171 geogr. Quadratmeilen) in der Provinz Sachsen, der
Rheinprovinz und den Thüringischen Ländern, die Triangulation
III. Ordnung über 77 Messtische (173 geogr. Quadratmeilen) in den Pro-
vinzen Hannover und Westfalen und dem Gebiet der Freien Hansestadt
Bremen erstreckt.
Auf der beigefügten Uebersichtsskizze sind die von der II. Ordnung
bearbeiteten Messtische durch einfache, die von der III. Ordnung be-
arbeiteten Messtische durch zwei sich durchkreuzende Diagonalstriche
bezeichnet und die letztjährigen Bezirke durch starke Linien abge-
grenzt.
Ein Theil des Personals der Trigonometrischen Abtheilung war
während der verflossenen Sommermonate mit rein militärischen Arbeiten
beschäftigt, so dass das gesetzlich vorgeschriebene Vermessungspensum
nicht vollständig erledigt werden konnte.
Abtheiltiog der Königlich PreossiBcheu LandeBantiialime im Jahre 1895. 99
Uebersichf der Triangulirungen II. und II). Ordnung.*)
III. Die Nivelleiaents.
Bas EanptniTellement hat sich wie in den Näheren Jahren
fast ansschlieBelich auf die Teifestlgang älterer Linien beschränkt, welche
jetzt nur noch im Gebiete des V. Bandes der , Nivellements der Trigone-
*) Die gegebenen drei Theil-Plänchen erhalten ihre richtige Lage durch
Einfügung in die groBse lithographirte „Ueberaicht d er Triangulation
II. nnd UL Ordnaag^, welche za Heft 6 der Zeitschr. 1891 ala Beilage 1 aus-
gegeben wurde. D. Eed.
100 von Schmidt. Mittheilung über die Arbeiten etc.
metrischen Abtheilang^ unvollständig ist. Ausserdem wurden im Laufe
des Sommers mehrere kleine örtliche Schleifen zur Versicherung einzelner
Provinzial-Hauptpunkte gemessen^ welch letztere als charakteristische
Festpunkte (Hauptmarken) des auf N. N. bezogenen Preussischen
(Deutschen) Landeshorizonts innerhalb der festgesetzten Bezirke dienen
sollen, wie der Normalhöhenpunkt N. H. für das gesammte Nivellements-
Grundnetz des Preussischen Staates.*)
Durch Signalnivellement sind 1895 innerhalb des Bereiches
der Triangulation IIL Ordnung 91 trigonometrische Punkte bestimmt
worden.
IV. VeröfFentlichangen.
In dem letzten Jahre ist veröffentlicht worden:
^Die Königlich Preassische Landestriangulation. Hauptdreiecke,
VIL Theil^, enthaltend das Thtlringische Dreiecksnetz (gemessen 1888/89)
und die Ergebnisse sämmtlicher bisher noch nicht . in der Form von
Abrissen und Coordinaten herausgegebenen Ketten und Netze der
Haupttriangulation.
In Druck befindet sich zur Zeit:
1. der VIII. Theil der „Hauptdreiecke", enthaltend die Hannoversche
Dreieckskette, das Basisnetz bei Meppen und das Wesernetz (ge-
messen 1882—87);
2. der XIII. Theil des Sammelwerkes: „Abrisse, Coordinaten und
Höhen'', umfassend den Regierungsbezirk Potsdam (kommt vor-
aussichtlich im März 1896 in den Buchhandel);
3. „Die Nivellements-Ergebnisse u. s. w/, Heft I — - Provinz Ost-
preussen, Heft II — Provinz Westpreussen, Heft IH — Provinz
Pommern, und Heft VI — Provinz Posen.
In Bezug auf die Veröffentlichungen der Trigonometrischen Ab-
theilung ist zu bemerken:
a. Sämmtliche herausgegebenen Werke u. s. w. sind der Kgl. Hof-
Buchhandlung von E. S. Mittler & Sohn in Berlin S. W. Koch-
strasse 68/70 zum Vertriebe tibergeben und durch dieselbe zu
beziehen.
b. Von allen Veröffentlichungen wird den interessirten Behörden, u. a.
den Königl. Regierungen, Katasterämtern u. s. w., eine Anzahl
*) Die neueren offiziellen Veröffentlichungen über Höhenbestimmungen in
sämmtlichen Deutschen Bundesstaaten, ausgenommen die Grossherzogthümer
Hessen und Oldenburg, enthalten Normalnull-Höhen (zum Theil neben ander-
weitig definirten Höhen). Im Grossherzogthum Hessen werden die Höhen auf
die Ostsee, im Grossherzogthum Oldenburg auf einen durch den Huntepegel am
Stau zu Oldenburg festgelegten Horizont bezogen. Für die durch Hessen und
Oldenburg hindurchgehenden Nivellementslinien der TrigonometrischenAbtheilung
bildet aber selbstverständlich der Preussische (Deutsche) Landeshorizont die
Ausgangsfläche.
Jordan. Conforme Abbildung. 101
YOD Exemplaren zum Dienstgebräuche übermittelt^ damit dieselben
in der Lage sind^ über die Messungs-Ergebnisse der Trigono-
metrischen Abtheilung Auskunft zu ertheilen.
Berlin^ 1. Januar 1896. von Schmidt,
Oberstlieutenant und Abtheilungs-Chef.
Veröffentlichnngen der trigonometrischen Abtheilnng der
Landesanfnahme.
In einem Artikel von Bauinspector Schepp ^Die Vermessungen
bei allgemeinen Vorarbeiten in ihrer Abhängigkeit von der Landes-
aufnahme^ im Centralblatt der Bauverwaltung vom 21. September 1895,
Nr. 38, S. 402 — 404, welcher auch in unserer Zeitschr. f. Verm. 1895,
S. 541 — 544 abgedruckt ist, findet sich in der Anmerkung die Mittheilung,
dass die amtlichen Veröffentlichungen über die Triangulirungen der
Landesaufnahme durch die Hofbuchhandlung von E. S. Mittler und Sohn
Berlin, Eochstrasse 69/70 zu beziehen seien „eben so wie auszugs-
weise Zusammenstellung der Ergebnisse^.
Unter dem letzteren ist zu verstehen: Sonderabdrücke aus dem
VIL — X. Theile des Werkes die Königlich preussische Landestriangulation,
Abrisse, Coordinaten und Höhen, herausgegeben von der trigonometrischen
Abtheilung der Landesaufhahme.
Diese Sonderabdrücke kosten 2 Mark und die Theile (Bände) selbst
je 10 Mark.
Es ist aber sehr zu rathen^ nicht bloss jene Sonderabdrücke mit
Coordinaten und Höhen sondern die Bände selbst anzuschaffen, abgesehen
von der allgemeinen Bedeutung, deswegen weil die Abrisse, nämlich
die Zusammenstellungen der ausgeglichenen Entfernungen und Richtungs-
winkel für praktische Weiterbenutzung sehr wichtig sind. J.
Conforme Abbildung.
Nachdem wir bereits in Zeitschr. 1895, S. 511 verschiedene werth>
volle Schriften von Professor Schols in Delft angezeigt haben, möge
hier aus einer derselben ein allgemeiner Satz über das Vergrösserungs-
verhältnisB m bei conformer Abbildung mitgetheilt werden. Das fragliche
Werk ist: Annales deT^cole polytechnique de Delft. 1^^ livraison. Leide,
E. J. Brill 1884. Sur Temploi de la projection de Mercator pour le
calcul d^une triangulation dans le voisinage de V^quateur, p ar G h. M. S c h o 1 s.
In §10 dieses Werkes wird mit beistehender Figur entwickelt:
Das R echteck ^£ CD sei aus unendlich kleinen geodätischen Linien
gebildet und werde conform abgebildet in dem krummlinigen Viereck
ab cd. Durch die Mitten e und f der Seiten ab und cd werden Linien
IQ^ Jordan. Conforme Abbildung.
gezogen (in der Figor pnnktirt), an welchen das VergrösserangsverhältniBs
constant ist. Dieses Verhältniss sei m anf ab nnd m + dm anf cdj also
ab =inÄBunäcd = {in + dm) CD =ss {m + dm) AB.
Wenn femer dz der Parallelabstand der beiden punktirten Linien
and ß deren Winkel mit a 6 ist, so haben wir:
dz
ac = bd = ef= ^.
' cosp
Die kurzen Linien ca and db werden
verlängert bis zu ihrem Schnitte o, sodass
oa der Krümmungshalbmesser der Ourven
ab ist, woraus folgt:
oc oa + ac cd
oa oa ab
und wenn man die vorhergehenden Werthe
ö von ac, ab und cd einsetzt, so wird:
dz
w
oa +
cos ß (w 4- dm) A B
0 a mAB
1 dz dm
' oa cos ß m
1 dm
oa mdz
cos ß
oder noch in anderer Form, wenn Im den natürlichen Logarithmus von
m bedeutet:
Krümmung ± = ^ cos B.
oa dz ^
Dieses ist die Formel von Schols.
Diese Formel für die Krümmung des conformen Abbildes einer
geodätischen Linie ist im wesentlichen übereinstimmend mit der Formel b)
auf S. 40 der „Theorie der Projectionsmethode der Hannoverschen
Landesvermessung von Oscar Schreiber, Hannover 1866^ wo die
Differentialgleichung der Abbildcurve aus dem Begriff der geodätischen
Linie als kürzeste Linie nach den Gesetzen der Variationsrechnung
hergeleitet wird. Es ist ein Vorzug der Herleitung von Schols, dass
solche weit zurückgreifende Theorieen vermieden werden und die wichtige
Formel für die Krümmung lediglich durch geometrische Anschauung
hergeleitet wird.
J.
Stadthagen. Die persönliche Gleichung bei Längenmaassvergleichnngen. 103
Die persönliche Gleichung bei Längenmaassvergleichnngen ;
von Dr. Hans Stadthagen.
Wie der Astronom die persönliche Gleichang des Beobachters^ die
Resultate von Messungsreihen oft recht erheblich vermischen kann^ ent-
weder durch die Anordnung der Versuche zu eliminiren oder ihren
Einfluss durch besondere Untersuchungen festzustellen sucht, so muss
auch der Physiker bei experimentellen Untersuchungen einen der beiden
Wege einschlagen. Ein wesentlicher Unterschied aber besteht in dieser
Richtung für die beiden Fälle absoluter und relativer Messungen.
Während bei letzteren, bei den relativen, meist die persönliche Gleichung
ganz herausfällt, trifft dies bei absoluten Bestimmungen im Allgemeinen
nicht zu.
Längenmaassvergleichnngen sind fast immer relative Messungen,
sodass die persönliche Gleichung des Beobachters also nicht von Einfluss
zu sein scheint. Gewöhnlich ist dem auch so; denn sieht z. B. ein
Beobachter einen Strich im Gesichtsfeld des Mikroskopes an einer mehr
links gelegenen Stelle, als ein anderer, normal sehender Beobachter, so
wird dies das Resultat nicht beeinflussen, solange jener Physiker allein
die Messungen ausführt, da derselbe ja sämmtliche Striche des zu
bestimmenden Maassstabes, wie des Vergleichsmaassstabes um gleiche
Beträge nach links verschoben sehen wird. Es ist dabei allerdings
angenommen, dass die Beobachtungsverhältnisse bezüglich der ver-
schiedenen Striche die gleichen bleiben. Voraussetzung dabei ist vor
Allem auch eine gewisse Constanz der persönlichen Gleichung eines
Beobachters. Anders liegt die Sache, wenn mehrere Beobachter gleich-
zeitig eine Maassvergleichung machen. Dies war der Fall bei Messungen,
die Herr Pen sky und ich auf der Kaiserlichen Normal - Aichungs-
Gommission zu Berlin im Jahre 1892 zum Zweck des Anschlusses der
Normale der deutschen Maasse an das neue Prototyp des Meter ausr
führten. Es ist über dieselben in den kürzlich erschienenen „Wissen-
schaftlichen Abhandlungen der Kaiserlichen Normal- Aichungs-Commission
(Fortsetzung der „Metronomischen Beiträge'') 1. Heft, Anschluss der
Normale der Deutschen Maasse und Gewichte an die neuen Prototype
des Meter und des Kilogramm'', Berlin, Verlag von Julius Springer 1895
(Seite 49 — 135) ausführlich berichtet worden. Im Abschnitt B, die
Maassvergleichungen habe ich dort auch die wesentlichen Resultate
einer Specialontersuchung über die persönliche Gleichung der beiden
Beobachter Herrn Pensky und Dr. Stadthagen mitgetheilt (Seite
114/115)^ womit wir uns im Folgenden etwas eingehender beschäftigen
wollen.
Es wurde an den beiden Enden des Comparators, auf dem zwei
zu vergleichende Maassstäbe lagen, gleichzeitig von den beiden Beobachtern
104 Stadthagen. Die persönliche Gleichung bei Längenmaassvergleichangen.
auf den bezüglichen Strich — den 0-, beziehungsweise 100 cm-Strich —
mit den 25 mal vergrössemden Mikroskopen pointirt, um eine Veränderung
des Stabes^ wie sie bei einem Beobachter während der Messung zwischen
der Einstellung auf den 0- und der auf den 100 cm-Strich erfolgen
kann, auszuschliessen. Es würde daher im Resultat die Differenz der
persönlichen Oleichungen beider Beobachter enthalten sein, wenn nicht,
eben um dies zu vermeiden, bei der immer vorgenommenen Wiederholung
einer ganzen Messungsreihe Beobachterwechsel stattgefunden hätte.
Trotzdem war es aber nicht nur von Interesse, sondern auch von
Wichtigkeit die persönliche Gleichung der beiden Beobachter dauernd
zu ermitteln, da sie nur bei genügender Constanz in den Endresultaten
als eliminirt angesehen werden konnte.
Zur Bestimmung der persönlichen Gleichung konnten die Beob-
achtungen benutzt werden, welche zur Ermittlung der Schrauben werthe
der beiden Mikrometer AI und B II angestellt waren. Es waren
nämlich zu diesem Zweck auf den Stäben gut bekannte Httlfsintervalle
von 0,1, bez. 0,5 mm mit den Mikrometerschrauben gemessen und zwar
in folgender Weise. Jeder Beobachter stellte an dem ihm zunächst
liegenden Stabende nach einander 3 Hülfsstriche mit dem Mikrometer
ein, worauf die Beobachter wechselten und die gleichen Messungen so
noch einmal ausführten. Man kann ohne Weiteres annehmet), dass in
der kurzen Zwischenzeit eine Veränderung der Stäbe und demnach der
Lage der einzelnen Striche zu den Mikroskopachsen in wesentlichem
Betrage nicht stattgefunden hat. Auch können die Mikrometer-
correctionen für die nahezu gleichen Ablesungen beider Beobachter als
gleich angesehen werden. Man erhält unter diesen Voraussetzungen die
persönliche Gleichung beider Beobachter, indem man die Differenzen
der Einstellungen beider Beobachter bildet.
Diese Differenzen wurden gesondert . für die 3 Stäbe ^t. 18, S« und
Bs far die Striche auf ihnen und gesondert für die beiden Mikrometer
berechnet.
Am Schluss (S. 106—108) sind diese Differenzen in Tabelle 1 zu-
sammengestellt.
Ein Blick auf die Zusammenstellung zeigt, dass im Grossen und
Ganzen die persönliche Gleichung zwischen den beiden Beobachtern
bei einem Striche und Mikrometer recht constant war. Die vorhandenen
Schwankungen sind zum grössten Theil wohl hervorgerufen durch die
Unsicherheit, mit der die mikrometrischen Messungen überhaupt ver-
bunden sind. Ein Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme liegt in
der nahezu gleichen Grösse des Mittels der Abweichungen der Einzel-
werthe vom Mittelwerth mit dem auf andere Weise ermittelten Pointirungs-
fehler. Wie die Verhältnisse für die verschiedenen Stäbe, Striche und
Mikrometer lagen, geht deutlicher aus der folgenden Uebersicht hervor,
die die Mittel der in Tab. 1 zusammengestellten Einzel-Werthe enthält:
Stadthagen. Die persönliche Gleichung bei Längenmaassvergleichungen. 105
Persönliche Oleichang: Pensky-Stadthagen
Einheit 0,1 (x
Mikrometer BII (links)
?r. 18
Strich 1
2
3
4
5
6
8
— 10
12
12
7
6
«
Mittel: — 9
Strich — 0,1
0
+ 0,1
999,9
1000
1000,1
— 9
— 10
10
9
9
~ 8
Mittel: — 9
ßs
Strich — 0,1
0
+ 0,1
999,9
1000
1000,1
7
6
8
— 10
— 11
— 11
Mittel: — 9
Strich 1
2
ikrometer
3
AI (recht
18
4
5
6
4-12
Strich 0,1
+ 13
0
+ 15
Mittel:
8
+ 0,1
+ 12
+ 12
8
999,9
+ 12
1000
+ 10
1000,1
+ 8
Strich — 0,1
+ 8
0
+ 7
Mitte
E
+ 0,1
+ 9
l: + 8
999,9
+ 9
1000
+ 9
1000,1
+ 7
+ 12
+ 8
+ 7
+ 9
+ 6
Mittel:-f 8
Die Umkehr des Vorzeichens bei dem Mikroskop AI ist durch die
Verschiedenheit des Richtungs* und Bezifferungssinnes der beiden Mikro-
meter B II und A I begründet.
Die Uebersicht zeigt eine recht befriedigende Constanz der persön-
lichen Gleichung. Systematische Verschiedenheiten für die einzelnen
Stäbe oder Striche treten nicht hervor.
Rednzirt man alle Zahlen auf den Richtungs* und Bezifferungssinn
des Mikrometer A I, so ergiebt sich für beide Mikrometer im Mittel die
gleiche Differenz + 0,9^. Demnach war bei den discutirten Messungen
eine im grossen und ganzen constante Auffassungs- und Einstellungs-
differenz (persönliche Gleichung) der beiden Beobachter von rund
1 ^ = 0,001 mm vorhanden.
106 Stadthagen. Die persönliche Gleichung bei Längenmaassvergleichungen.
Tabelle 1.
Persönliche Gleichung: Pensky-Stadthagen
in der Einheit 0,1»^, also 0,0001mm.
1) Messungen auf dem neuen Prototyp ^r. 18.
Mikrometer BII (links). Mikrometer AI (rechts).
Nr.
der
Messung
Summe;
Anzahl:
Strich
2
- 5
+ i
■t- 2
-i
+ 3
-1
-1
- 9
■ 8
■li
-11
U
- 8
- 7
- 3
8
14
1
=i§
Ij
0
-12
-27
+ 3-10
-12
-h
- 6
-22
-18
-14
-15
-i
- 2
- 6
AI
-15
-14
-17
- 5
- 6
- 8
- 7
-1
- 4
-11
-1
-1
-15
-11
-10
-10
-13
-16-12
_ -12
- 6
-13
-14
-26
- 4
-24
-18
-21
- 4
+ 1
+ 9
ti
- 8
-10
- 6
-23
- 8
-13
- 6
i»i
+ 6
-21
-19
--24
-10
-16
-18
0
+ 2
- 7
-25
-17
;4
- 2
-16
T''
+ 3
- 6
-13
-15
+ 121
+
-h
+ 2
- 8
-26
-1
-161
-14
+ 2|
- 9
- d
-1
-lol
-1^
-i:
-h
-14
- 2
- 5
-11
481
-h 1
+ 12 + 16
Strich
2
+ 7
+ 9
+ 11
+ 12
1:
15
10
+ 7
+ 8
+ 11
+ 13
+ 16
+ 1
tu
+ 20
+ 18
+ 23
+ 11
+ 17
+iIo
+11
+ 21
+ 11
+ 14
+ 11
+ 9
+ 12 I
+ 12
+ 15
+ 2
+ 21
+ 28
+ 12
+ 1
+ 14
-1-15
+ 3
+380
"IT
+ 10
17
1
I
+ 13
+ 12
+ 10
tu
+ 7
I
+ 9
+ 18
+ 16
+ 19
+ 25
+ 16
29
+ 20
l'j
+ 10
+ 17
+ l
+ 13
+ 16
+ 19
3
ö
+ 13
+ t
+ 6
tm
+ 14
+ 16
+ 15
i
+ 24
+ 17
+ 19
+426+410
33
+ 1
l\
0
+ 7
+ 18
+ i
+ 3
8t
+ 9
2
I
+ 7
1?
+ 13
I
+ 9
+ 13
tu
+ 16
+ 16
+ 16
+410
- 5,
+ 11
- 3
- 5
+ 3
10
+ 4
+ 13
+ 12
tlt
+ 121
4|
+ 2a
i
+ 8
+ 11
i
+ 11
+ 7
+ 19
+Ü
33 33
Stadthagen. Die persönliche Gleichung bei LäQgenmaassvergleichangen. 107
Persönliche Gleichung: Pensky-Stadthagen
in der Einheit 0,1»^ also 0,0001 mm.
2) Messungen auf der Stahlcopie 5«.
Mikrometer B II (links). Mikrometer AI (rechts).
Nr.
der
Strich
Messung
-0,1
0
+0,1
999,9
1000
1000,1
14.
+13
+ 7
— 9
15.
— 1
- 4
— 8
23.
—20
-10
—10
27.
—13
— 4
+11
32.
-13
+ 1
— 5
33.
—15
—18
+ 1
34.
-20
-23
—16
35
-12
-21
— 9
36.
-20
—16
—11
j 37.
- 8
20
—16
38.
— 8
— 9
— 5
40.
-16
—21
—11
41.
-19
—18
— 9
43.
— 6
—11
— 7
52.
— 9
+ 2
+ 2
53.
0
— 5
+ 1
54.
— 7
—11
— 7
55.
—11
+ 7
—11
66.
— 8
-12
— 8
67.
+ 1
— 4
— 8
68.
— 4
— 4
—13
69.
2
-14
-14
70.
—14
— 3
—14
71.
— 5
-11
— 7
72.
3
+ 2
— 3
73.
— 3
—11
—14
74.
— 8
— 9
11
75.
—12
— 2
—23
88.
— 5
—12
—10
89.
— 3
+ 2
— 5
90.
-18
+ 1
— 7
91.
—18
-18
14
96.
-18
-25
—11
97.
— 5
— 8
- 8
98.
—17
-24
—16
99.
+ 4
-12
—12
Samme:
—160
—172
-172
—163
—166
— Uß
Anzahl:
18
18
18
IS
IS
18
-1-25
+ ^
+ 8
-1-10 +10 +10
strich
—0,1 0 +0,1999.9
1000
+ 7
+ 2
+17
+ 6
+ 7
+ 1
+ ^
+ 2
— 1
+12
+ 1
+12
- 5
+ 6
+13
+ 9
+ 4
+12
+ 8
+11
+ 9
+ 9
0
+16
0
+10
+10+12
+10+12
+137+161+123
18
IS
1000,1
+ 5
+ 8
+ 6
+ 5
— 2
0
+10
+ 6
+ 3
+ 1 0
+20+10
+20+ 3
-1+9
+25
+ 2
+ 5
— 6
+ 3
+18+8
+12
+ 8
+ 7
+10
+18
+11
+ 8
+ 8
+13
+ 6
+ 6
+ 3
+ 8
+15
+ 1
+17
+ 7
+ 7
— 5
+ 6
+ 9
+12+ 6
+13+12
+14
+ 8
+21
+ 6
— 5
— 4
+ 6
+10
+ 8
+ 7
+15
+ 8
+13+19
+12
+12+ 7
+16
+ 5
+14
+ 0
+ 9
+12
18
+154 +162 +155
IS
18
18
108 Stadthagen. Die persönliche Gleichung bei Längenmaassvergleichitiigeii.
Persönliche Gleichung: Penskj-Stadthagen
in der Einheit O^lr^^ also 0,0001 mm.
3) Messungen auf der Bronzecopie BS».
Mikrometer BIX (links). Mikrometer AI (rechts).
1 Nr.
Strich
der
Messung.
-0,1
0 +0,1
999,9
1000
1000,1
1.
— 3
+10
— 3
2.
+ 6
+ 9
+12
3.
—11
- 2
—11
4.
+16
+ 4
+ 6
5.
- 8
-23
-29
6.
+ 4
+ 3
+ 6
7.
—12
—12
+ 3
19.
3
— 1
— 2
27.
—24
—13
—19
32.
-12
— 4
—18
33.
— 6
-14
—23
34.
3
-11
-20
35.
-18
-23
-15
36.
21
—29
-25
37.
-12
-13
— 6
38.
—16
— 9
— 6
44.
—15
-11
—22
45.
-13
-15
—10
46.
-14
-10
—15
47.
- 6
+ 1
— 8
56.
- 9
— 9
—11
57.
— 9
9
— 7
58.
+ 3
— 9
— 4
59.
— 2
— 9
-13
66.
—11
— 1
67.
— 2
0
6
68.
+ 5
-11
— 3
69.
- 3
-13
— 7
70.
- 6
—13
-14
71.
-14
— 3
—13
76.
-13
-13
—16
77.
— 8
— 5
— 5
78.
—23
-19
-12
79.
-11
-12
—14
92.
— 4
— 2
-11
93.
- 7
13
+ 1
94.
-11
-17
-12
95.
— 1
+12
+ 6
96.
-12
- 7
- 4
97.
— 7
—15
—26
98.
—15
- 3
10
99.
-20
-23
-15
Summe:
—129
— m
-150
—222
—253
252
Anzahl:
19
18
19
23
23
23
Strich
-0,1
0
+0,1 999,9
1000
1000,1
— 5
+ 9
- 4
+ 5
+ 9
- 2
+ 1
- 4
— 5
-
+10
+ 2
3|
-15
-22
—22
+ 8
+ 2
15
- 7
+ 9
+13
— 1
+ 7
+ 3
0
— 1
+ 3
+13
+ 8
+ 8
+14
+26
+14
+11
+18
+18
+18
+19
+19
+19
+ 3
+18
+ 2
+ 8
+ 9
+ 7
+ 8
+ 2
+15
+25
+19
+14
+ 7
+ 3
+ 6
+12
+16
+ 9
7
+ 2
+14
+15
+14
+ 5
+ 5
+ 9
0
+ 6
+ 3
+11
+17
+ 9
— 1
+11
+ 9
+16
+ 8
+10
- 4
4- 5
+10
+ 7
+13
— 2
+ 3
+15
+14
+ 9
+20
+12
+ 3
+17
+15
+ 9
+ 7
+ 3
+14
+18
+10
+12
+ ^
+ 8
+ 9
+11
+ 8
+14
+ 8
+11
+ 7
+17
+20
+16
+11
+12
+20
+12
+13
+16
+11
- 5
+11
+19
+ ^
+ 8
+18
+ 6
+166
+27S
+186
+134
+166
+111
23
23
23
19
19
19
Jordan. Gradnetz für topographische Karten. 109
Gradnetz für topographische Karten.
Das Netz der Meridiane und Parallelkreise für eine topographische
Karte kann man auf zweierlei Art herstellen, entweder unmittelbar durch
Construction der Trapeze aus den Meridianbögen und den Parallelbögen^
oder durch Einrechnen der Trapez-Eckpunkte in ein rechtwinkliges
Coordinatensystem, das man zu EatastervermessungeU; Stadtvermessungen
n. dgl. ohnehin hat.
Wir wollen dieses an dem Beispiele der zwei Messtischblätter der
topographischen Abtheilung der Landesaufnahme zeigen^ auf welche die
Stadt- und Feldmark von Hannover mit Linden föUt, wie in Fig. 1
gezeichnet ist.
Die zwei Trapeze ABCD und CDEF liegen zwischen den Breiten
52® 30', 52° 24', 52*» 18' und zwischen den Längen 27*^ 20' und 27° 30' und
haben Seitenlängen, welche amtlich und privatim berechnet, in Tabellen
verfügbar sind, z. B. in unserm Handb. d. Verm. III. Band, 1890, 3. Aufl.
haben wir auf S. [29] des Anhangs:
cp=52"30' ABz= 11316,99 m
^C = 52) = 11 126,31m
52<^ 24' CD = 11 342,65 l (1)
52° 18' EF= 11 368,27
CE=DF=11 126,12
Dazu auch die Flächen ABCD = 126,0591 qkm
CDEF= 126,3423
) (2)
Wenn man etwa diese Maasse nicht vorräthig hat, aber wenigstens
die Krümmungshalbmesser M, für den Meridian und Nftir den Querbogen,
so kann man die Trapezseiten ebenfalls berechnen, z. B.
M N
ÄC = — 6' AB = — 10' cos 9 (3)
P P
wobei M zur Mittelbreite von A und C, und N zu der Breite von
A und B gehört.
Die Linien AB, CD, EF sind streng genommen ein wenig gekrümmt
zu zeichnen, doch macht das im Maassstab 1 : 25000 für die preussischen
Messtischblätter so wenig aus, nämlich höchstens 0,1 mm als Querab-
weichung in der Mitte zwischen dem Bogen AB und der Sehne AB,
dass es neben der Unsicherheit des Papiereinganges u. s. w. vernach-
lässigt werden kann. Man kann dieses leicht entwickeln, wenn mau nur die
ersten Elemente der Eegelprojection voraussetzt. Es ist nämlich für
die Breite cp der Abbildungshalbmesser =^cotg cp, wo N der Quer-
no
Jordan. Gradnetz für topographische Karten.
Fig. 1.
X =-10 000
<P=52°30'
B
5000^
10 000"^
Jordan. Gradnetz für topographische Karten. Hl
N
krümmungshalbmesser des Ellipsoids ist^ denn nach (3) ist^l^ = — X cos cp
P
für den Längennnterschied X; folglich die Pfeilhöhe des Bogens AB :
y=^i—-\ :2 A^cotg 9 = — -jC0S9Sin9
In unseren Breiten ist rund log N= 6.8056 und mit X = 10' und <f = 52^30'
giebt dieses ausgerechnet y=3,6m, was im Maassstabe 1:25000 nur
y = 0,14 mm giebt.
Sei es nun^ dass man diese Kleinigkeit berücksichtigt^ oder sie ver-
nachlässigt, jedenfalls kann man mit den bei (3) angegebenen Trapez-
seiten^ die Trapeze selbst scharf auftragen^ und dann versieht man noch
die obere und untere Seite jedes Trapezes mit einer gleichförmigen
Theilung von 10' = 600", ebenso die linke und rechte Seite mit einer
Theilung von 6' = 360", worauf man jeden Punkt scharf in das Blatt
eintragen kann, dessen geographische Coordinaten vorhanden sind.
So kann man z. B. die 6 Hauptpunkte von Hannover, welche in
Fig. 1 eingezeichnet sind, eintragen nach den geographischen Coordinaten,
welche wir früher mitgetheilt haben in Handb. d. Verm. I. Band,
4 Aufl., 1895, S. 324.
Dieses ist das Verfahren der topographischen Abtheilung der
preussischen Landesaufnahme.
Ein zweites Verfahren bietet sich dar, wenn man über eine Auf-
nahme in rechtwinkligen Coordinaten verfügt, etwa in einem der 40
preussischen Katastersysteme, wie wir an dem Beispiele von Hannover
zeigen wollen, unter Zugrundelegung des vorgeschriebenen Coordinaten-
systems mit dem Nullpunkt Celle.
Es handelt sich , darum, die rechtwinkligen Coordinaten x^y zu
berechnen für diejenigen Punkte AyB,..y welche als Eckpunkte der
geographischen Trapeze auftreten. Man kann sich dazu z. B. des
trig. Form. 6 der preussischen Anweisung IX bedienen, oder irgend
welcher anderen Formeln z. B. nach unserem Handb. d. Verm. III. Bd., 1890,
3. Aufl., S. 334, oder auch den neuen Formeln, welche wir in Zeitschr.
f. Verm. 1894, S. 39 und S. 150 gegeben haben, nämlich mit den
Constanten für den Nullpunkt Celle:
X = [1.4900616-4] Acp + [5.5590789] X^ -f [3.8613711] A9^ ]
— [9.978 721] Acp X^ — [7.781526] Acp^ — [5.23 172] AcpU^ >(4)
-f [3.93100] X* J
y = [1.274 3377-4] X — [6.075 8328] 9AX — [0.3488631] Acp' X \ .^^
— [9.667 733] X^ — [3.71340] AcpX^ + [4.70277] A<p^ X P^^
Der Ursprung Celle hat:
Celle <Po = 52^ 37' 32,670 90" I^ö = 27° 44' 54,84 770" (6)
folglich hat z. B. unser nordwestlicher Punkt A mit cp = 52° 30' und
L = 27°20 gegen Celle die DiflFerenzen
Acp = — 7' 32,6709" X = — 24' 54,8477"
A CO = — 452,6709 X = — 1494,8477"
112
Jordan. Gradnetz fiir topographische Karten.
Diese A 9 and X. in (4) und (5) eingesetzt geben:
x=— 13909,649 m y = — 28195,133 m.
In dieser Weise sind die Goordinaten aller 6 Trapezecken von
Fig. 1 berechnet worden, nämlich in Zasammenstellang:
Eckpunkt A
B
C
D
E
F
7J
7)
7?
7?
y
(N.W.) — 28195,133 m
(N.O.) — 16878,268
(W.) - 28259,063
(0.) - 16916,537
(S.W.) — 28322,905
X
— 13909,649 m
— 13961,659
— 25035,885
— 25087,943
— 36161,934
— 36214,040
(7)
AB
11316,865 m
52,010
CD
11342,526
52,058
EF
11368,151
52,106
AC
63,930
11126,236
CE
63,842
11126,049
BD
38,269
11126,284
DF
38,217
11126,097
(8.0.) —16954,754
Mit diesen rechtwinkligen Coordinaten trägt man die Trapez-Eck-
punkte in das rechtwinklige Coordinatennetz ebenso ein wie alle
anderen Punkte der Vermessung, und die Trapeze ergeben sich dann
ganz von selbst, allerdings mit ganz kleinen Aenderungen, welche von
der Projectionsverzerrung herrühren. Folgendes ist die Berechnung der
Trapezseiten aus den Coordinaten:
Seite Ay t^x ]/ A y^ + A a;^
11316,985 m
11342,645
11368,270 \ (8)
11126,420
11126,232
11126,350
11126,163
Seiten nach (1) und
Differenz
0,0 m
0,0
0,0 } (9)
+ 0,11
+ 0,11
--0,04
--0,04
Die Süd- und Nord-Seiten werden in der Projection richtig dargestellt,
wie es sein muss, dagegen die West- und Ost-Seiten sind in der
Projection'zu gross um 0,11m und um 0,04 m, was von der Projections-
verzerrung herrührt, nämlich:
,2
Dann ist die Vergleichung zwischen den wahren
deren Projectionen :
Trapezseite wahr Projection
AB
CD
EE
AC
CE
BD
DF
11316,99 m
11342,65
11368,27
11126,31
11126,12
11126,31
11126,12
11136,99 m
11142,65
11368,27
11126,42
11126,23
11126,35
11126,16
y
AC oder -^ CE.
2r^ 2r^
Mit y = 28200 und y= 16900, und log r = 6.8040 gibt dieses gerade
die oben bei (9) erhaltenen Abweichungen 0,11m und 0,04 m, womit
alles rechnerisch sichergestellt ist.
Die Projectionsverzerrungen, welche nach (9) höchstens 1:10 000
betragen, sind in der topographischen Kartenzeichnung ganz unmerklich,
Üblich. Beiträge zur Orientirungsübertragung durch einen seigeren Schacht 113
es sind dieselben^ welche auch in der viel feineren Eatasterzeichnnng
schon vernachlässigt werden.
Wenn man den Trapezrahmen nach den rechtwinkligen Goor-
dinaten (7) aufgetragen hat^ bekommt man also innerhalb der änssersten
Zeiehenschärfe von 0,05 mm genau dasselbe wie bei der Behandlung
mit den unmittelbaren Trapesseiten von (l), und im üebrigen gibt
sich auch die Yergleichung der beiden Verfahrungsarten aus dem
bisherigen leicht:
I. Auftragen des Trapezes nach den Maassen (1) gibt einen Rahmen
ftir geographische Ooordinaten.
IL Auftragen des Trapezes in dem Rahmen eines rechtwinkligen
(Kataster) Systemes gibt die Möglichkeit, alle Kataster- oder Stadt-
vermessungs-Coordinaten (z. B. die 114 Punkte in unserem I. Bande,
Handb. d. Verm. 4. Aufl. 1895, S. 400—401) unmittelbar auch in die
topographische Karte zu übertragen, oder kurz alles Kataster- und
Stadtvermessungs-Material in seinem eigenem Coordinatensystem auch für
•
die Topographie lediglich durch geometrische Verkleinerung zu ver-
werthen. «7.
Beiträge zur OrientirungsObertragung durch einen
seigeren Schacht;
von Paul Uhlioh, Professor für Markscheidekunde an der Kgl. Sächsischen
Bergakademie zu Freiberg.
Bei der Orientirungsübertragung durch einen seigeren Schacht
kommen für genaue Messungen eigentlich nur die Methoden der Lothung
in Frage, da die Anwendung der Magnetinstrumente theils wegen der
magnetischen Ablenkung des Gesteins — oft ist eine beträchtliche vor-
handen, wo sie kaum erwartet wurde — theils wegen des immer mehr
und mehr zunehmenden Ausbaues der Grubenräume mit Eisen zu ganz
falschen Resultaten führen kann.
Verfasser ist der Meinung, die 'auch von Anderen getheilt wird,
dass die Anwendung von Magnetinstrumenten, besonders solcher mit Faden-
aufhängung, in der Grube weder vom theoretischen noch vom praktischen
Standpunkte aus zweckmässig ist. Auch im steilfallenden Schachte lassen
sich mit einem guten Theodolit, freilich unter Berücksichtigung der
Achsenfehler, ohne besonders grossen Zeitaufwand vorzügliche Resultate
erzielen, wie Verfasser später eingehend zeigen wird.
Das Lothen ist bekanntlich auf zwei Wegen möglich, entweder
kann es optisch oder mechanisch durch Benutzung wirklicher Lothe
geschehen. Bei beiden Methoden, deren Bekanntschaft vorausgesetzt
wird, handelt es sich um die Projection zweier oder mehrerer Punkte
über Tage in eine gewisse Teufe, und um das Ermitteln des Streichens
Zeitschrift für Vermessungswesen 1896. Heft 4. S
114 Uhlieh. Beiträge znr Orientirangsübertragung durch einen seigeren Schacht.
der Lothebene über Tage^ welches dann als weitere Ornndlage für die
Orabenmessungen dient.
Die optischen Lothungen haben verhältnissmässig wenig Eingang
in die Praxis gefunden; es ist dies jedoch nicht den dabei angewendeten
Methoden an sich zur Last zu legen^ wohl aber der Nothwendigkeit
besonderer^ meist theurer Instrumente und den diesem Verfahren un-
günstigen Verhältnissen in den Schächten. Oft machen undurchsichtige
Wetter und starke Traufwässer das Visiren im Schachte unmöglich.
Verfasser ist der Ansicht, dass unter besonders günstigen Umständen
das Nagel-Hildebrandfsche Lothungsinstrument (Givilingenieur, Band 8,
Heft 5: Lothungen und Lothungsapparate und Bergingenieur Susky,
österreichische Zeitschrift für Berg- u. Hüttenwesen 1888) eine Genauig-
keit liefert; die dem Verfahren der directen Lothung gleichkommt.
Dazu ist freilich erforderlich, dass das Lothungsinstrument mit einer sehr
empfindlichen Libelle versehen ist, deren Ausschläge zu berücksichtigen
sind. Man würde also den Punkt unter Tage auf dem Schiebekreuz
erst ungefähr unter dem Aufstellungspunkt über Tage zu bringen haben,
dann den unteren Kreuzpunkt in zwei zueinander senkrechten Lagen
des Femrohrs einstellen, jedesmal die Libelle ablesen und aus deren
Ausschlägen und der Schachtteufe die Verschiebungen des unteren
Punktes in den beiden zu einander senkrechten Richtungen berechnen.
Dass dabei auf vollständige Elimination der Instrumentfehler durch symme-
trische Anordnung der Beobachtungen Rücksicht zu nehmen ist, bedarf
wohl keiner besonderen Erwähnung.
Es würde sich fragen, ob es zur Beseitigung einiger Unbequemlich-
keiten, vor allem in der Beleuchtung und im Signalgeben nicht zweck-
mässiger wäre, die Lothung von unten nach oben auszuführen.
Immer sind freilich bei optischen Lothungen die Refractions-
erscheinungen im Schachte Dinge, über die bis jetzt eingehende Betrach-
tungen noch nicht angestellt worden sind.
Die mechanischen Lothungen sind die ältesten und in der
Praxis auch jetzt am meisten angewendeten, Oeschichtliches über Üiese
Verfahren ist in der vorzüglichen* kleinen Schrifl; von Professor Dr. M.
Schmidt: „Die Methoden der unterirdischen Orientirung und ihre Ent-
wicklung seit 2000 Jahren" Berlin 1892. Verlag von Hermann Paetel,
nachzulesen.
Die besten Ergebnisse liefert das ebenfalls von Professor Dr. Seh mid t
im Jahrbuche für das Berg- und Hüttenwesen für das Königreich Sachsen
1884 angegebene Verfahren mit fixirten Lothen, welches ein sehr
bequemes Arbeiten gestattet. Bekanntlich werden hierbei die Schwin-
gungen des Lothes beobachtet und aus diesen die Mittellagen, die
Ruhelagen, berechnet. Dies Verfahren ist jedenfalls das einzig Richtige,
denn aus den aufgezeichneten Schwingungscurven den Ruhepunkt zu
ermitteln, ist eine sehr prekäre Sache. Dass unter günstigen Umständen,
ühlich. Beiträge zur Orientirangsübertragung dorch einen seigeren Schacht. 1 15
etwa im trockenen Schachte und bei wenig Wetterzag die Schwingangs-
beobachtungen gute Resultate ergeben, auch bei wenig Schwingungen,
ist einleuchtend. Aber auch unter ganz ungünstigen Verhältnissen liefern
die Schwingungsbeobachtungen Ergebnisse, die durch andere kaum zu
ersetzen sind. Oelegentlich einer Controlmessung im Davidrichtschacht
anf Himmelfahrt bei Freiberg nahm Verfasser eingehende Untersuchungen
über die Schwingungen von Lethen vor. Dieselben hatten eine Länge
von beilättfig 500 m und es waren die Verhältnisse insofern sehr
ungünstige als gerade starkes Traufwasser im Schachte niederging.
Trotz der hierdurch bedingten, völlig ungleichmässigen Lothschwingungen
ergaben die zahlreichen Beoba^shtungsreihen, deren äusserste mehrere
Stunden von einander lagen, für die Mittellage Werthe, die im Maximum
0,1 mm von einander abwichen. Um solche Resultate zu erhalten, ist
es jedoch nöthig, wie die Versuche ergaben, eine grössere Anzahl von
Schwingungen zusammenzufassen, Verfasser nahm immer 25. Auf Qrund
dieser Untersuchungen ist es auch möglich, das Hilfsinstrument, welches
Professor Dr. Schmidt anwandte, zu ersparen und die zweite Scala
mittelst eines Spiegels auf dem Centrirteller vom Theodolitstandpunkt
aus abzulesen. Unter Anwendung eines zweiten Spiegels können sogar
die beiden Scalen bei unveränderter Stellung des Theodolits beobachtet
werden.
Verfasser glaubt, durch das Vorstehende etwaige Bedenken gegen
die Schwingungsbeobachtungen zu heben, es ist wie gesagt nur nöthig,
eine grössere Anzahl von Schwingungen zu vereinigen.
Meist wendet man bei dem Schmidfschen Verfahren zur Controle
der Uebertragung zwei seitliche Aufstellungspunkte an und misst gleich-
zeitig Längen und Winkel.
Es ist schon von verschiedenen Seiten mehrfach hervorgehoben
worden, dass die Längenmessungen bei den hier auftretenden kurzen
Entfernungen mit einer Genauigkeit ausgeführt werden müssten, wie sie
in der Praxis nicht zu erreichen ist.
Wohl ergeben die Differentialgleichungen die günstigsten Formen
für die zu wählenden Anschlussdreiecke; aber dieser theoretischen Form
kann sich der praktische Markscheider meist nur in beschränktem Maasse
nähern. So hat z. B. die Herstellung eines sehr spitzwinkligen Anschluss-
Dreiecks seine grossen Schwierigkeiten, wenn wie dies jetzt häufig vor-
kommt, über Tage die kurzen Schachtstösse durch starkes Eisenblech
fest verkleidet sind. Freilich lässt sich dem unter Umständen durch ge-
waltsame Entfernung der Verkleidung aus dem Wege gehen, es ist aber
die Ansicht des Verfassers, dass ein theoretisch und praktisch tüchtiger
Markscheider sich nicht an ein festes Schema bindet, vielmehr gerade
in einem solchen Falle zeigen kann und muss, dass die Lösung der
Aufgabe auch auf anderem, friedlichem Wege möglich ist.
8*
116 Üblich. Beiträge zur Orientirangsübertragong durch einen seigeren Schacht.
Bei der Berechnung der Beobachtungen wendet man gewöhnlich
das Nähernngsverfahren an^ dass man sowohl aus den gemessenen
Winkeln als auch aus den Seiten die Anschlusswinkel berechnet und die
gefundenen Werthe mittelt.
In Hinsicht auf die grosse Wichtigkeit derartiger üebertragungen
— bilden sie ja meist die einzige Unterlage für ausgedehnte Qruben-
messungen — ist es wohl nicht unangebracht^ eine strenge Ansgleichuag
der vorkommenden Beobachtungsgrössen nach der Methode der kleinsten
Quadrate vorzunehmen, was wohl bisher noch nicht geschehen ist. Man
ist alsdann auch in der Lage, Genauigkeitsuntersuchnngen durchführen
zu können und es lassen sich auf Grund der entsprechenden theo-
retischen Untersuchungen auch Fingerzeige für etwa abzuändernde
Messungen geben.
Fassen wir zunächst die Tagemessung ins Auge, so wUrde die hier
mit Hilfe der Methode der kleinsten Quadrate zu lösende Aufgabe die
folgende sein:
Ein Viereck, in welchem vier, an einer Seite je paar-
weise gelegene Winkel, bez. an deren St eile sechs Richtungen
und sämmtliche sechs Seiten gemessen worden sind, aus-
zugleichen.
Ich wähle gleich ein der
Praxis entnommenes Beispiel.
In nebenstehender Figur, die
die Messung über Tage dar-
stellt, sind L^ und L^ die
beiden Lothpunkte, M^ und
M^ die beiden seitlichen Stand-
punkte des Theodolites, die
ausgezogenen bezw. punktirten
Linien und angeschriebenen Buchstaben geben in bekannter Weise an,
welche Winkel und Längen gemessen worden sind.
Die Ergebnisse der gesammten Messungen sind die folgenden, es
sind ihnen gleichzeitig die durch die Ausgleichung zukommenden Ver-
besserungen beigeschrieben:
1. Seiten:
M^ M^= a = 7,1944 m -f Aa
Fig. 1.
M^ Lj = 6= 5,3673 „
J|f^Lj = c =4,6973 „
M^ L^ = d = 3,3129 j^
+ A6
+ Ac
+Ad
+ Ae
M^L.^e =4,9374 „
L,L,= /^ = 1,6530,
2. Winkel:
L^ M^ L, =a= 17^8^30"+ Aa
M^M,L^=^ = 25 40 15 + Aß
Lj M^M,=^ = ^0 25 45 -f Ay
L^M^L,.= h= 4 9 41 + AB
Uhlich. Beiträge zar Orientirangsübertragang durch einen seigeren Schacht. 117
Die Aufstellung des Instrumentes geschah hierbei in den Punkten
M^ und M^ durch die Freiberger Aufstellung^ die Winliel wurden je
vier Mal mit einem Repetitionstheodolit von Hildebrand (Ablesungs-
genauigkeit 1 Minute), die Längen je vier Mal mit demselben Gruben-
bande gemessen. Aus diesen Messungen ergaben sich die obigen Werthe.
Wären anstatt der Winkel Richtungen gemessen worden, so träten an
die Stelle der angeführten vier Winkelverbesserungen sechs Richtungs-
verbesserungen.
Wendet man auf die Figur die bedingte Ausgleichung an, so
ergiebt sich, da vier Winkel und sechs Seiten, also zehn Stücke bekannt
sind, während zur Bestimmung eines Vierecks nur fünf Stücke hinreichend,
aber auch erforderlich sind, dass fünf überschüssige Messungsresultate
vorliegen. Daher sind auch fünf Bedingungsgleichungen zu erfüllen.
Diese ergeben sich nun leicht:
aus dem Dreiecke M^M^L^
1) 0= 6-8in Jlf, Z/j ü/j — a*%mL^M^M^
2) 0 = d. sinL^ Jfj-Mi—ft-sin Jf^Jfj Lj
aus dem Dreiecke M^M^L^i
3) 0 = C' sin iHfj Lj A/j — a* sin L, iHf 2 Jfj
4) 0 = ^«sin Lj Jl/j Jf, — c-sin 3fj Jfj Lj
und aus dem Dreiecke M^ L^ L^
5) 0 = d^ + c^'—f '-2 de cos L^ M^ L,.
^^' ^' Die vier ersten Bedingungsgleichungen sind
von der allgemeinen Form: (siehe nebenstehende
Figur)
p^ J^ 0=iSj«sinw7j — s^*^mw^y
woraus sich durch Differentiation nach den Ver-
änderlichen s^y s^fW^ und w^ ergiebt:
0 = sin w?j • d$^ — sin w^ • ds, 4" ^i • ^^^ ^2 ' ^^^2 — ^2 * ^^® ^i ' ^^1
und wenn man die Gleichung
0 = 5^ • sin w?2 — «2 • si^ ^1
hinzufügt und anstatt der Differentiale d die entsprechenden Ver-
besserungen A einführt, so erhält man für diQ Bedingungsgleichungen
Nr. 1 bis 4 die gemeinschaftliche Form:
0 = (s^ sin w^ — 8^ sin w^) + sin w^ • A Sj — ^^^ w^j * ^ *i
+ Sj cos «?2 • A«^2 — Sj C08W?j • Am?i
Sowohl die Absolutglieder als auch die Coefficienten der Ver-
besserungen lassen sich leicht in tabellarischer Form berechnen.
In ähnlicher Weise wie vorher ergiebt sich für die fünfte Be-
dingungsgleichung:
0==z\d^ + e^ —P — 2 de cos 8[ + 2 (d — e cos 8) • Ad -f 2 (e— dcos 8) Ac
— 2/'.A/'+2desin8-A8
118 Uhlict
1. Beiträge zur
Orientirangsttbertragang dnrcl
L einen seigeren
Schacht. 1
Berechnet man nach Maassgabe der vorstehenden Oieichungen die
Absoiatglieder und die Ooefficienten der Verbesserungen für das an-
gezogene Beispiel, so folgen in der Zusammenstellung die fünf zu erfüllenden
Bedingnngsgleichimgen :
Absolut-
1
Nr.
0=
glied
A a
Ah
.Ac
Äd
.Ae
•A/
.A a
.Aß •
.At
.Ae
1
0=
+0,001213
-0,702
+0,941
•
m
• •
1
•
+1,813
-3,311
—3,311
2
0-
+0.000658
•
-0,433
•
+0,702
•
•
•
-4,838
+2,359
+2,>59
3
0=
+0,000625
-0,64«
•
+0,993
•
•
•
+0,539
-H),539
—4,937
•
4
0-
-0,000357
•
•
—0,682
•
+0,648
•
-3,437
3,437
+3,758
•
5
0=
-0,007174
•
•
•
-3,823
+3,266
-3,306
•
•
.
+2,374
Aus diesen Bedingungsgleichungen ergeben sich die Verbesserungen
der Längenmessnngen in Metern^ die der Winkelmessungen aber wegen
der Differentiation in BogenmaasS; welches sich zwar einfach von yom-
herein in Winkelmaass verwandeln liesse^ ich ziehe es jedoch vor bis
nach erfolgter Ausgleichung das Bogenmaass beizubehalten.
Vor Bildung der Gorrelatengleichungen und der daraus entstehenden
Normalgleichungen sind nun noch die Gewichte zu ermitteln. Die Be-
stimmung derselben ist einfach, wenn die mittleren Fehler sowohl der
Längen- als auch der Winkelmessungen, letztere wieder in Bogenmaass
ausgedrückt; aus den angestellten Beobachtungen abgeleitet worden sind.
Bei den kurzen Entfernungen; die hier auftreten; kann man den
mittleren Fehler mi der Längenmessung für alle Messungen als gleich
gross annehmen. Ist der mittlere Fehler der Winkelmessung gleich ntw
(ausgedrückt im Bogenmaass) und sind die entsprechenden Gewichte
pi und pu,y letzteres als Gewichtseinheit aufgefasst; so ist bekanntlich
pi
=(— y
Sind dagegen die Gewichte nur schätzungsweise angenommen; so ist es
am zweckmässigsteu; die Rechnung mit den gewählten Gewichten durch-
zuführen; dann den mittleren Fehler der Gewichtseinheit zu ermitteln
und bei Nichtübereinstimmung mit der angenommenen die Rechnung mit
entsprechend geänderten Gewichten zu wiederholen.
Im vorliegenden Falle ergaben sich aus den gemessenen Grössen
die mittleren Fehler:
m 1 = 0,0008 Meter
und w«, = 1 6" = 0,00008
daher; pw=l gesetzt :
pi
»Q"»».»'
üblich. Beiträge zur Orientircmgsübertragang durch einen seigeren Schacht 119
Hiermit findet man die
Correlaten-Gleichnngen :
pA
1
n
III
IV
V
OfilAa —
— 0,702
•
— 0,648
•
•
0,01.A& —
+ 0,941
— 0,433
•
•
•
0,01.Ac =
•
+ 0,993
- 0,682
•
OfilAd —
+ 0,702
•
•
— 3,223
0,01. A e —
•
•
+ 0,648
+ 3,266
OfilAf—
•
•
•
— 3,306
l,OO.Aa--
•
+ 0,539
— 3,437
•
l,OO.Aß —
+ 1,813
— 4,838
+ 0,539
— 3,437
m
1,00.A7 =
— 3,311
+ 2,359
— 4,937
+ 3,758
•
l,OO.Ao —
— 3,311
1
+ 2,359
•
•
+ 2,374
und hieraus die
Normal-Oleichungen:
1)0 = + 0,001213 +163,06.1- 65,16.11+ 62,85. HI- 18,67. IV— 7,86. V
2)0 = + 0,000658— 65,16.1 + 102,58.11— 14,26. ra+ 25,49. IV— 220,65. V
3)0 = + 0,000625+ 62,85.1— 14,26. 11+165,70. IH — 89,98. IV . .
4)0 = — 0,000357— 18,67.1+ 25,49. U— 89,98. HI +126,97. IV + 211,83. V
5) 0 = — 0,007174 — 7,86. 1 — 220,65. II . +21 1,83. IV + 3204,37. V
Die Auflösung dieser Normalgleichungen liefert für die Correlaten die
Werthe:
I = — 0,000 012 185 1II = + 0,000 000 850
II = — 0,000 011 755 IV = + 0,000 001 865
V = + 0,000 001 276
Mit diesen Correlaten folgen die Verbesserungen:
Aa = + 0,000 800 Meter
A6 = — 0,000 638 „
Ac = — 0,000 043 „
Aa= -^ 0,000 006 = — 1,"2
Aß = + 0,000 029 = + 5,9
Arf=~ 0,001 237 Meter
Ae = + 0,000 538 „
A/= — 0,000 422 „
Ay = + 0,000 015 = + 3;'2
AS = + 0,000 016 = + 3,2
Die Substitution dieser Werthe in die Bedingungsgleichung giebt
anstatt Null die Reste fOr Oleichung
1) 0,000 00 3) 0,000 00
2) 0 4)+ 1
5) 0,000 00
Aus den Verbesserungen A berechnet sich der mittlere Fehler der Ge-
wichtseinheit
inu,= ± 0,000 08
also in Uebereinstimmung mit dem eingeführten Werthe. Verbindet man
die Beobachtnngsigrössen mit den Verbesserungen, so erhält man die
120 Uhlich. Beiträge zar OrientirungsUbertragang durch einen seigeren Schacht.
Aasgeglichenen Werthe:
JlfjJlfj = 7,195 20 Meter
iVj L, = 5,366 66 ^
M^ L, = 4,697 26 „
M^L^ = 3,311 Q6 „
M^ L, = 4,937 94 „
Lj L^ = 1,652 58 „
4. LjJlfiL,= 17*^18' 28,8"
^ Jfj J/j L, = 25 40 20,9
^ Lj M^ M^ = 40 25 48,2
4. L2 ilf j Lj = 4 9 44,2
welche dann bei verschiedenen Berechnungsweisen der einzelnen Stücke
übereinstimmende Ergebnisse liefern.
Es interessiren nun hauptsächlich die Ergebnisse der Berechnung der
Winkel L^ L^ M^ bez, M^ L^ Lj und zwar die Vergleichung der
unausgeglichenen mit den ausgeglichenen Werthen.
Berechnet man mit den Beobachtnngsresultaten nach dem Problem
der zwei unzugänglichen Punkte die oben angegebenen Winkel, so
ergiebt sich:
^ M^ L, L, = 104<^ 57' 9" ^ L, L^ M^ = l^V 28' 40"
ferner nach dem Gosinussatz, der für das Dreieck M^L^ L^ a,m vortheil-
haftesten ist: ^ M^ L^ L^ = 104** 58' 4"; nach dem Sinussatz, der
für das Dreieck L^ L^ M^ vorzuziehen ist: ^ L^ L^ M^=1^V 28' 5l",
ferner liefert der Sinussatz aus dem Dreiecke M^L^ L^
^ itf , Lj Lj = 104« 58' 37"
Die directen Beobachtungen geben also z. B. für die Winkel ilfjü^L.^
die grösste Abweichung von 1' 28" in den verschiedenen Berechnungs-
weisen. Etwas günstiger stellt sich im vorliegenden Beispiele der
Winkel L^ L^ M^,
Die strenge Ausgleichung liefert die Werthe:
^ M^ L, L, = 104<^ 57' 8",2 ^ L^ L^M^ = 167« 28' 28,0"
denen gegenübergestellt werden sollen die entsprechenden Mittel aus
den directen Beobachtungen
^ M, L^L^ = 104« 57' 57" ^ L.L^M^ = 167« 28' 47,0".
Man sieht, dass eigentlich die Berechnung nach dem Hansen'scben
Verfahren noch die besten Werthe gleichzeitig liefert, dies ist aber
nicht immer der Fall. Würde man nun aber nur etwa die gemessenen
Winkel in Rechnung stellen, so hätte man keine Controle, wie sie die
Messung der Längen bietet. -
Ist nun an sich die grosse Abweichung der aus den directen Beob-
achtungen hergeleiteten Resultate von dem Ergebniss der strengen Aus-
gleichung nicht gerade erbaulich, so wird die Sache noch ungünstiger,
wenn man nach der Ausgleichung die mittleren Fehler berechnet.
Es soll dies für den Winkel L^ L^ M^ geschehen.
Uhlich. Beiträge zur Orientirangsübertragong durch einen seigeren Schacht. 121
Ans dem Dreieck L^ L^ M^ ergiebt sich:
sin Lj L^ if 2 = ^ • sin h
und aus dieser Gleichung findet sich durch Differentiation die Abhängigkeit
AZfj des Winkels L^ L^ M^ von den Orössen Ae, A/ und A 8 zu:
sin 8 . ^.^.A^.^ *.A*
Ai^ = — TT— • A e ^»n 8 • A/+ ^r cos 8 • A 8.
Führt man mit den aus dieser Oleichung bestimmten Coefficienten
die Berechnung weiter^ so folgt ftlr den mittleren Fehler des Winkels
L.L^M^ der Werth
± 46,5".
Um diesen erheblichen Betrag ist also der ausgeglichene
Winkel Lj L^ M^ unsicher, trotzdem bei der Messung fünf tlberschüssige
Beobachtungen vorhanden und in Rechnung gezogen worden sind,
trotzdem, dass der mittlere Fehler der Winkelmessung an sich nur 16"
beträgt!
Die überschüssigen Beobachtungen haben also die Oe-
nauigkeit der Winkelmessung nicht nur nicht erhöht,
sondern bedeutend herabgedrückt.
Es ist somit an der Hand der Theorie der Beweis geliefert, dass
die überschüssigen Längenmessungen keinen Zweck haben und es zeigen
noch eingehendere Untersuchungen, dass nur durch vermehrte Winkel-
messungen die Genauigkeit der Lothungen, die für manche Gruben-
messungen von eminenter grundlegender Bedeutung sind, bedeutend
erhöht werden kann.
Bedenkt man nun noch, dass das für die Tagemessung Gefandene
ebenso für den Grubenanschlnss, vielleicht noch in höherem Maasse
Gültigkeit besitzt, so kann man wohl sagen, dass die Genauigkeit der
üebertragnng der Orientimng auf die jetzt gebräuchliche Weise nieht
gross ist. In der Praxis dürfte sogar meist der mittlere Fehler der
Winkel- und Längenmessnng, wie er in dem angeführten Beispiel auf-
geführt ist, noch viel grösser sein.
Gestützt auf eine grössere Anzahl der in der angegebenen Weise
berechneten Lothungen, die alle noch ungünstigere Werthe lieferten,
schlage ich jetzt für die Lothungen einen Weg ein, der die Längen-
messung auf nur eine einzige, möglichst grosse Länge, einschränkt. Und
dies ist möglich .durch Verbindung der von Professor Junge vorge-
schlagenen und angewendeten Methode der Lothung mit der des Professors
Dr. Schmidt. Ich stelle das Instrument, wie Professor Junge, ebenfalls
im Schachte in den Lothpunkten auf, sowohl über als unter Tage ;
ersetzte aber die unsichere Junge'sche Bestimmung des unteren Punktes
durch' die vorzügliche Schmidt'sche Methode der Fixirung des Schwingungs-
mittelpunkts mittels genauerer Beobachtungen an fest aufgestellten
Scalen, wobei die oft störende Dicke des Lothdrahtes einfach durch
eine später zu erklärende einfache Vorrichtung eliminirt werden kann.
122 Hammer. Neuerung an Reohenschiebem mit Theilangen auf Celluloid.
Die ausgeführten Probemessungen, die nur mit ganz roh zoBammen-
gestellteu; abgeänderten Jnnge*schen Schrauben ausgeführt wurden^ er-
gaben eine viel einfachere Ausgleichung der Messung^ da man es nur mit
reinen Winkelmessungen zu thun hat und lieferten für den berechneten
mittleren Fehler im Anschlusswinkel einen Werth, der zwischen 4" und
8'^ schwankte, und sich durch Anwendung besserer Winkelmessinstrumente
noch herabdrttcken lässt.
Die in Bezug auf den vorliegenden Oegenstand mit Herrn
Mechanikus Hildebrand gepflogenen Unterredungen führten zu dem
Ergebnisse, dass sich die Freiberger Aufstellung zu dem von mir an-
gegebenen Wege vorzüglich eignet, da sie eine genaue mechanische
Oentrirung des Lothes in Bezug auf das Instrument oder das Signal zulässt.
Hierbei ergab sich auch, dass die bis jetzt gebräuchlichen Centrir-
stellen in mancher Beziehung bequemer für die Handhabung abgeändert
werden können.
Wenn die für die abgeänderte Lothungsmethode nöthigen Hilfs-
apparate, an deren weiterer Vervollkommnung noch gearbeitet wird,
fertiggestellt sind, so werde ich nicht ermangeln, auf dieselben an
dieser Stelle zu sprechen zu kommen, und verschiedenes im Vorstehenden
nur kurz Angedeutete noch erweitern.
Neuerung an Rechenschiebern mit Theilungen auf
Celluloid.
Unter Nr. 41294 hat Herr Ingenieur Rees D. R. G. M. für eine
Verbesserung der jetzt fast allein im Gebrauch befindlichen Rechen-
schieber mit Celluloidstreifen erhalten, die von A. Nestler in Lahr,
Baden (Fabrik von Zeichenmaterialien, Maassstäben u. s. f.) ausgeführt
wird. Die Fig. 2 und 3 zeigen Querschnitte von Schiebern der seit-
herigen Anordnung, bei der der Steg S des Schiebers selbst (vgl. Fig. 1)
nur einseitig (innen, unter der Zunge) mit einem Celluloidstreifen ver-
Fig. 1. Fig. 2. Flg. 3. gehen ist (auf dem sich bekanntlich
^^ \\ \^ ^*® *^^ ^®' ^^^^^ ^^° ^ angebrachte
Millimeter-Theilung unmittelbar fort-
setzt). Verbiegungen des Stab-
körpers von der in diesen zwei
Figuren verzerrt angedeuteten Art
waren die Folge der einseitigen
Celluloid- Auflage und der Gang
der Schieberzunge litt vor Allem
hierdurch Noth. Die Fig. 1 zeigt den neuen Querschnitt, bei dem auch
auf der Unterseite des Stabs ein Streifen E eingelegt ist. Nach Proben
\s\f
a
Näherungslösung der Quadratur des Kreises.
123
mit mehreren Nestler 'sehen Schiebern glaubt der Schreiber dieser
Zeilen, dass in der That mit dieser kleinen Abänderung; die den Preis
des Schiebers unverändert lässt^ eine wesentliche Verbesserung erreicht
ist^ dass eine Hauptursache des schlechten Oangs der altern Schieber
(auch bei ganz gerade gebliebener Zange) erkannt und beseitigt ist.
Wenigstens haben mehrere Nestler^sche Schieber^ die ich absichtlich
sehr starken Temperatur- und Feuchtigkeitsunterschieden aussetzte (einer
wurde eine Zeit lang in Dampf gelegt) ihren guten Gang bis jetzt
vollständig bewahrt und ich möchte deshalb Fachgenossen auf das
Vorstehende aufmerksam machen. Die zweite Hauptquelle schlechten
Gangs, das Krummwerden (der Länge nach) der dünnen Zunge^ wird
freilich nicht so leicht zu beseitigen sein.
Stuttgart; Januar 1896. Hammer.
Näherungslösung der Quadratur des Kreises;
von K. in Danzig.
Eine einfachere Construction^ den Kreis näherungsweise in ein
gleich grosses Quadrat umzuwandeln^ als die im 21. Hefte 1895 der
Zeitschrift für Vermessungswesen angegebene dürfte die folgende sein.
MBC ist ein mit seiner Hypotenuse in den Durchmesser AD
fallend und gleichschenklig rechtwinklig construirtes Dreieck. Durch den
Punkt D wird ein Loth auf die Kathete BC gefällt und DF=DE
gemacht. Wird F mit B durch eine Gerade verbunden^ so ist der Ab-
stand des Schnittpunktes G von A die Quadratseite, welche verlangt wird.
Beweis: Wird der Radius = 1 ge-
nommen, so ist nach der Construction
JlfC==|/^, also
DC = V^"2— Innd
Im rechtwinkligen Dreieck BEF
sind ferner die Katheten:
BE=^ ^
FE= 2— vT
daher ihr Quotient
^ 2-VT 2 ^VT
1S4 Kleinere Mittheilungen.
Da nun im Dreieck ODF der Winkel -F, der Winkel /) = 45'
and die Seite DF bekannt sind^ so fol^ die Seite OD aas der Relation:
ö^-D = — — ttt— i — Tinr. DF
sm (jF 4- 45O)
Die Aasrechnang ergiebt folgende Werthe:
1
V^
= 0.707106
^+4= = 1-207106
1 ^ = 0.292894
T
\ff
2?'= 500 21' 38'
(?Z) = 0 226542
Demnach ist die Qaadratseite 2 — (?2> oder:
J.6? = 1.773458 also am ^^r^ grösser als
die genaa berechnete 1.772454.
Wenn man den aas zwei Constractionen gefolgerten Mittelwerth
im 21. Hefte 1895 pg. 588 also:
mit dem gegenwärtigen Resultate (halb genommen) 0.88673 vergleicht,
so ist letzteres der Wahrheit 0.88623 näher.
Kleinere Mittheilungen.
Internationale Erdmessitng.
Im Eingang des Berichtes über die Allgemeine Conferenz der Inter-
nationalen Erdmessang in Berlin, Jahrgang 1895, Heft 21, S. 569 warde
erwähnt, dass bei der Abfassang desselben die Yeröffentlichangen im
Reichsanzeiger benatzt sind.
Aaf Grund näherer Informationen sei nachträglich noch mitgetheilt,
dass der Verfasser dieser Yeröffentlichangen Herr Prof. Dr. Westphahl
vom Egl. geodätischen Institut in Potsdam ist. Hegemann.
Alte Karte von Ostfriesland.
Die von David Fabricius 1592 herausgegebene Karte
von Ostfriesland ist endlich aufgefunden, nachdem sie dreihundert
Jahre versteckt und seit etwa einem Jahrzehnt eifrig gesucht worden
war. Vor längerer Zeit schrieb Herr Generalsuperintendent Bartels in
Aurich, der beste Kenner ostfriesischer Geschichte und Geographie, über
Kleinere Mittheilungen. 125
diese verschollene Karte: ^Wir befinden uns in Betreff der kartogra-
phischen Arbeiten des Fabricias so ziemlich im Dankein, bis etwa eine
glückliche Entdeckung genauere Nachrichten und vor Allem ein Exemplar
der 1589 bei Johann v. Oldersum zu Emden erschienenen Karte wieder
zu Tage fördert/ Man kannte das Vorhandensein nur aus Citaten und
Beschreibungen späterer Geographen, die sogar drei verschiedene Aus-
•
gaben, erwähnen. Das Auffinden der vermissten Karte verdanken wir
Herrn Archivrath Sello in Oldenburg, der in dem letzten Hefte der
Geographischen Blätter für 1895 neue Aufschlüsse über die ältesten
Karten und Kartographen von Oldenburg und Ostfriesland giebt. Darnach
fand sich die Karte im Oldenburger Archiv, eingerollt mit einem interessanten
Schreiben des Fabricius vom 7^ Juni 1592 an den Grafen Anton IL von
Oldenburg und Delmenhorst. Dieser Fund dürfte besonders in Ostfriesland,
wo am 13, November vorigen Jahres das Denkmal beider Astronomen,
Vater und Sohn, zu Ostrel eingeweiht wurde, grosses Interesse erregen.
An diese dem Hannoverschen Courier entnommene kleine Mittheilung
möchten wir die Bitte um nähere Mittheilung für unsere Zeitschrift knüpfen.
Wttrttembergische Geometerschnle.
Unter dieser üeberschrift findet sich S. 22 und 23 dieses Jahrgangs
ein Auszug aus dem Sitzungsbericht des nichtamtlichen Theils des
Staatsanzeigers über die Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten,
wonach der Herr Staatsminister des Innern u. a. erklärt hätte: „Das
Ministerium des Innern hat aber in Uebereinstimmung mit dem verstorbenen
Prof. von Baur geglaubt, dass es sich nicht empfiehlt, die Geometer
auf die technische Hochschule zu verweisen.'' Diese Stelle lautete aber
nach dem amtlichen stenographischen Protokoll über die 22. Sitzung
vom 8. Mai*) (Prot. S. 393):
„Das Ministerium des Innern hat aber — womit sich schliesslich
auch der verstorbene Professor Baur einverstanden erklärt hat — geglaubt,
dass es sich nicht empfiehlt, die Geometer auf die technische Hochschule
zu verweisen." etc.
Also schliesslich, d. h. doch wohl, nachdem weiterer Widerspruch
nutzlos erschien, erklärte sich Herr Prof. y. Baur hiermit einverstanden.
Diese Feststellung glauben wir dem Andenken des Herrn Prof. Dr.
V. Baur schuldig zu sein, da derselbe in den betheiligten Kreisen sich
öfters für die Verlegung der Geometerschnle an die Technische Hoch-
schule ausgesprochen hat.
Stuttgart, 14. 1. 1896. Stdff.
*) Die Angabe oben S. 22 — 21. Sitzung und 7. Mai ist unrichtig, vergl.
Staatsanzeiger Nr. 107 S. 787.
126 Personalnachrichten. — YereuiBangelegenheiten.
Personalnachrichten.
Königreich Prenssen**) Der Katastercontrolenr, Stenerinspector
Antoni in Dortmund ist als Katastersecretair nach Aachen und der
Rentmeister und Eatastercontrolenr Hall er in Patzig als ELataster-
controlenr nach Dortmund versetzt worden.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst zu verleihen geruht:
Dem Yermessungsrevisor Robert Werner zu Berlin den Rothen
Adler-Orden 4. Klasse,
femer anlässlich des Ordensfestes
dem Steuerrath und Ober-Katasterinspector Dr. Joppen zu Strassburg
den Königl. Kronenorden 3. Klasse, dann anMigula, Steuerrath und
Katasterinspector zu Bromberg, Nippe, Steuerrath und Katasterinspector
zu Marienwerder, Ruckdeschel, Oekonomierath und Yermessungs-
inspector bei der Oeneralcommission zu Düsseldorf den Rothen Adler-
Orden 4. Klasse. St.
Württemberg. Feldmesserprtlfnng. Infolge der in den
Monaten September und October 1895 stattgehabten Staatsprüfung für
Feldmesser haben die Candidaten:
Brommer, Eugen, von Blaubeuren,
Gabler, Carl, von Ludwigsburg,
Pfeffinger, Arnold, von Weilderstadt,
Raff, Eugen, von Degerloch,
Schnürle, Theodor, von Calw,
Schreiweis, Albert, von Heilbronn,
Vogel, Adolf, von Oaisburg
die Berechtigung erlangt, nach Maassgabe der K. Verordnung vom 21.
October 1895 als öffentliche Feldmesser beeidigt und bestellt zu werden.
Vereinsangelegenheiten.
Die 20. Hauptversammlung — verbunden mit der Jubelfeier des
25 jährigen Bestehens — des Deutschen Geometer- Vereins wird in der
Zeit vom 2. bis 5. August d. J. in Dresden abgehalten werden.
Zur Vorbereitung derselben hat sich ein Orts-Ausschuss gebildet,
bestehend aas folgenden sämmtlich in Dresden wohnenden Herren:
Geh. Regierungsrath Professor a. D. Nagel als Ehrenvorsitzenden,
Stadtvermessungs-Director Gerke als Vorsitzenden,
Commissionsrath Michael als stellvertretenden Vorsitzenden,
*) Die Mittheilnng der preussischen Personalnachrichten hat in den
letzten Monaten in Folge Versetzung eines unserer Herren Mitarbeiter eine
kurze Unterbrechung erfahren. Künftig werden die dem königl. preussischen
Staatsanzeiger zu entnehmenden Nachrichten regelmässig gebracht werden
Für gefällige Mittheilung weiterer Nachrichten wäre die Redaction dankbar.
Vereinsangelegenheiten. 127
Vermessungs-Ingeniear Ha rig als KaBsirer^
Gepr. u. verpfl. Geometer Ueberall als stellvertretenden Kassirer,
Vermessungs- Ingenieur Hen nicke als Schriftführer,
Vermessungs-Ingenieur Frits che als stellv. Schriftführer,
Professor Pattenhausen,
Dozent Ehnert,
Mechaniker Heyde,
Finanzrath Nag^l,
Ober- Vermessungs-Inspector H e n n i g ,
Eammerrath Schanz,
Vermessungs-Ingenieur Fuhrmann,
Vermessungs-Ingenieur Beuchelt,
Stadtvermessungs-Ingenieur Wolf,
Vermessungs-Ingenieur Göllnitz,
Vermessungs-Ingenieur H e y m a n n ,
Vermessungs-Director a. D. Hottenroth,
Vermessungs-Ingenieur Zschoppe,
Vermessungs- Ingenieur- Assistent S ch u m a nn.
Wir bitten, Anträge für die Tagesordnung thunlichst bald, spätestens
aber bis zum 1. April d. J« an den unterzeichneten Vereinsvorsitzenden
richten zu wollen.
Altenburg, im Januar 1896.
Die Vorstandschaft des Deutsehen Geometer- Vereins.
L. WinckeL
Die SUnziehuns d«r Jnttsliederbeitrftffe fttr das Jahr
t89S erfolgt in der Zeit iFom t. Januar liia einflehlleaalieii
10. März« Die Herren Mitsiieder, weleiie den Beitrag
diareli die Post einsenden wollen^ werden eraueiit, dieses
in der olien angegelienen Zeit zu tiiun. STaeii dem tO. Mars
erfolgt die SSinzleiiung dureii Poatnaehnahme. — Es wird
gelieten liei Einsendung des Beitrages den Jetzigen UTohn-
ort, Amtstitel ete« deutlieii anzugelien, da lieabsielitigt
^vird filr das Jahr tS9S ein neues Jültgiiederverzelehniss
herauszugeben, Aueh ist die Angabe der IHitglieds-
nammern sehr erwAnseht«
Gasse 1, Murhardtstrasse 19b, den 1. Januar 1896.
Die Kassenverwaltung des Deutschen Geometer- Vereins.
HUseVj Oberlandmesser.
128 Neue Schriften über VermeBBungswesen.
Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Rechen-Tafeln^ zum Gebrauche für Schule und Praxis bearbeitet von
L. Zimmermann. Lieben werda. Verlag des technischen Yersand-
geschäftes von R. Reiss. 40 Seiten 8^. 2 Mark.
Tafeln enthaltend dieAusmaasse der Meridian- und Parallelkreis-Bögen^
dann die Logarithmen der Krttmmungs- Radien des Besserschen
Erdellipsoides, berechnet unter der Leitung von Oberstlieatenant
Hr. Hartl in der geodätischen Abtheilung des E. und K. militair-
geographischen Institutes. Separatabdruck aus den Mittheilnngen
des K. und E. militair-geographischen Institutes, XIV. Band. Wien
1895. Druck von Johann N. Vernay in Wien.
SulV apparato esaminatore di livelle. Costruito dal sig. Leonardo
Milani nel 1889 per il R. Osservatorio Astronomico di Milano.
Nota di Michele Rajna. Milano 1895. Tipografia e litografia degli
ingegneri. Via ünione 9.
Das Vermessungswesen in Aegypten bis zur Römerzeit mit besonderer
Berücksichtigung der allgemeinen wirthschaftlichen Verhältnisse und
der geodätischen Kenntnisse sowie der Katasteranlagen, von
K. Eiffler, Katasterfeldmesser. Separatabdruck aus der Zeitschrift
des Elsass-Lothr. Geometer- Vereins. Strassburg 1895. Universitäts-
Buchdruckerei von J. H. Ed. Heitz (Heitz und Mündel).
Die Vorarbeiten fUr Schifffahrts-Kanäle oder ähnliche Anlagen und die
Geschäftsführung bei deren Ausbau, von L. Oppermann, Königlichem
Regierungs- und Baurath a. D., Geheimen Baurath. Mit 6 Tafeln.
Leipzig 1895. Engelmann. 18 Mark.
Michele Rajna. L'undecima conferenza generale delPassociazione geodetica
internazionale a Berlino (30 Settembre — 12 Ottobre 1895). Estratto
dalla Rivista di Topografia e Catasto. Vol. VIII, n» 5—6, novembre
— dicembre 1895. Torino 1895. Vincenzo Bopa. Tipografo deile
LL. MM. e dei RR. Principi.
Inhalt.
Grössere MHtheüungen : Mittheilung über die Arbeiten der Trigonometrischen
Abtheilung der Königlich Preussischen Landesaufnahme im Jahre 1895, von
von Schmidt. — Conforme Abbildung, von Jordan. — Die persönliche
Gleichung bei Längenmaassvergleichungen, von Stadthagen. — Gradnetz
für topographische Karten, von Jordan. — Beiträge zur Orientirungsüber-
tragung durch einen seigeren Schacht, von Uhlich. — Neuerung an Rechen-
schiebern mit Theilungen auf Celluloid, von Hammer. — Näherungslösung
der Quadratur des Kreises. — Kleinere Mittheiiungen. — Personalnachrichien. —
Vereinsangelegenheiien. — Neue Schriften über Vermessungswesen.
Verlag von Konrad Wittwer Stuttgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
129
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover Steuer-Rath in Mflnchen.
1896. Heft 5. Band XXV.
^ 1. März. ♦<- —
Conforme Kegelprojection.
üeber die conforme Kegelprojection und deren Anwendung auf die
Mecklenburgische Triangulirung und Landesvennessung ist schon mehrfach
in dieser Zeitschrift berichtet worden^ insbesondere 1892^ S. 563 — 566;
und 1895 S. 421—424, und es ist in letzterer Mittheilung S. 423 die
Genauigkeit der Richtungsreductionen, wie sie in dem amtlichen Mecklen-
burgischen Werke angewendet wurden, auf rund 0,01" nachgewiesen
worden, was den dabei beabsichtigten Anwendungen und der Rechnung mit
siebenstelligen Logarithmen vollständig entspricht.
Wenn trotzdem hier noch eine weitergehende Entwicklung, nämlich
bis zur vierten Ordnung (mit Gliedern — ^-..1 gegeben wird, so kann
das zunächst den Sinn haben, dass die Zulässigkeit der früheren Nähe-
rungen noch schärfer untersucht wird, doch wären zu solcher Unter-
suchung nicht die Entwicklung aller Glieder — ^. . nöthig gewesen.
T
Die hier nachfolgende Gesammtentwicklung wurde zunächst aus theo-
retischem Interesse gemacht und «wird wohl bei dem weiten Anwendungs-
felde der fraglichen Projectionsart und für kartographische Zwecke bei
weiter Ausdehnung nützlich sein können. Es fällt aber auch ein werth-
volles geodätisches Ergebniss nebenbei damit ab; denn wenn man
die Normalbreite P der Kegelprojection gleich Null setzt, so geht die
Projection in die Merkatorprojection über und sphärisch betrachtet geht
sie damit über in die Projection der preussischen Landesaufnahme mit cy-
lindrischem Meridiananschluss, so dass wir in den Schlussformeln nur
tang P =s 0 zu setzen und x und y gegenseitig zu vertauschen brauchen, um
die Formeln der trigonometrischen Abtheilung der Landesaufnahme mit
allen Gliedern — j— ... zu erhalten.
üeber die Geschichte der conform^ Kegelprojection im Allgemeinen
ist zu berichten, dass der Grundgedanke zuerst ausgesprochen wurde
Zeitscbrift für Vermessungswesen 1896. Heft 5. 9
130
Jordan. Conforme Kegelprojection.
von Lambert in „Beiträge z\m Gebrauch der Mathematik; IIL Theil;''
Berlin 1772; S. 135 a.ff. Witt st ein behandelt die Projection in Astr.
Nachrichten; 71. Band; 1868; S. 369, und berichtet dabei; dass dieselbe
fichon von Gauss zur Pap en^ sehen Karte von Hannover nutzbar ge-
macht worden sei.
Eine im engeren Sinne geodätisch zu nennende Anwendung dieser
Kegelprojection haben wir von Schreiber in dem Werke „Die Königlich
preussische Landestriangulation; HauptdreieckC; III. Theil 1876''; S. 103
lu. ff.; doch sind die im Vorworte daselbst Seite VI angekündigten weiteren
Ausführungen nicht mehr erschienen.
In Mecklenburg wurde bereits im Jahre 1853 jene Projection durch
Paschen auf die Landesvermecsung praktisch angewendet; jedoch
erst im I. Theil des amtlichen Werkes über die Mecklenburgische Landes-
vermessung 1882 veröffentlicht. Die Arbeiten von Pascheu; Wittstein
und Schreiber weisen alle auf den Meister Gauss zurück.
Nach diesen Vorbemerkungen zu unserer eigenen Aufgabe übergehend;
beschränken wir alles auf sphärische Formeln; indem beabsichtigt ist;
unsere Ergebnisse vierter Ordnung den früheren sphäroidischen bis zur
dritten Ordnung gehenden Entwicklungen als letzte Glieder anzuhängen;
was im Sinne der Reihen-Conyergenz ohne die Zusätze mit (I + yj*..)
am Platze ist.
Um Wiederholung zu vermeiden; wollen wir auch an die frühere
kleinere Entwicklung von Zeitsohr. 1895; Seite 421 — 424 geradezu an-
knüpfen mit den Gleichungsnummeni; die dort mit (19) endigteU; nun
mit (20) fortfahrend. Das Mecklenburgische Werk; dessen Titel in Zeitschr.
1895; 8. 288 ausführlich steht; werde kurz mit if S ... citiert.
In nebenstehender Figur ist das
I Mecklenburgisch e Coordinatensystem
mit 4- ^ iiAch Süden + y nach
Westejii angenommen; ein Punkt (1)
habe die ebenen Projectionscoordinaten
x^ if^ und Punkt (2) habe entsprechend
Die flache Curve (1) (3) (2) ist das
conforme Abbild eines Grosskreisbogens
auf der ürbildkugel (bezw. das Abbild
einer geodätischen Linie auf dem Ur-
bild-EUipsoid). Die Gerade (1) (2)
hat in dem System xy den Richtungswinkel ß und die Länge s.
Die Curve (1) (3) (2) denken wir uns dargestellt durch eine Func-
tion 7] = /"($); wobei ein zweites Coordinatensystem J; t] angenommen
ist mit (1) (2) als Achse der ^ «nd rechtwinklig dazu mit einer Achse
der 71.
+y
+7'^^\
•^S
+x
Jordan. Gonforme Kegelprojection.
131
Es wird sich handeln nm Ermittlang der zwei kleinen Winkel 6^
und 83 »wischen der Curve (1) (3) (2) und ihrer Sehne (1) (2) und um
die Beziehung zwischen der Entfernung S auf der Kugel (hezw. dem
Ellipsoid) und der geraden Strecke s im ebenen Abbild.
Die Normalbreite des Eegelsystems ist mit P bezeichnet und zur
Abkürzung ist ttberaU im Folgenden taug P=t geschrieben.
Das Nächste auf das wir ausgehen müssen; ist das Erttmmungs-
differential der Curve (1) (3) (2) und dazu haben wir von M S. 22
Gleichung (6) mit Beschränkung auf sphärische Glieder:
cosP \r 1-2 :f « ^3 y 3r^ ^ /
Dieses difTerentiirt giebt:
^dy^—xdy- —ydx+ -^x^dy
(20)
d\ =
r cosP
(21)
Hierzu nach M 8. 33:
8 = ci^ X (sin P — sin <p)
2
(22)
Kp = P — p] sin<p = sinP — ^cosP — ^ sin P + "^
sin P — sin cp = cos PI J> + "^ t — ^ j
Dieses in (22) eingesetzt giebt mit (21) :
1 / t t t^
8 = — Idy xdy-- — ydx-\ j^^^V
cosP
(23)
Hier muss auch ^ in a? und y ausgedrückt wetden, nämlich nach
M S. 23 — 24; mit Beschränkung auf die sphärischen Glieder:
P
t
r-
v
2r
X'
p-iiä-"^
2r^
xy
X'
6r»
X'
Damit wird die zweite Klammer von (23):
x^ -t-
P + T'- ^=t{^ +
3rV
2 r " ' 2 r ' 3 r' / ^^*^
Wenn man dieses in (23) einsetzt und bis znr dritten Potenz ans-
multiplizirt, so erhält man:
u>
<' - , . 3 «*
4- ä^r«' ^2/ + -g-^as'yd«— — ;^ ajyMy
2 r
-h^ y'^""
X
3
3r
<«y
(25)'
9*
132 Jordan. Gonforme Eegelprojection.
Nun wird wieder wie in M.8. 31 Gleichung (15) gesetzt:
-^^ = A. (26)
Dieses ist auch hier noch zulässig mit (25) bis x^ und y^y wie sich
zeigty wenn man genauer setzt:
also genauer _^ = -^ 1 _ ^-^Z)
Nach dem früheren (7) bis (8) 1895 S. 422 ist aber
2r
^'=C.5 + ^+ ..• = -8.£+Ä5*8inß+...
d
YJ 1
4- = — 8i + a?i S . . . =—2- . . . (zweite Ordnung)
di
l_Lf^V=l_i-
2 l dS >! r* • • •
Dieses ist ein Factor^ welcher in (26) und (25) nicht mehr in Be-
tracht kommt; wir bilden daher aus (25) und (26):
dV ~ r' dS +2rM d^ +^ dZ ^^^ dU
x^ dy
(27)
3 de
Das erste Glied und die Glieder mit -»- hier sind dieselben wie
Mher in (1) 1895, S. 422 und es sind also noch 4 Glieder mit— ^
und ein Glied mit — -r- hinzugekommen.
Die weitere Entwicklung wird ähnlich wie früher bei (1) — (9) so
zu machen sein, dass alles in der einzigen unabhängigen Veränderlichen^
ausgedrückt wird, so dass eine Beihe nach Potenzen von £ entsteht,
ähnlich wie früher (4) aber nun bis ^\ fortschreitend.
Ehe wir dieses durchfahren, wollen wir aber aus der Gleichung (27)
eine Näherung in dem Sinne herleiten, dass l als verhältnissmässig
klein gegen x und y betrachtet, oder die Coordinaten xy selbst er-
heblich grösser angenommen werden als die Dreiecksseiteu. Dann
kann man in den Gliedern 3 ter Ordnung in (27) die x^y y^ u. s. w.
als constant betrachten und dabei auch wie früher in C3), 1895 S. 422
== cos ß = — ^ ^ und -7^ = sin ß = ^ — ^ setzen.
Jordan. Gonforme Eegelprojection.
133
Aaf diese Weise geben die höheren Glieder von (27) lediglich
einen constanten Zuschlag zu dem früheren Goefficienten A in (4) und (5)
1895, 8. 422, welcher um die höheren Glieder von (27) vermehrt
As
wird und da nach (8), 8^ = —^ — h . . . ist, wird 8^ welches in dem
Mheren (9) — (10) enthalten war, non so vermehrt, dass die ganze
Formel fttr i^ wird:
j ^ (2a;, +a;,) (y^—y^)
6r
+
+
- 2 (2 «, y. + X, y,) (ä, — «,))
(y» - y.) (- (y« - y,)' + 3 («, - X,)»)
12
t
k28)
24 r'
+ -471- ((yt - yi) («? - 3 a;,y») - (x, - ojj) (yj - 3 a:» y.))
4r
6r*
(j^i — y t)
Dabei sind in den Gliedern vierter Ordnung die dritten Potenzen
*i> y\j *i y i> ^1 ?! schlechthin mit den Anfangswerthen x^ y^ gebildet,
Während vielleicht Mittelwerthe ^ — ^ , ^^ ^' oder dergleichen
mehr am Platze wären, weil diese x und y ttber die ganze Ausdehnung
von x^ bis rr, und von y^ bis y^ galten sollen, indessen der angenom-
menen Näherung, dass die x und y erheblich grösser als die Dreiecks-
seiten seien, wird es auch so genügen.
Nun wollen wir aber zu der wirklichen Ausführung von (27) mit
allen Gliedern übergehen und müssen dazu alles in der einen Veränder-
lichen i, ausdrücken, welche nach der Figur S. 130 den geradlinigen
Abstand eines Punktes von x^ y^ gegen x^ y^ bedeutet. Zu diesem £ als
Abscisse von x^ y^ gegen x^ y^ hin gezählt, gehört die Ordinate y] für
die flache Gurve, welche als Abbild der geodätischen Linie die Punkte
x^ y^ und x^ y^ verbindet, wobei irgend ein Punkt dieser Curve die
Goordinaten xy in dem allgemeinen System hat. Indem wir den
Richtungswinkel der Geraden von x^ y^ nach x^ y^ mit ß bezeichnen
und die geradlinige Entfernung mit s, werden wir haben:
y^ — ^1=5 sitt P ^^^ ^2 — ^i = s cos ß (29)
und die Beziehungen zwischen x^y und £,7) sind:
x = x^ + S cos ß — 7) sin ß (30^
y = yi + £ sin ß + 7] cos ß (31)
Hier sind aber die t] selbst wieder Functionen von £, nämlich nach
(4) -(8) 1895, S. 422:
,=c.i+4^ + ^
12
134
Jordan. Conforme Eegelprojection.
-C,=6.=
As
+
Bs
+
Cs'
A =
X,
no
2 ■ 6 ' 12
^= 4^(s-s)+4^«'-«') + -^(5'-s»)+....
Mit S = 0 und mit i = 8 wird y] = 0, wie es sein moss. Setzt man
die Bedeutungen von A und B ein, so hat man:
,= -|4ainß(5-«)+ i^^l^5(g«-»')+... (32)
2r
ßr'
Mit diesem (33) nebst (29) gehen die (30) und (31) ttber in:
(33)
X =>j + g cos ß + 5
s sin 'ß
X,
6r
(2x,+x,)- -^S^sin^ß
2r
5 sin ß cos ß
sin' ß cos ß r
67^ J
(34)
(2a?, + a:,)+-^VS'«nßcosß|
sin ß cos 'ß j
(35)
and dasa die Differentialqnotienten :
-^c^cosß+ ^y (2a;, +a?,)-S^sin'ß->6 ^^^
6r'
j sin'ßcosß
(36)
dy . ^ «sin B cos ß,^ . v , „a?, . ^ ^ , ^.sinßcos'ß ,^_^
-^=8inß ^-^(^2x, +a;,) + £^smßcosß + 6^ ^^, ^ (37)
Nach diesen Vorbereitungen i^t es möglich, die Gleichung (27) so
auszuführen, dass sie auf die Form gebracht wird:
-^=A + Bi + Ci'+DZ' ' (38)
und zwar wird man nach den etwas umständlichen Multiplicirungen bis
zur dritten Ordnung folgende Bedeutungen der A, B, C, D erhalten:
^ =
a?j sinß —
^x, +x,
6r*
X
x^ 8 sin ß cos ß — ^-~ sin ß
t
+ -273 (— ^\ sin ß + yj sin ß — 2 x^ y, cos ß)
+ 27r (^l sin ß + 3 x\ y, cos ß — 3 a?, yj sin ß — y? cos ß)
B=-i-sinßco8ß+ ^ (2 oj, + oj,) « sin ß (sin' ß - cos' ß)
— — j^ sm ß cos ß
H 3- ( — 2 x^ sin ß cos ß 4- y^ sin' ß — y cos' ß)
+ ^— j (6 a?J sin ß cos ß — 6 yj sin ß cos — 6 a?^ y^ sin 'ß
(39)
2r
+ 6 a?, y^ cos' ß)
(40)
Jordan. Conforme Kegelprojection.
135
X
C=f^ (- sin^ ß 4- 3 sin ß cos^ ß)
2r4
+
t
2r^
(sin^ß — 4Binß cos* ß)
+ ^ — (— 3 x^ sin^ ß + 9 i»i sin ß cos^ ß + 3 y^ cos^ ß
-r-9y, sin^ßcosß)
D = ^ ( — sin' ß cos ß 4- 3 sin ß cos' ß)
^ (41)
6r
t'
(42)
rf ^-^ (4sinßcos'ß — 4sin'ßcosß)
Nachdem so die Coefficienten von (38) ausgerechnet sind, ist die
weitere Aasftthnmg leicht, man wird nämlich die Gleichung (38) zwei-
mal integriren:
RC2 flpZ 7)^4
(43)
d
•n ^ .. BV CV DV
di 1 . -- . 2 '3
2 ' 6 ' 12 • 20 ^^^^
Die Integrationsconstanten C^ und C^ bestimmen sich dadurch,
dass 5 = 0 geben muss t) = 0 und —jy = — S^ ; und i = s muss geben
6=0 und-T^ = + 8,. Daraus folgt sofort C, = 0 und C, = — Jj
also auch:
2= —ii+As-\ 5 1 5 1
0= -8,8+
As'-
2
Hieraus 8, und 8, selbst:
As Bj^
6
Bs*
+
8. = 4^ +
+
+
Bs
6
Ca»
12
+
4-
+
Cs*
12
Ds*
20
+
4
20
(45)
3 • 4 • 5 <*«>
Nun braucht man nur noch die Bedeutungen von A, By C, D aus (39) —
(42) in (45) und (46) einzusetzen, um 6^ und S, zu erhalten, und indem wir
dabei auch wieder ssinß = y2 — ^j und s cos ^ = x^ — x^ schreiben,
erhalten wir auf diesem Wege:
= e^2 (2 i»i + ^,) {y^ — y,)
+ l[^(^2 y\ + y\) (y, - y,) ^ {2 x\ + x\) (y, - y,)
- 2 (2 a?i y^ + x^ y^) {x^ - x,)j
(y2-yi)(-(y.-yi)' + 3(a?,-«,)^)
+
t
24 r
mit Fortsetzung 4. Ordnung auf folgender Seite.
136
Jordan. Conforme Kegelprojection.
+
t
40 r*
(y. — yi)
1(47)
+ 10 »J — 30 «, y\
+ 20 x\ (aj, - a;,) - 20 », y, (y, - y,)
-20yJ(a:j— a;,)+15a;,(x,-^,)='
- 5 a;, (y,— y,)'— I5y, (y»— y,)(«,— «,)
+ 4(a;j— a;,)»— 4 (yj-y,)' (a;,— «,)
+ ^ (a;, - 35.) y.( 6 a^! - 2 y? + 4 a:, {x, -x,) + (x,-«.)»)
+ -H^^ (^"'» + 7a.,) - -^^^^ (8 < + 21 arj a;,
+ 24«, a!» + 7 a!»)j
Wenn man in den Gliedern vierter Ordnung alles weglässt, was
mehr als einen Factor {y^ — y^) oder {x^ — x^ enthält^ d. h. wenn
man hier die Differenzen der Coordinaten als verhältnissmässig klein
gegen die Coordinaten selbst behandelt, so bleibt nur:
360 r* ^ *
Dieses stimmt mit den entsprechenden Gliedern des Früheren (28),
wie es sein muss.
Man kann die Formel (47) verschiedenartig umformen, z. B. alle
Producte auflösen, wodurch die Glieder mit t^ folgende Form annehmen;
f - 16 a?5 1/, + (T? y^ + 3 x\ x, y,
+ 2 a?J a?2 y, + 2 i», x\ y^
8^ ==.... -f-
t'
40 r^
'\- ^x.xly^ + x\y^ + A: x\ y.
)m
— 3 «1 yj yj — 2 ir, y, y\
- 2 i», yj 1/2 - 3 x^ y, y\ ~ x^ y\
^4.x^y\^x^y\^ l%x,y\
Was die Formel für h^ betrifft, so bekommt man dieselbe ohne
neue Bechnung aus S^ dadurch, dass überall x^ mit x^ und y^ mit y^
vertauscht wird. Es ist aber eine gute Probe, die Formel für 8^ ^^<^^
unmittelbar aus (46) abzuleiten, was wir vollständig durchgeführt haben
und es sind dabei die aufgelösten Glieder mit t^ so erhalten worden:
+ ^^x\y^--x\y,-^x\x,y^—2x\x,y,\
— 2x,xly,
t^ I — 3.T,irJy, -»5y2~4a;Jyj+3a;,y2y,
40 r* I + 2 »2 y^ y\
+ 3 a?! y^ y, + 3 a:, y^ yj + x, y\ -\'4.x,y\
+ a;^ y? - 16 «2 y^^
Dieses geht durch die angegebene Vertauschung wieder in (48)
zurück und da wir (48) und (49) unabhängig beide entwickelt haben,
ist darin eine Probe der Entwicklung enthalten, welche wir auch auf
die übrigen Glieder von (47) ausgedehnt haben, ohne sie hier herzusetzen. —
8, = . . . —
(49)
Jordan. Gonforme Eegelprojection. 137
Eine Probe für die Formel (47) bekommt man durch Betrachtung
des besonderen Falles^ dass die betrachtete Linie im Meridian liegt, denn
es muss dann werden:
^^ ~"^^ = arc tang (X sin P)
und nach M., S. 22, Gleichung (6) ist sphärisch abgekürzt:
X8inP=-^-^- ^t'
r r^
Andererseits ist arc tang (XsinP) = X sin P r- (X sin P)^, also hin-
o
reichend :
y, — y, t P ,1
x^ — x^ r " Tj " ^2 • • •
Für y und x kann man y^ und x^ setzen, also:
t t^
^2 -^1 = — yi (^2 ~ «i)— TT yi ^1 (^2 - ^i) (50)
Wenn man dieses in (47) einsetzt, so gehen alle Glieder, welche
yj ~~ Vi) enthalten, um «ine Ordnung von r höher, und da die Glieder
mit r^ überhaupt vernachlässigt sind, hat man:
^2 ^2
+ ■Y27^(2yJ + y2)yi(^2-^i)- -^2^^ i^ ^\ + ^DVi (^2 - ^t)
t
(2 .'»1 Vi + a?2 (y, + -- y, («2 — x,yj (i»2 - «i)
6 r
+ -^ (^2 — ^1) yi (3 ^? - 2 y? -f 2 o:, x, + x])
Wenn man hier noch 2 yj 4- y^ == 3 y J setzt, was man wegen (50)
mit dem Nenner r^ thun darf, und wenn man alle Glieder ausführt und
ordnet, so geht das Ganze S^ auf Null zusammen, womit die erwähnte
Probe erfüllt ist.
Integration fiir die Länge 8 der geodätischen Linie.
In differentialem Sinne gilt die Gleichung:
m = -TET oder dS= — ds'
ab m
also auch S= \ — d$ (51)
J m
wobei s die krumme Linie ist, in welcher sich die geodätische Linie 8
des Ellipsoids in der ebenen Projection abbildet. Dabei ist zunächst
m als Function von p nach Jf. S. 16, Gleichung (8) mit Beschränkung
Aof sphärische Glieder :
138 Jordan. Gonforme Kegelprojecüoii.
Zar Umwandlang in x and y hat man noch M S.23 :
P~ r "^ 2 r* 2 r^ 6 r'
and damit wird:
2 r' 2 r^ 6 r'* 4 r*
Dieses ist am einen Grad höher als das frflhere (4) Ton Jtf S. 26
Die Umkehr ang davon giebt:
1 _ _^x^ xf_t ^ x^ ^^ ^x^yH^ ^ X'
t(52a)
,4,1 >(52)
x^ 3 x^yH^ x^ I
8r* j
Für das praktische Rechnen wird man aach logm nehmen:
log m = TT-V ^ + -^—r ^ y — -T—r ^ —^ -^—r- « V
4- ^ (^ 2 4. 3 ^*) 4- ^^ y*
^ 24r* ^ ^ T^^^ ^ ^ 8r* ^
-.1 1 I* 2 1*^ 2iV^^3l^M-^'22
oder log — = — -jr-r « — -^—r ^V + -tt— r i» + 7- . x^ y
Für die weitere Behandlung müssen wir unterscheiden zwischen ds'
in (51); welches sich auf die krumme Linie bezieht^ deren Gleichung
zwischen r\ und S in (33) enthalten ist^ und andererseits d £, welches auf
der Geraden zwischen den Punkten x^y^ und x^y^ liegt. Dabei ist:
Es ist also nun nach (51) and (53):
(dn \^ 1
-— 7y-i wissen wir von (33), dass dieses von der Ordnang — ^
wird, und da auch (52) schon mit — 2~ beginnt, so sieht man sofort ein,
dass bei der Beschränkung auf — -^ das Integral (54) in zwei Theile
zerfällt, nämlich:
Bleiben wir zuerst bei dem ersten Integral stehen, so müssen wir die
Reihe (52) nun in eine Reihe nach Potenzen von S umformen^ etwa so:
— = 1+^+ B^+Ce + Di^ +^S* (56)
Wh
Jordan. Gonforme Eegelprojection.
139
Hierzu haben wir schon bei (34) und (35) die a? and y als Function
von £ aasgedrückt; and man kann daraus, ohne alle Olieder ygü (52)
auszurechnen, leicht Überblicken, dass folgende Olieder mit S^ entstehen
werden :
1 —
3
X'
2 r' ~" ^ • •
i'
+ -^ sin» ß cos» ß
24 r*
8r* ~
+
4 r'
5 — 3^»
24 r'
V COS* ß
8r
4- £* Bin* ß
Es ist also der Coefficient E in (56):
E = -^-^ {(4+18 t^) sin» ß cos» ß+(5-3 f») cos* ß— 3 t^ sin* ß} (57)
Die übrigen Coefficienten von (56) brauchen wir nicht zu kennen, denn
das Integral von (56) ist:
und wenn man für den Anfang, die Mitte und das Ende der krummen
Linie s' drei Werthe von (56) ausrechnet:
m
m.
8
==(1 +4) + Bs + (7s» + 2)s' + ^s*
16
so findet man den Mittelwerth:
4
-I u -
6 \m,
+-+i^)=^=<'+-'+^+'"
m.
+ — 7— +
24
3
^«*
(59)
Dieses mit (58) yerglichen giebt:
I — i.-
Es'
m
If
120
und wegen (57):
j_ _s s^
■" wT ■" 2880 r
^^(4 + 18 ^») sin» ß cos» ß + (5 — 3 ^») cos* ß
- 3 ^» sin* ß)
(60)
Hier ist aber ein Mittelwerth m' benutzt, welcher einen Werth m, für
die Mitte (3) yergl. die Figur S. 130 der krummen Linien' enthält, und da
man diesen Werth m^ ohne besondere Hülfe nicht ausrechnen kann, wollen
wir ihn auf m^ für die Mitte der geraden Linie z reduciren. Dazu,
140
Jordan. Conforme Kegelprojection.
branchen wir die Cnrvenordinaten v), deren Oleichnng allgemein nach
(33) ist:
g
Setzt man hier £ = — - und s cos ^ = x^ — x^ so wird
Dabei ist
x^=x^ — yiBm^ = x^+ ^-^ sin ß (aj^ + ajj
^3 ^0 i
Weiter ist:
1
s^ X
Sr
F8inp(a..+.,) = .5+^^"P(^«+^'>'
16 r
x:
m,
= 1 !lO— 4-
2r
1
m.
a;i
2H
+ . . .
m
3
w.
8^ sin ß (a?^ + x^-
32 r^
Wenn man daher nnn statt m in (59) einen neaen Worth rechnet:
•(J.+J. + i)=> 1,61,
I
4 2
so kommen von der vorhergehenden Differenz — -— oder —5- in Abzug,
0 o
und man wird haben:
1 _ 1 _ s^ sin ^^(x, + x^y
m" m' 48 r*
Wenn man dieses zu (60) ninmit^ so wird:
>5
l=J. ?
m' 2880r
M4. + 1808in2 ßcos^ ß + (5— 3^*)cos*ß
_3^»sin^ß)-^^"'P^^^+^'^'
48 r*
(62)
Dieses ist der erste Theil von (55)^ und um auch den zweiten Theil
zu erlangen^ brauchen wir von (33):
1 /d^y_ sJp'ß
2 \dV ~ 72r* ^
8^ (2 x^ + x^Y — 12 s a:, (2 x^ + x^)l
— 6 5(2 a;, + x^^ cos ß E' + 36 x\ £^^-36 x^ cos ß E' + 9 cos^ ß 5*
Dieses intregirt, nach (55)^ giebt:
II = +
8^ sin' ß
72 r*
(2a:j+a;2)^ — 6a;i (20;^ H-iPj) — 2(2a;i-|-a;j)scosß
+ 12 a?J + 9 ajj s cos ß -f -^ s^ cos^ ß
Wenn man hier s sin ß = ^j — - y^ und s cos ß = rCj — - a;^ setzt und
alles ausführt und ordnet; so bekommt man:
Jordan. Conforme Kegelprojection. 141
Wenn man endlich (62) und (63) zusammennimmt nnd überall
ssin ß = yj — Vi ^^^ sBj — a?j = 5 cos ß setzt, so wird :
^ 8 ni 360 r* ^* ^^^
^2
160 r^
2880 r' (^a-^i)*+ 96ö;:4-(y2-yi)'
V(64)
dabei ist n>' der nach (61) zu bildende Mittelwerth der m, welche
selbst entweder nach (52) oder (52 a) oder nach (52 b) auszurechnen
sind fOr den Anfang^ die Mitte und das Ende der geraden Linie 8 d. h.
für X, y, dann ^'\^^y ^'X^' ™^ ^2 Vr
Für dasjenige Glied im (64), welches (y^ — y^ nicht enthält, kann
man noch eine Probeentwicklung machen, setzt man nämlich (y, — ^1)=^;
d. h. legt man die Linie nahezu in den Meridian, so wird (64):
5 - m' + 2880r* ^ ö + ^M
Dieses kann man durch unmittelbare Entwicklung controliren,
denn es ist in aller Strenge, sphärisch:
S = {p,-p,)r (65)
und dabei ist der Breitenunterschied p zwischen einem Punkte mit der
Abscisse x und der Normalbreite P, nach M, S. 23:
1» = ^- ^+217^^+1^(5-3^') (66)
Andererseits ist ftir die Abscisse x, mit ^ = 0, nach (52a)
Wenn man dazu m^j m^, m^ und w! bildet, ebenso wie bei (60)
und wenn man auch die Ausrechnung nach (65) und (66) vornimmt, so
S 5 1
wird man finden, dass oder — sich von —f nur um Glieder
' x^—x^ s m
vierter Ordnung unterscheidet, deren Differenz alsbald auf (64) führt,
womit also das Glied mit (a?j — x^Y in (63) controlirt ist.
Die Gleichung (64) ist nur eine von den verschiedenen Formen,
in welche die Entfemungsreduction S : s gebracht werden kann, für die
meisten Kechenzwecke will man auch nicht S : s selbst, sondern
log S — log 8 haben. Auch wäre nun die schon im Eingang bemerkte
Specialisirung der Formen für ^ = 0 durchzuführen, womit man unter
Anderem auch Formeln findet, entsprechend denjenigen, welche Herr
Oberstlieutenant v. Schmidt, Chef der Trigonometrischen Abtheilung
der Landesaufiiahmen in Zeitschr. 1894 S. 399 — 400 gegeben hat, doch
möge alles dieses, auch die Ausrechnung eines grossen Zahlenbeispiels
142 Jordan. Conforme Kegelprojection.
aus der Mecklenburgischen Triangnlirang bis anf Weiteres zurück-
gestellt werden (zum Theil an anderem Orte zu behandeln).
Dagegen haben wir hier noch die Pflicht^ der mancherlei Mit-
theilimgen zu gedenken, welche wir Herrn Professor Schols an der
polytechnischen Schule in Delft verdanken. Die werthvoUen Schriften
über Theorie der Eartenprojection von Schols haben wir bereits in
Zeitschr. 1895 S. 551 namhaft gemacht und es ist noch zuzufügen,
dass die ^Annales de F^cole polytechnique de Delft'' sich in
der Bibliothek des Deutschen Geometervereins befinden.
Auch die geometrische Herleitung eines allgemeinen Satzes ttber
das Erümmungsdifferential haben wir in dieser Zeitschr. S. 102 von
Schols berichtet und ein hierzu gehöriges Citat sei ebenfalls mitgetheilt:
Journal de math^matiques pures et appliquäes, par Liouville, tome 17,
1852, Seite 301 — 340, sur la th^orie math^matique des cartes g^o-
graphiques par Ossian Bonnet, insbesondere Seite 314, wo das
Krümmungsdifferential für irgend welche conform abgebildete Curve
angegeben ist, dessen besonderer Fall für die geodätische Linie in dem
Satze von Schols enthalten ist.
Die frühere kleine Entwickelung in Zeitschr. 1895, S. 421—424
ist insofern auf Veranlassung von Herrn Schols entstanden, als die dort
von uns nachgetragenen Glieder dritter Ordnung, welche nur Factoren
(a?2 — a?i) und (y^ — y^), also nicht y', x^ oder xy selbst enthalten, von
demselben in dem Mecklenburgischen Werke V. Band vermisst worden
waren, obgleich dieselben den dort S. 38 und S. 43 ausgesprochenen
Genauigkeitsgrad von 0,01"' bis 0,02"' nicht mehr beeinflussen.
Dabei sei aber berichtigt, dass auf 1895 S. 423 — 424 das Ver-
hältniss S: 8 zwar richtig entwickelt, aber am Schluss S. 424 falsch
geschrieben ist. Es kann dies zwar an sich sofort eingesehen und berichtigt
werden^ aber es sei hier unter Verweisung auf die richtige Form (59)
im Vorstehenden S. 139 mitgetheilt.
Zu unseren neuen Entwicklungen bis — j-. . . sind manche brief-
liehe dankenswerthe Zwischenbemerkungen von Schols gegeben und
auch am Schlüsse die Mittheilung gemacht worden, dass auf anderem
Wege (s. unten) Herr Schols dieselben Formeln innerhalb dieser Grössen-
ordnung gefunden hat.
Alle unsere vorstehenden Entwicklungen S. 131 bis 141 sind lediglich
eine Weiterentwicklung des elementaren Weges, der in § 9 und
§ 10 des Mecklenburgischen Werkes mit geometrischer Betrachtung des
Krümmungsdifferentials betreten war, und dieser Weg hat auch bis zu
den Gliedern — r- . . . zum Ziele geführt, und wird für diesen Zweck
kaum durch einen wesentlich kürzeren Weg ersetzt werden können, indem
Jordan. Conforme Kegelprojection. 143
das Hauptgeschäft die rein algebraische Zasammenordnang der auf-
tretenden Elemente nicht erspart werden kann.
Dagegen müssen wir hier berichten, dass Herr Schols, der auf
dieseih Gebiete der geodätischen Projectionslehre erste Autorität ist
(wenigstens in Deutschland sind ähnliche feine Untersuchungen von
Niemand bekannt), durch feinere mathematische Hülfsmittel, durch
hyperbolische trigonometrische Functionen, ßernouilirsche Zahlen usw.
Reihen aufgestellt hat, welche für die Merkatorprojection die Richtungs-
und Entfernungsreductionen nicht bloss bis zur vierten, sondern bis zur
fünften und sechsten Ordnung zu finden ermöglichen.
Der Mathematiker und der genügend mathematisch geschulte Geodät
werden jene Schols'schen Untersuchungen, denen auch in Deutschland
weitere Verbreitung zu wünschen ist,*) mit grossem Interesse folgen,
sie enthalten in mancher Hinsicht WeiterfÜhrnng dessen, was in dem
Oauss-Wlttstein-Schreiber^schen Werke über die ^Theorie der Projections-
methode der Hannoverschen Landesvermessung'^ Hannover 1866 als
mathematisch geodätisches Kleinod niedergelegt wurde — das allerdings
in Deutschland selbst von den Praktikern nicht genügend gewürdigt
worden ist. —
Bei alledem möge dem Schreiber dieses, der in erster Linie die
praktisch geodätischen Anwendungen solcher Theorien im Auge hat,
gestattet sein, die Wichtigkeit anschaulicher geometrischer Entwickelungen
in solchen Fällen zu betonen^ nach dem Satze Geometrica geometric^
und noch mehr Geodaetica geometric^!
Es ist wohl möglich, dass die Ignorirung jener klassischen Gauss-
Wittstein-Schreiber'schen Theorie von Seiten der deutschen Kataster-
Vermessungs-Praktiker mit darin ihren Grund hat, dass die abstracten
Theorien mit unbestimmten Functionen p und q, namentlich aber die
aller Anschaulichkeit entbehrende Einführung des Krümmungsdifferentials
auf dem Wege der Variationsrechnung, den Praktikern nicht genügend
verständlich war, weshalb eine mehr geometrisch anschauliche Inter-
pretation jener abstracten Theorien (welche wir für anderen Ort gemacht
haben) ein Bedürfniss zu sein scheint und in diesem Sinne glauben wir
uns mit Herrn Schols in dem Satze in Zeitschr. S. 101 — 102 zu-
sammenzufinden. c7.
*) Möchte vielleicht Herrr Schols sich entschliessen, eine zusammenfassende
deutsche Bearbeitung und Neuherausgabe der in den zerstreuten Abhandlungen
(Zeitscfar. 1895 S. 551) enthaltenen Theorien zu veranstalten?
144 Petzold. Der Sangnet'ache Tachymeter.
Der Sanguet'sche Tachymeter.
Der firanzQeische IngeDienr Saogaet hat einen Tscbyinetertbeodolit
nach dem Frincip des Gordian'sehen GefSllmeBsers conBtrairt, der
seiner Handlichkeit wegen Beachtung verdient. Fig. 1 gieht eine per-
BpectiWsche Aneicht davon, während Fig. 2 nur die wesentlichen Theile
Bchematisch darstellt. Er besteht, wie die erste Figur zeigt, atu einem
mittels in einer DreifassbUchse drehbaren Zapfens um die vertical« Achse
beweglichen Horizontal -
kreis, der mit der Schrau-
be P geklemmt nnd mit
der Schraube B fein ein-
gestellt «erden kann. In
dem hohlen Verticalzapfen
ntzt, wie bei einem Re-
petitionstheodolit, die die
Alhidade aufnehmende
Achse. Znr Feststelinng
der mit zwei Kernen ver-
sehenen Alhidade dient
eine in der Zeichnung
nicht sichtbare Klemm-
schraube, während die
Feineinstellung durch die
Mikrometersobraube B "
bewirkt wird. Unter dem
Horizontalkreiee ist znr
Orientirnng ein Rtthren-
compaea D angebracht.
Mit der Alhidade |ist eine
horizontale Platte fest
' verbunden, die, in der
, Zeichnung rechts, eine
Oabel mit den Lagern
für die horizontale, nahe dem Objectiv liegende Fernrohrdrehacbse trügt.
Das linke Ende dei Platte nimmt einen verticalenMaaasstab fanf, und
in ihrer Hitte sitzt die znr Horizontalstellung ntlthige Libelle. Die
Enden des Maasestabes F haben horizontale, mit Oeffnnngen versehene
Ansätze. In diesen OefTnnngen kann ein Ftthrungestab, der unten auf
der Spitze einer Mikrometerschraube £' ruht, auf- nnd abbewegt werden.
Den Ftlhrungsstab umfasst eine längs desselben bewegliche und mit der
Schraube P' feststellbare Klemmplatte. Die Klemmplatte enthält «nea
Nonius und ist an der hinteren Seite mit einer das Ocnlarende dea
Fernrohres tragenden Stahlschneide versehen.
Petzold, Der Sanguet'sche Tachymeter.
145
Das Fernrohr, ein gewöhnliches Theodolitfernrohr yon 0,275 m
Länge, einfachem Fadenkreuz und 30 bis 35facher Yergrössemng,
kann infolge jener Einrichtung, sobald die Schraube P' gelöst ist, um
die horizontale Achse gedreht und auf irgend einen Punkt eingestellt
werden, wobei die Feineinstellung, nachdem P' wieder angezogen ist,
mit der Schraube R' vorgenommen wird. Der Nonius der Elemmplatte
zeigt dann an der Theilung des Maassstabes F die trigonometrische
Tangente des Neigung9winkels des Fernrohres an.
Die Mutter der Schraube B' ist mittels einer Hängestange mit
dem kurzen Arme eines Hebels L verbunden, dessen horizontale Dreh-
achse auf der Hinterseite in dem unteren Theile des Maassstabes F sitzt.
Der lange Hebelarm legt sich bei L beständig an die eine Seite der
als Femrohrträger dienenden Oabel. In dieser Seite befinden sich vier
Anschlagstifte, die in Fig. 1 durch kleine EJreise, hingegen in Fig. 2 durch
Fig. 2. A, 10, 18 und 22 bezeichnet sind.
Durch das Gewicht des Fem-
rohres und der Führungsstange ist
, diese bestrebt, den kurzen Hebelarm
herabzudrücken, was jedoch wieder
dadurch, dass der lange Hebelarm
sich gegen irgend einen der vier Stifte
legt, verhindert wird. Liegt z. B.
der lange Hebelarm an dem untersten
Stifte A (Fig. 2), und wird er durch
einen leichten Seitendruck davon entfemt, so legt er sich von selbst
infolge des auf den kurzen Arm wirkenden Gewichts gegen den nächsten
Stift 10; dabei hat gleichzeitig das Fernrohr eine Bewegung um seine
horizontale Drehachse derart gemacht, dass die trigonometrische Tan-
gente des Neigungswinkels der Femrohrvisirlinie um 0,010 grösser
geworden ist. Legt man w:eiter den Hebel gegen die in Fig. 2 mit 18
und 22. bezeichneten Stifte, so nimmt die Tangente des Neigungswinkels
der Yisirlinie bezüglich um 0,018 und 0,022 zu.
Fig. 3.
Zettsehrift für Vermesrangswesen 1896. Heft 5.
Zur Erläuterung der The-
orie und des Gebrauchs des
Instrumentes setzen wir in
der horizontalen Entfernung
d von diesem eine senkrecht
aufgestellte NivellirlatteHS
(Fig. 3) voraus. Wir richten
das Femrohr des horizontal
gestellten Tachymeters auf
irgend einen Punkt der
Latte HS, ziehen die Klemm-
schraube C in Fig. 2 (P' in
10
146 Petzold. Der Sanguet^sche Tachymeter.
Fig. 1) an, bringen den Hebel gegen den Stift A and lesen an dem
yerticalen Tangentenmaassstabe F (Fig. 1) sowohl als auf der Latte ab.
Darauf bringen wir den Hebel der Reihe nach gegen die Stifte 10^ 18
and 22 and machen in jeder Fernrohrstellang die Ablesang sowohl
am Tangentenmaassstabe als aaf der Latte. In Fig. 3 sind die ange-
zielten Pankte der Latte mit Ay B, C und D bezeichnet, während 0 H
die durch die Fernrohrdrehachse 0 gehende Horizontale darstellt. Ist
X der Werth der trigonometrischen Tangente des Winkels AO H und sind
a, b und c bezüglich die Werthe der Lattenabschnitte i4£, ACnnä AD,
80 hat man der oben angegebenen Lage der Stifte gemäss die vier
•Gleichungen
AH=d'X (1)
BH=4'(x + 0,010) (2)
CH=*-(a; + 0,018) (3)
DE = d . (JB + 0,022). (4)
Daraus folgt, wenn die erste Gleichung von jeder der drei anderen
Gleichungen abgezogen wird und dann die drei neuen Gleichungen
addirt werden:
a + 6 + c = 0,001 d . (10 + 18 + 22) = 0,01 d • 5 (5)
und hieraus ergiebt sich
d=i_±+' + Li.ioo.
H-^~)
Das heisst der fünfte Theil der Summe der Lattenabschnitte er, b
und c in Centimetern ist gleich der horizontalen Entfernung d in Metern.
Der Höhenunterschied zwischen dem anvisirten Lattenpunkte und der
horizontalen Femrohrdrehachse ist dann für jede Fernrohristellung das
Product aus dieser Entfernung d und der am Maassstabe F (Fig. 1)
abgelesenen Tangente des Neigungswinkels.
Es ist nun in der Tachymetrie nicht nöthig, für jeden Bodenpunkt
die angegebenen vier Einstellungen zu machen; es genügen deren zwei
zur Ermittelung der horizontalen Entfernung und des Höhenunterschiedes.
Denn hat man z. B. bei den Hebelstellungen A und 10 (Fig. 2) ab-
gelesen, so folgt aus den dafQr geltenden Gleichungen (1) und (2)
a = 0,01 d. oder d = 100 a.
Der Lattenabschnitt a in Centimetern stellt deshalb die horizontale
Entfernung d in Metern dar.
Zur Festlegung der Standpunkte von Tachymeterzügen wird man der
grösseren Genauigkeit und der Gontrole wegen vier, zur Bestimmung
der Detailpunkte hingegen nur zwei Einstellungen machen.
Für topographische Aufnahmen, bei denen noch Entfernungen bis
zu 800 m gemessen werden sollen, empfiehlt «Mi natürlich eine Latte
oiit gröberer Theilung.
Seyfert. Auftrageapparat nach Seyfert. 147
Als mittleren Fehler der Bestimmang einer Entfernung von 100 m
giebt Sanguet it 6 cm an.
Das Instrument ist patentirt und wird nur von der Papeterie
Cabasson in Paris, rue Joubert 29; geliefert; es kann in einem Kasten
von 0;27 m X 0,30 m X 0,18 m Aussenmaassen getragen werden und
wiegt sammt Kasten ca. 8 kg.
Hannover, Februar 1896. üf. Petzold.
Auftrageapparat nach Seyfert
D. R. G. M. 42114.
1. Princip.
Das Wesentliche des neuen Instrumentes ist die Anwendung eines
Messkeiles a — a zum genauen Absetzen der Ordinaten.
Der Messkeil, dessen Neigungsverhältniss 1 : 10 beträgt, gleitet an
einer dem Abscissenlineal parallelen Führung und theilt seine Bewegung
einem in senkrechter Ftthrung zum Abscissenlineal gehenden Schieber b — b
mit, dessen auf dem Messkeil ruhende schmale Kante in gleichem
Neigungsverhältniss abgeschrägt ist. Bei einer bestimmten Bewegung
des Messkeiles um eine bestimmte Länge, erleidet der senkrechte
Schieber demnach eine Verschiebung um den zehnten Theil dieser Länge
and bei der möglichen Oesammtverschiebung von 5 cm des Messkeiles
eine solche von 5 mm. Es leuchtet nun ein, dass der Schieber nur in
gleichmässigen Abständen von 5 mm durchlocht zu sein braucht, um
sämmtliche zwischen der ersten und letzten Bohrung liegenden Maasse
durch eine genau zur Bohrung passende Nadel vermittelst der möglichen
Verschiebung von 5 mm absetzen zu können.
2. Theile des Instrumentes.
Das Instrument besteht:
1) aus dem Abscissenlineal,
2) dem Ordinatenschleber.
Das Abscissenlineal hat eine in den Maassstäben 1 : 1000 und 1 : 2000
eingetheilte Nutzlänge von 50 cm bei einer Stärke von 4 — 5 mm und
einer Breite von 6 cm. Beide Maassstäbe sind rechtsläufig und links-
läufig beziffert, um nach beiden Richtungen kartiren zu können, ohne
das Kartenblatt drehen zu müssen.
Zum Anfassen ist das Lineal mit zwei Knöpfen versehen.
Am Ordinatenschleber befinden sich die Nonien d—d und e — e für
beide Maassstäbe 1:1000 und 1:2000 rechts- und linksläufig, welche
ein directes Absetzen der Abscissenmaasse auf 0,1 m gestatten.
Ausser den Ausschnitten bezw. Führungen für die schon erwähnten
Theile, des Messkeiles mit den Knöpfen a—a und des durchlochten
Schiebers b — &, finden sich im Ordinatenschieber noch die Ausschnitte
10*
148
Seyfert Aoftrageapparat nach Seyfert
Anftrageapporat nach Seyfert
D. R. O. M. 42114.
1 i'iOOO
f
0009-1
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r i ■!
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Seyfert. Auftrageapparat nach Seyfert. 149
g—g und k — k. Während die Ausschnitte g—g nur das Gewicht des
Schiebers yermindem sollen, sind in den Ausschnitten k—k Olasfaden-
kreuze angebracht^ welche die Auflage und Einstellung des Instruments
ermöglichen. Die Schnittpunkte der Fadenkreuze sind genau 5 cm von
der Mittellinie des durchlochten Schiebers entfernt, die eine Linie des
Fadenkreuzes liegt zur Mittellinie dieses Schiebers parallel, die andere
normal zu derselben. Letztere ist gleichzeitig die Verbindungslinie
beider Schnittpunkte der Fadenkreuze und halbirt die NutzlAnge des
Schiebers.
Die Feder c — c drückt den Schieber 6— & gegen den Messkeil a — a
and bewirkt, dass der Schieber auch einer rückgängigen Bewegung des
Messkeils folgt.
An den h—h bezeichneten Stellen liegen 2 Druckfedem, welche
den Schieber niederhalten und ein Ausspringen desselben yerhindem.
Dieselben sind der Einfachheit wegen auf der Zeichnung nicht dar-
gestellt.
f—f sind zwei Knöpfe zum Anfassen des Schiebers.
3. Gebrauch.
Die Verbindungslinie der Kreuzungspunkte des Fadenkreuzes wird
80 auf die Messlinie gelegt, dass bei der Richtung der Messlinie von
links nach rechts der Kreuzungspunkt des linken, bei umgekehrter
Richtung der des rechten Fadenkreuzes in den Anfangspunkt der Mess-
linie fällt. Dann wird das Abcissenlineal an den festgehaltenen Ordinaten-
schieber gelegt und so verschoben, dass der der Messungsrichtung ent-
sprechende Nonius des Ordinatenschiebers das Maass 100 im Maassstab
1:2000 resp. 50 im Maassstab 1:1000 angiebt. Damit ist die Ein-
stellung des Instrumentes beendet.
Nun werden die gemessenen Abscissenmaasse eingestellt, mit dem
Messkeil die Meter und Meterbruchtheile abgesteckt, und der Punkt
durch das Zehner- oder Fünferloch des Schiebers mit der Nadel ge-
stochen. Als Marke für die Verschiebung des Messkeiles dienen der
als Pfeil gezeichnete Fünferstrich der Theilung 1 : 2000 auf dem Ordinaten-
schieber ftlr die Kartirung im Maassstabe 1 : 1000 und umgekehrt der
Pfeilstrich der Keiltheilung für die Kartirung im Maassstab 1 : 2000.
Für Ordinaten oberhalb der Messlinie gilt die von links nach rechts
bezifferte Theilung, für Ordinaten unterhalb die von rechts nach links
bezifferte Theilung.
Da das Instrument die Kartirung von je 5 cm langen Ordinaten nach
oben wie nach unten gestattet, so eignet es sich nicht nur zur gewöhnlicheii
Rleinkartirungf sondern auch zum Kartiren der Dreiecks-Polygon- und Klein-
pnnkte nach Coordinaten, indem man entweder von der Quadratseite
alle Punkte bis 100 m Abstand nach beiden Seiten kartirt, oder sich
die Halbirungslinie der Quadrate zieht und dieselbe als Messungslinie benutzt.
150 Bficherschaa.
Ebenso ist das Instrument znm Zeichnen von Längen- nnd Quer-
Profilen (Längenmaassstab 1 : 2000, Höhenmaassstab 1 : 100) sowie zum
Entwerfen von Bauzeichnungen sehr geeignet.
4. Vortheile der Construction.
Vortheile der Construction sind:
1) grössere Schnelligkeit, da die Arbeit mit Blei und das Ab-
schieben der Dreiecke und sonstige Handgriffe gänzlich yermieden werden^
2) grösste Oenauigkeit durch die genaue Eeileinstellung und die
sichere Nadelftthrung in den Bohrungen,
3) Schonung der Augen durch die Einstellung der Ordinatenmaasse
auf dem zehnfachen Maassstabe des Messkeiles,
4) Beibehaltung der gleichen Körperhaltung beim Kartiren, da
durch den Messkeil der verticale Maassstah in die Richtung des Ab-
scissenmaassstabes projicirt ist.
5. Preis des Instrumentes.
Das Instrument wird in dem mathematisch -mechanischen Institut
von A. Ott in Kempten (Bayern) gefertigt und ist von dort einschliesslich
des Holzkastens zum Preise von 75 Mark pro Stück zu beziehen,
Seyfert.
BOcherschau.
Htmdbuck der Vermessungskunde von Dr. W. J o rd a n , Professor an der Technischen
Hochschule zu Hannover. Erster Band. Ausgleichungsrechnung nach der
Methode der kleinsten Quadrate. Vierte erweiterte Auflage. Stuttgart.
J. B. Met zier 'scher Verlag 1895.
Als Jubiläumsausgabe zur Entdeckung der Methode der kleinsten
Quadrate durch Oauss erschien im genannten Verlage die vollständig
neu bearbeitete 4. Auflage des ersten Bandes des Handbuchs der Ver-
messungskunde von Prof. Dr. Jordan, die Ausgleichungsrechnung nach
der Methode der kleinsten Quadrate enthaltend. Ein Werk, welches
wie das vorliegende, auf den an Zahl beschränkten Leserkreis der
Fachgenossen angewiesen, trotzdem schon nach kurzer Zeit in vierter
Auflage erscheint, hat dadurch einen solchen schlagenden Beweis seines
Werthes gebracht, dass es überflüssig erscheint, dasselbe noch nach
Form oder Inhalt zu empfehlen. Wenn wir in Rücksicht auf die erfolgte
Umarbeitung der Auflage, welche fast einer vollständigen Neubearbeitung
gleichkommt, es dennoch unternehmen, das Werk einer Besprechung zu
unterziehen, so wollen wir aus dem vorgenannten Orunde auch hier uns
jedes Lobes enthalten und nur kurz erwähnen, dass der die Ans-
gleichungsrechnung fast erschöpfende Inhalt ebenso wie die lieht-
BUcheiBchau. 15 1
Yölle Beweisführang und übersichtliche Anordnung des Stoffes das Buch
gleich geeignet zur Erlwnnng der Elemente der Ansgleichungsrechnung,
wie zum tieferen wissenschaftlichen Studium der höheren Theorien machen.
Für den Anfänger giebt der Verfasser im Vorwort den nöthigen
Hinweis für die Einrichtung des Studienganges.
Das Werk ist in ftinf Kapitel gegliedert, von denen das erste die
allgemeine Theorie der kleinsten Fehlerquadratsnmmen, das zweite die
Triangulirungsnetze, das dritte die Panktbestimmung durch Coordinaten-
ansgleichung, das vierte die Theorie der Fehlerwahrscheinlichkeit; das
fünfte die Oenauigkeit der verschiedensten Triangulirnngen behandelt.
Angefügt sind dann noch einzelne Nachträge, welche nach Beginn der
Drucklegung entstanden, den entsprechenden Kapiteln nicht mehr
organisch angegliedert werden konnten. Den Schluss des Buches bildet
ein Anhang verschiedener Tabellen. -
Das erste Kapitel, welches am wenigsten von der Bearbeitung der
früheren Auflagen abweicht, bringt zunächst die allgemeinen Begriffe
und allgemeinen Entwicklungen der Ausgleichüngsrechnung. Hervor-
zuheben ist, dass ausser der willkürlichen Feststellung des Begriffes des
mittleren Fehlers weitere willkürliche Annahmen vermieden sind, denn
das Ausgleichungsprincip der kleinsten Qnadratsumme ist identisch mit
dem Princip den mittleren Fehler möglichst klein zu machen, und wenn
einmal der mittlere Fehler als Oenauigkeitsmaass der Bestimmung einer
Grösse angenommen ist, dann ist es eine vollständig logische Schluss-
folgerung, denWerth einer Grösse so zu bestimmen, dass sein mittlerer
Fehler möglichst klein wird, und diesen Werth, der auf Grund des an-
-genommenen Genauigkeitsmaassstabes am besten mit den Beobachtungen
übereinstimmt, als den wahrscheinlichsten zu bezeichnen. Ferner ist das
arithmetische Mittel, wenn es auch zuerst als selbstverständlich hin-
gestellt ist, im späteren Paragraphen als aus dem angenommenen Aus-
gleichsprincip hervorgehend bewiesen.
Nach der Entwicklung des Begriffs des mittleren Fehlers und des
Fehlerfortpflanzungsgesetzes und der Behandlung des arithmetischen
Mittels und seines mittleren Fehlers kommt der Verfasser bereits im
§ 12 zur Aufstellung des allgemeinen Ausgleichungsprincipes, welches
für vermittelnde Beobachtungen zunächst für 2 Unbekannte durchgeführt
wird, dann auf nicht lineare Functionen und beliebig viele Unbekannte
ausgedehnt wird. Von den erläuternden Beispielen sind besonders die
Ausgleichung von Barometerständen und die Interpolationsausgleichung
einer periodischen Erscheinung hervorzuheben.
An die bisher behandelte Ausgleichung director und vermittelnder
Beobachtungen schliesst sich nun die Behandlung der bedingten und
der vermittelnden Beobachtungen mit Bedingungsgleichungen. Beide
Aufgaben sind zunächst nach der Eliminationsmethode auf die Aufgabe
15ä Bücherschau.
^er AnsgleichuDg yermittelnder Beobacbtangen des leichteren Verständ-
nisses wegen zurückgeführt; dann aber nach der rechnerisch bequemeren
und deshalb praktisch wichtigeren Correlatenmethode gelöst.
Nach der allgemeinen theoretischen Lösung dieser Aufgabe kommt
der Verfasser im zweiten Kapitel zur praktischen Anwendung auf
geodätische Aufgaben^ und zwar zur Ausgleichung von Triangulirungs-
netzen. ^ach den Lehren von der Aufstellung der Bedingungsgleichungen
wird die Art der Ausgleichung praktisch an mehreren treffenden
Beispielen gezeigt und sowohl für Richtungssätze wie für Winkel-
beobachtungen duirchgeführt; di^ Unterscheidung von Winkelmessung
und Richtungsbeobachtung, wie die ZuiückfUhrung der einen auf die
andere ausführlich behandelt und endlich die Dreiecksnetzausgleichung
nach BesseFs Methode^ die Triai^gulirung nach Schreiber's Methode und
die Netzausgleichung nach Helmert's Theorie erläutert. Den Schluss
des Kapitels bildet die Theorie der günstigsten Wahl der Seiten-
gleichung im Viereck.
Das dritte Kapitel ist das für den praktischen Landmesser wichtigste,
da es die Punktbestimmung durch Coordinatenausgleichung enthält. Nach
den allgemeinen Erklärungen und Entwicklungen werden die einzelnen
Aufgaben des Vorwärtseinschneidens, des Rückwärtseinschneidens, des
combinirten Vorwärts- und Rückwärtseinschneidens und der Doppelpunkt-
ausgleichung an demselben Beispiele der zur Triangulation von Hannover
gehörigen Punkte Hochschule und Dreifaltigkeit durchgeführt, wodurch
das Verständniss für die einzelnen Arten der Coordinatenausgleichung
ungemein gefl5rdert wird. Den Schlass des Kapitels bildet die Aus-
dehnung des Verfahrens der Doppelpunktausgleichung auf die Ein-
schaltung eines ganzen Netzes in einen gegebenen Rahmen. Als Bei-
spiel dient eine Netzeinschaltung mit Coordinatenausgleichung von
10 Punkten des Schlesisch-Posenschen Dreiecknetzes.
Das vierte Kapitel enthält die Theorie der Fehlerwahrscheinlichkeit.
Aus den kurz begründeten Sätzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung wird
die Fehlerwahrscheinlichkeltsfunction entwickelt und aus derselben die
Beziehungen zwischen den mittleren, wahrscheinlichen und durchschnitt-
lichen Fehlern gebildet. Nach weiteren Untersuchungen über verschiedene
Fehlerpotenzsummen etc. wird eine Vergleichung des Fehlergesetzes mit
Beobachtungsreihen gegeben und werden Fehlercurven mit endlicher
Erstreckung gebildet. Hervorzuheben ist der vom Verfasser gelieferte
neue Beweis, dass eine Fehlercurve mit Berührung nter Ordnung für
n=oo in die Fehlerfunction übergeht. An diese Untersuchungen schliesst
sich dann noch eine Theorie des Maximalfehlers, ein bis jetzt unbe-
ackertes Feld, auf dem gleichwohl die Weiterentwicklung der Aus-
gleichungsrechnung liegen dürfte.
Im Kapitel V, welches vollständig neu der Ausgleichungsrechnung
angegliedert ist, behandelt der Verfasser den geschichtlichen Theil der
Bttcherschan. 153
TriangaMrungen, soweit noch actenmäsuge Unterlagen vorhanden sind;
welche einen Schlnss auf die erreichte Oenanigkeit zulassen. Als
Maassstab dient die internationale Näherangsformel für den mittleren
Winkelfehler.
Von älteren Messungen sind die Triangulirungen der Niederlande
von Snellius 1610 und von Württemberg durch Schickhart 1620 be-
schrieben. An diese schliesst sich die Besprechung der französischen
Grradmessungen des vorigen Jahrhunderts und weiter die Landesver-
messungen und Oradmessungen von England, Russland und Dänemark.
In den folgenden Paragraphen werden die Arbeiten von Gauss, Bessel
und Baeyer besprochen und schliesslich alle die neueren Arbeiten der
preussischen Landestriangulation, des geodätischen Institutes, der deutschen
Staaten Bayern, Württemberg, Baden^ Hessen - Nassau, Oldenburg,
Mecklenburg und Sachsen ausführlich behandelt. Fast sämmtHche
Triangulationen sind durch Netzdarstellungen und Beschreibung der
Messangsverfahren erläutert. Am Schlüsse des Kapitels sind alle diese
Arbeiten mit ihren mittleren Winkelfehlern zusammengestellt, welche
von 2 bis 4 Minuten im 17. Jahrhundert, im 18. Jahrhundert schnell
auf 3,6 und 1,1 Secunden heruntergehen. Für das 19. Jahrhundert
ist der mittlere Winkelfehler in weiterer asymptotischer Annäherung
auf 1 Secunde herabgegangen. ^ Welches^, schliesst der Verfasser dieses
wichtige und interessante Kapitel, ^wird die Grenauigkeitssteigerung im
20. Jahrhundert werden?"
Aus den Nachträgen ist endlich noch die Theorie der günstigsten
Winkelgleichung im Viereck und Ergänzungen zur Theorie des Maximal-
fehlers hervorzuheben* Den Schluss des vortrefflichen Werkes bilden
eine Reihe von wichtigen Hilfstafeln, welche bei den verschiedenen
Arten der Ausgleichungsrechnungen gebraucht werden.
Im Anschluss an diese kurze Inhaltsangabe sei es nun noch er-
laubt, einige Bemerkungen hinzuzufügen.
Zunächst wird es vielen GoUegen aus der Seele gesprochen sein,
dass es zu bedauern ist, dass die in dep früheren Ausgaben vorhandenen
Abhandlungen über (G^enauigkeitscurven und Fehlerellipsen, sowie das
im zweiten Bande (1893) versprochene Kapitel über Polygonzüge aus
Rücksichten auf Umfang und Preis des Werkes in die neue Ausgabe
nicht mit aufgenommen werden konnten. Hoffentlich schiebt der Ver-
fasser die Bearbeitung dieser Stoffe zu einem Ergänzungsbande seiner
Vermessungskunde, in welchem vielleicht auch die Ausgleichungen mit
graphischer Darstellung der Visirstrahlen noch berücksichtigt werden
könnten, nicht zu lange hinaus.
Femer ist hervorzuheben, dass durch das ganze Buch das Be-
atreben hervortritt, durch möglichst scharfe Rechenformeln und Anwendung
einfacher Hülfsmittel und praktische Anordnung der Formulare die
154 BliclierschaiL
Rechnung des Praktikers so einfach als möglich xu gestalten. So ist
z. B. auf Seite 105 die Auflösung der Normalgleichungen von sechs
Unbekannten durchgeführt, welche in Bezug auf Anordnung der Rech-
nung mustergültig^ und deren Auflösung nur mit Hülfe des Rechen-
schiebers erfolgt ist und wirklich bewirkt werden kann, wovon wir uns
durch Nachrechnung überzeugt haben. Allerdings gehört dazu eine
günstige Oestaltung der Normalgleichungen, welche der Verfasser durch
proportionale Abänderung der Coefficienten der Bedingungsgleichungen
und durch Abänderung der Fehlereinheit fUr die Fehiergleichungen mit
Recht zu erreichen strebt. Dagegen ist schwer einzusehen, warum
z. B. Seite 343 m, my und mx logarithmisch und nicht auch mit dem
Rechenschieber, bezw. im Kopfe berechnet werden sollen.
Es ist
^y^ = -p^ = -^ =0,0041 my = 0,6dm
tnx^ = -^ = M = 0,0073 mx = 0,086 dm
[aaj 82
oder Seite 351
w*=-'^ = -^=16 m = 4
w— 3 2
mx^ = -^ = ^ = 0,178 mx =0,42 dm.
[aaJ 90
Zu Gunsten des Rechenschiebers spricht noch, dass die Brüche
0,6
147
etc. nur eingestellt und garnicht geschrieben zu werden brauchen, und dass
sofort die Resultate von my == 0,06 etc. ohne das Zwischenglied 0,0041 u. s. f.
abgelesen werden können. Es bedarf dabei nur einer kleinen Eopf-
rechnung, wie viel Nullen der Decimalbruch nach dem Komma hat.
Andererseits muss den Bemerkungen des Verfassers auf Seite 398
über die sogenannte ^Sigmaprobe^ beigestimmt werden, dass es
zweckmässiger wäre [w] = [XX] — 2 zu bilden, bezw. nach Anw. IX,
wo 2 stets negativ ist, [w] = [ff.] + 2. Hervorzuheben ist ferner, dass
es der Verfasser verstanden hat, die Theorie der Wahl der günstigsten
Gleichungen im Viereck noch weiter zu vervollkommnen und durch
Combination der achtgliedrigen (günstigsten) Seitengleichung mit den
3 achtgliedrigen (günstigsten) Winkelgleichungen den Normalgleichungen
far Ausgleichung des Vierecks bei grösster Rechenschärfe die möglichst
einfache Form zu geben (§ 84 und § 145), so dass wohl jetzt kaum
Bttcherschau. 155
noch von irgend einer Seite Einwendungen gegen die Richtigkeit und
praktische Nützlichkeit des Princips erhoben werden dürften.
Haben wir uns bis jetzt überall in voller Uebereinstimmnng be-
funden, so ist das in folgenden Punkten nicht ganz der Fall.
Zunächst ist es unserer Ansicht nach zu bedauern, dass der Yer-
fasBer in die neue Auflage den Beweis nicht aufgenommen hat, dass
das zufällige Zusammentreffen einer bestimmten Anzahl von Beobachtungs-
ergebnissen für den Werth der beobachteten Grösse die grösste Wahr-
scheinlichkeit hat, für welchen die Quadratsumme der vorhandenen
Widersprüche ein Minimum wird. Bei der nur durch die Zweckmässig«
keit begründeten Annahme des Princips der kleinsten Quadratsumme
ist dieser Theilbeweis für die Richtigkeit der Methode nur schwer zu
entbehren.
Dann ist in § 12 Gleichung (4) die Fehlerwahrscheinlichkeit, ^ass
ein Fehler zwischen den Grenzen +a und — a liegt mit Wl \ be*
zeichnet. Vorzuziehen wäre eine Bezeichnung Wa oder Wl L da TF i j
streng doch nur die Wahrscheinlichkeit bezeichnet, dass ein Fehler
zwischen a und o liegt und die Gleichung stattfindet:
ah
0
Weiter müsste in den §§ 117 und 118 unserer Meinung nach der
Nenner der Formeln (13) (14) (15) u, s. f. genauer n— 2 bezw. n— 3
heissen, so dass die Formeln
f n-2 V l/n /
^ n—S \ Yn-l /
lauten würden. Es sind das die Werthe, welche bei genauerer Rech«
. . t/'W] /. 0,7071 \
nung sich ergeben, während w = r 1 1 ± / | u. s. w. nur
' ^ n \ Yn-V
Nähemngswerthe sind. Diese Näherungswerthe, welche bereits von
Gauss angegeben sind, haben allerdings den Vorzug, dass sie im ersten
Gliede den mittleren Fehler, im zweiten seine Unsicherheit angeben,
sie leiden aber auch an dem Umstände, dass bei einer einzigen Beob-
achtung der mittlere Fehler des mittleren Fehlers reell bleibt, während
doch erst bei mindestens 3 Beobachtungen und 3 wirklichen Fehlern
bestimmende Grössen für denselben vorhanden sind. Jedenfalls ist
156 Bücherschaa.
Herr Professor Jordan der Mann^ welcher in seiner nächsten Auflage
bei gleicher Anschaulichkeit der Formeln den Widerspruch, welcher in
dem Nenner n bezw. n — 1 liegt, zu beseitigen verstehen wird,
Verschiedene Druckfehler, welche beim Durchgehen des Werkes
gefunden wurden, haben wir dem Verfasser mitgetheilt.
Wenn wir nun zum Schluss über das besprochene Werk ein Ge-
sammtnrtheil abgeben sollen, so können wir dasselbe auf die Abänderungen
und Vermehrungen der vierten Auflage beschränken, denn über das
aus der dritten Auflage Uebernommene hat der Deutsche Geometer-
stand schon sein Urtheil voll von höchster Anerkennung ausgesprochen,
und vollste Anerkennung gebührt dem Verfasser auch für die Neube-
arbeitung und Vermehrung. Das Werk steht in seiner Fülle des Stoffes,
der Eintheilung und Behandlung desselben, in seiner lichtvollen und
klaren Darsteliiong fast einzig in der Fachliteratur da. Würdig ist auch
die Ausstattung des Werkes, so dass dasselbe allen Collegen und Stu-
direnden der Geodäsie auf das Wärmste empfohlen werden kann.
Breslau, Januar 1896. Seifert, Oberlandmesser.
Die Anfangsgründe der TheodoUtmessung und der Polygonometrie, Mit einem
Anhange: Von den Fehlem der Messungen. Von G. Kraft, Königlicher
Oberforstmeister a.D. Dritte Auflage, bearbeitet von Schering, Königlicher
Professor und Forstmeister zu Altenplathow. Mit 91 Figuren. Hannover
1895, Helwing.
Das Buch ist hauptsächlich für die Bedürfnisse der Forstleute und
far solche Techniker bestimmt, die mit Eleinmessungen zu thun haben,
ohne die Geodäsie in ihrem ganzen Umfange auszuüben.
Nach einer Einleitung mit den Grundbegriffen wird im zweiten
Abschnitt die Ooordinatenrechnung und ihre Anwendung auf die Poly-
gonometrie behandelt. Der dritte Abschnitt enthält die Winkelmessung:
Femrohr, Theodolit nebst Prüfung und Berichtigung, Messung der
Horizontalwinkel, Winkelcentrirung, sowie die Messung der Höhenwinkei.
Hierauf folgen die polygonometrischen Messungen, wobei noch das
geschlossene Polygon in den Vordergrund gestellt ist, und im fünften
Abschnitt die Aufnahme und elementare Ausgleichung von Dreiecksnetzen.
Im sechsten Abschnitt sind die für Preussen giltigen Bestimmungen über
den Anschluss der Specialvermessungen an die trigonometrische Landes-
vermessung, das Verzeichniss der allgemeinen Coordinatensysteme für
die Bestimmung der Lage der trigonometrischen und polygonometrischen
Punkte der Specialvermessungen und schliesslich noch die Umwandlung
der geographischen Goordinaten in rechtwinklige sphärische Coordinaten
gegeben. Dann wird das Vorwärts-, Seitwärts- und Kückwärtseinschneiden
besprochen und die Berechnung einer Eleintriangulirung im Anschluss an
Gesetze und Verordnungen. 157
zwei Punkte der Landesaufnahme an einem Zahlenbeispiel gezeigt. Den
letzte Abschnitt bildet die trigonometrische Höhenmessung und die Auf-
nahme von Horizontalcurvenplänen.
In einem Anhange sind noch die Messnngsfehler und die Ausgleichung
directer Beobachtungen^ gleicher und ungleicher Genauigkeit nebst dem
mittleren Fehler besprochen. P.
Lehrbuch der Experimentalphysik von A. Wiill ner. Fünfte vielfach umgearbeitete
und verbesserte Auflage. Zweiter Band. Die Lehre von der Wärme.
Mit 131 in den Text gedruckten Abbildungen und Figuren. Leipzig 1896,
B. G. Teubner.
• Der zweite^ in der neuen Auflage die Wärmelehre enthaltende Band
von WüUner's Physik, deren erster auf S. 62 d. Zeitschr. besprochen
wurde, hat wesentliche Bereicherungen erfahren. Es ist neu aufgenommen:
die Anwendung der Thermoelemente zur Thermometries insbesondere zur
Messung sehr hoher und sehr tiefer Temperaturen; die Messungen von
Amagat über die Compression der Flüssigkeiten und Gase und die
daraus hervorgehende genauere Kenntniss der Zustandsgieichung für die
Gase; Weber's Untersuchungen über die Wärmeleitung von Flüssigkeiten;
das Joly-Bunseu'sche Dampfcalorimeter und die Pfaundler^sche Methode
der Bestimmung der specifischen Wärme durch den galvanischen Strom;
die Theorie der Lösungen auf Grund der van fHofTschen Sätze u. a.
Der Band zerfällt in sechs Abschnitte, von denen der erste die
Thermometrie und die Ausdehnung der Körper durch die Wärme behandelt.
Das zweite Capitel bringt die Fortpflanzung der Wärme und das dritte
die mechanische Wärmetheorie. Hierauf folgt die specifische Wärme,
dann die Veränderung des Aggregatzustandes durch die Wärme und
schliesslich die Wärmeentwickelang durch chemische Processe. P.
Gesetze und Verordnungen.
Nachtrag vom 29. Januar 1896 zur Landmesser-
Prüfangsordniuig.
Die Beatimmungen im § 13 der Vorschriften vom 4. September 1882
über die Prüfung der öffentlich anzustellenden Landmesser werden vom
1. Januar 1897 ab aufgehoben. An ihre Stelle treten die nachfolgenden
Bestimmungen :
Prttfungstermin.
§ 13.
1) Die Landmesser-Prüfungen finden regelmässig im Frühjahr am
SchluBS eines Studienjahres statt.
158 Personalnachrichten.
2) Ansser diesem Haupttermin ist nach Bedarf im Herbst noch ein
Nebentermin anzaboraumen^ wozn in der Regel nnr zosulassen sind:
a. die Candidaten^ die dnrch Krankheit oder sonstige unverscholdete
Umstände an der Ablegnng der Frttfang im Haupttermin verhindert
gewesen sind, insoweit die Hindernngsgründe durch Beschluss der
Prüfungscommission (§ 3) als genügend anerkannt werden^
b. die Candidaten, die im Haupttermin die Prüfung ungenügend
abgelegt haben^ insoweit von der Ober-Prüfnngscommission entschieden
ist (§ 25 Nr. 1), dass sie die Prüfung schon nach einem halben Jahre
wiederholen können.
Der Der Minister
Finanzminister. der öfifentlichen Arbeiten.
Miquel. Thielen.
Der Der
Minister der geistlichen etc. Minister für Landwirthschaft,
Angelegenheiten. Domainen u. Forsten
I. A.: de la Groix. I. A.: Sterneberg.
(D. R.-A.)
Personalnachrichten.
Königreich PrensseiL Landmesser PI ahn in Schneidemüfal ist
zum Vermessungsrevisor ernannt worden.
Finanzministerium. Der Eatasterinspector, Steuerrath Probst
zu Magdeburg ist nach K(^ln versetzt.
Die Eatasterlandmesser Sieh in Arnsberg und Klüppel in Trier
sind zu Eatastercontroleuren in Toftlund bezw. in Grumbach bestellt
worden.
Ministerium für Landwirthschaft^ Domainen und Forsten.
Der bisherige Landmesser Wilhelm August Baldus zu Limburg
a. L. ist zum Königlichen Oberlandmesser ernannt worden.
Königreich Bayern. S. Kgl. Hoheit der Prinzregent geruhten
zu verfugen, dass von der Messungsbehörde Erding (Oberbajern) der
Bezirk des Amtsgerichts Haag abgetrennt und der Messungsbefaörde
Mühldorf zugetheilt werde, ferner die Stelle eines Vorstandes der
techn. Messungsbehörde Erding dem Ereisgeometer Christoph Rupp
unter Einreihung desselben zu den Bezirksgeometem II. Elasse zu
verleihen und zum Ereisgeometer bei der kgl. Regierungsfinanzkamn^er
von Niederbayem den Messungsassistenten Friedrich Linn in Bayreuth
zu ernennen.
Ministerium des Aeusseren. Die geprüften Geometer Georg
Hulemer, Paul Vogel, Anton Stiegler, Franz Seraph Zölch,
und Eugen Burger sind in den statusmässigen Dienst der Königlichen
Staatseisenbahnverwaltung als Geometer, eingereiht worden.
Yeremsangelegenheiten. — Neue Schriften über VennesBUDgsweseii. 159
Vereinsangelegenheiten.
Ans dem Jahresbericht des Bhein.-Westf. Landmesser-Vereins für
1895 entnehmen wir Folgendes:
Am Schiasse des Jahres 1894 zählte der Verein 284 Mitglieder,
Ton denen im Laufe des Jahres 5 durch den Tod und 5 aus anderen
Grflnden ausschieden. Dem Verein traten 43 neue Mitglieder bei; so
dass derselbe bei Anfang des Jahres 18^96 eine Mitgliederzahl von 317
aufweist; von denen nur 92 dem Deutschen Geometer- Verein angehören.
Auf der am 13. October 1895 in Dtisseldorf abgehaltenen Haupt-
yersammlung wurden in den Vorstand gewählt die Herren:
Stadtgeometer Wal raff in Düsseldorf als Vorsitzender;
Oberlandmesser Uttrten in Münster als stell vertr. Vorsitzender;
Kataster-Controleur Hütten in Solingen als Schriftführer,
Technischer Eisenb.-Secretair Tuschick in Gassei als Schatzmeister;
Landmesser E melius in Cassel als Reducteur der Zeitschrift.
Die Einzleltuiii^ der JHIti^liederbeitrllil^e für da« Jahr
tSMI erfolfft in der Zeit wom t« Januar bin eliuielilleiiMlieli
iO. JHftrz« Die Herren JHiti^lieder, welelie den Beitrag
dareli die Pont einsenden wollen, nrerden ersneiity diene«
In der oben ani^egebenen Zelt su tiinn. üTaeii dent tO« nftrs
•rfelst die Einzleliunif dnrelt PoMtnaelinaiinie. — Em nrird
gebeten bei Eineendnnuf des Beitraipeii den Jetxii^en ÜTohn-
ert, AmtMtitel ete. dentüelt anzni^eben, da beab«ielitii^
wird für da« Jahr tSOG ein neue« JHIti^liederwerzeleiini««
heran«zni^eben« Aneh i«t die Ang^abe der JHitslied«-
namniern «elir erwtt neelit.
Cassel, Murhardtstrasse 19b, den 1. Januar 1896.
Die Kassenverwaltung des Deutschen Geometer- Vereins.
Hüser, Oberlandmesser.
Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Cantor j M., Vorlesungen über Geschichte der Mathematik. (In 3 Bänden.)
Band III: Vom Jahre 1668 bis zum Jahre 1759. (3 Abtheilungen.)
Abtheil. 2: Die Zeit von 1700 bis 1726. Leipzig 1896. gr. 8.
pg. 253— 472 mit 30 Holzschnitten. 6,00 Mk.
Band III. Abtheil. 1 : Die Zeit von 1668 bis 1699. 1894 mit
45 Holzschnitten. 6,00 Mk. — Bändln. II: Von den ältesten Zeiten
bis zum Jahre 1668 (Band I in 2. Auflage). 1892—1894; 812 u.
873 pg. mit 1 Tafel u. Holzschnitten. 46,00 Mk.
160 Neue Schriften über VermesBiuigBwesen.
Veröffentlichangen des Kgl. Preussischen Meteorologischen Instituts,
herausgegeben durch W. v. Bezold. Ergebnisse der Niederschlags-
beobachtungen im Jahre 1893. Berlin 1895. gr. 4. 52 u. 201 pg.
mit 1 Karte. 10,00 Mk.
BaU, B. S., Great Astronomers. (Lives of Ptolemy, Oalileo, Kepler
Herschel, Laplace, Brinkley, Airy and others.) London 1895. 8.
384 pg. with numerous illustrations, cloth. 7,80 Mk.
— Treatise on spherical Astronomy. Cambridge 1896. 8. — In the press.
Abhandlungen, Wissenschaftliche, der Physikalisch -Technischen Reichs-
anstalt. Band IL Berlin 1895. gr. 4. 5 u. 541 pg. m. 48 Holz-
schnitten. 30,00 Mk.
Inhalt: Thiesen, M., Thermometrische Arbeiten, betreffend
die Vergleiehungen von Quecksilberthermometem unter einander.
Untersuchungen über die thermische Ausdehnung von festen und
tropfbarflttssigen Körpern. — Scheel, K., u. Di es seih or st, H.,
Bestimmungen der Aenderung der Schwere mit der Höhe auf dem
Grundstück der Physik.-Techn. Reichsanstalt. — Gumlich,E.,
Optisches Drehungsvermögen des Quarzes für Natriumlicht. —
Dorn, E., üeber den wahrscheinlichen Werth des Ohm nach den
bisherigen Messungen. -- Leman, A., Zur Bestimmung der Caliber-
correction für eiektrififche Widerstandsrohre. — Jäger, W., Die
Quecksilber-Normale der Physik.-Techn. Reichsanstalt für das Ohm. —
F^ussner, K., u. Lindeck, S., Die elektrischen Normal- Draht-
widerstände der Physik.-Techn. Reichsanstalt.
Band I. 1894. 576 pg. m. 16 Holzschnitten. 30,00 Mk.
Wolf, B., Taschenbuch für Mathematik, Physik, Geodäsie und Astronomie.
6. Auflage, vollendet durch A. Wolfer. Zürich 1895. 12. mit
Holzschnitten. — Lieferung 4 u. 5: pg. 9—24 u. 241—388, Jede
Liefg. 1,20 Mk. Das jetzt vollständige Werk, 412 pg. 6,00 Mk.
Kalender, Astronomischer, für 1896. Nach dem Muster des C. v.
Littrow'schen Kalenders herausgegeben von der K. K. Sternwarte
zu Wien. Jahrgang 58 (Neue Folge. Jahrg. 15). Wien 1895. 8.
176 pg. mit 1 colorirten Tafel, cart. 2,00 Mk.
Aide-memoire de Tlngänieur. 3. Edition Fran^aise du Manuel de la
Sociötö „Hütte", par P. Huguenin. Paris 1895. 8. 1200pg. avec
500 figures, reliö en maroquin. 12,50 Mk.
Inhalt.
GrVaaere MittheUttngen: Conforme Kegelprojection, von Jordan. — Der
Sanguet'sche Tachymeter, von Petzold. — Anftrageapparat nach Seyfert,
von S ey f e r t. — BQcherachau. — Gesetze und Verordnungen. — Peraonalnachrichtan. —
Verefntangelegenheiten. — Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Verlag yod KoDrad Wittwer Stuttgart — Dmck tod Oebrüder Jänecke in Hannover.
161
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan« und 0. Steppes»
Professor in Hannover Steuer-Rath in München.
1896. Heft 6. Band XXV.
- — ^ 16. M&ra. ♦«- —
Zur Praxis der Messband - BussolenzOge.
Von E. Hammer.
Für Tachymetermessang im Walde oder, auf andern Flächen mit
beschränkter Umsicht tritt bekanntlich zweckmässig die Bussole an die
Stelle des Theodolit-Horizontalkreises bei der Messung auf freiem Felde;
und die Aufnahme durch tachymetrische Strahlen von einem möglichst
lange festzuhaltenden Standpunkt aus ist durch flüchtige Tachymeter-
zugmessung zu ersetzen. Bei dieser Zugmessung kann man entweder
die Seitenlängen mit dem Distanzmesser bestimmen, so dass der Mess-
apparat aus einer leichten Tachymeter-Fernrohr-Bussole (meist als Reit-
bussole auf einem kleinen Theodolit) mit Latte besteht^ oder man kann
die schiefen Seitenlängen constant gleich der Länge einer Messbandlage
machen, d. h. den Messapparat aus Messband mit Stockbussole auf dem
nachfolgenden Bandstock und Höhenwinkelmesser für die Neigungen
der einzelnen Bandlagen bestehen lassen. Der Verfasser zieht aus den
Mher schon hier angegebenen Orttnden (Z. 1^91, S. 245—251) im
Allgemeinen das erste Verfahren vor; grössere Uebung bei Aufnahmen im
Walde zeigt in der That bald^ dass auch anscheinend sehr dicht ver-
wachsene Waldflächen gelegentlich Durchblicke auf unerwartet grosse
Strecken ermöglichen^ was dann das distanzmessende Fernrohr auszu-
nutzen gestattet; indem man mit HtÜfe von Seitenstrahlen durch einen
Zug nicht nur Punkte längs einer Linie, sondern auf einem Streifen
von oft beträchtlicher Breite erhält. Auf der andern Seite ist aber
für viele Fälle die zweite der genannten Einrichtungen als höchst er-
wünschtes Hülfsmittel zur tachymetrischen Einschaltung von Punkten
zwischen gegebene Festpunkte anzuerkennen.
Zu diesen Bussolen-Messband-Zügen mögen nun hier folgende zwei
Anmerkungen gestattet sein.
1. Zur Messung. Wo man mit einem 20 m-Band durchkommt (mit
Rücksicht auf Sichthindernisse u. s. f.), kommt man fast stets auch mit einem
25 m- und selbst mit einem 30 m-Band durch; und da man heute die Stahl-
ZeitBchrift far Vermessiingswesen 1896. Heft 6. 11
152 Hammer. Zur Praxis der Messband-Bassolenzüge.
messbänder in jeder beliebigen Länge erbält, so wird man hier gern
ein Band anwenden^ das länger als 20 m ist. Selbst ein 30 m langes
Band ist im Gebrauch nicht unbequemer als ein 20 m langes, fördert
aber ziemlich rascher. Man kann sich auch leicht ein 30 m langes
Band zum Abhängen auf 25 und auf 20 m Länge einrichten lassen ;
der Verfasser wendet in der Regel ein 25 m langes Band an. Auch für
30 m Länge genügt an der Bussole Ablesung auf 1^ vollständig und
ebenso der Höhen winkel auf 0,1<*.
So wird es vielleicht auch Andern willkommen sein, dieselbe
Tabelle, die Jordan für das 20 m-Band (z. B. Handbuch der Verm., U,
4, Aufl., S. [38]) gegeben hat,*) auch für ein 25 m- und für ein 30 m-Band
(und für Höhenwinkel bis zu 40^) zur Hand zu haben.
Man kann sich die Zahlen der nachstehenden Tabellen für L • sin a
(und L • cos a, die aber ganz entbehrlich sind, vergl. unten) und für
L = (20), 25 und 30 m selbstverständlich aus jeder polygonometrischen
Tafel (z. B, Gurden) herausschreiben, sie sind aber hier unabhängig
berechnet und controlirt.
2. Zum Auftragen. Zur Herstellung der Lägezeichnung solcher
Züge sind verschiedene Vorschläge gemacht worden; jedenfalls wird
man den Zug vorerst auf Pauspapier auftragen und dann zwischen die
gegebenen festen Endpunkte einpassen. Man. kann die an der Stock-
bussole abgelesenen magnetischen Richtungswinkel der einzelnen Zugseiten
entweder mit der Bussole selbst auftragen, wie es die Markscheider
bei ihren Bussolenzügen früher vielfach thaten (vergl. Zeitschr. 1891,
5. 248) und dies ist sehr bequem, wenn die Bussole an der einen
Seite der Zulegeplatte ein Parallellineal besitzt, da dann die Centrirung
wegfallt; man darf sich nur durch die für das Auftragen kurzer
Strecken meiBt zu empfindliche Nadel der Bussole nicht aufhalten lassen.
Der gewöhnliche Halbkreis-Strahlenzieher ist auf nicht vorbereitetem
Pauspapier viel zu umständlich; viel besser ist, wegen Wegfallens der
Centrirung, für den vorliegenden Zweck der von Jordan angegebene
Strahlenzieher (a. a. 0. S. 657). Man kann übrigens den gewöhnlichen
Halbkreis (mit 10 o oder 5 0.Theilung) auch hier bequem machen, wenn
man sich das Papier, auf das aufzutragen ist, erst so Torbereitet, dass
man überall die Nullrichtung zum Anlegen des Strahlenziehers nach
Augenmaass genügend vorgezeichnet hat. Auch hieraufist von Jordan
(a. a. 0. S. 658) bereits hingewiesen (vergl. aus Zeitschr. f. Verm.
1891, S. 248). Bequemer aber als das Anlegen eines beweglichen
Halbkreises auf dem (befestigten) Papier und auch bequemer als die
Benutzung der Bussole selbst zum Auftragen habe ich seit einigen Jahren
*) Bei dieser Gelegenheit mögen folgende zwei kleine Ungenauigkeiten
in jener Tabelle berichtigt sein: bei 14,7» soll stehen 5,08 statt 5,07, bei 23,5«
7,97 statt 7,98 (diese Fehler von je Va cm sind übrigens selbstverständlich
sachlich ganz ohne Bedeutung).
Hammer. Zur Praxis der Messband-Bussolenzttge.
I. Tafel fflr Messband^Bussolen-ZQge mit L==25m
163
•
und mit HObenwinkeln bis
ZU 400.
25-
cos a
«0
25 -sin a
,0
,1
,2
,3 ,4
,5
,6
,7
,8
,9
25,0
0
0,00
0,04
0,09
0,13
0,17
0,22
0,26
0,31
0,35
0^
25,0
1
0,44
0,48
0,52
0,57
0,61
0,65
0,70
0,74
0,79
0,83
25,0
2
0,87
0,92
0,96
1,00 1,05|
1,09
1,13
1,18
1,22
1,26
25,0
3
1,31
l,:i6
1,40
1,441
1,48
1,53
1,57
1,61
1,66
1,70
24,9
4
1,74
1,79
1,83
1,87
1.92
1,96
2,00
2,05
2,09
2,14
24,9
5
2,18
2,22
2.27
2,31
2,35
2,40
2,44
2,48
2,53
2,57
24,9
6
2,61
2,86
2,70
2,74
2,79
2,83
2,87
2,92
2,96
3,00
24,8
7
3,05
3,09
3,13
3,18
3,22
3,26
3,31
3,35
3,39
3,44
24,8
8
3,48
3,52
3,57
3.61
3,65
3,70
3,74
3,78
3,82
3,87
24,7
9
3,91
3,95
4,00
4,04
4,08
4,13
447
4.21
4,26
4,30
24,6
10
4,34
4,38
4,43
4,47
4,51
4,56
4,60
4,64
4,68
473
24,5
11
4,77
4,81
4,86
4,90
4,94
4,98
5,03
5,07
5,11
5,16
24,5
12
5,20
5,24
5,28
5,33
5,37
5,41
5,45
5,50
5,54
5,58
24,4
13
5,62
5,67
5,71
5,75
5,79
5,84
5,88
5,92
5,96
6,01
24,3
14
6,05
6,09
6,13
6.17
' 6,22
6,26
6,30
6,34
6,39
6,43
■
24,1
15
6,47
6,51
6,55
6,60
6,64
6,68
6,72
6,77.
6.81
6,85
24,0
16
6.89
6,93
6,97
7,02
7,06
7,10
7,14
7,18
7,23
7,27
23,9
17
7,31
7,35
7,39
7,43
7,48
7,52
7,56
7,60
7,64
7,68
23,8
18
7,73
7,77
7,81
7,85
7,89
7,93
7,97
802
8,06
8,10
23,6
19
8,14
8,18
8,22
8,26
8.30
8,35
8,39
8,43
8,47
8,51
23,5
20
8,55
8,59
8,63
8,67
8,71
8,76
8,80
8,84
8,88
8.92
•
23,3
21
8,96
9,00
9,04
9,08
9,12
9,16
9,20
9,24
9,^8
9,32
23,2
22
9,37
9,41
9,45
9,49
9,53
9,57
9,61
9,65
9,69
9,73
23,0
23
9,77
9,81
9,86
9,89
9,93
9,97
10,01
10,05
10,09
10,13
22,8
24
10,17
10,21
10,25
10,29
10,33
10,37
10,41
10,45
10,49
10,53
22,7
25
10,57
10,60
10,64
10,68
10,72
10,76
10,80
10,84
10,88
10,92
22,5
26
10,96
11,00
11,04
11,08
11,12
11,15
11,19
11,23
11,27
11,31
22,3
27
11,35
11,39
11,43
11,47
11,50
11,54
11,58
11,62
11,66
11,70
22,1
28
11,74
11,78
11.81
11,85
11,89
11,93
11,97
12,01
12,04
12,08
21,9
29
12,12
12,16
12,20
12,23
12,27
12,31
12,35
12,39
12,42
12,46
21,7
30
12,50
12,54
12,58
12,61
12,65
12,69
12,73
12,76
12,80
12,84
21,4
31
12,88
12,91
12,95
12,99
13,03
13,06
13,10
13,14
13,17
13,21
1 21,2
32
13,25
13,28
13,32
13,36
13,40
13,43
13,47
13,51
13,54
13,58
21,0
33
13,62
13,65
13,69
13,73
13,76
13,80
13,83
13,87
13,91
13,94
20,7
34
13,98
14,02
14,05
14,09
14,12
14,16
14,20
14,23
14,27
14,30
20,5
35
14,34
14,38
14,41
14,45
14,48
14,52
14,55
14,59
14,62
14,66
20,2
36
14,69
14,73
14,77
14,80
14,84
14,87
14,91
14,94
14,98
15,01
20,0
37
15,05
15,08
15,11
15,15
15,18
15,22
15,25
15,29
15,32
15,36
19,7
38
15,39
15,43
15,46
15,49
15,53
15,56
15,60
15,63
15,67
15,70
19,4
39
15,73
15,77
15,80
15,83
15,87
15,90
15,94
15,97
16,00
1J5,04
11*
164
Hammer. Zur Praxis der Messband-BuBSolenzüge.
II. Tafel fflr Messband-Bussolen-ZOge mit L = 30 m
und mit Höhenwinkeln bis zu 40<).
30.
cos a
«0
30 • sin a
,0
,1
,2
,3
,4
,5
,6
,7
,8
,9
30,0
1 30,0
30,0
30,0
29,9
0
1
2
3
4
0,00
0,52
1,05
1,57
2,09
0,05
0,58
1,10
1,62
2,14
0,10
0,63
1,15
1,67
2,20
0,16
0,68
1,20
1,73
2,25
0,21
0,73
1,26
1,78
2,30
0,26
0,79
1,31
1,83
2,35
0,31
0,84
1,36
1,88
2,41
0,37
0,89
1,41
1,94
2,46
0,42
0,94
1,47
1,99
2,51
0,47
0,99
1,52
2,04
2,56
29,9
29,8
29,8
29,7
29,6
5
6
7
8
9
2,61
3,14
3,66
4,18
4,69
2,67
3,19
3,71
4,23
4,74
2,72
3,24
3,76
4,28
4,80
2,77
.3,29
3,81
4,33
4,85
2,82
3,34
3,86
4.38
4,90
2,88
3,40
3,92
4,43
4,95
2,93
3,45
3,97
4,49
5,a)
2,98
3,50
4,02
4,54
5,05
3,03
3,55
4,07
4,59
5,11
3,08
3,60
4,12
4,64
5,16
29,5
29,4
29,3
. 29,2
29,1
10
11
12
13
14
5,21
5,72
6,24
6,75
7,26
5,26
5,78
6,29
6,80
7,31
5,31
5,83
6,34
6',85
7,36
5,36
5,88
6,39
6,90
7,41
5,42
5,93
6,44
6,95
7,46
5,47
5,98
6,49
7,00
7,51
5,52
6,03
6,54
7,05
7,56
5,57
6,08
6,60
7,11
7,61
5,62
6,13
6,65
7,16
7,66
5,67
6,19
6,70
7,21
7,71
29,0
28,8
28,7
28,5
28,4
15
16
17
18
19
7,76
8,27
8,77
9,27
9,77
7,82
8,32
8,82
9,32
9,82
7,87
8,37
8,87
9,37
9,87
7,92
8,42
8,92
9,42
9,92
7,97
8,47
8,97
9,47
9,96
8,02
8,52
9,02
9,52
10,01
8,07
8,57
9,07
9,57
10,06
8,12
8,62
9,12
9,62
10,11
8,17
8,67
9,17
9.67
10,16
8,22
8,72
9,22
9,72
10,21
28,2
28,0
27,8
27,6
27,4
20
21
22
23
24
10,26
10,75
11,24
11,72
12,20
10,31
10,80
11,29
11,77
12,25
io,a6
10,85
11,34
11,82
12,30
10,41
10,90
il,38
11,87
12,35
10,46
10,95
11,43
11,91
12,39
10,51
11,00
11,48
11,96
12,44
10,56
11,04
11,53
12,01
12,49
10,60
11,09
11,58
12,06
12,54
10,65
11,14
11,63
12,11
12,58
10,70
11,19
11,67
12,15
12,63
27,2
27,0
26,7
26,5
26,2
25
26
27
28
29
12,68
13,15
13,62
14,08
14,54
12,73
13,20
13,67
14,13
14,59
12,77
13,25
13,71
14,18
14,64
12,82
13,29
13,76
14,22
14,68
12,87
13,34
13,81
14,27
14,73
12,92
13,39
13,85
14,31
14,77
12,96
13,43
13,90
14,36
14,82
13,01
13,48
13,95
14,41
14,86
13,06
13,53
13,99
14,45
14,91
13,10
13,57
14,04
14,50
14,95
26,0
25,7
25,4
25,2
24,9
30
31
32
33
34
15,00
15,45
15,90
16,34
16,78
15,05
15,50
15,94
16,38
16,82
15,09
15,54
15,99
16,43
16,86
15,14
15,59
16,03
16,47
16,91
15,18
15,63
16,07
16,51
16,95
15,23
15,67
16,12
16,56
16,99
15,27
15,72
16,16
16,60
17,04
15,32
15,76
16,21
16,65
17,08
15,36
15,81
16,25
16,69
17,12
15,41
15,85
16,30
16,73
17,16
24,6
24,3
24,0
23,6
*23,3
35
36
37
38
39
17,21
17,63
18,05
18,47
18,88
17,25
17,68
18,10
18,51
18,92
17,29
17,72
18,14
18,55
18,96
17,34
17,76
18,18
18,59
19,00
17,38
17,80
18,22
18,63
19,04
17,42
17,84
18,26
18,68
19,08
17,46
17,89
18,30
18,72
19,12
17,51
17,93
18,35
18,76
19,16
17,55
17,97
18,39
18,80
19,20
17,59
18,01
18,43
18,84
19,24
Hammer. Zur Praxis der Messband-BussolenzUge.
165
folgendes Verfahren gefunden: der Zug wird; wie schon angedeutet,
auf Pauspapier aufgetragen und dieses Papier ist mit Parallellinien
überzogen (fein in rother oder blauer Farbe; Abstand beliebig, nicht
zu klein, nicht unter etwa 4 — 5 mm); die Herstellung dieser Parallel-
linien auf einem Stück Rollenpauspapier, das für hunderte von Zügen
ausreicht, ist für einen Zeichner das Werk einiger Stunden, so dass für
einen Zug kaum einige Pfennig Arbeitsaufwand hierfür zu rechnen sind.
Statt nun den Strahlenzieher auf dem Papier anzulegen, wird vielmehr
das freie Papier über dem befestigten Strahlenzieher, der die Form
eines Vollkreises hat, angelegt und zwar so: (vergl. die Fig. 1)*) das
Auftragen sei bis zu dem Punkt 16 gekommen und die Lage (16 — 17)
des Messbands aufzutragen; mit der linken Hand wird nun das
Pauspapier so gedreht und verschoben, dass der Punkt 16 genügend
scharf auf das geeignet bezeichnete Centrum des Strahlenziehers und
Fig. 1.
*) Die Genauigkeit der Lage der Punkte 14, 15, 17 (s. die Zahlen, die
unten angegeben sind) lässt in der Fig. zu wünschen übrig, was hier, wo es
sich nur um die Art des Auftragens handelt, übrigens nicht in Betracht kommt.
166
Hammer. Zur Praxis der Messband-Bussolenzüge.
die Richtung der blauen Linien^) nach Augenmaass in die Richtung
(0^—180^) des Strahlenziehers kommt (dieser hat, da er nicht gedreht
wird^ sondern befestigt ist, lauter in derselben Richtung stehende
Zahlen). Dieses Anlegen ist bei geringer üebung mit Einem Handgriff
und mindestens ebenso rasch zu machen, als jedes andere Richtungs-
anlegen bei beweglichem Strahlenzieher mit oder ohne Gentrirung, und
was wichtig ist, * man behält die rechte Hand, selbst bei grossen Paus-
päpierbogen, vollständig frei. Diese nimmt sofort die Zirkelöffhung für
die Horizontalprojection (s. u.) der Bandlage (16—17) und sticht in
dem abgelesenen magnetischen Richtungswinkel (nach Augenmaass
zwischen die lO^-Radien des festen Strahlenziehers) den nächsten Punkt 17
ein. (Nicht unwichtig ist, dass bei jedem solchen Auftragen auf Paus-
papier die Zirkeispitzen nicht zu fein und das Papier stark sein sollen,
da sonst die Striche nicht deutlich genug werden). Zu dem Abnehmen
der horizontalen Entfernungen ist noch zu bemerken, dass bequemer
als vom gewöhnlichen Transversalmaassstab diese Strecken aus einem
Diagramm zu nehmen sind, das nach Fig. 2 eingerichtet ist:
Fig. 2.
L = 25; 1: 2500.
10
^5
20
25
30
35
Die obere Linie ist eine Sinus-Linie (die bis zu a = 10^ kaum merk-
lich von einer durch den Scheitel gehenden Parallelen zur Grundlinie
abweicht). Man nimmt am besten einen Haaf^irkel mit Schraube, den
man dann, da ja Höhenwinkel unter 10^ sehr häufig sind, überhaupt
nicht oft zu verstellen braucht. Man könnte sich auch leicht einen
Zirkel verschaffen, der durch Einstellung des Höhenwinkels am Zirkel
selbst (an einer beigegebenen Theilung an einer Scheibe oder am Kopfe
der Schraube des Federzirkels) den Maassstab ganz entbehrlich machen
würde; jedem solchen Versuch stellt sich aber der bekannte Umstand ent-
gegen, dass fUr die kleinen und häufigsten Höhenwinkel die Theilung
„zu eng" wird und man damit doch nur aufgehalten ist. Ein Diagramm
wie das vorstehende ist sicher das Bequemste; man reicht, wenn das
Diagramm vor dem Auftragenden befestigt ist, auch unbedingt mit der
rechten Hand beim Abstechen der horizontalen Strecken aus, während
die Linke das Pauspapier festhält. Die Fig. 2 bezieht sich auf ein
25m-Messband und den Maassstab 1:2500 der württembergischen Flur-
pläne. Für die Punkte, deren Lage in Fig. 1 auf dem Pauspapier an-
gedeutet ist, lauten die Aufschreibungen im Feldbuch, soweit sie im
Felde gemacht werden, so :
*) Die Linien auf dem Pauspapier sind in der Figur der grösseren
Deutlichkeit wegen gestricht, in Wirklichkeit haben sie aber wie auch dort an-
gedeutet ist, eine andere Farbe.
• I I I I I : I I I I I I I I I : I
' ■ \ ': •
* : I ;
I ! 1 I *
Hammer. Zur Praxis der Messband-Bussolenzüge.
167
Flurkarte : .
Beobachter:.
Bussolen - Messband - Zug.
L = 25.
Datum : 189.
Wetter:
Strecke
Höh.W.
L
Magu.
R. W.
Leos a
I/Sina
1
Punkt
Höhe
Verbess.
Höhe
Bemerk.
11—12
+10,5
—
1810
12
12-13
+11,8
—
1700
—
13
13—14
+12,6
—
1490
—
14
14—15
+15,6
1400
—
15
«
15—16
+18,0
—
1420
—
16
16—17
+15,5
—
1480
—
17
Der Strich in der Spalte L bedeutet: ganze Messbandlage (Tbeile
einer Messbandlage kommen nur beim Abschluss eines Zugs vor); die
Spalte L cos a bleibt bei dem für das Auftragen angegebenen Verfahren
leer (wie auch in den beiden obigen Tabellen diese Spalte hätte weg-
gelassen werden können). Aus der S L sin a erfährt man den Anschluss-
fehler; wie das Formular andeutet, rechne ich gern zunächst die „Höhen ^
der Punkte mit den nicht verbesserten Lsina auf 1cm oder 1/2 dm
durch (wobei man also am Abschlusspunkt um den bereits festgestellten
Fehler, einige dm, unrichtig ankommen muss) und setze dann erst zum
Schluss in die Spalte „Verbess. Höhe^ die auf 0,1 m abgerundeten
definitiven Zahlen, ohne skrupulöse Vertheilung des Fehlbetrages bis auf
I/2 cm auf die einzelnen Bandlagen je nach ihrem Höhen winkel, sondern
mehr nach Anblick der ganzen Zahlenreihe. Vertheilungs- Fehler
bis zu 1 dm und sogar noch etwas darüber sind ja angesichts der Ge-
nauigkeit dieser Art von Höhenmessung und insbesondre mit Rück-
sicht auf die Lage- Genauigkeit der Punkte (Messung und Auftragen!)
nicht von Bedeutung. Wenn + und — Höhenwinkel durcheinander
vorkommen, pflege ich die Z/sina mit dem seltenern Zeichen einfach
zu unterstreichen, aber alle in Eine Spalte zu setzen und bei der S s sin a
den bekannten Rechenvortheil anzuwenden.
Zu der Berechnung der L sin a kann noch die Bemerkung gemacht
werden, dass man auch hier, da graphische Rechnung Vielen geringere
Ermüdung verursacht als numerische Rechnung, an Stelle des Auf-
suehens der L sin a in der Tabelle und ihrer Ziffer-Addition, ein ähnliches
Igg Stadthagen. Die Genauigkeit der Pointirong
Diagramm wie oben für die L cos a benutzen und nun mechanische
Addition an der Kante eines Papierstreifens vornehmen kdnnte; nach
Anlegen der Kante mit den so darauf erhaltnen Punkten auf eine be-
zifferte Höhenscale erhält man die Höhenzahlen. Nur müsste, da
man die einzelnen Hölienunterschiede jedenfalls auf einige cm (wenn
auch nicht auf 1 cm) genau haben will, der Maassstab; in dem dieses
Diagramm zu zeichnen wäre (und also auch der der Höhenscale) sehr
gross seiu; z. B. 1 : 200, so dass hei einigermaassen bedeutendem Ge-
sammt-Höhenunterschied die Sache wegen zu grosser Länge des Papier-
streifens nicht bequem wird. Ferner kommen, sobald die Höhen-
winkel in Vorzeichen wechseln, die Punktmarken durcheinander, wodurch
weitere Unbequemlichkeit entsteht; kurz, obgleich Einzelnen, denen ich
auch diese Rechnungsweise gezeigt habe, sie bequem erschienen ist, möchte
ich sie nicht empfehlen.
Das oben beschriebene Auftragen dagegen hat mir stets viel Zeit
erspart im Vergleich mit den andern mir bekannten Htllfsmitteln.
Die Genauigkeit der Pointirung bei Längenmaass-
vergleichungen ;
von Dr. Hans Stadthagen.
Bei den Beobachtungen, die mein College Herr Pensky und ich
auf der Kaiserlichen Normal -Aichungs- Commission zu Berlin im Jahre
1892 zum Zweck des Anschlusses der Normale der Deutschen Maasse
an das neue Prototyp des Meter ausgeführt haben, haben sich auch in-
teressante Daten über die Genauigkeit der Pointirung ergeben. Wie im
II. Abschnitt der kürzlich erschienenen „Wissenschaftlichen Abhandlungen
der Kaiserlichen Normal- Aichungs- Commission (Portsetzung der „Metro-
nomischen Beiträge^) 1. Heft, Anschluss der Normale der Deutschen
Maasse und Gewichte an die neuen Prototype des Meter und des Kilo-
gramm", Berlin, Verlag von Julius Springer 1895 (Seite 49 — 135)
ausführlich berichtet ist, wurden die Messungen auf einem Rep sol d'schen
üniversalcomparator, der in einem der Zinkräume der Normal-Aichungs-
Commission fest fundamentirt aufgestellt ist, ausgeführt. Die Ge-
nauigkeit der Messungen hängen ja nun in erster Reihe von der Sicher-
heit der Temperaturausgleichung und Teinperaturbestimmung, über die
an anderer Stelle Näheres mitgetheilt werden soll, ab. Von Einfluss
sind aber natürlich auch die Ablesungseinrichtungen. In Bezug auf die
Vergrösserung der Mikroskope war man nur so weit gegangen, dass
man hoffen durfte, bei der verschiedenen Güte der Striche auf den zu
bei Längenmaassvergleichungen. 169
vergleichenden Maassstäben doch mit annähernd gleicher Genauigkeit
dieselben einstellen zu können. Letztere findet nämlich, wie Herr
Pensky im Abschnitt IL A. genannter Publication, Seite 64 näher aus-
geführt hat, ihre natürliche Grenze in der guten Definition der einzu-
stellenden Striche.
Es wurden aus diesem Grunde Mikroskope mit nur 2dfacher
Vergrösserung und mit Mikrometer, das die Ablesung von 0,1^ =
0,0001 mm gestattete, angewendet. Verglichen wurden 4 Meterstäbe,
das neue Deutsche Prototyp aus Platin -Iridium $r. 18 und folgende
drei Copieen desselben:
1) die Copie Bs aus Bronze, im Jahre 1888 vom Mechaniker
C. Reich el in Berlin geliefert — die Theilung befindet sich
auf eingesetzten Platin-Iridium- Pflöcken;
2) die Copie Sg aus Stahl, im Jahre 1878 von der Firma J. A. Repsold
& Söhne in Hamburg geliefert — die Theilung befindet sich auf
eingesetzten Platin -Pflöcken;
3) die Copie Nr. 1605 aus Messing, im Jahre 1869 vom Mechaniker
Th. Baumann in Berlin geliefert — die Theilung befindet sich
auf eingesetzten Silber - Pflöcken.
Dem derzeitigen Stande der Präcisions - Technik und dem ange-
wandten Material entsprechend verhält sich die Güte der Striche auf
den verschiedenen Maassstäben zu einander. Während die Striche auf jß«
denen auf $t. 18 kaum nachstehen und die auf Ss auch noch als recht
gut zu bezeichnen sind, dürfte man die auf Nr. 1605 nicht mehr als
allerersten Ranges ansehen können. Zu ihrer Einstellung (d. h. der
Striche auf Nr. 1605) musste auch ein weiteres Fädenpaar, als für die
anderen benutzt werden.
Um nun den mittleren Einstellungs- oder Pointirungs-
fehler der Beobachter zu bestimmen, konnte der umstand nutzbar
gemacht werden, dass immer 2 Mikrometerablesungen unmittelbar hinter
einander, dass also Doppel einst ellungen auf die Striche gemacht waren.
Ein gewisses psychologisches Bedenken ist bei diesem Vorgehen
allerdings nicht zu verkennen. Denn im Allgemeinen wird ein Be-
obachter, der Doppeleinstellungen macht, geneigt sein, sich bei der
zw^eiten von der ersten beeinflussen zu lassen, sowohl in Bezug auf die
Visur, als auf die Drehung der Mikrometertrommel. Im vorliegenden
Falle kann man sich aber wohl über dies Bedenken hinwegsetzen, da
die Beleuchtung des Feldes und der Trommel eine intermittirend
elektrische war, also auch die Hand des Beobachters nicht dauernd am
Trommelkopf blieb. Es wurden demnach die Differenzen der beiden
unmittelbar auf einander folgenden Einstellungen, gesondert für die
beiden Beobachter, für die 4 Stäbe und für die beiden Mikrometer ge-
bildet. Die folgende Tabelle enthält die sämmtlichen Einzelwerthe :
170
SUdthagen. Die Genauigkeit der Pointjning
Pointirnngsdifferenz.
(DifferenEen zweier unmittelbar auf einander folgendea Eiqatellnngen U— 1)
1) Einfitellnng der Stricbe auf ^x. 18. Einheit: 0,lp>.
Beobachter; Fensky. Beobachter: Stadthagen.
4- 6
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tl
-- 2
-- 2
— 7
-- 6
- 2
tl
— 6
0
+ 2
bei LäDgenmaaesvergleichnngen.
2) EioBtellung der Striche auf B, .
Beobachter: Pensky. Beobachter: Stadthagen.
+ 3
+ 5
+
2
+ 6
+ 2
+ 5
+ 7
- 4
+ 4
- 3
+ 6
- 6
- 8
_-
+ 9
— 1
+ 5
— 3
+ 3
— 5
— 6
— 6
+ 5
-I- 3
+
+ 2
+ 8
0
— 12
+
— e
+ 14
+ 2
+ 1
- 1
+ e
—
— 5
+ 10
- 6
0
- 2
— 9
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0
+ 8
+ 2
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+ 4
+ 8
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— 4
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+ 2
+ 7
0
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— 2
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0
— 8
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5
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0
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5
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- 2
+ 2
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+ 9
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+ 2
+ 4
+ 3
— 2
0
— 6
+ 4
— 5
- 7
+
+ 9
+ 4
— 6
+ 2
+ *
+ 3
Ü
+ 3
+ 1
0
+ 7
—
- 4
+ 2
+ 2
— 1
+ 1
—
4
+ 1
+ 1
— 2
+ 1
— 4
— 1
+ 9
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0
— *
—
2
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0
+ 8
— 7
—
— 4
+ 5
-12
— 2
- 8
+ 8
—
2
- 6
+ 4
+ 4
_ 7
+
11
— 1
+ 6
- 5
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— 4
—
8
+ 11
+ 10
- 4
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+ 9
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0
0
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2
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+ )
+ 6
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— 1
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- 7
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3
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— 6
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-7
— 4
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G
+ 3
+ 3
0
— 11
+ 4
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+ 4
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- 4
0
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1
+ 7
- 5
+ 2
- 6
—
0
+ 3
— 4
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0
+ 14
+ 1
0
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+ 6
— 7
0
+ 2
- 8
+ 2
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5
+ 11
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+ 3
— 3
0
- 5
- 4
+ 2
+ 6
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S
+ 3
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— 6
— 3
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+ 5
- 5
+ 7
0
_ i
- 4
0
+ 4
+ 2
— 3
— 4
—
— 'J
+ 1
+ 6
0
+ ä
— 4
—
5
+ 4
+ 2
— 3
— 6
—
+ 6
— 3
+ 6
+ 6
- 1
+ 1
+
2
— 1
- 4
— 4
+ 6
+
+ ♦
+ 2
+ 1
+ 4
- 4
+ 2
+
5
+ 10
- 2
- 2
+ 4
+
+ 6
+ 2
— 8
+ 6
— 6
—
4
- 7
- 2
+ 2
+ 4
—
+ 5
+ 6
- 8
- 6
+ 3
—
1
0
+ 2
— 8
— 6
—
— 8
+ 1
— 5
+ 3
+ 2
+
1
+ 9
— 8
— a
— 11
—
— 2
+ 2
+ 1
0
!- 6
- 6
+
4
— 4
+ 8
- 1
— 5
_ 4
- 4
- 2
+ 8
0
2
+ 5
— 2
+ 8
— 4
+
0
— 6
+ 8
0
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&
— 2
+ 2
— 2
0
- 5
+ 8
0
+ 2
+
7
— 4
0
— 6
+ 2
—
— 8
+ 1
- 5
- 1
II
- 5
— 11
- 4
+ 8
+
+ 8
— 6
+ 5
— 3
+
2
0|- 2
i>
+ 14
8
— 9
— 1
+ 9
+ 6
Ü
0
+ 2
+ 1
+
8
- 8
+ 8
Sudtbagen. Die Genauigkeit der PoiDünmg
3) Einatellnng der Striche auf S, .
Beobachter; Peneky. Beobachter: Stadthagen.
+ :
+ 5 -
+ 1 ■
+ a .
— 9
+ '
+
+ *
+ 3
+ 6
+ 1
+ «
+ 10
+ 3
— 4
+ I
— 4 -
+ ■
+ 6-
— 2
— 2
+ e
+ «
+ ä
+ 1
+ 1
— 2
+ 2
+ 13
+ 17 -
+ :
1+ A ■
1 + 6 .
+ 4 ■
+ s ■
+ 11
+ *
+ 1
+ 2
+ «
+ 6
— 2
+ 10 ■
+ I •
+• 1
• + 6
I + 3
— 11
+ 4
+ 10
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+
+ 8-
+ 1 -
+ I
) — 1 -
I + I
+ 6
i + 7
I + 6
( +10
i + 4
ä + 3
1 + 1
1 - 5
1+ 1
9 — B
1 + 8
ä +17
2 +10
4+2
5+6-
5 + 5
5+ 4
+ 8
+ 2
+ 4
+ 8
+ 4
— 2
I + 3
+ 4
+ 6
+ *
+ 9
+ f
+ 1
— 4
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0
+ I
+ 8 ■
— 10 ■
+ 7 ■
+ 2
— 6
+ 9
+ 6
+ :
i +
1 + 4
bei LäDgeDmaassvergleiobaagea.
4) Einstellung der Striche auf Nr. 1605.
Beobachter: Pensky.
Beobachter: Stadthagen.
+ 1
+ 5
— 4
+ 12
+ 12
+ 4
ü
-h '
-0
- »
- 2
— 3
- 5
-11
+ 3
+ 6
— *
0
— 2
- 2
+ 6
— 1
+ 6
— 8
- 9
+ 2
— 2
— 1
+ 2
- 9
— 1
+ 6
— 1
— 11
+ 2
0
- 3
+ ä
— 1
+ 3
+ 10
+ 1
— 11
— 4
+ 4
+ 10
0
— 2
+ 7
— 3
0
+ 8
+ 5
- 1
- 5
+ 4
+ 4
+ 12
- 8
+ 6
- 4
— 8
+ i
0
+ 1
- 1
+ »
0
— 4
+ 4
+ 2
— 2
- 6
— 3
- 2
+ 8
-17
+ 4
+ 7
— 6
+ 8
_ ä
— 2
-10
+ t
+ 8
- 2
- 4
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+ 4
+ 10
- 7
+ ^
+ 10
+ 3
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— 10
0
— 3
— 7
— 10
— 8
0
— 2
— 7
— 1
+ 4
0
+ '
+ 1
+ 2
— 8
0
+ 5
— 1
+ 6
+ 1
— 8
— 4
- 7
-11
— 3
— 4
+ *
- 5
0
+ 6
— 4
— 6
+ 6
+ 2
+ 3
- 5
+ 9
+ 21
— 4
— 6
- 1
— 11
— 4
0
— 3
- 4
- 6
__ 4
+ 4
— 2
+ 8
0
— 5
+ 3
0
- 6
— 3
- 2
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„ 7
+ 6
+ 6
+ 8
+ 4
+ 6
+ 6
— 4
— 4
+ 2
+ 8
+ s
- 6
+ 10
_ 1
+ 12
- 2
— 6
+ 4
+ 3
0
0
— i
— 3
0
"'
+ 2
0
- 6
— 6
— 8
Ein Bliek auf die Tabelle zei^, dasa die Werthe meist nur wenige
Zehntel |ji betragen, selten li^ erreichen oder gar tlberBteigen und dass
ihr Vorzeichen sehr wechselt. Eine genaue Uebersicht Über die Ergeb-
niase der Beobachtungen liefert die folgende Znaammenatellnng, die fllr
beide Beobachter, beide Mikrometer und die i Stäbe getrennt 1) die
Summen der positiven, wie diejenigen der negativen EinsteUungsdiffe-
reozen, 3) die Anzahl derselben, 3) die Oeneralsumme aller Differenzen
ohne Rttcksicht auf das Vorseichen, 4) deren Anzahl, 5) das Mittel der
Emstellnngsdifferenzen und 6) den mittleren Fointirnngsfebler einer
Einstellung enthält. Letzteren erhält man in folgender Weise. Ist das
Mittel der Einstellungsdifferenzen m, so ist der Fointirungefehler des
Mitteb zweier Einatellnngen : — , da die Abweichungen der Einzetab-
lesncgen vom Mittel halb BQ gross sind, wie die oben gebildeten. Nach
bekannten äruudsätzen ist dann der Einstellungsfebler einer Ablesung
^■VT=±
VT'
In der folgenden Zusammenstellung ist i
direct aus der 4. und 3. letzten Columme gebildet.
174
Stadthagen. Die Genauigkeit der Pointirang etc.
Einstellnngsdifferenzen.
Im Sinne zweite Ablesung weniger erste Ablesung, ausgedrückt in O^H*.
1. Beobachter Pensky.
a) Mikrometer BII (links).
Stab
Summe der
Anzahl der
ime aller
Bferenzen
ja kl
Mittel
±
Mitüerei
Poin-
tirtmgs-
fehler
einer Ab-
positiven negativen
positiven negativen
Differenzen
Differenzen
a ^
|5
lesung
^r. 18
326
247
82
70
± 573
152
db4
±3
Bs
192
180
55
50
± 372
105
±4
. ±3
Ä
257
183
53
43
± 440
96
db5
±3
Nr. 1605
85
137
21
27
± 222
48
±5
± 3
Summe
resp.
Mittel:
860
747
211
190
dbl607
401
± 4
±3
•
•
b) Mikrometer AI (rechts).
-
St;ab
Summe der
Anzahl der
Summe aller
Differenzen
Anzahl aller
Differenzen
Mittel
±
Mittlerei
Poin-
tirungs-
fehler
einer Ab-
lesung
= e
■positiven
Differ
negativen
enzen
positiven
Differ
negativen
'enzen
^r. 18
Bs
Ss
Nr. 1605
413
221
332
138
202
181
124
93
98
53
62
25 .
54
51
34
23
db 615
db 402
db 456
± 231
152
104
96
.48
± 4
± 4
± 5
± 5
±3
± 3
±3
. ±3
Summe
resp.
Mittel:
1104
600
238
162
dbl704
400
±4
±3
2. Beobachter Stadthagen.
a) Mikrometer BII (links).
i
Stab
Summe der
Anzahl der
mie aller 1
Bferenzen ||
Anzahl aller
Differenzen
Mittel
db
Mittlerer
Poin-
tirungs-
fehler
einer Ab-
positiven
negativen
positiven
negativen
Differenzen
Differenzen
OD ^
lesung
= E
«Pr. 18
305
209
77
67
± 514
144
± 4
±3
Bs
168
243
40
58
± 411
98
±4
±3
Ss
(hom
zsSo
176
46
42
db 402
88
+ 5
±3
Nr. 1605
101
100
21
25
db 201
46
± 4
±3
Summe '
resp.
Mittel:
800
728
184
192
±1528
376
±4
±3
Wilski. Die Bezeichnungsweise der WinkelgröBsen.
175
b) Mikrometer AI (rechts).
Stab
Summe der
Anzahl der
Summe aller
Differenzen
Anzahl aller
Differenzen
Mittel
±
Mittlerer
Poin-
timngs-
fehler
einer Ab-
lesung
= e
positiven negativen
Differenzen
positiven negativen
Differenzen
?r. 18
Bs
' Ss
Nr. 16a5
318
169
284
96
297
242
167
HO
71
46
51
20
73
53
37
26
±615
±411
±451
±206
144
99
88
46
±4
± 4
± 5
+ 4
±3
± 3
±4
±3
Summe
resp.
Mittel:
867
816
138
189
±1683 377
± 4
± 3
Bei beiden Beobachtern ergiebt sich die Summe der Differenzen auf
die gleiche Anzahl Beobachtungen reducirt für das Mikrometer A I etwas
grösser, als für Mikrometer B IL Auf eine Gesammtsumme der Differenzen
von 400 bezogen beträgt dieser Unterschied für den Beobachter Pensky
etwa 100, für Stadthagen etwa 150. Ferner zeigt sich im Grossen
und Ganzen, dass die Anzahl der positiven und negativen Differenzen,
sowie die Summen beider ziemlich gleich sind, wenn sich auch beim
Beobachter Pensky in der einen Reihe ein Ueberwiegen der positiven
Differenzen stark bemerkbar macht. Man sieht schliesslich, dass der
mittlere Einstellungsfehler trotz der Verschiedenheit der Striche bei
allen Stäben, nahezu gleich gross, nur für den Stab Sg ein wenig grösser
als für die andern ist. Dass er für die weniger guten Striche auf
Nr. 1605 keinen höheren Werth erreicht hat, ist wohl in den gerade
sehr günstigen Einstellungsbedingungen dieser Striche (sehr günstiges
Fadenintervall) begründet. In den Endresultaten zeigt sich aber
jedenfalls eine ausserordentliche Constanz desPointiJrungsfehlers
für alle Stäbe, beide Beobachter und beide Mikrometer, und zwar ergiebt
sich für ihn der recht kleine Werth von ± 0,3?* = ± 0,0003 mm
Die Bezeichnungsweise der Winkelgrössen,*)
Herr C. A. Rühs zu Pietersburg in der südafrikanischen Republik
brachte vor einiger Zeit (s. vorigen Jahrgang Seite 548) mehrere aus inconse-
qnenten mathematischen Bezeichnungen entstandene Missstände in der
Rechnung mit Winkelwerthen zur Sprache. Es handelt sich z. B. auch um
die Zeichen po; Pi; p2- Es giebt wohl wenige Fachgenossen, welche die
Bedeutung jener Zeichen nicht kennen. Unklarheiten, Versehen und
selbst Widersprüche, die in unserer Fachliteratur auftreten, wo jene
*) Obgleich manche Theile dieser längeren Abhandlung wohl Veranlassung
zu Gegenbemerkungen bieten, mö^e doch das Ganze unverändert abgedruckt
werden als Zeichen der verschiedenartigen Aoffassungen,. welche von der
besprochenen Sache bestehen. Vergl. auch S. 191. D. Red. J".
176 Wilski. Die Bezeichnungsweise der Winkelgrössen.
Grössen in Oebrauch kommen, werden daher einen Fachmann wohl
selten in Verwirrang bringen, und die Beseitigung der bestehenden
Unconsequenzen erscheint daher zunächst belanglos. Der Winkel, der
Winkel in analytischem Maass, das analytische Maass des Winkels, der
Winkel in Oradmaass, das Gradmaass des Winkels, der arcus des
Winkels, der angulus, Po)Pi>p2' Nach den heute üblichen Begriffen ist
es allerdings nicht leicht zu sagen, welche mathematische Grösse unter
jedem dieser Ausdrücke verstanden wird. Man wird aber einwendep,
es komme auch wenig darauf an, ob jemand mit diesen Ausdrücken
präcise Vorstellungen verbindet oder nicht. „Die Schärfe der Grund-
begriffe ist eliminirbar^, so soll ja einer unserer grossen Mathematiker
gesagt haben, dessen Name neben Weierstrass genannt zu werden
pflegt. Aus unserer Winkelberechnung ist indessen die Schärfe der Grund-
begriffe wohl bereits zu sehr eliminirt worden. Wie mancher Fach-
genosse aus seiner Erinnerung bestätigen kann, wird es dem an-
gehenden Fachmann nicht leicht, über die mathematischen Begriffe, mit
denen er algebraische und analytische Betrachtungen durchdenken und
Berechnungen durchführen soll, bei der in den Bezeichnungen der Grund-
begriffe herrschenden Confusion sich klar zu werden.
Zweck nachstehender Zeilen ist es, zu zeigen, dass die Rechnung
mit Winkelgrössen sich recht klar abwickeln lässt, wenn man von einer
präcisen Definition der Grundbegriffe ausgeht und an derselben überall
consequent festhält.
Auf die Frage, welche mathematische Grösse unter einem Winkel
verstanden werde, wird meistens die Antwort erwartet und gegeben
der Winkel ist die unendliche Fläche zwischen zwei sich schneidenden
Geraden. Wir glauben aber zeigen zu können, dass es zweckmässiger
wäre, überall da, wo es sich nicht um geometrische Betrachtungen
handelt, sondern um zahlenmässige Rechnungen, den Winkel auch nicht
geometrisch zu definiren, sondern als das dem geometrischen Gebilde ent-
sprechende analytische Gebild, d. h. als den Quotienten Bogen durch Radius.
Sollte es in einer rechnerischen Betrachtung einmal nöthig werden,
ausnahmsweise auch den geometrischim Winkel in eine Formel hinein-
zubringen, so würde die Function angulus die unendliche Flüdie zwischen
den Geraden bezeichnen können. Diese Function hat bereits bisher zu
diesem Zwecke gedient. Ihr überaus seltenes Vorkommen in der
Literatur deutet indessen bereits darauf hin, dass es in der That nur
ausnahmsweise erwünscht erscheinen kann, den geometrischen Winkel-
begriff in eine mathematische Formel aufzunehmen.
Die Frage, welche mathematische Grösse man unter dem „Winkel
in analytischem Maass^ versteht, wird wohl immer beantwortet werden:
der Winkel in analytischem Maass ist der Quotient Bogen durch Radius.
Z. B. der Winkel 60° in analytischem Maass ist die Zahl -— .
3
Wilski. Die Bezeichnung^weise der Winkelgrössen. 177
Diese Ansdrncksweise erscheint bereits nicht ganz einwandfrei.
Denn wenn „der Winkel^ jene bekannte Fläche ist^ müsste doch „der
Winkel^y in welchem Maass auch immer^ stets diese Fläche bleiben.
Aber hier erscheint der Winkel mit einem Male als das^ was er in
rechnerischen Betrachtungen, in der Aasgleichungsrechnung, in der Ana-
lysis und der Algebra immer sein sollte: die Zahl.
Ferner gilt „das analytische Maass eines Winkels^ als gleich-
bedeutend mit „dem Winkel in analytischem Maass^, und das Entsprechende
besteht für das Gradmaass.
Welche mathematische Grösse versteht man aber unter dem „Winkel
in Gradmaass^? Was ist 600? Ist es die Fläche? Da in Tafelwerken
noch viel von arcus 60^ die Rede ist, so lässt sich zunächst vermuthen
dass unter „60^^ die Winkel fläche verstanden wird, und nicht die
Zahl. Gleiches scheint sich aus dem zu ergeben, was hinsichtlich der
trigonometrischen Reihen üblich ist, denn in Fachschriften heisst es
heutzutage: Die Reihe
x^ . aj'
sin X := X 1 h
3! ^ 5! ^
» • •
ist nur bedingungsweise richtig, nämlich nur, wenn x analytisches Maass
ist, nicht aber für Gradmaass. Es gilt als unrichtig zu schreiben
.i.i„._xo.-ä«f +»- + ....
man soll vielmehr schreiben:
sin 10« = arc 10«- ^"\^"'^' ' +
oder
. ,-, 10 /10\» 1 ,
sml0«=--(-)3^-...
Daraus muss man schliessen, dass unter 10° eine andere mathematische
Grösse verstanden wird, als unter arc 10°. Wenn nicht die Fläche
dann vielleicht die Bogenlänge für den Radius Eins? Dann würde
eine Gleichung von der Art
60^ = 10 Meter (?)
unter Umständen ihre Berechtigung haben. Irgend einen Nutzen würde
diese Definition wohl kaum besitzen.
In geodätischen Lehrbüchern liest man nun aber zahlreiche Gleichungen
von der Form:
600=arctang^^^-=-^.
Xb-—Xa
Da arc tang zweifellos den Quotienten Bogen durch Radius, also
eine Zahl bezeichnet, so erscheint hier mit einem Male auch der in
Gradmaass ausgedrückte Winkel als die reine Zahl. Es folgt daher
aus obiger Gleichung ohne weiteres z. B.
60^ = -^.
3
Zeitsclurift für Vermessungswesen 1896. Heft 6. 12
178 Wilski. Die Bezeichnungsweise der Winkelgrössen.
Ebenso wird in der Aosgleichungsrechnung die allgemeine Fehler-
gleichung für einen Yorwärtsabschnitt mit bekannter Berliner Bezeichnmigs-
weise in der Form
X = O db 180° -^ {w + z)
geschrieben^ und nicht:
X = O ± arc 180" — (m? + z).
Hier bedeuten zwar die Zeichen X; <I>; Wy z Winkel in Gradmaass,
zugleich aber auch die Quotienten Bogen durch Radius, denn später
wird fortgefahren:
0
=«p+'/'^-
x — x.
und nicht
etwa:
arc
0 =
<arc^ + ?^j_
x-x^
wie denn wohl sehr mit Recht das Zeichen arcus in den Entwickelungen
der Ausgleichungsrechnung nirgends angewandt wird. Es sind also hier
die Zeichen O und cp für den Begriff „Bogen durch Radius^ gesetzt.
Mithin ist derselbe Begriff auch mit 180°, sowie mit den Zeichen w und z zu
verbinden. Also auch hier nichts von arcus^ sondern der Winkel selbst,
in Oradmaass ausgedrückt, gleich Bogen durch Radius! Ein Wider-
spruch also gegen die Existenz der Function arcus und gegen den
Brauch hinsichtlich der trigonometrischen Reihen.
Was nun die Grundbegriffe p^, p^, p^ anlangt, so herrscht auch hier
Zeichen Verwirrung. Wir «setzen für dieselben die in hervorragenden
Fachschriften tlblichen Definitionsgleichungen her:
pO = 57,295.77951°
p' = 3437,74677'
p" =206264,806"
Der Zeiger wird am Buchstaben p, wenn auch nicht bei allen Autoren,
so doch bei den meisten oben gesetzt.
Nun ist offenbar:
57,29. . .^ = 3437, . . .' = 206 264, . • . "
und daher
0 ' "
p = p = p •
Es entsteht zunächst die Frage, wozu es wohl gut sein kann, für
einen Begriff drei verschiedene mathematische Zeichen einzuführen.
Liest man aber weiter, so findet man:
1 _ it
p° ~180
'It: TZ
p 180-60 10800
It: IC
p 180.60.60 648000
Es läfist sich nun nicht leugnen, dass wenn die Gleichungen
0 ' f^
p = p = p
Wilski. Die Bezeichnungsweise der Winkelgrössen. 179
bestehen, auch
Po P P
sein muss. Es müsste also
TC IT TT
(?)
180 10 800 648 000
sein, oder
i=—=-^—m
60 60.60 ^ ^
Also auch hier unhaltbare Bezeichnungen.
Wie bereits eingangs ausgesprochen wurde und wie es ja auch
selbstverständlich ist, lassen sich nun in der Rechnung mit Winkelwerthen
sämmtliche Widersprüche und Zweideutigkeiten vermeiden, wenn man
von einer präcisen Definition des GrundbegriflFs „Winkel" ausgeht und
an derselben überall consequent festhält. Es versteht sich unseres Er-
achtens eigentlich von selbst, dass für mathematische Betrachtungen, die
wesentlich rechnerischer Natur sind, die Grundbegriffe auch rechnerisch
und nicht geometrisch definirt werden sollten, und es erscheint daher
natürlich, für die Rechnungen mit Winkelgrössen ein für allemal, sei
es nim dass es sich um eine Betrachtung der Algebra handelt, der
Analysis oder der Ausgleichungsrechnung, die Definition:
Winkel = Quotient Bogen durch Radius
zu bevorzugen und auch überall consequent durchzuführen.
Definirt man den Winkel in der angegebenen Weise, so wird
zunächst der Begriff arcus überflüssig, denn es ist dann allgemein
arcus cp = cp.
Ferner stellen dann die Begriffe „Winkel" „Winkel in analytischem
Maass^ und „analytisches Maass des Winkels" ein und dieselbe mathe-
mathische Grösse dar. Man hat dann ferner die Definitionsgleichungen
180 57,29 577 951...
1'= ^ ^
180.60 3437,74 677 .. .
1" c= ^ 1
180.60.60 20§ 264,806 . . .
und deren Umkehrungen, durch welche zugleich die Constanten p de-
finirt werden:
1 180 ,^ ^^
p-= ^^==57,29... =p,
|=A?2^ = 3437,... = p.
i. = i^^^=206 264,...=p,
1 TZ
Es bedarf hier der Erwähnung, dass, wenn der Winkel als Quotient
Bogen durch Radius definirt wird, die Zeichen ° ' " als Multiplicatoren
12*
180 Wilski. Die Bezeichnungsweise der Winkelgrössen.
anzusehen sind und nicht als Zeiger. Der Klarheit wegen können daher
die drei Constanten p nicht in der in Landmesserschriften üblichen
Weise mit p^ p' ^'\ sondern, vielleicht wie oben geschehen mit p^ p^ p,
bezeichnet werden.
Es ist ersichtlich; dass nunmehr auch der ^Winkel in Oradmaass"
oder das ^Oradmaass des Winkels^ ganz derselbe mathematische Begriff
ist, wie „Winkel in analytischem Maass^ u. s. w. Es ist zwischen all
den Ausdrücken kein anderer Unterschied mehr, als etwa zwischen den
Begriffen: 1 Schock, 3 Stieg, 4 Mandeln und der Zahl 60.
Man hat dann in der That z. B.
50° Ol' 10" = 50 . —^ — + 1 ^
57,... ' 60.57,...
+ 10 ^
60.60.57, . . .
50.60.60 + 60 + 10
206 264, . . .
180070
206264,...
= 0,873... .
Also Gradmaass = analytischem Maass = Winkel selbst =5 arcus!
Von erheblichem Yortheil würde das Abgehen von dem geometrischen
Winkelbegriff auch in der Behandlung der trigonometrischen Reihen
sein, auf deren Inconsequenz Herr Prof. Jordan auf Seite 549 auf-
merksam macht.
Wie bereits erwähnt, gilt die Reihe
x^ x^
nach der jetzt herrschenden Ausdrucksweise nur bedingt, nämlich nur,
wenn x analytisches Maass ist, also z. B.
Ist X dagegen in Oradmaass ausgedrückt, z. B. o; = 30°, so gilt
es für unrichtig zu schreiben:
sin3O0 = 3O'-<^ + ^'- + ...
Vielmehr heisst es, man müsse schreiben:
. o/^o O..S (arcSO^)^ . (arcSO**)*^
sin 30° = arc 30' — ^^ — — -^ + ^^ — — -^
0 1 5!
"^''^ ■ oAO 30 / 30 V 1 / 30 V 1
""^^ =57;29=(57;29) 3!+157;29)T!- + ---
Wird aber die Definition des Winkels als Quotient Bogen durch Radiu
vorausgesetzt, so ist
57,29...
Wilski. Die Bezeichnnngsweise der Winkelgrössen. Igl
and man hat unbedenklich:
8in ^Q - sin 300 _ 3oo_ (30^)^ , (30^)^ ,
""57,29 \57,297 3l"*'\57,29/ 5! ^"•"
d. h. die trigonometrischen Reihen gelten dann unbedingt und unab-
hängig von dem Maasssystem, in welchem das Argument gemessen ist.
Dem Wesen einer mathematischen Formel würde diese Unabhängigkeit
vom Maasssystem mehr entsprechen, als der bisherige Zustand.
Schliesslich ermöglicht die Definition des Winkels als Zahl auch
bei Integralen einen bequemeren Ausdruck und eine zwanglosere Ein-
führung des Gradmaasses, und der Rechner gebraucht ja einmal die
Winkel mehr in Gradmaass als in Theilen der ZahlTr.
In Gleichungen von der Form
/
TZ
COS ^ d(f = sin ~
kann nach der bisherigen Ausdrucksweise Gradmaass nur eingeführt
werden, indem man z. B. schreibt:
,arc 500 01' 10''.
cos cp d(p = sin 50* -Ol' 10".
/'
tu
Es wird an der einen Stelle — durch öO'^ Ol' 10" ersetzt, an der
n
anderen durch arc 50" Ol' 10", während die Definition V = r^r~r es
' 57,29...
ermöglicht, kürzer und consequenter zu schreiben:
500 Ol' 10"
J
COS cp d^ = sin 50° Ol' 10".
0
Ebenso hat man z. B. auch statt
.arc 300
dcp = arc 30**
kürzer: „soo
J'
j*p=
30\
0
Zum Schlüsse der vorstehenden Erörterungen sei noch eine Be-
merkung des Pietersburger Briefes angeführt, welche für die in Rede
stehende Frage von besonderem Interesse zu sein scheint. Herr Rühs
schreibt auf S. 548:
Nun bezeichnen in der Formel a + ß + T = ^ ebenso wie in
allen allgemeinen mathematischen Formeln die Symbole a, ß, ^ Winkel
in demjenigen Maass^ dessen Einheit ein ganz bestimmter Winkel ist,
und zwar derjenige Winkel, dessen Bogen dieselbe Länge hat, wie
der Radius.
182 I^e angeordnete Staatsaufsicht über die gewerbetreibenden
Diese Bemerkung enthält offenbar eine Definition dessen, was man
in mathematischen Formeln unter a, ß, ^ ^^ verstehen habe, sobald mit
diesen Bezeichnungen Winkel gemeint seien, also eine Definition des
Winkels. Dieselbe sagt aber nichts anderes, als ^Winkel in allen
mathematischen Formeln gleich Quotient Bogen durch Radius^. Auf
Grund seiner Definition folgert Herr Rühs auch, dass die Gleichung
a -|- ß + T = ^ streng richtig sei. Und die Richtigkeit dieser Gleichung
setzt in der That mit Nothwendigkeit voraus, dass a, ß, y die Quotienten
Bogen durch Radius bedeuten.
Man darf die Bemerkung des Herrn Rühs als einen Beweis an-
sehen zu Gunsten der Auffassung, dass unsere Winkelformeln in der
That das Bedtirfniss erzeugen, sich darüber klar zu werden, welche
mathematischen Grössen unter den Grundbezeichnungen eigentlich zu
verstehen seien, und dass in der Winkelberechnung nicht ohne weiteres
der Satz gilt: Die Schärfe der Grundbegriffe ist eliminirbar.
P. Wilski.
Die angeordnete Staatsaufsicht Qber die gewerbe-
treibenden vereidigten preussischen Landmesser.
In Folge mehrfacher Erlasse des preussischen Finanzministers,
welchem seit dem 4. November 1887 die Laudmesserangelegenheiten
unterstellt sind, haben die einzelnen Bezirksregierungen sich seitdem
wiederholt zu theil weise sehr energischen Verfügungen an die gewerbe-
treibenden vereidigten Landmesser veranlasst gesehen^ welche die
ministeriell angeordnete staatliche Beaufsichtigung des nach § 36 der
Gewerbeordnung freien Gewerbebetriebes zum Gegenstande haben. Nach-
stehend bringen wir nun die in dieser Sache ergangene neueste Ver-
fügung der Königlichen Regierung zu Düsseldorf vom 8. December 1895
zur Kenntniss der Leser dieser Zeitschrift; dieselbe dürfte um so mehr
von Interesse sein, als darin zugleich auch die bisher nicht allgemein
bekannt gewordenen bezüglichen Erlasse des preussischen Finanzministers
in ihrem ganzen Wortlaute enthalten sind,
Düsseldorf, den 8. December 1895.
Auf Grund der Ergebnisse der von den hiesigen Kataster- Inspectoren
gemäss dem § 11 des Feldmesser-Reglements und dem § 39 der Kataster-
anweisüng II bewirkten örtlichen Prüfungen von Fortschreibungsver-
messungen, welche von gewerbetreibenden Landmessern ausgeführt
worden sind, habe ich mich wiederholt zur Ertheilung von Rügen und
Ordnungsstrafen genöthigt gesehen, theils weil die Bescheinigung, dass
die Aufnahme von dem Landmesser persönlich bewirkt sei, eine un-
richtige war, theils weil die Untersuchung der Abweichungen zwischen
vereidigten preussischen Landmesser. 183
Feld und Karte nicht ordnungsmässig ausgeführt worden ist, theils auch
weil die Feldbücher unrichtige Messungszahlen enthielten. Ich nehme
hieraus Veranlassung, den sämmtlichen Herren vereideten gewerbe-
treibenden Landmessern des Regierungsbezirks die Bestimmungen besonders
mitzatheileU; welche der Herr Finanzminister über ihren Geschäfts-
betrieb und dessen Beaufsichtigung erlassen hat, nachdem ihm durch
die Allerhöchste Verordnung vom 4. November 1887*) (G. S. für 1888
S. 4) die Landmesserangelegenheiten; soweit sie bis dahin bei der
allgemeinen Bauverwaltung bearbeitet wurden, überwiesen worden sind.
A. Erlass vom 29. November 1888, II 4874.
„Die gemäss § 36 der Gewerbeordnung für das deutsche Reich
vom 1. Juli 1883 zu beeidenden Landmesser sind nach § 3 des Feld-
messer-Reglements vom -^ — 7 TTT^rz- mit Ausnahme der bei den Aus-
26. Aug. 1885
einandersetzungsbehörden und der in der Katasterverwaltung angestellten
bezw. beschäftigten Landmesser der Disciplin der Regierungs-Präsidenten
unterworfen. Dieses Disciplinarverhältniss schliesst nach der Verfügung
vom 9. Juni 1883**) (Ministerialblatt für die innere Verwaltung 8. 143)
ebenso die Verpflichtung zur Aufsicht, wie die Befugniss zur Verhängung
von Ordnungsstrafen in sich.
Von der Aufsicht der Verwaltungsbehörden werden auch diejenigen
Landmesser auszunehmen sein, welche zu anderen, als den vorgenannten
Staatsverwaltungen, oder zu Communalverwaltungen, öffentlichen Ver-
bänden u. s. w. in einem Dienstverhältniss stehen, durch welches die
Befugniss des Landmessers ausgeschlossen wird, nebenbei auch Aufträge
dritter Personen auszuführen.
Als Gegenstände der Aufsicht kommen in Betracht:
1) der Gewerbebetrieb im Allgemeinen,
2) die zum ordnungsmässigen Betriebe des Gewerbes nothwendigen
Instrumente,
3) der Geschäftsbetrieb,
4) die Arbeitsausführung.
Zu 1. Nach § 14 der Gewerbeordnung ist der Landmesser ebenso
wie jeder andere Gewerbetreibende verpflichtet, der Ortsbehörde, in
deren Bezirk er den Betrieb seines Gewerbes anfängt, davon Anzeige
zu machen.
Nach § 5 Nr. 2 und §§ 23—27 der Vorschriften vom 4. September 1892
über die Prüfung der Landmesser wird von der Ober-Prüfungscommission
die Bestallung zum Landmesser nur solchen Personen ertheilt, deren
ünbescholtenheit durch ein Zeugniss der Ortspolizeibehörde nach-
gewiesen ist.
*) Vergl. Zeitschr. f. Verm. Jahrgang 1888 Seite 63.
**) Vergl. Zeitschr. f. Venn. Jahrgang 1883 Seite 452.
184 Die angeordnete Staatsaufsicht über die gewerbetreibenden
Ebenso dürfen nach §2 des Feldmesser -Reglements die Regierungen
nur solche Personen als Landmesser vereidigen, von deren Unbescholtenheit
und Zuverlässigkeit sie sich überzeugt haben. Die ertheilten Bestallungen
können nach § 4 a. a. 0. zurückgenommen werden. Die Zurücknahme
kann erfolgen:
a. wegen Unrichtigkeit der Nachweise, auf Grund deren die Be-
stallung ertheilt ist (§ 53 der Gewerbeordnung),
b. wegen Mangels derjenigen Eigenschaften, welche bei Ertheilnng
der Bestallung vorausgesetzt worden sind, mithin wegen Bescholtenheit,
UnZuverlässigkeit oder Unfähigkeit (§ 53 der Gewerbeordnung und
§§ 2, 35 des Feldmesser-Reglements).
Das Verfahren bei Entziehung der Bestallung regelt sich nach
Abschnitt E der Anweisung vom 4. September 1869 zur Ausführung
der Gewerbeordnung für den norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869.
Im Geltungsbereiche der Provinzialordnung entscheidet nach § 120 des
Zuständigkeitsgesetzes vom 1. August 1883 der Bezirksausschuss auf
Klage der zuständigen Behörde über die Zurücknahme der Bestallung.
Zu 2. Nach § 5 des Reglements muss der Landmesser bei seinen
Arbeiten sich richtiger Instrumente bedienen und ist für deren stete
Richtigerhaltung verantwortlich. Den Längen-, Flächen- und Höhen-
messungen ist das Metermaass zu Grunde zu legen. Ein Aichzwang
besteht bezüglich der Längenmesswerkzeuge der Landmesser nicht.
Der Landmesser muss, um die für gewöhnlich vorkommenden Land-
messerarbeiten ausführen zu können, mindestens folgende Werkzeuge
besitzen :
a. ein Messband von Stahl oder ein Paar Messlatten,
b. eine Anzahl Fluchtstäbe zum Ausrichten gerader Linien im Felde,
c. ein Instrument zum Absetzen rechter Winkel im Felde,
d. Geräthe zum Zeichnen und Kartiren, wie Lineale, Dreiecke,
Maassstäbe, Zirkel u. s. w.
Ausserdem muss derjenige Landmesser, welcher die Richtigkeit seiner
Längenmesswerkzeuge nicht durch das Aichamt prüfen lässt, im Besitze
geaichter Normalmaasse, und derjenige, welcher sich mit Nivellements
befasst, im Besitze eines geeigneten Nivellirinstrumentes mit Libelle und
Fernrohr sein.
Zu 3. Der Landmesser hat nach §§ 12 bis 15 des Reglements
diejenigen Thatsachen und Angaben, welche durch die Natur des Auftrages
bedingt werden, durch ausführliche Verhandlungen und Erläuterungen
darzuthun. Er hat bei seinen Aufnahmen Feldbücher zu führen und
diese, sowie die sonstigen Arbeitshefte und Tabellen auch während der
Arbeit vollständig geordnet und übersichtlich zu halten. Bei Arbeiten
im Auftrage von Staatsbehörden ist im §47 des Reglements die Ab-
lieferung der bei der Ausführung des Geschäfts aufgenommenen Ver-
handlungen und Feldbücher, der Berechnungen und der geführten Acten
vereidigten preossischen Landmesser. 185
Yorgeschrieben. Bei anderen Arbeiten bleiben diese Schriftstücke in der
Regel in den Händen des Landmessers zurück. In diesen Fällen kann
verlangt werden^ dass der Landmesser die betreffenden Schriftstücke,
sowie den gesammten bei AasfÜhmng des Geschäfts geführten Schrift-
wechsel in geordneten Heften übersichtlich aufbewahrt.
Zu 4. Nach § 23 des Feldmesser-Reglements unterliegen die
Landmesserarbeiten einer Revision, wenn jemand, welcher bei der
Richtigkeit einer Arbeit erweislich ein Interesse hat, eine solche
verlangt. Zu diesem Zwecke werden von den Regierungen im Ein-
verständniss mit den Auseinandersetzungsbehörden aus der Zahl der im
Regierungsbezirk arbeitenden Landmesser besondere Revisoren ernannt,
deren Revisionen allein öffentlichen Glauben haben. Ueber die geschäftliche
Behandlung und Entscheidung der Anträge auf Revisionen sind in den
§§ 26 bis 35 des Reglements Bestimmungen getroffen. Die Arbeiten,
welche den Landmessern zur Ausführung übertragen werden, dienen
nur zum geringeren Theile rein privaten Zwecken. Der überwiegende
Theil wird durch öffentliche Interessen bedingt oder muss von den
Betheiligten zur Genügung staatlicher Anforderungen beigebracht
werden. Auf der Grundlage dieser Arbeiten werden von den Betheiligten
Vereinbarungen, von den Staatsbehörden Anordnungen und Entscheidungen
unter der Voraussetzung getroffen, dass die Arbeiten den thatsächlichen
Verhältnissen entsprechend und richtig sind.
Zur Sicherstellung der Richtigkeit und Zuverlässigkeit der Land-
messerarbeiten im Allgemeinen, kann das Landmesserwesen einer regel-
mässigen örtlichen Beaufsichtigung unterstellt werden und zwar in
Ansehung der Vollständigkeit, Richtigkeit und Gebrauchsfähigkeit der
Instrumente, sowie der ordnungsmässigen Führung und Aufbewahrung
der Feldbücher, Verhandlungen u. s. w. Auch wird die regelmässige
technische Prüfung einzelner Arbeiten und zwar auch ausserhalb der-
jenigen Fälle, in welchen dieselbe auf Antrag eines Betheiligten zu er-
folgen hat, in Ausübung der im § 3 des Reglements bezeichneten
Disciplin in Aussicht genommen werden können, zu welchem Zwecke der
Landmesser die betreffenden Arbeiten, nebst den im Felde geführten
Arbeitsheften auf Erfordern einzureichen hat.
Hierbei wird ferner in Betracht kommen, dass die Herren Regierungs-
präsidenten sich der Mitwirkung der bei den Regierungen angestellten
Kataster-Inspectoren als Ausführungs- Organe bedienen, und dass diese
die örtlichen Prüfungen mit den örtlichen Inspectionen der Eataster-
ämter verbinden können*^
B. Erlass vom 16. April 1890 II 14692.
„Ich sehe mich veranlasst, eine sorgfältigere Beachtung der Be-
stimmungen der Gewerbeordnung vom 1. Juli 1883 und des Feldmesser-
Reglements vom — r^ , ,^^^ wegen Ordnung und Beaufsichtigung
26. August 1885
186 1^6 angeordnete StaatsanfBidit über die gewerbetreibenden
des Geschäftsbetriebes der auf die Beobachtung der bestehenden Be-
stimmungen vereidigten Landmesser in Anspruch zu nehmen und mache
besonders auf folgende Punkte aufmerksam:
1) Nach § 14 der Gewerbeordnung ist der Landmesser zweifellos
verpflichtet, da, wo er sich als solcher niederlassen will, seinen Geschäfts-
betrieb anzumelden und sich über den Besitz der Bestallung sowie über
die erfolgte Vereidigung auszuweisen. Da dieses bisher vielfach unter-
blieben ist, so wird fortan streng auf die Erfüllung der gesetzlichen
Anmeldepflicht zu halten und gegen Uebertretungen unnachsichtlich
einzuschreiten sein.
2) Die vorgeschriebene Aufsichtftihrung erstreckt sich auch darauf,
dass die Landmesser, die zu ihren Arbeiten nöthigen Instrumente fort-
dauernd in richtigem und gebrauchsfähigem Zustande erhalten und die
bezüglich der Ausführung ihrer Arbeiten und der ordnungsmässigen
Auibewahrung der darüber aufgenommenen Schriftstücke im Feldmesser-
Reglement erlassenen Vorschriften gewissenhaft beachten.
Es ist nicht nothwendig, von dem Landmesser die Führung von
Correspondenzjournalen, von General- und Specialacten, von Acten-
Verzeichnissen u. s. w. zu verlangen. Dagegen kann bei gewissen
Arbeiten, an denen — wie beispielsweise an den Wiederherstellungen von
Eigenthumsgrenzen — die Staatsverwaltung ein Interesse hat, deren
regelmässige Prüfung und, sofern nicht im einzelnen Falle besondere
Umstände entgegenstehen, die demnächstige Niederlegung in den staatlichen
Acten angeordnet werden. Abgesehen hiervon steht es der Aufsichts-
behörde unbedenklich zu, auch in solchen Fällen, in welchen eine
Bevision nicht schon gemäss § 23 des Reglements auf den Antrag eines
Betheiligten zu erfolgen hat, bei gegebenem Anlass eine technische
Prüfung von Arbeiten eines Landmessers eintreten zu lassen. Die
Aufsichtsbehörde hat in derartigen Fällen den Landmesser anzuhalten,
die betreffenden Arbeiten nebst den im Felde geführten Arbeitsheften
vorzulegen und bei etwaigen örtlichen Prüfungen ihn aufzufordern,
denselben beizuwohnen.
3) Behufs Beaufsichtigung des Landmesserwesens in Ansehung der
Instrumente und der Führung und Aufbewahrung der Feldbücher und
in sonstigen technischen Beziehungen wird von der Mitwirkung des
Kataster-Inspectors der Königlichen Regierung als Aufsichtsorgan
Gebrauch zu machen sein."
Unter Bezugnahme auf die vorstehenden Bestimmungen bemerke
ich, dass zur grösseren Sicherstellung der Richtigkeit und Zuverlässigkeit
der Landmesserarbeiten im Allgemeinen in Zukunft eine regelmässige
örtliche Beaufsichtigung des Landmesserwesens durch die bei der
Königlichen Regierung hierselbst angestellten beiden Kataster-Inspectoren
erfolgen wird. Dieselbe wird sich insbesondere auf die Prüfung der
Vollständigkeit, Richtigkeit und Gebrauchsfähigkeit der Instrumente,
vereidigten preussischen Landmester. 187
sowie aueh auf die ordnnngsmässige Führung und Aufbewahrung der
Peldbücher, Verhandlungen u. s. w. erstrecken. Wo bei der häuslichen
Prüfung Bedenken gegen die Richtigkeit und Zuverlässigkeit einer
Arbeit zu Tage treten, soll auch zu einer Prüfung im Felde geschritten
werden. Zu diesem Zwecke sind den genannten Beamten die Acten
und Instrumente auf Erfordern vorzulegen und ist etwaigem Ansuchen
um Beiwohnung bei der Prüfungsmessung zu entsprechen.
Zugleich mache ich auf die Beschaffung nachstehender Werke
aufmerksam, welche die allgemeinen Vorschriften über die Ausführung
der geometrischen Arbeiten enthalten:
1) Die Landmesser in Preussen, ihre Ausbildung, Prüfung und Be-
stallung, ihre Geschäfte und Taxen. — 2. Auflage. Berlin 1895.
R. V. Deckers Verlag (G. Schenk, Königlicher Hofbuchhändler).
2) Bestimmungen über die Anwendung gleichmässiger Signaturen für
topographische und geometrische Karten, Pläne und Risse. —
3. Auflage. BerUn 1888. R. v. Deckers Verlag (G. Schenk, König-
licher Hofbuchhändler).
Die Ernennungen von Vermessungsrevisoren nach den §§ 23—35
des Feldmesser-Reglements werden im Amtsblatt der Königlichen Re-
gierung veröffentlicht werden (vergl. Amtsblatt von 1883, Stück 8,
Nr. 220, Seite 61).
Der Regierangspräsident
in Vertretung:
(gez.) G e s c h e r.
An
sämmtliche Herren vereideten gewerbetreibenden
Landmesser des Regierungsbezirks.
1. m. B. 9642.
Es steht somit fest, dass innerhalb Preussens für die staatlich
geprüften, gewerbetreibenden Landmesser ein „freier** Gewerbebetrieb
im Sinne der Gewerbeordnung nicht mehr zulässig sein wird. Mag nun
aaeh an und für sich eine angemessene staatliche Aufsicht hier und da
ganz zweckmässig und nützlich sein, so kann doch unseres Erachtens
die Rechtmässigkeit und Rechtsgültigkeit der in dieser Hinsicht
getroffenen Anordnungen der preussischen Verwaltungsbehörden gegenüber
dem klaren Wortlaute der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 bezw.
1. Juli 1883 — speciell gegenüber dem § 36 — nicht bestehen.
Wir sind der Ansicht, dass alle nicht auf der Gewerbeordnung begründeten
ministeriellen Verordnungen, selbst nicht ausgeschlossen das
Reglement ftlr die öffentlich anzustellenden Feldmesser vom 2. März 1871,
jedenfalls für die nicht als Beamte mit dem Beamteneide belegten,
sondern als Gewerbetreibende auf die im § 36 der Gewerbeordnung
188 Die angeordnete Staatsaufsicht etc.
gedachte ^Beobachtung der bestehenden (natürlich ^gesetzlichen^*))
Vorschriften^ eidlich verpflichteten (also jedenfalls fUr alle nach dem
9. Juni 1883 vereidigten) gewerbetreibenden Landmesser nicht bindend
sind, dass letztere vielmehr das Recht haben, die ihnen aufgedrungene
Beaufsichtigung höflichst, aber ganz energisch zurückzuweisen, ohne er-
hebliche Unannehmlichkeiten befürchten zu müssen.
Die nach § 14 der Gewerbeordnung vorgeschriebene Anzeige des
Gewerbebetriebes bedingt nicht zugleich, wie es in dem ministeriellen
Erlasse vom 16. April 1890 heisst, auch den Ausweis über den Besitz
der Bestallung und über die erfolgte Vereidigung; es genügt vielmehr
die Anzeige des beabsichtigten Gewerbebetriebes, welche gemäss § 15
der Gewerbeordnung binnen drei Tagen von der betreffenden Orts-
behörde bescheinigt werden muss. Dass nun lediglich die zu erkennen
gegebene Absicht, das Gewerbe als Feldmesser auszuüben, auch schon
dem Staate ein Aufsichtsrecht gegenüber demjenigen Feldmesser geben
soll, welcher das Missgeschick gehabt hat, die staatliche Prüfung zu
bestehen und demnächst eidlich verpflichtet worden zu sein, kann weder für
die vor dem 9. Juni 1883 mit dem Staatsdienereide belegten, noch auch für
die nach diesem Zeitpunkte als Gewerbetreibende eidlich verpflichteten
Landmesser anerkannt und zugegeben werden ; dagegen wird es selbstver-
ständlich sein, dass derjenige gewerbetreibende vereidigte Landmesser,
welcher von seinen Arbeiten gegenüber der Staatsbehörde (z. B. der Kataster-
Verwaltung) Gebrauch machen will, sich im einzelnen Falle den Anordnungen
dieser Behörden in Bezug auf Vorzeigung der Bestallung und Nachweis
der erfolgten Vereidigung fügen muss. Ob derselbe nun seine Messungen
mit diesem oder jenem Messwerkzeuge bewirkt, sich dieser oder jener
Hülfsmittel bedient hat, entzieht sich der Controle der Staatsregiernng;
die eingereichte Messung hat und behält unseres Erachtens öffentlichen
Glauben, so lange ihre Unrichtigkeit nicht von zuständiger Seite nach-
gewiesen ist — und in diesem Falle kann auch erst die Frage der
event. Zurücknahme der Bestallung in Erwägung gezogen werden.
Der Deutsche Geometerverein wird nun voraussichtlich demnächst
bei Berathung des Antrages Walraff auf Erwirkung eines neuen
Landmesser-Reglements auch der Frage der Staatsaufsicht näher treten
und zu ihr Stellung nehmen müssen, zumal dieselbe jetzt für die
gewerbetreibenden vereidigten preussischen Landmesser eine brennende
geworden ist.
Wenn die preussische Staatsregierung, wie es scheint, so grossen Werth
auf die staatliche Beaufsichtigung der gewerbetreibenden vereidigten
Landmesser legt, sollte sie ihrerseits schon längst Veranlassung genommen
*) Ministerielle Verordnungen können wohl nur dann für die auf die
Beobachtung der bestehenden Vorschriften verpflichteten Landmesser bindend
sein, wenn dieselben in der Eidesformel speciell namhaft gemacht sind und mit
der Gewerbeordnung nicht in Widerspruch stehen.
Hammer. lieber Winkelgrössen und ihre Bezeichnang etc. 189
haben, den entgegenstehenden § 36 der Gewerbeordnung entsprechend
umzugestalten, das Landmessergewerbe aus der unwürdigen Zusammen-
stellung dieses Paragraphen auszusondern und entweder dem § 29
(Gewerbetreibende, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen) oder
wenigstens dem § 34 (Markscheiderparagraphen) einzufügen, den geprüften
Landmessern wieder die Beamteneigenschaft beizulegen, ihnen eine
geschützte Amtsbezeichnung zu verleihen, überhaupt ihnen
nicht lediglich Verpflichtungen aufzuerlegen, sondern auch einige wesentliche
Rechte — namentlich im amtlichen Verkehr mit den Eatasterbehörden
— einzuräumen, dann würde auch der gewerbetreibende vereidigte
Landmesser es besser verstehen können und zu würdigen wissen, dass
eine angemessene Staatsaufsicht unter so veränderten Verhältnissen nicht
mehr so ganz unberechtigt sein kann.
Es wird nunmehr Sache des Deutschen Geometervereins sein, in
diesem Sinne für eine angemessene Umgestaltung der Gewerbeordnung
einzutreten und' zugleich mit dem Antrage auf Abänderung des
preussischen Feldmesser-Reglements auch den Antrag auf Abänderung
des § 36 der Gewerbeordnung zu verbinden.
Ueber Winkelgrössen und ihre Bezeichnung und damit
Zusammenhängendes. (Zu zeitschr. 1895 s. 453—550.)
Von E. Hammer.
1 1
Wenn sin^=2r und sin SO^ = x- ganz allgemein benutzte, also
doch wohl unzweifelhaft richtige Gleichungen sind, ist dann derSchluss
^:=30ö oder also 2ir = 360" gestattet oder nicht? Die preussische
Katastervorschrift scheint zu sagen: ja, denn sie hat die zuletzt ge-
schriebene Gleichung auf ihren Formularen stehen; andere sagen: nein,
und bei diesem Nein wird es ohne Zweifel und ohne viel Worte auch
bleiben müssen. Denn die Behauptung 2 ir = 360^ ist unmöglich aufrecht
zu erhalten ; Jedermann weiss, dass man in der Mathematik (seit Euler) mit
IT die Zahl 3,14159.... bezeichnet und dass man einer reinen Zahl
nicht eine andere benannte Zahl gleichsetzen kann. Gewisse, in
jenen zwei Gleichungen enthaltene' Oonventionen müssen den Schluss
2it = 360^ unmöglich machen. Zwar setzt man oft auch verschieden
benannte Zahlen einander gleich^ schreibt z. B. fUr die praktische
Mathematik ohne Anstand 1 Meter = 443,296 Par. Lin., indem man
eben dem Gleichheitszeichen eine andere Bedeutung giebt, als es in einer
arithmetischen Gleichung hat: es sagt nur nocb, 1 Meter enthält...; ja
man schreibt oft sogar z. B. 10 qm = 30 Mk., um zu sagen, dass 1 qm
190 Hammer. Ueber Winkelgrössen and ihre Bezeichnang etc.
3 Mk. kostet u. s. f. Und in dieser übertragenen Bedeutung des
Oleichheitszeichens als Zeichen für: sich entsprechen, könnte bei der
einfachen Beziehung zwischen der analytischen und trigonometrischen Kreis-
theilung der Grund für jene „Gleichung^ 2 ir = 360^ gesucht werden;
aber ist der Grund zureichend? Wozu überhaupt hier die Künstelei?
Warum steht nicht einfach auf jenen Formularen 360^ und 400^ oder,
wenn es nicht anders sein soll, 400^, wie man es auf Tachymeterschiebern
für alte und neue Kreistheilung findet?
Die ganze vorhergehende und folgende Auseinandersetzung wäre
dann höchst müssig. Trotzdem sind ein paar, wenn auch noch so elementare,
Bemerkungen zu dieser Sache ftlr Studirende nicht ganz ohne Interesse;
denn der Anfänger in der Mathematik, der z. B. aus den zwei Gleichungen
c c
log a=^ k und log b = k schliessen soll und muss : a = b (von der
Periode abgesehen), hat Recht und Pflicht zu der Frage nach einer
nähern Erläuterung darüber, warum denn aus den zwei im Eingang
angeschriebenen Gleichungen nicht auch -^ = 30® gefolgert werden könne?
Die Antwort lautet: die ^sin" jener beiden Gleichungen sind eigentlich
gamicht dasselbe ; oder besser : die Gleichheitszeichen in ihnen sind
nicht von derselben Art, die „Gleichungen^ selbst nicht vergleichbar.
Während die erste Gleichung: der Sinus der Z a h 1 -^ ist gleich der Hälfte
der Einheit eine im strengen Sinne der Analysis bestehende «Gleichung,
eine arithmetische Identität ist, das Gleichheitszeichen absolute algebraische
Giltigkeit hat, ist die zweite Gleichung überhaupt nur durch ihre geo-
metrische Interpretation verständlich; dort ist sin das Zeichen einer rein
arithmetischen Operation (um den Namen Function zunächst noch zu ver-
meiden), wie log oder wie das Divisionszeichen, hier zunächst eigentlich
die Aufforderung zu einer geometrischen Construction (Loth vom Endpunkt
30
eines Bogens aus. der ^ des Quadranten umfasst, im Vergleich mit der
Halbmesserlänge, dem ^sinus totus^). Im Gegensatz zu jener rein
arithmetischen, ohne jeden Zusatz (ausser der Definition des sin-Zeichens
und des Zeichens ic, die aber beide arithmetisch gegeben zu denken
sind) richtigen Gleichung ist die zweite „Gleichung^ eigentlich von
der Art, wie sie durch ^Anwendung der Algebra auf die Geometrie^
entstehen und es ändert an der geometrischen Natur dieser
Gleichung nichts, dass wir heute die sin u. s. f. auch in der
Trigonometrie nicht mehr wie früher als Strecken, sondern als Ver-
hältnisszahlen auffassen: sie sind für die Trigonometrie doch zunächst
immer die Verhältnisse von Strecken, also von geometrischen Ge-
bilden, die für die reine Analysis nicht vorhanden zu sein brauchen^ so wenig
wie für sie Grade u. s. f. vorhanden sind. Und deshalb sipd nach
dem Bau jener zwei Gleichungen einander entsprechende Theile nicht
Unterricht und Prüfungen. 191
einander gleich zu setzen. Jordan hat, 1895 S. 550, bereits darauf
hingewiesen, dass man diesen Unterschied zwischen der arithmetischen
Gleichung und der geometrischen Gleichung einfach dadurch zum
Aasdruck bringen könnte, dass man im einen Fall sin, im andern
Sin oder irgend eine andere Zeichenunterscheidung schriebe.
(Fortsetzung folgt.)
Wegen wichtigerer Einsendungen wird es kaum möglich sein, die schon im
Herbst 1895 eingegangenen Erörterungen über die einfache Sache vonZeitschr.
1895, S. 548—550 zum Abdruck zu bringen, vergl. auf S. J 75. D. Red. J,
Unterricht und Prüfungen.
Anszng ans dem Verzeichniss der Vorlesungen an der
Königlichen Landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin N.,
Invalidenstrasse Nr. 42, im Sommer-Semester 1896.
1. Landwirthschafty Forstwirthschaft und Gartenbau.
Geheimer Regierungsrath, Professor Dr. Orth: Allgemeiner Acker-
and Pflanzenbau 2. Theil: Bewässerung des BodenS; einschliesslich
Wiesenbau und Düngerlehre. Specieller Acker- und Pflanzenbau^
2. Theil: Anbau der Wurzel- und Knollengewächse und der Handels-
gewächse. Bonitirung des Bodens. Praktische Uebungen zur Boden-
kunde. Leitung agronomischer und agrikulturchemischer Untersuchungen
(Uebungen im Untersuchen von Boden^ Pflanzen und Dünger) gemeinsam
mit dem Assistenten Dr. Berju. — Geheimer Regierungsrath, Professor
Dr. Werner: Land wirthschaftliche Taxationslehre. Landwirthschaftliches
Seminar^ Abtheilung: Betriebslehre. Abriss der landwirthschaftlichen
Productionslehre (Betriebslehre). — Geheimer Rechnungsrath Professor:
Schotte: Land wirthschaftliche Maschinenkunde. Maschinen und bau-
liche Anlagen für Brauerei; Brennerei und Zuckerfabrikation^ Feld-
messen und Nivelliren für Landwirthe (Vortrag und praktische Uebungen).
Zeichen- und Constructionsübangen. ■— Oberförster Kottm ei er: Wald-
begrttndung und Waldpflege. Forstliche Excnrsionen.
2. Naturwissenschaften.
a) Physik und Meteorologie. Professor Dr. Börnstein: Ex-
perimental-Physik, 2. Theil. Dioptrik. Hydraulik. Physikalische Uebungen.
b) Chemie und Technologie. Professor Dr. Fleischer
Die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Moorkultur.
c) Mineralogie^ Geologie und Geognosie. Professor Dr.
Grüner: Geognosie und Geologie. Die wichtigsten Bodenarten mit
Berücksichtigung ihrer rationellsten Kultur. Praktische Uebungen in der
Bestimmung und Werthschätzung von Bodenarten und Meliorations-
materialien. Colloquium über Bodenkunde. Geognostische Excnrsionen.
192 Personalnachrichten. — Briefkasten.
4. Rechts- und Staatswissenschaft.
Professor Dr. Sering: Nationalökonomie. Staatswissenschaftliches
Seminar.
5. Kulturtechnik.
Regier ungs- nnd Banrath von Mttnstermann: Kultartechnik.
Entwerfen kaltnrtechnischer Anlagen. — Meliorations-Bauinspector Gr antz:
Bauconstructionslehre. Erdbau. Wasserbau. Entwerfen von Bauwerken
des Wasser-, Wege- und Brückenbaues.
6. Geodäsie und Mathematik.
Professor Dr. Vogler: Ausgleichungsrechnung. Praktische Geo-
metrie. Geodätische Rechenübungen. — Messübungen, gemeinsam mit
Professor Hegemann. — Professor Hegemann: Geographische Orts-
bestimmung. Uebungen im Ausgleichen. Zeichenübungen. — Professor
Dr. Reiche 1: Analysis. Algebraische Analysis. Trigonometrie. Ana-
lytische Geometrie und Analysis. Uebungen zur Analysis. Mathematische
Uebungen. Uebungen zur analytischen Geometrie und Elementarmathematik.
Beginn des Sommer-Semesters am 16. April^ der Vorlesungen zwischen
dem 16. und 23. April 1896. — Programme sind durch das Secretariat
zu erhalten.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Die Oberlandmesser P a h 1 in Königsberg
und Franke in Wollstein, sowie die Landmesser Plähn in Schneide-
mühl und Timme in Bromberg sind zu Vermessungsrevisoren ernannt.
Württemberg. Seine Majestät der König geruhten, anlässlich
des allerh. Geburtsfestes (25. Februar), das Ritterkreuz 2. Klasse des
Friedrichsordens dem Vermessungs-Commissair St ei ff bei dem Kataster-
Bureau in Stuttgart zu verleihen.
Das Steuer-CoUegium, Abtheilung für directe Steuern, hat durch
Verfügung vom 25. Januar d. J. den Oberamtsgeometer Weinmann
in Degerloch seinem Ansuchen gemäss des Dienstes enthoben.
Briefkasten.
Die Vereinsschrift des Elsass-Lothringischen Geometer- Vereins und
die' Vereinsschrift des Badischen Geometer -Vereins haben auf ihrem
Umschlag die Angabe: „Redigirt und herausgegeben vom
Vorstand."
Wenn man nun eine briefliche Mittheilung an diese Zeitschriften
richten will, an wen soll man den Brief adressiren ?
Inhalt.
Grossere Mittheilungen: Zur Praxis der Messband-Bussolenzüge, von
Hammer. — Die Genauigkeit der Pointirung bei Längenmaassvergleichungen,
von Stadthagen. — Die Bezeichnungs weise der Winkelgrössen, von Wilski.
— Die angeordnete Staatsaufsicht über die gewerbetreibenden vereidigten
preussischen Landmesser. — üeber Winkelgrössen und ihre Bezeichnung nnd
damit Zusammenhängendes, von Hammer. — Unterricht und Prüfungen. — Personal-
nachrichten. — Briefkasten.
Verlag von Konrad Wittwer Stuttgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
t93
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben yon '
Dr. W. Jordan, und O. Steppds,
Professor in Hannover Steuer-Ratb in Ml(Qctie9.
-»
• « • •
1896. Heft 7. Band XXV.
»4 1. April, t^" —
Congruente oder conforme Coordinaten.
Die Erttrteirang auf Seite 92 — 94 des Heftes 3 vom 1. Februar 1896
dieser Zeitschrift hat drei Einsendungen henrorgemfeny welche im Nach-
folgenden alle wörtlich abgedruckt werden^ obgleich manche Kürzung
und Modificirung sich empfehlen würde. Aber da ein Mitglied der
Redaction als Verfasser der Auseinandersetzung von S. 92 — 94 in der
daran geknüpften Discussion mit betheiligt ist^ schien es am besten/
zur Wahrung der Objectivität, nichts zu unterdrücken^ was in dieser
Sache eingegangen ist.
Die Frage; ob congruente oder conforme Coordinaten für Kataster-
Vermessungen die geeigneteren sind; und die dadurch angeregte Frage,
aus welchen Motiven die Preussische Katasterverwaltung 1879 ihre
heutigen sog. Soldner'schen Coordinaten eingeführt hat; ist von ganz ausser-
ordentlicher Wichtigkeit für die ganze Entwickelung des deutschen
Vermessungswesens. Das kleine Gebiet von 120 km und 56 km Ausdehnung;
über welches auf Seite 66 und Seite 92 berichtet ist; würde an sich
80 hohes Interesse kaum beanspruchen; aber da auf diesem kleinen Ge-
biete zum ersten Mal in Deutschland die berührte Frage zur geodätischen
Discussion gestellt wurde, ist es allerdings von weitergehendem Interesse;
die Principienfrage bei dieser Gelegenheit zu beantworten; und dazu
sind die nachfolgenden Darlegungen dreier . Vereinsmitglieder trotz der
theilweise polemischen Form sehr geeignet.
Soldner'sche od^r Ganss'sche Coordinaten ;
von Professor Koll in Bonn.
Auf Seite 93 und 94 dieser Zeitschrift ist Herr Professor Dr. Jordan
nochmals auf die Verhandlungen der Hauptversammlung des Deutschen
Geometer- Vereins zurückgegangen und sagt im Anschluss an meine Aus-
führungen auf dieser Versammlang:
^Dieses und die in Zeitschr. 1895; S. 509 mitgetheilte Darlegung
scheint; mit den Ausführungen von Herrn Schulze auf S, 83 im Vorstehenden,
Zeitschrift far Vermessnngsweflen 1896. Heft 7. 13
104 Gongruente oder conforme Coordinaten.
dar allerdih^ weit verbreiteten Ansicht zu huldigen^ däss die unver-
zerrten Soldner*Bchen Coordinaten die ^praktischen^ und die oonformen
Coordinaten die „theoretischen^ seien, welche letztere nur etwa zur Freude
Solcher dienen, welche gerne mit -^ rechnen^ aber die „Praxis^ nicht
zu beurtheilen verständen. Nun ist aber gerade das Oegentheil
de5r Fall *)
. . . .Wenn die Furcht vor solchen besonderen Reductionen in Hannover
naclr 1866 d6r Grund war zu der unzweckmässigen Zerschneidung des
alten classischen Coordinatensystems in 31 conforme Partialsysteme und
später zu der gänzlichen Abschaffung der conformen Coordinaten, so
wäre das nicht eine Folge von praktischen Erwägungen, sondern eine
Folge irriger mathematischer Auffassung der Sache gewesen, deren
Wiederholung jetzt, da die Frage in mehr als einem Lande wieder prak-
tisches Interesse gewonnen hat, vermieden werden muss.^
Wenn das, was hier angeführt ist, richtig ist, so müsste sich. Herr
Professor . Dr. Jordan mit seinen klaren sonstigen Ausfjührungen
über ^ diesen Gegenstand im zweiten Bande seines Handbuches der
yeirniessungskunde) 2* Auflage 1878 bedeutend geirrt haben. , Da ich
aber noch der Aiisicht bin, dass Herr Prpfeasor Dr. Jordan sich hier
nicbjt .geirrt hat und seine damaligen Ausführungen die. Verhältnisse
in ausgezeichneter Weise klarlegen, so gestatte ich mir im folgenden
Jordan streng zu folgen:
Auf Seite 276, 277 und 278 des Jordanischen Handbuches wird
die Verzerrung behandelt, die das Bild der sphärischen Oberfläche
erleidet,, wenn man die rechtwinkligen sphärischen Soldner^schen Coor-
dinaten als rechtwinklige ebene Coordinaten auf eine Zeichnuiigsebene
aufträgt. Der allgemeine Ausdruck für die Vergrösserung einer kurzen
Linie im Punkte mit der Ordinate y in der Richtung a ist
t? = 1 + -f-v • cos^ a.
Die Vergrösserung ist hiernach nicht abhän^g von der Abscisse x^
sondern nur von der Ordinate y und von der Richtung a. In Bezug
auf (3t erreicht V seinei extremen Werthe mit a = 0 oder 180^ und
a = 90^ oder 270^ nämlich:
a = 0 Kmax = I H — Ö2~ (Meridian, a?- Achse)
a:=90® Fmin = l (West- Ost, y-Achse) '
■ xp-
In einer Tabelle werden Zahlenwerthe für -^— ^ gegeben und .dann
wird fortgefahren: Mit y^s 100 000m bekommt man also nur eine
*) Dazu ist auf S. 93 gesagt: „Die conformen Coordinaten verursachen
neben ihren sonstigen Vorzügen, weniger Rechenarbeit, als die congruenten,
Soldner^schen, d. h. da, wo Überhaupt von Erdkrümmung die Rede ist, und im
ebenen Rechnen sind überhaupt beide Systeme identisch.
Gongraente' oder conforme Ooordinaten. 195
Maximal-Verzerrang von 0^01 % der Längpe, .was bei allen DetailmeMongen
und Eartenzeichnangen nneebädlich ist. Damit igt bewiesen^ dasa man
die rechtwinkligen sphärisehen Ooordinaten bei d^n Dreiecken dritten
nnd vierten Ranges, bei den Polygonzügen und Detailvermessiingen,
sowie bei allen kartographischen Darstellungen hinrdehend genau
als rechtwinklige ebene Goordinaten behandeln darf, wenn das Yer-
messungsgebiet sich nicht weiter als 100 km zu beiden Seiten der Ab-
scissenachse ausdehnt, während dieses Gebiet in der Richtung der
Absdssenachse selbst nicht begrenzt ist.
Auf Seite 295 und 296 werden dann die Soldner'schen und die con-
formen Oauss'sohen Goordinaten verglichen, im Anschluss an eine Formel-
entwickelung, die hier nicht wiedergegeben zu werden braucht t Damit
ist nachgewiesen, dass die Soldner^schen Goordinaten xy und die
Gauss'schen Goordinaten xt^ sich nur dadurch unterscheiden, dass die
Ordinaten v) des Oauss^schen Sjstemes zu den Ordinalen y des Soldner^schen
Systemes in Beziehnng stehen:
y(^+^)
log -^^ =?= 5,61 206 — 20.
worin für die Mittelbreite 50<^
6"r"
Zur Veranschaulichung der Verhältnisse zwischen y und t] dienen
folgende Zahlenwerthe:
y -n y -n
10 000 m 10 000,004 m 60 000 m 60 000,884 m
20 000 20 000,033 70 000 70 001,404
30 000 30 000,111 80 000 80 002,096
40 000 40 000,262 90 000 90 002,984
50 000 50 000,512 100 000 100 004,189 .
Zur Vergleichung der Vorzüge und Nachtheile der betrachteten zwei
Projectionsmethoden dient folgendes:
DieOauss'sehePjrojection ist ,,conform,^, d. h« sie giebt ein. Bild,
welches in seinen kleinsten Theilen dem . Urbild ähnlich ist. . Dieses ist
ein theoretischer Vorzug, welcher aber nur bei bedeutenden Haas$tab8-
änderungen auf einem und demselben Kartenblatt von Wfdrth ist; wenn
dagegen die Maassstabsungleichheiten überhaupt ver^aac^üässigt' werden
sollen, wie ; dieses bei der Anwendung der Soldner'schen oder
Qai^ss'schen Goordinaten, für Kleinyermessungspunkte beabsi<!htigt ist,
so hat die Gonformität kein besonderes Interesse.
Die Vorzüge einer Kartenprojection wie die Soldner'sche und
die Oauss^sche, welche unmittelbar die einzelnen Punkte nach recht-
winkligen Goordinaten in der Ebene aufzutragen gestattet, treten
nämlich dann am deutlicbstei;! hervor, wenn man in der Lage ist, alle
aus den rechtwinkligen ,0oor,dinä(teii abgeleiteten Grössen ohne weitere
13*
196 Cottgruente oder conforme Coordinaten.
Oorreetionen zu benutzen, wie es in der Eleinvermeseang und schon
ia der Triangulation vierter und dritter Ordnung geschieht. Hier er-
zeugen die vernachlässigten Gorrectiohen denselben Schaden wie kleine
Mesaungsfehler, nnd es ist danach zu trachten, die vernachlässigten
Grössen milglichst klein zu machen^ nicht aber nach allen Richtungen
hin. möglichst gleich, weil letzteres nur erreicht werden kann durch
Einführung von Verzerrungen an solchen Stellen^ wo sie nicht unum-
gänglich nöthig sind.
Wenn man in jedem Punkte des Vermessungsgebietes nach allen
Richtungen kleine Linien gezogen und dadurch die ganze Aufnahme
bewirkt denkt, so bildet die Quadratsumme aller Vetgrösserungen
welche diese Linien durch die Eartenprojection erleiden, das Maass des
Schadens, welcher bei denjenigen Operationen entsteht, bei welchem man
die Gorrectionen vernachlässigt. Bezeichnet man diesen Schaden für die
Oauss'sche Projection, mit Q, für die Soldner'sche mit i», so findet man
(O
1 fy r!L 1
= — — 7- 2 y* • cos *a • dw • da • — =
y' 3
4r* 5 8
Es ist also Q : CO = 8 : 3.
Man kann noch fragen, welches Verhältniss die Maximalwerthe y
in beiden Systemen haben müssen, wenn Q = cd werden soll. Kimmt
man Y entsprechend Q und y entsprechend co, so wird Q = co, wenn
r' = — v^
oder Y =0,82y
Hiernach dürfte die Gauss'sche Projection auf nur 82 ^/q der
Fläche ausgedehnt werden, welche der Soldner'schen Projection zu-
gänglich ist.
Wenn man in Betracht zieht, dass die in Q und co behandelten
Fehler sich mit den gewöhnlichen Messungsfehlern combiniren, und dass
die letzteren überwiegen, so stellt sich das Verhältniss zwar anders^
doch bleibt die Soldner'sche Projection im Vorzug.
Diese Darlegungen sind so klar und überzeugend, dass ich nur
wenig hinzuzufügen brauche.
In Preussen ist bei der Anlage der jetzt bestehenden Coordinaten-
Systeme davon ausgegangen, dass die Fehler, die durch die Benutzung
der rechtwinkligen sphärischen Goordinaten als ebenen Goordinaten ent>
stehen, nicht grösser als sein sollen*). Demgemäss sind all-
gemein die Soldner'schen Goordinaten eingeführt und ist die Aus-
*) F. G', G-auss, Die trigonometrischen und polygonometrischen Rech-
nungen in der Feldmesskunst. 1. Auflage, 1876, Seite 299.
Gongraente oder conforme Coordinaten. 197
dehnuDg der Coordinatensysteme auf hdchstens 60 km zu beiden Seiten
der Abscissenachse begrenzt worden. Die bestehenden Systeme erreichen
diese Maximalgrenze in vielen Fällen nicht und es bestehen mehr
Systeme^ als unbedingt nothwendig sind. Dies rührt ganz einfach daher,
dasB früher die Ooordinatensysteme dem auftretenden Bedürfniss folgend
anter Berücksichtigung der vorliegenden bei den N«umessungen zu be-
nutzenden für sich bestehenden Dreiecksnetzen festgesetzt wurden. Das
was in solcher Weise entstanden war, konnte bei der allgemeinen Fest-
setzung der Systeme im Jahre 1879 nicht einfach fallen gelassen werden,
schon deshalb nicht, weil auch damals noch in Preussen kein einheit-
liches zusammenhängendes Dreiecksnetz vorhanden war und durch eine
radicale Umformung aller Ooordinatensysteme unter Umständen kost*
spielige Triangulationen nothwendig gemacht wurden, ^ur in der
Provinz Hannover ist eine Ausnahme gemacht und hier sind die alten
Systeme ganz aufgegeben. In Hannover lagen die Gauss^schen conformen
Coordinaten in dem, wie Jordan sagt, alten classischen Coordinateni^stem
vor. Dies Coordinatensystem hat als Abscissenachse den Meridian der
Oöttinger Sternwarte. Hannover erstreckt sich westlich 225 km und östlich
110 km von diesem Meridian und demnach betragen die Verzerrungen
sowohl in den Ordinaten, wie in den Abscissen an der westlichen Grenze
6 15
^rxr^r^ ^^ ^^^ östüchcn . Dics konnte nicht zugelassen werden
lOOCX) lüüüüü
und deshalb ist das alte classische Coordinatensystem bei der Neumessung
der Provinz Hannover in Partialsysteme zerschnitten. Welche Umstände
auf die Bildung der Partialsysteme eingewirkt haben, weiss ich nicht
und dass bei der Zerschneidung vielleicht etwas weiter gegangen ist, als
unter den obwaltenden Umständen nöthig war, kann möglich sein. Als
dann 1879 bei der allgemeinen Festsetzung der Ooordinatensysteme auch
die Frage zu lösen war, ob in Hannover die alten Systeme beizubehalten
seien oder nicht, konnte die Entscheidung nur dahin fallen, dass dies
nicht geschehen solle und dass in Hannover ebenso wie in den übrigen
Provinzen grössere Systeme und Soldner'sche Coordinaten einzufUhren
seien, denn es wa,;r vorauszusehen, dass zu der Zeit, wo in Hannover
wieder umfangreichere Neumessungen auszuführen sein würden, hier
bereits die Landestriangulation ausgeführt sein werde und dann keine
Veranlassung mehr vorliege, ftlr Hannover noch Qauss^sche Coor-
dinaten beizubehalten. Hierbei kam es auch zur Sprache, ob überhaupt
zweckmässiger Soldner'sche oder Gauss'sche Coordinaten zu nehmen
seien, und damals ist geltend gemacht worden, was ich auch auf der
Hauptversammlung gesagt habe, dass, wenn bei Einfahrung conformer
Coordinaten das Land nicht in viel mehr Systeme zerschlagen werden solle,
man genöthigt sei, für alle weiter von der Coordinatenachse
abliegende Gemarkungen besondere Reductionen der Strecken oder
Flächenangaben einzuführen. Wenn Herr Professor Jordan räth (Seite 93
198 Oongruente oder conforme Goordinaten.
d. Zeltschrift) nor die Praktiker in Mecklenburg zu fragen, ob dort je-
mals besondere Rednctionen dieser Art von irgend Jemanden für nötbig-
gehalten wurdön, so ist dazu za bemerken, dass Mecklenburg 135 km
br^t und 220 km lang ist, es also etwas grösser sein müsste, am in
difiser Frage ein maassgebendes Beispiel zu sein, and dass Mecklenburg
es . sich noch ruhig leisten kann, die grösseren Yerzerriingsfehler der
Gauss'scben Coordinaten in den Kauf zu nehmen.*)
Schliesslich sei noch darauf hingewiesen, dass es praktisch auch gar
keine Rolle spielt, ob die Rechenformeln für die einen oder die anderen
Goordinaten etwas einfacher oder eleganter sind. Die rechtwinkligen
Goordinaten sind aus den geographischen Goordinaten bei der weit-
gehenden Triangulation der preussischen Landesaufnahme in einem Gebiet
von einer Quadratmeile durchweg für 10 Punkte abzuleiten. Dazu
gebraucht man, wenn man nach dem trigonometrischen Formular 6 der
Katasteranweisung IX rechnet, im Ganzen höchstens 3 Stunden. Wenn
man nun wirklich fttr die Vermessung einer Quadratmeile durch Benutzung
eines anderen Verfahrens ^/2 Stunde sparte, so hat das wirklich wenig
zu bedeuten»
Bonn, den 2. Februar 1896. Otto KoU.
Conforme Projection L
Der ganze auf conforme Projection bezügliche Theil meines Bonner
Vortrags (abgedruckt in Zeitschr. 1895, S. 338—340) hat die grössere
lineare Gesammtverzerrung Q des conformen Systems gegenüber der
kleineren Soldner'schen Verzerrung cd als längst bekannt und bewiesen
vorausgesetzt, und wenn daher mein eigener aus dem Jahrgang 1875
der Zeitschrift S. 27 — 34 stammender und im Handbuch d. V. 1878
abgedruckter Beweis fttr Q > cd von Herrn GoUegen Koll im Vor-
stehenden nochmals abgedruckt und adoptirt, aber zugleich in anzutreffende
Anwendung gebracht wird, so muss dazu auch das wiederholt werden^
was in Zeitschr. 1895 S. 339—340 von mir gesagt wurde, nämlich
dass jene Q und cd ein einseitiges theoretisches Kriterium der Sache
geben, welches in der Praxis nicht Stand hält, und- dass seit ich die
1875 fehlende praktische Beschäftigung mit conformen Goordinaten
später gefunden hatte, ich das frühere Urtheil dahin erweitern musste,
dass trotzdem Qv>cd ist, die conformen Goordinaten den Vorzug
verdienen und grössere Geltungsbereiche erhalten dürfen als die Sold-
ner'schen Goordinaten.
Jene schon im Jahre 1875 gemachte Integration Qim ist fttr mich
eine Voruntersuchung geworden, auf Grund deren ich im Laufe von zwei
Jahrzehnten zu einem Urtheil gelangt bin, das ich in dem Bonner Vor-
trage an dem populären Beispiele der Steuervertheilung dargelegt habe,
*) Hierauf werden die Mecklenburger wohl selbst antworten. Die Netz-
verzerrung in Mecklenburg ist nur halb so gross als in einem gleich grossen
'^^eussischen Kataster-System. Die Red. «T*.
Gongruente oder conforme Goordinaten; 199
dessen mathematischer Beweis durch Vergleichnng derRichtungsredaCtionen
im Na<^hfolgeiideii 8. 20S — 204 no<^ mit eiDgefttgt wird.
Aber sogar wenn jenes Verhältniss Q:co als maassgebend angenommen
würde, so ist doch der citirte KolFsche Satz von dem „Zerschlagen
in viel mehr Systemen'^ damit gar nicht bewiesen. Dieser Satz bleibt
zwischen ^en verschiedenartigen Citaten nnd Darlegungen des. GoUegen
Koll unerledigt; denn nach dem Gitat F. G. Gauss, trig. u.,polyg;
Rechnungen etc. 1876 S. 299 gilt für die prenssischen Eataster-Ooordinaten?
y^ 1
Systeme die lineare Fehlergrenze J^ , = ^^^^^ und diese ist für beide
2 r ^ 20 000
Arten von Goordinaten dieselbe.
Noch weniger zutreffend ist die vom Gollegen Eoll gemachte
Anwendung seines Satzes auf Hannover und Mecklenburg, in Hannover
hätte es genflgt; den westlichen Theil der ursprünglich ^ar nicht dazu
gehört hat (Zeitschr. 1885 S. 116) wieder abzutrennen; es wurde' abei"
ein Zerschlagen in 31 Systemen vorgenommen mit 31 neuen Achsen, von
denen 11 gar nicht entfernt von der alten Göttinger Achse sondern auf
einem schmalen Streifen nahe dem Göttinger Meridian selbst liegen j^ un4
nach dieser Methode würde Mecklenburg, das heute noch sein einheitliches
confprmes, System hat, wenn es nach 1866 ebenso wie Hannover behandelt
worden wäre, einer Zerstückelung seines Systems in 13 willkürliche
Theile nicht entgangen sein, J.
Soldner'sche oder Ganss'sche Coordiiiaten.
Von Professor Koll.
Durch die Ausführungen über das Integralverhältniss Q:o> in dem
vorgtehenden Artikel wird nichts gegen den Hauptinhalt der von Herrn
Gollegen Jordan in Zeitschrift 1875 und in der 2. Auflage seines Hand-
buches 1878 gemachten und von mir wiedergegebenen Ausfuhrungen be-
wiesen. Der Satz: ^Es ist danach zu trachten, die vernachlässigten
Grössen möglichst klein zu machen, nicht aber nach allen Richtungen
hin mögliehst gleich, weil letzteres nur erreicht werden kann durch
Ei^fllhrung von Verzerrungen an solchen Stellen, wo sie nicht unum-
gänglich nöthig sind", ist meines Erachtens auch heute noch allein richtig
nnd deshalb habe ich auch Jordans frühere Ausführungen wieder in den
Vordergrund gestellt mit der von Jordan selbst (nicht von mir) ge-
machten Anwendung . auf die Ausdehnung der Goordinatensysteme bei
Ganss'scher und Soldner'scher Projection. Und wenn GoUege Jordan
jetzt sa^, wenn Qian die vernachlässigten Grössen nur nach allen
Richtungen gleich mache, so käme es auf die möglichste Kleinheit
dieser vernachlässigten Grössen nicht mehr an und man könne , dann
noch grössere Goordinatensysteme nehmen, a,ls bei den Soldner'schen
200 Congraente oder confonne Coordinaten.
GoordiDaten, wobei die vernachUtssigten Grössen möglichst klein werdeo,
so vermag ich ihm darin nicht za folgen und seine ganze Beweisführung
für diesen Satz ist meines Erachtens nicht zutreffend. Hiermit wird
auch ^der citirte KolPsche Satz^ von dem Zerschlagen in viel
mehr Systeme von dem Unerledigtsein zwischen verschiedenartigen
Gitaten und Darlegungen erlöst. Denn wenn man nicht will, dass
die Vernachlässigung von Grössen Aber ein bestimmtes Maass hin-
ausgeht und sie nun bei den Oauss^schen Coordinaten grösser ist als
bei den Soldner'schen, so muss man bei Wahl der Gauss'schen Coordinaten
entweder kleinere Systeme und somit in einem gegebenen ausgedehnteren
Staate viel mehr Systeme nehmen oder man muss den Nachtheil der
grösseren Systeme dadurch aufheben^ dass man die sich ergebenden
Längen und Flächen entsprechend reducirt. Und wenn man hei
Soldner'schen Coordinaten noch eine lineare Fehlergrenze ^ ^ =
2r* 20 000
zulässt, so ist es durchaus gerechtfertigt^ bei Gauss'schen Coordinaten
diese Fehlergrenzen enger zu ziehen und sie nicht weiter zu machen^
wie Jordan es jetzt will.
Auch die von mir gemachte Anwendung meines Satzes auf Hannover
und Mecklenburg ist nicht ^noch weniger zutreffend^. Das Gauss'sche
einheitliche System konnte nicht beibehalten werden, und wenn jetzt
für Hannover 4 Soldner'sche Systeme angeordnet sind, so hätten nach
dem von Jordan 10 Jahre nach der im Jahre 1868 erfolgten Zerlegung
des grossen Systems in kleinere Systeme veröffentlichten Ausführungen
schon mehr als 4 Systeme angeordnet werden müssen, um das zu er-
reichen, was jetzt erreicht wird.
Dass Jordan jetzt nach nahezu 30 Jahren zu der Ueberzengung
gelangt ist, dass es schon gentigt habe, nur den westlichen Theil von
dem System Göttingen wieder abzutrennen, ändert an der Zweckmässig-
keit dessen, was 1868 und 1879 gemacht ist, nichts. Bezttglich Mecklen-
burgs habe ich nur auf seine manche der 40 preussischen Coordinaten-
systeme nicht übersteigende Grösse hingewiesen und behauptet, dass es
in der vorliegenden Frage kein maassgebendes Beispiel sein könne, als
welches es von Jordan hingestellt war.
Bonn, den 13. Februar 1896. Otto Koü,
Conforme Coordinaten U.
Das Citat von F. G. G a us s trigonometrische und polygonometrische
Rechnungen 1876 S. 298—299 bezieht sich gemäss der Tabellen S. 298 anf
lineare Fehler, und wird von Koll (S. 196) ausdrücklich so citirt, ^dass
die Fehler die durch die Benützung der rechtwinkligen
sphärischen Coordinaten als ebene Coordinaten entstehen,
Gon^aeiite oder conforme Coordinaten. 201
nicht grösser als sein sollen"; diese Fehler werden nicht
grösser als , mag man die Benützung in der Ebene nach Soldner
■20000
oder nach Gauss confprm machen; und deshalb ist die Behauptung, dass es
durchaus gerechtfertigt sei (S. 197) bei Gauss'schen Ooordipaten jene Fehler«
grenzen enger zu ziehen, (ohne Angabe um wie viel enger) nicht einmal
durch eine gezwungene Interpretation ibl posteriori mit der Preussischen
Fehlergrenzfestsetzung-— -——-in Einklang zu bringen.
isOUOO
An derselben Stelle, trigonom. und polygonom. Rechnungen S. 299,
wird gesagt, dass die linearen Kartirungsfehler nicht hindern würden,
die y bis auf 90 km auszudehnen, und dass auch der aus der Projection
entstehende Flächenfehler als unerheblich erachtet werden müsse, und
in der That ist der Soldner 'sehe Flächenfehler von-^— — -== 0,005%
geradezu verschwindend neben der zulässigen Differenz 16 ar auf 100 ha
oder ==0,16%, welche die Preussische Anweisung VIII gestattet. Diese
Messungsdifferenz ist das 30 fache des Verzerrungsfehlers, und ent-
sprechend ist die lineare Messungsdifferenz 0,95 m auf 1000 m der
Anweisung IX das 20 fache des Verzerrungsfehlers. Der Verzerrungs-
fehler ^.^^^^^ =5 cm auf 1 km oder 0,05 mm auf 1 m oder 0,25 mm
20000
auf eine Messlatte von 5 m Länge, ist nur ein Sechstel der metrouomisch
zulässigen Messlatten-Unsicherheit von 1,6 mm auf 5 m.
Damit wird die S. 199 von Koll gemachte praktische Anwendung
der Theorie £2 : a> (Zeitschrift 1875 S. 27 — 32) illusorisch, denn jene Q : u>
setzen voraus, dass die Messungsfehler, welche in Wirklichkeit weit über-
wiegen, theoretisch gleich Null gesetzt werden, und wenn, wie soeben
gezeigt, sogar an der Projectionsgrenze die Messungsfehler auch nur gleich
dem 5 — 10 fachen der Verzerrungsfehler gesetzt werden, so lässt sich leicht
überblicken, dass das 1875 S. 31 zu 82% ermittelte Verhältniss in
Praxi etwa auf 98—99% steigen würde, so dass damit vielleicht eine
Vermehrung der Preussischen 40 Systeme auf 41 sich begründen liesse,
aber nicht das Zerschlagen in ^^viel mehr^ Systeme. Immerhin würde
das noch einen kleinen Vortheil des Soldner^schen Systems vorstellen,
der aber auch illusorisch wird, wenn man, was in Preussen geschehen,
und praktisch allein durchführbar ist, eine Fehlergrenze für-— ^j" ^®s*"
setzt, welche in beiden Fällen denselben Orenzwerth y giebt.
Aber all das trifft noch gar nicht das Wesen der Sache, welche
^af ganz anderem Wege entschieden werden muss.
Wenn ausnahmsweise der Fall eintritt, dass man mit den Ver-
zerrungsfehlem an die Messungsfehler herankommt, was bei feinen
202 Congruente oder oonforme Coordinaten.
Stadtvermessnngen oder auch z. B. in Bayern wegen der grossen Or-
dinalen eintreten kann, dann bringt die Soldner'sche angleiche Verzerrang
ganz ungeheaerliche Widerwärtigkeiten, welche zu ersehen sind aus
der ^Instruction für neue Eatastermessungen in Bayern,^ 1885 § 23
und noch dentlicher in technische Anleitung etc. Dr. J. H. Franke^
München 1889 S. 121. Alles was dort im Interesse der Bechnongs-
erleichterung etc. gesagt ist, wird mit einem Schlage ttberfltlssig, wenn
die Projection conform ist. In Mflnchen hat man mit A = 500 m über
dem Meere auch eine allgemeine Maassstabsvergrössernng im Betrage
h
von 1 H , welche rund 8 cm auf 1 km ausmacht und gewöhnlich
r
gar nicht besonders erwähnt, sondern mit Stillschweigen den Netzfehlem
zugeschlagen wird. Ebenso kann man es auch mit der Projections-
Verzerrung 1 4- -qT machen, aber nur, wenn die Projection conform ist,
während bei Soldner^scher Projection die schon erwähnten schwerfälligen
bayerischen Reductionen bei grossien Ordinalen y nöthig werden.
In dem kleinen Herzogthum Anhalt wird bei querachsigen Coor-
dinaten die Verzerrung der Projection höchstens 1 cm auf 1 km betragen
und die Höhenreduction in den tiefsten Landestheilen ebensoviel, aber
in höheren Theilen im Harz noch viel mehr. Niemand kümmert sieb
um diese Höhenreduction (vergL die Ausführungen von Herrn Schulze
in Dessau S. 213 und S. 214) und mit Recht, denn sie ist im Wesentlichen
nach allen Richtungen gleich und kann den Netzfehlem mit Stillschweigen
zugeschlagen werden, ebenso wie die Verzerrungsfehler der conformen
Projection, nicht aber können die Verzerrungsfehler der congruenten
(z. B. Soldner'schen) Projection so bequem getilgt werden. —
Die Höhenreduction macht schon im Mittelgebirge mehr aus
als die Projections- Verzerrung, und wenn die Preussische Eataster-
bestimmung, dass die trigonometrische Netzreduction nicht grösser als
1
oder 5 cm auf 1 km werden soll, nicht als dehnbar aufgefasst
werden dürfte, so könnte man über 320 Meter Höhe nicht mehr nach
Anweisung IX messen, denn von da an ist die Höhenreduction grösser
als 5 cm für 1 km und steigt bei 640 m Höhe auf 10 cm für 1 km.
Die Höhenreduction wirkt der Netzverzerrnng günstig entgegen,
z. B. bei 400 m Höhe und Ordinalen y = 70 km ist die Oesamml-
reduclion allgemein nahezu gleich Null, wenn die Projection conform ist,
dagegen schwankend zwischen Null und 6 cm auf 1 km, wenn die
Projection congruent (nach Soldner) ist. Dieses noch genauer theo-
retisch zu vergleichen mag vorbehalten bleiben.
Der Schwerpunkt liegt in delr Triangulirung. Meine
Q-Theorie von 1875 ist insofern eine rein mathematische Speculation
CoDgraente oder conforme Coordinaten. 203
gewesen, deren Fähigkeit der Uebertragnng in die Praxis erst nach-
gewiesen werden rnttsste^ weil (Zeitschr. 1875 S. 31) gesagt ist: Wenn man
in jedem Punkt nach allen Richtungen kleine Linien
gezogen und dadurch die ganze Aufnahme bewirkt denkt. .. .
d. h. es ist ein speculatives Messungsverfahren vorausgesetzt^ welches
es praktisch nicht giebt. Der Schwerpunkt unserer modernen Ver-
messungen liegt nicht in den linearen Messungen, sondern in den
Winkelmessungen^ und während für erstere der von EoU S. 196
aas Zeitschrift 1875 S. 30 adoptirte hervorgehobene Satz gilt: ^Es
ist darnach zu trachten die vernachlässigten Grössen möglichst klein zu
machen, nicht aber nach allen Richtungen möglichst gleich — ^, gilt für
Triangulirungen gerade das Gegentheil, hier ist darnach zu trachten
die Verzerrungen nach allen Richtungen möglichst gleich zu machett>
damit die Dreiecke ähnlich ^bleiben. In der Triangulirnng III. Ordnung
gestattet die conforme Projection auf viel weitere Gebiete ebne
alle sphärische Gorrectionen von der Ordnung -^ auszudehnen, als die Sold-
V
ner'schC; weil die schlimmsten Glieder der Soldner'schen Methode bei
der conformen Projection einfach fortfallen.
Zur Vergleichung hat man (mit den Bezeichnungen der Landesauf-
nahme):
S 0 1 d n e r
Gauss conform
S —'■^ 6r^
r-'-^^eT^Cay. + y,)
X — — X
Das schlimmste Glied l % 2^ iy\ — y?) ^^^ Soldner filllt bei
Gauss rundweg fort. Wir wollen dieses Glied noch umformen:
Bei einer Eleintriangulirung entfernt von der Hauptachse sind die
x^ — x^ und y^ — y^ verhältnissmässig klein gegen die y selbst^ sie
gelten als von nächst kleinerer Ordnung^ und damit haben wir sofort
den wichtigen Satz:
Die trigonometrischen Verzerrungsfehler der Gauss 'sehen Klein-
trianguUrmig entfernt von der Achse sind nur von nächst kleinerer
Ordnung als bei der schwerfälligen Soldner 'sehen Triangulirnng.
Zu näherer Ausführung wollen wir die sämmtlichen y^y^"*
kurz mit ^ und die x^ — ^1^2 — ^i ™* dxun^dy bezeichnen, dann wird:
204 Congraente oder conforme Goordinaten.
Soldner Gauss
Setzt man in runden Zahlen für Triangulirung in. Ordnung (An-
weisung IX, II, § 16) s = 30000 bis 10000 also dx rund = 5000 m
dagegen y als sehr gross =100 000m und t = 45^ so wird:
Soldner Gauss
T—t = 1,3" + 12,7" = 14,0" T'-t = 1,3"
Also bei Gauss rund 1", was in III. Ordnung leicht zu verschmerzen ist,
aber bei Soldner 14".
Das ist die Ri cht ungs Verzerrung. Die lineare Verzerrung giebt
bei Soldner in diesem Fall ein Schwanken im Logarithmus zwischen
0.00005 und 0.00000, d. h. Unmöglichkeit auch nur mit 5 stelligen Loga-
rithmen glatt eben zu rechnen, während bei Gauss das lineare Element
^Is Mittelwerth bereits in den Anschluss- Coordinaten IL Ordnung steckt
und dem Rechner in III. Ordnung gar nicht mehr zu Gesicht kommt.
Mit Zurückgreifen auf 1875 haben wir also nun zwei Sätze:
L Satz 18 75. Wenn man eine Landesvermessung lediglich durch
unendlich viele kleine Streckenmessungen machen würde, und dabei auch
noch alle Messungsfehler selbst = Null setzte, so würde die Soldner'sche
Projection mit 18% der Fläche im Vortheil sein (Zeitschr. 1875 S. 31).
U. Satz 18.9 6. Wenn man eine Landesvermessung nach moderncF
Art mit Trangulirung und PolygonzUgen macht, so ist die conforme
Projection unbedingt weit im Vortheil: man kann dann mit dem
Messungsgebiet so weit gehen (ohne andere Rücksichten und alles in
III. Ordnung als eben behandeln) als es die praktischen Erwägungen
der linearen Fehler gestatten, d. h. wenn man in letzterer Hinsicht
F. G. Gauss, trigonometrische und polygonometrische Rechnungen etc.
1876 S. 299 oder 1892 S. 571 folgen will, bis zu einer Ordinatenlänge
y = rund . 100 km.
Wenn auch die Frage der mehr oder weniger nöthigen Rechen-
arbeit bei conformen oder Soldner'schen Coordinaten erörtert werden
soll, so muss ich zu S. 198 betreffend Formular 6 der Anweisung IX
antworten: Es handelt sich hier nicht um das Formular 6, sondern um
das Formular 7 der Anweisung IX und um alles, was damit in Ver-
bindung steht.
Die Berechnung von x, y aus cp, X spielt hier keine Rolle, denn
in dieser Hinsicht wäre eher die Soldner^sche Methode ein wenig im
Vortheil. Der Schwerpunkt liegt in der Triangulirung, über
welche ich bereits an anderem Orte (Handbuch d. Verm, I. Band, 4. Aufl.
1894S. 202— 203) das Nöthige gesagt habe.
I
Gongruente oder eonforme Coordmatea. 205
Bei Gauss trennen sich die Reduetionen —5- . . . von selbst in
Entfernungs- und Richtangsredactionen und sind deswegen viel über-
sichtlicher and der tabellarischen oder graphischen Behandlung viel
leichter zugänglich als die vier schwerfälligen Soldner^schen Glieder,
von denen ausserdem gerade die schlimmsten bei Gauss rundweg fort-
fallen (vergl. S. 203).
Aus diesen zwei Gründen ist der Satz richtig, den ich auf S. 93
geschrieben habe:
Die conformen Coordinaten verursachen, neben ihren sonstigen Yorr
Zügen, weniger Rechenarbeit als die congruenten, Soldner'schen»
Sogar wenn man schliesslich Soldner'sche Coordinaten haben
will, könnte man daran denken, die Triangulirung zuerst conform
zu rechnen, und hinternach alle conformen Y in Soidner^sche
w= Y^ — - — «- mit Hülfe einer Tabelle umzurechnen. — Das wird
wohl Niemand praktisch thun, schon wegen des (Jmrechnens der Abrisse,
es dient aber zur Veranschaulichung des Princips.
Zum Schlüsse mtlssen wir nochmals auf das mehrfach erwähnte
halbamtliche Preussische Eatasterwerk ^Die trigonometrischen und poly-
gonoinetrischen Rechnungen in der Feldmesskunst^ 1876 Seite 299 und
und 1893 Seite 571 zurückkommen mit dem Citat:.
^Würde allein die Darstellbarkeit des Fehlers in der Kartirung ins
Auge gefasst, so könnte man das Coordinatensystem zwar noch weiter^
nämlich bis zu Ordinatenlängen von etwa f/£=90km ausdehnen, da man
dann für die Längenausdehnung des Eartenblattes immer erst einen Fehler
von. 0,1 mm beginge, indess beeinflusste dieser Fehler ^>^ oder 10 cm
auf 1 km die Kl ein tri angulation doch schon mehr als wünschens«
werth wäre.**
Daraus kann man schliessen, dass der Verfasser des halbamtlichen Werkes
nur die Soldner'sche Projection im Auge gehabt und die conforms
Projection von dem Bereiche seiner Erwägungen ai^geschlossen hat,
denn andernfalls hätte er zusetzen müssen, dass die Verzerrung
allerdings bei Soldner's Projection Winkeländerungen von der Grössen-
ordnung t?vaää o "^ ^^" ^^ ^^^ Kleintriangulirung erzeugt, dass aber
diese schlimmen Beträge fortfallen, wenn die Projection conform ist.
Oder mit anderen Worten: Die Thatsache, dass das Preussische
Kataster seit 1879 Soldner'sche Coordinaten in 40 Systemen eingeführt
hat, kann für eine andere Eatasterbehörde, welche jetzt vor die freie
Waid congruenter oder conformer Coordinaten g^st^llt ist, kein Argu-
ment weder gegen noch für conforme Trlangulirungs-Coordinäten abgeben^
weil in den (halbamtlich veröffentlichten) Motiven für jene 40 Systeme
die Conformität nicht in den Bereich der Vergleichung gezogen worden ist.
J.
206 Coograente oder eonforme Coordinaten.
Bemerkungen zu dem Aufsätze des HermProfessor Dr. Jordan
über qüerachsige Coordinaten, Zeitschr. S. 83 ff.;
von Landmemer Fr. Schulze.
Hehrere von Herrn Professor Jordan am Schlüsse der vorgenannten
Abhandlung in Bezug auf meine vorhergehenden Untersuchungen über
das gleiche Thema gemachte Bemerkungen veranlassen mich, zur Be-
seitigung offenbar missverständlicher Auslegung meiner Ausftthrnngen
a. a. 0. in dieser Sache nochmals das Wort zu nehmen.
Indem ich nebenher betreffs der Fussnote auf S. 65 vorausschicke,
dass die fraglichen Formeln S. 73, 1894 mangels anderer s. Z. für
praktische Rechnungen benutzt werden inussten und infolge dieses
Umstandes meine Ausführungen S. 66 in vollem Umfange Geltung be-
halten, bemerke ich, dass die auf S. 92 aufgeworfene Frage, welche
von den beiden Reehnungsmethoden besser sei, mir fttr die in Rede
stehende Sache yon geringer Bedeutung scheint. Denn der Zweck der
von mir aufgestellten Formeln war nach S. 67 lediglich der, eine scharfe
und durchgreifende, Controle für die richtige Berechnung der
rechtwinkligen aus den geographischen Ooordinaten nach den Jordanischen
Formeln auf S. 73, 1894, zu gewinnen.
Dass diesem Zweck die rein sphärischen, auf Glieder von der
Ordnung — ^ beschränkten Formeln für x und y genflgen^ zeigt ein
Blick auf die von Herrn Professor Jordan (S. 73 unten) mit Hilfe
seiner erweiterten Formeln erzielten Resultate. Ob aber der Weg, auf
welchem Herr Professor Jordan, ausgehend von den Differential-
gleichungen der geodätischen Hauptaufgabe fflr das Sphäroid, durch
Entwicklung bis zur vierten Ordnung des Krümmungsradius zu seinen
Schlussformeln gelangte, kürzer und einfacher als der von mir ein
gescblagene ist, muss natürlich dem Urtheil des geodätischen Lesers
überlassen bleiben.
Ferner trifft die Bemerkung auf S. 92, dass ich mich aus irriger
Furcht vor grösserer Rechenarbeit für die Anwendung congruenter
Ooordinaten in der Ebene entschieden hätte, nicht zu. Denn nach S. 82
und den vorhergegangenen Entwicklungen kann es .meines Erachtens
keinem Zweifel unterliegen, dass ich wegen der für Kleintriangulirungen
und. Specialvermessungen im Gebiete .des Vermessungsgebietea gamieht
1
mehr zur Geltung kommenden minimalen linearen Vergrösserung von q^^^wC
in mjax. bei der Anwendung congruenter ebener Ooordinaten .mich ftir
diese entschieden .habe. Ich wüsste nicht, welche wesentlichen Vorteile
demgegenüber ein locales conformes System bieten würde.
Hinsichtlich der mir , zugeschriebenen Gegenüberstellung von con.
gruentea und « o n f o; r m e n . Ooordinaten in dem Zusammenhange wie
auf S. 93 im ersten Absatz zu lesen ist, muss ich auf meine Einleitung
Congniente oder conforme Coordinaten. 207
verweisen^ nach welcher querachsige den üblichen rechtwinkligen
meridionalen Systemen gegenübergestellt sind. Denn dass conforme
Ooordinatensysteme schon längst^ z. B. von C. F. Ganss in Hannover und in
neuerer Zeit von der prenss. Landesaufnahme für das ganze Vermessungs-
gebiet derselben, praktisch zur Anwendung gebracht worden sind, ist
auch in den Kreisen der Geodäten der Praxis allgemein bekannt. Wenn
für die Zwecke, denen diese beiden conformen Systeme genügen sollten
nach der Absicht ihrer Urheber, conforme rechtwinklige Coordinaten
unbedingt vor congrnenten den Vorzug verdienen, so ist damit noch
nicht gesagt, dass dies auch fUr die Zwecke, der Eleinmessungen der
Fall sei. Da jedoch diese Frage, soweit sie für die Eatasterverwaltung
in Preussen eine Rolle gespielt hat, von berufener Seite einer Erörterung
unterzogen werden dürfte, so begnüge ich mich damit, als weiteren Beitrag
zur Klärung dieser Angelegenheit, welche mir von principi&ller Be-
deutung scheint, nachstehend eine kurze zusammenhängende Entwicklung
der hier den Aussdilag gebenden Verzerrungen infolge der ebenen Ab-
bildung eines localen Yermessungsgebietes anzuschliessen. .
Zur Berechnung der bei der Anwendung congmenter und conformer
Coordinaten ftlr die Abbildung der Punkte der Kngelfläche vom Radius n^
auf die Ebene eintretenden Verzerrungen beziehen wir die erstere auf
ein kartesisches Coordinatensyistem (abc) mit dem Ursprung if, dessen
Achsen folgende Lage und Richtung haben (siehe Figur auf S. 68):
Die -^a-Ach&e sei Identisch mit der Flächennormale MP^y die
-f-i-Achse schneide den Quernormalbogen im Abstand n^ — von P^,
die 4- c- Achse falle mit der nach Süden gerichteten Normale zur Ebene
des Quemormalbogens zusammen. Dann finden zwischen den Coor-'
dinaten ä& e^ a; y folgende Beziehungen statt:
a — rtj • cos
b — n, • cos
e — »j • ain
y
«0
y
«0
y
«0
X
cos
. X
a B1TI ....
* OiU
«0
Hl)
durch welche demnach a6c als Functionen von x und y gegeben sind.
Sind nun die Grössen efg definirt durch die Oleichungen
da d a d b d b Sc de
dx d y d X 3y d x * dy
(2)
208 Congraente oder conforme Coordinaten.
welche Ordssen in der Flächentheorie als Fnndamentalgrössen
erster Ordnung bezeichnet zu werden pflegen*)^ so ist aligemein
der Winkel je zweier einen Pankt auf der krummen Fläche bestimmenden
Parameterlinien x und y gegeben durch die Gleichung
f
cos 5 = — -^=^' (3)
Die Bedingung, dass in jedem Punkte die Parameterlinien sich recht-
winklig schneiden, ist demnach
f=0.
Sollen femer diese Linien gleichzeitig geodätische sein, d. h. das Goor-
dinatensystem (xy) ein orthogonal-geodätisches, so muss noch eine der
beiden anderen Fundamentalgrössen der Einheit gleich sein. Im gege-
benen Falle erhalten wir nach Gl. (1)
g = cos*^ f=0 g = l.
n
Ein beliebiges, vom Punkte (a?y) auf der krummen Fläche ausgehendes
Linienelement dr ist gegeben durch die Gleichungen
=^edx^ '\' 2f-dxdy + g*dy^
und das Flächenelement in diesem Punkte;
dQ==:\/^eg — P^dxdy (5)
und schliesslicfh das Azimut ^ des Linienelements ' durch die Gleichung
. . e 'dx + f'dy ,_,
cos^ = — ,.-\ — — (6)
y e* dr
Bezeichnet (x' y') ein System rechtwinkliger Coordinaten in der
Ebene, so gelten die Gleichungen (2) bis (6) auch für diese, indem hier
nur die dritte Coordinate den Werth Null hat; Es wird demnach das
Linienelement dr' im Punkte (x'y') gegeben sein durch die Gleichung
dr'^ = e' 'dx'^ +9''dy'* (4*)
DsL f = 0 nach der Voraussetzung.
Das Flächenelement dQ' hat die Form
w
dQ'=l/ey -daj'dy' (5*)
und das Azimut t' wird gefunden aus der Gleichung
cos ^' = _VT!l^_ (6*)
dr'
Es wird demgemäss, wenn der durch die Werthe x' y' bestimmte
Punkt in der Ebene als Bild des Punktes (xy) auf der krummen
Fläche angesehen wird, die lineare Vergrösserung in diesem Punkte
gegeben sein durch den Quotienten
*) G. F. Gauss, disquisitiones generates circa superficies curvas, 18S7;
Deutsch von A. Wangerin 1889. B. Hoppe, Principien der Flächentheorie^
1876. J. Knoblauch, Einleitung in die allgemeine Theorie der krummen
Flächen 1888.
(Augmente oder confonne Coordinaten. 209
\ dr )~ edx^+gdy' ^^
nnd die FlaehenrergrSBserang durch den Quotienten
Bezeichnen noch k^ und k^ die beiden extremen Werthe von ky
das durch Gl. (7) als Function der Coordinaten begtimmt ist^ so erfüllen
dieselben die quadratische Gleichung
{ek'-e')'(gk'-- g') = (fk'^ f)\ (9)
Es findet sich dann leicht
und die Maximaländerung des Azimuts bei der Abbildung auf die
Ebene aus
max tg {t - r) = \Zlh=- (11)
2y k,k^
Hinsichtlich der Ableitung vorstehender Formeln müssen wir^ um
den Raum zu schonen, auf die genannten Schriften verweisen. Doch
wollen wir nun die Anwendung machen auf den gegebenen conoreten Fall.
I. Abbildung der Punkte der Kugelfläche vom Radius n^
auf die Ebene mittels congruenter Coordinaten x y\
Wir haben zunächst nach Gl. (1)
e = cos^ -^ , f= 0 , a = 1
dr^ = cos^^.d.^+dy^==(l-J^ + ^...p
Da die rechtwinkligen Coordinaten xtf in der Ebene unverändert
aufgetragen werden, so ist
X- ==x y' == y
d.h. g'=/==l ,f = 0
und
dr'^=.dx^ +dy^
dQ' =sdx' dy'y
folglich das Vergrösserungsverhältniss
wo die Glieder vierter Ordnung im ungünstigsten Falle, d. h. für
2n — 2
t = — - — • IC betragen
für y = 50 km B^= ~ 24,98 . 10 - 1»
y = 100 „ Ä, = — 399,71 . 10 - 10
Zeitschrift ffir Vermessnngswesen 1896. Heft 7 . 14
210 Gongroeiite oder conforme Coordinaten.
so dass also in genfi^ender Näherang
i^ = 1 + -^ . cos' t'. (12)
Die Flächenvergrösftemng im Punkte {xy) ergiebt sich in diesem
Falle zu
,_ dxdy ^ y' sy
.o.-y-dxdy '< ''< "" ^''^
Femer berechnen sich noch das Mazimum and das Minimum von k,
dai?=— ,kl=-^zu
1 e ' ^ g
cos-?- ^"'^ '^*'*« ^(14)
and die Maximaländerung des Azimats aus
n.axtg(^-*') = -J^-^.... (15)
ZU
.2 -.^' -^4 -v" -6
p" = 206 265
II. Abbildung der Punkte der Eugelfläche auf die Ebene
mittels conformer Coordinaten a^^y^.
In diesem Falle ist x, =x, y. =y4- / .
1 9 9i ^ ^ 6 nj
demnach
und folglich
dQ,={l + -^)dx-dy
80 dass das Quadrat des Vergrösserungsverhältnisses sich berechnet zu
oder mit Beschränkung auf die Glieder bis znr zweiten Ordnung ein-
schliesslich
fe" = l + -4- (16)
Con^aente oder conforme Coordinaten. 211
In gleicher Weise ergiebt sich die Flächenvergrösserong
1 +
t
2wJ "^ 24nJ
Das Maximum und Minimum von k ergiebt sich in derselben Weise
wie zuvor
also bis auf die Glieder zweiter Ordnung einschliesslich
IC j — — • IC 2 — ~ ^ ^~" rCj»
Schliesslich finden wir noch die Maximaländerung des Azimuts aus
5v* / V* . 11 V* X""'/*
m«tg(.-^)=-^(l + -^ + ^j|^...) (19)
öy« 5y«
48 nj ' 96 < • • • •
.n ™.- t* t \ 5y* '/ , 5y* « (19*)
Der Anblick der Gleichungen (12) bis (19) lehrt folgendes: bei der
Uebertragung der Punkte der Eugelfläche auf die Ebene mittels con-
gruent er Coordinaten variirt das lineare Yergrösserungsverhältniss k
im Punkte (scy) mit dem Azimut in den Grenzen
während dasselbe bei Anwendung conformer Coordinaten in der
Ebene constant und gleich dem Maximalwerth für congruente Coor-
dinaten ist, unter der Voraussetzung jedoch^ dass nur Glieder bis zur
zweiten Ordnung in Bezug auf die Reciproke des Eugelradius Berück-
sichtigung finden. Unter jeder Bedingung ist femer das Flächen-
vergrösserungsverhältniss im Punkte {xy) bei der Anwendung
conformer Coordinaten grösser als dasjenige für congruente Coor-
dinaten und zwar
X
2nJ 4nJ
y' y*
2n\ 4nJ-'--
Die Gesammtvergrösserung für ein von den Abscissen XaXi
und den Ordinaten yayi eingeschlossenes Vermessungsgebiet berechnet
sich nach dem vorigen im ersten Falle zu
«6 Vh Xb yb
Q'-Q=/ Jda>dy-j J(i- J^ + ^....)d.dy (20)
«a ya Xa ya
_ {Xb — Xa){yb — yaf (Xb — Xg) (yb — yaY
6 nj 120 nj
14*
212 Ck>ngraente oder conforme Coordinatea.
and im zweiten Falle zu
Xb yb Xh tfb
_ (g?» — Xg) (yb — yaf (Xb — Xg) {yb — yaY
3 n] 120 nj
Ans vorstehenden beiden Gleichungen folgt noch
Von Wichtigkeit für die Beartheilnng einer Kartenprojection ist
noch der Begriff der Gesammtändernng des zur Darstellung ge-
langenden begrenzten Theiles der Erdoberfläche. Nach dem grand-
leg^enden ^m^moire snr la representation des surfaces et les projections
des cartes g^ographiques par Tissot, Paris 1881^ ist die Gesammt-
ändernng K analytisch gegeben dorch die Gleichung
wo die Integration über das ganze Gebiet zu erstrecken ist.
Im Falle der Abbildung mittels congruenter Goordinaten ergiebt
sich demnach die Gesammtändernng
Xb yb
Xa ya
-{X, xa) y 2^^, + jgg^e .-.; (-^)
und für conforme Goordinaten
Xb yb
Xa ya
und aus Gl. (23) und (24) die Differenz
und das Yerhältniss
-g"i ^g , ^iyb — y^y i2b(y,-yay
K' "^ 42 nJ 1764 wj
Die Gesammtverzerrung bei der Anwendung conformer
Goordinaten in der Ebene ist demnach über das Doppelte derjenigen
bei der Anwendung congruenter Goordinaten.
Um diese Verhältnisse an einem Beispiel zu illustriren; nehmen wir
das auf Seite 66 angegebene Yermessungsgebiet, welches wir begrenzt
denken von den Abscissen
a?« = — 52000 m Xi,— + 68000 m
Congraente oder conforme Goordinaten. 213
und den Ordinaten
ya = — 32Ö00 m ^6 = + 24000 m.
Bei der Abbildung auf die Ebene mittels congmenter Goordinaten
erbalten wir den änsBersten Werth der linearen Verzerrung für y == 32000 m
Äj — 1 = 12,037.10-« +0,00013,10-«
1
79 765
Ä:,-1=0;
femer den Maximalbetrag der Aenderang des Azimuts
max {t — t') = — 1,292953" — 0,000005"
und den Maximalwerth der FlächenvergrOsserung
' 79765
Bei der Abbildung mittels conformer Goordinaten werden die be-
zttgllchen Grössen
' * 79765
h\ — l = 12,537.10 - « =
^ ' * 79765
max {t — t,) = — 0,000013"
X, - 1 = 25,074.10 - « + 0,00029.10 - « =
39882
Femer berechnet sich nach Gl. (20) und (21) die Gesammtver
grösserung fdr das in Rede stehende Gebiet zu
Ö' - Q = 86002,6 — 0,3 = 86002 qm
Q, — Q = 172005qm
und schliesslich die Gesammtänderang nach Tissot
K' = 1,98119 + 0,00009 *= 1,98128
K, = 3,96238 -{- 0,00020 = 3,96258
also K,^2'K'
Berechnet man noch für dieselbe Länge der Hauptachse von
120000 m diejenige Breite des Vermessungsgebietes, bei welcher die
Gesammtänderung in Folge der ebenen Abbildung mittels con-
former Goordinaten ebenso gross wird wie bei congruenter Ab-
bildung des Gebietes von 56 km Breite, so findet sich
yh — ya = 48751 m
und diejenige Breite, bei welcher — ebenfalls conforme Goordinaten in
der Ebene vorausgesetzt — die Gesammtflächenvergrösserung
gleich derjenigen bei congruenter Abbildung des Gebietes von 56 km ist,
^5 — y^ = 44447 m.
d. h. die Anwendung der conformen Goordinaten dürfte sich nur auf
870/^j bezw. 1^%
des Gebietes erstrecken, welches der Abbildung mittels congmenter
Coordinaten bei gegebener oberer Grenze für die Verzerrungen zagänglich
sein würde.
214 Congmente oder conforme Coordinaten.
Hier liessen sich noch mehrere Fragen und Untersnchnngen an-
schliessend n. a. die Frage nach der fnnctionaien Beziehung zwischen
den sphärischen rechtwinkligen und den ebenen rechtwinkligen Coor-
dinaten^ bei welchen die Gesammtänderang des Vermessungsgebietes
auf der Erdoberfläche ein Minimum ist. Jedoch gehen wir jetzt auf
diese Fragen nicht näher ein^ da uns zunächst nur die Verzerrungen bei
der congruenten und der conformen [ebenen Darstellung hier interessirten.
Dessau, 24. Februar 1896. Fr. Schulze.
Zu den vorstehenden Entwickelungen von Herrn Schulze möchte
zuerst die Bemerkung gestattet sein, dass es eine verdienstvolle Arbeit
gewesen ist, die vorliegende Frage auch unter das Licht der neueren
Kartenprojectionstheorien zu stellen und wenn nun vermöge der nach
Tissot 1881 berechneten „Gesammtverzerrung'^ die conformen
Coordinaten mit 21 % der zugänglichen Fläche im Nachtheil erscheinen
gegenüber den congruenten Coordinaten, so stimmt das mit meinem
früheren Ergebniss von 1875, nämlich 18% (s.obenS. 196) hinreichend
ttberein.
Aber nun wollen wir auch die Richtungs Verzerrungen betrachten,
welche Herr Schulze ausgerechnet, aber nicht weiter berücksichtigt
hat, nämlich S. 213: für y=: 32000 m:
congruent max {t — ^') = — 1,292 953" — 0,000 005"
conform max {t — ^^) = - 0,000 013"
Da die dabei benützten Tissot' sehen Formeln nur in differentialem
Sinne gelten, so dass nicht sofort zu ersehen ist, inwiefern sie zur Trian-
gulirungsberechnung geeignet sind, haben wir Vorstehendes nach Trian-
gulirungsformeln nachgerechnet und für y == 32 000 m, x^ — x^=iy^— y,
= 5000m gefunden:
congruent T--t— 1,293" + 0,404" = 1,697"
conform T—t = 0,404"
Und damit haben wir endlich ein fassbares Kriterium für die Frage,
ob conforme oder congruente. Coordinaten in dem fraglichen Gebiete
die zweckmässigeren sind. Dass die lineare Verzerrung in beiden Fällen
den Maximalwerth 1 : 79 765 oder 12,5 mm auf 1 km hat, entscheidet
nichts, dann dass nach Tissot das Verhältniss besteht (S. 212)
K^ jj , 5 . . . , 1
~r'
K' ~^+ 42r^ + -'
und dieProcente 87% und 79 0/^ (8.213) können praktisch auch nichte
Fassbares sagen.
Ob aber in den Abrissen irgend welcher Triangulirungsordnung
Beträge von der Grössenordnung 1" — 2" noch mitgenommen werden
sollen oder nicht^ das giebt eine Handhabe zum Fällen eines Urtheils,
Unterricht und Prüfungen.
215
das insofern für die conforme und gegen die congrnente Projection
ausfällt.
In diesem Zusammenhange dürfen auch die zwei Werke des Alt*
meisters Oauss betrachtet werden, welche scheinbar im Oegensats zu
einander citirt worden sind, nämlich die „Disquisitiones generale» circa
superficies cnrras^ von 1825 und die conforme Projection der Hannover-
schen Landesvermessung aus ungeflihr gleicher Zeit. Dass Oauss ganz
genau wnsste, wie es mit der Flächenverzerrung und mit dem bestellt
war, was nun nach Tissot 1881 ^Gesammtverzerrung^ benannt
wird, daran ist nicht zu zweifeln, und wenn er trotzdem die Oonfor-
mität einführte, so hat er der geringeren Richtungsverzerrung den
Vorzug gegeben, und um den Spuren des Meisters zu folgen, müssen
wir es ebenso machen und die von ihm eingeführte Gonformität hoch
halten.
Endlich möchte ich noch einen Rückblick und einen Yorblick
weisen: Im Jahre 1875 glaubte ich ebenso, wie Herr Schulze, dass
auf dem Wege jj. , . dxdy die vorliegende Frage zu entscheiden sei ;
und es scheint ein geodätisches Entwicklungsgesetz zu sein, dass jeder
Geodät in seinen ^Lehrjahren^ davon das Heil erwartet. Aber nach
Decennien der ^Wandeijahre^ klärt sich die Ansicht dahin ab, dass
diese Sache an einem ganz anderen praktischen Ende angefasst werden muss.
Wenn abermals zwei Jahrzehnte verflossen sein werden, ums Jahr
1916 — 1920, wird die Gauss'sche conforme Projection für Kataster-
aufnahmen ebenso unbestritten, als zweckmässigste gelten, wie heute die
früher für ^unausführbar^ erklärte Oauss 'sehe Ausgleichung der
Katasterdreiecksmessungen. J.
Unterricht und Prüfungen.
Nachweisnng derjenigen Landmesser, welche die Landmesser-
prttftmg im Herbsttermine 1895 bestanden haben.
Lauf-
fende
Nr.
Namen
Bezeichnung der
Prttfungscommission.
1
2
3
4
5
Ahlert, Oskar
Aldehoff, Anton
Backe, Franz
Balzer, Karl Josef Georg Theodor
Barth Kurt Johannes Raimund ...
Poppeisdorf
Berlin
Berlin
Poppeisdorf
Poppeisdorf
Unterricht und PttUnngen.
Peraonalnaohriohten.
217
Lau-
fende
Nr.
Namen
Bezeichnung der
Prüfungsconiinission.
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
Roth, Wilhelm
Sarrie, Heinrich Clemens Theodor .
Sehindling, Karl
Schmersow, Panl Friedrieh Karl. . . .
Schnaase, Paul Conrad
Berlin
Berlin
Poppeisdorf
Berlin
Berlin
Berlin
Berlin
Berlin
Poppeisdorf
Berlin
Poppeisdorf
Berlin
Berlin
Berlin
Berlin
Poppeisdorf
Berlin
Poppeisdorf
Schnick, Fritz Gk>ttlieb Theodor . . .
Schulz, Karl Hugo
Schuth, Walther
Staehler, Cornelius Clemens Georg
Wilhelm
Stein, Anton Maximilian Gustav
Heinrich
Stolle, Georg Konrad Theodor ....
Strauch, Franz
Suhr, Alfred
Techmer, Fritz Emil
Thalheim, Georg
Uphues, Hermann Josef
Wiegmann, Paul
Wooge, Franz Friedrich Wilhelm ..
Personalnachrichten.
Geheimrath Professor Dr. Dttnkelberg.
Der Geheime Regierungsrath Professor Dr. Dünkelberg, seit
25 Jahren Director der landwirthschaftlichen Akademie zu Poppeisdorf
bei Bonn, Ehrenmitglied des Deutschen Geometer-Vereins ist am 1. April
d. J. in den wohlverdienten Ruhestand getreten.
Ihm zu Ehren hatten sich am 8 März d. J. die Lehrer der Akademie,
zahlreiche frühere Schüler und Freunde, der Rector d. Universität u. A.
zu einem Abschiedsmahl in der Lesegesellschaft zu Bonn vereinigt. Die
Reihe der Trinksprüche eröffoete der Senior des LehrercoUegiums,
Departementsthierarzt Schell. Er gab eine kurze Geschichte der im
Jahre 1847 gegründeten Akademie, zu deren Leitung im Jahre 1871
Herr Geheimrath Dünkelberg, der bis dahin als Lehrer an dem land-
wirthschaftlichen und culturtechnischen Institut zu Hofgeisberg gewirkt
hatte, berufen wurde.
218 Personalnachrichten.
Der Redner schilderte den Aufschwung, welchen die Akademie,
unter Leitung des Scheidenden, namentlich durch die Einführung der
Eülturtechnik und Geodäsie in den Lehrplan genommen^ hob die
Verdienste hervor^ welche sich Herr Oeheimrath Dünkelberg nicht nur
als Director^ sondern auch als hervorragender Docent, sowie durch seine
litterarische Thätigkeit erworben habe^ und welche von höchster Stelle
durch Verleihung hoher in- und ausländischer Orden anerkannt seien.
Er schloss mit einem begeistert aufgenommenen dreimaligen Hoch auf
den Gefeierten.
Nunmehr ergrifT der Herr Professor Koll das Wort zu folgender
Ansprache :
Der Deutsche Geometer- Verein^ dessen Ehrenmitglied der Herr
Geheimrath Dünkelberg seit einer Reihe von Jahren ist; hat diesen
Tag nicht vorübergehen lassen wollen, ohne auch seinerseits den Herrn
Geheimrath zu begrüssen. Da es keinem Mitgliede der VorstandschafI;
möglich war, an der heutigen Feier theilzunehmen, so bin ich beauftragt
worden, ihm eine Adresse zu überreichen, welche lautet:
Altenburg, 6. März 1896.
Hochverehrter Herr Geheimer Reg^erungsrath.
An dem Tage^ an welchem Sie von den Lehrern und Schülern
der von Ihnen so lange Jahre und mit so grossem Erfolge geleiteten
Hochschule Abschied nehmen, ist es auch uns ein Herzensbedürfniss,
Ihnen wiederum unsere aufrichtigste Verehrung und Dankbarkeit
auszudrücken.
Die Verdienste, welche Sie sich um die Rheinische Landwirth-
schaftliche Hochschule erworben haben, werden von berufenerer Seite
gewürdigt, Ihr Name wird mit der Geschichte derselben für alle Zeiten
verknüpft bleiben.
Uns aber geziemt es, am heutigen Tage dessen zu gedenken, was sie für
unsern Beruf gethan haben. Sie waren es, der vor 20 Jahren als der
Erste den preussischen Landmessern die Pforten der Hochschule öffnete.
Dem im Jahre 1876 eröffneten kulturtechnischen Cursus schloss sich
im Jahre 1880 der geodätische an, dessen Besuch durch den Erlass
vom 4. September 1882 für alle Landmesser obligatorisch gemacht wurde.
Mehr als 1000 preussische Landmesser, welche in den letztver-
flossenen zwei Dezennien zu Ihren Füssen gesessen, verdanken Ihnen
die Grundlage ihrer fachwissenschaftlichen Ausbildung«
Aber auch über die Grenzen des engeren Vaterlandes hinaus, in
anderen deutschen Staaten empfinden unsere Berufsgenossen die Wirkung
der von ihnen geschaffenen Einrichtungen.
Unser Verein hat seit 6 Jahren die Ehre, Sie, hochverehrter Herr
Geheimrath, zu seinen Ehrenmitgliedern zählen zu dürfen. Wir haben
keine weiteren Ehrenbezeugungen zu vergeben. Was wären Ihnen
Personalnachrichten. 219
attch äussere Ehren? Lassen Sie uns aber hoffen, dass es Ihnen zur
Freude gereiche, wenn wir Ihnen hierdurch die Versicherung geben,
dass sowohl unsere Vereinsmitglieder, wie unsere ttbrigen Berufsgenossen
Ihnen stets die höchste Verehrung, die innigste Dankbarkeit entgegen
bringen werden; gewähren Sie uns die Bitte, uns auch für die Zukunft
Ihr Wohlwollen bewahren zu wollen, und lassen Sie uns die Hoffnung
aussprechen, dass wir uns dessen noch recht viele Jahre lang er-
freuen mögen.
Ew. Hochwohlgeboren dankbar ergebenste
Vorstandschaft des Deutschen Geometer- Vereins
L. Winckd.
An
den Director der Landwirthschaftlichen
Hochschule, Herrn Oeheimen Regierungsrath
Professor Dr. Dünkelberg
zu
Poppeisdorf bei Bonn.
Nach Verlesung der Adresse fuhr Herr Professor Roll fort: Ich
glaube im Sinne der Vorstandschaft des Deutschen Geometer- Vereins und
seiner Hitglieder zu handeln, wenn ich Sie, meine Herren, bitte, mit
mir anzuklingen auf das Wohl des Geometers, Herrn Geheimrath
Dttnkelberg, er lebe hoch! hoch! hoch!
Herr Geheimrath Dünkelberg dankte alsdann in bewegten Worten
für die ihm erwiesenen Ehrungen, wies darauf hin, dass im ersten Se-
mester seines Directoriats 30 Schüler zu den Füssen von 16 Lehrern
gesessen, dass es langer Jahre und grosser Anstrengungen bedurft habe,
die Lücken zu füllen. Die grosse Entwicklung der landwirthschaftlichen
Akademie sei nicht möglich gewesen, ohne die Einführung der Eultur-
technik, für welche den damaligen Minister Dr. Friedenthal zu gewinnen
ihm gelungen sei. Auch zur Einführung der Geodäsie habe es dann
noch wiederholter Bemühungen bedurft. Er erwähnte dann die Be-
ziehungen der landwirthschaftlichen Akademie zur Universität, erkannte
dankbar an, dass die erstere bei der letzteren stets die vollste Unter-
stützung gefunden habe, und weihte sein Glas dem ferneren Zusammen-
wirken und dem Wohle der beiden wissenschaftlichen Körperschaften.
Der Rector der Universität, Geheimrath Ritter, ging darauf näher
auf die engen Wechselbeziehungen zwischen der Akademie und der
Universität ein, welchen zufolge die Verdienste der an der Akademie
wirkenden Männer auch der Universität zur Ehre gereichten. Er be-
trachte indessen die Feier nicht als ein Abschiedsfest, hoffe vielmehr
noch weitere erspriessliche Wirkungen für die Landwirthschaft von der
Thätigkeit des Herrn Dünkelberg als Abgeordneter und schloss mit den
besten Wünschen für das fernere Gedeihen der Akademie. Herr Pro-
fessor Dr. Gieseler feierte dann das Vertrauen, welches der Scheidende
Personalnachrichten.
den Mitgliedern des Lehrercollegiams stets entgegengebracht habe^ hob
seine Bemühungen für die Einführung der Maschinenkunde in die land*
wirthschaftliche Hochschule hervor und schloss mit dem Wunsche^ dass
er auch ferner mit seinen früheren Mitarbeitern in regem Verkehr bleiben
möge, worauf Herr Geheimrath Dflnkelberg versicherte^ dass ihm dies
stets zur Ehre und Oenugthuung gereichen werde. Herr Oekonomierath
Dr. Eisbein aus Neuwied bezeichnete es als wesentlich Dünkelbergs
Verdienst, dass heute in Deutschland mehr als 300 Dampfpflüge in
Thätigkeit und der Ertrag der Landwirthschaffc in Folge dessen erheblich
gesteigert sei.
Während des Mahls traf von den zur Hauptversammlung des Vereins
der Landmesser der Egl. Generalcommission zu Münster Anwesenden
folgendes Telegramm ein:
^Die herzlichsten Wünsche für Ihren wohlverdienten Ruhestand
senden Ihnen Ihre dankbaren, hier versammelten ehemaligen Schüler'^.
Folgen die Unterschriften von 26 Landmessern und Eulturtechnikern.
Unterm 12. März d. J. hat der Geheime Kegierungsrath Dr. Dünkelberg
an die Vorstandschaft das nachstehende Schreiben gerichtet:
Poppelsdorfy den 12. März 1896.
An die Vorstandschaft des Deutschen Geometervereins!
Die ehrende Anerkennung meiner bescheidenen Wirksamkeit für
die Vertiefung kulturtechnischer und geodätischer Kenntnisse innerhalb
Ihrer Berufsgenossen; welche Sie mir durch das liebenswürdige Schreiben
Ihres Herrn Vorsitzenden vom 6. März 1. Js. zu meinem Abschiedsessen
am 8. d. Mts. zu widmen die Güte hatten, erfüllt mich persönlich mit
der Freude und dem Stolze, dass es mir vom Schicksale beschieden
gewesen ist; nicht nur dem Einzelnen unter meinen zahlreichen Schülern
nützlich zu werden und damit seinen Lebenslauf ebnen zu helfen,
sondern dass es mir auch vergönnt war, ehrenwerthen preussischen
und ausserdeutschen Landmessern die akademische Carriere zu eröffnen
und damit dem Berufsstand selbst die so wohl verdiente öffentliche
Anerkennung auf Grund wissenschaftlich vertiefter Ausbildung mit Hilfe
meiner Oollegen zu sichern.
Möchte es der Akademie Poppeisdorf auch ferner vergönnt seio,
die schwer errungene gute Tradition aufrecht zu erhalten zum Heil und
Segen unseres preussischen und deutschen Vaterlandes.
Indessen besteht unentwegt in dankbarem Gedenken
der Vorstandschaft ergebenster
Dr. DürJcelberg,
Geheimer Kegierungsrath.
An
den Vermessungsdirector und Präsidenten
des Deutschen Geometer- Vereins
Herrn L. Win ekel
zu
Altenburg.
Hammer. Ueber Winkelgrösaen and ihre Bezeichnung etc. 221
Wir schliessen diesen Bericht, ind^n wir Herrn Oeheimrath
Dttnkelberg hiermit auch öffentlich den Dank unserer Bernfisgenoasen
für die in unseren Interessen entwickelte erfolgreiche Thätigkeit aus-
sprechen und den Wunsch hinzufügen, dass es ihm noch lange Jahre
vergönnt sein möge, zum Wohle unseres Vaterlandes und auch unseres
Standes zu wirken, wozu ihm seine Eigenschaft als Abgeordneter zum
preussischen Landtage (für die Kreise Neuwied und Altenkirchen) reiche
Gelegenheit bieten dürfte. L. Wtnckd.
lieber Winkelgrttssen und ihre Bezeichnung und
Zusammenhängendes.
Von E. Hammer.
Fortsetzung und Schlnss von S. 191.
Die Arithmetik, Algebra, Analysis hat es zunächst ausschliesslich
mit „reinen^ Zahlen zu thun; ihre „Grössen^ sind „unbenannt^ (auch
von allgemeinen Zahlen spricht man) und 6 bezeichnet eben die
„Grösse^, die man erhält, wenn man zur Einheit noch 5 mal die Einheit
addirt, oder die Grösse drei mit zwei multiplicirt u. s. f. Die allmälige
Erweiterung der natürlichen Zahlenreihe durch Einführung der gebrochenen
Zahlen (Division); der negativen Zahlen (Subtraction); die Erweiterung
der vier Grundoperationen durch Umkehrung (z. B. Wurzelausziehung)
wodurch die Irrationalzahlen hereinkommen; die Einftlhrung des Be**
griffs der veränderlichen Grösse; die Ausbildung und Untersuchung
der einzelnen Arten von ^Functionen^ ; die mächtige Erweiterung des
Zahlengebiets durch Einfdhrung der complexen Zahl als allgemeiner
Zahlform; all das ändert nichts an der Thatsache, dass es sich im
ganzen Gebiet der Grössen der Arithmetik zunächst nur um reine
Zahlen handelt. Und wenn auch alle Grössen der Arithmetik, wie
schliesslich alles in der Welt, relative Zahlen sind, so besteht doch
in jener Thatsache ein Gegensatz der „reinen^ Mathematik gegen die
angewandte Mathematik, ja selbst gegen die Geometrie.
Bei Anwendung der Arithmetik auf die Bedürfnisse des menschlichen
Lebens ist mit „benannten^ (oder „speciellen^) Zahlen zu rechnen und
bei der ^Anwendung der Algebra auf die Geometrie^ kommt das
Bedttrfioiss der geometrischen Deutbarkeit der „Grössen^ mit ihren Folgen
für die „Dimensionalität^ der Ausdrücke u. s. f. hinzu: für log (4 m)
sind wir genöthigt ebenfalls 0.60206 zu setzen, obgleich das algebraisch
ja gar keinen Sinn hat; und während arithmetisch das Quadrat der Zahl
7 eben die Zahl 49 ist, enthält geometrisch das Quadrat von oder
hier ^über*^ 7 Längeneinheiten 49 Quadrateinheiten. Wir wollen uns
nicht dabei aufhalten, dass arithmetisch „2 hoch 4'^ die Zahl 16
222 Hammer. Ueber Winkelgrössen und ihre Bezeichnung etc.
giebt, dass aber das Product, das durch 4-matige Maltipiication von
2 Längeneinheiten entstanden za denken wäre, ebensowenig mehr
geometrisch deutbar ist, wie z. B. o"^, wenn a eine Anzahl Längen-
einheiten vorstellt, und dass schon aus diesem Grund die reine Arithmetik
im Vergleich mit der Geometrie als der allgemeinere, voraussetzungsfreiere
Theil der Mathematik erscheint: in der That giebt es, nach Voraus-
setzungen, die aber nicht zu umgehen sind, nur Eine Arithmetik, während
bekanntlich Geometrien in sich völlig widerspruchsfrei aufgebaut werden
können (Gauss, Lobatschewsky, Riemann u. s. f.); die die s. g.
Axiome der Euklidischen Geometrie nicht voraussetzen. Den s. g.
Euklidischen Axiomen unserer Geometrie kommt eben kaum mehr Be-
deutung zu als die der einfachsten Annahmen, es sind im Grunde
Gonventionen und die Frage nach der ^Richtigkeit^ der Euklidischen
Geometrie ist schliesslich ebenso mtlssig wie die, ob ebene rechtwinklige
Goordinaten oder andere Goordinaten in der Ebene richtiger seien. Ich will
aber nicht zu weit abschweifen, latssen wir die vierte und höhere Dimensionen
(die ^Raumoide^ nach dem unsterblichen Witz Lotze's) und die nicht-
euklidischen Geometrien; die Euklidischen „Axiome^ sind doch für immer
die allein für uns in Betracht kommenden.
Ich wollte bei Gelegenheit dieser Nebeneinanderstellung der beiden
Theile der Mathematik, der Arithmetik und der Geometrie, vielmehr
nur daran erinnern, dass die s. g. goniometrischen Functionen auch ge-
funden worden wären, wenn sich die ganze Mathematik vollständig im Sinne
der Arithmetik, der Analysis und ohne jeden Zusammenhang mit der
Geometrie entwickelt hätte oder hätte entwickeln können ; jene Functionen
hätten dann nur andere Namen erhalten. Mit Untersuchung der un-
endlichen Potenzreihen wäre man sehr bald auf die Wichtigkeit der
für jede beliebige Zahl x convergirenden Reihen
X x^ . x^
S(x)— - — _+_ — + ...
X^ . X*
aufmerksam geworden, hätte erkannt, dass sie mit den Exponential-
functionen
^(^) = TT, ; C(x) =
VC
2i ' -^-v 2
übereinstimmen, hätte gefunden, dass es periodische Functionen sind,
dass der Modulus der Periode gleich der Zahl 2ic ist, sodass z. B.
S(x + 2 t:) und S (x) identisch sind, wobei n selbst definirt ist durch
die unendliche Reihe —=:, ;r-l-^ — - H •••
4 1 3 ' 5 7 '
oder durch das unendliche Product
It 2 2 4 4 6 6
2 1 3 3 ö 5 7
Hammer. Ueber Winkelgrössen und ihre Bezeichnung etc. 223
u. 8. f. All das hätte wie gesagt, ganz ohne Rücksieht auf und
Zusammenhang mit Geometrie gefunden werden können und müssen,
und man hätte dieser merkwürdigen Gruppe von Functionen wohl auch
einen besondem Namen gegeben. Allerdings wäre sie für die reine
Analysis, auch wenn eine so einfache Integration wie die des rein
dx
algebraischen Differentials —== bereits auf die ümkehrung jener
Va — 605^
Functionen geführt hätte, definirt z. B. durch
^("^^ = 1+23+274 6 +"'>
nie zu der ausserordentlichen Wichtigkeit gelangt, die sie in Wirklichkeit für
die Mathematik, insbesondere für die angewandte Mathematik haben.
Da die geometrische Deutung, die ^Darstellung'^ gewisser Func-
tionen u. s. f. auf den unmittelbaren Zusammenhang dieser Func-
tionen mit der Ereisgeometrie führt, so spricht man auch in der
Analysis von Bögen, von arc sin x, denkt sich unter sin x eigentlich sin
arc Xj und hat sich nur ein für allemal zu merken, dass hier die Winkel-
oder Bogeneinheit eine reine Zahl ist, dass man, was geometrisch als
a^ bezeichnet wird, d. h. als Winkel, dessen Drehungsraum — denn
anders als mechanisch lässt sich der ^Winkel'' ja doch nicht definlren —
zum Drehungsraum des rechten Winkels sich verhält wie a zu 90, in
irgend einer wirklichen Gleichung im arithmetischen Sinn, einer Formel
der Analysis, einzuführen hat als die Zahl -^f wo p^ die bekannte geo-
metrische Bedeutung hat: Centriwinkel, dessen Bogenlänge in einem
beliebigen Kreis gleich der Länge des Halbmessers ist. (Das Zeichen p
geht bekanntlich auf Gauss zurück, nur benannte er so unser jetziges
-Ö-* Legend ro u. A. haben für unser jetziges p" geradezu R, oder r
(z. B. Hansen) den ^Halbmesser in Secunden^: denkt man sich den
Ereisquadranten in 90, 90*60, oder 90«60-60 gleiche Theile zerlegt, so
ist der Halbmesser rund 57,3, 3438, 206 265 solcher Theile lang).
Das Vorstehende wird einen zureichenden Grund dafür ausmachen,
warum man aus den Gleichungen
sin (0,52359...) = !^ und sin 30» =|- oder
tg (0,78539 ..) = 1 und tg 450 =1
nicht folgern kann 360^= 3,14159. .., wenn auch diese Folgerung
nicht ganz ebenso sinnlos wäre, wie z. B. die Behauptung 7 Kilogramm
= 3,14159... Wenn Herr Rühs ("a. a. 0. 8. 548), um anzudeuten,
dass a, ß, 7 die Winkel eines ebenen Dreiecks sind, schreiben will
0^ + ^ + ^ = 27:, so ist das unbedingt zulässig, man hat sich nur die
Winkel a, ß, 7 in dem zweiten der oben genannten Winkelmaasse, dem
„analytischen^, „in Halbmessertheilen^ zu denken; und das ist für den
Landmesser, d. h. in der Geometrie und Trigonometrie un-
224 Neue Schriften über Vermessungswesen.
gewöhnlich und deshalb nnnöthig, es ist besser a + ß + 7 =; 180<) .oder
20(K zu schreiben, d. h. a, ß, 7 in Oradmaass zu denken, in dem man
sie misst und mit dem man rechnet: selbst die Goniometrie des ,, Geo-
meters^ ist wesentlich geometrisch, die analytische Goniometrie kommt
nnr bei wenigen Entwicklungen vor. Von allen denkbaren Winkel-
theilungen, auf Theilkreisen, in Zahlentafeln, hätte jetzt jedenfalls die
die geringste Aussicht auf allgemeine Annahme, die nach arc eintheileD
wollte. Wenn man in Fällen, wie den zuletzt erwähnten, die Doppel-
gleichung für alte und neue Kreistheilung umgehen will, ist es, statt
a-f-ß-l-T™^^ zu schreiben (was, um das zu wiederholen, nicht
sinnlos ist), immer noch besser, z. B. a4-ß + T = ^Q ^^^^ allenfalls
= 2 JS zu schreiben (wie es nach dem Vorgang der elementaren Plani-
metrie die wttrttembergische Kataster- Vorschrift thut).
Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Die Fixpunkte des schweizerischen Präcisionsnivellements, herausgegeben
durch das Eidgenössische topographische Bureau. 4. Lieferung.
Sargans-Bheinegg-Lindau. Altstätten-Gäbris. 189Ö.
Das preussische Kataster und seine Verbindung mit dem Grundbuch.
Ein Beitrag zum deutschen V^messungs-, Kataster- und Grundbuch-
wesen von W. Harksen, herzogl. anhält. Obergeometer und
preussischer Landmesser. Mit elf in den Text gedruckten Ab-
bildungen. Dessau 1896. Verlagsbuchhandlung von Paul Baumann,
herzogl. anhält, und sachsen-altenburg. Hofbuchhändler. Preis
broschirt 4 Mk.
Sarrazin, 0. und Oberbecky H, Taschenbuch zum Abstecken von
Kreisbögen mit und ohne Uebergangscurven für Eisenbahnen,
Strassen und Kanäle. 7. Auflage. Berlin 1896. 12. 10 und 198 pg.
mit 19 Abbildungen. Leinenband. 3 Mk.
Karte, Hydrographische, von Nord-Deutschland, 1:1250000, bearbeitet
im Bureau des Wasseransschusses. 2 Blätter in fol. Mit Anlage:
Verzeichniss der Pegelstationen, der Regenstationen und des Flächen-
inhaltes der Stromgebiete. Berlin 1896. 6 Mk. mit auf Leinwand
aufgezogener Karte 8 Mk.
Inhalt
Ck'Btsere MHtheilnngen: Congruente oder conforme Coordinaten. — Ueber
WinkelgröBsen und ihre Bezeichnung und damit Zusammenhängendes, von
Hammer (Schluss). — Unterricht und PrOfungen. — • Porsonalnachriohten. — Neue
Schriften Ober YermessHngtweten.
Verlag Ton Konrad Wittwer Stuttgart — Druck von Gebrüder J&necke in Hannover.
225
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover Steuer-Rath in München.
189«. Heft 8. Band XXV.
— -^ 16. April. ^
Zur photogrammetrischen Praxis;
Ton Professor Dr. S. Fiiuiterwalder in München.
Um die praktische Anwendung der Photogrammetrie zu fördern,
will ich im Folgenden Einiges über meine Erfahrungen auf diesem Gebiete
veröffentlichen, meine Ansichten über die Genauigkeit und Bequemlichkeit
der Methode aussprechen und daran Vorschläge über instrumenteile
Verbesserungen knüpfen. Zuvor gebe ich noch einige flüchtige Notizen
über die Vermessung, bei welcher ich hauptsächlich meine Erfahrungen
sammelte und auf welche ich mich fortwährend beziehen werde.
In den Sommerferien 1888 und 1889 habe ich gemeinsam mit den
Herren Dr. Adolf Blümcke und Dr. Hans Hess eine Aufnahme des
Vernagtferners im Oetzthal in Tirol und dessen Vorterrains aus-
geführt, um eine sichere Grundlage zum weiteren Studium dieses, durch
seine verheerenden Schwankungen berücbügten Gletschers zu gewinnen. *)
*) VergL Aus den Tagesbüchem eines Gletschervermessers. Ztschr. des
D. u. Oe. A.-V. 1889 S. 259. Die Vermessung des Vemagtfemers I u. E Mit-
theilungen des D. u. Oe. A.-V. 1888 S. 225 u. 1889 S. 243. Der Stich der Karte des
Vemagtfemers ist jetzt nahezu vollendet, dieselbe wird mit begleitendem Text
demnächst im Verlag des Deutschen und Oesterreidiischen Alpenvereüis erscheinen.
Ich füge eine Liste der theils von mir (F), theils von meinen Gefährten Blümcke
{B\ Hess (B)f Kerschen8teiner,(£); Schunck (S) nach einheitlichem Plane
ausgeführten Gletscheraufnahmen in den Ostalpen sammt Jahreszahl bei:
1) 1885 Gliederfemerzunge (F), 2) 1886 Gepatschfemerzunge (F, S)y 3) 1886
Suldenfemerzunge (F, Hy 8), 4) 1887 Gepatschfemerzunge Ergänzung (J?, F, JT),
5) 1887 Gliederfemerzunge, 1. Nachmessung (B, F), 6) 1888 Vemagtferner-
zunge* (B,K,F), 7) 1889 Vernagtfim* (B,.F,B), 8) 1890 Hochjochfemerzunge
(H,K), 9) 1890 Suldenfemerzunge, 1. Nachmessung (B,F;, 10) 1891 Gepatsch-
femerzunge, 1. Nachmessung (JT), 11) J891 Obersulzbachfemerzunge * (F),
12) 1892 Alpeinerfemerzunge * (if), 13) 1892 Obersulzbachfemerzunge Er-
gänzung* (K), 14) 1892 Gliederfemerzunge, 2. Kathmessnng (B, F), 16) 1893 Hoch-
jochfirn* {B,H), 16) 1893 Vemagtferaerzunge, 1. Nachmessung {B,E) 17) 1894
Hintereisfemerzunge und Firn* (B,Ä), 18) 1895 Ergänzung* hierzu (B,H), 19)
1895 Vemagtfernerzunge,* 2. Nachmessung^(ß, fT), 20) 1895 Suldenfemerzunge, *
2. Nachmessung (F). Die mit * bezeichneten Aufnahmen geschahen grossen-
theils photogrammetrisch.
Zeitschrift für Vermessungswesen 1896. Heft 8. 15
226 Finsterwalder. Zar photogrammetrischeo Praxis.
Bs war ein Qebiet tob 28 qkm^ das iwischen 2100 m und 3700 m und
s war zur Hälfte über 8000 m Seehöhe liegt, im Kaassstäb 1:10000
mit 10 m Höhencurven zur Darstellung zu bringen. Nahezu 17 qkm
sind vereist — ein weites Firnfeld mit steiler Umrahmung — und von
dem Rest — das verlassene Gletscherbett, ein 3 km langer^ 500 m breiter
und 200 m tiefer Graben — ist ein Drittel infolge Steilheit und Brüchig-
keit des Terrains ungangbar, die übrigen zwei Drittel sind Schutt- und
Felswüsten. Die nächste Unterkunft^ das Hochjochhospiz ist mindestens
3 stunden vom Centrum des Gebietes entfernt. Zwei unpassirbare Bäche
zerschneiden das Gebiet in drei RegMuen^ die nur auf Umwegen von
mehreren Standen^ wobd bis sum Ursprung der Rttehe aa d^i G^isdief-
enden emporgestiegen werden muss, von einander erreicht werden
können. Von trigonometrischen Punkten der Eatasfralvermessung findet
sich im ganzen Messungsgebiet keiner; auf einer Fläche von 200 qkm
sind überhaupt nur vier, welche von den leichter erreichbaren Theilen
des Gebietes sichtbar sind, und diese sind Tagereisen von einander entfernt.
Ich übergehe die Schwierigkeiten, die uns daraus erwuchsen^ dass einer
von diesen Punkten um ca. 60 m falsch bestimmt war und erwähne
nur, dass es uns schliesslich gelang, ein trigonometrisches Netz über
das Gebiet zu spannen, das mit den pothenotisch bestimmten Punkten
etwa 100 Positionen umfasst, deren Lage im Coordinatensystem des
Katasters auf etwa 1 m gesichert ist. Die Höhenunterschiede der
trigonometrischen Punkte sind auf Bruchtheile des Meters bestimmt. So
hat, z. B. eine empirische Ausgleichung von 29 gemessenen Höhenunter-
schieden zwischen den 10 Hauptpunkten des Netzes einen m. F. eines
einmal gemessenen Höhenunterschiedes von 0,4 m ergeben. Die Detail-
aufnahme erfolgte im ersten Sommer soviel wie möglich tachymetriscb.
Doch war wegen der Steilheit des Geländes weder die erreichte Ge-
nauigkeit, noch die Raschheit der Arbeit befriedigend.
Die photogrammetrischen Aufnahmen geschahen mit einem
neuconstruirten Apparat, den ich an einem anderen Orte ausführlicher
beschrieben habe.*) Hier sei nur erwähnt, dass die Bildweite 162,5 mm,
das Format der Platten 160 X 210 mm betrug und dass die übliche
Kassetteneinrichtung für's Erste eine Unsicherheit der Bildweite von
0,5 mm zur Folge hatte. Eine eigentliche Winkelmessvoniehtung besass
der Apparat nicht; es konnte jedoch die Camera um eine ablesbare
Zahl ganzer Grade aus ihrer ursprünglichen Lage im horizontalen
Sinn gedreht werden. Die Plattenebene blieb stets vertical. Die Un-
sicherheit der Bildweite war bei der ersten Campagne 1888 ohne besonderen
Belang, da nur auf geringe Entfernungen, meist unter 500 m photographirt
wurde. Für die zweite Campagne 1889 lies« ich den Apparat mit einer
*) Die Terrainaufnahme mittelst Photogrammetrie. Bayr. Judustrie- und
Gewerbeblatt 1890.
Finsterwalder. Zar photogrammetmohen Praxis.
Vorrichtung versehen, welohe nach OeSaung der Kassette die Platte
gegen drei feste Stifte drückte, und erzielte damit eine Constanz. der
Bildweite innerhalb 0^3 mm (m. F. := 0^1 mm). Da im Firnfeld auf Distanzen
bis zu 5000 m photographirt wurde, war dies ein grosser Vortheil.
Durch Ausbalancirung war auch der Horizont auf 1 — 2 Zehntelmillimeter
sicher geworden. Das Bildfeld des Apparats betrug in der Horizon-
talen 60^ in der Verticalen ± 22 1/2^. Das benutzte Objectiv, ein
Landschaftsaplanat von Stein heil zeichnete nur bei engster
Blende einigermaassen scharf bis zum Bande. Dagegen war die Richtig-
keit der Zeichnung tadellos. Im Ganzen wurden von 44 Standpunkten
aus etwa 110 Aufnahmen gemacht. Zumeist waren die Standpunkte, falls
sie nicht dem trig. Netz angehörten, durch KUckwärtseiuschneiden nach
trig. Punkten bestimmt. Nur in 5 Fällen wurden auch tachymetrische
und photogrammetrische Bestimmungsstticke zur Feststellung des Stand-
punktes beigezogen. Die photogrammetrische Construction geschah in
1 -.7500 auf einem Brett von 110 X ÖO cm Grösse. Die Zahl der photo-
grammetrisch bestimmten Punkte beträgt etwas über 2000; es treffen
also durchschnittlich ca. 87 pro qkm. Je nach Complioirtheit und
Wichtigkeit des betreffenden Terrainabschnittes schwankt die Zahl
zwischen 22 im ebenen Firnfeld und 212 iu den zerschnittensten Theilen
des Grabens. Die Bestimmung der Horizontalposition der Punkte geschah
womöglich durch den Schnitt von drei oder mehr Strahlen; far die
Höhe wurden mindestens zwei, im Durchschnitt 2,8 Werthe in Rechnung
gezogen.
I.
Was nun die Genauigkeit photo grammetrischer Be-
stimmungen betrifft, so giebt es in der Literatur bereits viele Angaben,
aber sie beziehen sich zumeist auf die äusserste, unter gegebenen Um-
Stauden erreichbare Genauigkeit. Solche Angaben sind nämlich sehr
leicht zu gewinnen. Man misst eine grössere Anzahl von Horizontal-
und Verticalwinkeln, nach wohldefinirten Punkten photographirt vom
gleichen Standpunkt aus mit einem beliebigen photographischen Apparat,
dessen Bildebene auf Bruchtheile eines Grades vertical steht, die
anvisirten Signale, bestimmt alsdann, sei es aus der gerade nöthigen
Zahl von gemessenen Winkeln, sei es aus sämmtlichen durch rationelle
Ausgleichung die Grösse der Bild weite, sowie die Lage des Hauptpunktes
und des Horizontes, und vergleicht schliesslich die überschüssigen
gemessenen Winkel mit der photographirten.*) Hat man für die
*) Nach diesem Verfahren hat zuerst Jordan (diese Zeitschr. Bd. V, 1876^
Ueber die Verwerthung der Photographie zu geom. Aufnahmen) die Constanten
bestimmt und die Fehler ermittelt. Vergleiche die ausfuhrlichen Anweisungen
in Koppe' s Photogrammetrie oder Bildmesskunst, Weimar 1898.
15*
228 Finttenralder. Zur photogrammetriselien Pnudi.
Photographie'*gUii8tige Zielpunkte gewEhlt, mit nieht sa unebenen Platten
gearbeitet, kein ganz Bchlechtee Objectiv benutzt und die Messung auf
dem photographischen Negativ sorgMtig, wenn schon ohne besondere
Hiifsmitlel ausgeftthrt, so wird man stets eine Genauigkeit erzielen, die
bei einer Bild weite von 200-^150 mm einem m. F. des photographirten
Winkeis von 1—2 Bogenminuten entspricht. Bei Anwendung von
Spiegelglasplatten, bei Beschränkung auf ein Bildfeld von nur 30^, bei
Auswahl besonders günstiger Zielmarken und Verwendung geeigneter
Messvorrichtungen iMsst sich die Genauigkeit noch um das Vierfache
steigern. Allein ftlr die photogrammetrische Praxis ist damit sehr wenig
gewonnen. Die Voraussetzungen für die angestrebte Genauigkeit treffen
nicht zu, vor allem nicht was die Schärfe der Zielpunkte betrifft. Man
hat es da fast ausschliesslich mit signallosen Terrainpunkten zu than,
die überhaupt nur so genau bestimmt sind, als man sie auf mehreren
Photographien identificiren kann. Femer wird man nicht bei jeder
Photographie eine Neubestimmnng der Constanten vornehmen, sondern
sich vielmehr auf die Unveränderlichkeit derselben verlassen müssen.
Welche Genauigkeit aber in diesen Fällen erzielt wird, das lässt sieb
wohl nur durch Discussion der Resultate ausgedehnter, praktischer Auf-
nahmen mit möglichst vielen Controlmessungen entscheiden. Gerade in
diesem Punkte ist indessen die sonst so reiche photogrammetrische
Literatur arm an controlirbaren Daten. Die Genauigkeit graphisch
ermittelter Horizontalpositionen ist überhaupt sehr schwer objectiv zu
benrtheilen. Dagegen geben über die Genauigkeit der rechnerisch be-
stimmten Höben die Widersprüche der verschiedenen Einzelbestimmungen
sichere Auskunft, aus welcher man dann indirect auf die Verlässlichkeit
der Horizontalpositionen schliessen kann. Ich habe über die ersten
2329 Höhenbestimmungen der Vernagtfernervermessung,
die von 14 Stationen und 40 verschiedenen Negativen herrühren und
sich auf 833 verschiedene Paukte des Fimfeldes beziehen, Buch geführt
und die Widersprüche zwischen den schliesslich angenommenen Höhen
und den Einzelbestimmungen aufgezeichnet. Als Höhe nahm ich dabei,
falls die Einzelbestimmungen infolge verschiedener Entfernung oder
Deutlichkeit der Bilder nicht gar zu ungleicbwerthig waren, das arith-
metische Mittel, im anderen Fall nach Gutdünken eine Zahl, welche
ich den besseren Bestimmungen möglichst anpasste. Die sich ergebenden
2329 Widersprüche habe ich in folgender Tabelle mit zwei Eingängen
geordnet, einerseits nach ihrer absoluten Grösse und andererseits nach
der Entfernung, auf welche die Bestimmung erfolgte. In der letzten
mit Summe überschriebenen Verticalreihe der Tabelle sind die Anzahlen
aller Widersprüche zwischen 0,0 und 0,4 m u. s. f. zusammengestellt;
in der vorletzten Horizontalreihe die Gesammtzahl der Bestimmungen
auf Entfernungen zwischen 100 m und 500 m u. s. f.
Finsterwalder. Zur photogrammetrischen Praxis.
229
Anzahl der Widersprüche zwischen bestimmten Grenzen bei Messungen
auf bestimmte Entfernungen.
iOOffl
bia
600 m
Küinr
bia
1000 ffl
iiOOm
bia
1600 m
1600m »00m
bia bia
2000 m 2600 m
2600 m
bia
3000 m
3100 m
bia
3600 ffl
3600 m
bia
4000 m
4i00m
bia
4600 ffl
4600 ffl
bia
6000 ffl
littoi:
3501
littel:
800 m
littel:
1300 m
littel:
1800 m
littel:
2300 m
littel: littel:
2080 m 3380 m
littel: littel:
3808 ffl 4380 ffl
littel :
4800 m
Summe
0,0-0,4
m
0,5-0,9
m
25
78
147
144
93
61
32
13
4
1
598
16
73
123
129
72
56
51
9
5
2
536
1,0-1,4
m
8
60
114
98
76
64
35
10
6
0
471
1,5 1,9
m
2
19
61
66
46
41
46
12
2
5
300
2,0-2,4
m
0
11
27
27
29
29
25
8
1
2
159
2,5-2,9
m
0
2
11
38
19
16
15
6
2
0
109
3,0-3,4
m
0
1
2
10
19
16
15
5
1
0
69
3,5-3,9
m
0
0
5
6
9
5
10
2
2
0
39
4,0-4,4
m
0
0
0
3
2
3
3
6
4
1
1
25
1
23
4,5-5,0
m
0
2
1
4
2
4
6
5
16
0,78 m
25
Samme
51
244
495
521
370
293
239
75
2329
m. F.
f. 1000m
2,54 Dl
1,64 n
1,23 m
0,98 m
0,90 m
0,75 m
0,75 m
0,78 m
0,62 m
Zu dieser Zusammenstellung ist Folgendes zu bemerken. Die Be-
rechnung der Höhenunterschiede geschah ausschliesslich mittels eines
250 m langen Rechenschiebers. Da Höhenunterschiede von mehreren
Hundert Metern vorkamen^ ist der Einfluss der Rechenunschärfe ganz
erheblich, doch wäre eine logarithmische Rechnung viel zu zeitraubend
gewesen. Auch dem Einfluss der Erdkrttmmung und Refraction trug
ich nur in unvollkommener Weise dadurch Rechnung, dass ich zur
Rectification des Horizontes die Höhe des den zu construirenden Punkten
am nächsten gelegenen trigonometrischen Punktes benutzte^ dessen
Depression des Horizontes damit gleichmässig fUr die benachbarten
photogrammetrischen Punkte angewendet wurde.
Um zu einem Mittelwerth des mittleren Fehlers einer Höhen*
bestimmung zu gelangen, kann man die Summe der Quadrate der
Widersprflche : 5752 durch die Zahl der überschüssigen Messungen:
2329 — 833 = 1496 dividiren und die Quadratwurzel aus dem Quotienten
ziehen. Man erhält dann 1,96 m. Diese Zahl lässt sich auch als mittlerer
Fehler einer Höhenbestimmung auf eine „mittlere Entfernung'^ deuten.
230 Finsterwalder. Zur photogrammetrischen Praxis.
Dae einfache arithmetische Mittel der Entfernungen ist 2027 m.
Es mag für eine Ueberschlagsrechnung das arithmetische Mittel gleich
jener „mittleren Entfernung^ gesetzt werden. Es ergiebt sich
dann^ dass der mittlere Fehler einer Höhen b estimmang
pro Kilometer ca. l^Om beträgt.
Da für 833 Punkte 2329 Bestimmungen vorliegen^ so ist ein Punkt
durchschnittlich 2,8 mal bestimmt und daher der mittlere Fehler
der Höhe eines photogrammetrischen Punktes auf
1,96 m: ]/ 2,8= 1,17 m zu schätzen.
Eine zunächst auffallende Erscheinung lässt unsere Tabelle noch
erkennen, nämlich eine Zunahme der relativen Genauigkeit einer Höhen-
bestimmung mit der Entfernung. Yertheilt man nämlich die 1496
überschüssigen Messungen proportional auf die für die verschiedenen
Entfernungsintervalle überhaupt ausgeführten Messungen^ so kann man
Hir jedes Entfernungsintervall einen m. F. einer Höhenbestimmung und
daraus einen relativen m. F. pro Ealometer Entfernung rechnen. Das
Ergebniss dieser Rechnung steht in der letzten Horizontalreihe der
Tabelle. Es ist demnach die relative Genauigkeit einer Höhenbestimmung
auf eine Entfernung unter 500 m dreimal geringer als auf eine solche
zwischen 2500 ' bis 5000 m. Die nächstliegende Erklärung wäre wohl
die, dass man annimmt, die Höhenunterschiede der photographischen
Stationen seien mit einem m. F. von etwa 0,6 m behaftet, der dann
hauptsächlich bei den nahen Bestimmungen zur Geltung kommt. Allein
dem widerspricht das Resultat der trigonometrischen Messungen, welche
einen m. P. von nur 0,25 m zulassen. In der That ist der Grund der
Erscheinung ganz subjectiv. Wenn man, wie im vorliegenden Falle, meist
auf mehrere Kilometer Entfernung misst, wo schon die Meter anfangen,
unsicher zu werden, pflegt man sich bei den vereinzelten nahen Punkten
nicht mit den Decimetern zu quälen. Femer kommen bei den nahen Punkten
naturgemäss am häufigsten steile Yisirlinien vor und damit Unsicherheit
der Identificirung, vermehrter Einfluss des Fehlers der Horizontalposition
u. dgl., lauter Umstände, welche nicht rechtfertigen würden, bei der
Mittelbildung den nahen Bestimmungen dasjenige Uebergewicfat über die
fernen einzuräumen, das ihnen theoretisch zukäme.
Aus dem mittleren Fehler einer Höhenbestimmung gleich einem
Tausendstel der Entfernung (in Winkelmaass 3') darf man auf eine unter
günstigeren Umständen etwa gleich grosse Genauigkeit der Identificirung
eines Punktes in horizontaler Richtung auf verschiedenen Photographien
schliessen und hat hiernach die Sicherheit der Horizontalpositionen zu
veranschlagen. Es geht daraus hervor, dass der mittlere Coordinaten-
fehler einer aus zwei Strahlen bestimmten Position, jedenfalls grösser
als ein Tausendstel des längeren Strahles ist und auch bei drei und vier
Strahlen kaum unter ein Tausendstel der mittleren Strahlenlänge sinkt*
Damit stimmen die Beobachtungen über die „fehlerzeigenden Figuren^,
die auf einen mittleren Coordinatenfehler von einigen Metern hindeuten.
Finsterwalder. Zur photogrammetrisoheik Praxis. S3i
n.
Von nicht minderem Einfloss als die Genauigkeit ist die Bequem«
lichkeit und Raschheit einer Anfhafamemethode, auf deren praktische
Verwendbarkeit, lieber diesen Punkt sind die Erfahrungen^ besttglieh
der Photogrammetrie noch spärlicher als über die Genauigkeit. Vor
allem sind hier Feldarbeit und Hausarbeit streng su trennen. Was
zunächst die Feldarbeit betrifft^ so wird der Vortheil der Photogram-
metrie vor allen anderen Messmethoden stets und zwar mit Recht betont.
Doch wird er von Solchen; die sich nicht praktisch mit der Messkunst
beschäftigt haben, s. B. von Seiten der Geographen vielfach ttberschätst.
Aufnahmen, welche nicht nach ihrem innem Werth, d. h. nach der
Richtigkeit; sondern nach äusseren Merkmalen; n4ch Reichhaltigkeit des
DetailS; nach Schönheit und Naturtreue der Felsseichnung und nach der
Eleganz der Reproduction beurtheilt werden — und in diese Kategorie
fallen heutzutage noch alle Hochgebirgsaufhahmen — kennen von einem
rontinirten Topographen mit Leichtigkeit in derselben Zeit in 1:25 000
mit dem Messtisch aufgenommen werden; die nOthig ist; um nur die
Photographien fttr eine photogrammetrische Aufnahme in 1:10000 her-
zastellen und die Standpunkte einzumesaen. Immerhin haben sich die
Ansprache des Publioums in Bezug auf Naturtreue der Felszeichnung
schon so gesteigert; dass Topographen; welche auf der Höhe der Zeit
stehen; bereits fleissig photographiren; um die Zeit der Feldarbeit ab-
zukürzen. Sie verwenden aber die Photographien nur als Vorlage für
die Felszeichnung und befiriedigen damit die an sie gestellten Ansprüche
vollauf.*)
Zu den Unbequemlichkeiten der Feldarbeit gehört zweifelsohne
das grosse Gewicht des photogrammetrischen Apparates, das besonders
im Hochgebirge fühlbar wird und sogar häufig zwingt; den Apparat
in Theilen getrennt zu transportiren. Bei unserer Vermessung war
das Gewicht infolge des grossen Plättenformats und der massiven Bauart
besonders grosS; nämlich 21,5 kg (leerer Apparat 7;5 kg; 6 gefüllte
Doppeleassetten 4;5 kg; Kasten 6,2 kg, Stativ 4;6 kg). Daam kam,
dass der Apparat noch nicht ausreichte die Standpunkte einzumesseu;
sondern zu diesem Zwecke noch ein Theodolit mitgeführt werden musste^
Welches Hinderniss eine solche Last beim Klettern, Stufenschlagen in Eis.
Abseilen von Felswänden und Passiren von Firnbrücken bildet, kann
nur der richtig ermessen; der siC; wie wir selbst (bei Erkrankung eines
Trägers) unter solchen Umständen transportirt hat.
*) In dieser Art ist z. B. das Blatt IV der vom D. und Oe. A,-V. heraus-
gegebenen neuen Oetzthalerkarte (1893) vom Ingenieur S. Simon in Interlaken
bearbeitet worden. Im Gegensatz hierzu stehen die wirklichen photogram-
metrischen Aufnahmen des K. bayr. topogr. Bureaus im Wettersteingebirge
and in einigen Theilen der AUgäuer Alpen. Vergleiche das pnblicirte Blatt:
Zugspitze in 1 : 10000. .
232 Finsterwalder. Zur photogrammetrischen Praxis.
unbequem ist femer der ümstaml^ dass gewöhnliche Signale, die im
Theodolitfernrohr noch auf mehrere Kilometer Entfernung bequem
gesehen werden (z. B. Stangen von 2 m Höhe und 7 cm Dicke), auf
Photographien höchstens bis 500 m erkennbar sind. Eine Signalisirnng
für photogrammetrische Zwecke^ welche auch nur für 2 km ausreichen
würde, Hesse sich im Hochgebii^ nur mit ganz unverhältnissmässigen
Kosten durchführen. Man ist daher genöthigt, möglichst scharfe natürliche
Orientirungspunkte einzumessen, deren Brauchbarkeit dann wieder so
sehr vom Sonnenstand abhängig ist, dass ihre Bestimmung stets am
besten unmittelbar vor oder nach der photographischen Aufnahme geschieht.
Nicht geringe Umstände macht das Entwickeln und Fiziren der
Negative im Feldquartier. Ist man seiner Sache sicher, so kann man
ja damit bis zum Campagneschluss warten^ allein gerade im Hochgebirge
wird man sich schwer dazu entschliessen, weil der Verlust einiger
Platten bereits die empfindlichsten Lücken in der Construction zur Folge
haben kann. Ja nicht einmal das Nachholen der Bilder in späterer
Zeit wird hier vollen Ersatz schaffen können, da veränderte Schnee-
bedeckung das Erkennen identischer Punkte sehr ersehwert. Wir haben
daher in unserem Quartier, einem in 2760 m Höhe errichteten Zelt
entwickelt und zwar nach Einbruch der Dunkelheit. Bei der niedrigen
Temperatur der Bäder dauerte das Entwickeln und Fixiren von einem
Dutzend Platten bis gegen Mittemacht. Wie sehr die Vorsicht des
Entwickeins im Felde am Platze ist, zeigte sich bei einer anderen
Aufnahme, der ersten, bei der ich das Entwickeln für die Hausarbeit
sparte: sämmtliche Platten waren infolge eines Präparationsfehlers un-
brauchbar. Hingegen habe ich die Erfahrung gemacht^ dass trotz des
grossen Formats und der unbequemen Ateliereinrichtung Verluste von
31as* Negativen durch Bruch äusserst selten [sind. Auch das Gewicht
der Platten kommt gegenüber dem Gewicht des Apparates solange nicht
sehr in Frage, als es sich nur um einen Tagesbedarf handelt. Nur in
dem Falle, wo man Plattenvorrath für längere Zeit zu transportiren
hat, könnten die Ersatzmittel für Glas (Films, Glimmer, Celluloid)
nennenswerthe Gewichtserleichterung bieten.
Die erwähnten Unbequemlichkeiten, so fühlbar sie manchmal sind,
können die oft betonten Vorzüge der Photographie bei der Feldarbeit
nicht wesentlich beeinträchtigen, ja sie lassen sich, wie wir später sehen
werden, auf ein ganz bescheidenes Maass reduciren.
Weit weniger günstig stehen die Verhältnisse bei der Hausarbeit.
Die Nachtheile der Photogrammetrle treten hierbei eigentlich , erst hervor,
in erster Linie der für die Constructionen nöthige Zeitaufwand. Nach
meinen Erfahrungen stellt sich der letztere derart, dass die Bestimmung
von 25 Punkten aus je drei Strahlen schon eine sehr schöne Tagesleistung
ist. Dabei ist eine Hilfskraft vorausgesetzt, welche die dictirten Ablesungen
am Negativ aufschreibt, die Gorrectionen besorgt, die Resultate der
Finsterwalder. Zur photogrammetrischen Praxis. 233
Sehieberrechnang registrirt und bei der Addition und Mittelbildang mit-
rechnet. Die Orientirnng der Bildebenen ist dabei nicht mit inbegriffen^
auch sind glatte Verhältnisse, also vor allem klare Negative voraus-
gesetzt. Die Zahl der Fälle, in welchen dabei Missstimmigkeiten in
den Proben eine Wiederholung der Messung und Rechnung nöthig
machen, darf nicht unter 10% veranschlagt werden. Sind aber die
Verhältnisse ungünstig, ist das Terrain unübersichtlich oder sind die
Bilder bei schlechter Beleuchtung oder unter sehr verschiedenen Um-
ständen aufgenommen, dann wird man mit der halben angegebenen
Leistung immer noch zufrieden sein dürfen. Auf die Richtigkeit der
ermittelten Punkte üben ungünstig aufgenommene Bilder sehr wenig
Einflass, viel weniger, als man erwarten sollte, ja nicht einmal die
Reichhaltigkeit der Gotirung leidet wesentlich, nur der zum Zusammen-
sachen und Messen nOthige Zeitaufwand wird grösser.
Wenn der Anfänger an die Photogrammetrie herantritt, hält er
gewöhnlich das Aufsuchen zusammengehöriger Punkte für schwierig
und bedenklich. Die ersten Schwierigkeiten sind aber durch UebuQg
bald überwunden und wenn man nur fleissig die zahlreichen Proben
benutzt, dann schwindet nicht nur die Bedenklichkeit wegen möglicher
Irrthttmer, es bildet sich vielmehr allmählicl^ eine Fertigkeit im Auffinden
zusammengehöriger Punkte aus, die dem Uneingeweihten räthselhaft
erscheint. Gerade in diesem Punkt haben sich meine Anschauungen
im Laufe der Zeit sehr zu Gunsten der Photogrammetrie modificirt und
wenn ich früher die Aufnahme flacher Firnfelder oder unübersichtlichen
gewellten Terrains für unthunlich erklärt habe, so stehe ich jetzt nicht
an, dieselbe unter günstigen Verhältnissen nicht nur für möglich, sondern
sogar für praktisch zu halten.
Zweierlei früher nicht beachtete Punkte haben mich zu diesem
Resultate geführt. Gewöhnlich sucht man bei Auswahl der Standpunkte
die Mitte zwischen folgenden beiden Extremen zu halten; einerseits
grosse Entfernung der Standpunkte, günstige Schnitte in der Construction,
aber schwierige unsichere Identificirung anf den Bildern, andrerseits
kleine Entfernung der Standpunkte, spitze Schnitte, aber bequeme
sichere Identificirung und reichliche Dotirung der Karte mit Punkten.
In ungünstigem Terrain ist es nun am besten, beide Extreme zu com-
biniren und zwei weiter auseinanderliegende Paare von benachbarten
Stationen zu wählen. Die Bilder eines Paares benachbarter Stationen
gewähren die bessere Uebersicht der Terrainformen, die zweier auseinander-
liegender Stationen die grössere Genauigkeit der Construction. Die Photo-
grammetrie verfügt ausserdem über ein Constructionselement, dass die ge-
wöhnlichen Messmethoden zumeist unbenutzt lassen, das sind dieConturen
der Terrainformen auf den Bildern. Dasselbe ist besonders für
flache Formen, z. B. Firnmulden von Bedeutung und hier muss man
einige Standpunkte geradezu so wählen, dass diese Conturen möglichst
234 Finsterwalder. Zur photogrammetriflchen Praxis.
zahlreich und wohldefinirt auftroten. Auf den Bildern sind sie wegen
der verminderten Helligkeit noch daza weit besser zu erkennen^ als in
der Natur. Zur Gonstrnction der Horizontalcur^en werden diese Gonturen
in folgender Weise verwendet. Jede Contor bestimmt mit dem per-
spectivischen Centrum des Bildes einen Tangentialkegel an die be-
treffende Terrainform; dessen Spitze im photographischen Standpunkt
liegt. Dieser Kegel wird von der Ebene einer bestimmten Horizootal-
curve A nach einer Curve B geschnitten; welche die Curve A in einem
Punkte berührt. Hat man nun die Curve B auf dem Plane construirt,
so weiss maU; dass die Curve A so verläuft, dass sie die
Curve jB berührt. Die Construction der Curve B, von der man
immer nur ein ganz kurzes Stück nöthig hat; geschieht in der Weise, dass
man im Plane auf einigen Strahlen durch den Standpunkt Strecken
von der Länge h ctg ß aufträgt und ihre Endpunkte verbinde. Hierbei
bedeutet h den Höhenunterschied des Standpunkts gegenüber der
Horizontalcurve A, ß den Verticalwinkel nach demjenigen Punkte der
Contnr; der in der Lothebene des betreffenden Strahles liegt. Da man
nicht bloss eine Curve By sondern gleich eine ganze SeriC; zu Horizontal-
curven A von verschiedener Höhe gehörig; zeichnen wird; ergeben sich
noch einige naheliegende Constructionsvereinfachungeu; die darin be-
gründet sind; dass die Curven B als parallele; ebene Schnitte des
Tangentialkegels alle ähnlich sind und in Bezug auf den Standpunkt
ähnlich liegen. Bei der Vernagtfer nervermessung habe ich von. dem Hilfs-
mittel der Conturen in den flach gewellten Firnmulden häufig und mit
gutem Erfolg Qebrauch gemacht.
Zur Bequemlichkeit der Hausarbeit (und auch schon der Feldarbeit)
trägt die möglichste Verminderung der zur Construction nötfaigen Zahl
von Negativen bei. Jedes neue Negativ vermehrt die Last der Orintirung
und die Möglichkeit der Verwechslung. Diesem (Jmstand ist bei den
meisten photogrammetrischen Apparaten insofern wenig Rechnung getragen,
als sie hochgestelltes Plattenformat und ein horizontales Bildfeld von
nur 45® — 30® haben. Rücksichten auf constructive Vortheile und die
Furcht vor Ungenauigkeiten der Messung infolge von Unscharfe der
Bilder und dem vermehrten Einflüsse der Unebenheiten der Platten am
Rande mögen die Ursache sein. Wie wenig diese Furcht praktisch be-
gründet ist, zeigte sich bei der Construction der VernagtkartC; wo trotz
einem Bildfelde von 60® beim Aneinanderschliessen mehrerer benach-
barter Negative die Fehler unter 4' blieben.
Besonderer instrumenteller Hilfsmittel zum Ausmessen und Auf-
tragen der Punkte ausser den allgemein üblichen (Stangenzirkel; Metall-
lineal und Winkel; Millimetermaassstab) habe ich mich nicht bedient; ob-
wohl ich manche versucht habe. Das Ablesen der Maasse am Negativ
unter Zuhilfenahme von Schätzmikroskop oder auch nur Lupe hat sich
wegen der dazu nöthigen Beleuchtungsvorrichtungen unpraktisch erwiesen.
Finsterwalder. Zur photogrammetrischen Praxis. S35
Da man stets mindestens 3, häufig aber 6 and noch mehr Negative
abwechselnd beim Messen nnd Zusammensuchen der Punkte braucht, so
hätte man eine grössere Anzahl solcher Messvorrichtungen gleichzeitig
aufzustellen^ was sehr viel Raum beansprucht, den Beobachter zu fort-
währendem Hin- und Herlaufen zwingt und doch in den meisten Fällen
keinen erheblichen Gewinn an Genauigkeit bringt. Arbeitet man gar
bloss mit Papierpositiven, dann ist das Ablesen mit freiem Auge,
oamentlich wenn letzteres kurzsichtig ist, vollauf ausreichend. So
wtinschenswerth es wäre, die Rechenarbeit bei den HöhenbestiiDmungen
za vereinfachen, so glaube ich doch nicht, dass dies möglich ist. Bequemer
als mit dem Rechenschieber lassen sich die vierten geometrischen Propor-
tionalen, um die es sich dabei handelt, überhaupt nicht berechnen,
weder mit Hilfe graphischer Tabellen, noch mit Instrumenten aus dreh-
baren und verschiebbaren Scalen nach Art der von Paganini con-
strairten, die fast nur den einen Vortheil besitzen, dass ihr Gebrauch
die Theorie der Logarithmen nicht voraussetzt. Ich habe es fttr sehr
praktisch gefunden, ftlr den Nenner in der vierten Proportionale, der
bei constanter Bild weite nur von der Abscisse des Bildpunktes abhängig
ist, eine Tabelle zu rechnen und ihn daraus zu entnehmen, statt ihn auf
dem Plane abzumessen. Es ist dies genauer und weniger anstrengrad.
III.
Auf Grund der in den vorhergegangenen Abschnitten erörterten
Erfahrungen habe ich im vergangenen Jahre einen neuen Apparat von
Herrn Max Ott, nunmehr Inhaber der Firma A. Ott in Kempten,
bauen lassen, der wie der frtlhere in erster Linie zu topographischen
Aufnahmen im Hochgebirge dienen soll.
Eine Hauptbedingung, die an einen im Hochgebirge brauchbaren
Apparat gestellt werden muss, ist wie schon betont die Transportf^higkeit.
Sein Gewicht darf also nur missig sein, und es beträgt bei diesem
Apparat sammt Stativ, Kasten und 12 gefüllten Oassetten eben noch 10 kg
(Apparat 2,7 kg, Kasten 2,4 kg, Stativ 1,7 kg, 12 gefüllte Oassetten 2,5 kg,
Kasten dazu 0,7 kg). Der Apparat dient nicht nur zum Aufnehmen
der Bilder, sondern auch zur trigonometrischen Bestimmung des Stand-
punktes und macht also die Mitführung eines Theodoliten zu diesem
Zwecke entbehrlich.
Die Grundlage für die photogrammetrischen Oonstructionen bildet
die Brennweite des Objectivs; dieselbe ist so klein angenommen worden,
als es mit der zu erreichenden Genauigkeit verträglich ist, nämlich
gleich 150 mm. Wir sahen, dass signallose Terrainpunkte nur bis auf
einige Bogenminuten genau auf verschiedenen Bildern identificirt werden
könneD, und dass dazu die gewählte Brennweite ausreicht, falls sie
genügend constant ist, und die Messungen sorgfältig auf dem Negativ
vorgenommen werden. Als Bildformat wurde die Grösse 120X160mm
bevorzugt, einmal, weil nur dann die Gewichtsgrenze von 10 kg einzuhalten
236 Finsterwalder. Zur photogTammetrischen Ptaku.
Tar, nnd weil damit immer noch ein nutzbares Oefiichtsfeld in iei
Horizontalen von 53*, gleich dem siebenten Theit des Ereianmfanges,
erzielt wird. Bei miltlerer Stellung dee Objectivs beträgt das verticale
Gesichtsfeld dann zwar nur ± 20*, was für Hochgebirgeauf nahmen in
wenig wäre, hingegen ist durch weitgehende Verschiebung des Objectifs
in verticaler Richtung daftlr gesorgt, daaa beispielsweise bei 5" HShen-
Winkel noch 33*> Tiefenwinkel (und umgekehrt) zur photographischen
Abbildung gelangen kSnnen. Sollte, was nur ananahmeweise vorkommen
dürfte, ein Object nach unten sowohl als nach oben SS** Ansdehnnag
haben, so wäre es immer noch anf 2 Platten, von denen die eine bei
tiefster, die andere bei httch^ter
Stellung des Objectivs exponirt
würde, abbildbar. Auf diese
Weise vermeidet man nicht nur
die Anwendung schiefer Bild-
ebenen, sondern auch jeden
UeberflusB an Oonstructtons- und
Orientirungselementen, welcher
bei dem sonst beliebten hochge-
stellten Bildformat in Folge des
geringen horizontalen Gesichts-
feldes auftritt. Mittels des ver-
stellbaren Horizontes erzielt man
femer eine viel bessere Am-
ntttzung des PUttenformates und
damit indirect wieder eine Ver-
ringernng des mitzufUhrenden
Plattengewi ch tea.
Es zeigte sich, dass ein
horizontales Gesichtafeid von
selbst über QO» keinerlei Unan-
träglichkeit bei der Gonetrnction
bietet. Freilich muss das Objecti»
von entsprechender Gute sein
und bei 150 mm Brennweite
eine Fläche von 160X200 mm
scharf anszeicbnen. Doppel-
anastigmate von OOrz und
Anastigmate von Zeiss leisten
dies bei starker AbblenduDg
wirklich.
Cm bei der kleinen Brennweite
von 150 mm die nOthige Ge-
nauigkeit zu erzielen, mass der
Abstand von Objeotiv und Platten-
Finsterwalder. 2ur pbotogrammetrisclien Präzis. S37
ebene sehr constant sein. Dies wird in erster Linie erreicht durch
eine starre Verbindang der Objectivsehlittenführung mit dem Auflager-
rahmen der lichtempfindlichen Platte. Die weiteren Einrichtangen an
photogrammetrischen Apparaten, nm bei Benutzung gewöhnlicher
Doppelcassetten die Constanz des Bildabstandes zu erreichen, entsprachen
aus verschiedenen Gründen nicht, und so wurde zu dem Dr. N e u h a u s s'schen
System der Ledersäcke gegriffen, bei welchem die Cassetten garnicht
in den Apparat gelangen und die Platte stets an denselben festen
Metallrahmen zu liegen kommt, der hier zur Festlegung des Horizontes
und der Hauptverticalen eine Theilung trägt. Die Ledersäcke mussten,
um ein erschütterungsfreies Laden des Apparates zu erreichen, mit
Metalleinsätzen und genau auf den Einfallschlitz des Apparates passenden
Schnauzen versehen werden. Damit die einfallende Platte beim Auf-
stossen keinen Schaden nimmt, wird sie vorher durch Federn gebremst.
Erst wenn dieselben durch Ziehen an einem rückwärts stehenden Griff
einen Moment gelüftet werden, kommt die Platte in die definitive Lage
und wird dort durch die wieder andrückenden Federn festgehalten.
Ein Ziehen an einem zweiten Griff entfernt nach der Exposition die
Unterlage der Platte und letztere fällt in den darunter hängenden
Ledersack. Die durch die Platte und die Ledersäcke bewirkte ein-
seitige Belastung des in leerem Zustand ausbalanzirten Apparates ist
sehr gering und hat keine an den Photographien merkbare Verschiebung
des Horizontes (etwa 1/2') zur Folge.
Damit der Apparat auch zum. Winkelmessen dienen kann, ist auf
dessen Rückseite ein verschliessbares Ocular angebracht, welches mit
dem photographischen Objectiv ein Fernrohr von 7- bis 8faeher Ver-
grösserung bildet.'*') Da das Objectiv vertical innerhalb weiter Grenzen
(100 mm) verschiebbar ist, so kann man nicht nur Objecte in der
Horizontalen anvisiren, sondern auch solche, die bis zu 17^ unter oder
über dem Horizont gelegen sind. Freilich würde bei feststehendem
Ocular die Deutlichkeit der Bilder in grösseren Verticalwinkeln rasch
abnehmen, sodass das Pointiren immer unsicherer wUrde; man kann
diesen Uebelstand aber fast ganz vermeiden, wenn man das Ocular um
eine horizontale Achse drehbar macht und stets gegen das Gentrum des
Objectives richtet. An dem Apparate geschieht dies mechanisch mit
Hülfe eines Hebels, und die erzielten Bilder sind bei den möglichen
Stellungen des Objectivs gleich gut. Kommt ein Görz'sches Objectiv
zur Anwendung, so ist bei verschiedenen Elevationen, dank der aus-
gezeichneten Ebnung des Bildfeldes und dem Fehlen des Astigmatismus,
♦) Die Verbindung von photographischem und Femrohrobjectiv geht auf
Paganini zurück, der sie 1889 zuerst ausführen liess; er musste aber die
Camera neigen, tun Punkte ausserhalb des Horizontes anzuzielen. Vergl.
Naovi Appunti di Fototopografia. Rivista Marittima. Giuguo e luglio 1889
e marzo 1894.
238 Finsterwalder. Zar photogramnietrischen Praxis.
eine Verschiebung des Oculars in Richtung seiner Achse kaum erforderlich.
Auch bei anderen guten Objectiven beträgt dieselbe nur 1 bis 2 mm.
Der Verticalwinkel eines pointirten Objects kann zwar nicht direct ab-
gelesen werden, wohl aber eine seiner trig. Tangente proportionale
Grösse an der Verschiebung des Objectivschlittens. Die Verschiebang
geschieht mittels Trieb und Zahnstange; sie kann an einem Nonius aaf
0,05 mm bestimmt werden. Die erreichte Genauigkeit der Verticalwinkel,
in Winkelmaass umgerechnet, hat sich aus vielen Versuchen zu 1 Bogen-
minute ergeben.
Zur Messung der Horizontalwinkel ist ein verdeckter Limbus von
120 mm Durchmesser mit zwei gegenüberstehenden Nonien, die eine
Minute abzulesen gestatten, angeordnet. Vielfache Versuche beweisen
indess die erheblich gi^össere Genauigkeit von 0,4' eines einmal ge-
messenen Winkels auch dann, wenn die pointirten Objecto in sehr ver-
schiedener Höhe über dem Horizont liegen. Die Leistungen des Apparates
als Theodolit sind also durchaus genügend, um die Instrumentenstände
nach den trigonometrischen Fixpunkten, falls diese innerhalb der Trag-
weite des Fernrohres liegen, zu bestimmen.*)
Das Stativ zeigt eine in der Anwendung der Ledersäcke an Stelle
der Oassetten begründete EigenthUmlichkeit. Es ist dies ein auf der
unteren Stativplatte sich erhebender 100 mm hoher Aufsatz, auf den das
Instrument gestellt wird, und welcher das freie Herabhängen des Leder-
sackes, der nach der Exposition die Platte aufnehmen soll, ermöglicht.
Ausserdem sind die Stativbeine zum Verkürzen auf die halbe Länge
eingerichtet. Versuche haben gezeigt, dass diese Anordnungen keinerlei
schädlichen Einfluss auf die Winkelmessung ausüben.
Da bei dem Apparat eine Visirscheibe nicht leicht angebracht
werden kann, ist ein Sucher beigegeben, welcher für verschiedene
Stellungen dee Objeetivs das jeweils beherrschte Gesichtsfeld zu be-
messen gestattet.
Die Verpackung des Apparates und der Ledersäcke ist mit besonderer
Sorgfalt ausgeführt und der Sicherheit des Transportes wie der Schnelligkeit
der Aufstellung möglichst Rechnung getragen worden. Sie hat sich bei
einer in diesem Jahre ausgeführten Hochgebirgstour, bei welcher das
Instrument im Verlaufe von 11 Tagen etwa 12 000 m im Aufstieg und
ebensoviel im Abstieg auf dem Kücken eines Trägers zurücklegte,
durchaus bewährt.
*) Die Prüfung und Rectification eines solchen photogrammetrischen
Apparates ist ebenso interessant für den, der sie auszuführen hat, als lang-
weilig für den, der sie nur auf dem Papiere verfolgt. Mit Berücksichtigung
der Winke in Koppels Lehrbuch der Bildmesskunst wird sich Jeder im prak-
tisohen Falle zurecht finden. Im Felde hat nur die Rectification des Horizontes
Bedeutung, die sich mit irdischen Zielpunkten und einem künstlichen Wasser-
horizoDt bequem und genau genug ausführen lässt.
Finsterwald«r. Zur photogramBetnsehen Praxis. 939
Wenn schon der Apparat zunächst für Oefoirgsauftiahmen in grOoserem
Maassstabe (1:10000 bis 1:2500) gebaut wnrde^ so ist er doch in Folge
seines grossen Gesichtsfeldes and der Yerst^lbarkeit des Horizontes aaeh
für Architektnrattfnahmen so vorzöglieh geeignet, als es ein Apparat mit
einer Brennweite und einem Platteuformat nur sein kann. So iist man
damit z. B. im Stande, noch ans 22 m Entfernung eine 15 m hohe
Haasfront von der Strasse aus aufzunehmen und daraus alle Maasse auf
einige Centimeter genau zu bestimmen. £s mttsste hierbei allerdingB dem
umstände Reehnung getragen werden, dass die photograpbische Auf-
nahme um etwa 8 cm excentrisch gegenüber der Instrumentaefase «rfolgt.
Diese Grösse, welche bei topographischen Aufnahmen vernachlässigt
wird, kann aber im Maassstabe einer Architekturaufnahme ohne Schwierig-
keit Berücksichtigung finden.
Zum Schlüsse will ich noch bemerken, dass die Construction des
Apparats, welehe sich in dem gewählten Format durchaua bewährt hat,
keineswegs ohne Weiteres in erheblich grösseren Dimensionen mit den-
selben Vortheilen ausgeführt werden kann. Wollte man z. B. um die
Genauigkeit aufs Doppelte zu treiben, den Apparat in doppelten
' Dimensionen ausführen, so hätte man ausser der Verachtfachnng des
Gewichts auch noch den Nachtheil in Kauf zu nehmen, dass, wie aus
der Elasticitätstheorie folgt, alle elastischen Deformationen und deren
Nachwirkungen im vierfachen Verhältniss wachsen. Ist beispielsweise
bei dem gegenwärtigen Apparat die Unsicherheit des Horizontes infolge
der Nachwirkungen elastischer Deformationen beim Transport etc. 0,025 mm
der bei 150 mm Bildweite 30", so wäre sie beim doppelt so grossen
Apparat bereits 0,1 mm oder trotz der doppelten Bildweite von 300mm
gleich 60^'. Man müsste, um den Apparat von doppelter Bildwdte in
Bezug auf ünveränderlichkeit der Constanten in gleicher Güte herzu-
stellen, wohl schon zu neuen Constructionsprincipien greifen. Als solche
würden sich empfehlen: Horizontallage der lichtempfindlichen Platte und
Vorselizung eines totalreflectirenden Prismas vor das Objectiv. Auf
diesem Wege erzielt man die weitgehendste Entlastung der Drehacheen,
da man bei der Aufnahme verschiedener Bilder nur mehr das vor-
gesetzte Prisma zu drehen braucht. Freilich wäre der Nachtheil ver-
kehrter Bilder und die Unthunlichkeit der Verbindung von Pernrohr-
objeetiv und photographischem Objectiv damit verbunden. Meiner
Meinung nach hat es aber noch gute Wege mit der Verwendung solch
exacter Apparate in der Hochgebirgstopographie. Ihr Vortheil ein
Aufnehmen auf grössere Entfernungen zu gestatten, kommt gegenüber
den Nachtheilen schon deswegen nicht besonders in Betradit, weil das
Au&ehmen eines Gebirges aus grösserer Entfernung wegen Mangel an
Einblick in die Falten desselben überhaupt nicht möglich ist. Es
wird eben nicht durch die Leistungsfähigkeit des Objectivs die Ent-
fernung bestimmt, auf die man aufzunehmen hat, sondern durch die Grrösse
$40 Vogeler. Berechnang einer geodätischen Linie ans
der Hohlformen des Qebirgs, in die man sich hinein zu begeben hat,
um sie zu übersehen. Nun hat aber die Yemagtfemervermessung den
Beweis erbracht, dass ein Objectiv von 160 mm za Aufnahme in 1:10000
eines der grössten Kahre (der Mulde des Yemagtferners) ausreicht.
Für kleinere Formen, welche in der Regel vorkommen, ist dies um-
somehr der Fall und es liegt daher kein zwingender Orund vor, zu
topographischen Zwecken umfangreichere und schwerfälligere Apparate
zu verwenden. Viel eher noch möchte sich die Mitnahme eines ganz
kleinen Apparates von 50 mm Brennweite und 90^ Bildfeld in Ver-
bindung mit einer Bussole zur Aufnahme versteckter kleiner Terrain-
winkel empfehlen.
Berechnung einer geodätischen Linie aus geographischen
Coordinaten und conformen, ebenen Coordinaten;
von R. Vogfeler, Kammer-Ingenieur.
Die im V. Theile der Mecklenburgischen Landesvermessung im
Jahre 1895 veröffentlichten Theorien der conformen Kegelprojection sind
durch die neusten von Professor Jordan ausgeführten Entwickelungen,
die auf S. 129—143 dieser Zeitschrift mitgetheilt wurden^ in Bezug auf die
Reduction der Richtungen und Entfernungen wesentlich erweitert worden.
Als Mitherausgeber des oben erwähnten Werkes haben wir mit
grossem Interesse die mit den einfachsten Httlfsmitteln der höheren Ana-
lysis durchgeftthrten Entwickelungen verfolgt. Es hat sich uns hierbei
die Frage aufgedrängt^ welchen Einfluss jene Glieder 4. Potenz wohl
auf die Richtung und Entfernung einer längeren geodätischen Linie
haben werden, und ob diese Glieder für ein Land von der Ausdehnung
der beiden Grossherzogthttmer Mecklenburg überhaupt eine praktische
Bedeutung haben können. Um di^se Fragen zu beantworten, haben
wir eine Diagonale tlber das gan^e Goordinatennetz von Mecklenborg
von Stldwesten nach Nordosten zunächst aus cp und X und dann aus
X und y gerechnet. Die Berechnungen haben wir mit dem „Thesaurus
logarithmorum completus^ von Vega mit strengster Berücksichtigung
der 2. Differenzen der 10 stelligen Logarithmen durchgeführt, und am
alle Rechenfehler und Irrthümer völlig auszuschliessen, hat mein College
Mauck in Schwerin die ganze Berechnung unabhängig ausgeführt.
Wir theilen nun ftür die Leser die Resultate jener Berechnungen
hier soweit mit, als nöthig iqt, um sie stufenweise durch Nachrechnung
prüfen zu können.
Wir haben im Norden des Mecklenburgischen Netzes (p^ := 54° 30' L..
im Süden y, = 53° 0'r[
y^+y, = y = 53° 45'
2
geographischen Goordinaten und conformen, ebenen Coordmaten. 241
Dieser Parallelkreis 9 ist zugleich der Normalparallelkreis. Wir
haben ferner eine Aasdehnung des Landes von 2^ 30' östlich und 1^
westlich von Schwerin, hierüber etwas hinaus liegen nur einige preussische
Anschlusspunkte. Wir haben also X^ = — 2® 30
1= 3^ 30' = 12600" \ /^^
und cp^ -92 = 6 = V 30'= 5400" /. ^^
Wir rechnen, da die bequemen Mittelbreiten - Formeln von Jordan,
§ 79 des XU. Bandes seiner Vermessangskunde vom Jahre 1890, wegen
der Länge der geodätischen Linie nicht ausreichend sind, nach den
Formeln des § 83 desselben Bandes. Wir sehen aus den auf S. 419
daselbst mitgetheilten Tafeln und an dem auf S. 420 durchgeführten
Beispiel ^Berlin -Königsberg*', dass ftir den vorliegenden Fall die
Glieder 5. Ordnung überhaupt keine nennenswerthen Beträge mehr
bringen können, daher können wir nach den Formeln (21) und (22)
8. 417 rechnen. Wir erhalten:
log F= 0.0005095 577
log (XJ = 6,17995 n log (Xj) = 5.66284 n
Wir erhalten das Hauptglied 12614,79225" und die beiden Corrections-
glieder — 0.0055671= — 0,01156"
— 0.0059931
X = 12614,78069" = 3^30' 14,78069" (3)
Nun rechnen wir die reducirten Breiten zu (1) und erhalten
^^ = 54« 24' 33,31059" und i}^, = 52« 54' 27,89895" (4)
Lösen wir das durch (3) und (4) bestimmte sphärische Dreieck auf,
so erhalten wir:
log tang ^' "^"^ = 0,140 9580199, ^' ']' ^^ =54« 8' 20,77402"
sin -|- =8.3493944-043, -^ = 1*16' 51.64343
ff
7»
tang -?^i-_^ =8.3916624132, "^ , "^ = 1« 24' 41, 59056"
2 u
cos -|- =9.999 8914-446
«1 + «2 _ 540 8^20,77 402
"^~"^ = 1« 24' 41,59 056
(1.2)= 52« 43' 39,18346" | ,^.
(2.1) = 55« 33' 2,36 458" / ^^^
Nehmen wir zu (5) die Meridianconvergenzen X'=XsinP für +1« und
— 2« 30' hinzu, so erhalten wir die Richtungswinkel
(1-2) = 52« 43' 39,1885" (2.1) = 55« 33' 2,3646"
X' = + 1« = 0« 48' 23,2006 X' = — 2« 30' = 2« 0' 58,001 4
= 53« 32 2,3841" (2.1) = 53« 32' 4,363 2"
Süd über West + 180« ^
(1.2) = 233" 32' 2,3841" (2.1) = 53« 32' 4,363 2" (6^
Zeitschrift für Vermessungswesen 1896. Heft 8. V^
242 Vogeler. Berechnnng einer geodätischen Linie aus
Für die Berechnung der Länge der geodätischen Linie haben wir oben
o
= n6'5164343, daher 0 = 9223,28686".
2 ' '
Man erhält log (7= 8.5102 912*272
und (oJ = 5.27969 log (o,) = 5.66 292„
Diese log (o,) nnd log (oj), sowie log (X,) und (Xj) haben wir nicht aus
den Tafeln Seite [44] und [45] des Anhangs von Jordan, Band III,
entnommen, sondern berechnet.*)
Man erhält das Hauptglied log s = 5.45 459 44.890
und die Correctionsglieder — 241
+ 2.063
+ 1.822 4- 1.822
■
>(7)
log 5 = 5.4 545946.712
8 = 284835,8642 Meter.
Nun führen wir die Berechnung nach den conformen, ebenen
Coordinaten aus. Wir finden für die Endpunkte der geodätischen
Linie auf Seite 20 und 21 der Mecklenb. Landes* Vermessung, V. Theil
folgende Coordinaten:
y^ = + 67 129,7 368 x^ = + 82986,8 632
yj = — 161922,5 986 x^ = — 86 318,9 409
A ;y = + 229 052,3 354 A sc = + 169 305,8 041
log A y = 5.3 599 347242 log A y = 5.3 599 347-242
„ A :r =5.2286718-467 „ sin = 9.9053455181
(8)
„ tang = 0 1312628-775 „ s =5.4545892.061
(2.1) = 63^ 31' 47, 11 544" log A a; = 5.2286 718.467
(1.2) = 233^ 31' 47, 11 544" „ cos = 9.7 740826.406
„ s =5.4 545892.061
284 832,2 799 Meter.
Wir führen nun die Reduction yon der Ebene auf das Ellipsoid
aus und zwar zunächst für die Richtungswinkel. Wir benutzen hierzu
für die Glieder 2. und 3. Ordnung die Formel (28) Seite 133 dieser
Zeitschrift, aber mit sphäroidischen Ergänzungen nach (6) Seite 34 des
V. Theils der Mecklenb. Landesverm. Man findet beispielsweise für
das 3. Qlied, welches in Formel (28) lautet:
*) Auf Seite [44] im Band III von Jordan muss für log a^ in der Haupt-
tafel von 46 ^ — 55*^ das „n" (negativ) wegfallen und bei 54° muss der
log heissen 5,29206, was beides übrigens auf der unteren besonderen Tafel
für log aj richtig steht.
geographischen GoordSnaten und oonfoimen, ebenen Ooordinaten. S43
Die namerische Ausrechnung ergiebt:
log p = 5.314 425 (1 — 4t) 2) = 0.990 603
„ t= 0.134 760
epilog 12= 8',920819
„ „ r» = 9.584 818
„ „ F= 9.999 490
log(l— 4 r,2)= 9.995 900
[3.950212] {2x\-\-x\) {y,-y,y
Auf gleiche Weise sind die übrigen Coefficientenlogarithmen berechnet.
Man erhält:
\ =[0.9 261 525] (2 x, + x,) {y, -y, ) -f [3.95431] (2 y\ + y\) (y, -y,)
-[3.95021] (2 x\ + a;,^)(y,-yj)- [4.25 534] {^xy,+x,y;) {x,—x,)
Für §2 ^A^ in&n nur ^r^ statt x^ und y, <9tA^t ^i ^^ setzen.
Die Ausrechnung ergiebt fttr
(1.2) in (8) — 15,39 214" — 0,72 640" + 0,43350" + 0,76 562"
= — 14,91 943'
(2.1) in (8) — 17.32 377" -f 1,17407" — 0,44 501" — 1,02 183'
= — 17,61654'
Nehmen wir (8) und (9) zusammen, so erhält man, da für die Reduction
von der Ebene aufs Ellipsoid die Vorzeichen umzukehren sind
(1.2)=23 3" 31' 47,11 544 (2.1) = 53^ 31' 47,11 544'
+ 14,91943 + 17,61654
r)
(9)
233^ 32^ 2,03 487 53^32' 4,73 198
Au8 9U.X= 233 32 2,3841 53 32 4,3 632
HiO)
Fehler: — 0,3492 +0,3 688
Man sieht, dass für die 284 km lange Seite durch die Reductions-
formein, wie sie die Mecklenb. Veröffentlichung giebt, nur Fehler von
0,35" übrig bleiben.
Fttr die weitere Redaction rechnen wir nur noch sphärisch.
Zunächst haben wir das Qlied 3. Ordnung
+ älp (y, -Vi) (-(2/.-y.)' + 3(3^-3;,)')
ans (28) 8. 133, welches in der Mecklenburgischen Veröffentlichung
fehlt, noch zu berücksichtigen:
Man erhält fttr (1.2) = — 0,34603" und für (2.1) = + 0,34605" (11)
Nehmen wir (10) nnd (11) zusammen, so wird
(1.2) = 233^ 32' 2.03487" (2.1) = 53*^ 32' 4,73198"
+ 0.34603 — 0,34605
283« 32' 2,38090" ~~53^T2' 4,38593" (12)
SoU sein 2,3841 4,3632
k// I f\ c\c\c\n'f
Fehler: —0,0032" + 0,0227'
Man sieht einerseits, dass die Glieder 3. Potenz eine völlig aus-
reichende Uebereinstimmung h^beigeftthrt haben, andererseits aber aucih,
16*
log ^,^3 = 3,6ö38 - 20
^% Vogeler. Berechnung einer geodäÜBchen Linie ans
dass bei sehr langen geodätischen Linien das in der Mecklenbargischen
Veröffentlichung vernachlässigte Glied berücksichtigt werden muss.
Die Mecklenburgische Veröffentlichung soll aber nur den praktisch geo-
dätischen Anforderungen genügen und dabei hat man nur geodätische
Linien von der Länge einer Dreiecksseite L Ordnung zu berücksichtigen
und hierfür ist dieses vernachlässigte Glied völlig unerheblich.
Wie in dieser Zeitschrift v. J. 1895, S. 422 bereits angeführt wurde,
lässt sich das Glied auf die Form bringen
24 r' ^
Nehmen wir für sin 3 ß geradezu das Maximum an und rechnen
für eine Seite von 70 km den Einfluss jenes Gliedes aus, so erhält man
^P _
24 r
„ s^ = 14.5353
8.1891 = 0,01546"
Hiermit ist bewiesen, dass jenes Glied bei Dreiecksseiten I. Ordn.
völlig vernachlässigt werden kann, und dass die im V. Theil der
Mecklenbur^schen Landesvermessung veröffentlichte Formel (7) des § 10
eine vorzügliche Gebrauchsformel ist.
Wir setzen nun nach diesen Zwischenbemerkungen die Redaction
fort und rechnen nach (47) 8. 136 die Glieder 4. Ordnung aus. Man
erhält
(1.2) = - 0,00389" - 0,00157 — 0,00025 +
0,00019 = — 0,00552"
(2.1) = — 0,00333 + 0,02971 — 0,00045 j^ ^^^ ^
+ 0,00019 = + 0,02612" j
Nun (12) und (13) wiederum zusammengenommen, giebt
(1.2) = 233^ 32' 2,38090" (2.1) = 53« 32' 4,38593"
+ 0,00552" — 0,02612"
283** 32' 2,38642" 53^ 32' 4,35981 (14)
Soll sein 2,3841 4,3632
Fehler: + 0,0023" — 0,0034"
Der Betrag von 0,003" bringt selbst bei der grossen Entfernung
von 285 km nur 4 mm Quer Verschiebung eines Punktes.
Wir reduciren nun zweitens auch die aus den ebenen Coordinaten
berechnete Entfernung auf das Ellipsoid. Hierzu benutzen wir die
Formel (52) S. 138 und (64) S. 141 dieser Zeitschrift. Für die in (52)
vorkommenden Glieder 2. und 3. Ordnung nehmen wir wiederum, wie bei
der Reduction der Bichtungswinkel, die sphäroidischen Ergänzungen
hinzu nach S, 26 V. Theil der Mecklenburgischen Landesvermessung.
Die Glieder 4. Ordnung in (52) könnte man leicht durch Weiter-
entwickelung mit sphäroidischen Ergänzungen versehen, indessen be-
schränken wir uns auf die sphärische Rechnung. Wir bilden so aus (52)
geographischen Coordinaten und conformen, ebenen Coordinaten. 245
drei Werthe für m und zwar für den Anfangspunkt (w^), den End-
punkt (in^) und fttr die Mitte (m^), der Linie und rechnen dann
Hieran hängen wir ferner aus (64) die Correctionsglieder an. Wir
haben für den Anfangspunk t, den Endpunkt und fttr die Mitte folgende
Coordinaten und Logarithmen
Vi = +
2
67129,74
= — 161922,60
= — 47396,43
= + 82986,86
= — 86318,94
= — 1666,04
log yl = 9,6538298
^ yl = 10,4186150
T) ym = 9,3514914
log yj = 4.8269149
y^ = 5.2093074
= 4,6757457
= 4,9190094
= 4,9361061
= 3,2216854
n
7)
2
X
tt
9,8380188 log x\ = 4,75703
x\ = 9,8722122 „ a?^ = 4,80832
„ x^r. = 6,4433708 ^ xl = 9,66506
Hiermit und mit den Coeffieientenlogaritbmen auö* (7) S. 27 der
Mecklenburgischen Landesvermessung erhalten wir Folgendes:
2.7266330
5.57460
6.05582
— 9.8380188
log x\
- 4.75703
log X, — 4.91901
2.5646518
0.33163
n y\ — 9.65383
— + 366.988
- 2146
0.62866
+ 4.253
178-511 + 366.988
— 2.146 + 4.253
- 180.657 + 371.241
180.567
In Einheiten der 10. Logarithmenstelle geben die Glieder
2. und 3. Ordnung: + 190.584
Nach (14) S. 7 des V. Theils der Meckl. Landesverm.
soll di^s sein: + 190.504
Fehler ^ ~ 0^80~
Wir berttcksichtigen nun noch die Glieder 4. Ordnung nach (52) Seite 138
log x\ =9.67604 log y\ =9.30766
^ y, =9.63778
1
log |i. = 9.63778
„ t^ =0.26952
„ x\ = 9.83802
„ y\ = 9.65383
„ 3 = 0.47712
9.87627
„4r* = 7.82230
77
77
= 2.77976
= 8.61979
77 H-
77
77
= 9.63778
= 0.26952
log(-
24
2 + 3^') = 0.55388
_1^
"8
2.05397
— 113,2
1.26725
+ 18,5
= 2.77976
= 9.09691
1.09163
+ 12,3
246 Yogeler. Berechnung einer geodätischen Linie aus
Hiermit erhalten wir: + 190,584
i- 18,5
+ 12,3
— 113,2
(15)
logm^ = + 190 502
Sollfsein: +*190-504
— 2
Wir sehen, dass log m^ auf 2 Einheiten der 10. Logarithmenstelle stimmt.
In gleicher Weise findet man für logm^ folgende Werthe:
+ 397050 — 178-511
+ 2-415 — 25-736
+ 21,7 — 712,7
4- 418,0
' (16)
+ 399-905
— 204-960
+ 399-905
logW2
— + 194-945
Ferner für logw^ ergieht sich:
+ 01479
— 0.0426
+ o-ooöo
00000
+ 31
0-0000
1 n.-i ci
178-511
— 178*554
+ 0-151
117)
log m^ = — 178-403
Der genaue Werth von (16) ist nach (14) Seite 7 der Mecklenb.
Veröffentl. 194*965. Wir sehen, dass hier eine weniger gute üeber-
einstimmung stattfindet, wie bei (15). Dies kommt daher^ dass y^ sehr
gross ist und zwar 162 km, während y^ nur 67 km beträgt. Es ist
nämlich das Vergrösserungsverhältniss lediglich abhängig von der Breiten-
differenz p und nicht von X, während y und x Functionen von p und \
sind; daher erhält man m als Function von p genauer, wie man m er-
hält als Function von x und y, wenn man in beiden Fällen in den
Reihen gleiche Potenzgrössen berücksichtigt. Im § 5 des V. Theils der
Meckl. Landesvermessung hat sich ergeben, dass man m auf 2 Einheitender
10. Logarithmenstelle genau erhält mit der Reihe, die nach Potenzen von
p bis zur 4. Ordnung fortschreitet. Mit der Reihe nach x und y
erhalten wir aber nur bei Berücksichtigung der Glieder 4. Ordnung
eine Genauigkeit von 2 Einheiten der neunten Logarithmenstelle.
Wir können diese Unsicherheit direct durch ein Zahlenbeispiel beweisen.
Für den Parallelkreis 53® 0' soll log m = 0.0000190*504 sein; wir
fapdien mit dem y, welches 1® westlich von Schwerin entspricht, bereits
geographischen Cpordinaten und conformen^ ebenen Coordinaten. 247
in (15) log m = 0.000 0190*502, also nur um 2 £iolidten der 10. Loga-
rlthmeufitelle ansieher. Wir berechnen jetzt log m mit y ;=
+ 167795,25 und aj= + 80506,82, welches 2° 30' östlich von Schwerin
entspricht. Vergl. V. Theil (8 a) S. 20 der Meckl. Landesverm. Man
findet mit diesen Werthen log w = 0,000 0190*520, also auch um rund
2 Einheiten der neunten Logarithmenstelle unsicher.
Wir rechnen nun mit den Werthen (15), (16) und (17) nach der
Formel (14 a) und finden (mit Zeichenumkehrung) -|- 54.694
hierzu aus (8) log s = 5.45 45892061
5.45 45846*755 ::=: 284835,8670 m (18)
Soll sein nach (7) = 5.45 45946.712
Fehler + 0043
Man sieht, es findet bereits eine vorzügliche Uebereinstimmung statt.
Wir berücksichtigen nun noch die Glieder aus (64) S. 141 und
finden hierfür der Reihe nach
— 0 000180 m — 0002999 m + 0*000028 m + 0'000915 m (19)
Dieses giebt zusammengezogen : — 0,0022 m
Hierzu (18) = 284835,8670
284835,8648 m
Soll sein nach (7) = 284835,8642
— ■»■-■»- ■»■■■■■ ■ ■■■ I
Fehler +0,0006
Wir vergleichen noch die Logarithmen:
log (20) = 5.4545946-721
„ (7) = 5.4545946-712
Fehler + 9
Die Uebereinstimmung ist vorzüglich und zwar auf rund 1 mm
und 1 Einheit der neunten Logarithmenstelle genau.
Wir möchten nun fUr den grosaen Kreis derjenigen Leser, dieser
Zeitschrift, die weniger Gelegenheit haben, sich eingehender mit den
Theorien der einzelnen Projeotionsmethoden zu beschäftigen, sowie fl|r
diejenigen, die thatsäcUich auf dem Standpunkte stehen sollten, die
conformen Coordinaten seien nur für die Theorie und die Soldner^schen
Coordinaten für die Praxis brauchbar, hier einige Bemerkungen an-
knüpfen. Formeln für rechtwinklige Coordinaten nehmen stets bei.
grösseren Abständen von der Abscissenachse eine complicirte Form an.
Dies gilt sowohl für conforme Coordinaten, als auch für unverzerrte.
Die rechtwinkligen Coordinaten werden um grössere Verzerrungen zu
vermeiden, auf schmale Zonen, von etwa einem Grad Ausdehnung,
zwischen Meridianen, Quernormalbögen oder Parallelkreisen im All-
gemeinen beschränkt werden müssen. Innerhalb dieser sehmalen
Zonen wird es stets genügen, die Annahme zu machen, als erfolgten
die Messungen auf der Kugel. Unter dieser Annahme aber gestalten
248 Vogeler. Berechnnng einer geodätischen Linie etc.
sieh die Rednctionsformeln Ar die conformen Coordinaten ausserordentlich
einfach. Wir kommen dann für die Correction der Richtungswinkel auf
die kurze Form
8=-^ (21)
Für die Reduction von (1*2) in (8) erhalten wir
Dies ausgerechnet giebt: -f- 15,3 921"
hierzu aus (8) (1-2) = 233« 31' 47,1 154"
Soll sein nach (6)
Ebenso findet man für (2.1)
Soll sein nach (6)
233«^
32'
2,5 075
233'^
32'
2,3 841
Fehler —
+
0,1 234"
53«
32'
4,4 392"
53«
32'
4,3 632
(23)
Fehler = — 0*0 760"
Wir sehen die Richtungswinkel stimmen, ohne dass die Glieder
3. und 4. Ordnung berücksichtigt werden, für die lange Diagonale
auf 0,1".
Nun, hieraus geht wohl klar hervor, dass man für Triangulirung
IL und III. Ordnung nur nöthig hat, die sphärischen Glieder zu berück-
sichtigen. Die im V. Theil der Mecklenb. Landesvermessung im § 10
mitgetheilten Gebrauchsformeln mit Gliedern 3. Potenz haben überhaupt
nur den Sinn, für die Dreiecksseiten I. Ordnung eine Reduction der
Richtungswinkel auf 0,01" und der log. der Seiten auf 0.000 0001
genau ausführen zu können, um eine durchgreifende Controle für die
Berechnung und Ausgleichung des Netzes I. Ordnung zu erlangen.
Für das Vergrösserungsverhältniss erhält man bei Vernachlässigung
aller Glieder 3. und 4. Potenz die einfache Formel
»»=1+^ (24)
Führt man hiermit nach Gl. (14 a) die Reduction der Seite aus,
so erhält man:
log s nach (8) = 5.4548892 = 284832,28 Meter (25)
log A s = + 51
5.4545943 = 284835,62 „
Soll sein = 5.4545947 = 284835,86 „ . (26)
Fehler — 4 Fehler — 0,24
Wir sehen die Reduction der Seite ist auf 4 Einheiten der 7ten
Logarithmenstelle genau^ d. h. auf rund 1:1100000.
Jordan. Der mittlere Verzemmgafehler. 249
Der mittlere Verzerrungsfehler.
In den Darlegungen des vorigen Heftes über eongraente und con-
forme Goordinaten ist noch manches unerledigt geblieben^ was nachgeholt
werden muss, , namentlich wurde auf S. 202 die nähere theoretische
Untersuchung des Falles einer constanten Maassstabsänderung vorbehalten.
Die Integrationen Q und o>; vom Jahre 1875 welche auf S. 196
als „klar und überzeugend'' bezeichnet wurden, verdienen dieses Lob
nicht, und sind nicht ohne Orund von ihrem Urheber selbst seit 1878 nicht
mehr benutzt worden. Jene Integralsummen Q und co stellen Quadrat-
summen von linearen Verzerrungsfehlern vor, welche nur dann unmittelbar
vergleichbar sind, wenn sie zu gleich grossen Gebieten gehören; andern-
falls müssen sie durch Division mit den Nennern Y und y (in dem
Sinne von 8. 196) auf gleichartige Werthe gebracht werden, welche den
Charakter mittlerer Fehlerquadratur haben^ und in diesem Sinne werden
wir im Nachfolgenden ^^ und ^^ berechnen.
Die Vergrösserungsverhältnisse in linearem Sinne sind für die beiden
Fälle der congruenten Soldner'schen und der conformen Oauss'schen
Coordinaten folgende:
congruent m. = 1 + —^~i~ ^^^^ ^ (^)
conform w, = 1 +. — i, -,- (2)
Dabei ist im ersten Falle t der Richtungswinkel der betrachteten
kleinen Strecke.
Wir wollen in einem Punkte, mit gegebener Ordinate y einen
Mittelwerth der m — 1 bilden im Sinne der M. d. kl. Q., d. h. für n
Einzel werthe soll sein:
^^ _ i/io». - m und j., = ^/[im,-m (3)
und zwar sieht man sofort im zweiten Falle, wo m, nach allen Richtungen
constant ist, dass
conform p.^ = m, — 1 = -£~2~ (^)
Dagegen für congruente Coordinaten ist m^ mit t veränderlich,
weshalb wir mit Integralsummirung haben:
Da cos* t =— ^— H — jr- co%it -| r— COßHt
o 2 o
2t:
3
so wird I cos* tdt =— q— 2 tc
X
250 Jordan. Der mittlero Verzerrungsfehler.
also als Mittel wertk am einen Pankt herum:
<4v.ÄT k/ ^ f ^►^ftföim u? = -#^ -I- oder a, = -^l/_Ä_ (5)
Aus (4) und (5) ergiebt sich, dass jjtj griJsser ist als jij, dass also
die conforme Projection in Hinsicht auf den betrachteten Werth im
Nächtheil gegen die congruente Projection ist.
Wenn man weiter längs den Ordinaten y selbst integrirt^ und die
dabei auftretenden Mittelwerthe wieder mit ^\ und pij bezeichnet^ so
hat man:
b
3 y*
8 4»-*
dy^
3
40
4r*
1
h'
5
4 r
r
— 0,2739
6*
2r'
— 0.4/
iT>,
b^
4^4
oder die ^^ und p,^ selbst:
congruent ^, = y± -^ = 0,2739 -^ (6)
conform ,x, = -(/.l _^ = 0,4472 -^ (7)
Will man umgekehrt die Grenzwerthe b so bemessen, dass p,^ und fx^
gleich werden und bezeichnet man die entsprechenden b mit b^ und ^^^
so wird:
also ^2 • ^1 = 0,7826 oder (8)
Hiernach kann man sagen, dass die congruente Projection mit 22%
der zugänglichen Fläche im Vortheil sei, und das entspricht der früheren
Untersuchung von Zeitschrift 1875 Seite 27—34, welche in dem vorigen
Hefte Seite 196 citirt war.
Es war dort angegeben Y:y = 0,82 während nun b^:b^= 0,78
nach neuer verbesserter Auffassung sich einstellt.
Wenn man nun die p.^ und \jl^ als mittlem lineare Verzerrungs-
fehler als Kriterium der Projection im Ganzen gelten lassen will, so
ist die congruente Projection im Vortheile in der Praxis nimmt
man aber meist den Maximalfehler — -r, welcher in beiden Fällen
2r^'
derselbe ist und darauf haben sich die Auseinandersetzungen von S. 197
und S. 201 bezogen.
Wir wollen nun aber den ebenfalls schon früher auf S. 202 kurz
berührten Fall betrachten, dass man der Projection als Ganzes noch eine
constante Verzerrung zutheilt, indem man, wie z. B. in Württemberg
geschehen, den Messungshorizont über das Meer erhebt, oder indem
man, ohne solche geometrische Begründung, wie in Mecklenburg geschehen.
Jordan. Der mittlere VerzerruDgafehler. 251
dem Ganzen eine Vergrösserung m^ zutheilt^ so dass in den einzelnen
Fällen nur noch die Differenzen ± (rn^ — m^) bzw. (±in^ — m^) als lineare
Verzerrung auftreten. Es ist dabei naheliegend, m^ gleich der Hälfte
des Maximalwerthes von m zu nehmen^ damit die neuen Maximalwerthe
nach der positiven und nach der negativen Seite hin nur noch die Hälften
des früheren Maximalwerthes werden.
Indessen wollen wir die Sache zunächst allgemeiner betrachten^ und
einen Mittelwerth einführen:
»". = 1+2^ (9)
Damit muss man für \i^ (congruent) zuerst wieder um den Punkt
herum integriren:
Sic
2:: Sit
Da (cos* dt) = -^ 2ir und cos^ t = -^ 2t:, hat man :
Jo ^ Jo 2
y-i 8 4r* 4r2 "^ ir*
und wenn man auch längs der Ordinate y bis zum Grenzwerthe b in-
tegrirty so wird;
,_ S b' b'c' c' _ b* / 3 1 c' c*\
^» 40 Ar' 12 r' "*" 4 r* "^ 4 r* V 40 3 b^ '^ b' ) ^ ^
Nun kann man zuerst aus dem schon angegebenen Grunde c^ib"^
= 1:2 setzen, und dann wird ein Werth erhalten, den wir mit v ^ be-
zeichnen wollen, nämlich:
6* 19 6*
congruent vj = -j^ j^ = 0,1583 -—,-
b'
HU)
Vj =0,398 -
2r
2
Andererseits ist es naheliegend, das Verhältniss c^ : 6^ so zu bestimmen,
dasB die Function (10) ein Minimum wird, und das tritt ein, mit c^ :b^
= 1:6, und das Minimum selbst wird :
b* 17 b*
congruent Min (jxj) = --, -^^ = 0,047 — -^
Min (|x,) = 0,217^
Dasselbe mttssen wir auch für die conforme Projection machen:
b
^^— b JA2 r^ 2 rV •''' " 20 i*~ Gr* "*" 4 r
H12)
j b^/J_ 2 c' c* \
^'-^ ir*\ 5 3 'b^ "^ b* )
(13)
252 Gesetze und Verordmuigen.
Mit c^ :b^ =: 1 :2 bekommt man
4r* 60 ' 4r^
ft»
, v,= 0,3416
\m
2r
Das Minimnm der Function (13) entsteht mit c^ : 6' ^ss 1:3 und
es wird:
conform Min (aj) = -j— r -rr = 0,0889 -r— ^
„ Min (ji.^) = 0,2981 *'
t
(15)
2r^
Aus allen diesen Formeln kann man verschiedene Vergleicbungen ziehen:
Wenn man den Zwischenwerth m^ mit c nach (9) so legt, daas [jl-
ein Minimum wird, dann ist congruent im Vortheil mit (12) gegen (15)
conform, aber dabei wird der Maximalfehlercongruent viel zu ungünstig
denn cj : 6* = 1 : 6 congruent und cj : 6^ = 1 : 3 conform geben:
b^ cj__ ü_ __*!___*!_ _A
2r2 2r2""2r' 12r^~2r^ 6
congruent ^^^ _ _^ •= — -^ = __ (16)
P fc' cl b' b' P 2 .^_.
conform _ - _^^ = __^ ^-^ =__ _ (17)
5
Bei (16) congruent ist der übrigbleibende Maximalfehler noch ——-des vor
6
der V^erschiebung gewesenen Fehlers, dagegen bei (17) conform nur
~^- desselben.
Auch die v^ und Vj nach (11) und (14) zeigen einen kleinen
Vortheil zu Gunsten der conformen Projection.
Im Ganzen können wir sagen, dass der Kunstgriff einer Zwischen-
werth-Einschaltung die Linearverzerrung zu Gunsten der conformen
Projection lenkt.
Vorstehende rein mathematische Entwicklungen können zur Ver-
gleicbungen der beiden Projectionsarten in verschiedener Hinsicht
benützt werden. J.
Gesetze und Verordnungen.
Gesetz, betreffend die Errichtung einer Generalcommission
für die Provinz Ostpreussen.
Vom 23. März 1896.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preussen u. s. w.
verordnen unter Zustimmung beider Häuser des Landtags Unserer Mo-
narchie, was folgt:
VeremBaDgelegenheiten. S53
§ 1. Für die Provinz Ostpreussen wird eine besondere General-
commission in Königsberg errichtet.
§ 2. Darch königliche Verordnung können dem Oeschäftsbezirk
dieser Generalcommission Theile der Provinz Westpreussen zugelegt
werden.
§ 3. Mit der Ausführung dieses Gesetzes wird der Minister für
Landwirthschafty Domainen und Forsten beauftragt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und
beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Berlip im SchlosS; den 23. März 1896.
(L. S.) Wilhelm.
Fürst zu Hohenlohe. v. Boetticher. Frhr. v. Berlepsch.
Miquel. Thielen. Bosse. Bronsart v. Schellendorff.
Frhr. v. Marschall. Frhr. v. Hammerstein. Schönstedt.
Frhr. v. d. Recke.
Vereinsangelegenheiten.
Ordnung
20. Hauptversammlung des Deutschen Geometer - Vereins.
Die 20. Hauptversammlung des Deutschen Geometer- Vereins wird
in der Zeit vom 2. bis 5. August 1896 zu
I>iresdeii
nach folgender Ordnung abgehalten werden.
Sonntag, den 2. August.
Vorm. 12 Uhr: Sitzung der Vorstandschaft bei Kneist; Brttder-
gasse Nr. 2.
Nachm. 4 Uhr: Sitzung der Vorstandschaft und der Abgesandten der
Zweigvereine daselbst.
Abends 7 Uhr: Versammlung und Begrüssung der eingetroffenen
Theilnehmer in dem an der Elbe gelegenen Italie-
nischen Dörfchen (Heibig), Theaterplatz.
Montag, den 3. August.
Vorm. 9 Uhr: Hauptversammlung und Berathung in der Technischen
Hochschule in nachstehender Reihenfolge:
1) Bericht der Vorstandschaft.
354
Vereingangelegeii heiten.
Nachm. 3 Uhr
Abends 7 Uhr
2 ) Festrede des Herrn Professor Dr. J o r d a n-Hanno ver
„lieber die Entwickelung des deutschen Ver-
messnngswesens in diesem Jahrhundert.^
3) Vortrag des Herrn Geheimen Regierungsrath
Professor a. D. Nagel- Dresden „üeber die
nothwendige Beschaffenheit von Plänen^ die als
Beweismittel zur Entscheidung von Orenzstreitig-
keiten dienen sollen^.
4) Berathung des Entwurfs zu einer neuen preussischen
Landmesser -Ordnung. Berichterstatter: Herr Pro-
fessor K 0 1 1 - Bonn.
5) Bericht des Bechnungsprüfungs • Ausschusses und
Beschlussfassung über Entlastung derVorstandscbaft.
6) Wahl eines Rechnungsprüfungs- Ausschusses für
die Zeit bis zur nächsten Hauptversammlung.
7) Berathung des Vereinshaushalts fttr 1896 und 1897.
8) Neuwahl der Vorstandschaft.
9) Vorschläge für Ort und Zeit der nächsten Haupt-
versammlung.
Nach Schluss der Versammlung Besichtigung der
Ausstellung in den Räumen der Technischen Hoch-
schule.
Festessen im Concerthause des Zoologischen Gartens.
Nach demselben Spaziergang durch den Grossen Garten.
Besuch der Ausstellung für das sächsische Handwerk
und Kunstgewerbe. Concert.
Vorm. 9 Uhr
in
Dienstag, den 4. August.
Fortsetzung der Berathungen in der Technischen Hoch
schule in nachstehender Folge:
1) Mittheilungen tlber Vermessungen
Königreich Sachsen.
a. Herr Professor üblich- Freiberg „Ueber Grad-
messung^.
b. Herr Vermessungs - Ingenieur Fuhrmann-
Dresden „Ueber die an die Gradmessung an-
schliessende Triangulation^.
c. Herr Vermessungsdirector Gerke - Dresden
^Ueber Stadtvermessungen".
2) Besprechung der Lage der bei den deutschen
Staatseisenbahnen beschäftigten Landmesser.
Nach Schluss der Versammlung Besichtigung der
Ausstellung in der Technischen Hochschule.
Porsonalnachrichten. 255
Nachm. 3 Uhr: Besuch des Mathematifichon Salons und daselbst
Vortrag des Herrn Professor Pattenhausen-
Dresden „lieber die Geschichte mathematischer In-
strumente". Hiernach Zusammenkunft in dem an der
Elbe gelegenen Italienischen Dörfchen (Heibig),
Theaterplatz.
Nachm. 5 Uhr: Fahrt mit dem Dampfschiff nach Losch witz und mit
der Drahtseilbahn nach dem Louisenhof.
Abends 8 Uhr : Beisammensein in dem an der Elbe gelegenen Schiller-
garten in Biasewitz.
Mittwoch, den 5. August.
Ausflug in die Sächsische Schweiz.
Vorm. 81/2 Uhr: Abfahrt mit Dampfschiff nach Weblen. Spaziergang
durch den Wehlener und Uttewalder Grund nach der
Bastei. Mittagessen daselbst. Wanderung durch die
Schwedenlöcher und den Amselgrund nach Rathen.
Rückfahrt mittelst Eisenbahn nach Dresden.
Ueber den Besuch der Königlichen Museen Dresdens wird später
Mittheilung gemacht werden.
Während der Dauer der Versammlung wird in den Räumen der
Technischen Hochschule eine Ausstellung geodätischer Instrumente,
Karten und Bücher stattfinden, zu deren Beschickung ausser den Vereins-
mitgliedern auch die mechanischen Werkstätten und Buchhandlungen
eingelj^den werden.
Wegen Auswahl genügender Räume bitten wir die Aussteller bald-
möglichst — spätestens bis zum 1. Juni — unter Angabe des erforder-
lichen Platzes bei Herrn Professor Patteü hausen unter der Adresse
— Technische Hochschule Dresden, Bismarckplatz — sich anmelden zu
wollen.
An der Ausstellung werden sich die Technische Hochschule, sowie
verschiedene staatliche und städtische Behörden betheiligen.
Die Vorstandschaft des Deutschen Geometer-Vereins.
L. Winckel,
Personalnachrichten.
Königreich Prenssen. Mlnisteriupa für Landwirthschaft,
D. und F. Die bisherigen Landmesser Heidelck zu Konitz und
2!egelasch zu Bromberg sind zu Königlichen Oberlandmessern ernannt
worden.
256 Berichtigungea.
. Grossherzogthum Sachsen - Weimar. Seine Eöniglichß Hoheit
der Grossherzog haben die gnädigste Entschliessang gefasst^ vom
1. Januar 1896 ab dem bisherigen zweiten Assistenten des Grossherzogl.
Vermessungsdirectors Obergeometor Christian Herrmann zu Weimar
die Stelle des ersten Assistenten des Grossherzogl. Vermessungsdirectors
und dem Geometer Otto Brückner zu £isenach die Stelle des zweiten
Assistenten des Grossherzogl. Vermessungsdirectors unter Verleihung der
Dienstbezeichnung „Obergeometer^ zu übertragen, sowie dem Geometer
Guido Schnaubert zu Weimar die Dienstbezeichnung ^Vermessungs-
commissar*^ zu verleihen.
Druckfehler in Ulffers' Coordinatentafeln,
In der im Jahre 1870 erschienenen 4. Auflage der Coordinaten-
berecbnungstafel von D. W. Ulffers fand ich einen Druckfehler auf
Seite 190 in der 3. Zeile von oben; in der Spalte 80 und zwar
bei Winkd Sinus 26 o 54' bezw.
„ „ Cosinus 73 0 46'
Die falsche Zahl heisst dort 32^49; wofür zu setzen ist 32^39.
Karlsruhe im März 1896.
W. MdeVy
Feldmesser bei Gr. Eisenbahubauinspection.
Berichtigung.
Die Abhandlung von Hammer „Ueber Winkelgrössen und ihre
Bezeichnung und damit Zusammeohängeades^ auf S. 221 — 224 des
vorigen Heftes d. Zeitschr. ist wegen Mangels an Raum gekürzt^ aber
ausserdem durch einen Irrthum in der Zusammenstellung des Heftes
(Umbrechen des Satzes) entstellt worden. Da die darin behandelte Sache
wohl schon durch die Abhandlungen in S. 175—182 und S. 189 — 191
in Verbindung mit dem letzten Theil S. 221 — 224 genügend klargestellt
ist, mag die vorstehende Entschuldigung genügen und die Ver-
öffentlichung des noch fehlenden Theiles unterbleiben. D. Red. J,
Inhalt.
Grossere Mittheilungen : Zur photogrammetrischen Praxis, von Finster-
wal der. — Berechnung einer geodätischen Linie aus geographischen Coor-
dinaten und conformen, ebenen Ooordinaten, von Vogeler. — Der mittlere
Verzerrungsfehler, von Jordan. — Gesetze und Verordnungen. — Vereintangelegeii-
heiten. — Personalnachrichten. — Berichtigungen.
Verlag von Konrad Wittwer Stuttgart — Druck von (Gebrüder Jänecke in Hannover.
^r7:
ZEITSCHRIFT FOR VERMESSUNGSWESEK
Organ. des Deutschen Geometervereins. ^ '
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und OL Steppas,
Professor in Hannover Steuer-Ratb in München.
1896* Heft 9. Baiicl XÄV.
Vergleichung der Mecklenburgischen conformen Kege]|-
projeetioR mit (i«r eongruenten Soldner'seben Projection ;-
Ton.B. Vogaler, Eammar'Ingenieu.
• ■ .1.1.. "..•■,
• • » . ■ . .
Im Anaohlosse an unsere Bereehnun^en Im leisten Hefte deir Zeit*
Schrift 8. 248 möchten wir noch eine Vergleiohang der Mecklenborgischen.
Projeotion. mit der eon^uenten Soldner^aeben Projectten vornehmen und.
hiermit gleichseitig Stellung nehmen zu der in letzter Zeit mduf ach.
behandelten Frage« ob Gauiss^sche oder Soldner 'sehe Coordinaten ft&r
KatasterzweokiS vortbeilhafter seien. .
Wir mtlsaen surttckgreifen auf die Bonoer BauptvertaintnluDg des
Deutschen Geometervereins (Zeitschr. 1895; S. 339 — 341 und S. 5Q8bi»
509) und bemerken, dass wir in die Debutte über die tocstehende Krage
nicht eingegriffen haben, weil wir «unafamen^ Professor Kall habQ gesagt,
dass die. 40 Soldner'sehen Göorduiatensysteme Itlir Preusste noth-.
wendig seien, wenn man nicht besondere EeduetSonsmaassstilbQ für die
Längen einführen wolle. In Uebereinstimmung hiermit haben wir auch:
in dem Bericht über jene Hauptversammlung in den Mittheilungen des
Meckl^burgitiichen Geometer-Vei^eins auf 8. 10 geschyieben :\Wir glauben
nicht; dass von Seiten des Herrn Pro>fe8Sors KoU die grosisen Vorzüge*
eines conformen Systems angelrweifelt wurden/ Vergl. hierzil S. 55 der
Mittheilungen des Würtiembergisehen Geometer- Vereins." — Durch'
diese Bemerkung sollte nickt' d4e Glaubwür^gkeit der WürttembergischeR
Mittheiluügen angegriffen we/deiv, sondern es sollte rein objeetiv gesagt
werden; dass wir es für unmöglich hielten, dass Professor Kell auf dem
Standpunkt stände^, das eonforine System wäre für Katasterzweetee weniger
brauchbar als das Soldner • sehe« Wir konnten umso weniger annehme»*
dass Professor KoU : dieser . Ausist sei; weil wir 'selbst ' sehen vor
20 Jahren als Stn<&render der Aachener Hochschule von den grosse»
Vorzttg;en des conformen Systems durchdrunge» wai*&&; tttid- zwar be voir
wir wussten, dass Mecklenburg; dessen Landesvermessung erst im-Jkthite'
1882 veröffent^eht wurde, dieses System hatte. Im Ji^e 1876 wurde'
Zeitschrift für Yermessiingswesen 1896. Heft 9. 17
%8 Vogeler. Vergleichnng der Mecklenburgischen conformen
uns nämlich als Studirendem von unserem damaligen Lehrer, dem jetzigen
Herrn Oeheimrath und Professor an der Berliner Universität Helmert
ein Separatabdmck aus der Zeitschrift für Yermessungswesen vom Jahre
1876; S. 238 — 253y ttbergeben, worin in klarer, leicht verständlicher
Weise mit den einfachsten Hülfsmitteln der höheren Analysis die conformen
Abbildungen behandelt sind. In dieser Abhandlung sind die Vorzttge
der Oauss' sehen Projection sowohl für die Haupttriangulirung, als auch
fttr die Detailtriangulirung in so objectiver und ttberzeugender Weise
zur Darstellung gebracht, dass wir allen jttngeren Landmessern, die sieh
ttber die hier vorliegende Frage orientiren möchten, dringend empfehlen
ktonen, jenen Artikel zu atndiren.
Wenn nun Oenerallleutenant Schreiber thatsächlich fOr das ganze
SlO&igreich Preussen ftir die Triangulirung I. bis III. Ordnung, in rich-
tiger Erkenutniss der grossen Vorzüge, ein conformes System eingeführt
hat, und wenn femer der an höchster geodätischer Stelle in Preussen
stehende Mann, der Professor Helmert, sich zu Gunsten der conformen
Projection ausgesprochen hat und zwar nicht bloss für Triangulirung
höherer Ordnung, sondern ausdrücklich auch für niedere Ordnung,
so könnte es überflüssig erscheinen, noch irgend etwas zur Vertheidigong
des Öauss^schen conformen Systems zu sagen. Wir wären auch sicher
nieht in eine Erörterung dieser Fragen eingetreten, wenn nicht vom
Professor Koll auf S. 198 dieser Zeitschrift die vorzügliche Mecklen-
burgisohe Projection in ganz unzutreffender Weise angegriffen worden
wäre.
Koll sagt auf S. 198: 1) Mecklenburg ist ISö^km breit nud 230 km
lang und kann deshalb für die Yerzermngsverhältnisse nicht maassgebend
sein, und 2) Mecklenburg kann es sich noch ruhig „leisten^ die
grösseren Yerzerrungsfehler der Gauss 'sehen Projection in den Kauf zn
nehmen.
Hierauf sind wir eine Antwort schuldig jenem grossen LeserkreiBe
dieser Zeitschrift, welcher sich bisher nicht eingehender mit conformen
ProjectiQuen beschäftigt hat und besonders unseren hohen Behörden, die
voll Vertrauen auf das jetzt zu schaffende Werk, die Triangulirung
II. und in. Ordnung blicken, an welchem wir selber mitzuarbeiten haben.
Zunächst ist die Frage zu stellen: ^Weswegen kann Mecklenburg
sieh noch ruhig grössere Yerzerrungsfehler leisten?''
. Was zunächst die Grösse des Landes betrifft, so ist, wie wir nachher
ausführlicher zeigen werden, Mecklenburg fast doppelt so gross, als im
Mittel eines der 40 preussischen Eatastersjsteme; und deswegen kann
Mecklenburg sehr wohl als ein maassgebendes Beispiel betrachtet werden,
was von Koll auf S. 198 und S. 202 bestritten wurde. Da Mecklenburg
ein im Wesentlichen querachsiges System hat, dessen meridionale Aob-
dehnung der west -östlichen Ausdehnung bei Soldner' schem lästern ent-
Kegelprojection mit der oongruenten Soldner'schen Projection. 259
spricht, hat man aar nöthig, die eine Dimension, fbr Mecklenburg die
Breite, zu berttcksichtigen, um die YerzerrnngSFerbttltnisse za vergleichen,
Oder wenn die Grösse des Landes genügend ist, sollte Herr Koll
der Ansicht sein, dass der Grund und Boden in Mecklenburg nicht so
werthYoU ist, als dass man nöthig hätte, bei den Flächenberechnungen
die Verzerrungsfehler der Projection zu berttcksichtigen? Allerdings
brauchen wir die Verzerrungsfehler nicht zu berttcksichtigen, aber nicht
deswegen, weil der Boden so geringw^hig ist, sondern deswegen, weil
diese Fehler bei unserer vortrefflichen Projection so ausserordentlich
gering sind, dass sie praktisch gar nicht in Betracht kommen.
Treten wir nun der geodätischen Seite der Frage näher, so ist
zunächst zu erwähnen, dass es wegen, der kugelähnlichen Gestalt der
Erde nicht möglich ist, die Abbildung eines Landes in einer ebenen
Karte ohne Verzerrungen zu beschaffen. Diese Verzerrungen sind nun
bei der Mecklenburgischen Karte so bemessen, dass sie ein möglichst
ähnliches Bild von der Wirklichkeit giebt, während bei der Preussischen
Katasterkarte die Aehnlichkeit zu Gunsten der Flächentreue, Darstellung
der Grösse des Landes, eine erhebliche Einbusse erleidet. Hierin
liegt wegen der Triangulirung ein bedeutender Nachtheil der Preussi-
schen Karte, wie wir später sehen werden. Ein scheinbarer Vortheil
der Preussischen Karte besteht nun darin, dass sie die Flächen und
Entfernungen der Grösse nach etwas genauer darstellt, als es bei der
conformen Projection im Allgemeinen der Fall ist. Dieser scheinbare
Vortheil besteht aber auch gegenüber der Mecklenburgischen Karte
nicht. Es ist nämlich durch einen Kunstgriff, welcher durch Carl
Friedrich Gauss in „Untersuchungen Aber Gegenstände der höheren
Geodäsie, I. Abhandlung, Art. 2^ behandelt wurde, bewirkt worden,
dass die lineare Verzerrung ftir Mecklenburg im Maximum nur
24328
ausmacht und zwar bei einem Abstände von 80000 Meter von der
Hauptachse, während in Preussen bei einer Entfernung von 65 000 Metern
von der Abscissenachse die Ordinalen schon eine Verzerrung von -^p^pr^
erleiden.
Wir müssen aber hier für den etwa nicht sachverständigen Leser
bemerken: die ganzen Verzerrungen, von denen bisher die Bede war,
sind in Karten und Plänen ttberhaupt nicht sichtbar und fühlbar. Auf
einen Meter Länge betragen diese Verzerrungen nämlich nur 0,04 bis
0,05 Millimeter. Diese kleinen Abweichungen kann man mit dem
schärfsten Zirkel auf einer Karte, mag sie in einem beliebig grossen
Maassstab gezeichnet sein, auch nicht annähernd fühlen.
Für Iiänder von erheblich grösserer Ausdehnung wie Mecklen-
burg können allerdings die Verzerrungen Beträge erreichen, die auch
auf Karten fühlbar werden.
17*
260 Vogeler. Vergleichniig der Meoklenburgisoheii conformen
Setäsen wir den Fall; man babe ein grösseres Land in einem einzigen
conformen System dargestellt^ bei ' dem die Verzerrungen etwa den
l'OOfaehen Betrag, wie in Mecklenburg erreichen, %o ist man bei dem
conformen System, weil die Verzerrungen nach allen Richtungen dieselben
sinäy in der glücklichen Lage, dass man bei der MaassutabminfertignDg
^das Vergrl5sserung8verhältni88 für ein Kartenblatt gleich mitberftcksicHtigen
kann. Da der Praktiker bei der Maassstabsasfertigung ' ohnehin den
Papier^ngang bertfcksichtigen muss, so kann die durch die Goniormität
veranlasste Rednetion gleich miterledigt werden. Mit diesem einen
Maassstab kann man dann die wahren Längen von der Karte abgreifen
4tnd richtige Flächenberecbnungen ausflthren.
Bei Benutzung unverzerrter Soldüer^scher Coordinaten kommt man
bei so starken VenSerrnngsverhältnisseH; wie wir oben annahmen, mit
einem Maassstabe für jedes Kartenblatt nicht aus, sondern man wird
in die unangenehme Lage versetzt/ eine ganze Windrose von Maass-
stäben auf die Karte zu zeichnen, bei denen für jeden einzelnen das
Vergrösserüngsverhältniss nach cos^ a berücksichtigt werden muss.
Warf nun bei den grossen Verzerrungen auf der Karte gilt, gilt
schön für geringe Verzerrungen bei den genauen Messungen im Felde
und bei den Berechnungen auf Grund dieser Messungen. Hier gestaltet
Sich für did conforme Projection wiederum alles sehr einfach. Die
Reduction aller Längen kann man durch Addition von log m beschaffen
und die Reduction der Richtungswinkel nach der bequemen Formel (21)
S. 248 dieser Zeitschrift. Bei den Soldner'schen Coordinaten macht
sich bei der Reduction der Längen sofort wieder die Windrose
in Gestalt von cos* a in sehr lästiger Weise bemerklich^ und bei den
Richtungsreduction(^.n, deren Formel auf S. 203 mitgetheilt wurde, wird
die Sache ; für die Soldner'sche Projection noch viel schlimmer, ans
folgenden Gründen:
Bei der conformen Projection in Mecklenburg kann nämlich die
TriangulirungllL— IV, Ordnung ohne alle Reductionen—^u. s. w. ausge-
führt werden, und zwar bis zu 100 km Entfernung von der Hauptachse;
es sind hierbei Winkelverzerrungen von grösseren Beträgen als etwa
1" bis 2" nicht zu befürchten.
Dagegen bei dem Soldner'schen System der preussischen Kataster-
yerwaltung werden alle Winkel III, — IV. Ordnung bis herunter zu den
Polygonzugswinkeln durch Verzerrungen von 5" bis 10". entstellt, wenn
man die Systemgren^se vop 60 000 Meter vom Meridian erteicht, oder
um ein geringes, überschreitet.
Die nachstehende Tabelle lässt alle Vorzüge der eonformen Projection
und.dte.Nachtheile^ die die Soldner*sehen Coordinaten mit sich bringen,
klar erkennen:
Kegelprojection mit der ooBgruenten Soldner^echen Projection. .261
Entfernungen von der Hauptachse. |
•
1 ,
30 000 m
40 000 m
60000 m
80000 m|
Aa? — a?2 — a?j
und
•
Ä
•2
0
t
1
a
'S
OQ
•
hl
Ph
1
0
es
o
•
P4
1
•
Ä
1
0
•••
Soldner'sche Proj.
•
hl
1
0
1
.1:
a
//
99
/»
//
/» •
//
II.
* •
500 m
OyO
1,2
,0,1
2,1
0,1
4,7
0,1
8,2
Triangnlinug
1000 m
0,1
1,3
0,1
2,2
0,2
4,8
0,2
«,♦
! in.— IV. Ordn.
5000 m
0,4
1,7
0,5
2,8
3?
0,8
1,6
5,7
1,0
11,?
Triangulirnng
10000 m
0,8
2,4
1,1
7,0
2,1
n. Ordnung
20000 m
1,9
3,9
2,4
5,6
3,4
9^^
4,*
14,7
Es. gebt aus ^eser Uebersidrt hervor^ dass^ eine ebene Klein-
tiiangolinuig mit . einer Oenauigkeit vob db i' bi8 Z", • welche den
heutigen Instrumenten entspricht und durchaus wünschenswerth ist,
bei der Soldner^schen Projection der 40 preussisclien Systeme zur inneren
Unmöglichkeit wird. Die preussischen Eatastersysteme mUssten auf 20
bis 30 km Abstand von der Hauptachse beschränkt werden, wenn sie
den conformen Goordinaten mit einem Geltungsbereiche von 80 bis 100 km
Abstand vom Meridian das Oleiehgewicht halten sollten. Auf alle
wesentlic^n Punkte unserer vorstehenden Auafllhrungen ist bereits von
Professor. He Im er t im Jahre 1876 in dieser Zeitschrift auteerksgm
gemacht, und wir haben gleidifalls schon im Jahre 1892 auf S. S62
und 563 auf die grossen Vorzüge der eohformen Projection hingewiesen,
auch sind femer im Y. Theile der Mecklenburgischen Landesvermessung,
S. 18 und S. 44 die Vorzüge besonders hervorgehoben. Derjenige
Leser, der sich auf Grund praktischer Zahlenrechnungen, über die Vor-
züge dieser Projection informiren möchte, findet in dem V. Theile der
Meoklenburgischen Landesvermessang*) nicht nur die nOthige Anleitung
sondern auch in den mitgetheilten .Abiissen lur^ Goordinaten (^, j^ und
9, X) ein ausreichendes Zahlenmaterial.
Zum Schlüsse müssen wir noch besonders darauf hinweisen, dass
die früheren Ausführungen auf S. 198 und 211 dieser Zeitschrift den
grössten Vorzug IfUr Eatastervermessungen darin erblicken, dass eine
Projection möglichst geringe Flächen Verzerrungen giebt. Wir möchten
demgegenüber hier eine andere Anschauung von der Sa6lie darlegen;
♦) Zu beziehen durch die- Stiller^sche ' Hofbuchhandlung in Schwerin.
Preis 4 Mk.
262 Vogeler. Vergleiobnng der Meoklenb. confonnen Kegelprojection etc.
Die Yon der Projection herrührenden Flächenverzerrnngen dürfen
allerdings nicht grösser sein^ als dass die mit Messlatten oder Stahl-
band gemessenen Linien und Grundstücke ohne Zwang in die Projection
eingepasst werden können. Die Flächenverzerrnngen dürfen femer nicht
so gross sein, dass die aus den Goordinaten berechneten Flächen so
unrichtig erhalten werden^ dass die Differenz praktisch Yon Bedeutung
ist. um diesen Anforderungen zu genügen^ könnte das Verzemings-
verhältniss aber sogar ^^^. betragen; denn für die Flächenberechnung
10000
würde hieraus für 10 000 Quadratmeter^ oder 1 ha erst ein Fehler
von 1 Quadratmeter für die Soldner'sche Projection und 2 Quadratmeter
für die conforme Projection resultiren. Diese Fehlergrenze genügt für
alle Fälle; denn praktisch lässt sich ein Grundstück überhaupt nicht mit
dieser Genauigkeit weder unmittelbar nachmessen^ noch viel weniger
wirthschaftlich ausnutzen.
Die Verzerrungsverhältnisse von diesem Range für Flächenangaben
besonders berücksichtigen zu wollen, wäre ebenso unrationell^ als wenn
Jemand z. B. auf der Eifel westlich von Bonn die von der Höhe über
dem Meere herrührende (viel stärkere) Reduction in Rechnung stellen
wollte.
Die vorerwähnten linearen Verzerrungen und Flächenverzerrongen
sind nun gleichfalls bei der vorzüglichen Mecklenburgischen Projection
ausserordentlich gering. Die beiden Grossherzogthümer Mecklenburg-
Schwerin und StrelitZy welche geodätisch ein Ganzes bilden, haben
295 Quadratmeilen Fläche. Preussen hat 6326 Quadratmeilen Fläehe
und hierauf 40 CoordinatensystemC; so dass also im Mittel nur 158
Quadratmeilen oder nicht viel mehr als etwa die Hälfte von Mecklenburg
auf ein System fallen. In Preussen hat man an den Grenzen dieser
kleinen Bezirke^ bei einem Abstände von 65 km von der Hauptachse
bereits eine lineare Verzerrung von ^ während Mecklenburg über-
äO oüo
haupt nur eine Maximalverzerrung von hat; hieraus resultirt
weiter als Maximal -Flächenverzerrung auf 1 ha für Preussen 0,5 und
für Mecklenburg 0,8 Quadratmeter.
Die vorzügliche Projection hat Mecklenburg dem Geodäten Paschen
zu verdanken, dem es schon als Studirendem in Gtöttingen von seinem
Lehrer C. F. Gauss prophezeit worden war, dass er sicher später noch
einmal die Landesvermessung seines Vaterlandes leiten würde. Bevor
Paschen im Jahre 1853 die Mecklenburgische Landesvermessung in
Angriff nahm, machte er eine grosse Studienreise. Paschen besuchte
alle europäischen Länder^ von denen er wusste, dass sie gute Ver-
messungen besassen. Dies steht actenmässig fest. Es scheint uns zweifei-
'
Poller. Bestimmang der Näherung^ werihe von WorselB etc. 263
los, das8 Paschen entweder sohriftlich oder mündlich mit seinem
früheren Lehrer Gauss, der ja bekanntlich erst am 23. Februar 185Ö starb,
durchberathen hat, welche Projection er für Mecklenburg wählen solle.
Wir werden in historischem Interesse, falls wir hierüber Zuverlässiges
erfahren sollten, in dieser Zeitschrift berichten. Vorläufig kennen wir
es nur als wahrschelnlieh bezeichnen, dass der grosse Heister Oauss
seinen Bath ertheilt haben wird.
Wir können nicht schliessen, ohne den Wunsch auszusprechen, dass
die herYorragenden geistigen Schöpfungen von Oarl Friedrich Oauss
auch von den praktischen Landmessern bei den Eatastervermessungen
in den übrigen deutschen Staaten gebührend gewürdigt werden möchten.
Schwerin, 15. April 1896. Vogeler.
Bestimmung der Näherungswerthe von Wurzeln aus
numerischen Zahlen;
Yon Ingenieur Puller in Saarbrücken.
Soll aus einer Zahl von der Form a=p^±q die nte Wurzel
gezogen worden, so setze man:
n. n 1
ya = yp^ db ?=^± — ; erhebt man diese Gleichung in die nte
Potenz und Yemachlässigt die höheren Glieder, so entsteht:
p-±<Z=l>-±«^+^^9 oder (1)
qx . n— 1 1
Setzt man noch z — p= ± — > so dass z der gesuchte Werth der Wurzel
ist, so findet man:
Diese Gleichung ist gtUtig, wenn q in Bezug auf jp*" eine kleine Zahl
darstellt, da dann die Zahl x gross ausfitUt und die yernachläasigten
Glieder in der Formel (1) nur einen geringen Betrag ausmachen werden
mit Rücksicht darauf, dass x in dem Nenner vorkommt.
Die Anwendung dieser Formeln (2) kann nun in der Weise vor-
genommen werden, dass zunächst an Stelle der unbekannten Zahl z der
Werth z^=p eingesetzt wird; dadurch entsteht:
x,=— — als erster Näherungswerih. (3)
Mit Hülfe der Gleichung z=^p ± - erhält man unter Benutzung der
X
^ ^ x^ -^ np^—^
:2^ Poller. BeBtimmung der Näheningvwertbe yöb Wurzeln
2np^ db (»—1) Q
daraus entsteht x. = — - — ^r— ^ ^-^ und wiederum
* 2pq ;
z,=p±- ^-P^ ,; (5)
^ ^ 2wj?" ± (»—1) q . ^ '
Dieses Verfahren k|inn beliebig weit fortgesetzt werden, wodurch maii
zu. einer grossen Anzahl von Näher ungswerthen gelangen kann.
Es sollen nun vorstehende Resultate ftü* die vielfach kommenden
zweiten und dritten Wurzeln angewendet werden.
• 1) lAusziehen der Quadratwurzeln.
Hierfür hat man in den oben entwiekeliep Formeln n;=;5 2.zu8etzeQ.
.Pw liefert nach Gleieltang (4) nnd (5)
(6) .: z,=p±^ und «, =.jp i .j^^ : . (7)
Es ist hier noch zu bemerken, dass ftir diesen Fall die Oleichung (1)
genaue Werthe liefert^ wie gross auch die Grössen p und q ans-
.'fallen iiifigen/ TJm^ dennoch de» Werth g mlig]kiai kJlain- z« bidtefl;
was aus praktischen Gründen * zweckmässig erscheint^ kann man das
doppelte Vorzeichen von q berücksichtigen ; es wird daher q am grössten,
wenn die Gleichubg
^ ^p-r ^; P_=p + i besteht.
^ 2 ^ . 2 .:
:Hierras folgt; dass man für jede Zahl a ^ie Grösse p so wählen kaofi,
dass q nicht grösser als p wird. Setzt man q=p in die Gieichnngen
(6) und (7) ein, so entsteht
4ß ± 1
^ 4|) ± 1
'Für 'die Vorliegenden zweiten Wurzeln kann mian aber noch zu anderen
Formeln gelangen. Setzt man nämlich
- .2o 1 1 :
' :) X =SL-^ zk — ' und « = » ± — , so entsteht ^daraus:
q qx ^ x' .
" • . I » .
2ü 1
•Ä«jp dt ^i, A- <^der, we»n für ajwiedv der Werth, -^ ±r^
■ ' ? 9« ... •
,■ . .. / 1. • . . ' •(. r ■
z^ =p ± -ft und 253 =^ dz '^^ ^ ^ ; der nächste Näherungswerth lautet
eingeführt wird, V = p dh — ± -^ — -—- u. s. w.
' ? /2p ^ 1\
i\q gpo/ :
Man erhält demnach für z den Bruch
(:■' -i
2p
a =i> ± q "^ 2p± 1 oder »uch z=p ± ^"^ ^-^--— — "(8)
2g
P
2p
. ans iiiimeiiBeheB Zahlen., : -265
das ist em Bruch, in derFK»riti eines Kett^lkrbches^.iGl^slen .Zähler niobt
gleich Eins, sondern gleich q sind.
'' Bezeichnet man noch -^mit w, so wird
1
2;=:« dt -^ mit der Periode «n, 2jt>. (9)
■^ w ± 1 .
, ■ ■ . , , • •
2üdb 1
Beide Formeln (8) und (9) werden zd. gewöhnlichen KißttehbrÜchen^
. .1 ■ ...v. 2f / -•'■.. .• . : . • -..
wenn q=^ 1 oder m^=^ -^ eine ganze ZaU ist..
' Die Brtttidxfoark-eit vorstehender Eesnltate soll ah «itiigen Zahlen-
beispielen gezeigt werdend . . 5 : •
Zunächst nehsne^: man : 9. mSSglftchst gross an^ also nach Obigem
gleich }>; d^nneKhäli man für.^:4;»31
l)|/^^+^a=|/992 Die Näherungswerthe s werden dann ..
62
^^ = 31; ^Jj = 31,50;- 2?3= 31 4- -—-:=:; 31,496 und
125
;^, = 31 + -2^= 31,4960317 . . ., . ^
während der genaue Werth für z lautet: 31,4960315^ . . . ., so dass z^
auf 6 Pecimalstellen mit z übereinstimmt. ,
2) y p^—p =V 930; ii = 31; 2?2 = 30,50;
;23 = 31 — -^=30,49593; z, =f 31— ^||- = 30,4959017:
Der genaue Werth der Wurzel ist 30,495014 . . . ., so dass auch hier
eine Uebereinstimmung auf 6 Pecimalstellep erreicht ist.
Es ist femer klar, dass eine weiter gehende Genauigkeit erzielt
wird, wenn '2 kleiner ate |) ist.
Man setze z. B. ^ = 10 und q = d, so wird
3) 2?=V^jp^ + y=^ V^ ^^^ • ^® Näherungswerthe nach Öl^ichung
• ■- - • ' • ■ ■ 20. ■ ■■ *■' ■■' •'- -- •
(9) lauten, da m = -r-iBt:
o
2, =10; «i = 10 + ^'== 10,15 ;'2, ==10t+' -^ =^ »,14888 ....
1209 - • *'";';... - ' ..."
und 2, = 10 + gj2^ = 10,.Uft8916 , .,
was einer Ueb^efinsthnmung mit dem graten Werth bis auf 7 Decimal-
stelleir entsprieht. * ' ' : ?
Ebenso findet man
4) z=y p^^q=±:^y 97 . Ke Gleichung (9) liefert::
0, =10; '^,= 10- ^ = 9,85; ^3 =10- -^ =l9;ß489 . . ^
1191
und z^= 10 — —-^ «a 9,3488578 . .- . . -
266 Puller. Bestimmiuig der Näherangswerthe yon Wurzeln etc.
dieser Werth stimmt ebenfalls bis anf 7 Decimalstellen mit der genauen
Wurzel tiberein.
Wird eine noch grössere Genauigkeit gewünscht, so kann man ent-
weder noch weitere Näherungswerthe berechnen, oder für obiges Beispiel 3)
setzen:
;?j =10,15; also Y 103 ="|/pi'— 3i = V 103,0225—0,0225,
so dass q^ = 0,0225 wird.
Dadurch wird für den vierten Näherungswerth ein nicht unbedeu-
tender Grad der Genauigkeit erreicht werden. Aus vorstehenden Ent-
wickelungen kann man noch entnehmen, dass um so weniger Nähenmgs-
werthe berechnet werden müssen, um so mehr ^^ grösser als q oder als
p ist, was stets bei grossen Zahlen a zutrifft.
2) Ausziehen der Kubikwurzeln.
Für den hier vorliegenden Fall ist n=s3 zu setzen; das liefert
nach der Gleichung (2)
X B=s — ^ z und z = p ±. —
q ^ X
die Näherungswerthe lauten dann
q pQ
Als Zahlenbeispiel werde ^ = 8 ; j = 1 gewählte Dieses giebt für
Y^iS die Werthe
^^ = 8; 25j=8+ --1^ = 8,005208.. und
lt7^
^3 = Ö + r^^;;- =^»0052049 . . . ,
_8
1537
welche Zahl mit der genauen Wurzel bis auf diese 7 Decimalstellen
übereinstimmt.
Wtlrde man dagegen ^ = 8 und q = 108, d. h. a=p^ + gr = 620
setzen (für p = 8 der grösste Werth q), so findet man die Nähenmgs-
zahlen:
;?,=8; ;?, = 8+4?|- = 8,56 und2^3 = 8+ ^^^
^ '192 ^ ^ * 1644
oder 2^3 = 8,525, während der genaue Werth lautet
z = 8,5270190.
Wie man sieht, ist hier der Unterschied von z und z^ schon be-
deutend, was seinen Grund darin hat, dass q im Verhftltniss zu p
gross ist.
Will man einen besseren Werth 0, erhalten, so setze man
Ye^ = f 8,53' — 3i = 1^620,650477 — 0,650477 . ;
dadurch wird q (genügend genau) gleich 0,65 und
z, = 8,53 - ^^^^ = 8,52703.
3 '^y'''' 1861,3 ^
Steiff. Jittirliche Kosten fUr Vermessimg nod Y ermarkung in Württemberg. S67
Ans diesen Zahlenbeispielon ist zu erkennen, welchen Weg man bei
der Bestimmung der Kubikwurzeln einschlagen muss, um zu branchbaren
Werthen zu gelangen.
Eine weitere Ausnutzung vorst^ender Formeln ftlr die. vierte^
fünfte etc. Wurzel ist nicht rathsam und soll daher hiervon Abstand
genommen werden.
Jährliche Kosten fOr Vermessung und Vermarkung
in Württemberg*
L Ausgabe des Staats.
Aus dem Hauptfinanzetat 1896/97 fttr das Königreich Württemberg
stellep sich nachstehende Staatsausgabea zusammen fttr Vermessungen
mid deren Bevision, sowie für Vermarkung etc.
A«. Departement des Innern«
(Gap. 29.) Kosten der Feldmesserprttfung: 1300 Mk.
(Gap. 34.) Centralstelle ftlr die Landwirthschaft, Abtheilung fttr
Feldbereinigung. Gehalt und Wohnungsgeldzuschuss der Vermessungs-
beamten, sowie sachlicher Aufwand: 19270 Mk. Dieser Ausgabe steht
als Einnahme gegenüber: Ersätze 2000 Mk.
B. Departement des Kirchen- und Schulwesens.
(Cap* 97.) Kosten der Theilnahme an dem wissenschaftlichen Unter-
nehmen der internationalen Erdmessung: 1400 Mk.
C. Departement der Finanzen.
(Gap. 103.) Statistisches Landesamt. Gehalt und Wohnungsgeldzuschuss
der Vermessungsbeamten, sowie sachlicher Aufwand fttr topographische
Arbeiten und Lithographie: 67 440 Mk. (darunter fttr Herstellung einer
Höhencurvenkarte im Maassstab 1 : 2500 und 1 : 25000 « 17 500 Mk.)
Als Einnahme steht gegenüber: Erlös fttr Karten 7000 Mk.
(Gap. 111.) Domainenverwaltung. Vermessungs- und Vermarkungs-
koBten: 5000 Mk.
(Gap. 112.) Forstverwaltung. Oehalt und Wohnungsgeldzuschuss
der Vermessungsbeamten, sowie sachlicher Aufwand: 27 190 Mk.
(Gap. 124.) Orundsteueryerwaltung. Abtheilung: Erhaltung und Fort-
führung der Flurkarten und Primärkataster (Landesvermessung). Gehalt
Wohnungsgeldzuschuss und Reisekosten der Vermessungsbeamten des
Kataster-Bureaus, sowie Canzleikosten desselben und sachlicher Aufwand:
29]530Mk. Oehalt und Wohnungsgeldzaschuss, Reise- und Canzleikosten
der Fortftthrungsbeamten (Bezirksgeometer) : 134 540 Mk. Gehalt und
Wohnongsgeldzuschuss des Vorstands der K. lithographischen Anstalt^ Tag-
gelder der Lithographen und Drucker, sowie Canzleikosten der Anstalt
28 550 Mk., zusammen Ausgaben in Cap. 124:192 620 Mk. Diesen
'
26B 3teiff. Jährliche Kosten flu: Yenaeasiuig und Vennarkanff In WOittemberg.
stehen, als Einnahtneii .gegenüber: rJkUa and FintkarteaaMrUt^en/.Stadt-
und Ortapl&nen. 10300 ttk.; ErsttUa fttr. Arbeite» der Besirkegeometer
17 500 Mk. zusammen 27 800 Mk.
:D. Departement d:er aaswärtigenAngelegeniieiteii.
Abtfaeilung. für .VerkehrB4nstaUerii.
(Cap. 118.) Gehalt; Wohnungsgeldznschuss und Reiaekoaten der Yer-
messnngsbeamten, sowie sachlicher Aufwand: 109 800 Mk.
Hiemach ergiebt sich als Snmme der jährlichen Staatsansgaben
424 020t Mk.j welcher gegenübersteht eine Summe, der .jährlichen Staats-
ein»ahmen 36 800 Mkj (Hierunter sind "^ nicht' inbegriffen die Kosten
der obersten Leitung, sowie die reinen Yefwaltungskosten für Bevision
und Eassenwesen. Da aussei4em einzelne Posten durch Schätzung
aus grösseren Posten .ausgezogen "wla^eB; so- kann die Unsicherheit der
Getiammtstiitime dl 5^/0 betragen.).
IL Ansgabeii^ dar Gemeiiideii- nnd GnuidbesitKer*
Um einen Gesammtttberbliok ttber di€l jähi'lichen Kosten; welche
durch das öffentliche Vermessungswesen entstehen; -^u erhalten, sind noch
nachstehend« ^Posten durch Schätzung gewonnen werden. Ans
l^zterem Orunde sind dieselben jedoch, zumal der jiäuiiehe An&U der
Arbeitern Überhaupt sehr schwankend ist, atEf eitwa tk 25% unsieher.
-ä) Ausgaben der Betheiligten fttr Ausifflhrulig von Fddbereinigung«n
(jedoch nur für vermessungstechnische, nicht ottlturtedinische Arbeiten):
60 000 Mk.
bV' Ausgaben der Betheiligten' für Beibritrgung der Handrisse und
Messurkunden, welche als' Grundlage für die Fortführung • des Katasters
und somit auch zur Sicherung des Immobilien verkehlrs dienen : 200 000 Mk.
c) Ausgaben der Betheiligten für Instandhaltung und Ergänzung der
Orundstttcksvermarkung: 220 000 Mk.
d) Ausgaben der Bethdligten in Stadt-' uüd Ortsbauplahsachen (Her-
stellung von Ortsbauplänen, vdn Läg^plänen für • Bauconbession etc.)'.
90 000 Mk.
Dies giebt als Summe a) bis 4): 560 000 Mk. ^ ^ •
Endlich dürften noch die Ausgaben für reine Privatverm^ODgen
(Nivelleinents, Baumessungen, Pröcesssachen etc.) beträgenT 20Ö00Mk;
woraus sich als Jährliche Gesammtiausgabe für Vermessung und Ver-
markung ber«ch&«(tl 004020 Mk. rands=r=l Million Mark.- St.
Zu dieser ungemein werthvollen Mittheilung aus Württemberg
mächten wir nur beifügen, ob nicht auch aus anderen Staaten soleKe
Kostenzusammenstellungen zu erlangen wären?' Unsere* bekanntlich hin-
'sichtlich ihrer Bedeutung im Staatsorganisknus vielfach unterschätzte
Wissenschaft würde dadurch in den Augen manches Staatsbeamten ins
richtige Licht gesetzt werden. Ö. Red. J»
.-• s . , ..*■'. , . ■. * •■ ' ■ ■'■ ■ • • V { .
• -. t $ X •••.'-..; » J ^ w I .. .-»1 ».«'
Sossnai Adf Itttmtg des ein&eben MdcwärtaeiiuKifaiiitts etc. 269
Auflösung ckis einfachen RQcfcwärtseiitschtHlfs mittelst
Rechenmaschine und numerisch-trigonometrischer Tafel,
» * ■ ' .' ■ • _. ■ ■
In der Reihe der ve'rschiedenailiigeil für d^n düfachen Rückwärts-
einsclmitt anwendbaren Rechnungsweisen möge ' eine Weitere Lösnng
äieses Problems^ die dich in ihrel* AasfQlirang höchst einfach und knr^
gestaltet^ Aufnahme finden.' Der ein-
• • •
zustühlagende Weg 'stützt sich anf rein
namerische Rechnung und s^tzt di^
Bentftzung einer Rechenmaschine vor-
aus. Die dabei in Betraeht kammenden
Rechenfonndn lassen sich folgender-
maassen ableiten:
In den nebenstehenden - Figures .
sollen L, My R die coordinatenmässig
gegebenen Festpunkte, P der zu be-
. stinmiettcbs Neapttoikt imd a i und . ß die
in diesem Punkte gemessenen Winkel
bedeuten. ' Denkt man sich in P aitf
PMy femer in L atif LM - und
sdiliesslich in R sßdi RM Lothe er^r
richtet, «o entstehen unter Absehung
von einigen, in der Natut dlne kttnstls
liehes Zuthun höchst selten iBintretensdett
Sonderfällen auf dem^ zujerst gonannten
Lothe stets zwd Schnittpnnkte, V
und TF, deren Coordinatenuntersehiede in Bezng auf 21/ sich auf folgende
Art leicht bestimmen lassen: r ' >
In Bezug auf di« erste Figur ist: '
L F±=i ö. cotga; {L F)««(LJir)+900;
R W=^ b . cotg ß; {RW)={RM)^dO^.
(yy — yL)=-LF*8in(LF)^= (^•cotgavC08(Lif)=3 : (iCif •*-a?^)-cotga;
{xy'^XL)=L F- cos (L F)— a • cotga • sin (^LM) = -^ {yu — yx) • cotg «:;
(jF— i/Ä)=ÄTF.sin(ÄTF)= — 6-ftötgß-co8(iJitf)= — (xjf — a;j2).cotgß;
(asw'— a:Ä)=ÄTFcos(i2TF)= .6.cotgß-sia(5il/)= (yjf — yi2)-cotgß
Verschiebt man nun den Anfangspunkt des bestehenden allgemeinen
Coordinatensystems nach ilf, jejo erhält man die Coordinaten der Punkte
Fund TF, ausgedrtickt in diesem zweiten System, durch folgende For-
meln, in denen die neuen Coordinaten durch Vorsetzen des Buchstabens A
TO? die entsprechende alte Bezeichnung kenntlich gemacht sind:
Ayv = 4.= A yx — Axl . cotg a;
Axv = B = Axl + AyL'(^otga; .
Ayw=C = AyB + AxB'Ootg^] ( ^^^
Axw= I>= Axr — AyR. cotg ß;
W
270 SoBsna. Auflösimg des einfachen Bückwärtseinsclmitts mitteiat
Es bleibt nun noch ttbrig den Nachweis zu fUhren, dass diese am
Fig. 1 abgeleiteten Formeln Gültigkeit besitzen für jede beliebige
Oruppimng der vier betheiligten Punkte. Da ohne Weiteres eine Be-
ziehung zwischen Azimuth (L V) und Winkel a und ebenso zwischen
Azimut (jB W) und Winkel ß zu erkennen ist; dergestalt^ dass wenn
Azimut {L V) bezw. (£ W) einen Zeichenwechsel in den Formeb (1)
verursacht, gleichzeitig ein solcher durch cotga bezw. cotgß beding
wird; so kann von der Lieferung des strengen Beweises Abstand ge
nommen werden.
Nach Kenntnissvder aus den Formeln (1) hervorgehenden Coor-
dinaten der Punkte V und W ergiebt sich weiterhin:
und in unmittelbarem Anschluss daran:
(MF) = arc tang j^""^ + 90° }(2)
Zum Zwecke der Ermittelung der Seitenlänge MP drehe man nun
das Achenkreuz des zweiten Goordinatensystems, den Anfangspunkt
desselben (Jf) in seiner Lage unverändert lassend, in rechtläufigem
Sinne so weit, bis die ursprüngliche positive Richtung der Abscissen-
achse mit dem Azimut (MP) zusammenfällt. Durch diese Maassregel
wird erreicht, dass die Strecken MP, VP und WP in dem neuen
Svstem als Goordinaten der Punkte V und W auftreten und zur Be-
Stimmung derselben die bekannten Umwandlungsformeln Anwendung
finden kennen. Da nun der Winkel, welcher von der positiven Rich-
tung der Abscissenachse dieses dritten Systems zu derjenigen des zweiten
überführt, gleich der Ergänzung des Azimuts (MP) zu 360^ ist, ge-
stalten sich bei Einführung dieses Azimuts die ümwandlungsformeln fOr
die allein Interesse bietende Gerade MP folgendermaassen:
MP=A' sin {MP) + 5 • cos (MP)]
= C. sin (MP) -f /). cos (MP).
Ist MP nach einer dieser beiden Formeln ermittelt, so findet sich
das Schlussergebniss gemäss:
yp=yj^Jr MP' sin (MP) I
xp= Xm + MP* cos (MF) I (^)
Die Schlussprobe für Richtigkeit der Gesammtrechnung wird am
schnellsten in der seither üblichen Weise erledigt, indem man bildet:
(Vl - Vf)
(3)
(PL) = arc tang
(xl — Xp)
(PB) = arc tang p^U^ \
(5)
und daraufhin: «.^(PM) — (PL) I
^=(PB)-{PM), p^)
Rechenmaschine und numerisch-trigonometrischer Tafel. S71
wobei üebereinstimmnng mit den für die Winkel a und ß gegebenen
Grössen stattzufinden h&t.
Ueberblickt man nun, am Schlnss der Entwickelang angelangt, die
Formeln (1), (3) und (4), so bemerkt man sofort, dass der Bau derselben
für den Gebranch der Rechenmaschine ein günstiger isL Das stets
positive Ergebniss der Formel (3) yermag die Maschine ohne besondere
Notirung' der einzelnen Aggregatglieder direct zu liefern. Dasselbe
gilt auch für Formel (4), sofern die Punkte M und P in ein und
demselben Quadranten liegen. Nur bei der Auswerthung der Formeln (1)
dürfte es, um Vorzeichen- und Eommafehler zu vermeiden, am
Platze sein, die Summanden einzeln niederzuschreiben und die Vereinigung
derselben auf dem Papier vorzunehmen»
Bei Vergleichung des obigen Rechnungsganges mit dem ttblichen
logarithmischen fällt in erster Linie auf, dass die Eenntniss der Azi-
mute und Seiten ML und MB entbehrlich wird und dass bei dem
ganzen Verfahren andere Winkel, als die beiden gegebenen, nicht er-
scheinen. Zu Gunsten des numerischen Verfahrens dürfte weiterhin
der Umstand sprechen,, dass dasselbe das Nachschlagen von nur halb so
viel Winkelfnnctionen und Winkeln erforderlich macht, als das loga-
rithmische, und dass schliesslich die Schreibarbeit und die beschriebene
Fläche sich auf die Hälfte ermftssigen.
Die Raschheit, mit der man unter Zuhilfenahme bequemer {numerisch,
trigonometrischer Tafeln und bei einiger Fertigkeit in der Handhabung
der Rechenmaschine zum Ergebniss und zur Schlussprobe gelangt, gab
dem Verfasser Veranlassung, vorstehender Entwickelung solche Formeln
fem zu halten, welche den richtigen Verlauf einzelner Rechenabschnitte
zu prüfen hätten. Bei etwaigem Versagen der Schlussprobe muss daher
vollständiges Nachrechnen erfolgen«
Hinsichtlich der sehemaiischen Anordnung der Rechenarbeit wird
auf nachstehende Ausführung eines Beispiels hingewiesen, das einen
Bestandtheil des Dreiecksnetzes der Stadt Potsdam bildet und von der
dortigen Stadtvermessung bearbeitet wurde.
Nachstehende Rechnung bewirkte Verfasser mit Hülfe einer 6-7-12-
stelligen Thomas-Burekhardfsehen Rechenmaschine und einer von
ihm selbst eigens für Maschinenrechnen handschrifüich hergestellten
sechsstelligen numerisch-trigonometrischen Tafel, deren Angaben von 10
zu 10 Secnnden fortschreiten. Hierbei zeigte sich, dass die Maschine,
welche bei fünfstelligem Rechnen, z. B. beim Ausgleichen, Berechnen
der Pol^onzüge, Eleinpunkte u. s. w. stets vollkommen befriedigt hat,
für sechsstellige Rechnung nicht mehr ausreicht und an Stelle derselben
der 8-9-16 -stellige Typus zu verwenden ist. Dem Mangel an einer
solchen Maschine ist es auch hauptsächlich zuzuschreiben, weshalb in
obiger Rechnung die Werthe der Functionen tang und cotg zwischen 1 und oo
272
Sotona. Anf lösong de» einfachen Rttekwartsemsdniitte etc.
|Zu bestimmmender Neupunkt P: Hermannswerder, Bolzenstein. 1895. IV- Ordi
a) Gegebene Stücke; . : ,
Ziel:
Linkes:
Mittleres:
Rechtes:
Ruinenberg
Garnisonkirche
Observatorium
Richtung: I . Winkel:
t
Vi
Xi
9
41
84
31
30
55
//
28,6
54,9
44,1
0
31
43
59
24
26,3
49,2
ErgebnisB der fierechnang:
L
B
M
+
+
+
21200,734
22951,18q—
22234,057
20603,369
2820,628
6068,080
4441,630
6263,238
b) Berechnung des Azimuts und der Seite MP:
tang a = 0,624642.
tang ß=;^ 0,94,6 105.
-Aa;^.coiga
1038,323 '/üiTL '
2595^9G Ap^. coiga
+
1621,002
264 A
^ar^^.cotgp
+
717,129
1719,101
— Ay^.cotgp
Air,
1626,4a
757,981
Ä
sin (MP)
3628,413
0,666983
B'
cos (MP)
' 3S,262
0,745073
' C
— ^
1 1
+
1001,972
3628,41a
— B
+
2384,431
33,26!
(JfP) = 221^50'04,7:'.
ifP= 2444,872 m.
C-Ä
+ 2626,441 D—B
2351,161
ootg [{MP) — 9a'] == — 0,895192.
c) Schlussprobe:
iPL)
{PR)
+ 597.365
+ 3442,610
+ 2347.817
+ 195,158
tang (PL)
cofg {PR)
+ 0,173521
+ 0,083123
{PL)
(PM)
{PR)
a
' 9
41
85
50
50
14
. i
fr
38,4
04,7
54,0
? =
0
31
43
39
24
// soli:
26,3|26,3"
49,3 49,2"
vermieden und dafür jeweils mit dehn' zwischen 0 und 1 verlaufenden
Werthe der Cofunction gerechnet wurde. *
Trotz der duröh die Unzulänglichkeit der Maschine erschwerten
Bandhabttng derselben und des unhandlichen Formates der benutzten
Tafel (21 : 33 cm) brauchte Verfasser Äur Erledigung obiger Rechnung von
dem Augenblick nach geschehener Eintragung der gegebenen Stttcke im
Böchenabsehnitta an gerechnet de^ geringen Zeitaufwand von 18 Minuten.
> Zum Schluss sei noeh auf eine andei^e numensche Lösung des ein*
fachen Büekwärtseüischnitts hingewiea^, die in -der Schrift von Dr, G.
•Höckner. „tlber die Eipschaltung vcm Punkten in ean durch Goordinaten
gegebenes, trigonometnsches Netz mit ausgiebiger ^ Verwendung diner
Rechenmaschine^*) entwickelt ,wiri ,
Potsdam, Januar 1896. JET. Sossna.
*) Leipzig 1891. Verlag von Gustav Fock. Vergleiche auch das Rückwärts-
einschneiden mit Goordinaten, von Runge. Zeitschrift 1894, Seite 204 — 207.
Jnxisoh. Ein neues geometrisches Problem.
273
Ein neues geometrisches Problem;
von Max Juriach.
a
' /<- Y
vy
/
ß Das folgende, dem Han-
^ sen* sehen ähnliche, Problem
/ /
/
/
;P
/
/
k
I
I
\
I
v^
/
»CC/
/
W/r
n
/
dttrite für Mathematiker im
Allgemeinen und für Geo-
meter im Besonderen von
Interesse sein.
Zwei trigonometrische
Netzpnnkte A nnd B sind
durch ihre Goordinaten ge-
geben, man soll, durch blosse
Winkelmessong auf den Sta-
tionen P, Q und JS diese
in ihrer relativen Lage zu
A und B festlegen. Jede
zwei der Stationen P, Q und
J2 können von der dritten
beobachtet werden, aber in
Pist, ausser Q und £, nur^
za sehen und in Q, ausser P und JB, nur JB, während in i2, ausser P
und Q, auch die beiden Netzpunkte A und B sichtbar sind. Es sind
also in der nebenstehenden Figur messbar, und neben AB=^a als
gegeben zu betrachten, die Winkel a, ß, Y; ^; ^^ '^ ^°^ P**
Erste Lösung: Wenn man der Ettrze wegen AB mit |>, BB
mit ^ und die Winkel BAB und BB A beziehungsweise mit cp und
'h bezeichnet, so ist:
sin^j; jp PJBsinS ^ QJSsins
.-->i
PjB8in8sin(Y + e)
sin
Es ist aber:
sin (a 4*
sin (y+ s) Q jB sin e sin (a + 5)
PB sin^
Q £ sin 7)
und daher:
sin <]i sin ^ sin 6 sin (y + e)
sin f sin i] sin e sin (a + §)
Die rechte Seite dieser Gleichung besteht nur aus bekannten Grössen.
Setzen wir dieselbe =tan6, so ist:
'^ =taneoder !|l^±4?4 = \±^^.
sm ^ sin <p — 8ini}> 1 — tan H
Wenn man nun für 1 im Zähler auf der rechten Seite das der 1
gleichwerthige tan 45 ^ setzt und tan 9 im Nenner mit 1 oder dem
gleichwerthigen tan 45 0 multiplizirt, so erhält man nach einer bekannten
trigonometrischen Formel:
Zeitschrift für Vermessungswesen 1896. Heft 9. 18
274 Jurisch. Ein neues geometrischeB Problem.
2 sin ^ ^ ^ cos ^ , ^ ,. A I X ^
2 2 _ tan450 4"*^"Q
"7 9 + 6 . 9 — ^ ~ 1 — tan 45 0 tan e '
2 cos -I— I_L 8,n T___L
oder:
und endlich:
2
tan -^4-^ ®^* ^-s-^ = **» (^ö 0 + e),
tan ^ ^ ==:= tan -^-^ c^* (^^^ + Ö)-
Nun ist aber
^ = I (180 - P),
also bekannt, und da f. berechnet werden kann, wie oben gezeigt
wurde, so sind <p und ^ bestimmt.
Der Lösung der Aufgabe stehen nunmehr keine Schwierigkeiten im
Wege, da man aus der durch die Coordinaten gegebenen Länge und
Richtung von A B, aus den berechneten Werthen der Winkel <p und i
und dem beobachteten Winkel ß die Coordinaten von 22 leicht bestimmen
kann. Man hat dann zur Bestimmung der Coordinaten von P die Länge
und Richtung von p und die beobachteten Winkel a und 8, und zu der
der Coordinaten von Q die Länge und Richtung von q nebst den beob-
achteten Winkeln ^ und e.
Eine zweite Lösung des Problems ist die folgende. Man macht
die Annahme, eine Seite des Dreiecks PQ B sei eine bestimmte Anzahl
beliebiger Maasseinheiten lang. Es sei PQ=^1000 (die Annahme
PQ = 1000 ist ganz willkürlich, doch nimmt man die Zahl der Maass-
einheiten, denen PQ gleichgesetzt wird, so, dass sie ungefähr den in
der Aufigabe vorkommenden Längen entspricht. Man würde also PQ
nicht = 10 oder 100 setzen, wenn die Längen, mit denen man zu than
hat, in tausenden ausgedrückt sind. Dies würde aus arithmetischen
Gründen die Rechnung unvortheilhaft beeinflussen). Mit dieser ange-
nommenen Länge von PQ und den beobachteten Winkeln des Dreiecks
PQB berechnet man nun die Längen, die PB und QB unter der
gemachten Annahme haben würden, und von diesen mit den ebenfalls
beobachteten Winkeln a, § beziehungsweise y> s> die Längen, die p and
g unter dieser Annahme haben würden. Man hat dann in dem Dreiecke
ABB die Seiten p und q nebst dem von ihnen eingeschlossenen beob-
achteten Winkel ß, und kann daher die Winkel <p mit <{/ berechnen.
Sowie dies geschehen ist, verwirft man die angenommene und die davon
abgeleiteten Längen, und rechnet nun mit der wirklichen Länge AB^^d^}
den gefundenen Winkeln cp und ij^, und dem beobachteten Winkel ß, die
Coordinaten von B und hat dann, wie in der ersten Lösung, zur Be-
Jurisch. Ein neues geometrisches Problem. 275
Stimmung der Coordinaten von P und Q zwei Dreiecke^ in denen je
eine Seite und zwei Winkel gegeben sind.
Die erste Lösung geht gerade auf die Bestimmung von tf und <{<
los, während die zweite Lösung dasselbe Ziel auf einem Umwege erreicht.
Trotzdem empfiehlt sich die zweite Lösung für praktische Anwendung,
da dieselbe besser in eine Form zu bringen ist^ die durchgreifende
Rechenproben gestattet.
Eine dritte Lösung des Problems gründet sich auf die geometrische
Construction, mittels deren man die Lage der gesuchten Punkte auf
graphischem Wege finden kann. Es sei daher zuerst diese Construction
hier angegeben und durch nachstehende Figur eriäntert.
1) Durch die Länge a und den gemessenen Winkel ß ist ein Kreis
bestimmt. Man construire also diesen Kreis der durch A und B gehend
der geometrische Ort des Punktes R ist. Der Kürze wegen sei dieser
Kreis der „ß-Kreis'^ genannt.
2) Wenn man von Ä aus eine gerade Linie zieht, welche mit AB
einen dem Winkel y gleichen Winkel einschliesst, und den ß- Kreis in
Q' schneidet, so liegt der Punkt Q' entweder auf der Linie BQ^
oder in deren Verlängerung, da der Winkel B BQ' auf derselben Sehne
BQ' des ß- Kreises steht, auf welcher auch der Winkel BAQ' steht,
und da der Winkel BBCt = ^ beobachtet wurde.
3) In ähnlicher Weise findet man durch eine gerade Linie, die im
Punkte B mit BA einen dem Winkel a gleichen Winkel einschliesst,
durch deren Sclinittpunkt mit dem „ß. Kreise^ den Punkt P^, der ent-
weder in der Linie BPy oder in deren Verlängerung liegen muss.
4) Man verbinde nun A mit P" und B mit Q'. Dann construire man
einen Kreis der durch A und P' geht und auf der Sehne AP den
Peripheriewinkel (180^ — 8) fasst, und einen zweiten, der durch B und
Q' geht, und auf der Sehne J5Q' den Peripheriewinkel (180 — e) fasst.
Der Kürze wegen sei der erstere dieser zwei Kreise der „8-Kreis^ und
der letztere der ^s- Kreis" genannt.
5) Wenn man nun von A aus eine gerade Linie zieht, die mit
AP einen dem Winkel yj gleichen Winkel bildet, und den ^S-Kreis**
in M schneidet, so steht auf der von A abgekehrten Seite der Sehne
P M (die man sich gezogen denken mag) der Peripheriewinkel (180—7])
= P PM, Wenn man also die Richtung von MP finden kann, so ist
die Lage von P bestimmt. Diese Richtung findet man, indem man:
6) von B aus eine gerade Linie zieht, die mit BQ' den Winkel
;x einschliesst, und den „e- Kreis" in N schneidet. Die Richtung der
geraden Linie, welche N und M verbindet, ist die gesuchte. Man
hat daher nur JVM zu verlängern, bis diese den ^8-Kreis" schneidet,
dann ist der Schnittpunkt der gesuchte Punkt P. Ebenso ist, wenn
man die Linie ilfiV verlängert, bis diese d«n ^e- Kreis" schneidet, der
Schnittpunkt der gesuchte Punkt Q. Man hat nun nur noch P P sowie auch
18*
276
Jurisch. Ein neues geometrisches Problem.
QQ dnreh gerade Linien zu verbinden and dieselben sa verlängern, bis
sie sich schneiden, um die Construction zu vollenden, da der Schnitt*
punkt der gesuchte Punkt B sein muss. Dass dies so ist, lässt sich
leicht zeigen. Da aus der Construction hervorgeht, dass der Winkel
P'PJf = (180 — t)) und der Winkel QQN={lSO — ii) ist, seist auch
der Winkel BPQ = ri und der Winkel -BQP =;=jji. Da ferner nach der
Construction P in der Verlängerung von ÄP, und Q' in der Ver-
längerung von B Q liegt, wenn B als auf dem ß - Kreise gelegen gedacht
wird, so muss, umgekehrt, der Schnittpunkt B der Verlängerungen
von P P und Q' Q im ß • Kreise liegen und dem gesuchten Punkte B
des Problems entsprechen.
.^^
Die vorliegende Construction giebt nun die Mittel an die Hand»
eine vierte Lösung des Problems durch Rechnung zu finden, wenn auch
diese Lösung ihrer Länge wegen sich für den praktischen Gebrauch
nicht empfiehlt.
Man rechnet aus dem Dreieck ÄBQ\ mit der gegebenen Länge a
deren Richtungswinkel und den Winkeln y und ß, die Coordinaten von
Q', und aus dem Dreieck A BP mit ähnlichen Daten die Coordinaten
von P'. Femer berechnet man aus dem Dreieck APM mit der bereits
gefundenen Länge AP und den Winkeln t) und (180 -^ 8) die Coor-
dinaten von My und aus dem Dreieck BQN in ähnlicher Weise die
Coordinaten von N. Dann berechnet man aus den gefundenen Coordinaten
Gesetze und Verordnungen. 277
von M und N den Richtungswinkel Ton MN^ und da die Riehtüngs*
Winkel von MP^ und NQ, und deren Längen auB der Berechnung
der Coordinaten von My beziehungsweise Ny bekannt sind, so hat man
zur Bestimmung der Coordinaten von P in dem Dreieck MP* P und
STir Bestimmung der Coordinaten von Q in dem Dreieck NQCl, je eine
Seite und zwei Winkel, von denen einer durch Beobachtung gegeben^
und der andere durch die Differenz zweier Richtungswinkel bestimmt ist
Man kann also die Coordinaten von P und Q finden. Von den Coor-
dinaten von P und Q kann man nun die Länge PQ, deren Richtung
bereits bekannt ist, finden und aus dieser mit Hilfe der beobachteten
Winkel tj, ja, und (a + ß + y); die Coordinaten von B berechnen.
Kapstadt, den 16. August 1895. Max Jurisch.
Gesetze und Verordnungen.
Im Haushaltsetat des Preussischen Staates, der nunmehr in dritter
Lesung angenommen ist, finden sich folgende den Landmesser interessirende
Neuerungen :
a. landwirthschaftliche Verwaltung.
1) Die Arbeiten des ständigen Hülfsarbeiters im Ministerium für
die Vermessungsangelegenheiten, dessen Stelle durch den Etat für 1888/89
errichtet worden ist, haben inzwischen derartig an Umfang und Bedeutung
zugenommen, dass sie den Obliegenheiten eines vortragenden Rathes
völlig gleich kommen. Es ist deshalb die Umwandlung dieser Stelle in
die eines vortragenden Rathes in Aussicht genommen, zumal bereits
durch den Etat für 1894/95 die gleichartige, bis dahin im Etat des
Finanzministeriums aufgeführte Stelle des ständigen Hülfsarbeiters für
die Katasterangelegenheiten in die eines vortragenden Rathes umgewandelt
worden ist.
2) Um die Arbeiten des vermessungstechnischen Personals der
Auseinandersetzungsbehörden, das gegenwärtig an Beamten und Hülfs-
kräften nahezu 1000 Köpfe zählt, genügend überwachen zu können,
sind an allen Stellen, wo eine grössere Zahl von Vermessungstechnikern
beschäftigt wird, gemeinsame Arbeitsräume eingerichtet, in welchen die
Leitung und Aufsicht tüchtigen und erfahrenen Vermessungsbeamten
übertragen worden ist.
Die Stellung dieser aufsichtführenden Vermessungsbeamten, in deren
Händen auch die Anleitung und Ausbildung der jüngeren Landmesser,
Gehülfen und Eleven ruht, ist eine besonders schwierige und verant-
wortungsvolle. Dazu kommt, dass die pflichtgemässe Wahrnehmung der
278 Personalnachrichten.
damit verbundenen Obliegenheiten eine längere Abwesenheit derselben
von den Vermessangsboreans und die Wahrnehmung der gesuchteren aus-
wärtigen Geschäfte nicht gestattet. Mit Rttoksicht hierauf erscheint es, am
die Gewinnung tüchtiger Kräfte sicherzustellen, angezeigt^ den aufsichi-
fllhrenden Beamten, deren Zahl gegenwärtig 100 beträgt, nach Maassgabe
des Umfangs ihrer Geschäfte, sowie der damit verbundenen besonderen
Mühewaltung und Verantwortlichkeit und unter Berücksichtigung der
sonst in Betracht kommenden Verhältnisse eine besondere Entschädigang
zu gewähren.
Zu diesem Zwecke sind 25000 Mark zur Wahrnehmung der Aufsicbts-
thätigkeit in den Vermessungsbureaus in den Etat eingestellt worden.
b. Verwaltung der directen Steuern.
Die andauernde Zunahme der Geschäfte in mehreren Katasteramts-
bezirken in Verbindung mit der ftir nothwendig erachteten ander-
weiten Abgrenzung der Bezirke erfordert die Errichtung von drei nenen
Katasterämtem, und zwar zu Oebisfelde im Regierungsbezirke Magdeburg;
Stolzenau im Regierungsbezirke Hannover und Papenburg im Regierungs-
bezirke Osnabrück.
Das Katasteramt und die Kreiskasse zu Putzig im Regierungs-
bezirke Danzig werden seither von einem Beamten verwaltet. Die an-
dauernde Zunahme der Geschäfte des Katasteramts macht es nothwendig^
die Verbindung desselben mit der Kreiskasse aufzuheben und für das
Katasteramt eine neue Katastercontroleurstelle zu schaffen.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Der König hat den bisher ständigen
Hilfsarbeiter ftlr die Vermessungsangelegenheiten im Ministerium fUr
Landwirthschaft, Domainen und Forsten, Obervermessungs- Inspector
Kunke zum Geheimen Regierungs- und vortragenden Rath in diesem
Ministerium ernannt.
Württemberg. Seine Kgl. Majestät haben am 4. April aller-
gnädigst geruht, den Oberamtsgeometer Löffler in Blaubeuren znm
Bezirksgeometer fttr den Stadtdirections- und Oberamtsbezirk Stuttgart
mit dem Amtssitz in Stuttgart zu ernennen.
Das Steuercollegium, Abth. f. dir. St. hat den Oberamtsgeometer
Wied in Kirchheim seinem Ansuchen gemäss des Dienstes enthoben.
Vereinsangelegenheiten. 279
Vereinsangelegenheiten.
Einladmig zur 20. Haaptversannnlimg des Deutschen
Geometer-Vereins.
Unter Bezugnahme anf die Bekanntmachangen der Vorstandschaft
des Deutschen Geometer-Vereins in Nr. 4 an4 8 der Zeitschrift für
Vermessnngswesen heehrt sich der unterzeichnete Ortsausschuss die
Vereinsmitgiieder zu der in der Zeit vom 2. bis 5. August d. J. in
Dresden stattfindenden 20. Hauptversammlung und der damit verbundenen
Feier des 25 jährigen Bestehens des Deutschen Oeometer - Vereins
ergebenst einzuladen.
Wenn schon durch den reichen Inhalt des wissenschaftlichen Theils
der bereits veröffentlichten Versammlungsordnung in den geodätischen
Kreisen ein mächtiger Antrieb zum Besuche der Versammlung erzeugt
werden wird^ so hofft der Ortsausschüsse dass auch der lediglich der
Geselligkeit und dem Vergnttgen gewidmete Theil des Programmes und
der Versammlungsort selbst unter den Vereinsmitgliedern und Fach*
genossen den Wunsch der Betheiligung an der Versammlung recht
lebendig werden lässt.
Dresden^ die Haupt- und Residenzstadt des hochentwickelten Sachsen-
landes^ bietet ja an sich schon des Schönen so viel. Die Lage der
Stadt zu beiden Seiten des verkehrsreichen Stromes, die herrlichen Bau-
werke, . die unvergleichlichen Kunstschätze, die Anmuth der fruchtbaren
Thalniederung, die Lieblichkeit der umgebenden Berge, die sonnigen
Höhen und wilden Felsengründe der nahen sächsischen Schweiz — das
Alles sind Beize, welche die Stadt von jeher zum Mittelpunkte eines
grossen Fremdenverkehrs gemacht haben.
Und dazu tritt im kommenden Sommer als weiterer Anziehungs-
punkt die Ausstellung des sächsischen Handwerks und Kunstgewerbes,
für welche als besondere Sehenswürdigkeit eine mittelalterliche Stadt und
ein wendisches Bauerndorf errichtet werden.
Wenn hierzu der unterzeichnete Ortsausschuss noch versichert, dass
er auch seinerseits Alles, was in seinen Kräften steht, thun wird, um
den Besuchern der Hauptversammlung und ihren Damen den Aufenthalt
hier so angenehm als möglich zu machen, so giebt er sich der Hoffnung
hin, dass die Betheiligung an der Versammlung recht zahlreich werden wird.
Auf die Dauer der Hauptversammlung wird, wie schon bekannt
gemacht worden ist, in den Räumen der Technischen Hochschule eine
Ausstellung geodätischer Instrumente, Karten und Bücher stattfinden.
Die geehrten Behörden, Inhaber von mechanischen Werkstätten und von
Buch- und Kartenhandlungen, sowie die Herren Vereinsmitglieder und
sonstigen Fachgenossen, welche auszustellen gedenken, werden ergebenst
gebeten, dem Vorstande des Ausstellungsausschusses, Herrn Professor
Pattenhausen, Dresden-A., Technische Hochschule, Bismarckplatz,
280 Vereinsangelegenheiten.
«obald, wie nur irgend möglich spätestens bis zum 1. Jani^ mitzntheileD,
welcher Art die ausznstellenden Gegenstände sein werden und wieviel
Baum oder Wandfläche gebraucht wird. Es ist diese baldige MittheiluDg
w^egen der Auswahl der Ausstellungsräume und im Interesse einer gaten
Anordnung der Ausstellung dringend nothwendig. Für die Herausgabe
eines Ausstellungscatalogs ist es femer sehr erwünscht, dass schon bei der
Anmeldung ein genaues, womöglich mit Erläuterungen versehenes Ver-
zeichniss der auszustellenden Gegenstände mitgetheilt wird. Die Gegen-
stände werden mit dem vom Aussteller angegebenen Werthe gegen
Feuersgefahr versichert.
Alles Nähere, insbesondere auch über Preis und Bezug der Theii-
nehmerkarten, Vermittlung von Wohnungen u. s. w. wird später bekannt
gegeben werden. Schon jetzt sei jedoch darauf hingewiesen, dass der
Ortsausschuss bestrebt sein wird, den unentgeltlichen Besuch der König-
lichen und Städtischen Museen auf die Dauer von mindestens einer
Woche den Festtheilnehmern zu verschaffen, und dass auch für Unter-
kunft von Theilnehmern in Privathäusern Sorge getragen werden soU.
Dresden, den 10. April 1896.
Der Ortsausschuss:
Der Ehrenvorsitzende: Der Vorsitzende:
Nagelj Oerke,
Geb. Regierungsrath u. Prof. Vermessungsdirector.
In Folge der im Januar d. J. seitens der Vorstandschaft des
Deutschen Geometer- Vereins in dieser Zeitschrift S. 63 veröffentlichten
„Bitte" um freiwillige Gaben für die hinterlassene Wittwe nebst Kindern
des verstorbenen CoUegen Wannack hierselbst sind dem Unterzeichneten
fortgesetzt von so vielen Seiten und so reichlich bemessene Geldspenden
zur üebermittelung an die hülfsbedürftigen Hinterbliebenen zugegangen,
dass derselbe — zugleich in Namen der Frau Wannack — zu ausser-
ordentlichem Danke für die Bethätigung dieser herzlichen Antheilnahme
sich verpflichtet fühlt.
Neben der hierdurch der Wittwe reichlich gewährten Hülfe zur
Erlangung eines anderen Lebensunterhalts hat der vorliegende Fall den
erfreulichen Beweis grosser Opferfreudigkeit und eines regen Gemein-
sinns unter den Berufsgenossen dargethan.
Eine Liste der Geber — soweit Letztere die Namensnennung zu-
gelassen haben — sowie der Geldbeträge wird nachstehend veröffentlicht.
Oharlottenburg-Berlin, im März 1896. H. Taster.
Liste der Einsender und Geldbeträge:
Schultz, Landmesser in Berlin 20 Mk., Ed. Sprenger^ Mechaniker
in Berlin 20 Mk., 0. H. in Wetzlar 5 Mk«, Keiper, Landmesser in
Hannover 10 Mk., Niepelt, Landmesser in Hannover 5 Mk., G. A., Land-
Yereinsangclegenheiten. 281
messer in Breslau 10 Mk.^ Schiller; Eatastercontroleur in Lttbben 10 Mk.,
S. in Hnsnm 5 Mk., S. in Burg b. Magdeb. 10 Mk., Knüppelholz^ Land-
messer in Sigmaringen 3 Mk., Brttning^ Landmesser in Sigmaringen 5 Mk.^
H. R., Landmesser in Düren 10 Mk.^ R. Reiss, Techn. Versandgeschäft
in Liebenwerda 25 Mk., v. Wolffersdorfr, Vermessnngsingenienr in Kamenz
i. S. 3 Mk., Brieger, Landmesser in Glogan 4 Mk., Josten, Eataster-
controleur in Remscheid 50 Mk., Vermessungsbeamten der Kgl. Special-
commission in Hanau 26 Mk., Nagler^ Landmesser in Eonitz i. Westpr.
3 Mk., Palmowski; Landmesser in Eonitz i. Westpr. 3 Mk.^ Heidelck^
Landmesser in Eonitz i. Westpr. 5 Mk., Marks, Landmesser in Eonitz
i. Westpr. 5 Mk., Parnemann, Landmesser in Vohwinkel 20 Mk., Samm-
lungen der Breslauer CoUegen (3 Raten) 71 Mk., Vermessungsbureau der
Kgl. Specialcommission in Wollstein i. P. 10 Mk., G. in Lttbz i.
Meckl. 3 Mk., Pndor, Ereisbaumeister in Neustettin 5 Mk., Eckert,
Geometer in Ulm 2 Mk., Osnabrücker Collegen 20 Mk., Landmesser-
bareau in Guben 20 Mk., W. Müller, Landmesser in Angerburg 10 Mk.,
W. in Neidenburg 6 Mk., Michaelis, Landmesser a. D. in Breslau 5 Mk.,
Lahr in Strassbnrg i. E. 3 Mk., Eübler, Eisenbahngeometer in Oannstatt
2 Mk., Efinger, techn. Eisenbahnsecretair in Oannstatt 8 Mk., Behren,
Landmesser in Gladbach 30 Mk., V. W. in Bromberg 5 Mk., Olbrich
und Pfahl, Markscheider in Waidenburg i. Schi. 5 Mk., Abtheilung II
der Egl. Generalcommission in Münster i. W. 33,50 Mk., Eondgen in
Duisburg 5 Mk., Schenrer, Hofmecbaniker in Earlsruhe 10 Mk., Neu-
mann, Steuen-ath in Magdeburg 5 Mk., Oollegen des Städtischen Ver-
messungsamtes in Berlin 67 Mk., Landmesserbureau der Egl. Eisenbahn-
direction in Halle a. S. 30 Mk., Roedder, Landmesser in Lyck i. Ostpr.
3 Mk., Oollegen aus Earlsruhe i. B. 13 Mk., Brückner, Obergeometer
in Weimar 3 Mk., Bessert in Breslau 5 Mk., Baath, Landmesser in Glatz
5 Mk., Adolphi, Reg. Feldmesser in Eoschmin 5 Mk., W. Landmesser,
Colonie Grunewald 20 Mk., Ziegler, Landmesser in Sigmaringen 5 Mk.,
Landmesserbureau in Bünde i. W. 20 Mk., Landmesserbureau der Special-
eonmiission in Rothenburg a. F. 13 Mk., Generalcommissions - Land-
messer in Lippstadt 27 Mk., Sammlung der Posener Landmesser 154 Mk.,
Landmesserbureau Specialcommission in Ereuzburg i. Oberschi. 18 Mk.,
Feld, Eatastercontroleur in Dierdorf Reg.-B. Ooblenz 3 Mk., Städtisches
Vermessungsamt in Magdeburg 6 Mk., Oollegen aus Düsseldorf 10 Mk.,
Gauss, Wirkl. Geh. Oberfinanzrath in Berlin 3 Mk., Steinbrück,
Steuerinspector in Hannover 4 Mk., Bars, Steuerinspector in Oalau
2 Mk., Seh. in Steglitz b. Berlin 5 Mk., Eoch, Steuerinspector a. D.
in Königsberg i. Pr. 20 Mk., Protscher, Bezirksgeometer in Staufen i. B.
5 Mk., N. N. in Naumburg a. S. 15 Mk., Eilks, Obervermessungs-
Inspector in Vechta 5 Mk., Schnellrath, Vermessungsinspector 5 Mk.,
Lorenz, Landmesser in Schöneberg b. Berlin 20 Mk., Burandt, Techn.
Eisenbahnsecretair in Berlin 20 Mk., B. in Schöneberg b. Berlin 0,50 Mk.,
282 Veremsangelegenheiten.
H. E. in OBnabrttck 6 Mk.^ Collegen der Egl. Eisenbahndirection in
Köln am Rhein 11^50 Mk., Verein Grossherzogl. Hess. Geometer
I. Klasse 15 Mk.^ Collegen in Düsseldorf 6 Mk.^ Schlesischer Landmesser-
verein in Breslau 30 Mk.^ Wick^ Stadtgeometer in Oharlottenbnrg 10 Mk.,
Bernhard^ Landmesser in Charlottenbnrg 3 Mk., Wadehn, Tech. Secretair
in Steglitz b. Berlin 70 Mk., Wilcke, Landmesser in Aurich 3 Mk.,
Hermkes, Katasterlandmesser in Aurich 3 Mk., Moellenhoff^ ELataster-
landmesser 2 Mk.^ Schultz, Katasterlandmesser in Aurich 3 Mk., Hohle,
Landmesser in Aurich 3 Mk., Sprengell, Landes-Oekonomiegeometer
in Aurich 3 Mk., Kussin, Oberlandmesser in Aurich 5 Mk., Marnhn,
Katasterinspector in Aurich 3 Mk., Esser, Drainage-Ingenieur in Berlin
5 Mk., Simmen, verpfl. Geometer in Annaberg i. S. 2 Mk., Jordan,
Professor in Hannover 5 Mk., Hammer, Professor in Stuttgart 4,25 Mk.,
N. N. in Charlottenburg 5 Mk., zusammen 1224,75 Mk.
Thflrinjcer Geometer- Verein.
Unter recht zahlreicher Betheiligung fand die diesjährige Haupt-
versammlung am 23. Februar c. zu Weimar statt. —
Vorsitzender gab in knrzcT Darstellung Bericht ab Über die
Thätigkeit des Vereins im vergangenen Vereinsjahre.
Derselbe machte Mittheilung davon, dass in Ausführung des in der
vorjährigen Hauptversammlung zu Erfurt eingebrachten Antrages und
des hierauf in der letzten Sommerversammlung zu Eisenach gefassten
Beschlusses dem allgemeinen Fonds der Versicherungsabtheilnng die
Summe von 400 Mark entnommen und dem Einzel -Outhaben der
versicherten Mitglieder gutgeschrieben worden seien. — Diese Ver-
theilung — die erste Frucht langjährigen Sparens im Verein — rief
allgemeine Freude hervor. —
Versammlungen wurden im verflossenen Jahre zwei abgehalten — die
eine zu Erfurt, die andere zu Eisenach. — Der Bestand an Mitgliedern
bleibt, wie zu Beginn des Vereinsjahres unverändert: 19 Mitglieder. —
Durch freundliche Zusendung an Druckschriften hat der Verein in
Verbindung gestanden mit
1) dem Elsass- Lothringischen Geometer -Verein,
2) dem Wttrttembergischen Geometer- Verein,
3) dem Badischen Geometer- Verein,
4) dem Bayerischen Geometer- Verein,
5) dem Mecklenburgischen Geometer-Verein,
6) dem Landmesserverein für die Provinzen Ost- und Westprenssen,
7) dem Landmesserverein in den Provinzen Schlesien und Posen,
8) dem Casseler Landmesserverein und
9) dem Verein Grossherzoglich Hessischer Geometer L Olasse.
Den genannten Vereinen sei für die liebenswürdige Zusendung ihrer
Druckschriften der freundlichste Dank ausgesprochen. — Bedauert wird
YereiiiBangelegenheiten. 2g3
nor, dass der Thüringer Verein bei der kleinen Anzahl seiner Mitglieder
und den beschränkten Eassenmitteln nicht in der Lage ist, auf gleiche
Weise zn erwidern, die Bitte aber ansgesprochen^ dass dem Verein
auch in diesem Jahre die Zueignung bezeichneter Schriften zu Theil
werde. —
Die Hauptversammlung des Deutschen Geometer -Vereins zu Bonn
wurde beschickt durch den CoUegen Obergeometer Brückner. •—
Speeiell die weimarische OoUegenschaft anbelangend, so sind dieselben
nunmehr alle in den unmittelbaren Staatsdienst übergegangen. Dadurch
ist die in dem Verein stets offen gehaltene sogenannte Versorgungsfrage
hinfällig geworden.
Es kann jedoch nicht unterlassen bleiben, an dieser Stelle für das
wohlwollende Entgegenkommen der Grossherzoglichen General - Com-
mission und weiter dem Grossherzoglichen hohen Staats -Ministerium
den Dank der Weimarer Geometer zum gefühltesten Ausdruck zu bringen. —
Wiederholt hat die Grossherzogliche General -Conomission und
namentlich der von der weimarischen Collegenschaft verehrte Herr Ver-
messungsdirector Matthes als Mitglied derselben — durch durch sie ver-
anlasste Befi^rderungen und Anerkennung von Verdiensten einzelner Collegen^
durch Einführung erh((hter Monatsvorschüsse bei auswärtigen Arbeiten
und mehreres Andere noch, bewiesen, dass sie freundlich dem ihr unter-
gebenen Vermessungspersonal zur Seite stehen und gern bereit sind, zur
Hebung des Vermessungsstandes im Grossherzogthum beizutragen. —
Betreffs der Versichernngsabtheilung wird bemerkt, dass weder ein
Ab- noch ein Zugang in den Mitgliedern zu verzeichnen ist; es gehören
der Abtheilung 14 Mitglieder an. —
Die diesem Berichte angefügte Rechnung ergiebt näheren Nachweis
über d. z. Versicherungs- und Vermögens- Bestand.
Von der allgemeinen Versoi^ngs- Anstalt im Grossherzogthum
Baden zu Karlsruhe sind dem Vereine in dem verflossenen Vereinsjahre
an Provisionen zugestellt worden 73,40 Mk.
die Zinserträgnisse beziffern sich auf 58,31 „
Dankend für diese Zuwendungen, wird die Gesellschaft angelegentlichst
den CoUegen zur Benutzung empfohlen. -—
Der Geschäftsbericht schliesst mit Diesem. —
Wenn auch der Verein im vergangenen Jahre weder nach Aussen,
noch nach Innen hin, fühlbar hervorgetreten ist, so hat er doch stets
als Glied eines grossen Ganzen, warmen und aufrichtigen Antheil ge-
nommen an den Bestrebungen seiner Nachbar - Zweigvereine und des
Deutschen Geometer -Vereins selbst. —
Nach Beendigung des Geschäftsberichtes legte College Kästner
Rechnung des Vereins vor; dieselbe war von den Rechnungsrevisoren
Brückner und Ingber geprüft und für richtig befunden worden.
Dem Kassirer wurde Entlastung ertheilt und ihm der Dank der Ver-
§84
Yereinsangelegenheiten.
Sammlung für die gehabte Mtihewaltang ausgesprochen* (Rechnnng siehe
am Ende.) —
Als nächster Yersammlnngsort wird Sondershausen nnd als Zeit der
Versammlnng der Monat Juni bestimmt. —
Die hierauf vorgenommene Vorstandswahl ergab folgendes Resultat:
1. Vorsitzender: Yermessnngs - Commissar Schnaub ert, Weimar.
2. Vorsitzender: Obergeometer Brückner, Weimar.
Kassirer: Geometer Kästner^ Eisenach.
1. Schriftftlhrer: Steuerrevlsionsassistent Ingber^ Eisenach.
2. Schriftftlhrer: Geometer Kästner, Weimar. -*
Die Versicherungs -Commission besteht für dieses Jahr aus den
Collegen Schnaub ert; Brückner, Kästner- Eisenach und Ingber. -
Zum letzten Punkt der Tagesordnung Obergehend, hielt College
Brückner aus den Mittheilungen des Württembergischen Geometer- Vereins
einen längeren Vortrag über die Bestrebungen der wttrttembergischen Geo-
meter, betreffs Regelung des vermessungs- und kulturtechnisohen Dienstes.
Mit Freuden begrüsste die Versammlung es, dass die gedachten Be-
strebungen und die Wünsche des dortigen Geometer- Vereins von Seiten der
Königlichen Staatsregierung eine wohlwollende und freundliche Annahme
gefunden haben. Möge auch fernerhin das Mühen der württembergischen
CoUegen nach Befestigung ihrer Stellung von Erfolg gekrönt werden!
Hierauf war die Tagesordnung erledigt und ein recht gutes und
schönes Mittagsmahl, an welches sich ein kleiner Spaziergang durch den Park
nach der Falkenburg anschloss, endete die Sitzung.
Weimar, im Monat März 1896. O. Schnaabert, Vorsitzender.
Nachweis
über den Stand, Abgang und Zugang der im Thüringer Geometer- Verein
bestehenden Versicherungsabtheilung pro 1895.
Zahl der
Mitglieder
Ver-
slcherantfs-
Capital.
Jährliche
Prämie
Guthaben
der
Mit«;Ueder
Allgemeiner
Fonds
Gesammt-
Vermögen
Mk.
Mk.
Mk.
Mk.
Mk.
Stand ult. 1894
Hierzu Zinsen, In-
casso- u. Ausgabe-
provision p. 1895
14
115500
3298,97
1381,35
79,09
476,50
65,72
1857,85
144,81
Sa.
Bei dem Guthaben
kommt in Zugang
u. bei dem All-
gemeinen Fonds in
Abgang
14
115500
■
3298,97
1460,44
400,00
542,22
400,00
2002,69
Hiervon
14
115500
3298,97
1860,44
254,12
142,22
86,36
2002,66
340,48
Stand ult. 1895
14
115500
8298,97
1606,32
55,86
1662,18
Vereinsangelegeiiheiteii.
285
und siwar:
1. Sparkasse Eisenach
2. Sparkasse Karlsruhe
3. ausgeliehen
4. Rückstände
5. Baarbestand
6. dem Geometer-Verein geliehen . . .
Mk.
633,78
99,57
341,94
299,17
277,94
9,78
wie oben.
Nachweis der Gesammt • Einnahme nnd -Ausgabe während
der Zeit 1880 bis nltüno 1896.
Bestand
ult. 1986.
Mk.
Iia5,51
200,00
627,00
35,00
825,21
26,06
65,00
13,10
Bestand
Zugtag
alt 1894.
1895.
Mk.
Mk.
1062,11
73,40
200,00
"*">""
627,00
'■">"■"
35,00
>"*
766,90
58,31
26,06
)
65,00
^-*
13,10
— .^— .
Incasso- nnd Ansgabeprovision
Einmaliger Kostenbeitrag
AbschlusaproTlsion
Schenkungen
Zinsabwurf
Von Cto. 16 hinterlassen
unterlassene Geschäftsantheile Cto. 6, 9, 13, 14, 18
Zugang bei Cto. 7
Zusammen
Hiervon zurückgezahlte Guthaben
Verwaltnngsanfvrand
bleibt" I I
Eisenachy den 15. Januar 1896.
Geprüft: Fr. Kästner , Rechnungsftihrer.
0. Ingher* 0. Brückner.
2795,17
520,19
404,03
131,71
254,12
86,36
2926,88
774,31
490,39
1 924,22
340,48
1264,70
1662,18
Bericht der Rechnnngsprüfangscommission.
Eisenach^ den 20. Febrnar 1896.
Heute Mittag in die Wohnung des Kassirers des Thüringer Geometer-
Vereins^ Herrn Geometer F. Kästner^ hier, begeben^ fand in dessen
Beisein die Prüfung der Rechnung des obigen Vereins, sowie der Rechnung
der Versichernngsabtheilung für das Jahr 1895 statt. Die bezüglichen
Rechnungen wurden in sachgem&sser Weise geprüft, indem die Kassen-
bestände, Journale, Bücher und Belege eingehend durchgesehen und
soweit nöthig nachgerechnet worden sind. Erinnerungen waren hierbei
nicht zu stellen, vielmehr wurden dieselben durchweg richtig befunden«
Hinsichtlich der gestellten Erinnerungen des Vereinsvorsitzenden
Schnaubert, Zinsabschreibungen etc. bei denContis 7, 8, 11, 16 und
21 betreffend, findet sich zu bemerken, dass die Abschreibung von
den Guthaben der bezüglichen Contis in derselben Weise, wie in den
286 Yereinsangelegenheiten. — Brietkasten.
früheren Jahren stattgefunden hat und dürfte dieses Verfahren nach den
angestellten Erörterungen vollständig gerechtfertigt erscheinen.
Nachrev. 0. Ingber.
Mit Rücksicht auf den s. Z. gefassten Versammlungsbeschlnss für
dieses Jahr mit den am Schlüsse vorstehenden Berichtes gedachten
Abrechnungen einverstanden. 0, Brückner,
Niedersächsischer Geometer -Verein.
In der am 20. Februar 1896 abgehaltenen Hauptversammlung
erstattete der stellvertretende Vorsitzende^ Herr Grotrian Bericht über
die Vereinsthätigkeit im Jahre 1895. Wir entnehmen demselben Folgendes :
Der Verein hielt am 3. Donnerstage jedes Monats eine Versammlung
ab. Das Stiftungsfest wurde am 21. Februar 1895 gefeiert. Am
25. August machte der Verein mit Damen einen Ausflug nach Kiel,
wo unter Führung der dortigen CoUegen die herrliche Umgebung Kiels
und der Kaiser Wilhelm * Canal bis zur Brücke bei Levensau be-
sichtigt wurden.
Im Laufe des Jahres 1895 traten 3 Mitglieder aus dem Verein aus,
während 5 neue Mitglieder aufgenommen wurden. Die Anzahl der
Mitglieder beträgt jetzt 29.
Die Einnahmen setzten sich zusammen aus dem
Kassenbestand vom 1. Januar 1895 mit 118,15 Mk.
und den laufenden Jahreseinnahmen mit 155,00 ^
Summa 273,15 Mk.
Die Ausgaben betrugen 143,00 ^
Es blieb daher vom 31. December 1895 ein
Bestand von 130,15 Mk.
In den Vorstand wurden wiedergewählt die Herren: Technischer
Eisenbahn -Secretair Reich zum Vorsitzenden, Bureau Vorsteher Grotrian
zum stellvertretenden Vorsitzenden, Geometer Klasing zum Schrift-
führer, Geometer Howe zum stellvertretenden Schriftführer, Steuer-
Inspector Kreuder zum Schatzmeister.
Briefkasten.
Elsass-Lothringischer Geometep- Verein.
Auf die in Heft 6, S. 192 dieser Zeitschrift gerichtete Anfrage diene
als Antwort, dass der Vorstand des Elsass-Lothringischen Geometer- Vereins
aus nachfolgenden Herrn besteht:
1. Vorsitzender: Herr Steuerinspector Bauwerker,
2.' - « Katastercontroleur Jessen.
Neue Schriften über Yermessangswesen. 287
1. Schriftführer: Herr Reg.-Feldmesser Antenrieth.
2. ^ „ Kataster-FeldmesBer Eiffler.
Eassurer: Herr Wasserbau- Feldmesser Rndhardt, sämmtlich in
Strassbnrg.
In jedem 1. Heft des Els.-Lothr. Greometer- Vereins wird ein voll-
ständiges Mitgliederverzeichniss veröffentlicht. Briefliche Anfragen werden
am besten entweder an den 1. Vorsitzenden oder den 1. Schriftführer
gerichtet.
Strassbnrg, 27. Mars. ÄiUenrieth.
Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Das preussische Kataster nnd seine Verbindung mit dem Grundbuch.
Ein Beitrag zum deutschen Vermessungs-^ Kataster- und Orundbuch-
wesen von W. Harksen^ Herzogl. Anhalt. Obergeometer und
preussischer Landmesser. Mit 11 in den Text gedruckten Ab-
bildungen. Dessau 1896. Verlagsbuchhandlung von Paul Baumann,
Herzogl. Anhalt, u. SachsenAltenburg. Hofbnchhi&ndler. Preis
broschirt 4,00 Mk.
Die Aufzeichnung des Oeländes beim Krokiren fttr geographische
und technische Zwecke, von P. Kahle, Assistent an der Herzogl.
Technischen Hochschule zu Braunschweig. Berlin 1896. Verlag von
Julius Springer. 2,40 Mk.
Wüstf A, Leiohtfassliche Anleitung zum Feldmessen und Nivelliren.
4. Auflage. Berlin 1896. 8. Mit 116 Holzschnitten. Leinen-
band. 2,50 Mk.
SchivartZj B. Ueber Schwankungen der Drehungsachse im Innern des
Erdkörpers. Wien 1895. gr. 8. 35 pg.
Stanley, W. F, Surveying and Levelling Instruments, theoretically and
practically described. 2. edition. London 1895. 8. 572 pg. with
illustrations, cloth. 7,80 Mk.
The Surveyor, a weekly Journal, London 4. — Year V: 1896 (52 nrs.).
Jahrbuch der Astronomie und Geophysik, enthaltend die hervor-
ragendsten Fortschritte auf den Gebieten: Astrophysik, Meteorologie,
physikalische Erdkunde. Herausgegeben von H. J. Klein. Jahr-
gang VI: 1895. Leipzig 1896. gr. 8. m. 5 Tafeln, cart. 7 Mk.
Kempert^s Litteratur- Nachweis. 4. Quartal 1895.
Hammer, Ueber die Rectificirapparate (Linienmesser) von Dr. W. Ule.
Zeitschr. für Instrumentenkunde d5, p. 278.
Finsterwalder & Ott^ Photogrammetrischer Theodolit für Hochgebirgs-
aufnahmen. A. Zeitschrift für Instrumentenkunde 95, p. 370.
288 'Nene Schriften über YermeBsunggwesen.
Applications da niveau depente k la constrnction arehitecturale et see
d^pendances. Constrnction moderne 1895/96; p. 34.
Krasanigf Die Anwendung von regelmässigen Gorren beim Strecken-
betriebe. A/Oestr. Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen 95, p. 581.
C$Sü, Das angarische Nivellirinstrument für Grubenmessangen. A. Berg-
und Hüttenmänn. Ztg. 95, p. 391.
ThidoWj Ein Höhenmesser einfachster Bauarbeit. A. Gtrbl. d. Banverw.
95, p. 501.
Fresej Das Prytz'sche Stangenplanimeter. A. Zeitschrift d. V. dt Ing.
95, p. 1471.
Rückwärtsschnitt -Auflösung von Sossna.
Als Nachtrag zu der Abhandlang S. 269— 272 hat Herr Sossna vorSchlass
des Heftes noch Folgendes geschickt, wobei « die Bedentung von 360<^— a in
der ersten Figur S. 269 hat, und die übrigen Bezeichnungen bleiben.
Einzelne Rechner werden es vorziehen, abweichend von der Bezeichnangs-
weise and der Formelentwiekelnng von S. 269—272, die seither benutzten
Winkel a und ß durch die gleichlautenden Richtungen der ersten Figur von
S. 269 mit dem Anfangsstrahl FM zu ersetzen, die Goordinatenumwandlong
fallen zu lassen and an Stelle derselben mit den Gleichungen der sich recht-
winklig schneidenden Geraden MP und F TT zu operiren.
Die Formeln (1) S. 269 nehmen alsdann folgende Gestalt an:
^ = ^yi + ^a?i'C0tga I
B = Aa:^-Ay^.cotga 1
C = Ayjß4-Aa:jB.cotgß
/)=Aaj^— Ay^.cotgß
und die Bestimmung der Coordinaten des Punktes P erfolgt aus :
yp^vu+^yp
Die Schlussprobe geschieht durch Berechnung der Azimute (PX), {PB\
(PM) und Ueberfiihrung derselben zu Richtungen mit (PM) als Nullstrahl,
wodurch die in Rechnung eingesetzten Richtungen zum Vorschein kommen
mUssen.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Vergleichung der Mecklenburgischen conformen Kegel-
projection mit der congruenten Soldner'schen Projection, von Vogeler. —
Bestimmung der Nähernngswerthe von Wurzeln aus numerischen Zahlen, von
Pull er. — Jährliche Kosten für Vermessung und Vermarkung in Württemberg,
von Steiff — Auflösung des einfachen Rückwärtseinschnitts mittelst Rechen-
maschine und numerisch-trigonometrischer Tafel, von Sossna. — Ein neues
geometrisches Problem, von Juri seh. — Gesetee und Verordnungen. — Personal-
nachriohten. — Vereinsangelegenheiten. — Briefkasten. — Neue Schriften Iher Ver-
messungswesen. — Riickwärtseinschnitt- Auflösung von Sossna.
Verlag von Eonrad Wittwer Stattgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
(3*)
-n 4
ZEfTSCHMFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, and O. Steppen»
Professor in Hannover Stener-Ratb in Mfincben.
■* — ^ -.
1896. Heft 10. Band XXV.
l&MaL
Ueber den Anschluss eines secundären Dreiecksneizes
an ein ttauptnetz;
von Dr. I». Krüger in Potsdam.
Wenn ein in sich aasgeglicbenes Dreiecksnetz mit einigen seiner
Pankte nachträglich an die entsprechenden Punkte eines anderen Netze»
angeschlossen werden soU^ so wird in manchen Fällen, namentlich bei
geringem Lagenunterschied der gleichnamigen Pankte, — an Stelle einer
Neuausgleichung unter Hinzuziehung der aus dem Anschluss herrührenden
Zwangsbedingungen, — ein kürzeres Verfahren genügen. Dies ist unter
Umständen um so mehr gerechtfertigt, als ja auch die Ausgleichung^
insofern sie die Lage der Anschlusspunkte des Hauptnetzes als unabänderlich
Yoraussetzt, keine strengen Werthe ergiebt. (Vergl. „Hauptdreiecke^
der Königl. Landestriangulation; YII. Theil S. 86.)
Das anzuschliessende Dreiecksnetz soll hier immer als daa secondare
bezeichnet werden.
Um zu einem Anschlussverfahren zu gelangen, kann man sieh der
Gauss'schen conformen Abbildung bedienen. Mittelst derselben werden
die Punkte des secundären Netzes auf das primäre Netz, die beide als
eben vorausgesetzt werden, derart übertragen, dass die gemeinschaftlichen
Pankte zusammenfallen. Von Oauss selbst ist eine Anleitung für ein
in diesem Falle einzuschlagendes Verfahren gegeben, indem er als die
einfachste, die Abbildung herstellende Function die Lagrange'sche Inter-
polationsformel bezeichnet.*) Von dieser ausgehend hat dann später
Professor v. Baur durch Trennung des Beeilen von dem Imaginären
für den Anschluss eines trigonometrischen Netzes an Fundamentalpunkte
*) Karl Friedrich Gauss Werke. Vierter Band. Allgemeine Auflösung der
Aufgabe, die Theile einer gegebenen Fläche auf einer andern gegebenen
Fläche so abzubilden« dass die Abbildung dem Abgebildeten in den kleinsten
Theüen ähnlich wird. S. 201.
ZeitBcbrift für Vermessimgswesen 1896. Heft 10. 19
$90 Krüger, lieber den Anschluss eines secundären
Formeln für- die Ree^inung abgeleitet.*) Ist, aber die Anzahl der An-
SQhlusspunkte grosS; so wird die üeberträgung sehr umständlich, so dass
man im Zweifel sein kann, Qb.nichJ; gleich eine Ausgleichung vorzuziehen
ist. Für 3 Anschlusspunkte sind von Herrn Professor Ch. Schols fQr
die conforme Ueb.ertragung bequeme Rechnungsvorschriften entwickelt
worden.**)
Im Folgenden sollen nun zunächst die Formeln abgeleitet werden,
die zur conformen Üeberträgung dienen, insbesondere diejenigen, welche
b^i 2, 3 und 4 Anschlusspunkteü anzuwenden sind. Es wird sodann za
weiteren Näherungen übergegangen, bei denen die Rechnung, auch bei
einer grösseren Anzahl von Anschlusspunkten, weniger umständlieh ist.
Diese Näherungsformeln haben ausserdem den Vortheil, angewendet werden
jsu.könpQU^ wenn dag secundäre Netz ganz ausserhalb der Anschluss-
punkte liegt. In diesem. Falle kann die conforme Üeberträgung — aus-
genommen natürlich bei 2 Anschlusspunkten — , dem Charakter der die
Abbildung vermittelnden Function als Interpolationsformel entsprechend,
nicht benutzt werden.
""■'■■ " ■■■ ■ I.
' I)3t der Lägenunterschied der beiden Netzen gemeinschaftlichen
Punkte gering, do genügt es, die Netze als eben vorauszusetzen. Man
käün jedoch auch annehmen, dass die Dreieckspünkte beider Netze
yöfhet' nach irgend einem Verfahren auf eine Ebene übertragen sind.
Das Secundärnetz und seine Abbildung werden wie auch die An-
s6Hlussfigür des Primärnetzes in derselben Ebenem auf ein rechtwinkliges
Cfjibrdinatensystem bezogen. Dem Uebergange von der positiven iP-Achse
zur positiven i/- Achse sollen wachsende Azimute entsprechen. Wenn
nun in der complexen Zahlengrösse z^x -{- iy die reelle Zahlengrösse a;
'als Abseisse und die reelle Zahlengrösse ^ als Ordinate angesehen wird,
so gehört zu der complexen Grösse z ein bestimmter Punkt P der Ebene
und umgekjehrt; Unter e ist ^ — 1 verstanden.
' Die Lagen der Punkte JP des secundären Netzes seien vor der
Abbildung' durch diiö complexen Grössen 2? = « -f"*y; »äcIi der Ab-
%)ildung durch z-\- ^ =x + 5 + * (y + tq) bezeichnet^ wobei der ab-
'solute Betrag von t = 1 C | = V 5* +'^1^ als ' eine kleine Grösse vor-
ausgesetzt wird.
,/ *) Mathematische und geodätische Abhandlungen von Dr. JG. W. v* Baur^
Professor a. d. Techn. Hochschule Stuttgart. Zum 70. Geburtstage des Ver-
fassers herausgegeben von seinen Schülern. Verschiebung eines trigonometrischen
"Netzes, S. 179— 185; oder Zeitschrift für Vermessungswesen, Jahrgang 1881,
S. 402-408.
' **) Ch. M. Schols. Over de aansluiting vaü een driishoeksnet van lagere
"erde aan een driehoeksnet van hoogere orde. Overgedrukt uit de Verslagen
•en Mededeelingeu" der Eoninklijk Akademie van Wetenschappen, Afdeeling
Natuurkunde, 2 de Reeks, Deel XVI. Amsterdam. 1881.
Dreieoksnetzes an ein Haaptnetz. ^S^l
Sollen das Secundäraetz and seine Abbildung in den kleinsten Theilen
ähnlich sein; so mass bekanntlich
z + f:=F{z),
folglich auch C eine Function von z, also
^^n^) (1)
sein.
Die n Anschlnsspunkte des primären Netzes: P^, P*,,,Pn* sollen
der Reihe nach durch die complexen Orössen ä^j -|"tp z^ +C2; • . Zn'\-Cn
bestimmt sein.
Die Abbildung der Dreieokspunkte des secnndären Netzes erfolgt nun
in der Weise^ dass seine entsprechenden Anschiusspankte : P^, P, . . Pn^
deren Lagen durch die complexen Orössen z^y z^, . . Zn gegeben sind;
mit den Punkten PJ", 1^, .. P«* zusammenfallen. Die Function l^ = f{z)
muss also so beschaffen sein^ dass für z^=z^j z^j , . . Zn der Reihe nach
(,=J^^,l^2y • ■ ^n wird. C muss daher mindestens n complexe Constanten
^0= ^0 + ^^0? c^ = a^ + ib^j . . c„_i = ttn-i + i6n-i besitzen, um
diesen Bedingungen genügen zu können.
Wählt man für C eine ganze rationale Function:
^ = Cq + C^Z + C^Z^ +... -i- Cn^i Z"*-^ y (2)
80 fahrt bekanntlich die Elimination der Constanten vermittelst der
Grenzbedingungen auf die Lagrange 'sehe Interpolationsformel. Die
an die complexe Orösse z, welche einen beliebigen Dreieckspunkt des
Secundärnetzes darstellt, infolge der Abbildung anzubringende Correction
ergiebt sich dann mithin ans der Formel
(Z'-Z^)(Z — Z^) .. (g — gn), , (;g — Z^){Z — ^3 ). .(g — Zn) ,
(^1 — 2^2) (2^1-^3) ••(^l-^~) {Z^—Z^){Z^'-Z^)..{Z^—Zn) *
, (Z — Z^){Z — Z^)..(Z — Zn^l) ^ (3)
{Zn — ^1) (^n —Z^). , (Zn — Zn-^i )
II.
Anschluss an zwei feste Punkte P\ und P\,
Die Fundamentalpunkte P* und P* werden durch z^ + d bezw.
z^ 4* Ct nnd die entsprechenden Punkte P^ und P, des anzuschliessenden
Netzes durch z^ und z^ dargestellt. * Ein beliebiger Punkt P des letz-
teren, dessen Lage vor dem Anschluss durch die complexe Grösse z
gegeben ist, ist nach dem Anschluss in die Lage P*, zu der die complexe
Grösse 2? + C gehört, übergegangen.
Die Correction X = £ + ^'V) ^^t zu bestimmen.
Als Abbildungsfunction wird
C = Co + c.^ (1)
angenommen. Aus den Bedingungen
Ci = Co + c, z^ und C2 =.^0 + Ci 2^2
folgt . c,= ^^~^i und c, = Ci — ^^"^^ ^,
2^2 -~- Z^ Z^ ^1
19*
9^ Krüger. I/^ljfiq: 4e)a A^cl49#§; ^}^^ ^^pundären
und damit C = C, + l'~l' {z - z,\ (2)
wie sich auch aas der Lagrange' sehen Interpolationsformel ergiebt.
Bringt man die Ol. (2) in die Form
(g + C) - {z, + Ct) ^ (^a + C^) - (^i + C J ^ .
80 schliesst man ans dieser^ dass
)^P\F\P'=^^ P.P.Puud P\P*:P,P=P\F;:P,P,,
also Dreieck P* P\ P* - Dreieck P^ P^ P ist
Das Bild des Seenndärnetzes ist mithin diesem ähnlich»
Ordnet man Ol. (2) nach Zy so wird
C = — ^1 Ca + gj Ct _|_ _^2.i:^^ ^ (3)
^J — ^1 ^2 — ^1
Man erhält hieraas eine einfachere Form, wenn man den Ooor-
dinatenanfang in einen beliebigen Pankt 0 der Seite P^ P^ = s legt
and die positive o;- Achse mit der Richtang OP^ zasammenfalleD lässt.
Sind die Entfeimangen des Panktes 0 von P^ and P^ bezw. s
und $"y so ist also z^ = + $" und 2?^ == — s', and daher
c= "' '^' + '" ^' + 4 «:» - ^i) (3*)
oder
5 + 'V, = y (5, + «Ti, ) + y (<i + »■»!.) 4- ^-^ (S,-5.+»(i,-il.))>
woraus durch Trennang des Reellen und Imaginären folgt:
Fällt der Punkt 0 mit dem Mittelpunkt der Seite P^ P, zusammen;
so gehen die constanten Oüeder der vorstehenden Oleichung in
-y^^a+S,) bezw. — (tjj+tqj) über.
Hat das Coordinatensystem irgend eine beliebige Lage, so ist statt
X und y zu setzen: {x — x^) cos 0-|-(y — y^) sin ft
bezw. — (x—Xq) sin ft + {y — y^) cos 0,
worin Xq, y^ die Coordinaten des Panktes 0 und ft das Azimut der
Seite P^ P, ist. Dadurch erhält man aus den Ol. (4)
^^ «VtiJh + j^ (a, _ X,) + a. (y-y,)
(5)
Dreiecksnetzes an ein Haaptnetz.
S93
■^i)
) (6)
wenn gesetzt ist
a, = lj(S,— 5,) cos ft+(Ti2-Ti,) sin »| = ^j(? -SiX^j
+ (^2 — ^i)(y2--yi)[
6^=-i{(Ti,-Ti,) cos 0-«,-?,) sin » 1=^1(^1, -Ti,)(x,—a;j)
— (5,-6i)(»2-yi)|
Rückt nun 0 in den Mittelpunkt der Seite P^.P^, so geht die Gl. (5)
über in
T| =-^{'n, +^j) + 6i (a:— a?m)+«i iy-y^)y
(5*)
wenn a?«., y« die Coordinaten des Mittelpunktes der Seite P, P, sind.
Fällt 0 mit P^ zusammen, so erhält man die Formeln von Baur.
Man gelangt noch zu andern Formeln vermittelst der 61. (2).
Es sei die Entfernung P^P=r und der ^ P^P^P^<^. Dann
ist also, da das Azimut der Seite P^ Pj gleich ^ und das Azimut der
Seite P P gleich 0 + ^ ist,
z — 2;^=re ^ ^^und 02 — «, =*«e .
e bedeutet die Basis der natürlichen Logarithmen.
Setzt man noch
oder Sa — ?i = «2 ®<^s «2 ^^^ ^2 ~^<i ~ ^2 ^^'^ «2>
80 folgt aus Gl. (2)
c-c,=
re*(» + ^) tt:
«e
i%
-.e^e
r ^»(O + cj)
8
Mithin ist
S — Si = ö, — cos (0 + sj)
1—1, =«2-7«™ (*4-«j)
III.
l
(7)
Anschluss an 3 feste Punkte Pj*, P^*, P3*.
Für z = z^, z^y «3 soll der Reihe nach C == Ci, Cj; C3 sein. Die
Lagrange'sche Interpolationsformel giebt alsdann:
r^(g— ^2) (g— ^s) r ■ (g— gl) (g— gg) ^ (g— gl) (g— ga) p 1 H)
(^i-ga) («1-^3) ^ (^2-^1) (^2-^3) ' (^3~^i) (^3-^2) ^'1 \
Nach dem Baur'schen Verfahren setzt man, wie auch allgemein
bei n Anschlusspunkten
gp gq ^q.p ^
* ft a.
q.p
)
(2)
S94
Krüger, lieber den Anachlass eines secnndären
wo r^die Entfernung P^P, <pk deren Azimut; sowie «q.p die Entfernung
Pq Pp und Oq.p das Azimut derselben bezeichnet.
Wird dann weiter für
?2+?3-»i».l-»8.1 = ^ P,P,P+ ^ P,P,P = <l>t
fi-{-9^-»i.2-h.2=^P,P,P+^P.P,P=^t } (3)
f.+f, -»24J-»2.S = ^ P,P,P+ 4- P,P,P= O3
geschrieben; so wird
c =
♦•5 »'s
e'*^'C. + -^^
^2.1 *8.1 ' ' *1.2 *8.2
Setzt man mit Baur nun noch
*L3 *2.3
(4)
sind),
"(p-i -nt + 8i £i) +— (»*2 12 + ^2 ^2) +— (»*3 ^3 + h y
"2 3
Fig. 1.
(5)
«2.i«3.i eosOj sin Ol* «1.2 «3.2 cosOj 8in02'«i.3«2.3 cosO,
so ergiebt sich aus 61. (4) durch Trennung des Reellen und Imaginären
ri ^2 '3
^=^i^2»-3J—
Wenn es genügt; die Daten
einer Karte zu entnehmen; so
wird man die Gleichung (4) noch
etwas umgestalten. Man fälle von
P die Höhen auf die drei An-
schlussseiten und drücke nun
cos O und sin O vermittelst der
Höhen und der von diesen auf
den drei Seiten hergestellten Ab-
schnitte aus. Für die neben-
stehende Figur 1 ist z. B.
R
also
b2 ^
^2^3 cos Ol = 5i Cj + Äj 7*3, r^ r^ sin O, = c^ Ä^ — h, h„
»•2^3^
= 61 C2 + Ä2 A3 + i (Cj Äj — 61 A3) u. s. w.
und daher:
*2.1 «3.1
i= +
'3$ I ^2 ^t + ^1 ^3 ^ I «1 ^2 + ^t ^2 g
C^ ^2 — ^1 ^3
*2.1 %1
«1.2 «3.2
<^2 ^3 ~ gl ^1
«1.2 «3.2
^2 —
«1.3 «2.3
^2 ^1 ^1 ^2
«1.3 «2.3
fiz
T^= I ^2^2 ~ ^1^3 g I ^2^3 — ^1^! g | ^2 ^1 — ^1 ^2 g
*2.1«3.1 ^ «1.2 «3.2 ^ «1.3 «2.3
VC2+ Äj A3 a^ C, -f h^ h.
^l4
+
a^ b^ 4" ^1 ^1
T^3
(6)
«2.1 «3.1 «1.2 «3.2 «1.3 «2.3
Den 61. (5) kann man noch eine etwas einfachere Gestalt geben.
Bringt man Ol. (1) in die Form
(^2 — ^l) (^2"~^3) (^3'~'^l)(^3 ^2) J
Dreieeksnetzes an ein Hauptnetz.
295
so ist infolge (2) and (3)^ wenn man aasserdem
t e,
^2 — £, = ^2 COS 62
nnd
^•3
<i=e,e
% %'
d. h.
'ij
sin e.
and
^1.2*3.2
setzt;
k.
S3— Sj =63 cos 8.
7)3—7), = 63 sin 63
= *,
5l.3 ^2.3
(8)
C
oder
J.=''J*.»-se'-<^» + '»^ + A:.r,e'<"^3 + .,)}
S — Sj = r, I A, r, COS (*j + tj) + 4, r, cos (O, + e,)} 1
(.
«J— 2(«l+2,) + 2
') . (10)
Fig. 2.
Tj— ,), = r, { ^2^3 sin (Oj + 62) + K ^2 wn (^3 + «3)} . / ^^^
Die Formeln (5), (6) and (9) haben den ücbelstand, dass fast die
ganze Rechnang für jeden einzdnen Pankt P wiederholt werden mass.
Ich gehe jetzt za einer karzen Darstellung der Schols'sohen Formeln
über.
Man denke sich das secandäre Netz bereits mit der Seite P^P^
an die entsprechende Seite P^*P^* des primären Netzes angeschlossen.
Dann ist d = Cj == 0 und daher
>^ (g— ^l) (g'-gg) r ^ ^3
(«3—^1) (^3—^2) ' (2^3 — ^1) (^3—^2)
Man erkennt sofort, dass der Ausdrack für C am einfachsten wird,
wenn der Coordinatenanfang
in die Mitte der Anschlussseite
P^P^ gelegt wird, denn für
diesen ist z^ -\- z^ = 0.
Es soll jedoch zunächst
über die Lage des Coordinaten-
systems keine besondere Voraas-
setzong gemacht werden.
Die Winkel und Seiten
des Anschlassdreiecks PjPjPg
werden durch cd^, cd,, CO3 bezw.
«„ «2> «3 bezeichnet (s. Fig. 2).
Ist dg das Azimut der Seite P^P^, so ist das Azimut von P{P^
gleich ^3 + a>i und das Azimut von P2P3 gleich dg — CD2 + 180°.
Die Lage der Mitte M von Pj P2 sei durch die Polarcoordinaten P3,
Q3 bestimmt.
Alsdann ist:
♦ (»3+U)i)
7 ^3
-2==:llß*^^3-«>2+1800)_ *-(»3-">2).
8^ e
S96 Krüger, lieber den AnsehliiBs eines Becnndären
und
tQ
Ist noch
^3=^3^*^^ o^ör £3=63 COB 83 und 1)3=63 sin e,,
^1 ^3^ 2 >^2 = ^3* '2
ft
^3 =«3«
«0 wird
^' ^ = — -fs-ß»(es-««>i+«»2-2»3)
wenn
6
3
«1*2
gesetzt wird. Damit wird
= *3 tt«d 83 — a>j + »j =t{;3 l (11)
oder
Setzt man
c. = o. + i6. = + SÄ;, Ä, e»(Q3 + 4'3 -2»a)
k«)
80 ist
a„ = - Ä;3 Bl cos (2 Q3 + .j,, _ 2 »,) + -^Ä, «3' co8<j.,
K = -k, Bl sin (2 Q, + ^3 _ 2 »3) + -^-^3 s* sin<{,3
a, = + 2 A, i?3 cos (Q3 + <;,3 - 2 Ö3) }(13)
b^ = + 2k^B^ sin (Q3 + <>3 - 2 O,)
«2 = — *3 «OS ("tä — 2 »3)
*j = - *, sin (t^3 - 2 Ö3),
und für Gl, (12) erhält man
C = c, + c, 2 + c, «' (14)
oder
woraus folgt:
5=ao +«,« — 6.y+a,(a;»-y»)_2ija;y I
(15)
Dreiecksnetzes an ein Hanptnetz. 297
Die Gleichangen (13) and (15) stimmen mit den Ol. (40), (39),
(38) und (17) bei Scbols, S. 39/40 and 17 a* a. 0., ttberein.
Liegt der Coordinatenanfang in der Mitte von P^ P^y so bat man
in Gl. (12) bezw. (13) R^ und Q, gleicb Null za setzen, wodurch a^ und
ij ganz versebwinden.
Man kann in Ol. (12) die Unbekannte z auch mit den Gonstanten
vereinigen, indem man z = ^e ' also z* =^ ^^ e setzt.
Sind Cs luid Ci nicbt Null, sondern
^^'=e^e *'* und ^^==^^6***, (Ö*)
so treten zu dem Ausdrucke für C; 01« (12), nocb 2 weitere Olieder
hinzu, die man dadurcb aus jenem erhält, dass man für den Index 3
die Indices 2 und 1 setzt. Bedient man sieb also zur Bestimmung
von % und t) der Ol. (15), so sind den Ausdrücken für die Constanten,
61. (13), nocb je 2 Olieder hinzuzufügen, die dadurcb gefunden werden,
dass in (13) der Index 3 der Reibe nach durch den Index 2 bezw. 1
ersetzt wird.
Hierbei ist
i2=— ^ k,=-^^ (8**)
«3 Sj Sj «3
und
^{/j = £2 — - a>3 + (Oj l'i = «1 — o>2 + «>3'
Unter b^ ist das Azimut der Seite P3 P^, unter &^ das Azimut
der Seite P^ P^ zu verstehen. iJ^, Q, und iJj, Q^ sind die Polar-
coordinaten der Mitte von P3 P^ bezw. Pj P3.
In diesem Falle werden nach Prof. Schols die Ausdrücke für die
Constanten am einfachsten, wenn der Coordinatenanfang in den Mittel-
punkt des dem Dreieck Pj P^ P3 umgeschriebenen Kreises gelegt wird,
dessen Radius r sei.
Dann ist
1
R^=^r cos a>3 = -^- S3 ctg 0)3 und 23=03 + 270*^
B^=r cos a>2 = -jr- s, ctg a>2 Qj = &j + 270
B^=r cos o}^ =—-8^ ctg a>i Qi = 0, + 270.
Die Ausdrücke für die Constanten lauten jetzt, da z. B.
A Ä^ cos (2 Q -f (}; — 2 ») = ^ i s^ ctg^ od cos f^
fe Ä^ sin (2 ß + d; — 2 ö) = ^ k s^ ctg' co sin 6
4
und
2 fe Ä cos (Q + ^j^ — 2 0) = + 2 Ä: r cos o) sin (tj^ — &)
2 fe Ä sin (Q + ^]^ — 2 &) = — 2 A r cos CO cos (tj; — 0)
S98 Krüger. Ueber den AnscbloBS eines secundären
wird,
«0 = ^^ { ^1 C08 ^^ + k^ cos tj^j 4" K ^^^ ^3
^0 = ^^ { K 81"' ^1 + *2 si» *2 + *3 8in ^3
a, = + 2 r {fe, cos cd^ sin {^^ — 8^) + k^ cos co^ sin (tj^j — öj)
+ ^3 cos (Ü3 sin (^3 — O3)}
6j = — 2r {Ä^i cosa)^ co8(t};j — 8j) + k^ costOj cos(^j^j — *«)
+ k^ cos 0)3 cos ('{^3 — 83) I
«2 = — {*i <508 (^, — 2 &i) + *2 <508 (^2 - 2 82) + K «öS (t>3 —2 83) }
h = - {*! 8i» (^1 — 2 &i) + A^2 sin O^., - 2 8,) . + Ä;3 sin (ij>3 - 2 83) }
In den Gl. (14) und (15) lassen sich noch die Glieder erster
Dimension durch eine Verschiebung des Coordinatensystems fortschaffen.
Setzt man x = Xq'\'Uj y = y^ -|- t? , also z^=z^ +w, so geht Gl, (14)
über in:
^ = c^ + c,Zq + c^zI + {c^ + 2c^z^)w + c^wK
Bestimmt man z^ aus der Gleichung c^ + 2 C2 2^0 = ^; *^so
Zt, = r^ —j so Wird
1 c^
(16)
oder
5 = öq + ötj (w^ — v^) — 2h, UV
r^ = h^ -f- 6^ (w^ — v^) + 2 a, u v.
Wird nun
c^=^le , also ttj = ; cos X und 6, = Z sin X
und c, = me ^ , „ a^ = m cos ji und b^ = m sin [jl
gesetzt, so ergiebt sich:
(17)
(18)
z,
l .(X.-p.) ^ , 1 Z^ t(2X-jiL)
— e ^ ^^ und c. = Cn : e
'2m ' ' 4: m
oder
l 1 P
Xq = ^r — COS (k — a) a' =a. cos (2 X — u.)
l 1 72 ^^^^
^0 = -- -J^ s^° (>^ - f^) 6'o = 60 — -^ -^ sin (2 ^ — fx).
Die Gleichungen (16) bis (19) stimmen mit den Gl. (43) bis (49) bei
Schols a. a. 0. überein.
IV
Anschluss an 4 feste Punkte P^* P^* P3* P/.
Für z = z^ muss (;=Ci = «j ^*^^ = ^i (cos e, + isine^)
= ^3 ^ ^3 = ^3 ^* '' = ^3 (cos £3 + i sin £3)
- •
= ^A. =^4=^4^*^* = «4 (cos 84 + f sin e J
sein.
Dreiecksnetzes an ein Hauptnetz.
299
Es werde zunächst dasjenige Olled der Lagrange*8chen Interpolations-
formel entwickelt, welches von der Abweichung des Punktes P^ vom
Punkte P* herrührt, nämlich
C=
(g — g,) (z — z^) (z — z,)
{z, — gj) (z, — z^) {z, — g,)
C.
gj gg g^ + (^2 ^3 "T ^2 ^4 ■^' ^3 ^4) ^
(^l-^,)(«i-^3)(^i-^4) l ■"'"'* ' '"''' ' "' * ' "' (1)
— (^2+^3 +^4)^' + ^'}
Der Coordinatenanfang möge in den Schnittpunkt D der Diagonalen
Pj P3 und Pj P^ der Anschlussfigur Pj Pj P3 P^ gelegt werden.
Das Azimut von Pj P3 sei Oj, das von P2P4 sei ftj. Ferner sei
DP, =d,, DP, = d,, DP,=d,, DP, = d, und P,P, = s^,2,
P2 Ps = «2.3; ^. S. W.
^P,P,P3 = a,, ^P3P,P, = ß„ ^P,P,P,=^,, ^AP4^. = 8l
^A^t^4=«2; tP.P2Pi=92^ tP.P.P.-^V ^P.P.Pz=-^.
Siehe Fig. 3.
Fig. 3.
Die Ooordinaten der Anschlnsspunkte Pj, P„ Pj, P^ sind :
'2 ^^2
^3=^3«
f»2
(2)
2^4 = ^4 ^
Da das Azimut der Seite P, Pi == ^2 H" ßu ^*^ ^®^ S®^*®
P3 P, = »4 + 180° und das der Seite P, P^ = »^ + 180° — S^ ist, so wird
gj 2?2 ^2.1 ^
»(»1 + 1800) »»1
^ _, *-(»2 + 1800-M __ t-(»2-5J
mithin
300 Krüger, lieber den AnschlasB eines secundären
1 — * e
{z^ — z^) {z^ — z^) {z^ — z^) S2.1 S3.1 s (3)
wenn
1
= Ä, und e, - ß, + 8, = «Fj (4)
^2.1 ^3.1 ^4.1
gesetzt wird.
Nach (2) ist weiter
^2 ^3 ^4 = - ^2 <^3 ^4 « * ^^' "^^ ^^»
wobei flir — d^ + d^ = Ä geschrieben ist.
Mit diesen Werthen and mit Berücksichtigung von (3) ergiebt sich
Jetzt aus Ol. (1):
-d, d,e**"0«-k «*'*'+ A«*'*0 2'+«'}
C^ + i. rf. d, d, e ♦•^« + Ä., (d, Äe»("^»-»^^-rf,rf,^'('^«-»*)).
Wird nun
c,==a, + ih, = Ä., (d, h e*("^' -»') - d, d, e»('^«-»'>)
c, = «, + ii, = _ Ä., id, e*("^'-**') +Ae'('^«-»--»'))
gesetzt^ so wird
% = 4j dj ^3 d^ cos ^^j
«1 = *i (^3 * cos (9^^ — Oj) — d, d, cos («^, — &,))
«2 = - *^i (^3 cos (q^, - 2 »,) + Ä cos (q^, - », - 0,)) (^)
«3 = i, cos {^\ —0^—2 »2).
Tritt an Stelle des Cosinus der Sinus^ so erhält man entsprechend i^,
*i>*2;*3-
Für Gl. (5) ergiebt sich damit:
i: = c, + c,z + c,z^ + c,z' (7)
oder
£ + i7|=a, +i6, + {a, + a^) (aj+f y) + (a^ + ih^) {x" — y' + 2t a:y)
+ («3 + f 63) (aj' - 3 a;y* + f (3a?*y-y^))
und hieraus durch Trennung des Reellen und Imaginären:
£ = ao +aja?~5jy + 0^(0;* - y') - 26^ a;y + ag (a?^ — 3a?y*)
, , -&3(3^^y-y')(8)
7| = 6o + 6i^ + aiy + 62(^'~y') + 2a,a;y + 63(a?^ — 3a?y^)^^
+ a3(3a?^y~y»).
Setst man o? as p cos 6 y s p sin 6
x' = p* cos 2 9 y' = p2 sin 2 9 (9)
x"= p^ cos 3 9 y"= p' sin 3 9,
80 lässt sich für (8) auch schreiben
i = a, + a,x—b,y + a'^x~ b^ y' + a^ a?" — 6, y"
T) = 6, + 6, 0? + a, y + 6, a?' + a^ y + 63 o:" + a, y\ (1^)
Aus der GL (5), die da^wige GUad iba. ■Hfeumfiinfin Auadraeka
ftr C darstellt^ welches von der Abweichung der Punkte P, und P*
herrührt; lassen sich nun leicht die übrigen 3 Glieder hersteUeu,
welche P, mit Pj*, P3 mit P,* und P^ mit P^* in Uebereinstimmung
hringen. Vertauscht man die Indices 1 und 2, 3 und 4^ wodurch
unter anderem — d^ + d^ =s A in — d^ + d^^ =r^ übergeht^ so
ergiebt sich aus Gl. (5) das Glied, welches die Uebereinstimmung
der Punkte P^undP,* herstellt Ersetzt man in Gl. (5) e^ und d,
durch 180* + 0^^ bezw. 180^ + %^ und vertauscht in k^ ^ und d die
Indices 1 und 3, 2 und 4, wodurch — h aus h wird^ so findet man
das Glied, durch welches P3 nach P/^ verschoben wird. Endlich erhillt
man aus Gl. (5) dasjenige Glied, welches die Verschiebung von P^ nach
P^ bewirkt, dadurch^ dass man für d^ und &, bezw. 180^ + &, und
180^ -{- 0^ schreibt und in ky W und d die Indices 1 mit 4 und 2 mit 3
vertauscht; wodurch sich A in — g verwandelt. Hierbei ist unter
W^ = 82 — Ta + «1
h =
^2
ÄJj =»
^1.» ^8.2 Ä4.2
I. — _
«3
«^3
«1.3 «2.3 «4^
h
«4
<r, =. 83 - 6, + p, • (4.)
«1.4 «2.4 «3.4
ZU verstehen.
Benutzt man daher zur Berechnung der Correctionen £ und y),
welche an die Coordinaten x, y eines Punktes P infolge des Anschlusses
an die 4 festen Punkte anzubringen sind, die Gl. (8) oder die Gl. (10), so
haben darin die Constanten die nachstehende Bedeutung, wie aus den
Ol. (6) folgt, wenn die angegebenen Vertauschungen vorgenommen werden.
a, =d, d, d, d, j-^ cos »F, + -^ cos 'F, + 4- co8»F, + ^i cos W, l
«i =<is d, [- A, eos («r , - »,) + *, cos (*'3 - 0. )]
+ d, d, [- i, cos (T, — &,) + *, cos (<P, - &,)]
+ A [k, d, cos («P, - »,) + &3 d, cos (V3 - »,)]
+ g [k, d, cos («Fj — »,) + i« d, cos {W, — »,)]
a, = — Ä!^ [d, cos («•, — 2 &,) + A cos (<P, — »i — ö,)] (6»)
- Ä:, [d, cos (»F, - 2 d,) + jr cos (»T, — », - »,)]
— fc, [d, eo»(V, _ 2»,) — Ä «08 («F3 — ». — «,)]
- k, [d, CO» (V, - 2 »,) - g cos (V, - », — »,)]
0, =4, cos («", — », — 2 »,) + i, cos (V, — 2 », — »,)
- i, cos (9i"3 — &, —2 »,) - A, cos i'¥^ — 2 ft, — ft,).
302 Krüger. Heber den Anschluss eines seenudären
Wird der Cosinus durch den Sinns ersetzt, so erhält man der Reihe
nach b^j b^, h^y 63.
In dem Ausdruck für C; Crl. (7); und dementsprechend in den
Formeln für Sund iq, OL (8) oder Gl. (10); lassen sich noch durch Ver-
schiebung des Coordinatensystems die Glieder zweiter Dimension zum
Verschwinden bringen.
Setzt man
z=:z^-\'W und dementsprechend a? = as^ + t«; y = y^-|-t?, (11)
so wird zunächst aus Gl. (7)
C == Co -f.Ci 00 -f ^2 ^J + C3 2JJ + (c, + 2 c, 2^0 + 3 C3 zl) w
+ (Cj + 3 C3 2?o) w^ + C3 f^^
Mit
« •
_ 1 <'»
'3
geht diese Gleichung über in
C = Co + c; m; + C3 f^^ (12)
worin
<^c,--'-^^.
3 c, "^27 c *
' J_ ^ ' "t "2 I •" "2
.3 - ■ "j
1 cj
C, =.Cj—
ist. Wird non
3 c.
* ^
c^ = le also a^ = Z cos \ y &^ £= Z sin X
Cj =7W6 ^ Oj = m cos p. , &2 = m sin p. (13)
♦ V
C3 = ne a^= n cos v , 6^=71 sin
V
gesetzt; so ergiebt sich
Im »(P' — v)
2; = e
• 3 n
._ 1 Zw »•(^ + (*-v) 2 «»' .-(att — 2v)
, Im} »(2fx— v)
<5i — <?i -YV"*
woraus folgt:
Im 1 w . , \
aJo = — y — cos (p.-v) 2/0 = — -3- — «n Ox — v)
/ 1 Zw ,, , N . 2 w^ ' ^ ^ ^
«0 =«0- y— <508(X+jl.-~v)+-^— ^COB(3p.~2v)
60 = *o— -3-— 8m(X+jx-v)+-2y^Bin(3|x — 2v)
(U)
aj =a, — _ — cos(2p.-v) h, =h,- y — am (2 ji. - v).
An die Stelle von Gl. (8) bezw. Gl. (10) treten jetzt die Gleichangen
g = ao' + a^u — 6/ V + a^ («^ — 3 uv^) — b^ (3 u^t; — t?«)l
T) = 5o' + */^ + 0/ «^ 4- *3 (^^ — 3 w^) + 03 (3 tt*V — t?^)| (^^^
Dreiecksnetzes an ein Hauptnetz. 303
oder mit der Substitution
t/ = p cos 6 v = p sin 6
t£"== p^ cos 3 6 v"=^ p' sin 3 6,
S =za^..-\' a^ u — &/ v + «3 w" — 63 v"
T) = 6/ + 6/ w + a/ V + *3 ^" + «3 ^"•
Anstatt die 4 AnscMusspunkte des Becundären Netzes durch eine
Abbildung mit d«n entsprechenden Punkten des primären Netzes zur
Deckung zu bringen^ ist es in manchen Fällen vielleicht bequemer;
wenn man die üebertragung mehrere Male wiederholt und zwar
derart; dass man zuerst an 2 Punkte anschliesst; dann die dritten
Punkte und hierauf die vierten Punkte zur Uebereinstimmung bringt.
Man hat es nämlich ahsdann in der Hand; durch die Wahl des Coordi-
natensystems die einfachsten Formeln anwenden zu können. Ist z. B.
bereits an die beiden Punkte PJ und PJ angeschlossen; so erhält
man zur Herstellung der uebereinstimmung der dritten Punkte P^ und
F\ die einfachsten Formeln, wenn man den Ooordinatenanfang in, die
Mitte der Seite P^P^ legt.
Dass man durch wiederholte Abbildungen; bei denen jedesmal nur
ein Anschlusspunkt des sccundären Netzes mit dem entsprechenden des
Hauptnetzes in uebereinstimmung gebracht wird; zu demselben Ergebniss
gelangt — vorausgesetzt; dass man die zweiten Potenzen der Lagen-
antersehiede gleichnamiger Punkte vernachlässigen kann — ; wie durch
eine Abbildung; bei welcher auf einmal sämmtliche Anschlusspunkte zur
Deckung kommen, ergiebt sich aus Folgendem.
Das secundäre Netz sei an die Punkte P[ und P\ angeschlossen.
Wird nun durch eine Abbildung zunächst P, mit P^ in Ueberein-
stimmung gebracht; so geht die zu einem beliebigen Punkt P gehörige
Coordinate z in «'=« + ;' über; wo nach Gl. (3) unter I
._(g--g,)(g--g,)-
Der Anschlusspunkt P^ ist durch diese Abbildung nach P^ ge-
(z ml )(z r* \
kommen, dessen Lage durch z/ = z. 4-—^ ^r^ ^-C, bestimmt ist.
Der Lagenunterschied von P^' und P^*, zu dem die complexe
Grösse z^ + C, gehört; ist mithin jetzt: c^ — i^i-IlMp-ZlJ?^ j^.
Bringt man durch eine neue Abbildung P/ mit P* zur Deckung;
80 beträgt die Correction der zum Punkte P' gehörigen Coordinate z
nach I, GL (3) :
r r= ^^ ~" ^^'^ ^^ "" ^^^ ^^ ~ ^3') (r (^4— ^t) (^4—^2) r. \
Hierbei ist z
. B.: z-z;=^{z-z,) (1 -'-^^f)-
S04
KrUger. Ueber den Anschluss eines secnndären
Kann man aber, wie voransgesetzt ist, die zweiten Potenzen der
Lagennnterschiede vemachlässigen, so darf man in der vorstehenden Gl.
fg — g^ fg — 2j ) fg — g ^
anstatt des Ansdmekes vor der Klammer j ^- ^^-^ i-
setzen.
Die Gesammtverachiebiing, welche die znm Punkte P gehörige
complexe Grösse z durch beide Abbildungen erfthrt, ist mithin
c' + r =
(z—z,) (Z—Z^) {z—Z:,) r {Z-Z,){Z-Z^)iZ-Z^)
(«,— «,)(ä, — 0j)(2?,— 2:3) "* («3— «iX^s—^j) (^4— ^3)
, ■ (g-g,)(g~ga) ^
^z
(^3— «^1) (^3—^3)
^ {z-^z,){z-'Z^){Z'-z^) (z—z^) (z—z^) (z—z,) ^
(2^4— «1) («4-^2) («4 -«^3) * («3—^1) («3— «2) («3—^4) ^'''
Das ist aber derselbe Werth, den die Interpolationsformel ergiebt,
wenn durch eine Abbildung auf einmal P, mit P3* und P^ mit P*
in üebereinstimmung gebracht werden.
In der angegebenen Weise lässt sich fortfahren.
Nimmt man jetzt an, es seien bereits die 3 Punkte P^, P^y P^ mit
den entsprechenden P*^ P*^ P^* zur Deckung gebracht, so ist
und
j ^ (z—z,) (z—z^) jz—z^) ^
(2^4 —«^1) («4—^2) («4—^3) *
= (..-..) (.,-.,) (z,-z,){- ^- ^' ^» + <"' ^» + ^' ^' + ^» ^»)^
— («1 +2, +«»)2'+«*V
(16)
Dreiecksnetzes an ein Hanptnetz. . ^05
Le^ man den Cootdinatenanfang in den Schwetponkt /S des An-
schlossdreiecks P^ P^P^y so ist
3 1
z^+z^+z^=0 und z,z^ + z^z^ +^2^3 = — "4-^1* "T^^^ ""^2^^*
Die positive x-Achse möge mit der Richtung SP^ zusammenfallen^
und es sei SP, = t,, SP^ = <„ SP^ = «3 ; ^ P^SP^ = T3, ^ P^SP^
=sT„ ^P^SP^==r^. Das Azimut der Swte P^P^ seid, femer
lP,P,P, = a, ^P,P,P,=?, ^P.P.P, = h «^d :^P,P3P,=7.
Die Entfernung zweier Punkte wird durch 8 bezeichnet (s. Fig. 4).
Nun ist
Z, ^1 Z^ t^e Z^ tj 6 "^^3 ö ;
wobei •
2 1 2 1
^1 = -Q- (*1.2 + «1.3 ö" *2.3)> ^2 ^^ "q" (*21 "t" «2.3 ö" **-l )> . •
2 1
^8*= "gp(*8.1+*3.2 2^*1-2)
nnd
COS T, = — ^ ' / , =^ U. S. W. ist.
Femer hat man
♦ (^ + a)
^4— ^1 — «1.4«
Z^ — 2^2 =«2.4^ »2.4 ß
Z
z
4 — ^3=^*8.4* r «3.40
_. _, «•(» + 180«-?) ,,.e»(»-ß)
Wenn für f ^ = «^ e * eingesetzt wird, so erhält man
(^4—^1) (^4—^2) (^4—^3) *1.4 «2.4 «3.4
WO
— -^i-— =A, und 9 = .,4-ß + ß, +7-« (17)
«1.4 «2.4 «3.4
ist. Mit den angegebenen Werthen ergiebt sich aus Gl. (16):
*(9-3d)f »(T3-X2) 7 3^2^1 2 *(2{}-2P)\ 1
C = -&,e j— ^Ms« -(-^1 +-j-«2.3e j^^+^n
oder
!;= + <i«2^3*4ß + (t^I *4 « +-4-«2.3Ä;4e j^f
_^^^»(^^3»)^3. (18)
Setzt man die Coefficienten dieses Ausdrucks gleich c^^=^a^ + ih^
^1 = «1 + **i? ^3 = «3 + ^'^3/ sö 18*
Zeitsclurift für Yermessungswesen 1896. Heft 10. 20
und
oder
306 Krüger, üeber den AnschliiBS eines secondären DreieckBnetzes etc.
*0 = ^ ^ ^3 *4 «° (? + T3 — Tj — 3 »)
a^= — k^ C08 (<p — 3 ft)
6^ = — Jk . sin (9 - 3 »)
3 1, (1^)
«1 = J- ^? «8 + X*^** ** COS (9 — 2 ß — ft)
b,= ^t',b, +-L4^A:,sin (9_2p-ft)
C = Co + c, 0 + C3 «3
E = »0 + a^ 05 — 6j y + a3 (a?^ — 3 »2 y) — ftj (3 a?2 y — y»)
Führt man für x und y die Polarcoordinaten p und 6 ein durch
die 61.
z = pe'^' + ^\ (21)
_ y
ku \u -j- \JJ
erhalten :
— k o3 »'(T+se)
woraus durch Trennung des Reellen und Imaginären folgt:
^A, p{3^5co8(9— 2&+e) + 48C08(9 — 2ß+e)}
wo also tan (ft + 9) =— ^und p = -j- \/^x^ + y* ist, so wird aus 61. (18)
(22)
— k^ p^ cos ((p + 3 e)
7] = &o + -^*^4 P { 3 ^J sin (9 - 2 ft + e)+si.3 8m(<p— 2 ß + 0)}
— A.p' sin (9+3 0)
V.
Anschluss an n feste Punkte.
Das im Vorhergehenden benutzte Verfahren lässt sich auch bei
weiteren Anschlusspunkten anwenden, aber mit jedem neuen Anschloss-
punkte wird die Berechnung der Oonstanten, sowie auch die der Aus-
drücke für Z und 7] selbst umständlicher.
Wenn es genügt, Entfernungen und Winkel unmittelbar einer Karte
zu entnehmen, dürften die allgemeinen Bäurischen Formeln, vergl. Ill
Gl. 5, oder die Modification derselben, III Gl. (9), nachdem diese auf n
Anschlusspunkte ausgedehnt sind, vorzuziehen sein. Um zur Verall-
gemeinerung der letzteren Gleichungen zu gelangen, bringe man die
Lagrange*sche Interpolationsformel in die Form:
t» » (^ ^1 ) (^ ^3 ) ' » » (^ ^n) ^- r ^ -1- I
(g — g,)(g — g;)...(g — gn-l) ,. -.^ ^'
"^ (Z„ — Z^) {Z„ —Zi).. iZn — g„-l) " ^' '
Koll. YorbedlDgangeii für den Eintritt in den Landmessercarsos. 307
die einer Verschiebung des Secnndärnetases um Ci entspricht.
diese Verschiebung bleiben z — Zh und Zp — Zq ungeändert.
Setzt man wieder wie frtther
ft A
Zn "■" Zn — ^ ^aJÜ ^
Durch
z — Zk=^rice ^*
'p
q,p
und
ferner
?J + ?3 +..+ 9« — (»2.1 + »3.1 + •. + »«.l) =
• • •
• • ■ *
^PnP,P+PnP,P + ..+ PnPn-lP=^n\
Ea f 1 = ^2 <508 Cj, . . . , £n — Sj = ^n COS e„
Kjj — 7|j = CjSinej, . . . , t)« — tQj =^„sin e«
«owie
~^ "'s? • • • • >
e„
^1^ ^3.2 • . SnJi *' Äi.n S2.n . . Sn— i.n
SO wird der 61. (9) unter UI entsprechend
— — Kfi f
i,_,,, = r,r, ..r."51-i^8in («D^ + ,j^)
\=i''>^
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(Fortsetzung folgt.)
Vorbedingungen fOr den Eintritt in den Landmesser-
cursus.
Die bisher auf Grund der abändernden Bestimmungen vom 12. Juni
1893 zur Landmesserprtlfungsordnung vom 4. September 1882 zur Vor-
lage gelangten Zeugnisse über die praktische Beschäftigung der Land-
messereleven und die zugehörigen Probearbeiten haben nur mit wenigen
Ausnahmen unbeanstandet angenommen werden können und viele Arbeiten
haben ganz zurückgewiesen werden müssen, wodurch die Eleven ein»
Ja in mehreren Fällen, wo auch die erhobenen wesentlichen Anstände
nicht einmal richtig erledigt sind, sogar zwei Semester ihrer Studienzeit
verloren haben. Es ist das für die Betroffenen oft um so härter, als
sie vielfach am wenigsten Schuld an diesem Verluste sind. Deshalb
sollen im Folgenden die Vorbedingungen für den Eintritt in den Land-
20*
808 KoU. VorbediQgangen für den Eintritt in den LandmeMercnrsnB.
messercurBiift *) mit den nöthigen Erläatemngen noehmats' voUstftndig
zusammengestellt werden.
§ 1. Wer als Studirender der Geodäsie und Kulturteehhik sich
fttr die LapdmesserprUfnng vorbereiten will, hatbei seiner per-
sönlichen Meldung zur Aufnahme in den LandmessercursuB
an der Li^ndwirthschaftlichen Hochschule in Berlin oder der Landwirth-
schaftlich^n Akademie in Poppeisdorf vorzulegen:
1) das Zengniss über einen mindestens siebenjährigen erfolgreichen
Besuch einer preusstochen höheren Schule oder . einer gleichwerthigen
Schule (§ 2),
2) das Zengniss eines oder mehrerer in Preussen geprüfter jLand-
messer über eine einjährige ausschliesslich praktische Beschäftigung bei
Yermessungs^: und Nivellementsarbeiten (§ 3),
3) die während dieser Beschäftigung anzufertigenden im §4, JS^r. 2
bezeichneten Probearbeiten^
4) ein Zengniss der Ortspolizeibehörde seines letzten Aufenthalts-
ortes über seine Unbescholtenheit.**)
§ 2. 1) Das vorzulegende Schulzeugniss muss die £rf1illung einee
siebenjährigeo Lehrganges einer preussischen höheren Lehranstalt and
demgemäss nachweisen:
a. die erlangte Reife zur Versetzung in die Prima eines
Gymnasiums; eines Realgymnasiums oder einer Ober-Realschule mit
neunjährigem Lehrgange, oder
b. statt dessen
aa. die! nach Abschluss der üntersecunda einer neunstufigen höheren
Lehranstalt bestandene Prüfung^ oder die bestandene Reife-
prüfung an einer Realschule^ bezw. einer gymnasialen oder
realistischen Lehranstalt mit sechsjährigem Lehrgange,
bb. sowie ausserdem den einjährigen erfolgreichen Besuch einer
, anerkannten mittleren Fachschule.*^*)
2) Ausser den Zeugnissen von preussischen Lehranstalten werden
auch Zeugnisse von anderen deutschen gleichwerthigen Anstalten
angenommen. Es unterliegt aber in jedem einzelnen Falle der
*) Ditese Bedingungen gelten auch fttr nichtpreussische Deutsche^
die in Preassein die Befähigung zum Landmesser erwerben wollen. Das Gleiche
gilt für Nichtdeutsche, vorbehaltlich der nach den Umständen jedes ein-
zelnen Falles von der Ober-Prüfungscommission für Landmesser zu treffenden
besonderen Bestimmung.
**) Alle die angeführten Zeugnisse sind nicht stempelpfltehtig.
***) Solche mittleren Facbschulen bestehen zur Zeit inV^bindnng mit doQ
Realschulen (Gewerbeschulen) in. Aachen, Barmen und Hagen, sowie mit den
Ober-Realschulen in Breslau und Gleiwitz, endlich in Dortmund, wo die Fach-
schule eine Abtbeilung der Königlichen Maschinen -Bauschule bildet mit der
Bezeichnung Königliche technische Mittelschule für Maschinenbau (Erl. ä. Fin.-
Min. etc. v. 23. 8. 93.)
KoU. Vorbediogangeii fUr den Eintritt in den Landmeasercarsos« 309
Entsoheidttng de« Ministers der geistlichen^ Unterrichte- und Medißinal-
aDgelegenheiten, ob ein von einer nichtpreussiscben Lehransjtalt aiu-
gestelltes Zeagniss als genügend anerkannt werden kann. £s empfiebjilf
sich deshalb zur Vermeidung von erheblichen Nachth^ilen, jedes Zeagnisa
von einer nichtpreussischen Lehranstalt rechtzeitigvor demEintritt
in den Landmessercnrsus dem bezeichneten Ministeriam zar Ent-
scheidung vorzulegen.
3) Officiere des stehenden Heeres sind von der Beibringung eines
Zeugnisses über den erlangten Orad der Schulwissen schaftlichen Bildung
entbunden und haben sich nur durch Einreichung des ihnen er-
theilten Officierpatetites über ihre persönlichen Verhältnisse auszuweisen.
§ 3. 1) Durch das im § 1^ Nr. 2 angeführte Zeugniss über eine
einjährige praktische Besehäftignng mit Vermessungs- und Nivellements-
arbeiten und durch die im § 1, Nr. 3 erwähnten Probearbeiten soll
eine für die Betheiligang am geodätischen Unterricht genügende praktische
Vorbildung nachgewiesen werden. Es muss daher die praktische
Beschäftigung dem geodätischen Studium in ihrem vollen Umfange vor-
angehen und das darüber ausgestellte Zeagniss unbedingt sogleich
bei der Meldung zum Eintritt in das Studium vorgelegt
werden.
2) Es wird eine einjährige „ausschliessliche^ Beschäftigung
mit Vermessungs- und Nivellementsarbeiten gefordert. Eine Beschäftigung,
die sich während einer in der Hauptsache auf andere Dinge gerichteten
Thätigkeit nur nebenher auch auf Vermessungs- und Nivellements-
arbeiten erstreckt hat, ist nicht anrechnungsfähig. *)
3) Es können auch Zeugnisse von nichtpreussischen Landmessern
zugelassen werden. Diese Zeugnisse müssen aber immer den in Nr. 6
(s. u.) bezeichneten Anforderungen entsprechen. Darüber, ob und mit
welcher Zeitdauer die praktische Beschäftigung bei nichtpreussischen
Landmessern anrechnungsfähig ist, entscheidet in jedem einzelnen Falle
die Königliche Ober-Prüfungscommission für Landmesser in Berlin, und
zwar erst dann, wenn der Zeugnissinhaber bei der Theilnahme an dem
geodätischen Unterricht gezeigt hat, in welchem Umfange seine praktische
Vorbildung genügt. Deshalb sind die von nichtpreussischen Landmessern
ausgestellten Zeugnisse über praktische Ausbildung mit sämmtlichen
praktischen Probearbeiten der Eleven am zweckmässigsten am Ende
des ersten Studienjahres der Königlichen Prüfungscommission
^ür Landmesser in Berlin oder Poppeisdorf zur Einholung der vor-
geschriebenen Entscheidung der Königlichen Ober-Prüfungscommission
vorzulegen.
*) Dies gilt besonders auch für Baumeister, Bauführer, Forstassessoren
und Forstreferendare, die die formelle Befähigung zum Landmesser erwerben
wollen.
SIQ Koll. Yorbedinganfi^en für den Eintritt in den Landmessercorsas.
4) Zeugnisse von Personen, die nicht Landmesser sind, werden
nicht zugelassen y auch wenn die Personen von Behörden und
Corporationen angestellt sind und in ihrer Dienststellung Vermessungs-
arbeiten auszuführen oder zu leiten haben.
5) Ausnahmsweise kann eine praktische Beschäftigung von elf
Monaten als genügend angesehen werden, wenn nachgewiesen wird, dass
die Erfüllung der vollen einjährigen Zeitdauer durch besondere Um-
stände verhindert wurde. Die Entscheidung über solche Ausnahmen
steht der Königlichen Prüfungscommission für Landmesser zu.
6) In dem Zeugnisse über die praktische Beschäftigung müssen
enthalten sein:
a. die Angaben über den Tag des Beginnes und des Endes, sowie
über die Dauer der Beschäftigung,
b. die nähere Bezeichnung der ausgeführten Arbeiten unter Angabe
ihres ümfanges, und zwar die Vermessungen, Eartirungen und
Flächenberechnungen in Hectaren, die Nivellements in Metern, in-
soweit diese Arbeiten über den Umfang der von dem Oandidaten
zu liefernden Probearbeiten (§ 4) hinausgehen,
c. die Bezeichnung der dabei gebrauchten Instrumente,
d. die Angabe, ob der Aussteller des Zeugnisses die Eigenschaft; als
preussischer Landmesser (Feldmesser) besitzt oder in einem anderen
Staate eine ähnliche Eigenschaft erworben hat, unter Beifügung
des Ausfertigungstages der darüber ihm ertheilten Urkunde. Diese
Angabe ist von jedem Aussteller eines Zeugnisses zu machen,
einerlei ob er Oberlandmesser^ Katastercontroleur, Privatlandmesser
oder was immer ist.
7) Zur Vermeidung von Weiterungen empfiehlt es sich, das Zeugniss
nach dem folgenden Muster, worin die Beispiele mit Cursivschrift gedruckt
sind, auszustellen:
Z eugniss
über die praktische Beschäftigung mit Vermessungen und Nivellirungen
für den Landmesserzögling
Arnold Johann Schtdze,
geboren in Gdbwasser am 25, September 1874 ausgestellt gemäss § 5,
Nr. 4 und § 7 der preussischen Landmesserprüfungsordnung vom
4. September 1882 ^ ^ ^
TTT^ — . ^^r^^ durch den
12. Juni 1893
Kat<x8tercontroleur Heinrich Adolf Müller in Bu>chhain,
Preussischer Landmesser laut Bestallungsurkunde vom 27. Juli 1888.
Koll. Yorbedingungeii für den Eintritt in den LandmesBercorsos. 311
Der obengenannte Landmesserzögling ist unter meiner Leitung in
der Zeit
vom 2. October 1892 bis 15. Juli 1893,
vom 16. October 1893 bis 1. April 1894
und vom bis
also im Ganzen während einer Zeitdauer von 1 Jahre 2 Monaten
29 Tagen ansschli esslich mit Vermessnngs- und Nivellementsarbeiten
beschäftigt gewesen.
Während dieser Zeit hat der Geoannte ausser den in § 8 der
Landmesserprtlfungsordnung bezeichneten von mir besonders bescheinigten
Probearbeiten — folgende Arbeiten unter Anwendung der dabei be-
zeichneten Instrumente ausgeführt:
1) Stuckvermessung von etwa 46 Hectar mit Bandmaass, Latte und
Winkelspiegel,
2) Eartirung von etwa 80 Hectar mit 2jirhel und McMSSstab,
3) Flächenberechnung von etwa 72 Hectar mit Zirkel, Maassstab und
Quadratglastafely
4) Nivellierung von etwa 2800 Meter mit Fernrohrniveau von Breit-
haupt,
5) Auftragen der Profile von etwa 2400 Meter mit Zirkel und
Maassstab,
6) von etwa .... Meter.
Vorstehendes bescheinige ich hiermit pflichtgemäss.
Buchhain, am 1. April 1894.
(Siegel) (Unterschrift)*)
§ 4. 1) Die Probearbeiten (§ 1, Nr. 3) sind der
Prüfungscommission von dem Eleven sogleich bei seinem
Eintritt in das Studium zur Prüfung vorzulegen mit einem
Schreiben, worin die vorgelegten Stücke einzeln aufgeführt sind. Das
Studium wird nur dann auf den nach § 5, Nr. 5 der Landmesserprüfungs-
ordnung für die Zulassung zur Prüfung nachzuweisenden regelmässigen
Besuch des geodätischen Unterrichts der Akademie angerechnet, wenn
die Probearbeiten von der Königlichen Prüfungscommission für Land-
messer als ausreichend befunden werden.
2) Die von dem Eleven anzufertigenden Probearbeiten sind:
a. ein auf Grund eigner selbständiger örtlicher Aufnahme hergestellter
Stückvermessungsriss mit den Vermessungszahlen von einer in
möglichst abgerundeter Lage befindlichen Fläche von mindestens
20 Hectar, worin mindestens 25 Eigenthumsstücke enthalten sein
müssen;
b. eine nach diesem Vermessungsriss im Maassstabe 1 : 1000 her-
gestellte genaue Karte;
*) Formulare fur dieses Zeugniss können von R. Reiss in Liebenwerda
bezogen werden.
312 ^o^^ Yorbedingimgen für den Eäntrltt in den LandmeBsercnrsos.
c. eine tabellarische doppelte Berecfanong des Flächeoinhalts der in
dem Vermessangsrisse und der Karte dargestellten einzelnen Eigen-
thnmsstUcke nebst dazugehöriger Massenberechnang der ganzen
dargestellten Fläche^
d. das Längenprofil; die Qnerprofile «nd der Lageplan mit der zn-
gehörigen Nivellementstabelle eines selbständig nivellirten Weges
oder Wasserlaufs von mindestens 3 Kilometer Länge.
3) Die Probearbeiten sollen von dem Eleven selbständig ans-
gefUhrt werden. Dieser Bestimmung wird nicht genügt, wenn mehrere
Eleven eine Probearbeit gemeinschaftlich ausführen und solche gemein-
schaftlich ausgeführten Arbeiten werden nicht angenommen.
4) Auf sämmtlichen Probearbeiten ist anzugeben, in welchem
Kreise und in welchem Oemeindebezirk etc. die vermessenen Grand-
stücke liegen, an welchen Tagen die Arbeiten ausgeführt und welche
Instrumente bei den Arbeiten benutzt worden sind.
5) Sämmtliche Probearbeiten sind mit der Namensunterschrift
des Gandidaten zu versehen und zwar in gewöhnlicher Handschrift
und mit Angabe des Vor- und Familiennamens.
Femer sind sämmtliche Probearbeiten von dem betreffenden
Landmesser (Feldmesser) zu bescheinigen wie folgt:
Die vorliegende Arbeit ist von dem Eleven N. N. (voller Vor- und
Familienname) unter meiner Aufsicht selbständig auf Grund eigener
örtlicher Aufnahme ausgeführt worden. Bei der von mir vorgenommenen
Prüfung ist die Arbeit richtig befunden. N. N.
(Ort und Datum) Landmesser.
Auf dem Lageplan zum Nivellement können die Worte ^auf Grund
eigener örtlicher Aufnähme" wegfallen, wenn der Lageplan durch
Copirung vorhandener Karten hergestellt ist.
6) Die Probearbeiten müssen im Uebrigen folgenden Bedingungen
genügen :
a. das Netz der Mcssungslinien der Stückvermessung muss für sich
unabhängig kartirbar sein. Es genügt, das Liniennetz auf ein
oder mehrere Dreiecke zu gründen, deren Seiten gemessen werden.
Am einfachsten ist es, den zu vermessenden Complex durch ein
grosses Dreieck oder Viereck zu umschliessen^ das Dreieck durch
Messung zweier Transversalen und deren Schnittpunkt, das Viereck
durch Messung der beiden Diagonalen und deren Schnittpunkt zu
sichern und das specielle Messungsliniennetz in den so gewonnenen
Rahmen einzubinden. In grösserer Zahl aufeinander gebaute
Dreiecke bilden keine zweckmässige Grundlage einer Aufnahme.
Der zu vermessende Complex kann aber auch durch ein Polygon
eingeschlossen werden, dessen Winkel und Seiten gemessen und
für dessen Punkte rechtwinklige Coordinaten berechnet werden.
Endlich kann das Messungsliniennetz auch an vorhandene Dreiecks-
EolL Vorbedingiuigen für den Eintritt in den Landmessercnrsas« 313
selten und PolygonEÜge, füt deren Funkte die rechtwinkligen Co-
ordinalen berechnet sind, angeschlossen werden. In allen diesen
Fällen sind die Coordinaten dann auf dem BttLckvermessungsriss
anzugeben und die Ooordinatenberechnung mit vorzulegen.
Für das Messungsliniennetz sowie für die aufgemessenen Grenz-
linien^ Gebäude u. s. w. müssen die erforderlichen Proben bei-
jgebracht werden. Für die Anforderungen^ die in dieser Beziehung
an die Ausführung der 'Messung gestellt werden, kann besonders
auf die Bestimmungen in den §§30 bis 84 der preussischen
Eatasteranweisung VIII vom 25. October 1881 verwiesen werden.
Die Beibringung der erforderlichen Proben wird oft in solchem
Umfange vernachlässigt^ dass deshalb die Arbeiten zurückgegeben
werden müssen. Besonders die wichtigen Vorschriften im § 80^
Nr. 2 und im § 82 der Eatasteranweisung VIII werden vielfach
ganz unbeachtet gelassen. Bei gradlinigen Grenzen, die an beiden
Enden eingemessen und durch den Schnitt mit einer Messungs-
linie controlirt werden, wird fast immer die für diesen Fall vor-
geschriebene Signatur weggelassen^ so dass es zweifelhaft bleibt,
ob die Grenze genügend gesichert ist, was dann zu unnöthigen
Anständen führt.
b. Ein Eigenthumsstück im Sinne der vorstehenden Vorschrift (§ 4,
Nr. 2) wird gebildet durch ein Stück Land, daS; einem und dem-
selben Eigenthümer gehörend, rings von Eigenthumsgrenzen um-
grenzt, d. h. von den Grundstücken anderer Eigenthümer ein-
geschlossen wird. Von einem öffentlichen Wege und Wasser-
lauf in fester Lage kann, selbst wenn die an seinen beiden
Seiten liegenden Grundstücke demselben Eigenthümer gehören,
für den vorliegenden Zweck ebenfalls angenommen werden, dass
er ein solches Eigenthumsstück abschliesst, da der öffentliche Weg
und Wasserlauf nicht dem Eigenthümer der daran liegenden
Grundstücke gehört. Nur der öffentliche Weg selbst kann als
Eigenthumsstück nicht gelten.
Ein Eigenthumsstück kann aus verschiedenen Eulturarten
(Gärten, Wiesen, Weiden, Holzungen u. s. w.) bestehen, aber diese
Eulturabschnitte können nicht als besondere Eigenthumsstücke an-
gesehen werden, wenngleich, es in der Natur der Probearbeit liegt,
däss auch sie innerhalb des Eigenthumsstücks mit aufzunehmen sind.
Dagegen ist es nicht erforderlich, dass die 25 Eigenthums-
stücke, die in der Messung enthalten sein sollen, auch 25 ver-
schiedenen Eigenthümern gehören. Die Zahl der letzteren
kann kidner sein, da derselbe Eigenthümer an verschiedenen
Stellen der gemessenen Fläche von einander getrennt liegende
Eigenthumsstücke besitzen kann.
314 ^o\h Vorbedingungen für den Eintritt in den Landmessercursus.
Fingirt angenommene Eigenthumsgrensen können kein Eigen-
thumssttlck bilden, da es dann an dem Erforderniss fehlen würde;
dass das angrenzende Land thatsächlich einem anderen Eigen-
thttmer gebort. Im tlbrigen macht es aber keinen Unterschied^
ob die Eigenthumsgrenzen bereits seit längerer Zeit bestehen,
oder ob sie z. B. behufs Uebernahme in das Kataster erst nea
gebildet worden sind, voraasgesetzt, dass die Uebernahme in das
Kataster wenigstens in der Hauptsache thatsächlich erfolgt ist.
Die Namen der Eigenthümer der Grundstücke sind
in die Handrisse einzutragen.
c. Die Vermessung, Kartirung und Berechnung ist auch im übrigen
nach dem Verfahren der Neumessungsvorschriften für die prenssi-
sche Katasterverwaltung oder nach einem ähnlichen Verfahren
auszuführen.
d. Die im § 4, Nr. 2 stehende Vorschrift, wonach ein Weg oder
Wasserlaaf nivellirt werden soll, schliesst es aus, die Nivellirnng
einer Strecke über freies Feld oder dergleichen mehr, wo sich
kein Weg oder Wasserlauf befindet, als zulässig anzusehen. Anch
kann nach der ganzen Bedeutung der Vorschrift unter Wasser-
lauf nur ein solcher verstanden werden, der offen zu Tage tritt
und mit den gewölmlichen Hülfsmitteln des Landmessers zu ni.
velliren ist, nicht aber ein verdeckter Wasserlauf. Im übrigen
muss der Weg oder Wasserlauf thatsächlich vorhanden sein, so
dass das Nivellement eines nur projectirten Weges oder
Wasserlaufes nicht annehmbar ist.
e. Das Längennivellement muss entweder durch Anschluss an gegebene
Punkte, deren Höhe bekannt ist, oder durch Ausführung eines
Oontrolnivellements gegen unzulässige Fehler sicher gestellt sein.
Die einzunivellirenden Hauptpunkte des Längenprofils dürfen
höchstens 50 m und die Querprofile höchstens 100 m Abstand
von einander haben.
Auf einem der Nivellementstabelle vorgehefteten Bogen wird,
um Rückfragen oder sonstige Anstände zu vermeiden, zweck-
mässig angegeben, wie das Nivellement gesichert ist.*)
*) Etwa in folgender Form: ^Das Nivellement ist angeschlossen an den
Bolzen 1595 der Landesaufnahme (Seite 1 der Nivellementstabelle) und ist ab-
geschlossen auf dem Bolzen 1597 der Landesaufnahme (Seite 6 der Ni*
vellementstabelle). Aus den gegebenen Höhen 5,953 m und 11,956 m über N.N.
ergiebt sich ein Höhenunterschied von -f~ 6,003 m, während das vorliegende
Nivellement + 6,015 m und somit einen Fehler von — 12 mm ergeben hat.''
Oder: „Das Nivellement ist angefangen auf Bolzen 36 der Stadtverwaltung,
dessen Höhe 56,863 m ist (Seite 1 der Nivellementstabelle), es endigt auf Stein
124 (Seite 5 der Nivellementstabelle). Zur Controle ist von Stein 124 bis
Bolzen 36 zurücknivellirt (Seite 6—8 der Nivellementstabelle), wobei sich ein
unterschied von 36,813 — 36,835 m = + 8 mm in den beiden erhaltenen Höhen-
unterschieden ergeben hat.''
Roll. VorbedingnngeB für den Eintritt in den Landmessercorsas. 315
Die Qaerprofile sind in derselben Weise darzustellen, wie die
Längenprofile^ Insbesondere sind die Höhen der Qaerprofile auf
denselben Nullpunkt zu beziehen, wie die Höben der Längen-
profile.
f. Bei Anfertigung der Risse, Karten und Nivellementspläne sind die
Bestimmungen des Central direetori ums der Vermessungen im preussi-
sehen Staate vom 20. December 1879 nebst Aenderung vom
16. October 1882 über die Anwendung gleichmässiger Signaturen für
topographische und geometrische Karten, Pläne und Risse zu be-
folgen und alle Signaturen p. p. nach den diesen Bestimmungen
beigegebenen Tafeln darzustellen. Manche Probearbeiten lassen
erkennen^ dass weder der Lehrherr noch der Eleve diese Be-
stimmungen kennt.
§ 5. 1) Das geodätische Studium an der Landwirthschaftlichen
Hochschule in Berlin oder an der Landwirthschaftlichen Akademie in
Poppeisdorf soll in der Regel 4 Semester dauern. Es kann aber aus-
nahmsweise der Besuch einer Universität oder einer anderen Hochschule
oder Akademie auf das geodätische Studium angerechnet werden, jedoch
höchstens mit einem Jahre. Die Gesuche um Anrechnung eines solchen
Besuches sind in der Regel am Ende des ersten Studiensemesters an
die Landmesser -Prtlfungscommission einzureichen, die sie mit ihrem
Gutachten der Ober-Prtifungscommission zur Entscheidung vorlegt.
Die Militairdienstzeit wird in keinem Falle auf die Studienzeit an-
gerechnet.
2) Der regelmässige geodätische Unterricht, der Ostern beginnt,
wird durch 4 aufeinanderfolgende Semester im Zusammenhange durch-
geführt. Im Wintersemester kann nur derjenige dem Unterrichte mit
genügendem Nutzen folgen, welcher im Sommersemester die Vorlesungen
gehört und namentlich an den Uebungen regelmässig theilgenommen
hat. Demgemäss sollte der Eintritt in das Studium auch nur zu Ostern
erfolgen. Wer seine praktische Ausbildung im Herbst beginnt, bleibt
am besten 1^/2 Jahre in der Praxis, um sich im letzten halben Jahre
praktisch zu vervollkommnen. Wer im Wintersemester eintritt, kann
dem Unterrichte in manchen Theilen nicht folgen und verliert dadurch
die Lust am Studium.
Bonn, den 3. Januar 1896. Otto Koll.
316 Kopael. Zar Methode der klainsteii Quadrate.
Zur Methode der kleinsten Quadrate.
Wenn mehrere Grössen AB..., welche sn einander in einer ge-
wissen Beziehung
(p (il, 5 . .) = 0 (1)
stehen, gemessen werden sollen, so gelingt es nicht, ihre wahren Werthe
zu finden, wohl aber lassen sich gewisse andere Werthe (X, Y) finden,
welche ersteren beliebig nahe kommen. Es wird hier sogar die Annahme
gemacht, dassX, Fso genau ermittelt sind, dass man Bedenken trägt, sie
ohne zwingenden Grund noch weiter zu ändern (also von „Verbesseningen''
keine Rede sein kann).
Trotzdem werden X, Y. ., die Gleichung (1) nicht in aller Strenge
erfüllen, und man ist daher gezwungen, sie noch um kleine Beträge
Xj y zu ändern, damit die Gleichung (1) erfüllt wird; d. h.
9 (X+OJ, r + y..)=0. (2)
Hierbei ist es selbstverständlich^ dass Xy y..80 klein wie möglich
sein müssen. Die Gleichung (2) lässt sich stets linear machen; man
erhält also Gleichungen L Grades zwischen x, y. . von der Form
ax + by. . = V. (3)
Sind nur zwei Unbekannte vorhanden, so kann auch nur die eine
Gleichung (3) aufgestellt werden, und man kann dieselbe auch noch in
der Form
schreiben.
Y Es ist nun klar, dass
man für jeden beliebigen
Werth von x aus (3) auch
einen Werth von y erhält,
und weiter, dass in Gl. (3)
ein Maximum oder Mini-
mum ausser ±oo nicht
eintreten kann, also alle
Werthe für x und y,
welche man aus derselben ermittelt (etw. durch sog. Näherungsmethoden)
vollständig willkürlich sind.
Dagegen ist die Gleichung (4), welche in bekannter Form die Gleichung
einer geraden Linie darstellt, dazu insofern geeigneter, als die sich
ergebende gerade Linie der geometrische Ort für alle Punkte ist, welche
der Gleichung (3) genügen. Der Coordinaten-Ursprung 0 mit den
Ooordinaten a;=0, y = 0 (siehe Fig.) stellt hier die Beobachtungen X, ^
dar, und jede von 0 nach A B gezogene Linie 0 C mit den Ooordinaten
x y eine Lösung von Gl. (3). Der geringste Zwang wird nun offenbar
'
Kleinere Mittheilmig.
317
ansgettbt; wenn Oö^X AB. genotamin wird, uad daraus ergeben sich
ohne Weiteres die besten Werthe für x und tf.
Man findet auf elementar-trigonometrisohem Wege
a , 6
a^ + 0^ ^ a^ + ^
Will man . die Aufgabe analytisch behandeln, so hat man
OC2='aj2 +y' = Min
ax + fcy = f?.
V a
a'
F=OC^ = x' + ^.x^^
2av
6^
2av'X + f?*
a? 4-
v
HS)
Aus
{2 a?
dx
= 2x{a^ +b^)'-2av = 0
folgt
X
av
a^ + b^
wie oben.'
Den geringsten Zwang erleiden also die gemessenen Grössen X, 7,
wenn die Qüadratsumme ihrer Aenderungen ein Minimum wird; jede
andere Annahme ist eine Wiilkfir.
Dieser Beweis lässt sich auch leicht auf 3 Beobachtungen X, F, Z
ausdehnen.
Bremen, im März 1896. Kopsel, Vermessungs-Ingenieur.
Kleinere Mittheilung.
6. Vega. Thesaurus logarithmorum completus.
Im Jahre 1889 hatte Herr Oenerallieutenant Ferrero^ damals
Director des militair-geographischen Instituts in Florens^ die Vega'sche
Logarithmentafel für 10 Decimalstellen photozinkographiseh reproduciren
lassen und damit 4er Wissenschaft einen grossen Dienst erwiesen. Die
seiner Zeit hergestellten 250 Exemplare waren bald vergriffen; es hat
daher der gegenwärtige Director des genannten Instituts, Herr General-
lieutenant de Benedictis wiederum 200 Exemplare abziehen lassen,
wobei alle bekannten Druckfehler berücksichtigt wurden.
Intereesenten können das Werk zum Preise von 25 Francs direct
von dem Florentiner. Institut beziehen. H.
318 Gesetze und YerordnaDgeii. — Personalnachrichten.
Gesetze und Verordnungen.
Ministerium für Landwirthsehaft, Domänen und Forsten.
Bekanntmaehmig
über die Ausführung des Gesetzes, betreffend die Errichtung einer
General-Commission für die Provinz Ostpreussen, vom 23. März 1896.
(Gesetz-Samml. S. 75.)
Auf Grund des § 3 des genannten Gesetzes wird als Zeitpunkt
für die Errichtung der General-Commission hierdurch der 15. Juni
dieses Jahres bestimmt.
Berlin, den 7. April 1896.
Der Minister für La^dwirthschaft, Domainen und Forsten.
Freiherr von Hammerstein.
Personalnachrichten.
Königreich Preossen. Seine Maj. der König haben Allergnädigst
geruht, den bisherigen ständigen Hülfsarbeiter für die Vermessnngs-
9.ngelegenheiten im Ministerium für Landwirthschaft, Domainen und
Forsten, Obervermessungsinspector Kunke zum Geheimen Regiernngs-
und vortragenden Rath ebendaselbst — femer den Ober-Landesknltnr-
gerichts-Rath von Baumbach-Amönau in Berlin zum Präsidenten
der Generalcommission für die Provinz Ostpreussen zu Königsberg zn
arnennen.
Finanz-Ministerium. Die Kataster-Controleure, Steuer-Inspector
Henss zu Usingen und Bottier zu Bitburg sind in gleicher Dienst-
eigenschaft nach Montabaur bezw. St. Wendel, die Kataster-Controleure
Hossdorf in Lutzerath und Baohmann in St. Wendel als Kataster-
Secretaire nach Trier bezw. Königsberg i. Pr. versetzt.
Der Kataster- Assistent Karl Weimer in Trier, sowie die Kataster-
Landmesser Dietz in Düsseldorf und August Weimer in Trier sind
zu Kataster • Controleuren in Bitburg bezw. Usingen und Lutzerath
bestellt worden.
Die Kataster-Controleure .Nicolaus Dupont zu Recklinghausen
und Petrickzu Sensbnrg sind in gleicher Diensteigenschaft nach Malmedy
bezw. Forst N.-L., die Kataster-Controleure Knospe in Gostyn und
Hartmann in Forst N.-L. als Kataster-Secretaire nach Coblenz bezw.
Posen versetzt.
Die Kataster-Landmesser Kolter in Aachen, RudolfNeumann
in Posen und Zimmermann in Cassel sind zu Kataster-Controleuren
in Recklinghausen bezw. Gostyn und Sensbnrg bestellt worden.
Nene Schriften über YermessnngsweBen. 319
ESnigreich Bayern, S. K. H. Der Prinzregent geruhten^ die
Bezirksgeometer I. Kl. H e r o 1 d in Dachau nnd Helmreich in Ocfasenfort,
dann Handel in Deggendorf unter Anerkennung ihrer langjährigen
treuen Dienstleistung in den erbetenen bleibenden Ruhestand zu versetzen
nnd die Bezirksgeometer IL Kl. Raba in Yilshofen, Wild in Mindelheim
und Wilhelm^Mttller in Blieskastel zu Bezirksgeometern L Kl. zu
ernennen.
Staatsministerium der Finanzen: Geometer Karl Leiner
wurde zum Messungsassistenten bei der k. Regierung von Oberbayem
ernannt.
Sachsen. Se. Majestät der König hat genehmigt, dass den Vor-
ständen des Domainenvermessungs-Bureaus und des Centralbureaus für
Steuervermessung, welche den Diensttitel ^Obervermessnngsinspector^ zu
führen haben, der Hofrang in der 18. Abstufung der IV. Klasse der
Hofrangordnung verliehen werde.
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Sitzungsberichte der Königlichen preussischen Akademie der Wissen*
Schäften zu Berlin. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe
vom 9. April 1896. Ergebnisse von Messungen der Intensität
der Schwerkraft auf der Linie Kolberg- Schneekoppe von F. B. Hel-
merty Director des Königlichen Geodätischen Instituts in Potsdam.
Jahrbuch^ Deutsches Meteorologisches, ftlr 1894. Beobachtungssystem
der D. Seewarte. Ergebnisse der meteorolog. Beobachtungen an
10 Stationen 2. Ordnung u. an 45 Signalstellen, sowie stündliche
Aufzeichnungen an 2 Normalbeobachtungsstationen. Jahrgang XVII.
Herausgegeben von der Direction. Hamburg 1896. gr. 4. 8 u.
142 pg. 13 Mk.
Jordan, W.^ Barometrische Höhentafeln für Tiefland und für grosse
Höhen. Hannover 1896. gr. 8. 8 u. 48 pg. 2 Mk.
Barometrische Höhentafeln für Mittelgebirge, bis zu 1600 m Höhe.
2. Auflage. Stuttgart 1886. 96 pg. 2^50 Mk.
Uratosthenes. — Columba; 6. M.; Eratostene e laMisura del Meridiano
terrestre. Palermo 1896. 8. 72 pg. 2,50 Mk.
Bezold, W., Der normale Erdmagnetismus. (Berlin, Mittheil. Akad.)
1895. gr. 8. 16 pg. m. 1 Holzschnitt. 1,50 Mk.
JEtder, L,, Zwei Abhandlungen über sphärische Trigonometrie. (Orundzttge
der sphärischen Trigonometrie und allgemeine sphär. Trigonometrie.
1753 — 79). Aus dem Französischen u. Lateinischen übersetzt u.
herausgegeben von E. Hammer. Leipzig 1896. 8. 65 pg. m.
6 Holzschnitten. Leinenband. 1 Mk.
320 Neue Schriften über VermessangsweseiL
Bamchinger, «7.^ UntersuchnDgenüber die astronomä^cbe'Beäiictiöi), mit
einer Bestiminung der Polii(Üte von Mtitaehen uad IbterSchwadskiuigen
vom November 1891 bis October 1893 a. einefm. Catalog der abso-
luten Deolinationen von 116 Fundamentakternen, Münehen 1896.
gr^ 4. 188 pg. 13 Mk. , l
Foerster, W., und Lehmann, P., Die veränderlieben Tafeln des astro-
nomischen und chronologischen Theils des Königl. Preussisohen Nor-
malkalenders für 1897. Nebst einem allgemeinen ätatistiscben Bei-
trage von E. Blenck. • Berlin 1896. gr. 8. 5 n. 163 pg. 6 Mk.
Das 2000jährige Problem der Trisection des Winkels, von Ingenieur
Sigismund Wellisch. Sonderabdruck aus derZeitsehr. d. Oesterr.
Ing.- u. Arch.-Vereins, Nr. 3, 1896. Wien. Spielhagen und
Schurich.
Photogrammetrie und internationale Wolkenmess^ng von Dr. Carl
Koppe, Professor an der herzoglich technischen Hochschule zu
Braunschweig. 1896. 7 Mk.
Die Aufzeichnung des Geländes beim Erokieren ftlr geographische und
techniaehe Zwecke von P. Kahle. Berlin. Yertog vun Julias
Springer. 1896. 2,40 Mk.
Berichtigung.
Von hochgeschätzter Seite werden wir darauf aufmerksam gemacht,
dass in der Abhandlung von Vogeler, im vorigen Heft 9 d. Zeitschr.
S. 259 das Citat Gauss „Untersuchungen über Gegenstände der höheren
Geodäsie I. Artikel 2" nicht richtig ist, denn die beiden dort eingeführten
Constanten a und x beziehen sich auf die Abbildung des Ellipsoids auf
die Kugel in anderem Sinne als die Mecklenburgische Reduction
logm^j — logw.
Alles übrige, was in Vogeler's Vergleichung der Mecklenburgischen
conformen Projection mit der Soldner'schen Projection auf S, 257 — 263
gesagt wurde, wird durch diese Berichtigung eines Citates nicht
beeinflusst. J.
Inhalt
Grössere RRittheilungen: lieber den Anschluss eines seeundären Dreiecksnetzes
an ein Hauptnetz^ von Krüger. — Vorbedingungen für den Eintritt in den
Landmessercursus, voi) Koll. — Zur Methode der kleinsten Quadrate, von
Kopsel. — Kleinere Miitheiiung. — Gesetze und Verordnungen. — Personainach-
richten. — Neue Schriften Ober Vermessungswesen. — Berichtigung.
Verlag von Konrad Wittwer Stuttgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
3S1
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und O. Steppes,
Professor in Hannover Steuer-Ratb in Mftnchen.
1896. Heft 11. Band XXV.
— -*^ 1. Juni, t^- —
Soldner'sche oder Gauss'sche Coordinaten.
Die von Ilerrn Professor Dr. Jordan auf Seite 200 bis 205 dieser
Zeitschrift gemachten Ausführungen nöthigeh mich nochmals zu einer
Antwort.
Jordan sagt unter Bezugnahme auf mein Gitat von F. 6. Gauss ^
trig, und polyg. Rechnungen 1876, 8. 298 bis 299, ^e Behauptung, es
8ei durchaus gerechtfertigt, bei Gauss 'sehen Coordinaten jene Fehler-
grenzen enger zu ziehen (ohne Angabe am wie viel enger), sei nicht
einmal durch eine gezwungene Interpretation a posteriori mit der Preussi-
schen Fehlergrenzfeststellung ^^^ in Einklang zu bringen.
20000
Demgegenüber sei nur Folgendes iiervorgehoben : F. G. Gauss
führt an der von mir citirten Stelle und noch etwas einfacher auf Seite
570 und 571 der 2. Auflage seines Werkes, aus, dass der Fehler, der
durch Darstellung der rechtwinkligen sphärischen Coordinaten als gerad-
linige in der Richtung der Abscissenachse begangen werde bei
226o0
y = 60 000 m, ^^^^^ bei y = 63 820 m sei. Dies sei die Grenze,
20000 ^
die in der Regel nicht überschritten werden dürfe. In dieser Ein-
schränkung werde der Fehler aber auch für die Eartirung v(^llig un-
merkbar sein. Denn bei der Grösse der Eartenblätter von 1 m Länge
und 0,667 m Breite werde der Kartirungsfehler für die Längenausdehnung
des Kartenblattes nur 0,05 mm betragen, was maassstäblich nicht mehr
darstellbar sei. Würde allein die Darstellbarkeit des Fehlers in der Kar-
tirung ins Auge gefasst, so könne man das Coordinatensystem zwar noch
Zeitschrift für VermessQDgswesen 1896. Heft li. 21
3SS Koll. Soldner'sche oder Gauss'sche CoordinateD.
welter, nämKck bis za Ordinatenlängen von etwa 90 000 m ausdehnen,
da matt dann für die Längenfehler des Kartenblattes immer erst einen
Fehler von 0,099 mm beginge 5 indess beeinflusse dieser Fehler ()
\ 10060/
die Kleintriangulation doch schon mehr als wünschenswerth. Wenn in
der Entfernung 63 820 m von der Abscissenachse in der Richtung
parallel zur Abscissenachse der Fehler der linearen Darstellung
— 0,05 m auf 1000 m betrage, während er in der Richtung senkrecht
zur Abscissenachse gleich Null werde, so werde man für die ge-
dachte Entfernung einen durchschnittlichen Fehler der linearen Aus-
dehnung von — 0,025 m auf 1000 m annehmen können. Dagegen be-
gehe man einen Flächenfehler der ^ = des richtigen
Inhalts betrage. Der Flächenfebler stimme daher mit dem Längenfehler
in der Richtung parallel der Abscissenachse ttberein. An sich werde aber
dieser Fehler auch für die Flächenbestimmung für praktisch unerheblich
betrachtet werden müssen. ,
Nach „allem^ werde man anzunehmen berechtigt sein, dass man
mit Rücksicht auf die Zwecke der Specialvermessungen ein rechtwink-
liges Coordinatensystem seitlich der Abscissenachse zweckmässig nicht
wesentlich fiber 60 000 m ausdehnen dürfe.
Wenn neben diesen Ausführungen von F. 6. Gauss nun be-
achtet wird, dass zur Erreichung der Conformität dieselben Fehler, die
bei der Soldner'schen Darstellung nur in der Richtung der Abscissenlinien
auftreten, auch in der Richtung der Ordinatenlinien vorkommen müssen,
80 wird bei der conformen Darstellung sowohl der durch-
schnittliche Längenfehler als auch der Flächenfehler
gerade doppelt so gross. Wenn also bei Soldner'scher Projection der
Flächenfehler nur — - für y = — 63 820 m und nur — .- --^ für
20000 10000
y=:;^ 90250 m ist, so ist derselbe bei Gauss' scher conformer Projection
^°^ eT^rü^ ^^^ ^^® gleichen Ordinatenlängen und das ist
10000 5000
nicht mehr ganz unerheblich. Soll nun der im Verhältnias zn y'
wachsende Schaden, der durch die Projection angerichtet wird, bei
Gauss 'scher conformer Projection nicht grösser als bei der Soldner'schen
Projection werden, so dürfen die Ordinaten bei ersterer Projection nicht
weiter als auf — p.zrzr ^=0,71 oder 71<^/a der Ordinaten im Soldner'schen
|/2 ' '^
System ausgedehnt werden. Damit hätten wir dann auch eine Grenze
für das Gauss' sehe Coordinatensystem, die für unsere modernen Ver-
messungen gilt und die noch etwas enger ist, als die von Jordan
Koll. Soldner^sohe oder Gauss'sche Coordinaten. 323
1875 and 1878 für sein „speculatives MesBungsverfahreii; welches es
praktisch gar nicht giebt" (8. 203 d. Z.) festgestellte Grenze von 82 %. *)
Jordan vergleicht dann die Soldner'schen Verzerrangsfehler mit den
znläsfiigen Messnngsdifferenzen und kommt zu dem Schluss, dass die von ihm
za 82% ermittelte Grenze unter Berücksichtigung der Messungsfehler auf
98 bis 99% steigen würde. Durch die von Jordan ausgeführte Ver-
gleichuug wird aber kein richtiges Bild der Sachlage gegeben. Was
zuDäcbst die Flächenfehler anlangt; so ist die von Jordan angegebene
zaiässige Differenz von 16 ar auf 100 ha oder 0,16% die höchstens
zulässige Differenz zweier Einzelberechnungen des Flächeninhalts.
Daraus ergiebt isich als höchstens zulässiger Fehler einer
16 ar
Einzelberechnung . auf 100 ha und als höchstens zu-
1/2
lässiger Fehler desMittels aus den Ergebnissen der beiden
für jede Parzelle auszuführenden Einzelberechnungen
16 ar
— 7== 7=r- = 8 ar auf 100 ha oder 0,08 %. Dem steht gegenüber
Y 2']/ 2
als Verzerrungsfehler
bei Soldner 'scher Projection bei Gauss 'scher Projection
für y = 63 820 m : 0,005 % 0,010 %
für y = 90 250 m : 0,010 % 0,020 %
so dass der höchstens zulässige Fehler des Flächeninhalts einer
Parzelle in den beiden angegebenen Fällen bei Soldner'scher Projection
gleich dem 16fachen bezw. 8fachen Betrag, bei Gauss'scher Projection
gleich dem 8 fachen bezw. 4 fachen Betrage des Verzerrungsfehlers ist.
Wird nun noch beachtet, dass die Fehlergrenzen der Anweisung VIII
auf den 4 fachen Betrag des mittleren Fehlers festgesetzt sind, so ergiebt
sich, dass bei Gauss'scher Projection der Verzerrungsfehler
für?/ = 90250 m bereits den mittleren Fehler des Flächen-
inhalts der Einzelparzellen erreicht, dass er also an der
Systemgrenze durchaus nicht so klein ist, im Verhältnis zu den Messungs.
fehlem, ja dass er sehr oft die thatsächlich vorliegenden Messungsfehler
übersteigen wird. Ganz ähnlich liegt das Verhältniss bei den linearen
Fehlem.
*) Nachdem ich auf Seite 199 bereits darauf hingewiesen hatte, dass die
Anwendung seiner früheren Ausführnngen auf die Ausdehnung der Coordinaten-
systeme bei Gauss'scher und Soldner'scher Projection von ihm selbst und
nicht von mir gemacht ist, sagt Jordan auf Seite 201 nochmals: „Damit wird
die S. 199 von Koll gemachte praktische Anwendung der Theorie ö : u) illu-
sorisch.^ Ich erkläre daher nochmals, dass ich weder anf S. 199 noch sonst-
wo eine praktische Anwendung der Theorie Q : w gemacht habe, sondern nur
auf S. 196 die von Jordan selbst gemachte Anwendung angeführt habe. K,
Meine theoretische Betrachtung von Zeitschr. 1895 S. 27 — 34 hat die
praktische Anwendung von vorn herein beiseitegelassen, insofern die Annahme
gemacht wurde, dass alle Messungsfehler gleich Null gesetzt werden. J.
21*
324 I^oll. SoldDer'sche oder Gauss'sche Ooordinaten.
Nun kommt aber noch etwas ganz anderes in Betracht. Der
Flächeninhalt der einzelnen Kartenblätter und der ganzen Gemarkangen^
Kreise u. s. w. wird aus dem Flächeninhalt der durch die Coordinaten-
linien gebildeten Quadrate abgeleitet und hierbei kommen die Messangs-
fehler in so geringem Maasse zur Geltung, dass sie den Verzerrangs-
fehlern gegenüber thatsächlich gleich Null gesetzt werden können.
Die so abgeleiteteten Flächeninhalte der Kartenblätter sind aber auch
maassgebend fttr die Flächeninhalte der Einzelparzellen, da letztere auf
erstere reducirt werden und deshalb braucht man bei der Begrenzang
der Coordinatensysteme auch die Messungsfehler nicht in erheblichem
Maasse zu berücksichtigen, sondern kann die Verzerrungsfehler fast allein
entscheidend sein lassen. Im wesentlichen liegt die Sache auch so be-
züglich der Längen der Linien. Die maassgebenden Längen werden
mit den Coordinaten der Messungspunkte derart gewonnen, dass die
Verzerrungsfehler voll zur Geltung gelangen, während von den Messungs-
fehlem nur ein kleiner Theil in die endgültigen Längen übergeht.
Wenn man demnach die vorher von mir ermittelte Grenze von 71%
mit Rücksicht auf die Messungsfehler allenfalls auf 75% erhöht and
dann in Betracht zieht, dass wegen der durch praktische Rücksichten
gebotenen Zusammenlegung der Ooordinatensystemsgrenzen mit den
Kreisgrenzen die Systeme vielfach nicht auf die vollen 75% ausge
dehnt werden können, so wird das Zerschlagen in viel mehr Systeme
bei Wahl der Gauss'schen Coordinaten wohl endlich genügend be-
gründet sein.
Wenn Herr Professor Dr. Jordan dann weiter auf die ungeheuer-
lichen Widerwärtigkeiten hinweist, die die Soldner'sche ungleiche Ver-
zerrung bringt, wenn man mit den Verzerrungsfehlern an die Messungs-
fehler herankommt und dann behauptet, dass alles was in der Instruction
für neue Katasterneumessungen in Bayern 1885 § 23*) und noch deutlicher
in Technische Anleitung etc. von Dr. J. H. Franke S. 121 im Interesse
der Rechnungserleichterung etc. gesagt sei, mit einem Schlage tiber-
flüssig werde, wenn die Projection conform sei, so ist das richtig in-
soweit es sich um die trigonometrischen Rechnungen handelt. Es ist
aber schon nicht mehr richtig für die polygonometrischen Rechnungen
und noch viel weniger für die Kartirung und Flächenberechnung. Franke
führt auf der von Jordan citirten Seite an, dass der Verzerrungsfehler
in Bayern 42 cm auf den Kilometer betragen könne, was einem Genauig-
keitsverhältniss von nur der Länge entspreche, deshalb auch
*) An dieser Stelle steht: ,,Die allein zu berücksichtigende sphärische Ab-
scissen-Correction sofern sie mindestens den Gesammtbetrag von 0,1 m er-
reicht, ist summarisch aus Gesammt-Länge und -Richtung des Zuges zu rechnen
und sodann vor der Coordinaten- Verbesserung proportional den algebraischen
Werthen der Abscissen-Ünterschiede zu vertheilen,"
KoU. Soldner'sohe oder Gaass'sche Goordinaten. 3S5
bei Nichtberücksichtigung der Verzerrangsfehler gar kein genauer Auf-
schluss tlber die wirklich erreichte Genauigkeit der Messungsvornahme
erlangt werde und durch die Verzerrungsfehler unter Umständen häufige
üeberschreitungen der Fehlergrenzen herbeigeführt würden, ohne dass
za grosse Messungsfehler vorhanden wären. Ferner weist Franke auf
die Nachtheile hin, die bei der Fehlerverth eilung durch die Nichtberück-
sichtigung der sphärischen Ergänzungen entstehen.
In allen diesen Punkten wird nichts gebessert durch die Einführung
der conformen Goordinaten statt der Soldner'schen, man hat in beiden
Fällen gleiche Widerwärtigkeiten und bei Soldner'schen Goordinaten
nur den Yortheil, dass wenigstens für einen Theil der Züge die sphärischen
Correctionen noch vernachlässigt werden können, wo sie bei Gauss'schen
Goordinaten berücksichtigt werden müssen.
In der Instruction für neue Katastermessungen in Bayern sind dann
in den §§ 48, 50 und 60 die Anordnungen getroffen, um die Verzerrungs-
febler bei derKartirung und Flächenberechnung unschädlich zu machen:
Die Dimensionen eines Blattes sind in der Regel durch ein Quadrat
von 16 DecimalzoUen = 46,697 cm gegeben. Für Pläne, deren Nummer
östlich oder westlich vom Münchener Meridian eine namhafte Grösse
erreicht, ist jedoch dem Blattquadrat ein Rechteck zu substituiren. Die
Grundlinie bleibt dieselbe wie vorher, aber die in der Richtung des
Meridians ziehende Blattseite ist um eine Grösse d zu vermindern, die
im 5000 theiligen Maassstabe 0,000 156 w (n — l)m beträgt, worin n die
Blattnummer bedeutet. Nachdem die Blattränder und die nach diesen
zu ziehenden Intersectionslinien sich zum Eintrag der Meter-Goordinaten
wenig eignen, empfiehlt es sich, zunächst der Blattseite scharfe Linien
einzuzeichnen, deren Goordinaten ein Vielfaches von 100 m sind. Beim
Auftragen der Goordinaten verdient dann noch der Fall besondere Be-
achtung, wenn die Nummer n des Blattes eine beträchtliche Grösse er-
reicht. Subtrahirt man nämlich von der Abcisse des aufzutragenden
Punktes die Abscisse der obenerwähnten Linie, welche dem Blattrande
zunächst liegt und die, wie bemerkt, immer ein Vielfaches von 100 ist,
d
so hat man den verbleibenden Rest M um einen Betrag x =^ -j- B zu
n
vermindern, wobei h die Blattseite ist.
Die Summe der gemittelten Polygonflächen eines Blattes muss
bei entsprechender Anordnung der Ab- und Zugangsberechnung bis
auf die formelle Rechnungsgrenzo die Fläche des ganzen Blattes
ergeben. Diese letztere ist für ein 5000 theiliges Katasterblatt stets
[545, 1634—0,000036 42 n (n— 1)] ha, wo n die Nummer des Blattes
bedeutet.
Die in diesen Bestimmungen hervortretenden durch die Verzerrungs-
fehler herbeigeführten Widerwärtigkeiten vermeidet man durch Ein;
führung kleinerer Coordinatensysteme, man schafft sie aber nicht aus der
326 KoU. Soldner^sche oder Gaass^Bche Goordinaten.
Welt durch Einführung der conformen Coordinaten. Bei conformen
Goordinaten müssen vielmehr auch die Grundlinien der Blätter in der
um d verminderten Grösse aufgetragen und beim Auftragen der Goordinaten
ausser den Abscissenresten auch die Ordinatenreste sämmtlich redaeirt
werden^ während die Reduction der Flächen auf das Doppelte, also an
den äussersten Grenzen des bayerischen Goordinatensystems von dem
von Franke angegebenen auf steigt.
Auch die vom GoUegen Jordan (8. 202) in die vorliegende Frage
hereingezogene Höhenreduction ändert an dieser Sachlage nichts. Der
Schaden^ der durch Vernachlässigung der Höhenreduction angerichtet
wird, wird sich in der Regel an andern Stellen geltend machen, wie
der Projectionsschaden und da wir unsere Goordinatensysteme nicht gat
so gestalten können, dass die Berge dahin fallen, wo ihre Höhenreduction
zur Aufhebung der Projectionsfehler nothwendig ist, uns auch in weiten
Gebieten die Bodenerhebungen überhaupt fehlen, so dürfte es zweck-
mässig sein, die Frage, ob Soldner'sche oder Gauss'sche Goordinaten
von der Frage der Höhenreduction getrennt sein zu lassen.
Mit dem, was College Jordan (S. 203 und 204) über die Vortheüe
der Gauss'schen Projection für die trigonometrischen Rechnungen höherer
Ordnung sagt, bin ich ganz einverstanden und ich freue mich hervor-
heben zu können, dass in Preusscn die trigonometrischen Rechnungen IL und
ni. Ordnung seitens der Landesaufnahme bereits 20 Jahre lang in einem
einzigen conformen System für den ganzen Staat ausgeführt werden.
Die Katasterverwaltung hat sich dem freilich nicht angeschlossen, sondern
bat die für ihre Zwecke bessere Soldner'sche Projection auch für die
trigonometrischen Rechnungen höherer Ordnung beibehalten. Das ist
aber auch wohl begründet, weil die Katasterverwaltung nur noch in
kleineren über den Umfang eines Soldner'schen Goordinatensystems nicht
hinausgehenden Gebieten Triangulationen höherer Ordnung auszuführen
brauchte und fernerhin braucht, und weil hierbei die Vortheile der
Gauss'schen Projection nicht in genügendem Umfange zur Geltung ge-
langen^ um von der allgemein angewandten Soldner'schen Projection in
diesen einzelnen Fällen abzuweichen. Und wenn Gollege Jordan
(S. 205) nur sagt, man „könne" daran denken, die Triangulirung zuerst
conform zu rechnen und hinternach alle conformen Y in Soldner'sche
y == y — -z — 5" mit Hülfe einer Tabelle umzurechnen, dass das aber
wohl Niemand praktisch thun werde, so hat er dabei offenbar im
Augenblick nicht daran gedacht,*) dass dies thatsächlich seit vielen
*) Es ist mir sehr wohl bekannt, dass in dem ^rossen conformen System
der Landesaufnahme rechtwinklige Goordinaten berechnet und auf dem Umweg
über geographische Goordinaten in die rechtwinkligen Soldner'schen Kataster -
Goordinaten umgerechnet werden, aber erstens hatte ich auf S. 205 keine Ver-
anlassung das auszasprechen und zweitens, wenn es hier erwähnt wird, muss
ich nun dazu sagen, dass solches Umrechnen noch in III. Ordnung der wundeste
Punkt der preussischen Geodäsie ist. J.
Franke. Die Conformität in Bayern 3S7
Jahren in Prenssen bereits geschieht und zwar auch dort, wo die Um-
rechnung nicht mehr nach der einfachen Formel y = Y — ^ ^-us-
geführt werden kann.
Auch glaube ich nicht wie College Jordan (S. 215), dass 20 Jahre
weiterer Entwicklung dahin führen werden, die Vortheile der Soldner'schen
Projection für die Specialvermessungen in den Hintergrund zu drängen.
Neben Gauss können wir sehr gut auch Soldner hochhalten und
wenn der eine für seine weitreichende Triangulation, der andere für
die bayrische Katast er Vermessung Grosses geleistet hat, so können wir
beides bewahren und ich glaube, Gauss würde der letzte gewesen
sein, der uns Anerkennung zollen würde, wenn wir| ihm blindlings folgten
und das, was er für besondere Verhältnisse geschaffen hat, übertragen
würden auf Gebiete, wo es nicht passt.
Bonn, den 4. April 1896. Otto Koll.
Nachdem ich im vorstehenden Artikel vom 4. April meinen Stand-
punkt in der Frage Gauss'scbe oder Soldner'sche Coordinaten ausführlich
dargelegt habe, werde ich auf Ersuchen des Herrn Collegen
Steppes meine Antwort auf den in Heft 9 der Zeitachr. abgedruckten
Artikel Vogeler's vorerst verschieben.
Bonn, den 9. Mai 1896. Otto Koll.
Die Conformität in Bayern;
von Steuer-Rath Dr. Franke in München.
In der neuerdings lebhaft erörterten Frage der Conformität möge
es auch einem bayerischen Geodäten gestattet sein, seine Meinung zu
äussern; ist ja doch Bayern das classische Land der Congraeaz-
Coordinaten. Zudem hat auch Herr Professor Dr. Jordan in seinem
bekannten vorjährigen Vortrageauf der Bonner Versammlung (Zeitschr. 1895
S. 338) und in seinen neuerliehen Erörterungen in der Zeitschrift (8. 202)
bayerische Verhältnisse berührt, woraus dem Vorhaben ein weiterer
Rechtstitel erwachsen dürfte.
Es ist hinlänglich festgestellt, dass bei der Abbildung in der Ebene
die linearen Verzerrungen betragen: ^
v'
bei Soldner (congruent) v=l -\- -^-^ cos^ a
bei Gauss (conform) v =\ -\-
V — 1 cos^ a
woraus folgt — r-= —:~-
i; — 1 1
f2
2r
2r' '
328 Franke. Die Confonnität in Bayern.
Dieses Verhältniss wird für erstere Projection entscheiden mtiasen,
denn gleichen Werthen der beiderseitigen Maxima steht ein absolates
Minimum v = 1zvl Gunsten Soldner's entgegen. Umgekehrt liegt die Sache
hinsichtlich der Rieh tan gs Verzerrung; welche beträgt bei Soldner:
« - «» = ^"^7^(2 y- + y«> + ^7^ ^y» - y') =
x. — a?, ,^ . V . sin a cos a
1 ^1
(2 y, + Vi) 4- —w—2 — (y? + yi yj + yl)
und bei Gauss: a — a^ = ' ^ ' (2yi A-y^)
SO dass hier die Projection yon Gauss sich in unbedingtem Vortheile
zeigt gegenüber der Projection von Soldner.
Man muss Herrn Jordan zustimmen^ wenn er in Zeitschr. 1896 S. 204
in weiterer Durchdringung der Theorie und ihrer praktischen Folgerangen
der Richtungsverzerrung das grössere Gewicht einräumt^ wie dies auch
zuerst Herr Helmert bereits im Jahre 1876 gethan hat (Helmert;
Näherungsformeln für die Gauss'sehe Projection, Zeitschrift f. Yermessungs-
wesen, V. Band, 1876, S. 238—253). Für jedes beliebige y sind die
Maximalwerthe der Linearverzerrungen in beiden Fällen gleich, dagegen
der Durchschnittswerth von v — 1 bei Soldner nur halb so gross als
der Durchschnittswerth v — 1 bei Gauss; für y = 90 km sind diese
Durchschnittsbeträge etwa ^^^^ bei Soldner und ^^^^ bei Gauss.
20 ÜOO lü uUÜ
Aber dieser lineare Nachtheil der Gauss'schen Projection tritt
erheblich zurück gegen den praktischen und theoretischen Vortheil,
dass, während man in der Triangnlirung IV. Ordnung mit congrnenten
Goordinaten schon bei y = 40 km die sphärischen Rechenglieder braucht,
man mit conformen Goordinaten noch bei y = 90 km eben rechnen
kann und dass überhaupt die Abbildung winkeltreu ist.
Wenn hiernach Herr Jordan behauptet, dass man nach Gauss den
Partialsystemen grössere Querausdehnung geben dürfe als denen nach
Soldner, so möchte dem schwer und nur dann widersprochen werden
können, wenn man der grösseren (conformen) mittleren Linearvergrösserung
ein übertriebenes Gewicht beilegt oder auch die sonstigen von Herrn Jordan
vorgebrachten ganz gerechtfertigten Gründe, z. B. Einfluss der Höhen-
reduction, Schwierigkeit der Polygonzugsberechnung im SoldnerMen
System u. s. w. (Zeitschr. Iß96, S. 202) unbeachtet lässt.
Herr Jordan sagt nun in seinem Bonner Vortrage (Zeitschr. 1895,
Seite 343), dass wir in Bayern jetzt die beste Gelegenheit hätten, die
Achsen der neu zu bildenden (wenigen) Partial- oder Localsysteme
meridional und mit conformen Goordinaten anzulegen. Es soll nicht
in Abrede gestellt werden^ dass dies durchführbar wäre, und auch,
was
wenigstens die Beziehung irj = y|l -f ^ ^ \ betriflft, mit grosser
Franke. Die Coaformitat in Bayern. 329
Leichtigkeit. Indess abgesehen von dem ^Beharrungsvermögen^ im
StaatsorganismuB : ein einheitliches Gongraenzsjstem wie das unsrige
vertauscht man nicht so einfach mit einem conformen wie man z. B.
ein Kleid wechselt; ganz besonders dann nicht, wenn es sich nicht um
systematische Anlage und Fortführung einer neuen Landesvermessung,
sondern wie jetzt bei uns lediglich um Aufnahme einzelner Städte und
Ortschaften^ höchstenfalls einzelner Amtsbezirke handelt, während alle
übrigen geometrischen FortfUhrungsarbeiten noch auf Grundlage der
älteren Coordinaten und Pläne sich vollziehen.
Die (versuchsweise eingeführten) Localsysteme schiefwinkliger Coor-
dinaten haben denn auch nur die Bedeutung eines Zwischenmittels. Sie
sollen bei Festhaltung des Princips der bisherigen Gongrnenz-
Coordinaten lediglich die Erschwerungen, welche unseren Trilin-
galirungen und Polygonisirungen sowie den neuen Planarbelten durch
die sphärischen Beziehungen in unserem einheitiiehen Ooordinatensystem
(y = db 180 km) erwachsep, auf die einfachste und rationellste Weise
beseitigen, gleichzeitig aber der Bedingung genügen, die neu gewonnenen
Ergebnisse in das allgemeine Coordinatensystem mit Leichtigkeit wieder
überführen, bezw. einreihen zu können. (Früher anderwärts versuchten
nnd wieder aufgegebenen localen Systemen lagen wohl ganz andere
und einfachere Verhältnisse zu Grunde.)
Hier würde sich nun die empfohlene Meridianrichtung der neuen
Partialachsen der weitläufigeren Formeln wegen, da die Achsen schon
bei 42^ Breitenunterschied zusammenlaufen — München hat 48° Polhöhe —
auch unter Benützung von Tafeln als ein schweres Hemmniss erwiesen
haben, sowohl was die Transformation der älteren, allgemeinen Coor-
dinaten in solche des neuen Systems, und umgekehrt diejenigen der
triangulirten Punkte in allgemeine Coordinaten anbelangt. Diese ^oth-
wendigkeit ist aber insbesondere gegeben für alle Neuvermessungen,
welche — wie z. B.noch sämmtliehe Flurbereinigungen — ihre Endergebnisse
wieder in die älteren (lithographirten) Pläne einkartiren (also ohne
Herstellung neuer Pläne). Für vollständige Neukartirungen aber würden
jene umstände insofern unangenehm empfunden worden sein, als für
diesen Fall die Netz-Intersectionen mit den Blattseiten erheblich
convergiren, indem wir ja stets die älteren, allgemeinen Blätter kartiren
müssen, deren Seiten bekanntlich Abschnitte von Parallelen, bezw. von
Perpendikeln auf den Münchener Meridian sind.
Ein besonderer Umstand verwickelt die Sache noch. Die bis-
herige allgemeine Vermessungsachse weicht vom Meridian des Coor-
dinatenursprungs naeh neueren Bestimmungen um 14,5'' ab. Nähme
man daher zu den meridionalen Localachsen die wirklichen Meridiane
der neuen Local - Nullpunkte, so müssten die Transformationen der
älteren Netzpunkte auf diese Localachsen, und umgekehrt die der
neueren Punkte zurück in das allgemeine System, noch umständlicher
330 Franke. Die Oonformität in Bayern.
werden. Würde man aber die neuen Localachsen meridionaler Riebtung
ohne Berüeksichtigang der oben erwähnten Meridiandifferenz von 14,5",
also in Uebereinstimmang mit der jetzigen Yermessnngsachse anlegen,
so fiele allerdings die durch jene Differenz veranlasste weitere Er-
schwerung der sonst schon nicht einfachen Transformationsformeln weg,
man hätte aber dann Localachsen von bloss annähernd meridionaler
Richtung, d. h. nicht den wirkliehen Meridian der neuen Partial-Null-
punktC; und dann doch nicht erreieht; was man erreichen wollte.
Für die schiefachsigen OoordinateU; deren Yermessungsaehsen auf
den ursprünglichen Ordinatenkreisen der neuen Nullpunkte senkrecht
stehen und daher mit der allgemeinen Abscissenachse erst bei 90^ Breiten-
unterschied zusammentreffen, gefügt zu diesen Transformationen eine
Tstbelle von bloss 4^/2 Octavseiten, mit der sich alle Umwandlungen
in einfachster Weise vollziehen. (Jede der beiden Transformations-
formein für x und y hat nur ein Glied, die erste mit zwei, die andere
mit einem Argument.) Es wäre zwar möglich gewesen, die Qaer-
rtehtnngen der localen Systeme (:k40km) hinsichtlich der linearen
Verzerrungen auf ± 90 km auszudehnen, aber einmal sollten diese
Vergrösserungen, entsprechend bisherigen Anschauungen, numerisch ein-
geschränkt und auch die Richtungsverzerrung auf einen so geringen
Betrag (für 7 km 2,8" im Maximum) herabgebraeht werden, der die
Verwendung der vorhandenen Diagramme für die sphärischen Corrections-
glieder bei der Triangulirung IV. Ordnung als unnöthig erscheinen
lässt. (60 km mit 5,7'^ für 7 km im Maximum wie in Preussen dürfte
selbst für Punkte IV. Ordnung zu gross sein.)
Was nun die von Herrn Jordan erwähnten besonderen Nachtheile
der schiefachsigen Ooordinaten hinsichtlich ^der niemals abzuschaffenden
geographischen Ooordinaten^ anbelangt, so hat man es nach durchgeführter
einheitlicher Coordinirung der Netzpunkte I. und IL Ordnung —
wie in Bayern — für die trigonometrische £inschallung nie mehr mit
geographischen Ooordinaten zu thun. Und selbst diesen Fall angenommen:
mit Benützung unserer Hilfstabelle verwandeln wir in 1 — 1 ^j^ Minnten
die localen in allgemeine Ooordinaten — und zwar bis auf den Oenti-
meter genau — worauf die Ableitung der geographischen Ooordinaten
sieh in gewöhnlicher Weise vollzieht. Die Rücksicht auf die geo-
graphischen Ooordinaten dürfte daher kein ausschlaggebendes Argument
gegen die Schiefachsigkeit bilden.
In Kürze zusammengefasst, sprechen also folgende Gründe zur
Zeit gegen die unbedingte Zweckmässigkeit einer Einführung der Oon-
formität in das jetzige einheitliche Oongruenzsystem der bayeri^hen
Landesvermessung:
1) Die nur theil weise Erneuerung unserer Messungen und dabei in
getrennten Gebieten;
2) die Nothwendigkeit, etwaige locale Ooordinaten im Allgemeinen,
und umgekehrt, mit grösster Leichtigkeit und ohne besondere
Fraske. Die Conformität in Bayern. 3S1
Reehnung umwandeln zu können, besonders fttr jene Arbeiten,
welche noch im allgemeinen System, bezw. in den älteren Plänen
erfolgen (da Blatt- und Coordinatensystem bei uns sozusagen
identisch sind). Denn da es sich hierbei in den äusseren Systemen
noch um doppelte Reductionen, d. h. um die Transformation
der gegebnen Ooordinaten auf locale Achsen und dann noch
um die HerbeifQhrung der Conformität handeln würde, so könnte
man diesen doppelten Ucbertragungen nicht gerade den Vorzug
der Vereinfachung zuerkennen;
3) die durch Localachsen meridionaler Bichlung herbeigeführte
grössere Umständlichkeit der Ooordinaten • Transformation verbunden
mit der stärkeren ConTergenz der Intersectionslinien gegen die
Blattseiten, solange letztere die bisherigen, auf den Mflnchener
Meridian bezogenen sind, während in unseren Localsystemen jene
Transformation einfacher und diese Convergenz geringer ist;
4) der Gewinn, dass die prinzipielle Festhaltung an Congruen&*
coordinaten es ohne Weiteres ermöglicht, in unserem Localsystem I
für 28 000 qkm oder für nahezu 2/5 der Landesfiäche die allge*
meinen Coordinaten ohne alle Aenderung zu belassen. Den lieber-
gang zu confonnen Coordinaten jedoch erst für die Triangulirungen
und Vermessungen in den westlich und östlich abliegenden
äusseren Landestheilen (^j^ der Landesfläche) za yolMehen, erscheint
unstatthaft, weil die Einrichtungen «incr systematischen Landes-
vermessung gleichheitlich und stabil sein mtlssen.
Man kann entgegenhalten, dass aUen diesen Gründen höchstenfalls
nar eine nebensächliche, aber keine durchschlagende Berechtigung
innewohne. Aber wenn man das auch theilweise zugeben wollte, schon
ein geringer Zweifel an der Verwirklichung aller gehofften Vortheile
genügt in solchen Fällen, um im Staatsorganismus der Erhaltung des
^Bestehenden^ oder doch der möglichst geringsten Abweichung von
demselben das Uebergewicht zu verleihen. Und solche ,,grös8ere Ab-
weichungen^ sind bei der Conformität in dem vermehrten Betrage der
linearen Verzerrung, in den empfohlenen meridionalen Localachsen mit
der zugehörigen Coordinatentransformation, in der Doppelreduction bei
den äusseren Systemen — die überhaupt das grössere Hemmniss bilden —
und in der stärkeren Convergenz der Intersectionen sicher vorhanden,
während die schiefachsigen Systeme d^n Bestehenden formell und
materiell sich weit mehr anschmiegen.
Ich kann nur wiederholen: unsere loealen Coordinaten haben bloss
die Bedeutung eines die technische Behandlung erleichternden Zwischen-
mittels, während die allgemeine und einheitliche, auf die Münchener Achsen
bezogene Coordinirung im Allgemeinen erhalten bleiben soH. Erst wenn
man einmal daran ginge, diese letztere aufzugeben (wozu bedingungsweise
ich persönlich neigte), könnte die Sache kräftiger angegriffen und dann
vielleicht auch Bayern anstatt auf dem Boden der bisherigen Congrnenz
332 Franke. Die Conformftät in Bayern.
auf dem der Conformität gefanden werden^ da deren Vortheile wenigstens
in den Eingangs besprochenen Richtungen ja unzweifelhaft sind. Dann
aber würde man auch wohl die Coordinirung und das Blattsystem —
solange keine einheitliche Regelung der Geordinaten - Nullpunkte im
deutschen Reiche erfolgt — auf die endgiltigen Meridionalachsen zweier
Punkte gründen, deren Coordinaten im jetzigen System a;^ = + 80 km,
y^ = .±90km sein könnten, wodurch dann mit Maximalabscissen
± 175 km und Maximalordinaten . ib 90 km in nur zwei Systemen (mit
Ausnahme des besonderen Systems der Rheinpfalz) die wesentlichsten
V-orzüge der Conformität und der rein ebenen Behandlung sämmtlicher
Yermessungsarbeiten, von der Triangnlirung III. Ordnung an bis
herunter zur Kartirung, mit einem Schlage gewonnen sein würden.
Würden!! Denn ich muss bekennen, dass die vorstehende Aeusserang
rein privaten, keinesfalls etwa auch nur halbamtlichen Charakters ist
und dass bei uns allem Vermuthen nach z. Z. die Stimmung noch für
die Congruenz und gegen die Conformität ist. Hierbei thut es wenig
zur Sache, ob diese derzeitige Ablehnung auf die oben erwähnten blossen
Zweckmässigkeitsgründe — deren Gewicht ja subjectiv vergrössert oder
verkleinert werden kann — sich stützt, oder ob Qleichgiltigkeit, Unter-
Schätzung oder Scheu vor Neuem zu Orunde liegen — der Effect ist
immer derselbe: Erhaltung des Bestehenden um jeden Preis.
Dieser Aufsatz war bereits geschrieben, als der Artikel des Herrn
Vogeler : ^ Vergleichung der Mecklenburgischen conformen Eegelprojection
mit der congruenten Soldner'schen Projection** (Seite 257 — 263 der
Zeitschrift) erschira. Diese Ausführungen bestätigen und ergänzen ledig-
lich in allen Punkten die bisherigen Darlegungen Herrn Jordans
Ich könnte nur dazu bemerken, dass wenigstens binsiehtlich der Trian-
gnlirung Herrn Vogeler die graphischen Hilfsmittel vielleicht nicht
genauer bekannt sind, mit denen wir die Erschwerung durch die
sphärischen Rechenglieder im Soldner'schen System mit verhältnissmässiger
Leiclitigkeit überwinden. Immerhin, wenn auch gemindert, bleiben es
doch Erschwerungen, denen wir durch unsere localen, gleichfalls
Soldner'schen Systeme mit ^ == ± 40 km entgehen wollen, wobei wir
aber doch noch genöthigt sind fUr die Triangnlirung III. Ordnung
von ^ = i: 20 km an die sphärischen Correctionsglieder zu beachten
da wir hier mit der Richtungs Verzerrung unter 1" bleiben wollen.
Allerdings genügt ein blosser Blick auf die Diagramme um diese (geringen)
Correctionen zu erhalten.
Aber bei aller Anerkennung der seinerzeitigen unleugbaren Ver-
dienste des grossen Oeodäten Soldner, müssen wir sagen: Das durch-
schlagende Mittel liegt eben allein in der Oauss'schen Conformität, die
schliesslich doch mehr ist als ein blosser theoretischer Vortheil, dann aber
auch in dem Aufgeben unserer bisherigen Coordinirung in einem System
und sofortiger Bildung zweier definitiven Localsysteme, wie bereits oben
erörtert. J. H. Franke.
Steiif. Zur Wahl der Art und Lage des CoordmatenBystems etc. 333
Zur Wahl der Art und Lage des Coordinatensystems
einer Landesvermessung;
von Vermessungscommissair Steiff in Stuttgart.
lieber diese Frage ist in der letzten Zeit in dieser Zeitschrift^ ins-
besondere in Heft 7 dieses Jahrgangs unter der üeberschrift „Congruente
oder conforme Coordinaten", *) mehrfach geschrieben worden. Wir
haben schon vor einigen Jahren Veranlassung gehabt, hierüber Erwä-
gungen anzustellen unter dem Gesichtspunkt der Anforderungen der
technischen (Kataster-) Vermessungen; auf Grund derselben sind wir der
Ansicht; dass die Ausführungen des Herrn Professor Dr. Jordan auf
S. 202 — 204 den Kern der Sache treffen. Voraussichtlich wird diese
Frage noch weiter erörtert werden und so möge die Niederlegung
unserer Ansicht in Nachstehendem gestattet sein.
Der Zweck eines Coordinatensystems für die praktische Landmessung
ist, die gegenseitige Lage von Punkten eines möglichst grossen Gebietes
(Landes) auf einfache Weise in Maasszahlen derart darzustellen^ dass
das hierdurch bestimmte Lagebild der Punkte ihrer wirklichen Lage
möglichst entspricht, dass also die aus den Coordinaten abzuleitenden
Beziehungen (Entfernungen, Winkel, Flächen etc.) in Plänen aufgezeichnet
oder auf einfache Weise in Zahlen berechnet werden können^ wobei
dieselben gleichzeitig der Wirklichkeit genau oder wenigstens möglichst
genau entsprechen müssen.
Wenn wir nun zunächst absehen von den in unseren Beobachtungen
liegenden unvermeidlichen Fehlern, so ergiebt sich sofort, dass obiger
Zweck nur dann vollkommen erreicht werden könnte, wenn unsere Erde
eine Ebene wäre. Denn einerseits können unsere Karten in der Regel
nur auf ebenen Planblättern dargestellt werden, andererseits werden die
verschiedenen Berechnungen (von Entfernungen, Winkeln, Flächen etc.)
nur dann möglichst einfach, wenn solche nach den Formeln der ebenen
Geometrie bezw. Trigonometrie ausgeftihrt werden können. Die wirkliche
(Ellipsoid-) Gestalt unseres Erdkörpers macht sich daher bei grösseren
Gebieten um so bälder störend bemerkbar, je grösser die Ansprüche an
die Genauigkeit unserer Maassangaben, d. h. an deren Uebereinstimmung
mit der Wirklichkeit sind ; doch genUgt es für nachstehende Betrachtungen
vollauf, an Stelle der ersteren eine Kugelgestalt der Erde anzunehmen.
*) Die neuerdings vorkommende Bezeichnung congruente Coordinaten für
die Soldner 'sehe Projectionsart erscheint uns, wenigstens in dem engen Zu-
sammenhalt mit der Bezeichnung conforme Coordinaten für die Gauss^sehe
Projeetion, nicht ganz treffend. Einerseits geben die Soldner^schen Coordinaten
ein dein Urbild (der Wirklichkeit) congruentes Bild nur, wenn man letzteres
auf einer Kugel sich gezeichnet denkt, während andererseits die Gauss'schen
Coordinaten nnr dann ein dem Urbild conformes Bild geben, wenn letzteres in
die Ebene übertragen ist.
334 Steiff. Zur Wahl der Art und Lage des GoordiBatensystems
Da 68 sieb hiernach zar ErfÜllaDg obigen Zwecks um die Abbildung
einer Kugelfläche auf eine Ebene handelt, eine solche aber nicht ohne
Inkaufnahme von Verserrungen möglich ist, so haben bekanntlich Soldner
und Oauss derartige rechtwinklige Coordinatensysteme in die Land
messung eingeführt, dass für eine entsprechend schmale Zone seitlich
des zur Abscissenachse gewählten Grosskreisbogens diese VerzerrnngeD
soweit möglich klein sind, so dass sie im Vergleich zu den sonstigen
unvermeidlichen Beobachtungsfehlern vernachlässigt werden können.
Diese Verzerrungen sind stets Verdehnungen gegen die Wirklichkeit
und betragen bekanntlich die Vergrösserungsverhältnisse
bei Soldner bei Gauss
wo y die Ordinate, r den Erdhalbmesser und a den Richtungswinkel
einer kleinen Strecke bedeutet. Vom theoretischen Standpunkt aas
betrachtet ist das Soldner'sche System dem Gauss^schen überlegen, da
für einen und denselben Punkt wegen des Factors cos ^a bei Soldner
die Verzerrung von 0 (in der Richtung der Ordinaten) bis ——^ (in der
Richtung der Abscissen) wächst, während dieselbe bei Gauss letzteren
Maximalbetrag nach allen Richtungen beibehält — wenigstens für un-
endlich kleine Strecken; aber auch für nicht besonders grosse Strecken
sehr nahezu giltig. — In der Praxis handelt es sich nun aber zumeist
um die gegenseitige Lage benachbarter Punkte und nur äusserst
selten um die Beziehung eines Punktes mit grossem Ordinatenabstand zu
einem weit entlegenen Punkte (etwa zu seinem Symmetralpunkt in Bezog
auf die Abscissenachse als Symmetralachse). In dem Gauss'schen System
ist aber der Unterschied der Verzerrungen von benachbarten Punkten
sehr gering, und sind daher auch die Winkel Verzerrungen verschwindend
klein; anders im Soldner'schen System, wo die Verzerrungsunterschiede
in jedem einzelnen Punkt von 0 bis zum Betrag der Gauss'schen Ver-
zerrung je nach den verschiedenen Richtungen wachsen.
Nehmen wir z. B. die Aufnahme eines Quadrats von 1 km Seiten-
länge in dem mittleren Abstand y = 100 km von der Abscissenachse.
Die Verzerrung im Gauss'schen System beträgt hier nach allen Rich-
tungen 123 mm auf 1000 m; d. h. eine in Wirklichkeit 1000,00 m
lange Strecke, welche bei sphärischer Berechnung aus den Ganss'schen
Coordinaten sich ebenfalls = 1000,00 m findet, berechnet sich unter An-
nahme dieser Coordinaten als ebene zu 1000,123 m. Wird diese Strecke
mit vollständig genauen Messstangen gemessen und ohne die unver-
meidlichen kleinen Fehler, so ergiebt sich dieselbe zu 1000,00 m; da
dieselbe jedoch aus den Coordinaten zu 1000,12 m berechnet ist, so
müssen die 5 m - Messlatten je um 0,6 mm kleiner sein als ihr Normal-
maass, damit sich bei der Messung der Strecke das aus den Coordinaten
einer Landesvermessniig. 335
berechnete Maass ergiebt. Anders liegt hier die Sache im Soldner'schen
System; während die 1000,00 m langen Quadratseiten in der Ordinaten
richtung sich ans den Coordinaten ebenfalls zu 1000,00 m sowohl
sphärisch als eben berechnen und mit normalmässigen Messlatten eben-
falls = lOOOyOO m gefunden werden, ergeben sich die 1000,00 m langen
Seiten parallel der Abscissenachse, bei sphärischer Berechnung zwar eben-
falls 1000,00 m, bei ebener Berechnung aber = 1000,12 m, - wie bei
Gauss, und müs^ten deshalb die beiden 5 m-Messlatten bei Messung in
der Abscissenrichtung je um 0,6 mm kürzer sein al^ ihr Normalmaass,
damit das aus den Ooordinaten berechnete Maass erhalten wird. Uin
somit eine Uebereinstimmung der Längenmessungen mit den Angaben
der Coordinatensysteme zu erhalten, müssten in obigem Falle bei
Soldner'schen Coordinaten verschiedene 5m- Messlatten benutzt werden^
deren Länge je nach der Riehtang, in welcher gemessen wird, zwischen
5,0000 m und 4,9994 m schwankt, während bei Gauss'schen Coordinaten
ein Paar Messlatten je mit der Länge 4,9994 m genügen würde.
Die württembergische technische Anweisung vom 19. Januar 1895 *)
verlangt in § 2, 36 und 37, dass die Aufnahme von Feldlagen unter
Aussteckung von Parallelsystemen **) und unter Ausgleichung der letzteren
auf das (durch Soldner 'sehe Coordinaten festgelegte) Dreiecksnetz der
Landesvermessung vorgenommen wird derart, dass „in jedem einzelnen
Fall diejenigen Verbesserungen der Messstangenlängen ermittelt und
berücksichtigt werden, durch welche eine möglichst gute zahlenmäasige
Uebereinstimmung der neuen Aufnahme mit dem trigonometrischen Netz
erzielt wird." Hierdurch wird offenbar die erheblich grössere Genauigkeit,
welche in den durch Anschluss an das Dreiecksnetz I. Ordnung mittelst
Triangulation erhaltenen Maassen im Vergleich zu den mittelst gewöhn-
licher Streckenmessung erhobenen Maassen liegt, auch für die einzelnen
Maasse der Stückvermessung aufs möglichste verwerthet. (Diese Ausgleichung
auf das trigonometrische Netz wird sonst im Allgemeinen gelegentlich
der Berechnung der Coordinaten der Polygon- und Kleinpunkte durch
Vertheilung der hierbei sich zeigenden Widersprüche vorgenommen; die
Maasse der Stückvermessung bleiben jedoch, soweit solche die meist
ziemlich weit gesteckten Fehlergrenzen nicht überschreiten, ganz unab-
hängig von denjenigen des trigonometrischen Landesnetzes.)
Hierdurch war Veranlassunggegeben, die Wirkung, welche die Benutzung
der in Soldner's Projection gegebenen Coordinaten als ebene Coordinaten auf
die Aussteckung eines solchen Parallclsystems hat, näher zu untersuchen ;
wobei wir zur Vergleichung sofort auch die Gauss'sche Projection zur
Untersuchung zogen. Wir nahmen hierzu die wohl äusserst vorkommenden
Verhältnisse, nämlich ein Quadratsystem von 1000 m Länge im Abstand
*) Näheres, Titel etc., vergl. Zeitschr. f. V. 1895, S. 280.
**) Vergl hierüber Weitbrecht in Zeitschr. f. V. 1890, 8. 129.
336 Steiff. Zur Wahl der Art und Lage des Coordinatensystems.
100 km TOD der Landesvermessungsachse in zweierlei Lage, parallel
und diagonal zu letzterer. (Im Allgemeinen werden Parallelsysteme,
deren rechte Winkel und Parallelen bei grösserer Breite als 50 m mit
dem Theodolit ausgesteckt werden^ Längen von 400 bis 600 m und
Breiten von 300 bis 500 m selten übersteigen, auch der Abstand 100 km
kommt nur in einem Oberamtsbezirk vor.) Würde hiernach zum Zweck
der Stttckvermessung auf Orund einer in sphärisch rechtwinkligen Coor-
dinaten niedergelegten Triangulation eine Figur auf trigonometrischem
oder polygonometrischem Wege so ausgesteckt werden, dass ihre Co-
ordinaten — eben betrachtet — die Ecken eines Quadrats von 1000 m
Länge darstellen, so ist diese Figur in Wirklichkeit kein solches Quadrat,
ihre Abmessungen sind je nach der Art der Projection verschieden und
«lus nachstehender Tafel übersichtlich zu ersehen.
Pkt.
Aus den Coordinaten
berechnen sich
X
m
y
m
Bz.
die Strecken
ii ihenem
SyitMi
m
is 8ol4ier*8
m
in fiaasi'
Syitem
m
Bez.
die Richtungswinkel
in «beiem 1 in Soldier'i
System
g
Sylt«
g
ii fiiifl'
Sjilei
g
A
B
C
D
P
Q
R
S
+500,000
-500,000
—500,000
+500,000
+707,107
± 0,000
—707,107
dl 0,000
+ 99500,000
+ 99500,000
+100500/X)0
+100500,000
+100000,000
+ 99292,893
+100000,000
+100707,107
AB
BC
CD
DA
AC
BD
PQ
QR
RS
SP
PR
QS
1000,000
1000,000
1000,000
1000,000
1414,214
1414,214
1000,000
1000,000
1000,000
1000,000
14]4,'il4
1414,214
999,878
1000,000
999,876
1000,000
1414,109
1414,109
999,940
999,940
999,938
999,938
1414,040
1414,214
999,878
999,877
(AB)
(BCj
999,876 (CD)
999,877
1414,040
1414,040
(DA)
(AC)
(BD)
999,878 (P Q)
999,878 (QR)
999,876 (R S)
999,876 (S P)
1414,0401 (PR)
1414,040 (Q S)
200^0000o
lOO^^OOOOo
O^OOOOo
aoo^oooOo
löO^OOOOo
öO^^OOOOo
250^0000o
löO^OOOOo
50*0000o
350^0000o
äOO^OOOOo
lOO^OOOOo
199*^99992
lOO^OOOOo
O^OOOOg
300*0000„
149^960
70
50^0040,0
250^0038,2
149*^9960,6
50^0038,8
}2
349^9961
199^999,5
100*^0000,0
199^9999:
loota,
O^OOOÖ,
aoo^öoooj
14/9999|
ÖO^OOOüJ
24/9999,J
149^9999,
SoO^OWi
199^94
lOO^OOOÖ,
Der Einfluss der Verzerrung auf die linearen Abmessungen mit
höchstens 0,12 ^/qq bei Soldner wie bei Gauss ist im Hinblick auf die
unvermeidlichen Fehler der gewöhnlichen Längenmessungen noch an-
nehmbar. Anders aber liegt der Fall bei den ungleich genauer aus-
führbaren Winkelmessungen, wo Verzerrungen (bis 78,8®^ bei ^ BSP
bei Soldner's Projection, gegen 1,2^*^ bei Gauss) bei Absteckungen von
rechten Winkeln mit dem Theodolit sehr unangenehm störend wirken.
Wir möchten deshalb wünschen, dass die Coordinaten der Wttrttem-
einer Landesvermessimg. 337
bergischen Triangulirung in Gauss'scher und nicht in Soldner'scher
Projection berechnet wären.
Der Umstand^ dass die Verzerrungen durchweg Verdehnungen und
bei Gauss für kleine Strecken nach allen Richtungen gleich sind, lässt
mittelst eines kleinen Kunstgriffs die lineare Grösse der Längen-
änderuDgen leicht auf ihre Hälfte bringen; wenn man nämlich die
Verdehnungen durch entsprechende Verkürzungen vermindert bezw. auf-
hebt. Bei den bisherigen Triangulirungen sind unseres Wissens die
Längenangaben auf Grund von Basismessungen genau der Wirklich-
keit entsprechend gemacht, was jedoch wegen der Verzerrungen nur
entlang der Abscissenachse zutrifft. Führen wir nun aber durchweg
Verkürzungen ein, so werden hierdurch die Verdehnungen der sphärischen
Verzerrungen theilweise aufgehoben. Nehmen wir als grösstzulässige
Längenänderung (Verdehnung und Verkürzung) = 0,05 ^/q^,
80 verkürzen wir die Maasse durchweg um , dann sind bei
20 000
Gauss'scher Projection die Längenangaben entlang der Achse um
0,05 %o gegenüber der Wirklichkeit zu kurz, bei Ordinaten von 64 km
der Wirklichkeit entsprechend und bei Ordinaten von 90 km um 0,05 %o
zu lang. So lässt sich also auf einfache Weise die Breite der Zone,
welche bei vorstehendem Verzerrungsmaximum bisher 60 km seitlich
der Achse betrug, auf das li/2fache, 90 km erhöhen; und zwar einfach
dadurch, dass diese Verkürzung an der Basislänge angebracht wird.
Bei sämmtlichen vorstehenden Betrachtungen haben wir bisher auf
den Einfluss der Höhenunterschiede im darzustellenden Gebiete keine
Rücksicht genommen; vielmehr wurde angenommen, dass das Gebiet
in Meereshöhe oder aber auf einer Hochebene liege (wobei in letzterem
Falle die Basislänge nicht auf die Meereshöhe, sondern auf die Höhe
der Hochebene bezogen sei). Unseres Wissens ist auch bisher in den
Hand- und Lehrbüchern über Vermessungskunde und in diesbezüglichen
Aufsätzen der Einfluss der Höhenerhebungen über den Vermessungshorizont
auf die Längenangabenzwar kurz bemerkt, derselbe Jedoch nicht in Verbindung
gebracht worden mit den Betrachtungen über die Verzerrungsverhältnisse
bei den Goordinatensystemen*); und doch ist dieser Einfluss bei den
vorhandenen Höhenverhältnissen von derselben Grössenordnung wie
derjenige der Erdkrümmung! Die Goordiuaten der Signalpunkte einer
Landesvermessung werden wohl ausnahmslos stets mittelst Triangulirung
gewonnen; die Längenangaben stützen sieh hierbei auf 1 oder mehrere
möglichst genau gemessene Grundlinien. Um einen Vergleich ver-
*) Die Bemerkang von Professor Jordan in diesem Bande S. 202 behandelt
u. W. erstmals öffentlich die beiden Fragen gemeinsam. Professor Hammer
hat in Petermanns Mittheilungen 1895 Heft 8 den Einfluss der Höhenverhältnisse
auf die Flächenangaben vom Standpunkt des Geographen aus behandelt.
Zeitschrift für Vermessungswesen 1896. Heft 11. 2^
338 Steiff. Zar Wahl der Art und Lage des Goordmatensystems etc.
schiedener OrandlinieDangaben ziehen zu können, ist es nothwendig,
deren Längen auf ein and denselben Horizont zu beziehen, und wird
hierzu gewöhnlich die Meereshöhe genommen (uns ist als einzige
Ausnahme hiervon nur die Vermessung Württembergs bekannt, wo der
Vermessungshorizont 274 m über dem Meere angenommen ist). Die
Winkel werden mittelst des Theodoliten als Horizontalwinkel, d. h. als
Winkel zwischen den, durch den Standpunkt einerseits und die Ziel-
punkte andererseits, gedachten Verticalebenen gemessen und so kommt
es, dass sämmtliche Längenangaben einer Triangulirung als in dem-
jenigen Horizont gemessen erscheinen, auf welchen die Orundlinien
bezogen sind.
Nun beträgt aber wegen der Vergrösserung der Entfernung vom
Erdmittelpunkt die Vergrösserung einer Linie von 1000 m Länge bei
1000 h
einer Höhe h über dem Vermessungs -(Meeres -)horizont =
r
also auf je 63,7 m Erhebung 0,010 m; somit auf 500 m 0,079 m und
auf 1000 m 0,158 m.^) Hieraus erhellt sofort, dass für einigermaassen
höher gelegene Länder, (wie z. B. fUr Sttddeutschland, Schweiz) es nicht
angezeigt ist, den Vermessungshorizont bei den technischen Landes-
triangnlirungen mit der Meereshöhe zusammenfallen zu lassen, weil
die hierdurch hervorgerufenen Längenänderungen eine Grösse erreichen^
welche an diejenige der unvermeidlichen Längenmessungsfehler grenzt.
Die Nichtberücksichtigung der Höhenlage, welche gegenüber der
Wirklichkeit kürzere Längenangaben hervorruft, wirkt andererseits bis
zu einem gewissen Grade den sphärischen Verzerrungen entgegen. Für
eine Hochebene mit mittlerer Höhe von 320 m betragen, im Falle die
Grundlinie und damit die Längenangaben der Coordinaten auf Meeres-
höhe bezogen ist, die Längenänderungen für den ganzen Streifen von
je 90 km seitlich der Abscissenachse nirgends mehr als 0,05 %o.
In Württemberg, dessen mittlere Höhe nach Inspector Regelmann
500 m über dem Meere beträgt, liegt der Vermessungshorizont 274 m
über dem Meere. Wären die Höhenunterschiede selbst nicht erheblich,
so wären die Maassangaben in der Nähe der Abscissenachse um 0.033 %o
kleiner als die Wirklichkeit, bei 52 km seitlich der Achse wegen der
Soldner'schen Projection von Nord nach Süd der Wirklichkeit entsprechend
von Ost nach West ebenfalls um 0,033 %q kleiner, bei 74 km seitlich
der Achse von Nord nach Süd um 0,033 ^Jqq grösser, von Ost nach
West um 0,033 %o kleiner als die Wirklichkeit. Da jedoch die
*) Die Richtigkeit der eingangs gemachten Bemerkung bezüglich der
Nichtberücksichtigung der Ellipsoidgestalt des Erdkörpers bei vorstehenden
Erörterungen wird sofort erkannt, wenn wir anfuhren, dass eine das Erd-
ellipsoid im Anfangspunkt des Goordinatensystems berührende Kugel (mit dem
Krümmungsradius als Halbmesser) sich in einer Entfernung von 2 BreitengradeD,
also von 222 km, erst um rund 3 m über das Ellipsoid erhebt, welche Er-
hebung auf die Längenänderung von verschwindendem Einfluss ist.
Krüger. lieber den Anschluss eines secmidären Dreiecksnetzes etc. 339
Höhenverhältnisse Wtlrttembergs stark wechselnd sind^ so haben wir
schon vor einigen Jahren anlässlich oben erwähnter Untersuchungen
anter Benutzung der Höhencurvenkarte von Regelmann in 1:600 000
eine Darstellung der Linien gleicher Verzerrung (der Aequideformaten)
gefertigt. Diese Darstellung würde, wenn die Coordinaten in Oauss^scfaer
Projection berechnet wären, die Längenänderung in jedem einzelnen
Punkt nach allen Richtungen geben, bei Soldner*s Projection zeigt
dieselbe nur die Längenänderungen parallel der von Süd gegen Nord
ziehenden Abscissenachse. Die Aequideformaten für die Ordinaten
fallen dagegen mit den Höhencurven in Stufen von 67,3 m (von dem
Vermessungshorizont 274 m an gezählt) zusammen.
All dies weist darauf hin, bei der Wahl der Lage von Coordinaten-
systemen fttr eine Landesvermessung nicht bloss den Umfang des Gebiets
und die geographische Lage, sondern auch die Höhenverhältnisse
desselben in Betracht zu ziehen. Die Achse ist womöglich in die
Niederung zu legen und die ümfangsgrenzen des Systemgebiets möglichst
im Gebirge zu wählen. An der Hand einer Höhenschichtenkarte ftir
ein in Frage kommendes Gebiet lassen sich für jede einzelne Lage der
Achse eines Coordinatensystems (und zwar verschieden, sowohl in
horizontaler als verticaler Beziehung) die bei demselben nothwendig
eintretenden Längenänderungen zum Voraus berechnen, somit auch die
geeignetste Lage feststellen.
In allen Fällen ist aber das Gauss'sche System dem Soldner'schen
vorzuziehen, trotzdem die Verzerrungen desselben hinsichtlich der
Flächen das Doppelte betragen als in Soldner's System. Letztere er-
reichen bei entsprechender Wahl der Höhenlage des Systems in den
einzelnen Fällen nur den Betrag von 1 : 10000 und werden fUr das
Gesammtgebiet nahezu = Null.
lieber den Anschluss eines secundären Dreiecksnetzes
an ein Hauptnetz;
von Dr. L. Krüger in Potsdam.
Fortsetzung von Seite 307.
VL
Infolge des Anschlusses an das primäre Netz werden zwei beliebige
Punkte Lj und L^ des secundären Netzes, deren Lagen durch die
complexen Grössen z' und z" bestimmt sind, um C' undC" verschoben.
Die Seite L^ L, erfährt hierdurch eine Aenderung ihrer linearen Länge
und eine Verdrehung gegen ihre Anfangslage.
Wird die Länge der Seite L, L^ mit 2i.2 und ihr Azimnt mit 011.2
bezeichnet, so ist
2^' - 2' = ^., e *«i.».
22*
340 Krüger. Ueber den AxuBchlasB eines secundären
Die logarithmische Differentiation dieser Gleichung giebt:
+ i A ai.2 ; (1)
Az'-Az' r-C AZi.2
Z — Z Z — Z li,2
A lt.i ist die Längenänderong und A ai.^ die Verdrehung der Seite L^ I,.
Aus GL (1) folgt:
und wenn man links Zähler und Nenner mit a?" — aj' — i(y"—y)
multiplicirt, so giebt die Trennung des Reellen und Imaginären
-T^ = -7^ {(«'" - «') («" - s') + (y" - y') (V - V) }
A «1.8=-^ K-*')(V'-V)-(y"-y')(r-r)).
Um A ai.2 in Secunden zu erhalten^ ist rechts noch mit 206 265 zn
multipliciren. Entwickelt man andererseits C" — C' =fi^") — f{z'\ so
ist, wenn man
f I ^ff ff / ff f
z + z z —z z —z
^ = S 1 S =^m +
2 ■ 2 •" ' 2
f , tf ff f tr i
Z + Z Z Z Z Z
2 2
Ztn **""
setzt, nach dem Taylor 'sehen Satze
Zm ist die complexe ZahlengrössC; welche zum Mittelpunkt der
Seite Lj L, gehört.
Es lässt sich mithin für Gl. (1) auch schreiben
Die Trennung des Reellen und Imaginären giebt hier, da infolge
der Functionsbedingongen
— und ' —
dx dy dx dy '
ist, wenn ausserdem für
(z'—z'y = 11,2 (cos 2 «1.2 + i sin 2ai.2), u. s. w., eingesetzt wird:
l-z — j, {^"^)> II- 8- '''^- bedeutet, dass ftir » = «;„ und für y=^ym ge-
setzt werden soll, wo a?m, ym die Coordinatien der Mitte von Lj Lj sind.
(*)
Dreiecksnetzes an ein Haaptnetz. 341
Die Veränderung, welche der Winkel L^ L^ L^ durch den Anschluss
erleidet, wird aus — A ai.2 + ^«18 erhalten.
Bei 2 Anschlusspunkten ist
mithin nach Gl. (4)
A^=a, und A«i., = 6., <5)
^1.2
d. h. die durch den Anschluss hervorgerufene Aenderung des Maass-
stabes und die Verdrehung sind fttr alle Seiten constant und zwar ist
nach Gl. (5) und Gl. (6) unter 11 für irgend eine S^ite L^ L^ :
l
^« 1 AI
A logs
s Mod.
(6)
hi 1 I
Aai.2 ===-^L --aj,)(Tij--T],)-~(y,--yj)(S,~-S,)[= A l>.
s und d 'bezeichnen die lineare Länge und das Azimut der Anschluss-
seite P^P^*
Die Aenderung irgend eines Winkels L^L^ L^ ist na<5h <M. (5)
gleich 6j — 6j=0. Es folgt Weraus, wie bereits früher bemerkt
wurde, dass das Bild des Secundäfm^ftzes diesem ähnlich ist.
Beim Anschluss an 3 feste Punkte ist nach Gl. (15) uittiBr IFl
7) = 6, + fe, a; + a, y + ^2 (aj'^ — y') -h 2aj xy,
daher nach Gl. (4)
A/i.
y-^ = Oj + 2 ttj a?« — 2 62 y«.
A «1.2 = 61 + 2 &2 iPm + 2 ttj y;„.
Die Aenderung des Maassstabes und die Verdrehung der Seite
L^ Lj, welche durch den Anschluss an drei feste Punkte verursacht
werden, sind nur von der La,ge des Mittelpunktes von L^ L^ abhängige
Als Aenderung des Winkels L^L^L^ ergiebt sich aus der letzten
Gleichung :
— A «1.2 + A «1.3 = 65 {x" — x") + a^ (y '" — y")
== 1 2.8 (6 2 ^^^ ««.3 + «2 *'" ^2.3),
und wenn man fttr a^^=m cos (x und für h^^ssim^n^ schreibt,
= fe.3Wsin(jA + «2.3).
Von dieser Beziehung hat [Schols in einer zweiten Abhandlung
Gebrauch gemacht, um Formeln flir den Anschluss an drei Punkte
abzuleiten.*)
*) Verslagen en Mededeelingen der Koninkl. Akademie van Wetenschappen,
Afd. Katuurk. 2 de Reieks. Deel XVm. 1882.
342 Krüger, üeber den AnschlnsB eines secundären
Bei vier Anschlusspankten ist nach IV Ol. (8)
("äö") =^ ö^i + 2 »2 iPm — 2 6j y^ + 3 aj ixi, — yi,) - 6 63 rc« y«
0) - -.
folglich giebt hier die 61. (4)
— ^:1 = a, + 2 öj a?« — 2 6, y« + 3 a, (xl—yl) — 6 63 rc,» y„
-|^j (a, cos 2 <xi.2 — 63 sin 2 aia)
A «1.2 == 61 + 2 6j fl?^ + 2 a, y« + 3 63 {xl — yi) + 6 a, a?« y^
(l \^
^j (a, sin 2 ai.2 + 6, cos 2 «1.2).
Diese Oleichungen lassen sich noch etwas einfacher schreiben, wenn
man wieder
a^ = / cos X , a, = w cos |x , a^ = n cos v
i, =ZsinX , fej = msin|i. , &3=n8inv
setzt und für x^^ym die Polarcoordinaten r, cd einführt. Alsdann wird
. ^'^ = Z cos X + 2 wr cos (fi + co) + 3 nr^ cos (v + 2 a>)
+ « (-^) cos (v 4- 2 ai.2) ^g»^
A ai.2 = Z sin X + 2 mr sin (k + «>) + 3 nr^ sin (v + 2 cd)
(8)
(-¥■)'"■"(
+ n y-^j sin (V + 2 «1.2).
VII.
Die Methode der conformen üebertragung verlangt schon bei vier
Anschlusspunkten ziemlich nmständliche Rechnungen. Man wird deshalb
wohl bei grösserer Anzahl der Anschlusspunkte, namentlich, wenn der
Unterschied in den Lagen der beiden Netzen gemeinschaftlichen Punkte
nur gering ist, nach weiteren Näherungen suchen.
Ein solches Näherungs verfahren erhält man, wenn man das unter II
behandelte Abbildungsverfahren, nach welchem an 2 feste Punkte an-
geschlossen wird, nach einander auf sämmtliche gemeinschaftliche Punkte
anwendet. Das Secundärnetz sei also an n feste Punkte P^, JF^, . . P»*
anzuschliessen. Fügt man dasselbe nun zunächst an die Seite P^ F^j
indem man eine dem Secundärnetz ähnliche Figur construirt, deren
Seiten im Verhältniss P^ P^: P^P^ zu jenem stehen, so wird dadurch
eine bestimmte Lage des zu übertragenden Punktes P erhalten. Fährt
man fort nach und nach an die Seiten P^P^, P^Pl^ .. P\Pn, darauf
Dreiecksnetzes an ein Hauptnetz. 343
an die Seiten PJ PJ, . . P^PÜ u. s. w. und zuletzt an die Seite P*«_i P„*
anzuschiiessen, indem man also immer dem Secundärnetz ähnliche Figuren
Ti(n — 1)
conBtruirt, so erhält man im Ganzen — \— — verchiedene Lagen für
den Punkt P. Das arithmetische Mittel aus ihnen giebt die plausibelste
Lage des Punktes P an.
Nach II 61. (5*) und VI 61. (6) sind die Correctionen, die an die
Coordinaten x^ y eines beliebigen Punktes P anzubringen sind^ wenn
das Dreiecksnetz mit den beiden Punkten Ph und P^, deren Coordinaten
Xk , yh und a?* , yic sind, an die festen Punkte Pa* und P^* mit den
Coordinaten a?A -f" J^ , y/, + tq ä und rc* + Sä , y* + r^u angeschlossen wird:
j = -5- (?A + 6fc) — iy—yhjc) . A ÖA.Ä + {X'-Xk.ic)
Hierin bedeuten Xk,kf ynje die Coordinaten des Mittelpunktes der
Seite Pa Pj^, während Shjc und bhjc die Länge und das Azimut derselben
bezeichnen und
A »A.jk = "shv^'^^^^ ^^* '■"nh)-'{yk—yh) (5* — Sa)|
AM = J_A log 8Ajk = -^ (aJ*-^A)(£;k-JA)+(yfc-yA)(Tifc~ilA)l
Shjc Mod Shjc [ I
(2)
ist.
w (w— 1)
Solcher 61eichungen (1) giebt es — , der Anzahl der Vef-
bindungslinien zwischen den Anschlusspunkten entsprechend. Ist das
Quadrat des Fehlers der aus der 61. (1) erhaltenen Punktlage umgekehrt
proportional gh.ky mit anderen Worten: gehört zu den 61. (l) das 6e-
wicht jr&jk, so geben —^ — und ^ die plausibelste Lage des Punktes
P nach erfolgtem Anschluss an.
Werden die 6ewichte sämmtlich = 1 angenommen und setzt man
w -^^ n(n— 1)--^^\ Sh.k (3)
2 ^sT«/ . ^ . AsA.fc\ p ^ ^
7 T^ >.l ^Ä.fc-AitA.* -hyA.Ä: .— 1 = ^0
w(n— 1) -^^\ "^ «A.fc /
-^.r^rc
^8h,
k
= ^^ ^"^ ;^-:ity2^^^-^=^^'
n(n— 1) -^ «A.3k ' n(n— 1)
80 werden die Verschiebungen der Coordinaten des Punktes P infolge
des Anschlusses
i = A, + A,x—B^y
y^ = B,+B,x + A,y. ^ ^
Dadurch wird aber nach VI eine Figur hergestellt, welche dem
secundären Netze ähnlich bleibt, und zwar ^iebt Ä^ die Aenderung deq
^44 Krüger. Ueber den Anschlnss eines secandären
Makssstabes und B^ die Drehung um den Coordinatenanfang an^ die mit
dem Netze infolge des Anschlusses vorgenommen wird. Wegen dieser
Eigensehaft lässt sich das Verfahren auch benutzen^ wenn das anzu-
schliessende Netz ganz ausserhalb der Anschlusspnnkte liegt. Werden
Gewichte berücksichtigt^ so wird bei einer grossen Anzahl von Anschluss-
pnnkten auch dies Verfahren etwas umständlich.
vm.
Zu einem anderen Verfahren gelangt man wie folgt: Wenn man
bei n Anschlusspunkten die Punkte des secündären Netzes anstatt durch
eine Oleichung (n — 1) ten Grades einfach durch die lineare Beziehung
C = c, + .,^oderf = «o+;^^-^^y (1)
auf das primäre Netz zur Abbildung bringt, so lassen sich nun nicht
mehr als zwei der Anschlusspunkte Pjc mit den entsprechenden PH
zur Deckung bringen. Es wird jedoch überhaupt darauf verzichtet^
irgend welche entsprechenden Punkte beider Netze in Uebereinstimmung
zu bringen. Zur Bestimmung der Constanten wird vielmehr die Bedingung
gestellt; dass nach geschehener Abbildung für die gleichnamigen Punkte
beider Netze die Summe der Quadrate der absoluten Beträge der Lagen-
unterschiede ein Minimum ist.
Durch die Abbildung geht die complexe Coordinate z^ eines anzu-
schliessenden Punktes Pu in z^ + (c^, + c^Zk) über; da nun die Coor-
dinate des entsprechenden Punktes PI gleich Zje + Ck ist, so wird der
Lagenunterschied von PJ undPA; nach erfolgter Abbildung = Ca — (Co"^^i^)
sein. Die Constanten c^ und c^ sollen nun so bestimmt werden, dass
2 I Ca — {Cq + c^Zjc)]^ ein Minimum (2)
wird. Diese Forderung lässt sich auch durch die folgende ersetzen:
2 (Ca - (Co + c. Zu )) (C. ' - (Co' + c; Zk ')) = min., (2*)
worin Ca ' ; c^ u. s. w. bedeuten, dass in C;k ; c^ u. s. w. — / an Stelle
von + I gesetzt ist. Zur Herstellung des Minimums sind die Ableitungen
nach a^j b^, a^, b^ zu bilden und gleich Null zu setzen. Da aber
de . de ..3c' ^3c' .,
d a db da db
ist, so erhält man zur Bestimmung von c^ und c^ die folgenden beiden
Oleichungen, wenn man die Ableitung von 61. (2*) nach a^ zu der mit -|- '
multiplicirten Ableitung nach b^^ und ebenso die Ableitung nach a^ zu
der mit 4- ^ multiplicirten Ableitung nach b^ addirt:
Co W + ß^ 2 Äfc; = 2 Ca .gv
Cq 2 z\ + Cj 2 «'fc zjc ==lz\ Gk ,
Dreiecksnetzes an ein Hanptnetz. 345
die dasselbe ergeben, als wenn man Ol. (2*) nach c^' und c/ differentiirt
hätte. (Die Ableitungen nach c^ und c^ würden nichts Neues g^ben,
an Stelle von + i ist nur — i zu schreiben.)
Liegt der Coordinatenanfang im Schwerpunkte der Eckpunkte der
Anschlussfigur des secundären Netzes, so ist Sa?^ =0 = 2!^;^ , also
auch ^zic='Orssz^z\, und die Auflösung der 61. (3) giebt alsdann
c„ = — 51 Cfc und c, = -yl^ / (4)
oder
woraus folgt
a,_— -25, a, _ — ^^^-p^-y—
Oq = Z m Oj «= V / 4 — r~^2\ ^•
^ w ' i (iPfc 4- y* )
Diese Gleichungen erhftlt man auch, wenn man JCä — {Cq -[- Cj ä^)!^ =
fe — («0 + «1 ^* — *i yfc ))' + (y* — (*p +f>i^k + a^ yu ))* setzt.
Die Gl. (5) sind identisch mit den Foi^meki, welche Herr Professor
Helmert bei einem in der ^Längengradmessung^, S. 47 benutzten
besonderen Verfahren zum Aneinanderfügen zweier Dreiecksnetze erhalten
hat. Nach diesem werden die Netze in ihren gemeinschaftlichen Theilen
80 aufeinandergelegt, dass während gleichzeitig der Maassstab des einen
Netzes geändert, die Summe der Quadrate der Abstände gleichnamiger
Pankte zum Minimum wird. Dass hiermit das obige Verfahren über
einstimmen würde, war nach der Bedeutung von a^ und b^. Gl. (5)
unter VI, von vornherein klar.
Ein üebelstand dieser wie auch der üebertragung, welche durch die
Formeln (2), (3) und (4) unter VlI hergestellt wird, besteht darin, dass wenn
man nach erfolgter Abbildung die gleichnamigen Pankte zusammenfallen
lässt, nur die mit den Anschlusspunkten zusammenhängenden Dreiecke
des secundären Netzes verzerrt, die Winkel der anderen Dreiecke dagegen
nicht geändert werden.
Man könnte das vorstehende Verfahren auch auf mehr Glieder
ausdehnen, also in dem Ausdrucke
'\ = <^o + Ci^X + ''' + CmZyr (^=1 ..w), .
wo m<^n — 1 ist, die Gonstanten nach d-er Methode der kleinsten
Quadrate bestimmen. Es scheint aber dann, selbst wenn man sich der
bekannten Auflösung dieser Aufgabe mittelst Determinanten (J. P. Gram,
Crelle's Journal Bd. 94) bedient, die Rechnung umständlicher zu werden,
als wenn man die Lägrange'sche Interpolatioüsformel benutzt.
IX.
Auf die Gl. (1) und (5) des vorigen Paragrap^hen ftthrt in einem
besonderen Falle auch das folgende Verfahren.
346 Krüger. Ueber den Anschlass eines secundären
Man verbinde einen beliebigen Pankt P des secundären Netzes,
dessen Lage durch die complexe Grösse z bestimmt sei; mit den An-
schlnsspunkten P^jP^j , . , Pn^ Ist dann die Entfernung PuP gleich n
und das Azimut von Pic P gleich ^a, so ist
2f— 2ft = r*«^^k. (1)
Nachdem man nun mit der durch die Punkte PP^P^. .P^ be-
stimmten Figur eine kleine Drehung h^ um den Coordinatenanfang im
Sinne wachsender Azimute vorgenommen, ausserdem ihre Seitenlangen
durch Multiplication mit (1 -j- ^^i) geändert hat^ werden die Yerbindangs-
linien P, P,P^ P,,.PnP parallel nach den Punkten /^, i^, . . .P„*
verschoben. Die Lage eines Punktes Pk* ist auch hier wie vorher durch
die complexe Orösse Zk -{-Ik gegeben. Jede der n Parallelen durch
die Punkte Pk* liefert eine Bestimmung für die Lage des Punktes P
nach erfolgtem Anschluss.
Aus (1) folgt durch logarithmische Differentiation
dz — dzk dvk , .,
- = [-»acp
Z—Zk Tk ^*
und hieraus^ da Tk + drk =rt (1 + aj, d(fk=b^ und dzk=^ sein soll,
i:—Zk={z—Zk){a,+ib,) (2)
oder
Durch Trennung des Reellen vom Imaginären findet man
S — 6k =a^{x—xu) — b^(y — yk)
n —rik=a^(i/ — yk) + b^{x--Xk).
Bezeichnen Uk bezw. Vk die Verbesserungen^ welche an z und y] an-
zubringen sind, am die plausibelste Lage des Punktes Pnach dem Anschlass
zu erhalten, so ergeben sich mithin zu seiner Bestimmung die folgenden
2n Fehlergleichungen:
• • • • . .
Wn4-?n=S— «1 {x—Xn)-{-b^ (y— y«)} f?» + 1Qn=TQ— «i {y—yn)—b^ (X—Xn).
Die Unbekannten £; 7)^ a^, 6^ sollen die Bedingung erfüllen, dass
2 gk (Wfc + vi) = min. (4)
wird^ worin gk das zugehörige Gewicht bedeutet.
Wenn man die Bezeichnungen einführt:
l9k = 0
IgkXk =X —z^ 2 y* St = 8 X
-Q^gkyk=^Y ■g-2y*7]* = 8r
sl = (x— XkY + (y — yk)\
Dreiecksnetzes an ein Hauptnetz. 347
80 erhält man aas den Gl. (3) and (4) die nachstehenden Normal-
Gleichungen, wenn zuvor noch durch G dividirt ist:
£ . -(x^X) a,+{if—Y)b,=hX
fi — iy—Y) a,^{x—X)b^=iY
-Q^gk (Xk^+ffk-fik) - a?. 8 JT — y . 8 F
-Q^9k {xu Yjfc — yfc ?*) — a;.8 r + y . 8 X,
Die Auflösung derselben giebt:
2 S^k (aj* £fc -f yt Y) t ) — 6 (X . 8 X + r . 8 T)
«1
. ^ Igic {Xu 7iit-ykik) — G jX. hY—Y.hX) ^
Igu (x\ + yh) ~ G{X} + Y^)
S=8X+(«-Z)a,-(y-r)6„ r^=lY^{x^X)h,+{y^Y)a,.
Fällt der Goordinatenanfang mit dem durch die Gleichungen
2 jr» a?fc = 0 = 2 jTfc yfc
bestimmten Punkte zusammen, so wird
_ 2gfe(a?fc£fc-f yfc7)fe) , ^9k{Xk-r\ic — ykhc) ,„^.
""^ ~ 2 y* {x\ + yh) '"''- 2 y, {x\ + y\) ^' ^
£ = 8 Jf + ttj aj — fej y iq = 8 y+ 6^ a + a^y.
Diese Gleichungen gehen für y^ = 1 in die GL (5) und (1) unter VIII über.
Zu jedem Punkte P werden nach den GL (7) bezw. (7*) besondere
zu der Figur PP^ .. P« gehörige a^ und 6j berechnet. Sollen für alle
Punkte des secundären Netzes nur ein a, und ein h^ zur Anwendung
kommen, so würden die GL (6) nur den Beitrag eines Punktes za den
Normalgleichungen darstellen. Die entstehenden Endgleichungen werden
aber nur in a^ und h^ zusammenhängen. In diesem Falle sind für
a^ und &j in den ersten beiden GL (7) im Zähler und Nenner die an*
gegebenen Ausdrücke über alle Punkte zu bilden.
Durch passende Wahl der Gewichte lässt es sich erreichen
dass beide Netze in den Anschlusspnnkten übereinstimmen. Dies ist
z. B. der Fall, wenn y^ = angenommen wird.
(Fortsetzung folgt.)
348 Personalnachrichten.
Personalnachrichten,
Königreich Ppenssen. Finanzministerium. Die Eatastercon.
troleure Kohts zu Halle a. S., Steuerinspector Kessler zu Burgdorf and
Eicker zu Hoya sind in gleicher Diensteigenscbaft nach Neuhaldens-
leben bezw. Halle a. S. und Geldern; und die Eatastercontroleare
Werner in Neuhaldensleben und Ooetze in Wittmund als Kataster-
secretaire nach Potsdam bezw. Arnsberg versetzt. Der Eatasterassistent
Möring in Oumbinnen und der Katasterlandmesser Pabst in Oassel
sind zu Katastercontroleuren in Wittmund bezw. Burgdorf, und der
Katasterlandmesser Raab in Köln zum Katastersecretair in Köslin
bestellt worden.
Die Katastercontroleure Friedrich M tili er zu Banmholder und
Otto Maurer zu Httnfeld sind in gleicher Diensteigenschaft nach
Schwelm bezw. Fulda, der Katastercontroleur, Steuerinspector Gremer
in Waldbröl und der Katastercontroleur Senne felder in Schwelm
als Katastersecretaire nach Düsseldorf versetzt. Die Katasterland-
messer Reinhard Schneider in Düsseldorf, Sauer in Liegnitz und
Strack in Gassei sind zu Katastercontroleuren in Baumholder bezw.
Waldbröl und Hünfeld bestellt worden.
Die Katastercontroleure Steuerinspector Schollmeyer zu
Kressen und Mex zu Spremberg sind in gleicher Diensteigenschaft nach
Kottbus bezw. Kressen versetzt; desgleichen die Katastercontroleure
von Baranowski zu Naugard, Sahm zu Rummelsbnrg und Nudow
in Angerburg nach Spremberg bezw. Na^gard Und Gross -Wartenberg.
Die Katast erlandmesser Dziegalowski in Köslin und Tempelhoff
in Königsberg i. Pr. sind zu Katastercontroleuren in Rummelsbnrg
bezw. Angerburgy und der Katasterlandmesser Grimsia^ki in Stettin
zum Katastersecretair in Gumbinnen bestellt worden.
Die Katastercontroleure Kutschbach zu Rosenberg O.-S.^ Steaer-
inspector Oels zu Ra witsch und Mold^enhauer zu Adelnau sind in
gleicher Diensteigenschaft nach Grevenbroich, bezw. Rosenberg O.-S.
und Rawitsch, die Katastercontroleure Steuerinspector Hell in Kirch-
berg und Schmidt in Grevenbroich als Katastersecretaire nach Erfurt
bezw. Magdeburg versetzt. Die Katakterlandmesser Kropp in Koblenz
und Richard Herrmann in Cassel sind zu Katastercontroleuren in
Kirchberg bezw, Adelnau bestellt worden.
Der Katastersecretair, Steuerinspector Borchard zu Stade ist in
gleicher Diensteigenschaft nach Frankfurt a. 0. und der Kataster-
controleur Gerber zu Rhaunen nach Bernkastei (Neu -Cues) versetzt;
desgleichen die Katastercontroleure Egger tin Bernkastei und Bieder-
mann in Höxter als Katastersecretaire nach Stade bezw. Liegnitz. Die
VereinsangelegeDheiten. 349
Katasterlandmesser Badde in Oassel und Hahn sind zu Katastercon*
troleuren in Rhaunen bezw. Höxter^ Lttder in Erfurt und Froipmholz
in Arnsberg zu Katastersecretairen in Bromberg bezw. Schleswig
bestellt worden.
Die Eatastercontroleure Steuerinspector Kohles zu Mtthlhausen
i. Th. und Korth zu Heydekrug (Szibben) sind in gleicher Dienst-
eigenschaft nach Siegen bezw. Mtthlhausen i. Th.^ die Katastercontroleure
Steuerinspector Otte in Siegen^ Hoesch in Verden und Kreiner in
Lüchow als Katastersecretaire nach Lttneburg bezw. Stade und Koblenz,
and der Katastersecretair, Steuerinspeetor Bech in Koblenz als Kataster-
controleur nach Verden versetzt. Die Katasterlandmesser GoUatz in
Schleswig und Endemann in Hannover sind zu Katastercontroleuren
in Heydekrug bezw. Lttchow b^estellt worden.
Der Katastercontroleur Detzner zu Pr.-HoUand ist in gleicher
Diensteigenschaft nach Hoya versetzt und dem Katastercontroleur
Wilhelm Müller aus Cassel die Verwaltung des Katasteramts Schlttchtern
dauernd übertragen. Die Katasterlandmesser Pastorff in Liegnitz
and Adamczyk in Posen sind zu Katastercontroleuren in Dannenberg
bezw. Pr.-Holland bestellt worden.
Rönigreicil Bayern. S. K. H. der Prinzregent geruhten^ den
Bezirksgeometer J. Klasse Nep. Weiher in Viechtach nach Deggendorf
als Vorstand der dortigen Messungsbehörde zu versetzen^ den Kreis-
geometer Merkle in Regensburg zum Bezirksgeometer H. Klasse und
Vorstand der Messungsbehörde 0 chsen f u rt, dann den Messungsassistenten
Seh od er in Bamberg zum Kreisgeometer bei der k. Regierung in
Regensburg zu ernennen; ferner den Bezirksgeometer Tobias Eggart
auf 1 Jahr in den erbetenen Ruhestand zu versetzen. —
Finanzministerium. Messungspraktikant Wirsing ist zum
Messungsassistenten bei der k. Regierung in Augsburg ernannt worden.
Vereinsangelegenheiten.
Ordnung
der
20. Hauptversammlung des Deutschen Geometer - Vereins.
Die 20. Hauptversammlung des Deutschen Geometer- Vereins wird
in der Zeit vom 2. bis 5. August 1896 zu
nach folgender Ordnung abgehalten werden.
350
Vereinsangelegenheiten.
Vorm. 12 Uhr:
Nachm. 4 Uhr:
Abends 7 Uhr:
Vorm. 9 Uhr:
Nachm. 3 Uhr:
Abende 7 Uhr:
Vorm. 9 Uhr:
Sonntag, den 2. August.
Sitzung der Vorstandschaft bei Kneist; Brtider-
gasse Nr. 2.
Sitzung der Vorstandschaft und der Abgesandten der
Zweigvereine daselbst.
Versammlung und Begrüssung der eingetroffenen
Theilnehmer in dem an der Elbe gelegenen Italie-
nischen Dörfchen (Heibig), Theaterplatz.
Montag, den 3. August.
Hauptversammlung und Berathung in der Technischen
Hochschule in nachstehender Reihenfolge:
1) Bericht der Vorstandschaft.
2) Festrede des Herrn Professor Dr. J o r d a n-Hanno ver
„Ueber die Entwickelung des deutschen Ver-
messungswesens in diesem Jahrhundert.^
3) Vortrag des Herrn Geheimen Regierungsrath
Professor a. D. Nagel- Dresden „Ueber die
nothwendige Beschaffenheit von Plänen^ die als
Beweismittel zur Entscheidung von Grenzstreitig-
keiten dienen sollen^.
4) Berathung des Entwurfs zu einer ii^uen preussiscben
Landmesser- Ordnung. Berichterstatter: Herr Pro-
fessor K 0 1 1 - Bonn.
5) Bericht des Rechnungsprtifungs • Ausschusses und
Beschlussfassung über Entlastung derVorstandscbaft.
6) Wahl eines Rechnungsprtifungs - Ausschusses für
die Zeit bis zur nächsten Hauptversammlung.
7) Berathung des Vereinshaushalts für 1896 und 1897.
8) Neuwahl der Vorstandschaft.
9) Vorschläge für Ort und Zeit der nächsten Haupt-
versammlung.
Nach Schluss der Versammlung Besichtigung der
Ausstellung in den Räumen der Technischen Hoch-
schule.
Festessen im Concerthause des Zoologischen Gartens.
Nach demselben Spaziergang durch den Grossen Garten.
Besuch der Ausstellung für das sächsische Handwerk
und Kunstgewerbe. Concert.
Dienstag, den 4. August.
Fortsetzung der Berathungen in der Technischen Hoch-
schule in nachstehender Folge:
Vereinsangelegenheiten.
351
1) Mittheilungen über Vermessungen im
Königreich Sachsen.
a. Herr Professor Uh lich-Freiberg „üeber Grad-
messung^.
b. Herr Vermessungs - Ingenieur Puhrmann-
Dresden „Ueber die an die Gradmessung an-
schliessende Triangulation^.
c. Herr Vermessungsdirector G e r k e [- Dresden
„üeber Stadtvermessungen^.
2) Besprechung der Lage der bei den deutschen
Staatseisenbahnen beschäftigten Landmesser ^Be-
richterstatter : Herr Technischer Eisenbahn 8e-
cretair Reich.**
Nach Schluss der Versammlung Besichtigung der
Ausstellung in der Technischen Hochschule.
Nachm. 3 ühr: Besuch des Mathematischen Salons und daselbst
Vortrag des Herrn Professor Pattenhausen-
Dresden „Ueber die Geschichte mathematischer In-
strumente**. Hiernach Zusammenkunft in dem an der
Elbe gelegenen Italienischen Dörfchen (Heibig);
Theaterplatz.
Nachm. 5 ühr: Fahrt mit dem Dampfschiff nach Losch witz und mit
der Drahtseilbahn nach dem Louisenhof.
Abends 8 Uhr : Beisammensein in dem an der Elbe gelegenen Schiller-
garten in Blasewitz.
Mittwoch, den 5. August.
Ausflug in die Sächsische Schweiz.
Vorm. 8^/2 Uhr: Abfahrt mit Dampfschiff nach Wehlen. Spaziergang
durch den Wehlener und Utte walder Grund nach der
Bastei. Mittagessen daselbst. Wanderung durch die
Schwedenlöcher und den Amselgrund nach Rathen.
Rtickfahrt mittelst Eisenbahn nach Dresden.
Ueber den Besuch der Königlichen Museen Dresdens wird später
Mittheilung gemacht werden.
Während der Dauer der Versammlung wird in den Räumen der
Technischen Hochschule eine Ausstellung geodätischer Instrumente,
Karten und BQcher stattfinden^ zu deren Beschickung ausser den Vereins-
352 Neue Schriften über VermeBsungswesen.
mitgliedern auch die mechanischen Werkstätten and Buchhandlangeii
eingeladen werden.
Wegen Auswahl genügender Räume bitten wir die Aussteller bald-
möglichst — spätestens bis zum 1. Juni — unter Angabe des erforder-
lichen Platzes bei Herrn Professor Pattenhausen unter der Adresse
— Technische Hochschule Dresden^ Bismarckplatz — sich anmelden zu
wollen.
An der Ausstellung werden sich die Technische Hochschule, sowie
verschiedene staatliche und städtische Behörden betheiligen.
Die Vorstandschaft des Deutschen Geometer -Vereins.
L, Winckel.
Der Verein praktischer Geometer im Königreich Sachsen ist dem
Deutschen Geometer- Verein als Zweigverein beigetreten.
Der Vorstand besteht aus den Herren:
A. Richter, Vermessungsingenieur in Bautzen als Vorsitzendem,
P. Hennicke, Vermessungsingenieur in Dresden-Striessen, Barbarossa-
strasse 1 als Schriftfahrer und
E. üeberall, verpflichteter Geometer in Dresden, Moritzstrasse 15
als Kassirer.
Die Vorstandschaft des Deutschen Geometer -Vereins.
L. Winckel.
Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Lexikon der gesammten Technik und ihrer Httlfswissenschaften, heraus-
gegeben von Otto Lueger im Verein von Facbgenossen. Deutsche
Verlagsanstalt 1896. XL, XIL, XIII. Abtheilung. Artikel C bis
Dilation.
Hilfstafeln für Coordinaten-Transformation im Dreiecksnetz der bayerischen
Landesvermessung, von Dr. J. H. F r a n k e, Steuerrath im E. Bayer.
Katasterbureau, im amtlichen Auftrage herausgegeben. München 1895.
Druck der Dr. Wild'schen Buchdruckerei (Gebr. Parous).
Inhalt
Grossere Mittheilungen: Soldner'sche oder Gauss'sche Coordinaten, von Roll-
— Die Conformität in Bayern, von Franke. — Zur Wahl der Art und Lage
des Coordinatensystems einer Landesvermessung, von St ei ff. — üeber den
Anschluss eines seeundären Dreiecksnetzes an ein Hanptnetz, von Kr tiger
(Fortsetzung). — Pwsonalnachrichten, — Vereinsangeltgenheiten. — Neue Scbriflen
OI>er Vermessungewesen.
Verlag yqm SoQrad Wittwer Stuttgart — Druck von Gebrüder J&necke in Hannoyer.
J
353
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes»
Professor in Hannover Steuer-Rath in München.
1896. Heft 12. Band XXV.
^ lö. Juni. ♦^- —
Mittheilung über die Höhenaufnahmen in Württemberg
im Maassstab 1 : 2500 und die Herstellung einer
Topographischen Karte im Maassstab 1 : 25 000.
In dem ersten Heft der „Württembergischen Jahrbücher für Statistik
and Landeskunde^^ Jahrgang 1895^ befindet sich ein Aufsatz über die
Arbeiten bei dem K. Statistischen Landesamt, von Director H. von
Zell er, der unter Abschnitt III, Topographie, über den Fortgang der
Höhenaufnahmen in Württemberg und über die Feststellung einer topo-
graphischen Karte im Maassstab 1 : 25 000 folgende interessante Mit-
theilungen enthält:
„Eine neue Specialkarte bildet der Atlas im Maadsstab 1:25 000
mit Höhencurven, ein Werk, das schon in den 70 er Jahren eingehend
erwogen, aber, nachdem ein Zusammentritt von Delegirten der
K. Ministerien der auswärtigen Angelegenheiten, Abtheilung füi: die
Verkehrsanstalten, des Innern, des Kirchen- und Schulwesens und der
Finanzen unter dem Vorsitz des damaligen Directors Dr. v. Riecke
(October 1879 bis Mai 1880) ein Arbeitsprogramm aufgestellt und der
Kostenüberschlag zu 2 345 800 Mk. berechnet war, bei den knappen
Mitteln des Staatshaushalts zurückgestellt worden ist. *) Im Jahre 1889
wurde nach Vollendung der geognostischen Specialkarte die Frage
durch den Vorstand des Statistischen Landesamts, Director v. Knapp,
wieder aufgenommen und im Jahr 1890 auf Grund der durch Professor
E. Hammer an der K. Technischen Hochschule bearbeiteten technischen
Anweisungen (s. u.) mit Probeaufnahmen begonnen, auch hierzu im
£tat 1891/93 die ständische Zustimmung eingeholt. Man glaubte auf
der Grundlage der unterdessen geschaffenen Höhenbestimmungen
und mit Benützung der von der Eisenbahn- und der Forstverwal-
tung, der Oentralstelle für die Landwirthschaft, sowie von Schülern
der Technischen Hochschule bereits früher gelieferten, zum Theil
*) Bericht von 1879. S. IX. Regelmann in Württ. Jahrb. 1893 1 S. 37,54.
Zeitschrift für Vennessungsweaen 1896. Heft 12. 23
354 Schiebach. Mittheilung über die Höhenaufhahmen in Württemberg etc.
amfangli<^en HöheimuiivahjiieD mit einem wesentlieh niedrigeren Auf-
wand auskompen zu können^ als er im Jahre 1830 berechnet worden war.
Professor E. Hammer berechnete ihn im Jahre 1892 zu 1 120 000 Mk.**)
Der Etat für 1893/95 enthielt eine Forderung für Herstellung einer
Höhencurvenkarte im Betrag von 7900 Mk., eine Summe, die trotz der
knappen Finanzlage in dem folgenden Etatsjahre auf 17 500 Mk. erhöht
werden konnte, neben einer Steigerung des Personalaufwands durch
Vermehrung des etatsmässig angestellten Personals bei der topographischen
Abtheilung. Einer für den Staatshaushalt günstigeren Zeit muss es
vorbehalten bleiben, für das grosse Werk grössere Geldmittel zur Ver-
fügung zu stellen.
Die Karte, in polyedrischer Projection, zerfällt in 184 Blätter
(zwischen 25^ 50' und 28^ 10' Länge und 47*» 30' und 49* 36' Breite)
von je 10 Bogenminuten westöstlicher (11 116,9 bis 11 120,8 m) and
6 Bogenminuten südnördlicher Erstreekung (12 046,7 m bis 12 555,7 m)
oder mit 134,11 bis 139,45 qkm Fläche. Von den 184 Blättern sind
42 mit Sectiouen der neuen topographischen Karte vom Grossherzogtham
Baden identisch und deshalb nur noch zum Theil auszuführen.
Für die Entwerfung der Karte giebt die näheren Vorschriften : die
„Anweisung für die Herstellung einer Höhenkarte von Württemberg im
Maassstab 1 : 2500 als Grundlage der neuen topographischen Karte im
Maassstab 1:25 000", welche im Jahre 1890 von Professor Hammer
entworfen (als Manuscript gedruckt 1891) und im Sommer 1895 auf
Grund der unterdessen gemachten Erfahrungen mit Nachträgen ver-
sehen worden ist.
Als Grundlage dienen die durch die Landesvermessung 1818 — 1850
aufgenommenen und seitdem durch Nachträge ergänzten 15 572 Flur-
karten im Maassstab 1:2500) welche nach einem einheitlichen Netz das
ganze Land umfassen und wovon 1 Blatt (je 4000 Fuss = 1145,69 m Länge
und Breite) 131,26 ha darstellt, so dass auf 1 Theilblatt der Höhen-
curvenkarte 102,17 bis 106,24 Flurkartenblätter gehen. Die Situation
ist in der Hauptsache durch diese Flurkarten gegeben, so dass für die
Zwecke der Höhencurvenkarte auf freiem Felde vielfach von Lage-
messungen ganz abgesehen und eine reine Höhenaufnahme durchgeführt
werden kann, wogegen im Walde, wo keine oder doch keine genügende
Situationsgrundlage vorhanden ist, sowie auf wenig parcellirten Flächen
des offenen Landes gleichzeitig mit der Höhe der aufzunehmenden
Punkte auch ihre Lage zu bestimmen ist. Die Höhenaufnahme, auf
Berliner Normalnull bezogen, hat zunächst ein Netz von Liniennivelle-
ments von solcher Dichte herzustellen, dass Maschen von 1 km
Weite entstehen, dabei ist vor Allem an das württ. Präcisions-
nivellement der europäischen Gradmessung (Stuttgart 1885) mit
**) Hammer, Die württ. Höhencurvenkarte. Württ. Jahrb. 1892 H S. 215,
u. Zeitschr. f. Verm. 1893, S. 315.
Schlebacfa. Mittheilung über die Höhenaufnahmen in Württemberg etc. 355
über 500 Höhenpunkten anzuschliessen, auch sind die NivellementB
II. Ordnung, die auf den Staatseisenbahnlinien mit einer Zahl von
2146 Höhenpunkten (in Abständen von durchsehnHtlich 800 m)
bereits ausgeführt (Stuttgart Metzler 1895) und auf den Staats-
Strassen in Abständen von durchschnittlich 2 km theilweise in Ausführung
begriffen*) und durch Höhenmarken festgelegt sind, zu benutzen, weiter
sind auf den hiervon noch nicht berührten Staatsstrassen, auf gewissen
Nachbarschaftsstrassen, sowie an den wichtigeren fliessenden G^wäss^n *^)
(d. h. solchen von mehr als 30 km Länge ; und zwar so, dass die'Gcißlllver-
hältmsse genügend zum Ausdruck kommen und jedenfalls alle wichtigeren
Flusseinbauten, die Pegel und die Brücken in das Netz einbezogen
werden) Höhenpunkte mit der dem Netz II. 0. entsprechenden Schäife
za messen. Nivellements III. 0. endlich sind zwischen den Punkten
IL 0. auf den übrigen Nachbarschaftsstrassen, auf Feldwegen, an Bächen
und Grenzen in der erforderlichen Dichte einzuziehen, wobei auch
Schrägnivellements zugelassen sind. Eine erwünschte Ergänzung gewähren
die früher trigonometrisch bestimmten Normalnullhöhen, welche an
Kirchthürmen und an einer grossen Anzahl von Signalsteinen im ganzen
Lande' festgelegt sind und sich nach zahlreichen Anschlüssen gut in das
nivellirte Hauptnetz einfügen. An diese Züge sind nun die Flächen-
nivellements in solcher Häufigkeit anzuknüpfen, dass je nach der Boden-
gestaltung etc. auf 1 Fiurkartenblatt 150 bis 400 gemessene Höhen-
punkte entfallen. Dabei können folgende Methoden angewendet werden:
Fiächennivellement i. e. S., halbtrigonometrische Aufnahme, Tachymetrie
(unterschieden auf freiem Felde und im Walde), barometrische Aufnahme.
Letztere ist zulässig nur dann, wenn die Böschungslinien des aufieunehmenden
Flächenabschnitts überall mehr als (15^ bis) 10^ Neigung besitzen. Um
die Grundlagen der Höhenmessungen jederzeit im Gelände nachzuprüfen
nnd nöthigenfalls weitere Messungen daran anknüpfen zu können, ist
bestimmt, dass eine genügende Anzahl gemessener Punkte in dauernder
Weise festgelegt werden mnss: an Signalsteinen, gut fundirten Markungs-
grenzsteinen, Brückenköpfen etc. durch ein eingehauenes Viereck, an
öffentlichen Gebäuden (mindestens in jedem Pfarrort und jedenfalls in
dem Hauptort der Gemeinde) durch Höhenmarken (bestehend aus eisernen
Bolzen, welche in massives Bauwerk womöglich horizontal, unter Um-
ständen auch vertical eincementirt werden).. Die Unversehrterhaltttng
dieser Höhenmarken ist den Staats-, Gemeinde- und Rirchenbehörden von
ihren Aufsichtsbehörden empfohlen,***) ihre periodische Besichtigung
*) Normalerlasse der Strassenbauabtheilung vom 7. Juli und 3. Nov. 1894.
♦*) Wobei die von dem hydrographischen Bureau des K. Ministeriums des
Innern entlang den Hauptflüssen autgenommenen Nivellements zu benutzen sind.
«««) Erlass des K. Ministeriums des Innern vom 17. Mai 1894 (Amtsblatt
S. 141), des Ev. Consistoriums vom 31. Mai 1894 (Amtsbl. S. 4678), der Forst-
direction vom 12. Mai 1894 (Amtsblattt S. 70), der Generaldirection der Staats-
eisenbahnen vom 23. Dec. 1892 (Amtsbl. S. 794), Weisung des Kriegsministeriums
vom 17. Mai 1894 Nr. 58. b. 94 A.
23*
356 Sohlebach. Mittheilung über die Höhenaufnahmen in Württemberg etc.
den Bezirksvermessangsbehörden aufgetragen, und es ist jede Gemeinde-
registratnr, sowie jeder Bezirks- bezw. Oberamtsgeometer mit einem
Verzeichniss der in dem Oberamtsbezirk befindlichen Höhenmarken aus-
gestattet worden.*)
Alle bei der Feldaafnahme gewonnenen Ergebnisse, insbesondere
die Höhenpankte und die hiernach unter Beachtung der Oberflächen-
gestaltung construirten Höhencurven (mit 10 m Höhenabstand, auf
Flächen von weniger als 5^ Böschungswinkel mit 5 m, auf nahezu
flachem Gelände, z. B. in Thalniederungon mit 1 m Höhenabstand) sind
in die Flurkarte einzutragen, so dass eine vollständige Höhencurven-
karte im Maassstab 1:2500 entsteht. Von dieser wird^ früher durch
den Pantographen, jetzt durch Photographie eine Verjüngung in den
Maassstab 1 : 25 000 genommen und diese Verjüngung dient nach der
erforderlichen zeichnerischen Bearbeitung als Vorlage für die Verviel-
fältigung. Letztere geschieht mittels KupferdruckS; bis jetzt in dem
kartographischen Institut Yon H. Petters in Hildburghausen; in drei
Farben (Situation, Schrift, Kulturen schwarz, Gewässer blau, Höhen-
linien braun). Das Verfahren ist folgendes:
Sind die Flurkarten einer Section geodätisch fertig, so werden sie
für die photographische Reduction dadurch vorbereitet, dass alle
Gebäude voll mit Tusche ausgefüllt, die Wege durch Verstärkung der
Seiten mit gelben Kreidestrichen und die Kulturgrenzen durch grüne
Kreidestriche kräftig herausgehoben werden. Auch die Begrenzung der
Gewässer, Quellpunkte, Kilometersteine u. dgl. müssen kräftig nachge-
zeichnet werden und einzelne Schriften Stbr. (Steinbruch) u. drgl. gross
eingeschrieben werden. Auch die Böschungen an Eisenbahnen, Strassen
und Feldrainen werden mit braunem Kreidestift stark herausgehoben. Zum
Zwecke der photographiöchen Reduction werden je 4 — 12aneinander-
passende Flurkarten auf eine Holztafel zu einem Complex zusammengestellt
und aufgenommen, wobei die Ausgleichung der vom ungleichen Papier-
schwand herrührenden Ungleichheiten eine wichtige Aufgabe ist. Die photo-
graphischen Copien der so reducirten Flurkarten geben sehr scharfe und
genaue Stichvorlagen, genauer als jede andere Reduction. Durch Zusammen-
kleben der einzelnen Complexe auf einem vorgezeichneten normalmässigen
Netze entsteht das topographische Bild der ganzen Section. Ajif dieser
Grundlage wird durch farbiges Flächencolorit die Bewachsung des
Bodens und auf einem zweiten Blatt die Klassifikation der Strassen und
Wege, sowie die gesammte Nomenclatur nach Schriftklassen eingetragen.
Diese Unterlagen erhält der Kupferstecher. Zur Sicherung der Genauigkeit
erhält er überdies eine Netzkarte der ganzen Section, welche nicht nur
das Flurenkartennetz und die Dimensionen des Blattes genau in 1:25000
«) Nachtrag zu der Anweisung für die Oberamtsgeometer über ihre Mit-
wirkung bei der Fortführung des Topogr. Atlasses vom 20. März 1895 § 5 a
(s. u.); Erlass des Stat Landesamts vom 13. März 1895 Nr. 241.
Schiebach. Mittheilung über die Höhenaufaahmen in Württemberg etc. 357
und am Rand die geographische (nach Länge und Breite), die Kilometer-^
and Flurenkartenabtheilung enthält, sondern auch eine grössere Anzahl
horizontaler Positionen der wichtigsten trigonometrischen Punkte, Hanpt-
signale, Earchthürme etc., aufgetragen nach den Soldner'schen Goordinaten
dieser Punkte, welche die allgemeine Landesvermessung bestimmt hat.
So wird jede Verzerrung des Kartenbildes, welche durch die Zusammen-
fassung so vieler Einzelcomplexe leicht entstehen könnte, verhindert.
Diese Netzkarte wird zunächst auf die Flurkarte fibertragen, und dann
das Weitere in diesen festen Rahmen eingepasst. Neuerdings werden
Versuche gemacht, die Gopie des gesammten Karteninhalts durch Photo-
graphie direct auf die Kupferplatte mit Hülfe der von den Flurkarten
abgenommenen Olasnegative zu übertragen.
Die mit Höhencurven versehenen Flurkarten, welche für eine Reihe
von Bauingenieurarbeiten ein genügend detaillirtes Bild von der Höhen-
gliedernng des Geländes abgeben werden, sind zunächst nicht zur Ver-
vielfältigung, sondern nur jeweils im Bedarfsfall zur Gopirung bestimmt.
Die Höhenkurvenkarte in 1 : 25 000 wird als Grundlage fUr generelle
Projecte des Bauingenieurs, wie Strassen, Eisenbahnen, Flnsscorrectionen,
Meliorationen etc. mit Nutzen zu verwenden sein; auch fUr militärische
und touristische Zwecke in stark gegliedertem Gelände gegenüber den
Karten von kleinerem Maassstab wohl überwiegende Vortheile haben.
Ihre Hauptbedeutung aber wird wohl darin liegen, dass sie die uner*
lässliche kartographische Grundlage abgiebt für eine neue und ein-
gehendere geologische Landesaufnahme. Es sollen deshalb auch für
klare und unzweifelhafte geognostische Aufschlüsse, Formationsgrenzen,
Quellen u. drgl. die Höhen gemessen und eingetragen werden.
Eine Schilderung der Arbeitsgliederung und des gesammten Auf-
nahme- und Zeichnungsdieustes mag vorbehalten bleiben, bis reichlichere
Mittel ein Arbeiten in grösserem Maassstab gestatten werden. Im letzten
Sommer (1895) waren auf dem Felde von Mai bis Anfang October
thätig, zum Theil jedoch nur wenige Wochen, 8 etatsmässig angestellte
Beamte je mit 1 Hilfsarbeiter (Schüler der technischen Hochschule und
angehende Geometer etc.). Bis jetzt sind von 184 Blättern 7 erschienen,
3 weitere werden in den nächsten Monaten folgen.
Um die Karte fortwährend auf dem Laufenden zu erhalten^ ist
derselbe Fortführungsdienst eingerichtet, wie für den topogra-
phischen Atlas*).
Es wird wohl unbestritten bleiben, dass Württemberg hierdurch in
den Besitz eines Kartenwerkes kommt, welches allen Anforderungen
entspricht und welches die bekannten Kartenwerke anderer Staaten
weit überragt.
Diese detaillirte Höhenaufnahme ist aber nur dadurch möglich, dass
Württemberg sich im Besitze lithographirter Katasterkarten im Maassstab
*) Nachtrag zu der Anweisung für die Oberamtsgeometer behufs deren
Mitwirkung bei Fortführung des Topograph. Atlasses etc. vom Jahre 1878.
Ausgegeben 20. März 1895 (bes. gedruckt gr. 8^ bei W. Kohlhammer).
358 Schiebach. Mittheilnng über die Höhenaufnahmen in Württemberg etc.
1 :2500 befindet; welche, wenigstens in 2 Exemplaren; bezüglich der Boden-
eintheilung und Bodenkultur alljährlich auf den neuesten Stand ergänzt
werden. Wenn eine solche Karte nicht vorhanden; sondern erst zu
beschaffen wäre, so hätte man sich wohl schwerlich dazu entschliesaen
können, für die Au&ahmen den • grossen Maassstab 1 : 2500 zu nehmen,
sondern man hätte alsdann wahrscheinlich für die Aufnahme sowohl al»
für die Publikation den Maassstab 1 : 10000 gewählt; wodurch die Karte
in 1 : 25 000 entbehrlich geworden wäre. Man hat in Württemberg
hierdurch von neuem. den grossen Werth und die hohe Bedeutung der
lithographirten Flurkarten sehätzen gelernt. Da hierfür nicht überall
das richtige Verständniss vorhanden zu sein scheint; so möge es au
diesem Orto gestattet sein, über die württembergischen Flurkarten folgende
Mittheilungen zu machen:
Wie den Lesern dieser Zeitschrift bekannt sein dürfte; erfolgte die
Aufnahme und Kartirung des Landes nicht gemarkungsweise, sondern
nach Karten in quadratischer Form von je 4000' Länge und Breite im
Maassstab 1:2500. Diese Karten, der^ Zahl im Ganzen 15572 beträgt^
wurden in einer zu.diesem Zweck errichteten staatlichen lithographischen
Anstalt vervielfältigt; welche zur Zeit noch besteht und für die Neu-
gravirung der emeu^rungsbedttrftigen Karten zu sorgen hat. Während
die VervielfUtigung dieser ELa^en frtLher durchaus nach d^ Seune-
felder'schen Methode stattfand, hat man neuerdings nicht unwesentliche
Verbesserungjon und Vereinfachungen zur Anwendung gebracht. Neben
diesen 2500 tkeiligen Flurkarten sind noch besondere Pläne von ca.
400 Städten und Ortschaften im Maassstab 1 : 1250 und 1 : 1000 litho-
graphisch vervielfältigt worden.
Von sämmtlichen Flurkarten und Ortsplänen werden bei der Plan-
kammer des Katasterbureaus Abzüge vorräthig gehalten und gegen ein
massiges Entgeld an Jedermann abgegeben. Auf besseres Zeichnungs-
papier gedruckt kosten die Flurkarten 90 Pf. und die Stadtpläne 2 Mk.
per Stück.
Wie stark die Nachfrage und der Verbrauch dieser Flurkarten und
Ortspläne ist; möge aus nachfolgender; die letzten 50 Jahre umfassenden
Zusammenstellung ersehen werden. (Siehe Tabelle auf S. 359.)
Aus dieser Zusammenstellung ist zunächst zu ersehen; daas die litho-
graphirten Karten bei dem Eisenbahnbau von Anfang an eine aus-
giebige Verwendung gefunden haben. Schon der in dem Jahre 1844
zur Berathung der Württ. Regierung in Sachen des Eisenbahnbaus nach
Württemberg berufene bekannte französisch-englische Ingenieur Vignoles
hat die Bedeutung der Flurkarten für die Tracirung der Eisenbahnen
gewürdigt; indem er sich über dieselben folgendermaassen äusserte:
„Die Flurkarten von Württemberg haben mir besonders gute Dienste
geleistet;, und zur Aufnahme eines Höhennetzes sind sie wirklich von
unschätzbarem Werth; es ist mir noch nie ein so vollständiges Werk in
Schiebach. Mittheilnng über die Höhenaufnahmen in Württemberg etc. 359
Zusammenstellung Ober den Verbrauch llthographirter Ortspläne und
FItarkarten in WOrttemberg in den letzten 50 Jähren.
Stadt- und
Ortspläne
Fh
irkarten
1
*
In den
M. 1 : 1250
(1 : 1000).
Maasstab 1 : 2600
Im
Gan-
Jahren
an
an
an die
an andere
an
Behörden
Private
Eisenbahn*
Verwaltung
Behörden
Private
zen
1845/46
250
160
2790
22520
5070
30790
46/47
170
150
3950
19500
6010
28780
47/48
460
150
1480
28090
4280
34460
48/49
600
60
400
16780
1860
19100
49/50
290
110
340
7840
2150
10730
1850/51
450
260
210
4630
2970
8520
51/62
180
180
810
18410
3520
18100
52/53
110
240
180
2410
3330
6270
53/54
190
180
300
2540
4100
7310
54/55
70
130
180
1680
3950
6010
1855/56
80
130
120
2160
4310
6800
56/57
40
230
1580
3080
5730
10660
57/58
60
160
1310
2620
5290
9340
58/59
30
190
2320
2680
4810
9930
59/60
110
200
2700
3780
4180
10970
1 1860/61
100
660
1170
4320
12100
18350
1 61/62
120
400
2120
4940
9380
16960
62/63
110
640
3760
4740
7120
16370
63/64
90
260
5690
16570
9320
31930
64/65
180
310
4670
3190
5570
13920
1866/66
70
430
8980
2460
5230
17170
1 66/67
40
290
5000
2860
6050
13240
1 67/68
50
350
2900
2700
5540
11540
' 68/69
70
330
2420
2560
4850
10230
1 69/70
210
340
3270
3000
5960
12780
1870/71
120
300
4820
1740
4880
11360
71/72
100
320
8600
1030
4190
14240
72/73
110
390
7610
1790
6030
15930
73/74
120
480
5220
2260
5120
13200
74/75
60
430
5610
1870
6730
13700
- 1876/76
170
260
4000
1720
5760
11900
1 76/77
120
430
3620
6080
5440
15690
77/78
150
280
1520
4120
6360
12430
78/79
140
290
520
20560
5410
26920
79/80
70
240
440
2050
4210
7010
; 1880/81
70
240
440
1610
4950
7310
81/82
180
320
680
2080
4620
7880
82/83
50
280
470
1320
5480
7600
83/84
90
220
220
2150
4150
6830
84/85
80
260
400
2180
6890
9810
1885/86
70
250
290
1480
7840
9880
86/87
100
300
1480
IHOO
6590
10270
87/88
480
270
340
2820
7120
11030
. 88/89
100
270
660
2140
7630
10800
89/90
80
250
870
1550
7580
10330
1890/91
110
300
1000
5660
7760
14830
91/92
100
290
1090
6410
8980
16870
92/93
1680
300
480
11240
6770
20470
93/94
430
410
710
9470
6890
17910
94/95
420
400
560
4620
6860
12860
Mganni». . .
9230
14320
110300
280560
282910
697320
F""
185
286
2206
5611
5668
13946
360 Schiebach. Mittheilung über die Höhenaufhahmen in Württemberg etc.
die Hände gekommen; ich sehe sie als ein Master an, das in jedem Land
nachgeahmt werden könnte.^ Seit dieser Zeit sind in Wtirttemberg
keine Eisenbahnen and Strassen mehr gebaut worden, za deren Tracirang
nicht Flurkarten verwendet worden wären.
Specieli bei der Eisenbahnverwaltang hat man schon vom Jahre 1865
an fast allgemein die Flurkarten dazu benutzt, um auf denselben für die
Tracirung der Bahnen das in Betracht kommende Oelände in Höhen-
curven darzustellen. In gleicher Weise werden seit langer Zeit die
Flurkarten für den Strassen- und Wasserbau verwendet und die Forst-
verwaltung gebraucht die Flurkarten längst als Grundlage für ihre
Wirthschaftskarten. In neuerer Zeit endlich ist eine weitere ausgiebige
Verwendung der Flurkarten dadurch hinzugetreten, dass für die Antrags-
pläne zu Feldbereinigungen Flurkarten benutzt werden, auf denen zuvor
die Steigung des Geländes durch Höhenlinien dargestellt worden ist.
Ausserdem ist die Verwendung der Flurkarten noch eine sehr
mannigfache :
Die staatlichen und herrschaftlichen Verwaltungen, sowie andere
öffentliche und private Verwaltungen sind im Besitze derjenigen Flur-
karten, auf welchen sich unter deren Verwaltung befindliches Grund-
eigenthum befindet, auch werden die Karten dieser Verwaltungen bei
Neagravirungen stets durch neue ersetzt ; bei Einreichung von Gesuchen
um Concession von Bauten, Wasseranlagen und dergleichen werden die
Flurkarten unentbehrlich gehalten; bei Civil- und Strafprozessen bedient
sich der Richter fast durchweg der Flurkarten und der einzelne Bürger,
ja selbst der gewöhnliche Bauer kauft sich eine Flurkarte, wenn er im
Begriffe steht, Besitzthum zu erwerben.
Es wird wohl nicht zu viel gesagt sein, dass man sich in Württem-
berg gar nicht vorstellen kann, wie diese vielen Geschäfte, bei welchen
der Gebrauch der Flurkarten landläufig ist, besorgt werden könnten,
wenn man keine Flurkarten hätte, und es kann hier mit aller Bestimmtheit
ausgesprochen werden, dass es Niemand in Württemberg giebt, der
die lithographirten Flurkarten entbehren möchte.
Für die Höhenaufnahmen und die Höhenflurkarten in Maassstab
1 : 2500 bleiben aber noch zwei Wünsche übrig :
1) der Wunsch nach Vervielfältigung der Höhenflurkarten und
2) der Wunsch nach rascherem Fortgang der Höhenaufiiahmen.
Was den ersten dieser beiden Wünsche anbelangt, so ist zunächst
erwogen worden, ob es nicht möglich wäre, die Höhenzahlen und Höhencurven
in die vorhandenen Flurkartensteine einzugraviren. Hiervon musste aber
deshalb Abstand genommen werden, weil hierdurch eine üeberladung dieser
Flurkarten mit Linien und Zahlen stattfände, welche den Hauptzweck
derselben, als Grundlage des Grundbuches zur Feststellung und Sicherung
des Grundeigenthtimers zu dienen, beeinträchtigen würde. Man wird
daher das Absehen darauf richten müssen, für die Höhenzahlen und
Sossna. Die Aufgabe der beiden Punktpaare etc. 361
für die Höhencurven eine besondere Platte — etwa Zink — zn nehmen,
welche es dann ermöglichen wird, die Höhenangabe in einer anderen
Farbe^ etwa braun, auf die Flarkarten aufdrucken zu können. Ob
man hierzu bald schreiten wird, hängt von dem Bedttrfniss und der
Nachfrage nach Höhencurvenkarten und von den verfügbaren Mitteln ab.
Was den zweiten Wunsch betrifft, so ist zu hoffen, dass die in
Württemberg in Aussicht stehende allgemeine Steuerreform die Finanz-
lage des Staates erheblich bessern und auch weitgehende Mittel zu
diesem Zweck bald zur Verfügung stellen wird.
Stuttgart, im Mai 1896. Schiebach.
Die Aufgabe der beiden Punktpaare in ihrer örtlichen
Auswahl und rechnerischen Behandlung mittelst Maschine
und numerisch-trigonometrischer Hilfstafel.
Dem Verfasser dieser Mittheilung ist es bereits zu wiederholtem
Male begegnet, dass die Auflösung der einfachen Aufgabe der beiden
Punktpaare nur höchst rohe Näherungscoordinaten ftlr die Neupunkte
zu Tage förderte. Dieses Vorkommniss erregte in einem kürzlich be-
handelten Falle um so mehr Befremden, als alle Vorbedingungen zur
Gewinnung guter Rechnungselemente in glücklichster Weise zur Durch-
führung gelangt waren. Der Grund zu diesem unerwünschten Verhalten
konnte nur in der zur Anwendung gebrachten, vielleicht ungünstigen
Punktgruppirung vermuthet werden und diese Auffassung gab dem Ver-
fasser Veranlassung, sich über diesen Gegenstand Klarheit zu verschaffen.
Die angestellte Untersuchung erhielt dadurch noch weitere Bedeutung,
als der eingeschlagene und unten mitgetheilte Weg gleichzeitig zu einer
interessanten Lösung des in Frage stehenden Problems führte, die eine
wesentliche Formelvereinfachung und Arbeitsverminderung bei bequemer
Ausführung mittelst Maschine bedeutet und als einen willkommenen Beitrag
zum Ausbau der immer mehr in Aufnahme gelangenden und nur zu
empfehlenden maschinellen Rechnungs weise gelten kann.
In den beiden nachstehenden Figuren mögen A und B das Paar
der gegebenen Festpunkte und Pj und P^ dasjenige der zu bestimmenden
Neupunkte bedeuten. Unter Festsetzung eines rechtwinkligen Coordi-
natensystems mit dem Anfangspunkte in Pj und der mit Seite P^ Pj
zusammenfallenden positiven Abscissenrichtung werden die beobachteten
Richtungen a, ß, y? S so reducirt, dass die Anfangsrichtung für den Be-
obachtungspunkt P^ nach P^ Pj mit der Benennung 0*^ und diejenige
des Punktes P^ nach P^ Pj mit der Benennung 180^ zu liegen kommt.
Erfolgt die Bezeichnung der Punkte so, dass bei rechtläufigem Umgang
die Reihenfolge P^-BP^-A oder P^-P^-AB entsteht, und wird weiterhin
362
SoBsna. Die Aufgabe der beiden Punktpaare etc.
der senkrechte Abstand des Punktes A von Seite P^ P^ gleich 1 gesetzt,
so lassen sich in dieser Maasseinheit und in dem soeben festgesetzten
System die Coordinaten der vier betheiligten Punkte stets folgender-
maassen ausdrücken:
p^
r,_0
2—0
p.
S — cotg a — cotg Y
A
5 , — cotg a
cotg a — cotg Y
B
' cotg ß — cotg 8
f. cotg a — cotg 7
cotg ß — cotg S
cotg ß-
Hiermit lässt sich nun auf bekannte Weise ein Ausdruck für die
Bestimmung des Azimuts der Seite AB oder der auf das allgemeine
Coordinatensystem zu beziehenden Azimutdifferenz {A B) — (P^ P,-?
wie folgt, bilden:
Es wird aus:
tang {{A B) - {P, P,) } = ^Jj-
unter Fortlassung aller Zwischenformen für ß und 8<1Ö0°:
tang HAB)^ (fi P,) } = '''' ", ' '''^ j " '''^ l + '''^ ^ (1)
^ ^^ ^ V 1 2^; cotg a cotg 8 — cotg ß cotg 7
und für ß und 8 > 180^ :
tang {{A B) - (P, P,)} = :^. cotg g- cotg ß-- cotg t + cotg S
^ ^^ ^ V 1 2/; _i cotg a cotg 8 — cotg ß cot Y
Rechnet nian weiter:
v = {P,P,) = {AB)-{iAB)- (P. P,)}, (2)
so ist dadurch das Mittel gegeben^ um rasch in den Besitz aller für die
Auflösung der Aufgabe erforderlichen A.zimute zu gelangen. Zu diesem
Zwecke braucht man nur die nach der oben aufgestellten Regel geord-
neten Richtungen ot, ß, 7, 0 um den Betrag v zu verschieben und die ur-
sprüngliche Aufgabe nimmt alsdann die Form zweier einfachen Vorwärts-
abschnitte von den Endpunkten der Grundlinien AB aus an.
Die Behandlung dieser beiden neuen Aufgaben geschieht im
vorliegenden Falle bequemer, als nach der gewöhnlichen Methode
der Dreiecksauflösung, durch Aufstellung und Auflösung der Glei-
chungen für die paarweise in P^ und Pj sich schneidenden Strahlen,
zumal dann die Länge der Dreiecksseite AB nicht bekannt zu sein
braucht. Werden die Coordinaten der Punkte B P^ P^ um diejenigen
des Punktes A verkürzt und zum Unterschiede in ihrer Bezeichnung
durch Voransetzung des Index A kenntlich gemacht, so hat man:
Aas^-tang (Pj£) — Ay^
für P.
^ '-^^ tang (P, B) — tang {P\ A)
At/i = A oTj • tang (P^ A)
(3)
SoBsna. Die Aufgabe der beiden Pnnktpaare etc.
363
und analog:
Lx^ =
^ x^ • tang (P^ B) — Ay^
2 . ^ tang (Pj B) — tang P^ Ä)
für P, :
Ay2= Aa?j • tang {P^ A)
Das Schlussergebniss ergiebt sich ans:
(3*)
(4)
Um dem Leser auf leichte Weise einen Einblick in die praktische
Durchführbarkeit des Verfahrens zu g«ben, wird nachstehende zahlen-
mässige AasfUhrung eines Beispiels beigefügt and damit gleichzeitig das
aas obigen Begeln and Formeln sich ron selbst ergebende Rechenschema
mitgetheilt. (Siehe Tab. S. 364.)
B
:::^A
Ficf.Z.
B
Wie ans vorstehender Rechnung zu ersehen ist^ bereitet die Ans-
werthang der neuen Formeln keinerlei Umständlichkeiten. Die Tafel
wird 10 Mal in Anspruch genommen und die Rechenmaschine im
Ganzen zu 4 Multiplikationen und 2 Divisionen zur Anwendung gebracht.
Ist das Anfangsazimut {A B) neu zu berechnen^ so sind Tafel und
Maschine je 1 mal mehr zu benutzen.
Wie weiter ersichtlich ist, wird für die Zwecke der Schlussprobe
das Azimut (P^ P,) aus den ermittelten Coordinaten gemäss
2/2 - 2/1
(P, PJ = arc tg
X.
X,
(5)
2 •"'1
neu berechnet, wobei mit der Rechengrösse v Uebereinstimmung statt-
zufinden hat. Diese Schlussprobe besitzt jedoch nur dann volle
Gültigkeit und ist einwandsfrei, wenn die Richtnngs- und Azimut-
364
Sossna. Die Aufgabe der beiden Panktpaare etc.
Zu bestimmende Neupunkte:
Pj : Potsdam, Fourage-Magazin, Thurm, Leuchtbolzen. III. Ordn. 1893.
Pj : Babelsberg, Flatowthurm, Knopf unter dem Adler. III. Ordn. 1893.
Gegebene Festpunkte:
A : Observatorium bei Potsdam, Wasserthurm, Steinpfeiler. II. Ordn. 1884.
B : Pfingstberg, Belvedere, südwestlicher Thurm, Schornstein. II. Ordn. 1884.
a) Kichtungen und Azimute:
Azimut (Ä B) = 3540 34' 59,2".
Entnommen von Seite: I, 323.
Station P^: Fourage-Magazin, Leuchtbolzen.
Ziel P
Ä
B
Observatorium
Pfingstberg
Babelsberg
Mittlere
beobachtete
Bichtung :
0
116
27
67
35
20
52
37,7
23,9
25.2
Richtung für die
nachfolgende
Berechnung :
0
48
319
00
43
27
00
12,5
58,7
00,0
Richtungsver-
schiebung :
V
68 35
56,7
Azimut:
0 I
117
28
19
03
09,2
55,4!
Rechenprobe: +
211
360
48
26,8
;368
+I203
11
37
11,2
15,6
+
137
11
53,4
+
145
360
23|04.6|
Station P^: Babelsberg, Flatowthurm.
Ä
B
Pi
Observatorium
Pfingstberg
Fourage-Magazin
2fl
312
248
00
09
19
00,0
24,8
02,9
142 40 I 57,1
243,50 21,9
180 I 00 00,0
+; 68 ; 35
56,7
(P,A)
{P,B)
u
211
312
16 53,81
26:18,61
Rechenprobe
771
28
27,7
I 556 31
+i 204 I 57
19,0
08,7
+ 1371 11 53,4
+
523
180
4312,4|
b) Berechnung der Richtungs Verschiebung v:
+ cotg a
— cotg ß
— cotg Y
4- cotg 5
0,877898
1,169457
1,311857
0,491207
cotgacotgo+|0,431230
cotg ß cotg Y — 1,534160
/ 1 't
(AB) '
-{AB)+(P,P,)l-
354 34|59,2l
285|59|02,5|
+ 3,850419
N l-ll, 10293(^1 (PiP2) = f7
68 35'56,7
Notiz: ßund5> I8O0*)
tang [(AB)-(PiP,)] =
0,286444
c) Coordinaten und Coordinatenunterschiede :
-tg(P,^)
tgiPiB)
1,935872
0^33174
tgiP,B)äXß
401,277
2256,261
-tg(P.,^)
tgiP^B)
0,607570
1,093662
tg(P^B)^Xß
+ 401
• i i
4628,107»
+ 2,469046 A a?! = + 2657,538
A y, = A a?! tang (P^A).
- 1,701232 ^x^ = — 4226,830
A y 2 = A a?2 • tang (Pj A),
Punkt P,
Vi
X:
Ay,
Aa?.-
P2
Pi
B
A
Babelsberg, Flatowthurm
Fourage-Magazin, Leuchtbolzen
Pfingstberg (Z. d. St.)
Observatorium, Wasserthurm
+
24460,737
20867,530
22549,909 —
22951,186-
- '3583,508
4991,740
1836,327
6068,080
1:^ ! l
+ 1.509,551 1+12484,572
2083,656 +11076340
401,277 + 4231,7531
db 000,000'rb
0000,000
d) Schlussprobe :
if /p PN— + • 3593,207 _ , 1
Itang {f, f^) - ^ 1408,232 "^ "^" 0,391915^
Azimut (P, Pj) = 680 35' 56^6".
*) Wenn ß und 5>180o, ist das Verhältniss Z:N im Abschnitt b) mit-^"^
zu multipliciren.
1
Sossna. Die Aufgabe der beiden Punktpaare etc. 365
bildungen des Rechenabschnitts a) durchweg durch Summenproben
geprüft wurden.
Hinsichtlich der örtlichen Auswahl der Punkte ist dem Vorstehenden
nur Weniges noch hinzuzufügen. Die gemäss (1) zu ermittelnde
Azimntdifferenz (AB) — (P^ P^ wird sich um so naturgetreuer und
mit nm so kleinerem Fehler behaftet ergeben^ je näher sich die von
Pj und Pj ^^^^ ^ ^^d ^ entsandten Strahlen daselbst bei rechten
Winkeln schneiden, und um so schärfer wird sich auch die Lage der
Punkte P^ und P^ gemäss den Formeln (3) bestimmen lassen können^
je mehr den von A und B nach diesen Punkten hinführenden Strahlen
Gelegenheit geboten wird, ein Gleiches zu thun.
Hieraus folgt unmittelbar, dass für die Aufgabe der beiden Punkt-
paare diejenige Punktgruppirung als die günstigere anzusehen ist, die
unter sonst gleichen Bedingungen sich enger an die Quadrat- oder
Rechtecksform anschliesst und in der die Endpunkte der Diagonalen
jeweils durch ein Punktpaar besetzt gehalten werden.
Man wird also stets der in Figur 1 dargestellten Gruppirung vor
derjenigen der Figur 2 den Vorzug zu geben haben.
Nach Erkenntniss dieses Sachverhaltes findet der Verfasser die zu
Anfang erwähnten nicht befriedigenden Ergebnisse vollständig erklärt
und namentlich auch den in einer Berechnung zu Tage getretenen
Fehler von 20" in der Azimutdifferenz (A B) — (P^ P^, obwohl den
hierbei zusammenwirkenden Richtungen ein mittlerer Beobachtungsfehler
von höchstens 1 1/2 " anhaftet.
Das gebrachte Beispiel ist kein ernst gemeintes, obschon die
benutzten Richtungen thatsächlich Beobachtungsergebnisse des hiesigen
Stadtvermessungsamtes darstellen. Die Gruppirung der schon längst
bestimmten Punkte schliesst sich sehr eng an die Rechtecksform an
und war dieser Umstand, sowie die Vergleichbarkeit der gewonnenen
Ergebnisse mit den entsprechenden aus einer umfangreichen Netz-
Ausgleichung hervorgegangenen lediglich ausschlaggebend für die Wahl
des Beispiels.
Hätten dieser eben genannten Netzausgleichung obige Näherungs-
coordinaten zu Grunde gelegen, würde die Verbesserung des Azimuts
(AB) — 1.7" betragen haben und die Coordinatenverbesserungen der
Punkte Pj und P^ würden, wie folgt, ausgefallen sein:
Tjj = -f. 5 mm rj2 = — ^^ ™"^
Sj = — 5 mm ^2 = + 21 mm
Bei Berechnung des Beispiels gelangten die in dieser Zeitschrift
auf Seite 271 vom Verfasser bereits erwähnten Hilfsmittel wieder zur
Anwendung.
Potsdam, April 1896. H. Sossna.
366 Poller. Die Aufnahmen für die allgemeinen und aneftthrlichen
Die Aufnahmen für die allgemeinen und ausfUhrticIten
Eisenbahnvorarbeiten und ihre Abhängigkeit von einander;
von Ingenieur Puller in Saarbrücken.
Die für Eisenbahnbanten erforderlichen Geländeaufnahmen haben
bekanntlich den Zweck, zwischen gegebenen Punkten die bauwürdigste
Linie ausfindig zu machen, die hierfür aufzubringenden Kosten in zu-
verlässiger Weise zu ermitteln und in zweiter Linie die Grundlagen für
die Aufstellung des Bauentwurfes zu liefern. Dementsprechend sind
diese Aufnahmen sowohl sachlich als zeitlich getrennt worden in solche
allgemeiner und ausführlicher Art. Erstere werden mit geringerer
Genauigkeit vorgenommen, wobei die Breitenausdehnung ausreichend
bemessen wird (500 m und mehr), bei letzteren dagegen bringt man das
Gelände mit allen seinen Einzelheiten zur Darstellung, während die
Breite der Aufnahme mit Rücksicht auf die vorausgegangenen allgemeinen
Vorarbeiten und den daraus gefundenen Linienzug geringer (bis 250 m)
angenommen werden kann. Der Längenmaassstab der mit Hülfe dieser
Messungsergebnisse aufgetragenen Lage- und Höhenpläne beträgt für
erstere Aufnahme 1 : 10000 bis 1 : 2500, für letztere dagegen meist 1 : 1000.
Bei besonders einfachen Geländegestaltungen begnügt man sich anch
wohl mit der Vornahme allgemeiner Vorarbeiten, an welche un-
mittelbar die Uebertragung der Bahnachse in^s Feld angeschlossen wird.
Die allgemeinen Vorarbeiten wurden früher meistens unter Zugrunde-
legung von Katasterkarten mit dem Barometer ausgeführt; man machte
also lediglich Höhenaufnahmen, die aber bezüglich ihrer Genauigkeit
Vieles zu wünschen übrig liessen. In neuerer Zeit beschränkt man
solche Aufnahmen meist auf ganz allgemeine Voruntersuchungen, für
welche dieselben allerdings recht gute Dienste leisten, sucht sich da-
gegen durch Verwendung zuverlässigerer Instrumente genauere Pläne
ftlr die vorliegenden Arbeiten zu verschaffen, und mit Recht! Man darf
nämlich bei Beurth eilung dieser Verhältnisse nicht übersehen, dass lediglich
auf Grund der allgemeinen Vorarbeiten über die Bauwürdigkeit einer
Linie an der Hand eines allgemeinen Kostenanschlages und daraus
folgender Ertragsberechnung endgültig entschieden und namentlich die
hiemach erforderliche Bausumme gesetzlich bereit gestellt wird. Diesen
Umständen trägt auch die neueste amtliche Vorschrift Rechnung, nach
welcher möglichst genaue Pläne in einem den Verhältnissen entsprechend
grossen Maassstabe anzufertigen sind, während es der Vorlage von
Messtischblättern der Landesaufnahme (M. 1 : 25 000) nicht mehr bedarf.
Erweist sich das Barometer demnach nicht als zweckmässig für
genauere Aufnahmen, so liegt es nahe, den Theodolit mit Höhenkreis an
dessen Stelle treten zu lassen, wobei sowohl die Instrumentenstandpunkte,
als auch die Entfernungen der Bodenpnnkte mit Hülfe der Kataster-
Eisenbahnvorarbeiten und ihre Abhängigkeit von einander. 367
plane bestimmt werden. Auch hier handelt es sich nor um Höhen-
aufnahmen, welche aber in nicht geringem Maasse durch die Genauigkeit
beeinflusst werden, mit welcher die Lage der Standpunkte und der auf-
genommenen Geländepunkte in den Katasterplänen an der Hand der im
Felde bestimmten Daten festgelegt wird.
Zu den erwähnten Uebelständen dieses Verfahrens tritt noch der
Umstand, dass im Grossen und Ganzen die Geländeaufnahmen, wenn
auch in etwas anderer Weise, zum Theil wiederholt werden müssen,
wenn es sich als nothwendig heraasstellt, ausführliche Vorarbeiten
mit dem Tachymeter vorzunehmen, was bei weniger einfachen Gelände-
gestaltungen stets erforderlich wird, da es sich als unpraktisch er-
wiesen hat, in solchen Fällen an die Feldaufnahme die Absteckung der
Bahnachse unmittelbar anzuschliessen und nun erst die unvermeidlichen
Verschiebungen letzterer auszuführen.
Allen Anforderungen an zweckmässige allgemeine Aufnahmen kann
man in geeignetster Weise gerecht werden, wenn man sich schon bei
diesen zur Benutzung eines Tachymeters entschliesst und gleichzeitig
dafür Sorge trägt, dass die hier gewonnenen Ergebnisse für die nach-
folgenden ausführlichen Vorarbeiten nutzbar gemacht werden können.
Hierzu ist es in erster Linie erforderlich, die Instrumeutenstandpunkte
genau festzulegen, entweder durch Bestimmung von Festpunkten auf
Grund der Klein dreiecksmessung der Landesaufnahme, wie das in
durchaus praktischer Weise in dem 19. Hefte 1895 S. 541 — 544
dieser Zeitschrift, beschrieben worden ist, oder (wo letztere Messungen
noch nicht so weit vorgeschritten sind) durch Einlegung eines Polygon-
zuges, der gemäss den Ausführungen im 20. Hefte 1894 S. 579—585
dieser Zeitschrift nach Lage und Höhe bestimmt werden kann. An
diese Arbeiten schlicsst sich dann die tachymetrische Aufnahme in
bekannter Weise, womit die Feldarbeiten beendet sind.
Soll nunmehr zur Vornahme ausführlicher Messungen geschritten
werden, so können zunächst die Ergebnisse aller derjenigen schon auf-
genommenen Bodenpunkte wieder benutzt werden, welche sich in dem
nunmehr aufzunehmenden Gebiete vorfinden; dies ist stets möglich,
wenn die Messungsergebnisse in Zahlen vorliegen, oder mit anderen
Worten, wenn zur Aufnahme ein Kreistachymeter und nicht etwa ein
Messtisch oder Tachygraphometer verwendet wurde. Weitere Aufnahmen
sind im Anschluss an die schon bestimmten Festpunkte vorzunehmen
und können daher lediglich als Ergänzungsaufnahmen betrachtet
werden.
Die Vortheile eines solchen Verfahrens dürften einleuchten; es
tritt eine mehr oder minder grosse Ersparniss bei den ausführlichen
Vorarbeiten ein, die auch durch den nicht zu leugnenden Mehraufwand
bei den allgemeinen Arbeiten nicht aufgehoben wird; die für die
368 Kriiger. Ueber den Anschluss eines secundären
ausführlichen Arbeiten erforderliche Zeit wird daher möglichst eingeschränkt^
um so mehr, als die Lagepläne zu einer Jahreszeit, welche für die
Feldarbeiten ungeeignet ist, an der Hand der schon vorliegenden
Messungen der allgemeinen Vorarbeiten entsprechend vorbereitet werden
können. Schliesslich soll noch bei unübersichtlichem, bewaldetem
Gelände, wo die Verwendung des Tachymeters ausgeschlossen ist, den
so vortheilhaften Messbandzügen das Wort geredet werden, die zweck-
mässig an Stelle der Querprofil aufnahmen, sei es mit dem Nivellirinstru-
mente, sei es durch Staffeln, treten können und noch allzu geringe
Beachtung in der Praxis gefunden zu haben scheinen.
Ueber den Anschluss eines secundären Dreiecksnetzes
an ein Hauptnetz;
von Dr. Ii. Krüger in Potsdam.
Fortsetzung und Schlnss von Seite 347.
X.
Um einen Ueberblick über die Annäherung zu haben, welche durch
die unter VII, VIII und IX angegebenen Formeln erreicht wird, wurde mittelst
derselben das thüringische Dreiecksnetz an die hannoversch-sächsische
Dreieckskette angeschlossen. Beide gehören der Königl. Preuss. Landes-
Triangulation an. *) Das thüringische Netz ist einmal ohne Zwang aas-
geglichen worden. Ein zweites Mal fand die Ausgleichung unter der
Bedingung statt, dass die Werthe der hannoversch-sächsischen Kette so-
wohl für die betreffenden Winkel auf den 4 Anschlussstationen Leipzig,
Wilsdorf, Ettersberg und Inselsberg als auch für die Seitenlängen
zwischen diesen Punkten erhalten blieben. Für beide Ausgleichungen
wurden die ebenen rechtwinkligen Coordinaten der Dreieckspunkte
berechnet.
In der nachstehenden Tabelle sind nun nach den Angaben der
Landesaufnahme, S. 74 u. S. 86 a. a. 0., die angenäherten ebenen
Coordinaten x, y der Dreieckspunkte des thüringischen Netzes in Kilo-
metern und die Verschiebungen S, tj in den Coordinaten infolge des
Anschlusszwanges zusammengestellt. Die positive a?-Achse ist jedoch
nach Süden und die positive y- Achse nach Westen angenommen — so
dass also hier die Coordinaten das entgegengesetzte Vorzeichen, wie bei
der L.-A. haben — , und der Coordinatenanfang ist in den Schwerpunkt
der Eckpunkte des Anschlussvierecks Leipzig- Wilsdorf-Ettersberg-Insels-
berg, für welchen 2aj = 0 = 2y ist, verlegt worden.
*) Die Königlich Preussische Landes-Triangulation. Hauptdreiecke. Siebenter
Theil. Gemessen und bearbeitet von der trig. Abth. der Landesaufnahme etc.
Berlin 1895.
Dreiecksnetzes an ein Hauptnetz.
369
Tabelle 1.
Nr.
Name des
Dreieckspunktes
X
. e
n
1
3
4
Leipzig
Wilsdorf
Ettersberg
Inselsberg
km
— 25,581
— 7,993
+ 8,651
+ 24,924
km
— 64,622
— 19,880
+ 14,216
+ 70,287
m
+ 0,248
+ 0,462
+ 0^59
+ 0,501
,m.
— 1,726
— 1,090
— 0,612
— 0,2Q4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
Rüden
Roda
Reust
Luftschiff
Luisenthnriu
Eickelhahn
Gr. Gleichberg
Bless
Wetzstein
Coburg
Döbra
Stelzen
Kleina
Kuhberg
+ 9,492
+ 7,147
+ 30,423
+ 20,967
+ 34,307
+ 46,596
+ 76,745
+ 71,330
+ 72,199
+ 91,379
+ 91,199
• +68,281
+ 45,920
+ 56,283 .
— 48,537
— 34,174
— 51,396
— 14,566
+ 7,361
+ 41,785
+ 63,326
+ 33,823
+ 2,075
+ 35,292
-11,112
— 33,404
— 20,979
— 52,895
+ 0,739
+ 0,662
+ 0,975
+ 0,758
+ 0,826
+ 0,787
+ 0,972
+ 1,045
+ 1,101
+ 1,205
+ 1,412
+ 1,297
+ 1,029
+ 1,248
— 1,351
-- 1,190
— 1,299
— 0,975
— .0,636
— 0,344
— 0,064
— 0,327
— 0,581
— 0,234
— 0,628
— 0,939
— 0,903
— 1,209
Es wurde zunächst der Anschlass des thüringischen Netzes an die
Punkte Nr. 1 — 4 naeh dem unter VII gegebenen Verfahren, jedoch unter
Annahme gleicher Gewichte, ausgeführt. Die Formel (2) unter VII giebt
für die Anschlussseite h.k die folgenden Werthe für — — ^ und A bra:
SkIc
Anschlnss-
seite
1.2
1.3
1.4
2.3
2.4
3.4
Mittel
103.
8
+ 0,013941
+ 0,013330
+ 0,010511
+ 0,012443
+ 0,008810
+ 0,006434
+ 0,010911
103. ^ »
+ 0,000697
+ 0,001843
+ 0,002069
+ 0,003229
+ 0,002784
+ 0,002902
+ 0,002252
Den Mittelwerthen entspricht eine Vergrösserung des Maassstabes
der anzuschliessenden Figur um q^^^^^ oder eine Vergrösserung der
Seitenlogarithmen um 47 Einheiten der 7. Stelle; die Drehung um den
Coordinatenanfang beträgt 0,464".
Hiermit erhält man nach (3) und (4) unter VII zur Berechnung der
Coordinatenverschiebungen der Dreieckspunkte in Folge des Anschlusses
die Gleichungen
5j:= + 0,489 + 0,010911 X — 0,002252 y
7|j = — 0,843 + 0,002252 x + 0,010911 y
Zeitschrift für Vermessungswesen 1896. Heft 12. 24
}
370
Krüger. Ueber den Anschluss eines secnndären
l]
(x und y in km) II
mit denen die Werthe in denColonnen unter I in der Tabelle 2 be
rechnet worden sind, x und y sind in km auszudrücken. Die Werthe
für die Coordinatenversehiebungen in den Colonnen unter II sind nach
den unter VIII mitgetheilten Formeln (5) und (1) abgeleitet itrorden.
.Nach Gl..(d) findet man
«0 = + ^f^^^ «1 = + 0,010555
6o = -^ ö|^08 ti = + 0,002205 '•
und daher
Zji :^ 4- 0,443 + 0,010555 x — 0,002205 y
r^ir— — 0,908 + 0,002205 x + 0,010555 y
Die VergrOsserang des Maassstabes des secundären Netzes ist hier
, welchem eine Vergrösserung der Logarithmen der Seiten um
94740
46 Einh. der 7. Stelle entspricht; die Drehung um den Ooordinaten-
anfang ist 0,455''.
Die Rechnung für die Constanten ist bei diesem Verfahren noch
etwas einfacher als bei dem vorigen.
Die folgenden Colonnen der Tab. 2 bringen die Abweichungen der
nach den Gleichungen I und II erhaltenen Werthe von denjenigeD,
welche der strenge Anschluss durch Ausgleichung ergeben bat.
Tabelle 2.
Nr.
I
n
I — Aasgl. n — Ausgl. 1
«I
^l
£n
%
^i s
fil—fi
5l-S
%-'■-
m
m
m
m
m
m
m
m
1
+ 0,355
— 1,606
+ 0,315
-1,647
+ 0,107
+ 0,120
+ 0,067
+ 0,079
2
+ 0,447
— 1,078
+ 0,402
— 1,136
— 0,015
+ 0,012
— 0,060
— 0,046
3
+ 0,551
— 0,668
+ 0,503
— 0,739
— 0,008
— 0,056
-0,056
— 0,127
4
+ 0,603
— 0,020
+ 0,551
— 0,111
+ 0.102
+ 0,184
+ 0,050
+ 0,093
5
+ 0,702
— 1,351
+ 0,650
— 1,399
— 0,037
0
— 0,089
— 0,048
6
+ 0,644
— 1,200
+ 0,594
— 1,253
—0,018
— 0,010
— 0,068
— 0,063
7
+ 0,937
— 1,835
+ 0,878
— 1,383
— 0,038
— 0,036
-0,097
— 0,084
8
+0,751
— 0,955
+0,696
— 1,016
— 0,007
+ 0,020
— 0,062
— 0,041
9
+ 0,847
— 0,685
+ 0,789
— 0,756
+ 0,021
-0,049
— 0,037
— 0,119
10
+ 0,903
— 0,282
+ 0,843
— 0,364
+ 0,116
+ 0,062
+ 0,056
— 0,020
11
+ M84
+ 0,020
+ 1,114
— 0,070
+ 0,212
+ 0,084
+ 0,142
— 0,006
12
+ 1,191
— 0,813
+ 1,121
— 0,394
+ 0,146
+ 0,014
+ 0,076
— 0,067
13
+ 1,272
— 0,658
+ 1,200
- 0,727
+ 0,091
— 0,077
+ 0,019
-0,146
14
+ 1,406
— 0,252
+ 1,330
-0,334
+ 0,201
— 0.018
+ 0,125
— 0,100
15
+ 1,509
— 0,759
+ 1,430
-0^824
+ 0,097
— 0,131
+ 0,018
— 0,196
16
+ 1,309
-1,054
+ 1,237
— 1,110
+ 0,012
— 0,115
— 0,060
-0,171
17
+ 1,037
— 0,968
+ 0,974
— 1,028
+ 0,008
— 0,065
— 0,055
- 0,125
18
+ 1,222
— 1,293
+ 1,154
- 1,342
0,026
— 0,084
— 0,094
— 0,133 ,
Nach den Formeln I schliessen sich die westlich gelegenen Pankte
Nr. 10 bis Nr. 15, bei Anwendung der Formeln II die von den An-
schlusspunkten entferntesten Punkte Nr. 11 bis Nr. 18 am schlechtesten
Dreieeksnetzes an ein Hauptnetz. 371
an die Attsgleiehungswerthe. Die Summe der Quadrate der Differenzen
in den beiden letzten Colonnen der Tabelle 2 giebt:
I — Ausgl. II — Ausgl.
Nr. 1 bis 4: 0,0736 0,0467
Nr. 5 bis 18: 0,2054 0,2543
zusammen: 0,2790 0,3010
Dem entspricht als mittlere Abweichung eines Punktes von seiner
durch die Ausgleichung bestimmten Lage 0,125 m bezw. 0,129 m.
Es soll nun versucht werden, ob durch Annahme von Gewichten
eine bessere Annäherung an die Ausgleichungswerthe erzielt werden kann.
Da anzunehmen ist^ dass die Lage eines Punktes von dem ihm
am nächsten liegenden Anschlüsse am meisten beeinfluast sein wird, so
wurden die Gewichte umgekehrt proportional der Entfernung des zu
tibertragenden Punktes von dem in Frage kommenden Anschlüsse gewählt.
Nach YII werden die Ausdrtlcke ftlr die Goordinatenverschie-
bungen, wenn Gewichte eingeführt werden:
I*
Hierin wurde nun gkje proportional genommen, wo r^jk die
Entfernung des Punktes P von der Mitte der Anschlussseite P^ Pu be-
deutet. Die erhaltenen Werthe für f? und tj* sind in der nachstehenden
Tabelle 3 unter I* angegeben.
Bei der Anwendung der Formeln (7) unter IX ist gk pro-
portional gesetzt worden: PPu == r^. Die vermittelst dieser Formeln
gefundenen Werthe sind mit 5S> Yjjj bezeichnet und in den beiden Co-
lonnen unter 11^ in der Tabelle 3 aufgeführt. Die Anschlusspunkte
beider Netze fallen hier zusammen.
Es sei noch erwähnt, dass man sich zur Berechnung von a^ und i^,
IX, Gl. 7 auch der folgenden Formeln bedienen kann. Setzt man
Xjc — X= Xk' ft/k — Y = yk '^ik — 8 -X*= Jfc' , r)& — S Y= r^ky
so wird
_ S gk {Xk Ik + Vk r^k) , lgk(Xk rik ~yk ik)
'''- igkix'l^ryi) ' '~ lgk{^i+yi^ \
Man hat ferner:
2 gh gk {{Xh — Xk) (Sa — h) + iyh — yk) {rih — r^k )}
«1 =
S gh gk {{Xk — Xk? -f- {yh — Vk? }
___ ^gh9kSh,k ^'Sh.k
2 gn gk slk
24^
372
Krüger, lieber den Anschlius eines secnndären
_ ^9h9k {{Xk — Xu) (tja — Tjfc) — (yA —jfic) (6a — h)]
/( and A; beziehen sich auf sämmtliche VerbindungsUnien der Anschlass-
punkte.
Die folgenden Colonnen der Tab. 3 geben wieder die Abweichungen
gegen die Werthe, welche die Zwangsausgleichung geliefert hat.
Tabelle 3.
Nr.
l*(i7,^ =
= *J
"* {9k'-
= Ü
r — Ausgi.
TT* — Ausgl
a*
% 1 r-„
1«
Ö-«[%-i
^11 S >jfl ^
m
m
m
m
m
m
m
m
1
+ 0,319
— 1,633
+ 0,248
- 1,726
+ 0,071
+ 0,093
0
0
2
+ 0,465
- 0,962
+ 0,462
— 1,090
+ 0,003
+ 0,128
0
0
3
+ 0,505
— 0,762
-1- 0,559
— 0,61^
-0,054
— 0,150
0
0
4
+ 0,548
- 0,121
+ 0,501
— 0,204
+ 0,047
+ 0,083
0
0
+ 0,716
— 1356
+ 0,665
— 1,419
— 0,023
— 0,005
— 0,074
— 0,068
6
+ 0,662
— 1,178
+ 0,621
— 1,245
0
-f 0,012
— 0,041
-0,055
7
+ 0,957
— 1,34«
+ 0,900
— 1,398
- 0,018
— 0,049
— 0,075
— 0,099
8
+ 0,751
— 0,966
+ 0,716
— 0,978
— 0,007
+ 0,009
— 0.042
0,003
9
+ 0,813
— 0,719
+ 0,833
— 0,709
0,013
— 0,083
+ 0,007
- 0,073
10
+ 0,832
— 0,342
+ 0,808
- 0,373
+ 0,045
+ 0,002
+ 0,021
—0,029
11
+ 1,022
- 0,027
+ 1,056
— 0,097
+ 0,050
+ 0,037
+ 0,084
-0,033
12
+ 1,132
— 0,342
+ 1,087
— 0,389
+ 0,087
— 0,015
+ 0,042
-0,062
13
+ 1,246
— 0,665
+ 1,197
— 0,705
+ 0,065
— 0,084
+ 0,016
-0,124
14
+ 1,351
— 0,275
+ 1,274
— 0,298
+ 0,146
— 0,041
+ 0,069
— 0,064
15
+ 1,492
— 0,760
+ 1,429
— 0,807
+ 0,080
- 0,132
+ 0,017
-0,179
16
+ 1,315
— 1,057
+ 1,256
— 1,100
+ 0,018
— 0,118
— 0,041
— 0,161
17
+ 1,040
— 0,973
+ 0,996
-1,007
+ 0,011
— 0,070
— 0,033
-0,104
18
+ 1,241
— 1,305
+ 1,176
-1,348
-0,007
— 0,096
— 0,072
-0,139^
Die Summe der Quadrate der Differenzen in den letzten beiden
Rubriken der Tab. 3 beträgt bei
I* — Ausgi. II* — Ausgl.
Nr. 1 bis 4 : 0,0646 0
Nr. 5 bis 1«: 0,1109 0,1732
Die mittlere Abweichung der letzten 14 Punkte von den durch die
Ausgleichung erhaltenen Lagen ist mithin bei
I* II*
0,089 m 0,111m
Die entsprechenden Werthe bei I und II, Tab. 2 (also mit 5f = l) sind
0,121 m und 0,135 m
Dreiecksnetzes an ein Hanptnetz.
873
In beiden Fällen ist also durch die Gewichtsannahme g proportional
— eine bessere Annäherung an die Ausgleichungswerthe erzielt worden«
Y
Es ist aber fraglich^ ob diese im Verhältniss zu der durch die Berück«
sichtigung von Gewichten verursachten Mehrarbeit steht, die um so
mehr zunimmt, je mehr Anschlusspunkte vorhanden sind.
Durch die Werthe unter P, Tab. 3, wird für den in der Mitte
liegenden Punkt Nr. 9 und für die drei östlichen Punkte Nr. 16 bis 18
eine etwas schlechtere Bestimmung erhalten als durch die entsprechenden
Werthe unter I, Tab. 2; für die übrigen Punkte, namentlich die früher
schlecht bestimmten Nr. 10, 11, 12 und 14, ergeben sich aber bessere
Lagen.
Die Werthe unter II*, Tab. 3, geben fttr alle Punkte eine allerdings
nur geringe Zunahme der Annäherung an die Ausgleichungswerthe
als die entsprechenden Werthe unter II der Tab. 2.
Es ist vielleicht möglich, dass man durch andere Gewichtsannahmen
den Ausgleichungswerthen näher kommt. Um dies zu untersuchen,
habe ich für die 5 Punkte: Nr. 5 Röden^ Nr. 9 Luisenthurm, Nr. 11
Gleichberg^ Nr. 15 Döbra und Nr. 18 Kuhberg, die sich ziemlich gleich-
massig über das Netz vertheilen, die Coordinatenverschiebungen nach
der 61. I* mit verschiedenen Annahmen für gh,k berechnet. Der
Reihe nach ist gnjc proportional —^ , — y^ , (
Sh,k\'
sin^ mhjc
AJk ' hJc ^ 'hJc ^ 'h ^ ^k
angenommen worden, thjc bezeichnet wie vorher die Entfernung des
ZQ übertragenden Punktes von der Mitte, rh und rje sind die Entfeniungen
von den Endpunkten der Anschlussseite $hjt ; ^hjt ist der Winkel,
welchen rh und ru miteinander bilden. Die gefundenen Ergebnisse sind
in der Tab. 4 zusammengestellt.
Tabelle 4.
Nr.
ghjc =
1
SkJc
9h.k = 2
'h.k
9hJc i A
sin* mhjc
5*1
^I
5*1
^*
n
-.1
51
<
m
m
m
m
m
m m
m
5
+ 0,730
— 1,354
+ 0,733
— 1,290
+ 0,755
— 1,234
+ 0,729
— 1,398
9
+ 0,789
— 0,750
+ 0,789
— 0,717
+ 0,772
— 0,723
+ 0,788
— 0,735
11
+ 1,050
— 0,071
+ 1,055
-0,060
+ 0,995
— 0,111
+ 0,944
-0,143
15
+ 1,477
- 0,761
+ 1,452
- 0,731
+ 1,438
— 0,713
+ 1,423
— 0,741
18
+ 1,256
— 1,313
+ 1,239
- 1,253
+ 1,249
-1,202
+ 1,270
— 1,272
Die Tab. 4 a giebt die Abweichungen der in der Tab. 4 aufge-
führten Werthe von den entsprechenden Ausgleichungswerthen in der
Tabelle 1.
374 Krüger. Ueber den Anschlass eines secandären Dreiecknetzes etc.
1
Tabelle 4 a.
'
Nr.
1
ShJc
^*^ (^%)
n-«
-n] ri
5I-S
^j — -n
«*/-« Vx-I
K-^
T^iZ-^i
5
9
U
15
18
m
— 0,009
— 0,037
+ 0,078
+ 0,065
-h 0,008
m
— 0,003
-0,114
— 0,007
— 0,133
— 0,104
m
— 0,006
— 0,037
+ 0,083
+ 0,040
— 0,009
m
+ 0,061
— 0,001
+ 0,004
— 0,t03
-0,044
m
+ 0,016
— 0,054
+ 0,023
+ 0,026
+ 0,001
m
+ 0,117
-0,087
-0,047
— 0,085
+ 0,007
m
— 0,010
-0,038
— 0,028
+ 0,011
+ 0,022
m •
— 0,047 1
— 0,099
— 0,079
— 0,113
-0,063;
Die mittlere Abweichung der 5 Punkte Nr. 5, Nr. 9, Nr. 11, Nr. 15
und Nr. 18; wenn ihre Üoordinatenverscbiebungen nach der Formel l*
berechnet werden, von den in Folge der Ausgleichung sich ergebenden
Lagen ist mithin nach Tab. 2, Tab. 3 und Tab. 4a die folgende:
für ghjc=^ 1
9hJc
sm^ mji
/''«•^ ^A.fc ^A.&
MittlereAbweichung5==0,135 0,094 0,104 0,081 0,084
1
r
4- r'
0,087 m
Die Gewichtsannahme gnjc =
als die Annahme gh.k =
liefert hiernach schlechtere Wertfae
h.k
ThJc
Die letzten drei Annahmen scheinen
siemlieh gleichwerthig zu sein.
Für die Gewiehtsbestimmung brauchen Vhjcy Shjcy ^kjt u. s. w. übrigens
nur ganz angenähert bekannt zu sein.
Obgleich die Formeln zur conformen Uebertragung bei 4 Anschluss-
punkten (vergil. IV) hier nicht anwendbar sind, weil das thüringische
Netz ganz ausserhalb des Anschlusses Hegt, so habe ich doch auch mit
ihnen für einige Punkte die Coordinatenverschiebungen abgeleitet. Es
geschah dies, theils um die Formeln rechnerisch zu prüfen, theils aber
auch, um einmal zu sehen, wie gross die Abweichungen sein würden.
Der Coordinatenanfang wurde in den Schnittpunkt der Diagonalen
Leipzig-Inselsberg und Wilsdorf-Ettersberg gelegt. Seine Coordinaten
sind in dem bisher benutzten Coordinatensystem a; = — 11,589 km
y == — 27,247 km. Die Berechnung der Constanten nach der Gl. (6*)
unter IV ergab
a, =^ + 429
t. = — 1199
«1== +
öt, == +
13,88
0,0233
fti = +
*. = +
1,98
0,0224,
mit welchen man i und t; in Millimetern erhält. Zur Ableitung von
( und Y) wurden die Gl. (9) und (10) unter IV benutzt. Die Anwendung
derselben auf die 4 Anschlusspunkte lieferte mit den Yorstehenden
Constanten die vorgeschriebenen Werthe für die Coordinatenverschie-
Puller. Zur Geschichte der Sohiebetachymeter. 37^:
bangen. Für die dem Anacblass ziemlich parallel liegende Funklreihe
Nr. 5 Rüden, Nr. 8 Luftschiff und Nr. 10 Kickelhahn wnrde erhalten:.
ROden Luftschiff Kickelhahn
£ = 4- l"i73 + 0^846 + ^671
1] = — 1,106 — 0,909 — 0,209
Diese Werthe weichen schon stark von den Ausgleicbungswerthen in
der Tab. 1 ab. Die conforme Abbildung iat also in diesem Falle selbst
fllr die dem Anschluss am nScbsten liegenden Punkte nicht zu benatzen.
Zur Geschichte der Schiebetachymeter;
von Ingenieur Puller in Saarbrücken.
Nach den im Handboehe der Vermessnngsknnde von Prof. Jordan,
auf Seite 611 and 612 der 4. Auflage gemachten Angaben sind lediglich
zwei Conatrucüftneo der Sohiebetachymeter, diejenigen TOn Ing. Wagner
und Kreuter, in weiteren Kreisen bekannt geworden; hiernach hat
ersterer sein Taehygrapbometer schon im Jahre 1868 zur AasfUhrung
gebracht, während Kreuter seine Erfindung im Jahre 1674 verSffentUchte.
Es scheint daher nicht bekannt tu sein, dass der Oedanke, die ICntfemoDgen
und Höhen der aufgenommenen Bodenpnnkte nnmittelbar am Instrament
abzulesen, schon im Jahre 1865 von Geometer Kiefer, der bei der ehe-
maligen Rheinischen Eisenbahn-Oesellschaft in Köln thstig war, gefasst
wurde und za einem brauchbaren Schiebetachymeter führte. Allem An-
scheine nach hat dieses Instrument keine weitere Verbreitung und daher
auch keine Erwähnung in der Litteratur gefunden; jedenfalls war das-
selbe im Jahre 1881, als bei der KCniglichen Eisenbahn-Direction Ktlln (1.)
Eiseubahn-Vorarbeiten in grüsserem Umfange mit dem Kreistachymeter
von Starke & Kammerer in Wien zur Ausfflhmng kamen, der
Vergessenheit anheimgefallen. Es dürfte somit fttr die Leser dieser Zeit-
schrift von Interesse und allgemein von geschichtlichem Werthe sein,
376' Gesetze und Verordnungen.
eine Beschreibung eines solchen Schiebetachymeters zu geben, der im
Jahre 1873 ron der Firma F. W. Breithaupt & Sohn in Cassel für
Rechnung der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft ausgeführt worden ist.
Das in vorstehender Figur dargestellte Instrument besitzt ein
Fernrohr, welches in zwei Trägern ruht, die in einer Grundplatte ihre
Unterstützung finden; dasselbe ist um eine horizontale Achse drehbar
und mit einer Bremsvorrichtung und einer Reinbewegung versehen. Auf
der Drehachse dieses Fernrohrs und mit letzterem fest verbunden ist
ein Lineal befestigt, welches eine Eintheilung bis 150 Meter im Maass-
stab 1:1250 trägt. An diesem Fernrohrlineal entlang bewegt sich ein
Schieber, der auf einer entsprechend ausgebildeten Kante der Grund'
platte geführt und durch eine vor dem getheilten Lineal angebrachte
Schiene in senkrechter Läge gehalten wird. Dieser Schieber besitzt eine
Theilung auf Glas in demselben V«rhältniss 1:1250; der Nullpunkt
derselben liegt mit der Drehachse des Fernrohrs in gleicher Höhe, von
diesem Nullpunkt verläuft die Theilung nach oben und unten. Bei
horizontaler Lage des Fernrohrs befindet sich die Nulllinie der Glas-
scala in derselben Höhe mit der Mittellinie des Femrohrlineales, welche
gleichzeitig mit der Visirlinie in ein und derselben Horizontalebene liegt.
Stellt man den Schieber auf den Nullpunkt der Linealtheilung, so tritt
die an dem unteren Ende des Schiebers angebrachte Markirnadel in
eine an der Kante der Grundplatte vorgesehene kleine Oeffnung, in
welche eine Nadel eingesetzt und als Drehpunkt des ganzen Instrumentes
benutzt werden kann. Das Fernrohr besitzt einen Distanzmesser auf
Glas mit der Constanten 100.
Aus dieser Beschreibung geht hervor, dass vorliegendes Instrument
als Kippregel auf einem Messtische verwendet wurde; die Einrichtung
des Schiebers deutet darauf hin, dass auch für diesen Tachymeter die
schiefe Lattenstellung zur Anwendung gekommen i$t. Die oben an-
gegebene Markirvorrichtung dient zweifellos dazu, die aufgenommenen
Punkte der Lage nach direct auf den Messtisch übertragen zu können,
sodass wir es mit einem Tachygraphometer zu thun haben, welches
in dieser Form wohl als nicht ganz unzweckmässig und einfach in der Con-
struction und Handhabung bezeichnet werden darf, wobei noch angenehm
auffällt, dass auf die Benutzung von Nonien verzichtet wurde; auch ist
die Höhenablesung an der senkrechten Glasscala originell und nicht
unbequem.
Gesetze und Verordnungen.
Königlich Preussisches Finanzministerium.
Zufolge einer Mittheilung des Herrn Justizministers hat sich nach
dem Inkrafttreten des Communalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 eine
Reihe von Gemeinden, in denen die Erhebung einer Umsatzsteuer vom
Gesetze nnd Verordnungen. 377
GrundeigeBtham beschlossen war^ an die Justizbehörden mit dem Er-
suchen gewandt^ dass ihnen die ans dem Grandbache sich ergebenden
£igenthamsveränderangen als Grundlage für jene Steuererhebung zu-
gänglich gemacht werden.
Es ist nicht noth wendig, die Mitwirkung der Justizbehörden für
diesen Zweck in Ansl>rnch zu nehmen. Vielmehr sind die gemäss § 57
der Grandbuchordnung seitens der Amtsgerichte an die Eatasterämter
mitzutheilenden, die Auf lassungserklärangen und Eigenthumseintragungen
nachweisenden sogenannten Eigenthumsveränderangslisten wohl geeignet,
um sie da, wo von den Gemeinden Umsatzsteuern vom Grundeigenthum
erhoben werden, fttr die Zwecke der Gemeindeverwaltung ebenfalls nutzbar
nnd hierdurch besondere Mittheilungen der Gerichte entbehrlich zu machen.
Demgemäss bestimme ich im Einvernehmen mit den Herren Ministem
der Justiz und des Innern Folgendes:
Die erwähnten Eigenthumsveränderungslisten werden gemäss den
hierüber erlassenen Bestimmungen (§ 16 ff. der Katasteranweisung I
vom 21. Februar 1896) wie bisher, so auch hinfort von dem Amtsgericht
nnmittelbar dem Katasteramt mitgetheilt.
Das Katasteramt hat alsdann entweder
1) der Gemeinde zu gestatten, durch ihre eigenen Organe in den
Geschäftsräumen des Katasteramts die erforderlichen Nachrichten daraus
entnehmen zu lassen, oder
2) den Gemeinden Abschrift davon gegen Zahlung der entstehenden
Oopialien zur Staatskasse zu ertheilen, oder
3) in die nach § 83 Nr. 3 a. a. 0. der Gemeinde auf Verlangen
mitzutheilenden Nachrichten über Eigenthumsveränderungen nach den
Angaben der gerichtlichen Eigenthumsveränderungslisten den Tag der
Auflassung u. s. w., den Tag der erfolgten Umschreibung im Grund-
buche, sowie den Kauf- oder Erwerbspreis kostenfrei mit aufzunehmen.
Welcher von diesen drei Wegen zu wählen ist, sowie ferner die
Festsetzung darüber, ob die Mittheilungen in jedem einzelnen Falle sofort
oder angesammelt in entsprechenden Zeitfristen erfolgen sollen, ist nach
Anhörung der betheiligten Gemeinden von der Königlichen Regierung
zu bestimmen.
In dem Falle zu 2 hat die Königliche Regierung ferner nach den
üblichen Preisen den Einheitssatz der Copialien festzusetzen. Die darnach
zu zahlenden Copialien hat das Katasteramt zu notiren und ihre Jahres-
summe am Schluss des Rechnungsjahres dem Gemeindevorstand zur Ab-
führung an die Kreiskasse mitzutheileU) auch der Kasse selbst mit Be-
nutzung des üeberweisungsformulars A zu § 83 der Katasteranweisung V
vom 21. Februar 1896 zur Empfangnahme zu überweisen. Die ein-
gehenden Beträge sind in der Rechnung von den directen Steuern unter
Titel 6 ^Gebühren" Nr. 2 ^andere Gebühren der Katasterverwaltung"
au vereinnahmen.
378 Büchei^chaa.
Soweit is einzelnea Orten zur Zeit ein anmittelbarer Verkebr zwischen
dem Amtsgericht and der Oemeindeverwaltang beateht and zu Unzu-
träglichkeiten nicht geführt hat, beabsichtigt der Herr Jostizminieter
dessen Fortdauer widerraflich za gestatten. Wo dies zatrifft^ wird der
Königlichen Regierung hiervon seitens des betreffenden Amtsgerichts
Kenntniss gegeben werden. Wo dagegen die Fortdauer nicht nachgelassen
wird, hat seiner Zeit die Königliche Regierang das Amtsgericht davon
in Kenntniss zu setzen, von welchem Zeitpunkte ab die Mittheilungen
in der oben geordneten Weise darch das Katasteramt erfolgen werden.
Aus Anlass eines Specialfalles wird darauf aufmerksam gemacht,
dass es nicht zulässig ist, die gerichtlichen EigenthumsveränderungsliBten
durch Vermittlung der Gemeindebehörden an die Kataaterämter gelangen
zu lassen. Denn nach den jetzt bestehenden Mnrichtungen bilden die
Listen einen unmittelbaren Bestandtheil der Katasterfortschreibungs-Ver-
handlungen und dürfen aus diesen nicht entfernt, noch verspätet den
Katasterämtern zugestellt werden, wenn anders ein geordneter Geschäfts-
betrieb aufrecht erhalten werden soll.
Berlin, den 22. April 1896.
Der Finanzminister.
H i q u e 1.
An die Königlichen Regierungen (ausschliesslich Sigmaringen).
Abschrift erhält die Königliche Direction zur Kenntnissnahme mit
dem Bemerken, dass der Herr Justizminister die einstweilige Fortdauer
des bestehenden unmittelbaren Verkehrs zwischen dem Amtagericbt und
der Stadtverwaltung in Berlin in Aussicht genommen hat.
Berlin, den 24. April 1896.
Der Finanzminister.
Mi quel.
Au die Königliche Direction für die Verwaltung der directen Steuern hier.
(Deutscher Reicfasanzeiger Nr* 110.)
BOcherschau.
Grundlehren der Kulturtechnik. Unter Mitwirkung von Dr. M. Fleischer,
P. Gerhardt, Dr. E. Gieseler, M. Grantz, Dr. Ii: Witt mack heraus-
gegeben von Dr. Oh, Aug. Vogler, Professor an der landwirtlischaft-
lichen Hochschule in Berlin. 696 S. gr. 8^ mit Q34 in den Text gedmpkten
Abbildungen. Berlin 1896. Paul Parey.
Nur wenige Jahrzehnte trennen uns von der Zeit, in welcher die
Kulturtechnik als besonderer Unterrichtsgegenstand an landwirthschaft-
liehen und technischen Lehranstalten eingeführt , worden ist. Zuerst
waren es Wiesenbauschulen und niedere landwirthschaftliche Schulen,
welche sich die Ausbildung von Wiesenbaumeistern und Drainage-
BUoherBchau. 379;
technikern zur Angabe machten^ und erst viel später haben polytechnisch^
Schalen, wie diejenigen zu Karlsruhe^ München^ Darmstadt u. a., die
Aasbiidung von Kaitaringenieuren in ihr Unterrichtsprograimn auf*
genomn^n. In Preossen sind seit EinfQhrung der Kaltarteohnik als
wissenschaftliches Unterrichtsfach in den Lehrplan der landwirthschaft-
llchen Hochschulen und des den ILiandmesserQ ermöglichten Besuchs der
Vorlesungen über dieses Fach gerade jetzt zwei Jahrzehnte verflossen.
Reinem anderen, als dem am 1. April d. J. von seinem Amte als
Director der landwirthschaftliohen Akademie Poppelsdorf zurückgetretenen
Geh. Regierungsrath Dr. Dünkelberg haben es die preussischen Land-
messer zu verdanken, dass ihnen mit Einführung der Kulturtechnik
in den Lehrplan dieser Akademie die akademischen Pforten für immer
geöffnet wurden. Derselbe schreibt unterm 12. Februar 1876 an die
Zeitschrift fUr Yermesaungswesen (S. 91), dass der Minister für land-
wirthschaftliche Angelegenheiten angeordnet habCf dass vom Sommer-
semester 1876 ab specielle Vorlegungen für Kulturtechniker in den
Lehrplan der Akademie Poppelsdorf aufgenommen werden. Nicht
unerwähnt darf hier bleiben, dass in Württemberg, wo seit einer Reihe
von Jahren an der landwirthschaftlichen Akademie Hohenheim alljährlich
sogenannte Wiesenbaucurse, vornehmlich für Feldmesser, abgehalten
wurden, schon im Jahre 1874 an der mit der Baugewerkschula
verbundenen Oeometerschule ein besonderer Cursus zur Ausbildung und
Prüfung von Feldmessern als Kulturtechniker eingerichtet worden ist.
Nicht viel länger her ist der Beginn der literarischen Thätigkeit
auf dem Qebiete der Kulturtechnik in Deutschland. Die zuerst
erschienenen Schriften waren meist Monographien über einzelne Gebiete
der Kulturtechnik, und wiederum war es zuerst Dttnkelberg, der es
sich zur Aufgabe machte, ein sämmtliche Gebiete der Kulturtechnik
umfassendes Handbuch herauszugeben, nachdem er schon durch die in
den Jahren 1868 — 1871 von ihm redigirte Zeitschrift „Der Kultur-
Ingenieur^ bestrebt war, technische Kenntnisse in ihrer Anwendung auf
die Landwirthschaft zu fördern und zu verbreiten, und nachdem sich
derselbe durch die wiederholte Bearbeitung des Lehrbuchs über
Wiesenbau (Letzte Ausgabe 1894) literarisch bekannt gemacht hatte.
Als im Jahre 1883 die „Encjklopädie und Methodologie . der
Kalturtechnik<< von Dttnkelberg erschien (vgl. Z. f. V. 1883, S. 302),
war ausser diesem nur noch ein Werk vorhanden, welches als Handbuch
beim Studium und als Leitfaden beim Unterricht in der Kulturtechnik
dienen konnte : „Der landwirthschaftliche Wasserbau^ von Dr. E.
Pereis, Berlin, 1877. Beides sind, jedes in seiner Art, vorzttgliche.
Werke; Unter diesen Umständen wird die Frage jetzt wohl nicht
unbegründet sein: Liegt das Bedttrfniss nach einem weiteren Handbuch.
über Kulturtechnik voi; ? Hiertiber giebt der Verfasser des vorliegenden^
880 Büchersohau.
Werkes AnfschlusS; indem er in dem Vorwort zu demselben ansfttbrt:
„Dünkelberg's Encyklopädie und Methodologie der Eulturtechnik ist ein
weitgreff^ndes, gross angelegtes Werk. Dass daneben das Bedtlrfhiss
nach kulturteehnischer Belehrung in schlichter Form bestand, beweisen
Schriften, wie das Bändchen „Der Land wirth als Eulturtechniker der
Thaerbibliothek". Der landwirthschaftliche Wasserbau von Pereis ist
an und für sich ein sehr bräuchbares Handbuch/ aber für den Eultur-
techniker nicht ausreichend, weil in demselben verschiedene Hilfswissen-
schaften der Eulturtechnik nicht enthalten sind. Die Yogler'schen
„Grundlehren der Eulturtechnik", welche den goldenen Mittelweg ein-
halten und dem Bedürfniss der geodätisch vorgebildeten Oandldaten
möglichst Rechnung tragen, werden daher nach unserer Ansicht recht
wohl geeignet sein, die bestehende Lücke in der Literatur auszufüllen^
und es ist sicher anzunehmen, dass dieselben von Lehrern und
Studirenden der Eulturtechnik künftig als Hand- und Nachschlagebuch
werden gerne benutzt werden.
Vergleichen wir die „Girundlehren der Eulturtechnik von Vogler**
mit „Dünkelberg's Encyklopädie und Methodologie der Eulturtechnik**,
so ist zunächst zu Gunsten des Vogler'schen Werkes anzuführen, dass
die einzelnen Gebiete der Eulturtechnik von Fachmännern auf diesen
Gebieten bearbeitet sind; denn bei aller Hochachtung vor dem
umfassenden Wissen Dünkelberg's wird es sich doch nicht verkennen
lassen, dass das Dünkelberg'sche Werk auf einzelnen, dem Verfasser
ferner liegenden Gebieten doch etwas zu sehr „encyklopädisch"
behandelt ist. In dem Vogler^schen Werk ist dies weniger bemerkbar,
weil begreiflicherweise jeder der Mitarbeiter sein volles Eönnen ein-
gesetzt hat, um der von ihm übernommenen Aufgabe gerecht zu werden.
Sehen wir sodann von dem 1. Bande des Dünkelberg^schen Werkes, die
Terrainlehre und die Terraindarstellung in einer für den vorliegenden
Zweck doch etwas zu ausführlichen Behaudlungsweise enthaltend,
deshalb ab, weil ein grosser Theil dieses Stoffes nicht unmittelbar zur
Sache gehört, so fällt ein Vergleich zwischen dem 2. Band von Dünkelberg
und dem Vogler'schen Werk, welche beide annähernd den gleichen
Stoff umfassen, zunächst bezüglich des Umfanges nicht zu Ungunsten
des Vogler^schen Buches aus. Durch den grösseren Umfang war es
aber auch möglich, wenigstens einzelne Gebiete eingehender za
behandeln. Für Vogler's Grundlehren der Eulturtechnik wird daher
neben dem grösseren und umfassenderen Werk Dünkelberg*s immer
noch Platz genug übrig bleiben.
Wenn wir auf den Inhalt des Vogler'schen Buches nunmehr
näher eingehen, so haben wir zunächst der Bodenkunde zu erwähnen,
welche von Professor Dr. M. Fleischer in Berlin in 5 Eapiteln sehr
ausführlich dargestellt ist. Während der Verfasser dieses Abschnittes
es in erster Linie darauf abgesehen hatte, einen Einblick in die
Büchersch^n. 381
chemischen und mechanischen Vorgänge bei der Entstehung und
Umbildung des Bodens, sowie in die chemischen und physikalischen
Eigenschaften der verschiedenen Bodenarten zu geben, so glaubte derselbe
doch auch das zum Verständniss der Bodenkunde Erforderliche
aas der Mineralogie und Geognosie dem Leser des Buches nicht vor-
enthalten zu sollen. Endlich hat der Verfasser die physiologischen
Vorgänge im Boden, deren Bedeutung für die Bodenumwandlungen und
für die Fruchtbarkeit des Bodens allgemein anerkannt ist, nach dem
heutigen Standpunkte der Wissenschaft zur Darstellung gebracht. Ob
der Verfasser bei Sichtung des Stoffes durchaus das Richtige getroffen
hat, müssen wir einer berufeneren Kritik überlassen. Dass derselbe
hierbei der Entstehung und dem Verhalten der Moorböden besondere
Beachtung geschenkt hat, ist nicht nur durch die reiche Erfahrung des
Verfassers auf diesem Gebiete, sondern auch dadurch zu erklären, dass
die Moorkultur von Jahr zu Jahr von grösserer Bedeutung für die
Landwirthschaft geworden ist.
In dem zweiten Abschnitt hat der Geh. Regierungsrath Dr. L.
Wittmack in Berlin aus der Botanik die ihm für das vorliegende Buch
wissenswerth erscheinenden Gegenstände in klarer Weise behandelt
DemgemäsB umfasst der Abschnitt vorzugsweise die Wiesenpflanzen und
deren Erkenpnng, die Systematik der Gräser und Hülsenfrüchte, während
zum Zweck der Bestimmung der übrigen einheimischen Pflanzen die
Benutzung einer Flora empfohlen wird. Ueber Keimung und Wuchs-
verhältnisse ist in dem Abschnitt so viel enthalten, dass diejenigen,
welche keine eigentlichen botanischen Studien gemacht haben, aus dem^
seihen einen Begriff von der Keimung, Ernährung und Fortpflanzung,
sowie über den mechanischen Aufbau der Pflanzen erhalten. Hierzu
trägt eine gi:össere Anzahl von bildlichen Darstellungen nicht
unwesentlich bei.
Der dritte Abschnitt, bearbeitet von Professor Dr. E. Gieseler in
Poppeisdorf, handelt von der Hydraulik, die beiden Theile Hydrostatik
und Hydrodynamik umfassend, nachdem in der Einleitung zu diesem
Kapitel die allgemeinen Gesetze der Mechanik über Ruhe und Bewegung
erörtert sind. Wenn der Verfasser hierbei nur bekannte Sätze und
Regeln zu Grunde gelegt und sich einfacher Darstellung und
elementarer Mathematik bedient hat, so wird das mit Rücksicht auf
das Bedürfniss und die nicht unverhältnissmässig hohen Vorkenntnisse
der Abnehmer dieses Buches auf dem Gebiete der mechanischen Wissenschaft
nur gebilligt werden können. Der hydrometrische Theil dieses Kapitels,
welcher von dem Kulturtechniker vorzugsweise verwendet wird, dürfte
nach unserer Ansicht etwas ausführlicher behandelt und mit Zahlen-
beispielen reichlich versehen sein.
Damit ist der naturwissenschaftliche Theil des Buches ab-
geschlossen.
382 BUeherschau.
Der technische Teil be^nnt mit dem von Meliorationsfoauinspeetor
M. Grantz in Berlin verfassten Abschnitt über fiaukunde, welehe die
Gebiete des £rd-, Weg-, Brfieken- and Wasser -Baues in der
Ausdehnung: in sich begreift , wie solche Biluten bei der Aus-
führung der gewöhnlichen landwirthschaftliehen Meliorationen vor-
zukommen pflegen. Eine erhebliche Anzahl * von Gonntructions-
zeichnungen unterstützen den klaren und leichtverständlichen Text, der
sich im wesentlichen innerhalb des Rahmens bewegt, der dem Kaltur-
techniker gesteckt ist. Nur in einzelnen Fällen^ wie z. B. bei den
Gründungen, kdnnt« es fraglich erscheinen, ob der Verfiasser nicht
etwas zu weit gegangen ist. Die von dem Verfasser beliebte Giiedernng
der einzelnen Arbeiten, nämlich des Erdbaues in die Vorarbeiten und
in die Ausführung der Erdarbeiten, des Wegbaues in Vorarbeiten und
Ausbau der Wege, des Brückenbaues in Vorarbeiten, Holzbrücken und
massive Brücken, und des Wasserbaues in GruHdbau, üferbau nnd
Stauanlagen ist zu billigen, auch ist anzuerkennen, dass der Verfasser
so viele Angaben und - Formeln über Dimensionirung von Bauwerken
gemacht hat, dass mit denselben für die bei gewöhnlichen Meliorations-
bauten vorkommenden einfachen Fälle fast immer auszukommen sein
wird. Der Kostenvoranschlag über Erstellung einer hölzernen Balken-
brücke kann als Norm für ähnliche Fälle dienen; Unter der Baukunde
vermissen wir aber eine besondere Abhandlung über Stütz- und Futter-
mauern. Dieses Gebiet erscheint uns von allergrösster Wichtigkeit,
denn es giebt ebensowenig einen Baumeister, dem nicht eine Fatter,
mauer verunglückt wäre, als einen Reiter, der noch nicht vom Pferde
abgeworfen worden ist.
Eisen und Cement sind unstreitig die Baumaterialien des
Brücken- und Wasserbaues der Zukunft. Deshalb möchten wir
wünschen, dass das Holz bei späteren Bearbeitungen der Baukunde
durch diese Materialien etwas mehr verdrängt würde.
Die eigentliche Kulturtechnik, Entwässerung und Drainage,
Bewässerung und Moorkultur umfassend, ist von dem in der kultnr-
technischen Literatur schon länger bekannten Regierungs- und Baurath
Gerhardt in Königsberg bearbeitet. Die Einleitung zu diesem Abschnitt
enthält meteorologische Angaben, welche nach unserer Ansicht hätten
poch etwas weiter ausgedehnt werden dürfen. Auch darüber kann
man im Zweifel sein, ob die Schöpfmaachinen den Rahmen dieses
Buches nicht übersteigen. Wir befürchten das zwar nicht, da doch
Fälle vorkommen können^ wo ein Eulturtechniker unter Berathung eines
Maschineningenieurs solche Schöpfmaschinen beschaffen muss.
In dem Kapitel über Drainage findet sich aUes Wissenswerthe,
was seither vpn Theorie und Praxis als richtig und brauchbar erkannt
worden ist, und selbstredend ist darin der Querdrainag'e^ mit welcher
Personalnachriehten. 383
sich der Verfasser schon früher eingehend beschäfügt hat, besondere
Sorgfalt sagewendet.
Die Moorfealtur ist, nnd dies wohl mit Recht, im vorliegenden
Bache mit einer Ausführlichkeit und Orfindlichkeit behandelt, wie dies
in ähnlichen Büchern bis jetzt nicht geschehen ist.
Die Bewässerung beschäftigt sich vorzugsweise mit der Be-
wässerung der Wiesen und der Aasf&hrung der Wiesenbauten nach
verschiedenen Systemen, es sind aber auch Bewässerungen anderer
Kulturen und die Berieselung mit städtischem Canalwasser wenigstens
kurz berührt. Dass der Verfasser diese, bei ans nur selten vor-
kommenden Fälle nicht ausftthrlic^her behandelt hat, können wir nur
billigen.
Wenn einer späteren Neuauflage einige ansgefObrte und
erprobte Beispiele von Ent- und Bewässerungsanlagen in Form von
Planbeilagen mit erläuterndem Text beigegeben werden könnten, so
würden dieii die Brauchbarkeit des Buches nooh wesentlioh erhöhen.
Den Schluss des Buches bildet der von dem Herausgeber selbst
bearbeitete Abschnitt über das Traciren, in welchem nach einer an
einem Beispiel gezeigten Anleitung zum Traciren eines Weges die
verschied^en Verfahren zar AufnaChme des Geländes mittels Nivellir-
instrument, Tachymeter und Barometer näher beschrieben sind, und in
welchem gezeigt ist, wie die ausgearbeiteten Entwürfe auf das Gelände
übertrage werden. Der Verfasser dieses Abschnittes ist den Lesern
dieser Zeitschrift so weit bekannt^ dass es keiner weiteren Empfehlung
bedarf^ und wenn auch hier das alte Sprüchwort: ^finis coronat opus^
sich bewährt, so brauchen wir dem Vogler'schen Buch einen besonderen
Glückwunsch auf den Weg nicht mitzugeben. Seh.
Personalnachriehten.
Der seitherige Vorsteher der Vermessungsabtheilung des städtischen
Tiefbauamts zu Frankfurt a. M., Stadtgeometer Spindler ist am
I.Januar d. J. in den Ruhestand getreten. Zu seinem Amtsnachfolger
ist vom 1. April d. J. ab der Stadtgeometer Luhe vom Magistrat er-
nannt worden.
Herr Spindler, eins der ältesten und verdientesten Mitglieder des
Dentsehen Geometer- Vereins ist durch die unter seiner Leitung aus-
geführte, mustergültige Neumessung der Stadt Frankfurt a. M. in weiten
Kreisen als ausgezeichneter Geodät bekannt geworden. Wir hoffen,
dass der geistig und körperlich noch sehr rüstige Herr sich des wohl-
verdienten Ruhestandea noch recht lange erfreuen und auch unserem
Verdne seine Theilnahme und thätige Mitwirkung nicht entziehen möge.
L. Winckel.
384 Berichtigungen. — Neue Schriften über Vermessungswesen.
Württemberg« Seine Königliche Majestät haben am 25. Mai d. J.
geruht den Oberamtsgeometer Bäuerle in Biberach zum Bezirks-
geometer für die Oberamtsbezirke Biberach and Laupheim mit dem
Amtssitz in Biberach zu ernennen.
Berichtigungen.
In J 0 r d an, Logarithmisch-Trigonometrische Tafeln für neue Theilung
ist Seite 157 ein Druckfehler enthalten:
log sin 09 2V 20« = 7.36Ö 687
soll heissen 7.630 687
Ehingen a. D., 7. Juni 1896. Geometer Denzel
Auf Seite 323 d^ vorigen Heftes 11 dieser Zeitschrift unten im
Kleingedruckten soll stehen Zeitschrift 1875 S. 27—34, statt Zeit-
schrift 1895.
Neue Schriften über Vermessungsweseni
Die Nivellements -Ergebnisse der trigonometrischen Abtheilung der
Königl. Freussischen Landesaufnahme. . Heft I; Provinz Ostpreassen,
mit 3 Uebersiehtsblättern. Berlin 1896. Im Selbstverlage, zu beziehen
durch die K(^nigl. Hofbuchhandlung von E. S; Mittler & Sohn
Kochstrasse 68/71.
Ebenso Heft H Provinz Westpreussen,
„ „ ni ^ Pommern,
„ „ VI „ Posen.
Ricerche sul coefficiente di rifrazione terrestre eseguite in Roma nel
1895. Memoria di V. Reina e G. Cicconetti, Roma tipografia
della R. Accademia dei lincei, 1896.
Inhalt.
Grössere Miitheilungen : Mittheilung über die Höhenaufhahmen in Württemberg
im Maassstab i : 2500 und die Herstellung einer Topographischen Karte im
Maassstab 1 : 25000, von Schieb ach. — Die Aufgaben der beiden Punktpaare
in ihrer örtlichen Auswahl und rechnerischen Behandlung mittelst Maschine
und numerisch-trigonometrischer Hilfstafel, von Sossna. — Die Aufhahmeß
für die allgemeinen und ausführlichen Eisenbahnvorarbeiten und ihre Ab-
hängigkeit von einander, von Pull er. — üeber den Anschluss eines secundären
Dreiecksnetzes an ein Hauptnetz, von Krüger (Schlusö). — Zur Geschichte
der Schiebetachymeter, von Pul 1er. — Gesetze und Verordnungen. — Bflcherifika«.
— Pertonalnachrichien. — Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Verlag von Konrad Wittwer Stuttgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
385
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover Steuer-Ratb in )fOnchen.
HOt
1896. Heft 13. Band XXV.
— -^ 1. JulL ^
Der Grundbesitz;
von Obergeometer Harksen, Dessau.
I.
§ 1. Einleitung.
Eines aufstrebenden Standes Recht und Füicht ist es, unablftsaig
an seiner Ausbildung zu arbeiten und über das nothwendige Maass
hinaus noch alle diejenigen Wissenszweige in den Kreis seiner Studien
zu ziehen^ deren Beherrschung ihm irgendwie eine Steigerung seiner
fachlichen Thätigkeit in Aussicht stellt. Erwägungen dieser Art und
der Gedanke^ dass nur derjenige die Erscheinungen der Gegenwart voll
zu erfassen und richtig zu beurtheilen vermag^ der sich über die Ver-
gangenheit zur Genüge unterrichtet hat^ sind es gewesen^ die es mir
einst nahelegten, einige geschichtliche Abhandlungen zu schreiben. Die
Auswahl eines diesbezüglichen dem Landmesser zusagenden Stoffes war
leicht: die Geschichte seines Standes, die Geschichte des Grundeigen-
thums und die der Maasse^ das schien mir derjenige Stoft zu sein,
dessen Behandlung wohlwollender Aufnahme sicher sei. Und als ich
nun endlich, nach Ablauf eines ftinfjährigen mühevollen und kostspieligen
Stadiums der einschlägigen Litteratur und der Quellen, mit der end-
gültigen Ausarbeitung der Manusciupte beschäftigt war, da erschien
Anfang 1895 „Das Vermessungswesen der Markgemeinden ^ und gleich-
zeitig hörte ich von dem Verfasser, Herrn Eiffler, dass er noch weitere
Pläne verfolge. Nach einigem Zögern entschloss ich mich deswegen
^nstweilen meine Arbeitei\, von der Veröffentlichung zurückzuhalten,
es soll dies aber nicht etwa heissen, dass ich endgültig hierauf Ver-
zicht leiste. Mit einem kleinen abgerundeten Auszuge aus meinen
Arbeiten komme ich sogar sofort, aber in solcher Beschränkung, dass
ich sicher bin, den Plänen anderer Herren nicht hinderlich zu sein.
Denn während Herr Eiffler und Andere hauptsächlich darauf ausgehen,
eine Vermessongsgeschichte zu schreiben und darum andere wirth-
schaftliehe Einrichtungen und Fragen, wenn auch nicht gerade nebenbei,
Zeitschrift für Vermessangswesen 18%. Heft 13. ^
3gS Harksen. Der Grundbesitz.
«0 doch nur in gedrängter Kürze berühren, will ich in diesem A^ftatze
eine eingehende Darstellnng fiber die Entstehung und EnlmekelaBg des
Eigenthams am Grund und Boden geben. Das Vermessungswesen dabei
aber ganz zu tibergehen, das ist nicht möglich, denn nachweisbar steht
des öfteren die Art der landmesserischen Behandlung des Grund und
Bodens, namentlich des römischen, in festem Zusammenhang einerseits
mit den öffentlich-rechtlichen Beziehungen der betreffenden Territorien,
andererseits mit den privatrechtlichen Verhältnissen der Grundstücke.
Deswegen und noch aus anderen Gründen behalte ich es mir vor, wo
nur immer es mir zweckmässig erscheinen sollte, über den Kern der
Darstellung hinaus weiter zu gehen.
Obgleich es nicht der Erwähnung bedarf, wie nützlich es ist, auf
dem Gebiete der Agrargeschichte oder allgemeiner auf dem Gebiete der
Wirthschaftsgeschichte zu Ilause zu sein, mögen doch einige Beispiele
dies recht deutlich vor Augen führen: Was soll z. B. derjenige, der
die Geschichte des deutschen Wirthschaftslebens nicht kennt, über
die seit einigen Jahren in Preussen eingeführte Grundeigenthumsform
„Das Rentengut^ denken? Muss er nicht glau^ben, er habe es mit einer
noch nie dagewesenen, lediglich aus modernen Ideen und Verhältnissen
hervorgegangenen Erscheinung zu thun, während sich in Wahrheit im
Rentengut nur längst vorhandene und praktisch schon bewährte Ge-
danken wiederbelebten? Der Rentenkauf, die Erbpacht und die Erb-
zinsleihe, einst über ganz Deutschland verbreitet, dann aber als Rest
einer vergangenen Zeit und als Hemmniss einer freien Entwiekelung in
Preussen und anderen deutschen Staaten hinweggefegt von der
stürmischen Bewegung um die Mitte dieses Jahrhunderts, erstehen in
der Rentengutsinstitution wieder, freilich in einem der Gegenwart zu.
sagenden Gewände. Und weiter: Kann nicht derjenige, dem die Geschichte
des Wirthschaftslebens nicht geläufig ist, glauben, Grundsteuer-
katastrirungen, Grenzvermarkungen und Verkoppelungen seien im
wesentlichen Kinder des letzten Jahrhunderts? Wie weit er von der
Wahrheit abirrt, erfährt er bald, sofern er sieh nur entschliesst, sich in
der zuständigen Litteratur, beispielsweise in „Stöber^ die römischen
Grundsteuervermessungen*' oder in „Weber, die römische Agrargeschichte^
umzusehen. Und was speciell die Verkoppelungen anbetrifft, wobei wir
aber ganz und gar absehen wollen von den oft gewaltsam und rück-
sichtslos und nicht immer der Landeskultur wegen durchgeführten
römischen Verkoppelungen, könnte man da nicht glauben, die modemeo
im Dienste der Landeskultur stehenden Verkoppelungen^ die namentlich
die Beseitigung der Grnndstückszersplitterung und der unwirtbschaftlichen
wegelosen Gemengplage mit ihrem Flurzwang, die Aufhebung derTrift-
und Weideservituten und eine maassvolle Auftheilung der Allmenden
etc. erstreben, hätten von Preussen ihren Ausgang genommen und hätten
hier erst mit dem Eingreifen der Gesetzgebung anfangs dieses Jahr-
Harksen. Der Grundbesitz. 387
banderts eingesetzt? Weder das eine noch das andere ist der Fall*
Eine der ersten Verkoppelangen, von der wir Kunde haben, yoUzieht
sich im Hochstift Kempten und zwar seit der Mitte des 16. Jahrhunderts^
Sie geht lediglich aus der InitiatiTC der Betheiligten hervor und ist mit
Abbau der Gehöfte verbanden, so dass die Kartenbilder uns nonmehr,
soweit die Verkoppelangen daselbst durchgeführt sind, in der Hauptsache
Einzelhöfe zeigen. Im vorigen Jahrhindert regt es sich schon überall
dort, wo Germanen sitzen, so in Deutschland, England, Schweden,
Norwegen und Dänemark. Aus ^Seebohm, die englische Dorfgemcsinde^
erfahren wir, dass England in runder Zahl 10 000 PfarrgeilieindeH besitzt
nnd dass innerhalb der Jahre von 1760^-1844 3867 Einhegungs-
gesetze*) (inclosure Acts) erlassen wurden^ d. h. e» kam in den Ge-
markungen von 3867 Ffarrgeiiieinden an Landesauseipandersetzangen,
sei es zu vollständigen Verkoppelupgen oder nuir in Ausscheidilngen
des gutsherrlichen Grundbesitzes aus der GemeogUgcmit den Grundstücken
der bäuerlichen Wirthe. Und der kürzlich verstorbene Nationailökondm
Haussen berichtet in seinen agi^arhistorischen Unterauchungen, Band I in
Abschnitt U, dass in Schleswig -Holstein bereits im 16. Jahrhundert Ver-
koppelungen stattfanden, aber erst seit 1766 ernstlicher begannen« In
den 3 Jahrzehnten von 1770 bis 1800 gestalteten sie dann fast alle Theile
Schleswig -Holsteins und Dänemarks so vollständig am, dass heate kaum
Spuren der früheren Besiedelungscommission (Gewanndörfer mit Gemeng-
lage der Grundstücke in kleinen wegelosen Gewannen, Dorfallmenden
und Marken ausserhalb der Dorfgemarkungeo) zu entdecken sind. Sofort
nach diesen Verkoppelungen fanden Umsiedelungen innerhalb der einzelnen
Gemarkungen statt, indem viele Grundbesitzer nunmehr ihre Wohnsitze im
Dorfe aufgeben, um sich innerhalb der ihnen in der Verkoppelung au-
gefallenen Grundstücke neu anzubauen. Mehr oder minder lückenhafte Orts*
lagen und eine mehr oder minder grosse Anzi^l ausgebauter Höfe, das ist das
charakteristische Aussehen Schleswig- Holsteins und Dänemarks. Ein ähn-
liches aber auf einen ganz anderen Ursprung zurückzuführendes Bild bietet
ein grosser Theil Westfalens. Die volksthümliche Art der germanischen An*
siedelung ist die Besiedelung nach Einzelhöfen innerhalb eines möglichst
geschlossenen, in Kämpe oder Koppeln zerfallenden Grundbesitzes aber
nicht, obgleich sie lange als solche galt, und heute noch vielfach dafür
ausgegeben wird. Vielmehr haben wir die vorhin geschilderte, im
vorigen Jahrhundert in Dänemark und Schleswig* Holstein untergegangene
Besiedelungsform, durchgeführt auf der Grundlage der Hufenverfaasiing,
als die nationale anzusprechen. Doch genug der Beispiele, auf die alle
wir noch an zugehöriger Stelle zurückzukommen haben, sie sollten hier
nur dazu dienen, zu zeigen, dass eine richtige Erkenntniss der Ver-
*) Einhegungfrgesetze deswegen, weil die neu aasgewiesenen, vom Flurzwang
nnd von sonstigen Servituten befreiten Grundstücke dauernd von ihrem Inhaber
eingehegt werden konnten und auch wurden»
25*
388 Harksen. Der Grandbesitz.
gangenheit wichtige Fingerzeige für gegenwärtiges Handeln geben kann.
Freilich^ wenn jemand den Einwand erheben sollte^ dass der nnmittelbar
für die Praxis erzielte Gewinn in den gewählten Beispielen nicht gerade
greifbar zu Tage tritt, so kann ihm allenfalls beigepflichtet werden.
Ein mittelbarer Gewinn ist aber zweifellos zu erkennen^ wer den nicht
za erkennen vermag and wer überhaupt nicht der Ueberzeugung ist,
dass die Kenntniss der Vergangenheit tüchtiger macht für die Aufgaben
der Gegenwart; für den sind die nachfolgenden Zeilen nicht bestimmt.
Zahlreiche Forscher sind mit unermüdlichem Fleisse^ aber auch mit
lohnendem Erfolge thätig gewesen^ die Entstehung und Entwicklung
des Grundbesitzes und des Grundeigenthums oder besser und allgemeiner
„den wichtigen Ueb ergang der Menschen vom Nomadenleben zur
Sesshaftmachung; sowie die weitere Entwicklung in der festen An-
siedelung^ zu Studiren und klar zu legen. Es liegt nahe, zu fragen,
aus welchen Quellen schöpft denn eine derartige Forschung? Als
solche sind zu nennen: die Berichte der alten Schriftsteller über das,
was sie selbst oder Zeitgenossen vor ihnen gesehen und erlebt haben
und über das, was ihnen als mehr oder minder alte Ueberlieferung; sei
es mündliche oder schriftliche^ bekannt wurde ; femer die auf Tempeln,
Statuen, Opferaltlüren, ausgezeichneten Grenzsteinen u. s. w. angebrachten
Inschriften, Gräberfunde, Bautrttmmer, das in den aufgezeichneten
Gesetzen niedergelegte Recht und sonstige schriftliche Aufseichnungen
(Urkunden, Verträge, Befehle u. s- w.) jeder Art und aus jeder Zeit.
Vortrefflich controlirt, begründet, erweitert und ergänzt werden die
ans den genannten Quellen geschöpften Ergebnisse durch das Studium
der Ortsnamen, durch das Studium der topographischen und wirthschaft-
liehen Karten und der dazu gehörenden Verzeichnisse, sowie durch die
mit Hülfe der vergleichenden Sprach-, Wirthschafts- und Rechts-
wissenschaft gewonnenen Anschauungen und Kenntnisse. Naturgemäss
schliesst sich hier die Frage an: Reichen gedachte Quellen und Hilfs-
mittel der Forschung denn auch aus, um für alle Zeiten ein eindeutiges
und richtiges Bild von dem Wirthschaftsleben eines Volkes zu gewinnen?
Sie muss leider mit „nein^ beantwortet werden. Die vomationalen
Zeiten und vielfach auch noch umfangreiche Entwickelungsepochen aas
den Anfängen des nationalen Daseins der Völkerschaften und der
Völker liegen mehr oder minder im Dunkel und sehr oft sind es nur
Vermuthungen, denen je nach den sie stützenden Unterlagen eine
grössere oder geringere Wahrscheinlichkeit innewohnt, die über diese
Anfänge gewagt werden können. Immerhin kommt der Forschung
hierbei zu Gute, dass für das Gebiet der wirthschaftlichen Entwickelung
die Anzahl der zulässigen Hypothesen eine beschränkte ist, um so
beschränkter, je mehr feste Ausgangs- und Anhaltspunkte jene Quellen
und Hilfsmittel ihr von vornherein bieten. Was die Quellen und die
sonstigen Hilfsmittel der Forschung im einzelnen Falle, d. h. bezüglich
Harkseo. Der Grundbesitz. 3g9
eines bestimmten Volkes zu leisten vermOgen^ darüber giebt die weitere
Darstellung hinreichenden Aufschluss.
Kaum brauche ich es zu sagen, dass ich mir für gegenwärtige
Abhandlung im wesentlichen die bescheidene Rolle des Vermittlers
gefallen lassen muss. Gleichwohl handelt es sich aber nicht im
mindesten um einen Auszug aus einigen passenden Werken. Im Gegen-
theil, ich habe mich, wie bereits erwähnt, durch fortgesetztes Studium
zahlreichen Werke und Abhandlungen, namentlich auch aller neueren
auf dem Gebiete der Agrargeschichte, der Wirthschaftsgeschichte u. s. w.,
durch Zurückgehen auf die Quellen, wie ich glaube, genügend vov>
bereitet, um selbständig, aus eigenem Urtheil die mir gestellte Aufgabe
lösen zu können.
Die benutzten Werke und Quellen alle aufzuzählen, dazu gebricht
es an Raum. Ich begnüge mich deswegen mit einem Hinweis auf die
im Text genannten Werke, auf das „Handwörterbuch der Staatswissen-
Schäften", Bd. I — VI, 1890 — 1894, auf die in seinen zahlreichen ein-
schlägigen Artikeln angegebene Litteratur und auf die sich wieder
hieraus ergebende. Ein Werk muss ich aber besonders hervorheben,
es ist dieses das neueste, erst Mitte März dieses Jahres erschienene
Werk des um die agrar- und wirthschafitshistorische Forschung so hoch-
yerdienten Geheimrath Professor Dr, August Meitzen, nämlich ^Siedelung
und Agrarwesen der Westgermanen und Ostgermanen, der Kelten,
Römer, Finnen und Slaven<^, 2 Bände Text von 86 Bogen mit 90 Ab-
bildungen und 1 Band Anlagen von 41 Bogen mit 179 Abbildungen
und einem Atlas in gleichem Format von 125 Karten, Preis 48 Mark.
Ich würde hocherfreut sein, erführe ich, dass mein Aufsatz etwas zur
Verbreitung dieses Werkes innerhalb des Standes, dem ich angehöre,
beigetragen habe. Das Werk bedeutet einen Markstein auf dem Wege
der agrar- and wirthschaftshistorischen Forschung, es fasst alle bis-
herigen Ergebnisse kritisch zusammen und lässt erkennen oder giebt
bestimmt an, wo weitere Studien, namentlich auch Detail- und Local-
studien einzusetzen haben oder einsetzen müssen.
Die drei folgenden Paragraphen besprechen ganz allgemein das
Nomadenleben, das Aufgeben desselben und die Entwickeluug in der
festen Ansiedelung. Sie haben diejenige feste Grundlage zu bereiten,
auf welche die weiteren Paragraphen, die sich als abgerundete Einzel-
darstellungen mit den Hellenen, Römern, Kelten, Slaven und Germanen
beschäftigen werden, fussen können.
§ 2. Vom Nomadenthnm zur festen Ansiedelung.
So lange die Menschen im Naturznstande verharren, d. h. sich
lediglich nähren yon den Früchten, welche die Erde ihnen ohne ihre
Mitwirkung darbietet, sowie von. dem, was Jagd und Fischerei ihnen
gewährt, bleiben. Grundbesitz und Grundeigenthum völlig unnöthige und
390 Harksen. Der Grandbesitz.
deshalb unbekannte Begriffe. Erst nachdem die Menschen es alimähüeh
fertig gebracht haben^ einzelne Arten der sie umgebenden Thiere zvl
zähmen und damit sich der Sorge fflr den kommenden Tag entzogen
haben^ treten leise Andeutungen an ihr einstiges Kommen auf. Denn
als neuer Factor setzt im Hirtenleben die Benutzung des Grund und
Bodens als Weide für die Herden ein und wir sehen schon erbitterte
Kämpfe führen um die Grenzen der für kürzere oder längere Zeit in
Anspruch genommenen Weidegründe. Sache einer zweckmässigen
Organisation ist es^ dafür zu sorgen^ dass die Herden, die kostbarste
Habe des Nomaden, sich in gedeihlichster Weise entwickeln können.
Da nun die Menschen aller Wahrscheinlichkeit nach eines gewissen
Zusammenschlusses niemals ganz entbehrt haben, so konnte aus dieser
heraus in enger Fühlung mit dem sich nur allmählich vollziehenden
üebergang zum Hirtenleben diejenige feste Organisation erwachsen, die
dem Nomaden unentbehrlich ist. Wir finden die Menschen im Hirten-
dasein organisirt zu Hirtenverbänden, diese regelmässig wieder zu
Stämmen. Die Mitglieder des Htrtenverbandes errichten ihr Zelte oder
Hütten nebeneinander, weiden ihre Herden gemeinsam, halten überhaupt
zu einander in jeder Lebenslage. Der Hirtenverband muss gross genug
sein, um die Herdenthiere auf ihren Weidegängen sicher hüten, die
Lagerarbeiten gat vollführen und die Herdenthiere und das Lager mit
Nachdruck schütten zu können. Andererseits darf er aber auch nicht
grösser sein, als dass der Zusamnienhang und die Uebersicht gut
gewahrt werden können. Neben dem Hirtenverband finden wir, wie es
bei dem geschlossenen Familienleben primitiver Kulturstufen auf der
Hand liegt, den Oeschleehtsverband vor. Irrthümlich würde es aher
sein, zu^ glauben, Oeschleehtsverband und Hirtenverband seien stets
identisch. Dass dies nur zufllllig, wenn auch oft, der Fall sein kann,
das ergebt sich schon daraus, dass die Anzahl der Mitglieder des aus
wirthschaftlichen Gründen erriehteten Hirtenverbandes, wie oben gezeigt,
nothwendig sowohl nach oben als auch nach unten beschränkt sein
muss. Wie gesagt, znOillig und oft mag ein Geschlechtsverband gleich-
zeitig Hirtenverband sein, ebenso kann aber auch ein Hirtenverband
mehrere Geschlechtsverbändie, oder umgekehrt dieser mehrere Hirten-
verbände umfassen. Dabei ist nicht ausgeschlossen, d^ss zwischen den
mehreren Geschlechtsverbänden desselben Hirten Verbandes Blnts-
verwandtscharft fingirt wird. Der Geschlechtsverband schützt und rächt
seine Angehörigen, aber er richtet sie auch. In ihm findet der Einzehie
seinen Rückhalt, von ihm losgelöst oder Verstössen zu werden, das ist
seine härteste Strafe. Ein Vaterland kannte der Nomade noch nicht,
er gehört nur seiner Familie, seinem Gheschleehte an; es fehlt aber
noch an dem zweiten staatenlHldenden Factor: dem dauernd des Land-
battes wegen von derselben Yereinigung von Volksgenossen in Ansprach
genommenen Territorium. Das Bedürfniss der Hirtenverbände, sich
Harksen. Der Grundbesitz. 39]
noch za Stämmen zu verbinden, liegt wohl wesentlich in den nnsicheren
Zeitvierhältnisfien, in dem Hang zu kriegeiiscfaen UnteraeliiiiaQgen, in
dem B>ee^reben, Widerwärtigkeiten jeder Art mit der ni^thigeo Kraft
begegnen zu können und schliesslieh auch daring dass das Oeachlecht;
selbst wmn es ans wirthsehaftlichen Gründen (allzu grosse Herden
können eben nicht von einem Lager aas genügend beobachtet und
gepflegt werden) dazu schreiten mnss; sich in mehrere Hirtenverbände
aa&alösen; immer noch in erwünschtem Zusammenhange verbldibt. Dass
die vorgenommenen Wanderungen in der Regel stammweise erfolgen,
darf wohl als sicher angenommen werden, was indess nicht ausschliesst,
dass beliebig viele Stämme zeitlich mit- und räumlich nebendnander
wandern. Dann geht aber auch die Occupation und die Begelung der
NatzttngBverhältnisse an dem in Besitz genommenen Gebiet vom Stamm
aus. Letztwer zerlegt das betreflfende Gebiet der Anzahl der ihm an-
gehörenden Hirtenverbände entsprechend in Weidereviere, die entweder
in WeduBelwirthschaft der Verbände gegeben, oder derart in Nutzung
genommen werden, dass jedem Hirtenverband ein bestimmtes Revier zur
aassohliesslicben Nutzung überwiesen wird. Mehrere Stämme können
sich wieder zu einem höheren Verbände organisiren.
In der Vorstellung figurirt das Hirtenleben vielfach als eine Kultur-
stufe, auf der völlige sociale Gleichstellung herrscht. Es ist dies that-
sächlich durchaus nicht der Fall, völlige sociale Gleichstellung ist nur
denkbar, solange die Menschen ihr Leben lediglich im Naturzustande
Msten, also in einem Zustande, in dem es kein Privateigenthnm, wenigstens
weder am Herdenvieh, noch am Grund und Boden giebt. Und fühlt
auch noch im Hirtenleben jeder freie Mann sich jedem anderen gleich,
in der That hat doch zweifellos derjenige ein sociales Uebergewicht, dem
die zahlreichsten Herdehthiere eigen sind. Und wenn Robert Pöhlmann
in seinem Aufsatz „Aus dem hellenischen Mittelalter'' in v. Sybel's
historischer Zeitschrift, 1895, Seite 196 sagt „ . . . Wohl mochte
jeder Stammesgenosse selbst jenen (den Reicheren) sich gleichstehend
dünken, thatsächlich ist getriss schon dieser Zeit die Erkenntniss nicht
erspart geblieben, dass ungleicher Besitz ungleiche Macht bedeutet**, so
wird ihm wohl jedermann beipflichten. Ward früher der gefangene
Feind erschlagen oder den Göttern geopfert, jetzt, im Hirtendasein,
lohnt es sich, das Leben des gefangenen Feindes zu schonen, denn
seine Arbeitskraft kann im Hirtenhaushalt vorzüglich verwerthet werden;
der Gefangene wird Sclave. Und derjenige freie Volksgenosse, dessen
Herdenthiere zu Grunde gegangen oder geraubt worden sind, was kann
der wohl anderes und unter den obwaltenden Umständen besseres thun,
als Knecht eines im Besitze zahlreicher Herdenthiere befindlichen Ge-
nossen zu werden. Kurz wir sehen schon im Hirten dasein verschiedene
Stufen der Unfreiheit in die Erscheinung treten.
392 Harksen. Der Grundbesitz.
Eine andere vielyerbreitete aber ebenfalls mit den Thatsachen in
Widerspruch stehende Vorstellung ist die^ dass dem Nomaden der Acker-
bau ganz fremd sei. Wohl ist er dem freien Manne verächtlich, und
er legt ihn deswegen in der Regel dem Weibe^ dem Greise, dem Knechte
oder dem Sclaven auf, aber ganz fremd ist er ihm selten. Freilieh muss man
nun nicht in den entgegengesetzten Irrthum verfallen und sieh zu grosse
Vorstellungen von jenem sporadischen, ständig seinen Standort wechselnden
Ackerbau machen« Der Nomade wird sich nie zu planmässigen Rodungen
im Urlande zu Entsumpfungen etc. bequemen, sondern der zeitweilig
zum Getreidebau bestimmte Boden wird vielleicht durch das Feuer und
allenfalls noch durch leichtes Bearbeiten mit dem primitiven Krummholz^
dem Vorläufer des Pfluges, zur Aufnahme der Saat vorbereitet. So
weiss Laveleye in seinem Werke das „Ureigenthum^ deutsch von
Dr. Karl Bücher, zu berichten, dass die Tartaren die Vegetation der
Oberfläche verbrennen, dann den Buchweizen säen und ihn nach zwei
bis drei Monaten ernten. AehnHches wird von einigen nomadisirenden
Stämmen der Indianer jenseits des Missisippi erzählt, nur dass nicht
Buchweizen, sondern eine Art wilder Reis Gegenstand der Ernte ist.
Freilich sind dies Berichte aus dem laufenden Jahrhundert, aber für die
vergleichende Wirthschaftsgeschichte gilt mit oder ohne Einschränkung
der Satz, dass alle minder kultivirten Völker uns in ihrer gegenwärtigen
vielfach abgestuften Kultur und in den Vorgängen, die jene Kultur-
stufen herbeiführten, ein mehr oder minder getreues Abbild derjenigen
wirthschaftlichen Vorgänge und Zustände offenbaren, wie sie sich nicht,
hier früher und dort später, bei den mittlerweile zu höherer Kultur
emporgestiegenen Völkern abgespielt, bezw. gezeigt haben.
Nach diesen allgemeinen Ausführungen über das Nomadenleben
wenden wir uns nun den Indogermanen zu, jener Völkerfamilie, zu der
alle am Schlüsse des § 1 genannten Völker gehören; dieselben bilden
im wesentlichen die europäische Gruppe der Indogermanen. An die
Spitze der nächstfolgenden Ausführungen setze ich ^die Sprache ist das
treue Bild und Organ der erreichten Kulturstufe^, Worte deren Theodor
Mommsen sich am Eingange seiner römischen Geschichte bedient. Sinn
und Wahrheit des Citats ist, soweit es hier in Betracht kommt, zvl
belegen durch ein einfaches Beispiel: Fehlt in einer Sprache jeglicher
Ausdruck für Ackerbau, so bedeutet dies doch nur, dass der Ackerbau
dem in Frage kommenden Volke völlig fremd ist, führt gedachte Sprache
dagegen einen derartigen Ausdruck, so kann auch der Ackerbau dem
betreffenden Volke nicht unbekannt sein, ja es ist möglich, dass der-
selbe in mehr oder minder ausgedehntem Maasse von ihm praktisch
betrieben wird. Welche dieser Eventualitäten den Thatsachen entspricht,
darüber haben dann der Umfang und die Bedeutung des in der Sprache
noch vorhandenen, auf den Ackerbau bezugnehmenden Wortschatzes zu
entscheiden. Dieses Beispiel zeigt schon zur Genüge, dass wir, verfQgten
Harksen. Der Grundbesitz. 393
wir über den gesammten Wortechatz der indogermaniBcheD Sprache
derart, daes wir den Sinn eines jeden indogermanisehen Wortes in einer
ans geläufigen Sprache kennten, im Stande sein mttseten, ein volles
Lebensbild der Indogermanen, in den ihrer Trennung Yorausgehenden
Zeiten su entrollen. Leider muss aber von vornherein die ÜDmöglicfakeit
zugestanden werden, den gesammten Wortschatz der indogermanischen
Sprache, wieder aufzufinden. Es ist zu- bedenken, dass die Ereignisse
von wer weiss wie vielen Jahrtausenden mittlerweile über die Sprachen
der (dem indogermanischem Sprachstamm angehörenden Völker hinweg-
geeilt sind und es uns deswegen nicht wunder nehmen darf, wenn ein
grösserer Theil des einzig und allein in jenen Sprachen aufbewahrten
indogermanischen Sprachgutes untergegangen und der noch erhaltene
durch Sprachvergleichung auszuscheidende Rest theilweise nicht ohne
entstellt zu sein auf uns gekommen ist. Diese Oorrumplrung^ die den
Forscher die ernste Verpflichtung auferlegt, seine Folgerungen vorsichtig
nnd nicht einseitig zu ziehen, ist entstanden einerseits durch Mischungs-
processe der indogermanischen Volker mit fremdartigen Volkerbestand-
theilen, andererseits durch die nach der Trennung erfolgten Wortent-
lehnungen irgend eines der indogermanischen Volker bei einem stammes-
fremden und durch allmähliches Eindringen der LehnwOrter in die
Sprachen aller oder doch der meisten indogermanischen Volker. Doch
genug hiervon, es muss, so einladend es auch an und für sich ist, ab-
gelehnt werden, auf alle diejenigen Schwierigkeiten im einzelnen einzu-
gehen, mit denen der vorsichtige und gewissenhafte SpracMorscher zu
kämpfen hat. Will der Leser sich eingehend hierüber unterrichten, so
findet er neben: hohem Genuss den ausgiebigsten Aufschluss in: „Schrader^
Sprachvergleichung und Urgeschichte^. Wenn Schrader auf Seite 212
sagt: ^Die Sprachvergleichung allein ist nicht im Stande, die vorhisto-
rische Kultur der Indogerman^i zu erschliessen, sollen wir auf diesem
Gebiete Schritt für Schritt vorwärtskommen, so kann dies nur geschehen,
wenn sich Sprachforschung, Prähistorie und Oeschichtsforschung zu ge-
meinsamer Arbeit schwesterlich die Hand reichen^, so kennzeichnet er
meines Erachtens in dieser klugen und vorsichtigen Haltung den allein
richtigen Standpunkt, von dem aus die gesuchten Ergebnisse gehoben
werden dürfen.
Die Wohnsitze der Indogermanen in den ihrer Trennung voran-
gehenden Zeiten verlegt Schrader in Uebereinstimmung mit anderen
Forschern, wie Seiler, nicht nach Asien, sondern nach dem europäischen
Südrussland. Meitzen theilt diese Ansicht freilich nicht. Kein Grund
liegt vor, uns die ungetrennten Indogermanen etwa als ein politisch
geeintes Volk zu denken, einzig und allein haben wir anzunehmen,
dass sie auf grosserem oder kleinerem Gebiete ungetrennt durch weite
Zwischenräume und mit gleicher, wenn auch dialektisch differenzirter
Sprache neben einander sassen. Sie waren Hirten, befanden sich also
394 Harksen. Der Graadbeutz.
schon ausserhalb des Natnrzustandes. Ihre überwiegend ans Rindern
bestehenden Herden waren ihnen die Hauptqaelle für Nahmng und
Kleidung. Neben den Rindern finden wir noch Schafe und liegen io
den Herden vor. Ein weiteres Hausthier der in Betracht kommenden
Stufe ist der Hund. Ob das Pferd schon gezähmt war, bleibt dahin
gestellt, keinesfalls dient es als Reit* und Zugthier. AlsZugthier spannt
man gegebenen Falls das Rind vor den primitiven, nur aus Holz ge-
bauten Wagen. Auch das Schwein, das später vielfach die Hauptrolle
in der Viehwirthschaft spielt, wie z. B. bei den Franken, ist als noch
nicht vorhanden zu verzeichnen. Gezähmtes Geflügel fehlt gänzlich.*)
Von den Bäumen ist die Birke bekannt, vielleicht diese nur allein. Das
Metall oder wenigstens sein Gebrauch ist noch unbekannt, wir bewegen \m
durchaus in der Steinzeit. Die Geräthe und Waffen bestehen aus HoIz;
Stein, Horn, Knochen und Leder. Es bleibt zweifelhaft, ob der Acker-
bau schon betrieben wurde, sicher ist, dass er auf alle Fälle der Vieh-
zucht gegenüber eine ganz und gar untergeordnete Rolle spielt. Keiner
der auf jene Urzeit zurückführenden Ausdrücke für Habe, Reichthum}
Eigenthum, u. s. w. nimmt irgendwie Bezug auf das Eigenthum an Grund
und Boden, wohl aber auf das Sondereigen an der Fahrhabe. So weit
über die ungetrennten Indogermanen nach Schrader.
Doch nicht dauernd ist es den indogermanischen Vdlkerscharen
vergönnt, ihre Wohnsitze räumlich ungetrennt nebeneinander zu belassen.
Die unausbleibliche Folge der stetig wachsenden Zahl der Volksgenossen
und der damit Hand in Hand gehenden allmählichen Verengerung des
Nahrungsspielraumes ist nämlich die, dass die Indogermanen' sidi immer
weiter ausbreiten und schliesslich gar trennen müssen. Von dieser Zeit
ab datirt dann ein nicht mehr zu hemmender, in seinen Ursachen aber
leicht etkenn ender Hang zum Wandern und zu immer weiter gehender
Trennung, auf dessen letzte Regungen schon das Licht der Geschichte
fällt.
Fortan beschäftigen wir uns nur mit den europäischen Indo-
germanen, von denen Schrader nachzuweisen vermag, dass bei ihnen
schon eine erheblich grössere Uebereinstimmung hinsichtlich des auf den
Ackerbau bezugnehmenden Wortschatzes herrscht, als bei den un-
getrennten Indogermanen. Hieraus folgt, dass die europäischen Indo-
germanen nach ihrer Trennung von den Ariern mehr als bisher zum
Ackerbau greifen mussten. Mussten, sage ich, und deshalb erscheint es
nicht unangemessen, die Frage aufznwerfen, wie Tcrhielten die Indo-
germanen sich gegen die immer weitere Zunahme des Ackerbaues,
widtneten sie sich demselben gern oder wehrten sie sich gegen den-
selben? Durchaus das letztere wird der Fall gewesen sein! Noch nie
hat man davon gehört, dass der Ackerbau von einem Hirtentolke etwa
*) Siehe Landprecht^ deutsches Wirthschaftsleben, Seite 11. Band IL
Harksen, Der Grundbesitz. 395
als eiD Geschenk der Götter aufgefasst worden sei; immer hat es ihn
erst dann in den Kreis seiner wesentlichsten Lebensanterhaltsfactoren
eingereiht, wenn onabweisbarer Zwang dies gebieterisch forderte. Diese
Scheu des Nomaden vor dem Ackerbau ist leicht zu erklären und viel-
fach evident zu belegen. Unter den mir bekannten Belegen wähle ich
eisen aus, der in besonders drastischer Weise jener jächeu Ausdruck
giebt. Folgendermaassen spricht sich nämlich Mackenzie Wallace, der
Gelegenheit hatte, den Uebergang vom Komadenthum zum Ackerbau
bei den Baschkiren zu beobachten, auf Seite 394 etc. seines Werkes
„Russland^, deutsch in 3. Auflage, von F. Röttger, über die Gründe
dieses Ereignisses aus: ^Philosophen haben lange Zeit einer Theorie
socialer Entwickelung gehuldigt, nach welcher die Menschen zu^st
Jfiger danii Hirten, schliesslich Ackerbauer waren. Wie sehr diese
Theorie der Wirklichkeit entspricht, brauchen wir hier nicht festzustellen ;
wir können indess einen wichtigen Theil derselben untersuchen und uns
die Frage vorlegen, warum gingen die fiirtenstämme zum Ackerbau
über? Die gewöhnliche Erklärung besagt, dass dieselben ihre Lebens-
weise infolge irgend welcher zufälligen Umstände änderten. Ein grossi^
Gresetzgeber erstand unter ihnen und lehrte sie den Boden bearbeiten,
oder sie kamen mit einer Ackerbau treibenden Rasse in Bertthrung und
nahmen die Gebräuche ihrer Nachbarn an. Derartige Erklärungen
mögen die Theoretiker befriedigen, wel<ihe gewöhnt sind, ihre That-
sachen aus ihrem eigenen, inneren Bewnsstsein zu schöpfen, aber die-
selben erscheinen Jedem, der unter einem Hirtenvolk gelebt hat, als
ganz unzulänglich. Das Hirtenleben ist so unvergleichlich angenehmer
als das harte Loos des Ackerbauers und dabei viel mehr in Ueberein-
stimmung mit der nattlrliehen Trägheit der menschlichen Natur, dass
ein groEser Gesetzgeber, und hätte er die Weisheit 8alomos und die
Beredsamkeit eines Demosthenes in sich vereinigt, nun und nimmer seine
Landsleute dazu bewegen könnte, von dem einen Stande zum anderen
Überzugehen. Von allen gewöhnliehen Mitteln, den Lebensunt^halt zu
erwerben, ist der Ackerbau, vielleicht mit Ausnahme des Bergbaues,
das allermtthsaraste^ und wird nie freiwillig von Menschen erwählt, die
nicht von Kindheit auf daran gewöhnt sind. Das Leben eines Hirten-
stammes ist dagegen ein fast nie unterbroch^ier Feiertag und nach
meinem Dafürhalten konnte etwa nur die Aussieht auf den Hungertod
Menschen, die von ihren Viehherden leben, bewegen, zum Ackerbau
ttberzugehen«^
„In Wirklichkeit ist die Aussicht auf den Hungertod die Ursache
des TJeberganges, wahrscheinlich in allen Fällen; sicherlieh war es bei
den Baschkiren so. So lange sie Weideplätze in Fülle hatten, dachten
sie nie daran, den Boden zu bebauen. Ihre Herden lieferten ihnen
alles, was sie bedurften und setzten sie in den Stand, ein ruhiges,
indolentes Leben zu ftthren. Kein grosser Gesetzgeber stand unter
396 Harksen. Der Grundbesitz.
ihnen auf, um sie den Gebrauch von Pflug und Sichel zu lehren, und
als sie die russiBchen Bauern an ihren Grenzen mtthsam pflfigen und
ernten sahen, betrachteten sie dieselben wahrscheinlich mit Mitleid und
dachten sicherlich nie daran, ihrem Beispiel zu folgen. Aber ein nn-
persönlicher Gesetzgeber erschien bei ihnen — ein sehr strenger und
tyrannischer Gesetzgeber, der keinen Ungehorsam duldete — ich meine
die wirthschaftliche Nothwendigkeit. Durch die Uebergriffe der
uralischen Eosaoken im Osten und durch die stets vordringende Woge
russischer Oulonisation von Norden und Westen her war ihr Gebiet
bedeutend geschmälert worden. Mit einer Verminderung der Weiden
ging eine Verringerung des Viehbestandes, ihres einzigen Existenzmittels,
Hand in Hand. Trotz ihres passiv conservativen Geistes mussten sie
sich nach neuen Wegen umsehen, um sich Nahrung und Kleidung zu
verschaffen — nach einer neuen Lebensweise, welche weniger ausgedehnte
Gebietsflächen beanspruchte. Erst dann kamen sie auf den Gedanken, ihren
Naofabaren nachzuahmen. Sie bemerkten, dass der russische Bauer auf
20 bis 30 Morgen Landes behaglich leben konnte, während bei ihnen
etwa 120 Morgen auf jede männliche Seele kamen, und sie trotzdem in
Gefahr waren^ Hungers zu sterben. Die hieraus zu ziehende Schliiss-
folgerung lag auf der Hand — sie mussten sofort zu pflügen und zu
säen anfangen. Aber es gab ein sehr ernstliches Hinderniss, die
gewonnene Einsicht in der Praxis zu verwerthen.^
^ Der Ackerbau beansprucht allerdings weniger Land- als Schafzaeht,
aber derselbe verlangt viel mehr Mühe und w harte Arbeit waren die
Baschkiren nicht gewöhnt. Sie konnten Beschwerden und Mühseligkeiten in
der Form von langen Reisen zu Pferde ertragen, aber die strenge, einförmige
Arbeit dcfls Pfluges und der Sichel war nicht nach ihrem Geschmack.
Zuerst gingen sie also einen Vergleich ein. Sie Hessen einen Tbeil
ihres Landes von russischen Bauern bearbeiten und bewilligten denselben
einen Antheil an der Ernte für die geleistete Arbeit: sie. nahmen, mit
anderen Worten, die Stellung von Grundherren an, und liessen einen
Theil ihres Landes durch Pächter bewirthschaften'^.
„Der Uebergangsprocess hatte gerade, in mehreren Kraals, welche
ich besuchte, diesen Punkt erreicht. . .^
Ist die Scheu vor dem Ackerbau nun wirklich so gross, wie unser
Gewährsmann Wallace uns glauben macht, so muss auch angenommen
werden, dass die Indogermanen sich immer wieder gegen seine weitere
naturgemässe Zunahme wehrten. In der That liegt bei den Indo-
germanen zwischen dem Aufgeben des reinen Nomadenthums und der
wirklichen Sesshaftigkeit ihrer einzelnen Stämme auf bestimmten Terri-
torien, in denen eine dauernde Trennung des Ackerlandes vom Weide-
lande statt hat, eine lange, unendlich bewegte, für den einen Volks-
complex früher, den anderen später endenden und theil weise unter dem
Licht der bezeugten Geschichte dahin schwindenden Zeit, in der sich
Harksen. Der Grundbesitz. 397
vor Allem ein nicht mehr sn hemmender Hang zum Aufgeben der
zeitweiligen Wohnsitze, zum Trennen nnd zum Wandern bemerkbar
macht. Bald finden wir^ dass eine kleinere oder grössere Vereinigung
von Volksgenossen; d. h. ein Stamm oder deren mehrere^ sich des Acker-
baus wegen sesshaft machte bald sehen wir sie wieder ihre damaligen
Wohnsitze freiwillig aufgeben^ dann aufbrechen und wandern in der
Hoffnung, den verhassten Ackerbau wieder abschütteln oder ihn mindestens
anter leichteren Bedingungen und unter grösserer Anlehnung an das
angebundene Nomadenleben an anderem Orte wieder aufnehmen zu
können^ bald sehen wir sie hier wieder vertrieben von einer anderen
Vereinigung, mit der sie sich in derselben Absicht begegnet Durchweht
dieser Geist der Unzufriedenheit^ der Sehnsucht nach entschwundenen
and der. Hoffnung . auf bessere Zeiten^ der sich in Wanderungen, An^
Siedelungen, Umiuedelungen, kriegerischen Unternehmungen und Zusammen-
stössen, in der Vernichtung oder Unterjochung einer Urbevölkerung
a. 8. w., u. s. w. äussert, nicht noch ganz und gar die Ueberlieferungen
der Griechen*) nnd Römer. Freilich hauptsächlich nur die Ueberliefe-
rungen und deshalb muss zugestanden werden, dass wir es hinsichtlich
der beiden klassischen Völker im wesentlichen nur mit Vermuthungen
zu thun haben, denn nicht allein die vomationalen Zeiten, sondern auch
mehr oder minder umfangreiche Entwicklungsepochen aus den Anfongen
des nationalen Daseins jener Völker liegen im Dunkel der Geschichte.
Doch nicht allein von der Ueberlieferung werden die vorgebrachten
Vermuthungen getragen, sondern ausserdem noch von den Ergebnissen
der Sprachvergleichung, der vergleichenden Wirthschaftswissenschaft und
der Archäologie'*'*) im Verein mit den ersten Spuren der bezeugten
Geschichte. In weit gtlnstigerer Position befinden wir uns den Kelten
und Germanen gegenüber. Und sind nicht unsere Altvordern, die Ger-
manen, wie wir sie aus den Berichten des ktthnen Nordlandfahrers
Pytheas, aus den Berichten des Posidonios, Caesar, Strabo, Sivius, Ta-
citus etc. kennen lernen, beseelt von ganz demselben Geiste wie wir ihn
soeben den Griechen und Römern zugeschrieben haben und zuschreiben
durften, ja mussten? Gewiss und trotzdem, welch ein Unterschied
•) So sagtThukydides inl, Gap. 3: Das jetzt sogenannte Hellas ist offenbar
nicht von Alters her fest besiedelt gewesen, sondern es haben in früheren Zeiten
Umsiedelungen stattgefunden und leichtlich verliess eine jegliche Gemeinschaft,
von irgend einer Ueberzahl bedrängt, ihre Wohnsitze. Denn da es damals
noch keinen Handel und keinen farcbtlosen Verkehr zu Wasser oder zu Lande
gab, und ein jeder nur insoweit sein Land bearbeitete, als zum Leben nöthig
war, ohne Reichthümer zu sammeln, ohne Baumpflanznngen anzulegen, war es
mit keinen Schwierigkeiten verbunden» die Heimath zu verlassen; blieb es doch
ungewiss, ob nicht bei dem Mangel befestigter Plätze ein anderer kommen
und einem das Erworbene rauben werde, und war man doch Überzeugt, den
täglichen Bedarf überall finden zu können.
**) Siehe z. B. „Heibig, die Italiker in der Poebem".
398 Harksen. Der GrandbeBitz.
zwischen den Germanen Caesars und denjenigen des Tacitas. In den
Denkwürdigkeiten aus dem gallischen Kriege (IV 1 nnd VI 22) haben
die Hundertschaften — es sind dies nach Meitzen Weidegenossen-
sehaften ▼on je etwa 1000 Seelen — das von der ihnen übergeordneten
Völkerschaft occupirte Gebiet in Wechselwirthschaft, deren Regelang
bei der Völkerschaft liegt. Leicht wird es der Letzteren noch, das
occupirte Land aufzugeben; um sich auf die Suche nach besserem zn
begeben, d. h. sich in kriegerische Unternehmungen zu stürzen. Und
einige Generationen später da sitzen schon die Hundertschaften einer
grösseren Anzahl der Völkerschaften je auf einer besonderen Hundert-
schafksmark in mehreren Dörfern fest; wie wir unserer ersten vatert
ländischen Geschichte; der Germania, entnehmen können; ■• die Jacob
Grimm mit Recht die unsterbliche Schrift eines Römers nennt; welche
die deutsche Urgeschichte erhellt.
§ 3. Die Yolksthümliche bäuerliche Ansiedelung.
Der Ackerbau setzt alsO; muss er als wesentlicher und ständiger Factor
fttr den Lebensunterhalt mit in Rechnung gezogen werden; dem Nomaden-
leben ein Ziel und zwingt die StämmC; hier früher; dort später, zur
dauernden Niederlassung, d. h. zur wirklichen Sesshafiigkeit; in der wir
den Ursprung der nachbarlichen Beziehungen; der Gemeinden und der
Staaten zu suchen haben. Namentlich vor der festen Ansiedelung; aber
auch noch bei und nach derselben beschäftigt die Volksgenossen das
Haupt- und Grundproblem der ältesten Agrarverfassung; nämlich die
Auftheilung des in Besitz genommenen Landes. Die bäuerliche Ansiedelang
und die Landauftheilung haben sich aber keineswegs überall gleichmässig
etwa nach einer und derselben Schablone vollzogen; wie diejenigen an-
nehmen, die von einer indogermanischen Siedelungsweise sprechen. Im
Gegentheil; man kann nur von nationalen Siedelungsweisen sprechen,
wenn sie auch alle darin übereinstimmen, die Geschlechtsgenossen in
irgend einer Form beisammen bleiben zu lassen. Die Art der Sie-
delungsweise eines Volkes hängt ab von ihrer aus äusseren Umständen
etc. erwachsenen SittO; hängt ab von der Macht der Häuptlinge; na-
mentlich ob diese mit vollendeter väterlicher Gewalt, dem sich an-
bedingt jeder Genosse zu fügen hat, ausgerüstet sind oder nicht, hängt ab
von der üblichen Art das Land zu bestellen u. s. w. Bei dem einen
Volke wird der Haushalt regelmässig nach erweiterten, durch Bluts-
verwandtschaft verbundenen Familiengruppen, bei dem anderen ebenso
regelmässig nach Einzelfamilien (Eltern und Kinder) geführt. Hier liegen
regelmässig eine Anzahl Wohnstätten als Dorf beisammen, das aber je nach
der Sitte ganz verschieden angelegt sein kann; dort sind die Wohnstätten
ebenso regelmässig als Einzelhöfe über das Stammesland zerbtrent.
Hier wird das gesammte oder fast das gesammte Stammesland an die Be-
rechtigten—Familiengruppe oder Einzelfamilie — zu erblichem Eigentham
Harksen. Der GruDdbesitz. 399
oder sn lebenslängliebem Besitz aufgetheilt, dort nur das Wohnland oder
das Wohnland und das Pflngland^ während Wald and Weide, soweit
sie nicht von Zeit zu Zeit zn Gunsten einer Yergrösserang der sehon
vorhandenen oder zu Gnnsten einer nenen Dorf- und Feldflur gekttrzt
werden, im Gemeinbesitz des Stammes oder in entsprechenden Antheilen
im GemeinbesitB seiner Unterverbänd« rerbMben. Hier wird jedem
Berechtigten sein Feld oder Land geschlossen tfberwiesen, dort in einer
mehr oder minder grossen Anzahl Lose, die mit den Losen anderer
Berechtigten in Gemenglage liegen. Hier wird das ttberwiesene Land
jedes Berechtigten nnbeschränktes Eigenthnm, das danemd eiBgezävmt^
dauernd mit Wall nnd Graben umgeben werden kann, dort das Grund»
eigenthum eines jeden Berechtigten am Pfluglande beschritnkt zu Gunsten
einer ihn einschMessenden Genossenschaft durch Flurzwang, gemeine
Trift und Weide, so dass die Felder nur in ihrer Gesamtheit und nur
für die Zeit zwischen Bestellung und Ernte (geschlossene Zeiten) ein-
gezäunt werden, in der übrigen Zeit des Jahres (offene Zeiten) für
Ueberfahrt, Trift und Weide aber offen liegen bleiben müssen.
Ausser den freien Stammesgenossen, aus denen sich vielfach schon
Adelige, aber zunächst wohl nicht gerade als besonders bevorrechtete
Standesgenossen, sondern nur als Erste unter den gleichberechtigten
Freien absondern, hängen, wie aus Mheren Ausführungen ersichtlich,
dem Stamme noch Unfreie verschiedenen Grades an. Es sind dies
Leute, in denen entweder überhaupt kein Stammesblut fliesst, wie z. B.
Angeh(^ge einer unterjochten Urbevölkerung, oder denen die Stammes«
rechte um irgend eines Umstandes willen — uneheliche Geburt, Ver-
brechen etc. — aberkannt worden sind. Theilweise erhalten auch die
Unfreien Land zugewiesen, aber als zinspffichtige Hintersassen des
Stammes oder des Stammesoberhauptes oder des einzelnen Freien, theil*
weise finden sie auch als Knechte oder Sklaven, kurz als Wirthschafts-
gesinde Verwendung im Haushalte der Freien, im besonderen auch als
Handwerker. Denn in den Zeiten der Naturalwirthschaft wird im
bäaerltehen Haushalt fast alles selbst besorgt und hergestellt, es wird
daselbst gemahlen, gebacken, gesponnen, gewebt, gezimmert, geschmiedet,
es werden Schuhe und Kleider gefertigt u. s. w., höchstens wird
Fehlendes vom Nachbarn durch Austausch erstanden oder für grössere
Arbeiten, wie z. B. Hausbau die Hilfe der Nachbaren in Anspruch
genommen. Im primitiven ländlichen Haushalt hat sich das Handwerk
herangebildet, er ist die Wiege des Handels, der Kunst und .der
Industrie.
Die Feldflur, die Hauptstätte aller wirthschaftlichen Entwiokelung,
mochte wohl öfters durch eine Urbevölkerung oder durch den seit
langer Hand schon betriebenen nomadenhaften Anbau etwas vorbereitet
sein, vielfach galt es aber doch wohl, sie erst in mehr oder minder
schwerer Arbeit dem Urlande durch Rodung, Entsumpfung etc. abzu-
400 Harksen. Der Grandbesitz.
ringen. Es handelt sich non um die Frage, ob dort^ wo die Feldflnr
an die einzelnen Qenosgen aofgetheilt wurde, die reellen Antheile sofort
festes Privateigenthnm wurden oder ob die Anrechte immer wieder neu
und eventuell auch noch verändert zur Anweisung gelangten^ also mit
anderen Worten, ob sich zwischen den genossenschaftlichen Gemeinbesitz
der bis zum Aufgeben des Nomadenlebens Oberall bestand, und dem
wirklichen Privateigenthum des einzelnen Genossen eine Zeit der Feld-
gemeinschaft befand. Die Feldgemeinschaft, das ist die Auftheilung der
Feldflur zur privaten Nutzung an die einzelnen Genossen in Verbindung mit
der periodischen Neutheilnng derselben, musste jedenfalls überall dort dem
Gemeinbesitz folgen, wo ans diesem heraus sich der Gedanke festgesetit
hatte, dass nur die Genossenschaft Eigenthtlmerin des Grund und Bodens
sei, während die einzelnen Genossen nur Nutzniesser sein könnten, deren
gleiche oder verhältnissmässige Anrechte sich durch den Tod eines Ge-
nossen oder durch den Eintritt eines Mttndiggewordenen in die Genossen-
schaft änderten. Dies Recht auf Land konnte nur durch periodische
Neutheilangen befriedigt werden. Immerhin war es aber nicht nöthig,
alljährlich neu zu theilen, vor der Hand konnte vacantes Land vertheilt,
fehlendes angerodet werden. Nebenbei bemerkt war neben intensiverer
Kultur die Neurodung auch ein vorzügliches Mittel, um die mit der
Zeit wachsenden Ansprüche zu befriedigen. Die periodische Neutheilnng
konnte aber auch nur deswegen in Uebung sein, um die durch das
Erbrecht und eventuell auch durch den etwa zugelassenen Immobilien-
verkehr hervorgerufene Zerstückelung der Grundstücke von Zeit zu Zeit
zu beseitigen oder auch nur um einen Ausgleich in der Bodengflte
herbeizuführen. Meistens wird die Feldgemeinschaft, sei es mit Recht
auf Land oder ohne dieses, nur dort von längerem Bestände gewesen
sein, wo sie durch äussere Verhältnisse, wie Grundherrlichkeits- oder
Hörigkeitsverhältnisse, aufrecht erhalten wurde. In vielen Fällen lässt
sich sogar, wie wir später sehen werden, bestimmt nachweisen, dass sie
erst mit derartigen Verhältnissen zur Einführung gelangte. Im Allgemeinen
wird man sonst entweder die Etappe der Feldgemeinschaft gamicht
berührt oder nur kurze Zeit — etwa für die Einrichtungszeit der Feldflur —
auf ihr verweilt haben. Dort wo der üebergang vom Gemeinbesitz zum
Privateigenthum in der Gemenglage nach Gewannen erfolgte, wie bei
den Germanen, werden auch wohl die letzten Ueberbleibsel des Gemein-
besitzes, nämlich die Trift« und Weiderechte zusammen mit dem durch
die wegelose Gemenglage bedingten Flurzwang Feldgemeinschaft genannt,
z. B. in ^Seebohm, die englische Dorfgemeinde^. In diesem Sinne soll
Feldgemeinschaft hier aber nie genommen werden.
Ebenso soll auch der Gemeinbesitz ohne reelle Landauftheilung
nie als Feldgemeinschaft bezeichnet werden.
§ 4. Einiges über die Maasse und das Messen.
„Maass und Gewicht^ das ist die landläufige Abkürzung und der
gebräuchlichste, auch amtlich functionirte Ausdruck für die Gesammt
Harksen. Der Grundbesitz. 401
heit der Ranm- und MassenmaasBe und gegenwärtig leben wir in einer
Epoche, in der sich das folgerichtigste aller Maasssysteme, das Meter-
system, anscbickt die Welt zu erobern, und aller Wahrscheinlichkeit
nach ist die Zeit nicht fem, in der sämmtliche Kulturvölker nur nach
dem Metersystem messen. Es ist gerade deswegen nicht ohne Interesse, zu
erfahren, wie man noch vor wenigen Jahrzehnten ttber das Metersystem
dachte und welch geringe Aussichten seiner Verbreitung zugestanden
worden. Ende der sechziger Jahre sagt Professor Karsten in der
Allgemeinen Eneyklopädie der Physik: ^die Aufstellung des Meters^
Liters, Kilogramms u. s. f. war ein wissenschaftliches Experiment, bei
welchem die tausendjährige Praxis, die Bedürfnisse des Verkehrs gar
keine Berücksichtigung fanden. Trotz der den Theoretiker befrie-
digenden Folgerichtigkeit des metrischen Systems hat dasselbe daher
ttber die Sphäre der Wissenschaft hinaus nur geringe Ausbreitung
erfahren.^ Wenn inzwischen auch durch die Thatsache widerlegt, so
mass man doch zugeben, dass es derzeit wohlberechtigt war so zn
sprechen.
Einstweilen, so lange das Metersystem noch nicht überall Eingang
gefunden hat, besteht die Verpflichtung, die Beziehungen der den
eiszelnen Staaten eigenthümlichen Maasse zu einander aufzusuchen und
bekannt zu geben. Neben dieser vom Völkerverkehr dictirten Forderung
erwächst jedem Staate für sich eine weitere, ähnliche, aus dem Umstände,
dass das zur Zeit innerhalb seiner Grenzen bestehende System nicht
immer in Geltung war, sondern, dass andere, wohl minder gute, die
selbst wieder frühere verdrängten, ihm erst den Platz räumen mussten.
Zahllose Urkunden, überhaupt Schriftstücke jeder Art, von rein historischer
oder eminent praktischer Bedeutung, reden nicht in der heutigen, sondern
in der ihnen geläufigen Maasssprache ihrer Zeit, und es Hegt deshalb
unbedingt im Interesse der historischen Forschung, der Statistik, der
Rechtssicherheit u. s. w. die Beziehungen aller einst in einem Gebiete
neben und nach einander vorhandenen Maasse zu den nun in ihm
geltenden aufzusuchen und nachzuweisen. In letzter Linie kommt dies
alles schliesslich darauf hinaus, alle je vorhandenen sowie alle noch vor-
handenen Maasse auf das Metersystem zu beziehen.
Gehen wir nun immer weiter rückwärts, so stossen wir bei jedem
Volke schliesslich auf eine Zeit, in der es überhaupt l^eine Maasssysteme
nach festem Maasse mehr gab, ja, in der es vielleicht an der nOthigen Kennt-
niss fehlte, um jede Grösse mi : einer ihr gleichartigen zu messen, in der
die Maasse wesentlich dem menschlichen Körper, der menschliehen
Arbeitsleistung, der menschlichen Körperkraft, den durch Menschenhand
geführten Geräthen und Wafl^en entlehnt wurden. Die Aufgabe der
nachfolgenden Zeilen soll es nun sein, kurz die erste Entwicklung der
Maasse und des Messens zu schildern: Zu jenen Zeiten, in denen die
Menschen als Jäger und Nomaden zusammenlebten, und zufrieden sein
Zeitschrift far Vermessungswesen 1896. Heft 13. 2G
402 Harksen. Der Grandbesitz.
mussten mit dem, was die Erde ihnen an wilden Fruchten und jagbareo
Thieren, durch den Ertrag eines spärlichen Ackerbaues und durch die
Ausbeutung ihrer Herden darbot, lagen nur wenige Bedtlrfnisse vor,
welche die Menschen ernstlich dazu aufforderten, irgend welche Grössen
miteinander zu vergleichen. Vor allem war es, wie angedeutet werden
muss, die Zeit, die gemessen wurde, denn es ist nicht anzunehmen, dass
die Menschen sich lange der immerfort an sie ergehenden Aufforderung
den wechselnden Stand der Gestirne, die periodisch wechselnden Phasen
des Mondes wahrzunehmen, entzogen hätten. Es ist durchaus begreitlich;
dass der ersten Zeiteintheilung nicht die Sonne, sondern der Mond zu
Grunde gelegt wurde, war doch der Mondwechsel dasjenige Phänonaen,
das bei weitem am leichtesten beobachtet werden konnte. Man zählte
also die Zeit nach Mondmonaten, die beim Eintritt einer bestimmten
Phase begannen, beim Wiedereintritt derselben Phase endeten. Den Tag
lernte man eintheilen nach dem Stande der Sonne und ersann vielleicht
recht bald sogar einfachste. Mittel, um selbst dann für damalige Bedürf-
nisse hinreichend sicher die Tageszeit angeben zu können, wenn die
Sonne sich hinter Wolken verbarg. Eine andere Zeiteintheilung des
Nomaden als die nach Tagen oder, wie damals gezählt wurde, nach
Nächten, und nach Mondmonaten ist die Eintheilung des Jahres, jeden-
falls aber ohne die Zeitperiode selber genau zu begrenzen, in die beiden
Jahreszeiten Sommer und Winter. Winteranfang ist derjenige Zeitpunkt,
zu dem die Nomaden ihre Herden von den Höhen in die Thäler oder
von einem kühleren Klima in ein wärmeres treiben müssen oder zu dem
sie auf sonstige Mittel zum Schutz ihrer Herdenthiere gegen die wach-
senden Unbilden der Witterung sinnen müssen. Frühling und Herbst
fügen sich erst später unter dem dominirenden Einfluss des Ackerbaues
an.^ Bei der Zeittheilung verblieb es aber nicht, unbedingt müssen auch
Längenmessungen bald ins Bereich der Anwendung gezogen worden sein,
denn die gesammte menschliche Lebensführung, mag sie sich auch noch so
dürftig gestalten, kann der Längenmessung nicht wohl entrathen und
läge diese auch nur versteckt im sogenannten Augenmaasse, in der
Schätzung. Und wurde aus irgend einem Grunde ein Jagd- oder Weide-
revier einstweilen aufgegeben, jedoch mit der Absicht, es später —
vielleicht nach Jahresfrist — wieder aufzusuchen, so bedurfte es Orien-
tirungsmittel, die untrüglich dorthin zurückführen konnten. Derartige
Mittel, für deren Auffinden der Nomade bekanntlich in Folge steter Uebung
ganz besonders befähigt ist, konnten theils den vertraut gewordenen
Vorgängen am Himmelsgewölbe, theils bekannten Merkmalen an der
physikalischen Erdoberfläche entnommen werden und dann die so fest-
gelegte Richtung vortrefflich ergänzt werden durch das Hinzufügen der
Längen der durchzogenen Wege, etwa nach Tagesreisen gemessen.
Eine weitere Förderung des Messens aber über die angedeuteten
primitiven Anfänge im Messen der Zeit und der Längen und eventuell
Harksen. Der Grundbesitz. 403
noch von Getreide- und Fleischmassen darf von Nomaden nicht erwartet
werden, wie wir heute noch an den zur Zeit frei und unberührt von
jeder Kultur als Nomaden lebenden Volksstämmen beobachten können,
an denen das zu belauschen, was bei den Vorfahren aller Kulturvölker
auf gleicher wirthschaftlicher Stufe Sitte und Brauch war, zweifellos
vollberechtigt ist Neue Zeiten mit neuen und grösseren Bedürfhissen,
mit hoher gesteckten Zielen mussten erst kommen, bevor neuer Fort-
schritt in der in Betracht gezogenen Richtung einsetzen konnte. Und
diese Zeiten kamen, sie begannen mit dem landwirthschaftlichen Betrieb
von festen Ansiedelungen aus. Nicht als ob hiermit nun sofort eine
besondere Förderung der Maasswissenschaft und des Messens eingesetzt
hätte, nichts weniger als dies war der Fall, sondern die aufgestellte
Behauptung ist nur in dem Sinne zu nehmen, dass die Landwirthschaft
alle Keime höherer Kultur in sich birgt. Es yvird freilich meistens
folgendermaassen geschlossen: Da vor, mit und nach der festen
Ansiedelung der Häuserbau und die Landauftheilung kamen und diese
ohne geometrische Kenntnisse nicht durchgeführt werden konnten, so
mussten eben geometrische Kenntnisse vorhanden sein. Diese Schluss-
folgerung kann als eine durchaus irrige bezeichnet werden, denn sich
sessbaft machende Nomaden verstehen in der Regel noch gar nichts von
der Geometrie, nichts desto weniger vermögen sie aber primitive
Hütten zu bauen und Landauftheilungen fQr ihre Bedürfnisse und für
ihre Anschauungen genügend genau durchzuführen. Die wesentlichste
Voraussetzung und die Grundlage fUr die Landauftheilung war jedenfalls
die, dass hinreichend sichere Erfahrungen darüber bestanden, wie viel
Land für eine bäuerliche Durchschnittswirthschaft nöthig sei, damit der
Familienvater nebst Familie und einigem Gesinde auf derselben und
den dazu etwa noch gehörigen Nutzungen seinen Unterhalt finde.
Vom Stamm aus wurde dies Land, soweit dasselbe nicht in irgend einer
Form als gemeinsame Nutzung des Stammes oder seiner Unterverbände
liegen blieb, geschlossen überwiesen, sei es als Einzelhof an eine Einzel-
familie oder an eine erweiterte, in Hausgemeinschaft lebende Familien-
gruppe, oder sei es als grösserer Landkomplex an eine Genossenschaft von
Einzelfamilien, die gewillt war, sich innerhalb ihres Landes in einem Dorfe
anzusiedeln. Und alle diese Landausweisungen mussten und konnten
auch lediglich nach Schätzung, Herkommen und Abkommen streitfrei
getroffen werden. Wenn also irgendwo noch geometrische Kenntnisse
bei der ursprünglichen Landauftheilung zur Anwendung gelangt sind,
so kann dies nur noch bei der weiteren Landauftheilung innerhalb der
Dorfgemarkungen an die einzelnen Dorfgenossen oder Nachbaren der
Fall gewesen sein. Und es muss zugegeben werden, dass gerade hier
die Bedingungen, unter denen streitfrei zu theilen war, sich schärfer
als sonstwo fassten und dass deswegen eine geometrische Auftheilung
gut am Platze gewesen wäre. Trotzdem gelangte sie aber, wie wir
26*
404 Harksen. Der Grandbesitz.
sehen werden, bei der ursprünglichen festen Volksansiedelung nicht zur
Anwendung. Im Allgemeinen wurde jede Dorfgemarkung in 3 Theile
zerlegt; in die Dorfflur, das ist die Gesammtheit der im Zusammenhang
befindlichen Heimstätten, in die aufzutheilende Feldflur und in das nicht
aufzutheilende, zur Weide etc., aber auch nach Bedarf zur Vergrössernng
der Dorf- und Feldflur herangezogene Allmendland. Letzteres musste
um so umfangreicher sein, je mehr die Viehwirthschaft im Vordergrande
verblieb, und es ist zweifellos, dass die Viehwirthschaft noch auf lange hinaus
auch im bäuerlichen Haushalt im Brennpunkte des Wirthschaftslebens stand.
Die Heimstätte umfasste das Wohnhaus, Stallung für das Vieh,
einen Hof, eine kleine Anbaufläche und eventuell noch einen Brunnen
oder Brunnenantheil. Mit Rücksicht auf die Erhaltung eines friedlichen;
genau nach Rechten und Pflichten abgewogenen nachbarlichen Verkehrs
im Dorfe war es gewiss eine dringende Nothwendigkeit, die Heimstätten
sofort erkennbar gegeneinander abzugrenzen, was meistens, des dadurch
erlangten Schutzes wegen, durch einen festen Zaun oder ähnlich erfolgte.*)
Die Feldflur gerecht und damit streitfrei unter die Dorfgenossen oder
Nachbaren aufzutheilen, dazu ersann man sehr oft, jedenfalls aber bei
den Germanen, ein Verfahren, durch das die Feldflur in eine grössere
Anzahl Abschnitte, Gewannen genannt, zerlegt wurde. Eine jede Ge-
wanne war in sich nach Bodengüte und Terraingestaltung möglichst
gleichartig und in jeder Gewanne erhielt jeder Genosse seinen gleichen
oder verhältnissmässigen Antheil, dessen Lage meistens nach dem Loose
bestimmt wurde und zwar entweder nur einmal für die Reihenfolge in
sämmtlichen Gewannen, oder aber für jede Gewanne besonders. Die
Richtung und Lage der einzelnen Loose innerhalb der Gewanne konnte
eine verschiedene sein und die einzelnen Loose wurden abgemessen
durch Abschreiten unter Zugrundelegung der Voraussetzung, dass in
gleichen Zeiten gleiche Flächen gepflügt werden können, oder von der
fast ebenso naheliegenden, dass gleiche Aussaatmassen auf gleiche Flächen
fallen. Es darf nicht übersehen werden, dass die Feldflur nicht etwa zu-
nächst in Gewannen zerlegt wurde, um diese dann unterzuvertheilen,
sondern dass umgekehrt ein gewisser Complex ausgemessener durch eine
einfache Pflugfurche getrennter**) Einzelloose zur Gewanne zusammen-
gefasst wurde und zwar derart, dass jeder Genosse an jeder Gewanne
*) Demnach war auch das ganze Dorf mehr oder minder befestigt nnd es
ist nicht zweifelhaft, dass in jenen Zeiten noch fortdauernder Völkerbewegung
und unentwickelter staatlicher Verhältnisse für die Ansiedelung, wo nöthig, eine
Lage gewählt wurde, die so viel als möglich natürlichen Schutz bot gegen
räuberische und kriegerische Ueberfälle. Sehr eingehend beschäftigte sich
Robert Pöhlmann mit derartigen Untersuchungen in ^Die Anfänge Roms", einer
Schrift, die sich gegen die von Theoder Mommsen in seiner Römischen Ge-
schichte entwickelten diesbezüglichen Ansichten richtet.
**) Ueber Grenzraine und künstliche Grenzzeichen wird in den Einzel-
darstellungen abgehandelt werden.
Harksen. Der Grundbesitz. 405
verhältDissmässig betheiligt war. Dass die aus der volksthttmlichen
Gewannentheilung hervorgegangene Oemenglage mit ihrem Fiarzwang,
eventuell auch noch verbundea mit Wege- und Weiderechten, später ein
Hinderniss für die Bethätigung der Individualität, ein Hemmniss für
einen rationellen Landwirthschaftsbetrieb werden würde und deshalb
später darauf gesonnen werden musste, sie zu beseitigen, das hindert
durchaus nicht, dass gedachte A uftheilungsform zur Zeit ihrer Einführung
and mehr oder minder weit über diese Zeit hinaus die vorzüglichste
war. Wie keine zweite Auftheilungsform war sie, mit Rücksicht auf die
za ihrer Durchführung zu Gebote stehenden beschränkten Mittel, ge-
eignet, durch ersichtlich gerechte Auftheilung nach Bodengüte und Ent-
fernung vom Dorfe und unter Vermittlung des für heilig gehaltenen
Looses jeden Streit unter gleich freien Genossen fem zu halten. Ausserdem
gab es kein besseres Mittel, um säumige Genossen mitzuziehen, denn
wer innerhalb der festgesetzten Frist sein Feld nicht bestellte, der
konnte es nicht mehr bestellen, weil ihm kein Ueberfahrtsrecht mehr zu-
stand, und wer nicht innerhalb festgesetzter Frist erntete, dem fuhr man
über die stehende Frucht oder das weidende Vieh gerieth in dieselbe.
Ich fasse nunmehr zusammen, wie wir uns den Zustand hinsichtlich
der Maasse und des Messens in den ersten Zeiten der volksthümlichen
Ansiedelung zu denken haben, wobei wir davon ausgehen mtlssen, dass
die einfachen geometrischen Beziehungen der Längen, Flächen und
Körper zu einander noch nicht bekannt waren, allenfalls bestand in un-
klarer Vorstellung ein Verständniss für die Beziehungen der Längen
und Flächen zu einander. Ferner haben wir zu bedenken, dass in
jenen ersten Zeilen voller Naturalwirthschaft weder Immobilien- noch
Handels- richtiger Tauschverkehr auf weite Entfernungen stattfanden.
Der dürftige diesbezügliche Verkehr beschränkte sich fast ausschliesslich
auf den Umkreis eines Dorfes, auf den einer Gruppe benachbarter
Einzelhofe, was kümmerte es deswegen die Insassen eines bestimmten
Dorfes, einer bestimmten Gruppe von Einzelhöfen wie und mit welchen
Maassen in anderen Dörfern, in anderen Gruppen von Einzelhöfen ge-
messen wurde, dafür bestand zunächst gar kein Interesse. Dies Interesse
erstand erst nach und nach mit dem Erstarken der Staatsgewalt, mit
den grossgrundherrlichen Zeiten, mit dem Aufblühen von Handelsnieder-
lassungen, mit dem Entstehen der Städte u. s. w. und mit dem von
allen diesen Factoren ausgehenden Impuls. In den oben gedachten
Zeiten waren für die Längenmessungen überall Maasse in Gebrauch,
die entweder unmittelbar den Längen menschlicher Körpertheile ent-
sprechen, wie Fuss, Elle (Arm), Hand, Zoll (Daumen) oder die wenigstens
mit Hilfe solcher abgemessen wurden, wie Klafter, Spanne, Schritt.
Man fand es jedenfalls bald für grössere Längen bequemer, sie mit
vielfachen solcher Maasse zu messen und übertrug sie deswegen auf
Waffen und Ackergeräthe, so maassen die Germanen mit der langen
406 Jordan. Die Hanpt-Dreiecksketten und Netze der
Lanze (Ratbe); mit dem JagdspiesS; mit dem langen für 4 nebeneinander
gespannte Pflugochsen berechneten Joch n. s. w. Wie primitiv derartige
Vervielfachnngen manchmal erfolgten, das erfahren wir aus „Lamprecht,
deutsches Wirthschaftsleben'^. Auf S. 343 des ersten Bandes lesen wir,
dass man in ländlichen deutschen Gemeinden noch bis zum 17. Jahr-
hunderte die Rnthe dadurch hinreichend genau zu bestimmen vermeinte,
wenn 15 oder 16 Leute, wie sie ans der Kirche kamen, ihre Ftlsse
vor einander setzten. Die Flächenmessungen erfolgten durch Abschreiten
unter Zugrundelegung der Voraussetzung, dass in gleichen Zeiten gleiche
Flächen gepflttgt werden können oder dass gleiche Aussaatmassen auf
gleiche Flächen fallen. Das geometrische Element liegt hierin schon
versteckt, denn sowohl der Pfluglenker als auch der Sämann schreiten
bei ihrer Arbeit in parallelen Linien. Flächenmaasse, wie Joch, Morgen,
Scheffelsaat etc. entstammen derartigen Flächenmessungen, vielfach
schliessen sie eine Tagesarbeit in sich. Ffir das Messen von Oetreide-
massen benutzte man beliebige hierfür bestimmte Gefösse. Scheffel
heisst weiter nichts als „oben offenes Gefäss^ und die Verschiedenheit
der auf uns gekommenen Scheffel weisen noch auf ihren willkürlichen
Ursprung hin. Wie man für das Messen der Getreidemassen Gefässe,
so benutzte man als Gewichte für das Messen von Fleischmassen be-
liebige als Gewichte angenommene Steine. Der erste Versuch des
Wiegens wird ohne Zweifel im Heben liegen.
So etwa wird es überall zunächst gewesen sein und der conserva-
tive Geist, der den Bauernstand von jeher ausgezeichnet hat, that dann
ein Uebriges^ um diese primitiven Einrichtungen so lange nur möglich
festzuhalten. Selbst dann, als Vorbilder für Besseres zu haben waren,
werden die Bauern unter sich am Althergebrachten, das ihnen zusagte
und genügte, festgehalten haben und sich dann nur Neuerungen unter-
worfen haben, wo sie dieselben nicht abweisen konnten, also im
Handelsverkehr, im Verkehr mit fürstlichen und grundherrlichen Beamten
u. s. w., woher ja allmählich die Einsicht kam, ein wie lebhaftes Interesse
vorliege, den Waarenumsatz und den Grundstücksverkehr nach festen
und festgelegten Maassgrössen regeln zu können.
Hiermit beschliesse ich die allgemeinen Paragraphen und nehme
die Einzeldarstellung auf, die ich mit den Hellenen beginnen werde.
Haupt - Dreiecksketten und Netze der Preussischen
Landes - Triangulation.
Im vorigen Jahre erschien ein neuer VII. Theil des Werkes:
Preussische Landes Triangulation, Hauptdreiecke, gemessen und bearbeitet
von der trigonometrischen Abtheilung der Landesaufnahme, Berlin 1895
Preussischen Landes-Triangulation. 407
(Mittler & Sohn^ Kochstrasse 68/70). Dieser Band enthält eine Karte
in 1 : 2 000 000 mit allen Dreieckspunkten I. Ordnung; nach welcher wir
eine verkleinerte Uebersichtskarte in 1:5 000 000 hergestellt haben,
welche anf S. 408 und 409 abgedruckt ist.
Es sind darauf alle Haupt- Dreiecksketten dargestellt mit allen
Dreieckspunkten und Verbindungslinien, und mit Namen der Punkte an
den Grenzen der Ketten, während alle Namen einzuschreiben, der
Raum nicht ausreichte.
Im unteren Theile von S. 408 und 409 ist auch eine Uebersicht aller
Ketten und Netze seit 1834^ im Wesentlichen nach der Zeitfolge geordnet,
beigefügt, wobei die ^Netze^, d. h. die Ausfüllnetze zwischen den Ketten,
mit kleinerer Schrift angegeben sind. Diese Füllnetze, im ganzen 6 an
der Zahl, konnten in unserer Figur S. 408 und 409 nur als leere Räume
angedeutet werden, weil die ursprünglich versuchte Punkt- und Linien-
Ausführung in diesen Ketten den Zusammenhang der Ketten nicht mehr
deutlich hätte hervortreten lassen. Die kleinen Füllnetze im Nordosten
sind auch in dem Originalplan des YII. Theiles, Hauptdreiecke, nur
als leere Flächen angegeben, während die schönen Netze von 1872 an,
dort mit allen Sichten ausgeführt sind. Zu bemerken ist auch, dass
Mecklenburg, welches ganz von preussischen Ketten umschlossen ist,
nicht preussisches Netz, sondern eigenes mecklenburgisches Netz ist,
wie aus dem Berichte von Zeitschr. f. Verm. 1883, S. 357 zu ersehen ist.
Auch eine ziemliche Zahl von preussischen Ketten und Netzen sind
schon in der Zeitschr. in besonderen Berichten behandelt worden:
Zeitschr. f. Verm. 1888 S. 382 und S. 399 die Elbkettte,
„ „ 1889 8. 4 das Wesernetz,
„ „ 1891 8. 229,
„ ^1891 S. 456 die Eibkette,
^ „ 1892 S. 193,
„ „ 1893 S. 1,
„ „ 1894 S. 3, mit Netzbild S. 9,
^ „ 1894 S. 454 das Schlesisch-posensche
Dreiecksnetz,
„ „ 1895 S. 115,
„ „ 1895 S. 311 Hannoverschsächsische Kette und
Sächsisches Netz.
Obgleich wir den Gang der Preussischen Landes-Triangulirung im
Wesentlichen als bekannt voraussetzen können, wird es doch beim
Anblick der Uebersichtskarte S. 408 und 409 heute, da das nun vor
60 Jahren begonnene Werk im Wesentlichen fertig vorliegt, angezeigt sein,
folgendes kurz zu recapituliren :
Der wissenschaftliche Grund zu der heutigen Landes-Triangulation
wurde gelegt durch die berühmte Gradmessung in Ostpreussen von
408
Jordan. Die Haapt-Dreiecksketten und Netze der
SkamfingsbankB
Preussische Lai
Uebera
Dreieckskel
Borkußi
Homhuiien^
Uitfiuizermei
Fliarenbi
Venraß
Neue
weert
Ubqgßttrg
HenH'
Chapene
Jaihay
\Kai8BrBtuhl
^BelchBn
Coburg
Udigehoppe
der Haupt -Dreiecks!
1832—1834 Gradmessung in Ostpreusseo
1837—1846 Küstenvermessung.
1839—1841 Dänischer Anschluss.
1852 Anschluss bei Tarnowitz.
1853 Weichselkette.
1858 Dreieckskette an der russisch«
Grenze.
1859 Dreieckskette an derrussischfl
Grenze.
1861—1862 Dreieckskette an der russisch«
Grenze.
1865 Dreieckskette bei Bromberg
Oiasertmy
PrenaÜBcben Landes -Triangulation.
6-1872 Märkisch-Bchleaiacbe Dreiecks-
kette, j
8-1872 Schleaiflch-poaensche Dreiecks- :
kette. I
IS7S-1873 PoseEBches Dreiecksnetz. |
IST! Schiealscb-posensclies Dreiecksnetz. .
'—1878 Schiesiache Dreieckakette.
' Oe§terreich!scher Äuscbluse. '
1^:3—1874 UilrkisclieB Dreiecksnetz. I
!, 1874 nod 1875 Eibkette. :
* Schleawig- holst. Drei eck skette. ,
)-1881 Hann 0 vera ch - aächsia che Drei- ;
eckskette.
ThUringischea DreiecksDstz.
-1892 Bbeinisch-beBsieche Dreiecka-
kette.
«— 1S34 Niederrhein lach« 9 Dreiecksnetz.
1889-1893 Niederländ. AnschlaSB.
Belgi richer AnschluBB.
PfäliischeB Dreieckanelz.
ElsasB- lothringische Kette.
410 Jordan. Die Haaptdreiecksketten and Netze etc.
Bessel und Baeyer 1832 — 1834 und durch die daran anschliessende
Ktlstenvermessung von Baeyer 1837—1846.
Die heutigen geographischen Oeordinaten der Landesaufnahme
wurden 1859 bestimmt durch eine astronomische Messung bezw. An-
nahme für den Ausgangspunkt Berlin Sternwarte bezw. dessen Ueber-
tragung auf den benachbarten Punkt Rauenberg^ und durch ein astro-
nomisches Azimut, Rauenberg-Marienthurm.
Man könnte die Frage aufwerfen^ warum ftlr ein so grosses Gebiet
von rund 1100 km Länge and 800 km Breite nicht mehr als ein
astronomischer Orientirungsausgangspunkt genommen wurde, etwa mit
Ausgleichung der Lothablenkungswidersprtiche an den Grenzen u. s. w.?
Indessen wären solche Fragen nicht angebracht, angesichts der
Entwickelung; welche ein so wichtiges Staatsunternehmen unter wech-
selnder Leitung seit mehr als einem halben Jahrhundert thatsächlich
genommen hat.
Man hat dem rein trigonometrischen widerspruchsfreien Zusammen-
hang aller geodätischen Elemente des grossen preussischen Staates den
Vorzug gegeben vor dem Hereinziehen astronomisch - physikalischer
Elemente; und erst das nächste Jahrhundert und ktlnftige Generationen
von Erd- und Landmessern werden fiierin Neues sehen.
Acht Grundlinien, mit dem Besserschen Apparate gemessen, geben
die lineare Fundirung in den verschiedenen Landestheilen , nämlich
Königsberg 1854, Berlin 1846, Bonn 1847, Strehlen 1854, Braak 1871
Oberhergheim 1877, Göttingen 1880, Meppen 1883 mit Nachmessungen
von Strehlen, Berlin, Bonn.
Der Ausgleichungsgang ist nun im Wesentlichen ganz klar: Die
Ketten legen sich zunächst frei aus, nur mit ihren inneren Bedingungs-
gleichungen ausgeglichen, und erst wenn eine Anzahl von Ketten sich
zu einem Kranze schliessen, muss auch Polygonausgleichung stattfinden,
deren Zwang dann gewöhnlich die letzte Kette zu tragen hat, weil,
dem Fortschreiten der Messungen II. — III. Ordnung entsprechend,
man unmöglich mit dem Kranzabschluss warten konnte, bis alle Ketten
gemessen waren.
Als Beispiel hierfür wollen wir aus dem Berichte Zeitschr. 1895,
S. 313 entnehmen, dass die Hannoversch-sächsische Kette 1880—1881
zwischen Hagelsberg und Lüss einem Anschlusszwang von 0,173 Meter
in y und von 0,367 Meter in x zu tilgen hatte.
Ist ein Kranzsystem geschlossen, so folgt die Einschaltung des
Ftillnetzes ebenfalls mit Anschlusszwang am Rande, wie ebenfalls in
dem Berichte Zeitschr. 1895, S. 314 an dem Beispiele des sächsischen
Dreiecksnetzes 1881 — 1882 ersehen werden kann.
Je weiter die Ketten und Netze hinausgehen, desto grösser muss
natürlich der Anschlusszwang wachsen, doch ist er nirgends so gross,
Hammer. Näherungsweise Rectification der Ellipse etc. 411
dass deswegen die praktische Verwendung der ausgeglichenen
€oordinaten Schwierigkeiten begegnete.
Ueberblicken wir dieses gror l in sich widerspruchsfrei geodätisch
ausgeglichene Werk^ welches für alle praktischen Yermessungszwecke
in ganz Preussen einheitliche widerspruchsfreie Coordinaten und Abrisse
liefert^ ein Werk^ welches seines Gleichen kaum in einem anderen
Staate haben wird^ so kann es nur jeden Landmesser mit Freude er-
fÜUen^ der auf irgend welchem Theile desselben und in irgend einer
derFormeu; in welchen die Ergebnisse noch verwerthet werden können,
mitzuwirken berufen sein wird. J.
Näherungsweise Rectification der Ellipse und Compla-
nation des Ellipsoids.
Die Notiz in dieser Zeitschrift 1895^ S. 86 über die genäherte
Bectification des Ellipsenumfangs lässt vermutheu; dass die neueren
Arbeiten derselben Art hierüber wenig bekannt geworden sind. Da
unter diesen sich eine befindet, die selbst für grosse Excentncitäten
ganz vortreffliche Annäherung giebt; so mögen die folgenden Zeilen^
als Ergänzung der obengenannten Notiz^ auf sie hinweisen.
1) Die Länge des Ellipsenumfangs führt bekanntlich auf ein ellip-
tisches Integral II. Art und kann also nicht in einem geschlossenen
algebraischen Ausdruck angegeben werden. Es ist aber leicht^ die
Ellipse näherungsweise als E^reis zu rectificiren^ dessen Halbmesser einfach
in den Achsen ausgedrückt werden kann. Eine unmittelbar sich bietende
Näherung für den Umfang der Ellipse mit den Halbachsen a und h
ist Tc {a + h)\ offenbar wird dieser Ausdruck um so brauchbarer, je
kleiner die numerische Excentricität — =y\ — der Ellipse
a ^ ar
ist, je weniger a und h sich unterscheiden; er wird genau mit
a=^h-=:-r. Dieser erste einfache Ausdruck, der dem Gefühl nach etwas
zu klein ist, für die Länge E des Ellipsenumfangs wird in der That
verschärft durch die Näherungsformel von Pea no (vergl. seine Oeom.
Anwend. der Infinitesimal-Rechnung, Turin 1887):
-B<«(a + 6)+ Y {Vä- ViY-
2) Eine andere sehr bequeme Näherungsformel hat Boussinesq
vor einigen Jahren angegeben (vergl. C. R. Bd. 108, Nr. 14, S. 695 u. ff.)
Bezeichnet nämlich R den Halbmesser des Kreises von genau demselben
Umfang, wie die Ellipse mit der grossen Halbachse a= 1 (Längen-
412 Hammer. Näherungsweise Rectification der Ellipse etc.
einheit) und der numerischen Excentricität e (also der kleinen Halbachse
d Yl — e^ ^=={1 — e^)^\ 80 ist bekanntlieh
T» 2 4 6
(vergl. z. B. Jordan, Handbuch, Bd. III, 8. 219, Gl. (18)). Es liegt
nun nahe, mit diesem B ausser dem arithmetischen Mittel der Halbachsen
^ "^ auch ihr geometrisches Mittel \/ab zu vergleichen; mit den
eben angegebenen Werthen a = 1, 6 = (1 — e^)^ erhält man einfach
durch Reihenentwicklung:
a + b _ 1 2 1 4 1 6
~~2~ -^"■4^"~"l6"^"32^ •••
Vab^l^l
2 4 6
4 * "" 'W * ■" IW *
Nimmt man also:
2ß' = 3±±±-yjb,
so erhält man:
_ 1^ j 3 , 5 ,
""^~2^ ""32"^ ^"128"^ ""•••
= 2 jB bis auf das Glied von der Ordnung e^ einschliesslich.
Man hat also die Regel: Bis auf das Glied mit e^ ein-
schliesslich ist der Umfang der Ellipse mit den Halbachsen
a und b gleich dem eines Kreises, dessen Durchmesser
man erhält, wenn man vom dreifachen arithmetischen
Mittel der Halbachsen ihr einfaches geometrisches Mittel
abzieht. (Für « = 6, also e = 0, ist der Satz wieder streng, keine
Annäherung; macht man die Eut Wickelung, wie esBoussinesq a.a.O.
thut, bis zu 6% so findet man, dass 2 R etwas kleiner ist, als 2 i? = 3 — r—
— \/ab und zwar um ay e^+ . . . i; der Unterschied ist also
auch für grosse e nicht bedeutend.) Der Vorzug dieser Regel vor
ähnlichen anderen aach nicht einfacheren ist der, dass sie für die meisten
Zwecke benutzbar bleibt, selbst wenn die numerische Excentricität z. B.
bis 0,9 wächst; selbst z.B. mit e = 0,94 ( = sin70*') bleibt der Fehler
unter 1/30Q und er fällt natürlich sehr rapid mit e. Für e = 0,l kann
man selbst für die schärfsten Rechnungen den Fehler der Näherung als
verschwindend ansehen.
3) Eine ganz ähnliche Näherung hat Boussinesq a. a. 0. für die
Oberfläche eines Ellipsoids aufgestellt. Sind a, by c die Halbachsen eines
Eichholtz. MaassBtab mit auswecliselbarexi Füssen. 413
dreiachsigen Ellipsoids, so ist dessen Oberfläche näherungsweise
gleich der einer Kugel; deren Halbmesser man erhält, wenn
4 1
man zu -— des arithmetischen Mittels der Halbachsen —
5 5
ihres geometrischen Mittels addirt, also B = -— — ' —
1 3/-
-{-—y abc nimmt. Selbstverständlich schliesst sich hier die Näherung
0
weniger eng an das richtige Resultat an, giebt rascher grosse Fehler bei
grösseren Excentricitäten : die gross te Excentricität e muss ziemlich
kleiner als 1 sein, der Fehler ist bereits von der Ordnung e^ (die drei
Halbachsen seien abnehmend der Grösse nach geordnet a, iy c, die kleinste
c sei die Längeneinheit, so sind die beiden anderen auszudrücken durch
6 = (1 — A* e^) ~ ^ , a = (1 — e^) ~ ^ (wo e < 1, i < 1). Immerhin er-
reicht der Fehler für das verlängerte Rotationsellipsoid (d.h. 4 = 0)
erst + bei e = 0^707 (=8in45^), während für das abgeplattete
Rotationsellipsoid (d. h. für fe = 1) bei demselben e ( = 0,707) der Fehler
— beträgt. Auch hier nimmt selbstverständlich wieder bei sinken-
der Excentricität die Annäherung des einfachen Verfahrens sehr rasch
zu; für e=^/ioo ist z. B. beim abgeplatteten Rotationsellipsoid selbst
für feine Rechnungen kein Unterschied mehr vorhanden.
4) Diese Näherungen lassen sich auf Ellipsenbögen und EUipsoid-
zonen ausdehnen; doch möchte ich hier vorläufig nicht näher darauf
eingehen.
Stuttgart 1896 März 10. Hammer.
Maassstab mit auswechselbaren Füssen.
Das auf beigefügter Zeichnung dargestellte D. R. G. M. Nr. 40551
hat zum Gegenstand einen Maassstab, welcher entgegengesetzt den
bisher bekannten, nicht horizontal aufliegt, sondern auf Füssen ruht,
welche wiederum auswechselbar sind. Dabei ist es nicht nöthig, dass
der Maassstab vollständig sich auf diese Füsse stützt, vielmehr genügt
es, wenn nur an den Enden einer Längsseite je ein solcher Fuss an-
gebracht ist, so dass die andere Längsseite mit der Kante des Maass-
stabes aufliegt.
Die Füsse selbst können beliebige Formen haben. Der Schutz-
anspruch lautet dahin, dass der Maassstab dadurch gekennzeichnet wird,
dass derselbe mit auswechselbaren Füssen (z. B. Klammern
oder Schrauben) aller Art versehen ist, wobei die Füsse
selbst noch verstellbar seien können.
414 Eichholtz. MaasBBtab mit auewechaelbaren FflgHen.
Der Zweck, welcher durch diese Aiiarttstung eines Haassetabes
mit FüBsen eiroicht wird, ist zu ermSgllcben, dass der Maasestab je
n&ch der Beleucbtang in die gtta stigste Lage gebracht
werden kann, ohne dass man dnrch Aufheben des Maassstabes mit
der Hand Zeit verliert. Die Erfalirang lehrt tKglich, dass die hori-
zontaleLage des Maassstabes sozusagen regelmässig die nngünstigste
ist und dass man, um scharf ablesen zu können und am die
Augen zu schonen, denHaassstab mit der Hand nach dem Licht za
drehen muss. Bei Schräglage des Maaasstabes wird die Genauigkeit
des Abgreifens eine grössere, ebenso nUtzt er sich weniger
ab, da er einem zu starken Druck des Zirkels nachzngeben vermag.
Hervorragend von Nutzen ist die geschützte Erfindung zur Schonung
der Zeichnungen, die stets, wenn der Maassstab mit oder ohne
Etuis seiner ganzen Fläche nach auf denselben aufruht, beschmutzt
werden.
Um den Collegen die Anschaffung dieser Vorrichtung zu erleichtern,
bin ich bereit an älteren Maassstäben dieselbe anbringen zu lassen.
Ich gewähre ausserdem den Collegen das Vorzagsrecht dauernd diese
Vorrichtung nach Abnutzung der alten Maassstäbe an so viel neuen
Maaasstäben anbringen zu lassen, als sie alte durch mich damit ver-
sehen lassen.
Der Preis ist auf 1 Mk. für das Stück festgesetzt worden. Es ist
jedoch nicht meine Absicht aus diesem Anerbieten einen persönlichen
Geldvortheil zu erzielen, sondern der ganze Reingewinn nach
Abzug meiner Unkosten soll der in grosser Noth befindlichen Wittwe
des verstorbenen Collegen Wannack in Charlottenburg oder einer
anderen Collegen wittwe zu Gute kommen. Auch falls ein Mechanikae
bis zum 1. Mai 1S96 das Recht zur Herstellung neuer Haassstäbe mit
der geschützten Vorrichtung erwirbt, soll mein Reingewinn zu jenem
Zweck verwendet werden.
Der Einfachheit wegen wird dem Vorstande des Vereins der Land-
messer der General - Commission Münster Rechnung gelegt werden, der
auch über die Verwendung endgültig zn bestimmen hat.
Personalnachrichten. 415
Um Porto zu ersparen^ empfiehlt es sich die Maassstäbe möglichst
an den einzelnen Stationen und innerhalb der einzelnen Vereine
und Behörden zu sammeln. Auch kann die Einfügung der Schrauben,
die in praktischer erprobter Form geliefert werden, durch jeden geschickten
Uhrmacher billiger bewirkt werden, als wenn einzelne Maassstäbe nach
hier und zurück gesendet werden müssen. Es empfiehlt sich den Betrag
von 1 Mk. für den Maassstab mit bei der Bestellung einzusenden, um
Nachnahmekosten zu vermeiden.
Vorstehende Vergünstigungen werden nur bis zum 1. November
1896 gewährt.
Die Herren Vereinsmitglieder bitte ich sich meines Vorschlags an-
zunehmen und unbefugte rechtswidrige Nachahmungen zu verhindern.
Nach langjähriger Erfahrung kann ich, abgesehen von dem
guten Zweck, der mitverfolgt wird, die Anschaffung der Stellvorrichtung
als eine Sache, die man für unentbehrlich hält, wenn man
sie besitzt, durchaus empfehlen.
Thilo EichhoUz,
Kgl. Landmesser zu Lippstadt, Westfalen.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Se. Majestät der König geruhten, dem
Oberlandmesser und Vermessungsrevisor Leuschner bei der General-
commission zu Düsseldorf den Rothen Adler-Orden 4. Klasse zu
verleihen.
Königreich Bayern. Se. Kgl. Hoheit der Prinzregent geruhten,
die Stelle eines Vorstandes der kgl. Messungsbehörde Dachau dem
Bezirksgeometer L Kl. Win ds toss er in Weilheim, dann die Stelle
eines Vorstandes der Messungsbehörde Weilheim dem Kreisgeometer
Alois M a 7 r zu verleihen und zum Kreisgeometer bei der kgl. Regierung
von Oberbayern den Messungsassistenten Stefhinger in Regensburg
zu ernennen; den Bezirksgeometer IL Kl. Max Stark in Velburg in
die L KL zu befördern; ferner auf die Stelle eines Vorstandes der
Messungsbehörde Hof den Bezirksgeometer IL Kl. Spaul in Donau-
wörth zu versetzen, zum Vorstand der Messungsbehörde Donauwörth
den Kreisgeometer Oabriel Oreger und zum Kreisgeometer bei der
kgl. Regierung von Schwaben den Messungsassistenten Friedrich Klein
zu ernennen.
416 VereinsaDgelegenheiten. — Neue Schriften Über VermeBSUDggwesen.
Vereinsangelegenheiten.
20. Hauptversammlniig des Deutschen Geometer- Vereins
in Dresden.
Den Vereinsmitgliedern, welche die vom 2. — 3. August in Dresden
stattfindende 20. Hauptversammlung des Deutschen Oeometer-Vereins za
besuchen beabsichtigen, erlauhen wir uns mitzutheilen, dass die The 11 -
nehmer karten vom 15. Juli ab zur Ausgabe gelangen werden. Der
Preis derselben ist für eine Herrenkarte auf 10 Mk., für eine Damenkarte
auf 6 Mk. festgesetzt, Beträge, welche dem Kassirer, Herrn Vermessangs-
ingenieur Ha rig, Dresden-Neustadt, Ritterstrasse 14, einzusenden sind.
Sollte eine gelöste Karte nicht benutzt werden können, so wird der
eingezahlte Betrag bei Rückgabe derselben bis zum 2. August zurück-
erstattet. In Betreff der Wohnungen sei mitgetheilt, dass der Orts-
ausschuss in der Lage ist, Privatwohnungen zu den billigsten Preisen
anweisen zu können.
Um den Ansprüchen der Festtheilnehmer gerecht zu werden, bittet
der Ortsausschuss um rebht baldige Anmeldung der Theilnahme, denn
es sei bemerkt, dass Anfang August in Dresden ein grosser Zuzug von
Fremden erwartet wird, da neben der Sächsischen Handwerks- nnd
Kunstausstellung verschiedene andere Festlichkeiten stattfinden.
Dresden, 18. Juni 1896. Der Ortsausschoss.
Gerke^
VermesBungsdirector.
Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Coordes, G,, Kleines Lehrbuch der Landkart enprojection. 2. vermehrte
u. verbesserte Auflage, von S. Koch. 2. Ausgabe. Leipzig 1896.
8. m. 70 Holzschnitten, gebd. 2 Mk.
Treasury Departement. United States coast and geodetic surrey.
W.W. Duff i eld, superintendent. Geodesy, telegraphic determination
of the force of gravity at Baltimore, M D. from simultaneous pendulum
observations at Washington and Baltimore. A report by E. D. Preston,
Assistant. Appendix Nr. 2 — Report for 1894. Washington,
Government printing office 1895.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Der Grundbesitz, von Harksen. — Die Haupt-
dreiecksketten und Netze der PreussischenLandes-Triangulation, von Jordan.
— Näherungsweise Rectification der Ellipse und Complanation des Ellipsoids,
von Hammer. — Maassstab mit auswechselbaren Füssen, von Eichholtz. ^
Personalnachrichten. — Vereinsangelegenheiten. — Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Verlag von Eonrad Wittwer Stuttgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
417
ZEfTSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover Steuer-Hath in München.
-Ä-
1896. Heft 14. Band XXV.
— ->4 lö. Juli. *^ —
Entwurf zur Landmesser-Ordnung.
I* BestaUnng der Landmesser.
Nachweis der Befihigung, Vereidigung und Affentliche Aneteilung.
§ 1. (1) Wer auf Grund des § 36 der Gewerbeordnung für das
Deutsche Kelch vom 21. Juni 1869 als Landmesser vereidigt und
öffentlich angestellt werden will, hat nachzuweisen^ dass er die erste
und die zweite Landmesserprüfung bestanden hat.
(2) Die erste Landmesserprtifung wird abgelegt nach einer min-
destens einjährigen praktischen Beschäftigung mit Vermessungs- und
Nivellementsarbeiten und einem mindestens zweijährigen regelmässigen
Besuch des Landmessercursus, die zweite Landmesserprüfung nach einer
weiteren mindestens dreijährigen praktischen Beschäftigung mit in das
Landmesserfach schlagenden Arbeiten.
Die Zulassung zu den Landmesserprüfangen und die Ablegung
dieser Prüfungen erfolgt nach den Vorschriften der besonders zu er-
lassenden Prüfungsordnungen.
(8) Ueber den Ausfall der Landmesserprttfungen wird den Candidaten,
die die Prüfung bestanden haben, je ein Prüfungszeugnlss ertheilt. In
dem Zeugniss über die zweite Prüfung wird ausgesprochen, dass der Ge-
prüfte zur Vereidigung und öffentlichen Anstellung als Landmesser be-
fähigt ist.
§ 2. (1) Der Landmesser wird auf die Beobachtung der bestehenden
Vorschriften vereidigt und hiernaeh öffentlich als Regierungslandmesser
angestellt, indem ihm eiae Bestallung als Regierungslandmesser
ertheilt wird.
(2) Die Vereidigung und Öffentliche Anstellung erfolgt durch diejenige
Königliche Regierung (in Berlin durch das Polizeipräsidium), in deren
Bezirk der Landmesser sich niederzulas^n beabsichtigt. Der Land-
messer hat seine Vereidigung und Öffentliche Anstellung bei der Regierung
(dem Polizeipräsidium) zu beantragen und hierbei seine Landmesser-
zeitschrift für Vermessoiigsweseii 1896. Heft 14. 27
418 Entwurf zur Landmesser -Ordnung.
prüfangszengnisse und einen Ausweis über seine ünbescholtenheit vor-
zulegen. Die Vereidigung und öjQTeniliehe Anstellung wird durch die
Regierung (das Polizeipräsidium) im Amtsblatte bekannt gemacht.
(3) Der Besitz der Bestallung als Regierungslandmesser begründet
die im § 36 der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 bezeichneten
Rechte der öffentlich angestellten Feldmesser.
(4) Der Landmesser ist verpflichtet, da, wo er einen selbständigen
Geschäftsbetrieb ausüben will, diesen Geschäftsbetrieb bei der Orts-
behörde anzumelden und dieser Behörde den Besitz der Bestallung
^Is Landmesser nachzuweisen. Ebenso ist die Aufgabe des Geschäfts-
betriebes der Ortsbeh^rde zu melden. Die Ortsbehörden zeigen dem
Regierungspräsidenten die Niederlassung, sowie die An- und Abmeldung an.
§ 3. (1) Die nach § 2 ertheilte Bestallung als Regiernngsland-
messer kann nach den Vorschriften der §§ 53 und 54 der Reichs-
gewerbeordnung vom 21. Juli 1869 zurückgenommen werden
erstens, wenn die Unrichtigkeit der Nachweise dargethan wird, auf
Grund deren die Bestallung ertheilt ist,
zweitens, wenn dem Landmesser die bürgerlichen Ehrenrechte ab-
erkannt sind für die Dauer des Ehrenverlustes,
drittens, wenn aus Handlungen oder Unterlassungen des Land-
messers der Mangel derjenigen Eigenschaften klar erhellt, welche
nach Vorschrift der Reichsgewerbeordnung bei der Ertheilung der
Bestallung vorausgesetzt werden mussten.
(2) Ueber die Zurücknahme der Bestallung entscheidet nach § 120
des Gesetzes über die Zuständigkeit der Verwaltungs- und Verwaltungs-
gerichtsbehörden, vom 1. August 1883 der Bezirksausschuss auf Klage
der zuständigen Behörde. Das Verfahren vor dem Bezirksansschass ist
durch das Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli
1883 und durch das Regulativ zur Ordnung des Geschäftsganges nnd
des Verfahrens bei den Bezirksausschüssen vom 28. Februar 1884 geregelt.
Das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgerichte ist durch das Gesetz
betreffend die Verfassung der Verwaltungsgerichte und das Verwaltungs-
streitverfahren, vom 2. August 1880 und durch das Regulativ für den
Geschäftsgang bei dem Oberverwaltungsgerichte, vom 30. Januar 1878
geregelt.
(3) Die Zurücknahme einer Bestallung als Regierungslandmesser
ist in allen Amtsblättern bekannt zu machen. Die RegiernngspräsidenteD
(in Berlin der Polizeipräsident) führen Listen über die Namen der Land-
messer^ deren Bestallung zurückgenommen ist, und ertheilen jedem
Interessenten auf Grund dieser Listen Auskunft.
§ 4. (1) Alle öffentlich angestellten Regierungslandmesser sind,
insoweit sie landmesserisehe Privatarbeiten ausführen, der Disciplin der
Regierungspräsidenten (in Berlin des Polizeipräsidenten) und des Finanz-
ministers unterworfen, während die im Dienste von Staatsverwaltungen^
Entwurf zur Landmesser -Ordnung. 419
Communalverwaltungen, öffentlichen Verbänden u. s. w. stehenden Land-
messer der Disciplin dieser Verwaltungen, Verbände u. s. w. unter-
worfen sind, insoweit es sich um ihr Verhalten im Dienste und um die
von ihnen ausgeführten dienstlichen Arbeiten handelt.
(2) Die Aufsicht des Regierungspräsidenten (Polizeipräsidenten) und
des Finanzministers erstreckt sich auf die Beobachtung der Vorschriften
dieser Landmesserordnung bezüglich der zum ordnungsmässigen Ge-
schäftsbetriebe nothwendigen Instrumente und der Ton dem Landmesser
ausgeführten Arbeiten, insoweit der Auftraggeber die Einsichtnahme iii
die Arbeiten nicht verweigert und insoweit die Arbeiten überhaupt zu
den eigentlichen Landmesserarbeiten gehören.
(3) Das Disciplinarverhältniss schliesst ebenso die Verpflichtung zur
Aufeicht, wie die Befugniss zur Verhängung von Ordnungsstrafen in sich.
(4) Der Regierungspräsident (in Berlin der Polizeipräsident) hat
einen öffentlich angestellten Regierungslandmesser mit der Ausführung der
Prüfung der Instrumente und der Arbeiten zu beauftragen. Der Landmesser
kann die Ernennung eines anderen Prüfenden beantragen, wenn er
nachweisen kann, dass er in der rechtmässigen Ausübung seines Berufs
wesentlich dadurch geschädigt werden kann, wenn der durch den Re-
gierungspräsidenten (Polizeipräsidenten) Beauftragte die Prüfung ausführt.
II. Aasfiihrang der Landmesserarbeiten.
Anzuwendende Maasse.
§ 5. (1) Das Meter ist die Einheit des Längenmaasses, das Quadrat-
meter die Einheit des Flächenmaasses und das Cubikmeter die Einheit des
Körpermaasses. Der tausendste Theil des Meter heisst das Millimeter,
der hundertste Theil des Meter heisst das Centimeter. Tausend Meter
heissen das Kilometer. Hundert Quadratmeter heissen das Ar, zehn-
tausend Quadratmeter oder hundert Ar heissen das Hectar.
Dem tausendsten Theile des Gubikmeters wird der von einem
Kilogramm reinen Wassers im Zustande seiner grössten Dichtigkeit unter
dem absoluten Drucke einer Atmosphäre eingenommene Raum gleich-
geachtet. Derselbe heisst das Liter. Der zehnte Theil des Gubik-
meters oder hundert Liter heissen das Hectoliter. Die Bezeichnung von
Flächen oder Räumen durch die Quadrate oder Würfel des Centimeters
oder des Millimeters ist zulässig.
(2) Wo eine abgekürzte Bezeichnung des Maasses stattfindet, ist zu
bezeichnen :
A. von den Längenmaassen: B. von den Fläch enmaassen:
das Kilometer mit km das Quadratkilometer mit qkm
„ Meter ^ m „ Hectar „ ha
„ Centimeter ^ cm n Ar „ a
„ Millimeter „ mm, „ Quadratmeter „ qm
^ Quadratcentimeter ^ qcm
^ Quadratmillimeter ^ qmm,
27*
420 Entwurf zur Landmesser -Ordnung.
C. von den E.örpermaassen:
das Cubikmeter mit cbm
„ Hectoliter ^ hl
„ Cubikcentimeter „ ccm
^ Onbikmillimeter „ cmm.
Den Bncbstaben werden Schliisspunkte nicht beigefügt. Die Buchstaben
werden an das Ende der vollständigen Zahlenausdrücke und nicht über
das Decimalkomma gesetzt, also : 5,37 «* nicht 5 " 37 und nicht 5™ 37 *^.
(3) Zur Trennung der Einerstellen von den Decimalen dient das
Komma und nicht der Punkt. Sonst ist das Komma bei Maasszahlen
nicht anzuwenden, insbesondere nicht zur Abtheilung mehrstelliger
Zahlenausdrücke. Solche Abtheilung ist durch Anordnung der Zahlen
in Gruppen zü je 3 Ziffern vom Komma aus gerechnet, mit angemessenem
Zwischenraum zwischen den Gruppen zu bewirken.
(4) Wenn Längen-, Flächen- oder Körpermaasse in anderem als dem
vorstehend angegebenen Maasse bezeichnet werden sollen, so muss die
Messung und Berechnung der Grössen doch jederzeit nach dem Meter-
maasse ausgeführt und das andere Maass durch Umrechnung gefunden
werden.
Angabe der Winkel.
§ 6. Die Winkel können in solchen Graden, Minuten und Secunden an-
gegeben werden, welche auf der Eintheilung des Kreises in 360 Graden
oder in solchen, welche auf der Eintheilung des Kreises in 400 Graden
beruhen. Auf den Winkelbüchem muss in allen Fällen vermerkt werden,
welche Eintheilung gewählt ist.
Instrumente.
§ 7. (1) Der Landmesser muss sich richtiger Instrumente bedienen und
muss seine im Gebrauch befindlichen Instrumente stets richtig erhalten.
(2) Insbesondere ist der Landmesser verpflichtet seine Stahlband-
maasse und Messlatten nach der Neuanschaffung, nach einer jeden
Reparatur und im übrigen in jedem Vierteljahr, in dem die Mess Werk-
zeuge gebraucht werden, mindestens einmal nach Kormalm aassen mit
der nöthigen Genauigkeit und Sorgfalt zu prüfen.
(3) Die Normalmaasse müssen mindestens die Genauigkeit von Ge-
brauchsnormalen im Sinne des § 51 der Aichordnung vom 16. Juli 1869
(Beilage zu Nr. 32 des Bundesgesetzblattes fUr 1869) besitzen und ah
solche in Gemässheit des ersten Nachtrages vom 25. März 1878 (Central-
blatt für das Deutsche Reich 1878 Seite 205) mit einem dazu gehörigen
Beglaubigungsschein versehen sein. Es sind thunlichst nur solche Nor-
malmaasse zu verwenden, welche bei 15^ Celsius ihre richtige Länge
! haben.
Entwurf zur Landmesser- Ordnung. 4^1
(4) Bei der Prüfung naeh den Normalmaassen dürfen unter Be-
rücksichtigung der durch die Wärme eintretenden Abweichungen die
zum Messen dienenden Maasse und zwar:
a. die Stahlbandmaasse von 20 ^ Länge um höchstens 3,5 "^
c. „ Messlatten „ 5 ^ „ ^ „ 1,6 „
"•W 7) r> ^ 7) 7) 7) 71 ^1*' n
^•7) 7) 7) ^ 7) 7) 71 7) ^»l 7)
von den mit den Normalmaassen bestimmten Längen abweichen.
(5) Bei der exacten Aufnahme von Eigenthumsgrenzen und bei
ähnlichen genauen Messungen dürfen der Messtisch, die Bussole und
die Gliederkette nicht verwendet werden.
Annahme und Ausführung von Arbeiten.
§ 8. (1) Der Landmesser ist verpflichtet die ihm ertheilten Aufträge
fortlaufend in ein besonderes Buch (Auftragsbuch) einzutragen unter
dem Datum des Tages der Auftragsertheilung. In der Eintragung muss
die auszuführende Arbeit und der Zweck der Arbeit genau bezeichnet
werden. Schriftstücke, die sich auf den ertheilten Auftrag beziehen,
sind in der Eintragung anzuführen.
(2) Die Durclistreicbung und Aenderung von Eintragungen in das
Auftragsbuch ist nicht zulässig. Vielmehr ist, wenn ein Auftrag ge-
ändert wird, die Aenderung wie ein neuer Auftrag einzutragen und an
der Stelle, wo der abgeänderte Auftrag eingetragen ist, nur ein Hinweis
auf die spätere Aenderung zu machen.
(8) Wenn der Auftrag seitens des Auftraggebers nicht schriftlich
ertheilt und in dem Auftrage die auszuführende Arbeit und der Zweck
der Arbeit nicht genau bezeichnet worden ist, so hat der Landmesser
dem Auftraggeber Kenntniss von seiner Eintragung in das Auftragsbuch
zu geben entweder dadurch, dass er seine Eintragung dem Auftrag-
geber vorlegt und von demselben unterschreiben lässt, oder indem er
dem Auftraggeber eine Abschrift seiner Eintragung zustellt.
(4) Wenn ein Landmesser mit einer grösseren Vermessungsarbeit
beauftragt wird, deren Ergebnisse zur weitergehenden öffentlichen Be-
natzung geeignet sind, so hat er hiervon der Königlichen Regierung
(in Berlin dem Polizeipräsidium), in deren Bezirk die Arbeit ausgeführt
wird, Anzeige zu machen, falls der Auftraggeber damit einverstanden
ist^ dass diese Anzeige gemacht wird.
§ 9. (1) Der Landmesser ist für die sachgemässe und sorgfältige Aus-
führung aller von ihm gelieferten Arbeiten verantwortlich. Insbesondere
ist er verpflichtet, bei jeder Arbeit ein geeignetes Verfahren einzuschlagen,
sich passender Instrumente zu bedienen, und sich durch sachgemässe
Messungs- und Rechenproben der Richtigkeit seiner Arbeiten zu versichern.
42S Entwurf zur Landmesser -Ordnung.
(2) Alle Ermittelungen von Thatsachen und Angaben, die durch
die Art des Auftrages bedingt sind, wie z. B. die Ermittelung von
Grenzen, Namen der Besitzer von Orundstücken; Hochwasserständen
u. s. w. müssen mit der grössten Sorgfalt bewirkt werden. Dass und
wie dies geschehen ist, muss durch ausführliche und gegebenenfalls von
den Oruudeigenthümern, deren Bevollmächtigten oder von den Personen,
die sonst Auskunft ertheilt haben, mitzuvollziehende Verhandlungen und
Erläuterungen dargethan werden. Der Landmesser ist für die richtige
Aufnahme und Darstellung der ihm gemachten Angaben in gleicher
Weise verantwortlich wie für alle seine übrigen Arbeiten.
§ 10. Alle trigonometrischen Punkte, die Polygonpunkte, die
Schnittpunkte von Messungslinien, insoweit es die klare Bezeichnung
des Zusammenhangs des Messungsliniennetzes in sich und des Messnngs-
liniennetzes in den Feldbüchern, Karten, Berechnungsheften u. s. w.
erfordert, die Knotenpunkte und Festpunkte der Nivellements sind
zu numeriren und in allen Karten, Plänen, Feldbüchern, Registern,
Handrissen, Tabellen u. s. w. mit diesen Nummern zu bezeichnen, so
dass überall der Zusammenhang zwischen den einzelnen Stücken des
Vermessungswerkes ohne Weiteres zu erkennen ist.
§ 11. (1) Die Messungsergebnisse sind sofort im Felde in Feld-
bücher, Register, Handrisse, Tabellen u. s. w. von gutem festen Papier
deutlich und übersichtlich mit guter schwarzer Tinte oder hartem Blei-
stift derart einzutragen, dass jeder Sachverständige im Stande ist,
dieselben in entsprechender Weise weiter zu verwerthen. Die Führung
loser Blätter neben dem Feldbnche u. s. w. ist nicht zulässig.
(2) Berichtigungen der Messungsergebnisse dürfen nur auf Ornnd sorg-
fältiger Nachmessungen ausgeführt werden. Die Ergebnisse der Nach-
messungen sind getrennt von den ursprünglichen Messungsergebnissen
in gleicher Weise aufzuschreiben, wie alle sonstigen Messungsergebnisse
und zwar je nach dem Umfange am Rande des Originalfeldbuches oder
in einem besonderen Feldbuche. Alle Berichtigungen und Nachträge
müssen sich deutlich von den übrigen Eintragungen unterscheiden und
durch eine besondere Bemerkung als Berichtigungen oder Nachträge
bezeichnet werden, wobei gleichzeitig darauf hingewiesen werden muss,
wo die Nachmessungsergebnisse, auf Orund deren die Berichtigungen
oder Nachträge erfolgt sind, zu finden sind. In Wegfall kommende An-
gaben dürfen nur dergestalt als ungültig bezeichnet werden, dass sie
deutlich erkennbar bleiben. Das Radiren von Zahlen und sonstigen
Eintragungen ist unbedingt verboten.
(3) In den Feldbüchem u. s. w. müssen die im Felde durch
unmittelbare Messungen gefundenen Maasse als solche deutlich erkannt
werden können. Werden in die Feldbücher auch noch andere Maass-
angaben eingetragen, die durch Berechnung oder Abgreifen von einer
Karte gewonnen oder aus anderen Messungen entnommen sind, so müssen
Entwarf zur Landmesser -Ordnung. 423
diese in einer Weise deutlich erkennbar dargestellt werden^ dass deren
Verwechselung mit den durch die ausgeführte Messung im Felde un-
mittelbar gefundenen Maassen unter allen Umständen ausgeschlossen ist.
Durch eingetragene Bemerkungen muss klargestellt werden, woher diese
Maasse entnommen sind.
(4) In die Feldbücher, Register, Handrisse, Tabellen u. s. w., die
die Messungsergebnisse enthalten, muss das Datum der Tage, an welchen
die Aufnahmen bewirkt sind, sofort an jenem Tage im Felde eingetragen
werden. Femer muss angegeben werden, wer die Aufnahme ausgeführt,
wer das Feldbuch u. s. w. geführt hat, und welche Instrumente ver-
wendet worden sind. In den Winkelbüchern muss ausserdem die kleinste
am Instrument ablesbare Winkelgrösse angegeben werden.
§ 12. Alle Rechnungen müssen so klar und übersichtlich geordnet
und mit Bezeichnungen der in den Rechnungen vorkommenden Grössen
versehen werden, dass jeder Sachverständige ohne weiteres erkennen
kann, wie die Rechnungen durchgeführt sind, und dass jeder Sach-
verständige von allen Rechnungsergebnissen weiteren Gebrauch machen
kann. Bei den in die Rechnung eingeführten Grössen ist anzugeben,
woher sie entnommen sind. Ferner sind auf allen Rechenheften die
Zeit der Ausführung der Rechnungen, die bei den Rechnungen etwa
benutzten Instrumente u. s. w. und der Name des Rechners anzugeben.
§ 13. In den auf Grund einer Vermessung hergestellten ürkarten
müssen die trigonometrischen und Polygonpunkte mit ihren Nummern,
die Schnittpunkte der einzelnen Messungslinien ebenfalls mit ihren
Nummern, die Messungslinien selbst, sowie wenn die Auftragung nach
rechtwinkeligen Coordinaten erfolgt ist, die Punkte und Linien des
Quadratnetzes mit den zugehörigen Coordinatenzahlen deutlich erkennbar
dargestellt werden. Die Stichpunkte für Brech- und Schnittpunkte der
sonstigen Messungslinien, sowie für die nach Maass abgesetzten Punkte der
in der Karte dargestellten Linien und Signaturen dürfen in der ürkarte
nicht mit Tusche bedeckt, oder in anderer Weise unkenntlich gemacht
werden. Dasselbe gilt sinngemäss von allen Nivellementsplänen. Auf
allen Karten muss angegeben werden, wie und auf Grund welchen
Materials, mit Hülfe welcher Instrumente, wann und von wem sie an-
gefertigt sind.
§ 14. Die Zeichnung von Karten und die Führung von Rissen
u. s. w. muss nach den Bestimmungen über die Anwendung gleich-
massiger Signaturen für topographische und geometrische Karten, Pläne
und Risse erfolgen, die durch Beschluss des Gentraldirectoriums der
Vermessungen im preussischen Staate vom 20. December 1879 und die
seitdem ergangenen imd etwa noch ergehenden Beschlüsse festgestellt
sind und werden. Nur wenn der vorliegende Auftrag dies zweifellos
bedingt^ darf eine andere Darstellung in den Karten, Plänen, Rissen
u. 8. w. gewählt werden.
424 Entwurf zur Landmesser- Ordnung.
§ 15. (1) Die Vermessungen sind an vorhandene oder neu zu
setzende oder dauerhaft zu vermarkende Festpunkte anzusehliessen,
soweit dies zur Sicherung der Messungsergebnisse nöthig ist und ohne
unverhältnissmässigen Arbeits- und Kostenaufwand geschehen kann.
Die Lage der Festpunkte und ihre Bezeichnung im Felde ist in den
Vermessungsschriften genau zu bezeichnen.
Soweit dies thunlich ist; sind die Festpunkte durch einfache
Messungen von anderen geeigneten Punkten derart festzulegen^ dass sie
hiernach mit Sicherheit wieder hergestellt werden können. Für wichtige
Höhenpunkte wie z. B. für Pegel, Merkpföhle für Wasserstaue, Schwellen
von Schleusen u. dergl. mehr und zwar einerlei, ob die Pegel u. s. w.
schon vorhanden oder erst anzulegen sind, müssen besondere Höhen-
festpunkte an möglichst nahen und sicheren Stellen dauerhaft vermarkt
und gegen die Pegel u. s. w. sicher einnivellirt werden.
(2) Wenn ein Landmesser bei seinen Arbeiten dauernd bezeichnete Fest-
punkte gebraucht, so darf er die zur Bezeichnung der Festpunkte dienenden
Marken unter keinen Umständen verändern oder zerstören. Findet er
Marken von Festpunkten vor, die unsicher oder sonst ungeeignet ge-
worden sind, ihren Zweck zu erfüllen, so hat er den Befund an die
Behörde zu berichten, die die Marken gesetzt hat.
§ 16. (1) Specielle Horizontal- Aufnahmen, die öffentlichen Zwecken
dienen sollen, deren Ergebnisse also beispielsweise in das Kataster- oder
Grundbuch übernommen werden sollen, sind an die trigonometrische
Landesvermessung anzuschliessen, insoweit dieses in den durch Beschluss
des Centraldirectoriums der Vermessungen im Preussischen Staate vom
29. December 1879 hierfür festgestellten Bestimmungen für alle im Auf-
trage von Staatsbehörden ausgeführten Vermessungen verlangt wird.
Im übrigen sind alle solche Arbeiten nach den dafür seitens der
Kataster- Verwaltung erlassenen Vorschriften auszuführen.
(2) Insbesondere sind dabei die Fehlergrenzen innezuhalten, die in
der Kataster-Anweisung VIII vom 25. October 1881 für das Verfahren
bei Erneuerung der Karten und Bücher des Grundsteuer-Katasters und
in der Kataster- Anweisung IX vom 25. October 1881 für die trigono-
metrischen Arbeiten bei der Erneuerung der Karten und Bücher des
Grundsteuer-Katasters festgesetzt sind. Wenn es sich aber bei Grund-
stücken von höherem Werth um die Festsetzung des Verkaufs werthes
oder des Kaufpreises handelt, sind die Fehlergrenzen in einem dem
Werthe des Grundstückes entsprechenden Umfange enger zu ziehen.
§ 17. (1) Die Nivellements sind in der Regel auf Normal-Nall
(N. N.) zu beziehen. Jedenfalls sind sie aufN. N. zu beziehen, insoweit
dies für alle im Auftrage oder unter Leitung einer Staats- oder Com*
munalbehörde neu auszuführenden Nivellements in den durch BeschhBS
des Centraldirectoriums der Vermessungen im preussischen Staate vom
Entwurf zur Landmesser -Ordnung. 425
12. Januar 1895 festgesetzten Bestimmnngen über den Anschluss der
Nivellements an den Preussischen Landeshorizont bestimmt ist, es sei
denn^ dass die Art der Arbeit ein Anderes zweifellos bedingt.
(2) Die Abweichungen zwischen zwei durch einfaches geometrisches
Nivellement erlangte Höhenbestimmungen zweier scharf bezeichneten
Punkte kann 5 Millimeter und darf höchstens bei Nivellements
L Ordnung 25 }/ L bei Nivellements II. Ordnung 40 |/ L Milli-
meter betragen und dementsprechend darf der mittlere Fehler eines ein-
fachen geometrischen Nivellements:
bei Nivellements L Ordnung nicht grösser als 5 \/ L
bei Nivellements II. Ordnung nicht grösser als 9 |/ L Millimeter
sein, worin L die Länge der Strecke zwischen den beiden einnivellirten
Punkten in Kilometern bezeichnet. Welche der beiden Fehlergrenzen
anzuwenden ist und ob nicht noch grössere Fehler zugelassen werden
können, ist nach dem Zweck der Arbeit und nach den vorliegenden
sonstigen Verhältnissen zu entscheiden.
Ablieferung und Aufbewahrung der Vermessungswerke.
§ 18. (1) Insoweit es nicht durch den Zweck der Arbeit bedingt
wird, oder insoweit es nicht von dem Auftraggeber verlangt wird, dass
die Urschrift der Feldbücher u. s. w. und die Urkarten von dem Land-
messer abgeliefert werden, kann der Landmesser diese Vermessungs-
werke behalten. Wenn er von dieser ErUubniss Gebraueh macht und
diese Vermessungswerke nicht an den Auftraggeber abliefert, so ist
er verpflichtet dieselben geordnet aufzubewahren und dem Auftraggeber
jederzeit Abschrift derselben gegen Bezahlung zu liefern.
(2) Wenn der Landmesser die Urschriften der Feldbttcher u. s. w.
und die Urkarten an den Auftraggeber abliefert, ist er berechtigt, für
seinen Gebrauch eine Copie davon zurückzubehalten.
Persönliche Thätigkeit des Landmessers, Stellvertretung und Beschäftigung
von Geholfen.
§ 19. (1) Bei allen Vermessungen, die öffentlichen Zwecken
dienen sollen, die also besondere Glaubwürdigkeit haben müssen, muss
die persönliche Thätigkeit des Landmessers eine derartige sein, dass
alle maassgebenden Thatsachen von ihm selbst ermittelt werden. Hierzu
gehört mindestens die Verhandlung mit den Betheiligten und die Er-
mittelang aller grundlegenden Maasse, die für die Erfüllung des Zweckes
der Vermessung erforderlich sind^ sowie die glaubwürdige ordnungs-
mässige Beurkundung der Verhandlung einschliesslich der Darstellung
der unmittelbaren Messungsergebnisse in den Feldbüchern, Registern,
Handrissen, Tabellen u. s. w. Hierdurch ist nicht ausgeschlossen^ dass
der Landmesser bei den Messungen Gehülfen und Arbeiter zur Hand>
habting der Messinstrumente und zu anderen Nebenleistungen heranzieht.
426 Entwurf zur Landmesser -Ordnung.
(2) Der Landmesser kann sich durch einen anderen öffentlich an-
gestellten Regiernngslandmesser vertreten lassen.
(3) Bei der weiteren Bearbeitung der urkundlichen, grundlegenden
Ergebnisse, wie z. B. bei der Kartirung und den verschiedenen Be-
rechnungen, kann der Landmesser in solchem Umfange Oehttlfen be-
schäftigen, als er sich an der Hand der gegebenen Unterlagen die
persönliche Ueberzeugung von der Richtigkeit der Arbeiten seiner Ge-
hülfen verschaffen kann und auch thatsächlich verschafft. Der Landmesser
ist für die richtige und sachgemässe Ausführung der Arbeiten seiner
Gehülfen in gleicher Weise verantwortlich, wie für seine eigenen Arbeiten.
III. Revision der Landmesserarbeiten.
Revisoren.
§ 20. (1) Zur Revision der Landmesserarbeiten werden in jedem
Regierungsbezirke ein oder mehrere Vermessungsrevisoren aus der Zahl
der öffentlich angestellten Regierungslandmesser ernannt.
(2) Die Revisoren sind für die Richtigkeit und sachgemässe Ausführung
der von ihnen vorgenommenen Revisionen verantwortlich.
Revisionen.
§ 21. (1) Die von einem öffentlich angestellten Landmesser ausge-
führten Arbeiten müssen einer Revision unterworfen werden, wenn dies
von irgend Jemand verlangt wird, der bei der Richtigkeit der betreffenden
Arbeiten erweislich ein Interesse hat, und wenn von dem Antragsteller
für die Revisionskosten genügende Sicherheit geleistet wird.
Für die Revision der dem Grundsteuerkataster zu Orunde liegenden
Vermessungsarbeiten sind die bestehenden besonderen Vorschriften allein
maassgebend nnd die vorstehenden Vorschriften finden auf diese Arbeiten
keine Anwendung.
(2) Die Anträge auf Revision von Vermessungsarbeiten sind in Aus-
einandersetzungsangelegenheiten bei der Auseinandersetzungsbehörde, in
allen anderen Fällen bei der Königlichen Regierung (in Berlin beim
Polizeipräsidium) anzubringen, in deren Bezirk die Vermessung ausgeführt
st. Die Behörde, bei der der Antrag gestellt ist, hat zu bestimmen^
ob demselben Folge gegeben werden soll und hat hiernach einem Ver-
messungsrevisor den Auftrag zur Ausführung der Revision zu ertheilen
oder den Antragsteller abzuweisen.
Zuziehung des Landmessers.
§ 22. (1) Der Vermessungsrevisor muss dem Landmesser, dessen
Arbeit einer Revision unterworfen werden soll, in der Regel mindestens
14 Tage vorher mittheilen, wann die Revision stattfinden soll, und ihn
auffordern, derselben beizuwohnen, oder sich vertreten zu lassen. Die
Revision findet zur festgesetzten Zeit statt, ohne Rücksicht darauf, ob
der Landmesser der an ihn ergangenen Aufforderung gefolgt ist oder nicht.
Entwurf zar Landmesser - Ordnung. 427
(2) Verhandlungen, Berechnungen, Karten, überhaupt alle Gegen-
stände, welche zur Ausführung der Revision nöthig sind und sich in den
Händen des Landmessers befinden, müssen dem Yermessungsrevisor aus-
gehändigt werden. Wird einem solchen Verlangen nicht entsprochen,
so hat der Landmesser die hierdurch verursachten Mehrkosten der Re-
vision zu. tragen.
Revisionsverhandlung.
§ 23. Die Ergebnisse der Revision sind in einer Verhandlung
ausführlich darzulegen, die der Landmesser oder sein Vertreter mit zu
unterzeichnen hat, falls der eine oder der andere der Revision beigewohn that.
Einwendungen gegen den Inhalt oder die Passung der Verhandlung
mttsssen auf Antrag des Landmessers oder seines Vertreters in die
Verhandlung mit aufgenommen werden.
Der Verhandlung sind alle Feldbücher, Berechnungen, Zeichnungen
u. s. w., die bei der Ausführung der Revision entstanden sind, beizu-
fttgen. Die gemessenen Revisionslinien sind in die Urkarten einzuzeichnen.
Revisionsgutachten.
§ 24. (1) Behufs Entscheidung über Arbeiten, deren Revision seitens
eines Interessenten beantragt worden ist, können dem Vermessungsrevisor
zwei als Regierungslandmesser öffentlich angestellte Sachverständige
beigeordnet werden, von denen einer von dem Interessenten, der die
Revision beantragt hat, der andere von dem Landmesser, dessen Arbeiten
zu revidiren sind, bestimmt werden kann.
(2) Die aus dem Vermessungsrevisor und den ihm beigegebenen
Sachverständigen gebildete Commission entscheidet auf Grund des vom
Vermessungsrevisor ermittelten Thatbestandes darüber, ob die Arbeit
geeignet ist, den Zweck zu erfüllen, wozu der Auftraggeber sie verlangt
hat. Die Entscheidung der Commission sammt der ausführlichen Be-
gründung sind der Behörde, die doi Auftrag zur Revision ertheilt hat,
schriftlich einzureichen.
(3) Wird die Arbeit ungenügend befunden, so hat die Commission
in ihrem Gutachten ferner darzulegen, wie weit die Arbeit noch brauchbar
ist, und ob es zweckmässig erscheint, die nothwendige Berichtigung
oder die Neuausftthrung der Arbeit durch den Landmesser, welcher sie
ausgeführt hat, oder durch einen anderen Landmesser bewirken zu lassen.
§ 25. (1) Wird die Arbeit als geeignet erachtet, den Zweck zu
erfüllen, wozu der Auftraggeber sie verlangt hat, so fallen die Kosten
der Revision demjenigen zur Last, welcher diese beantragt hat, im an-
deren Falle dem Landmesser, welcher die Arbeit ausgeführt hat. Zu
den Kosten der Revision gehören auch die dem Landmesser oder seinem
Stellvertreter fUr die Theilnahme an der Revision zu zahlenden Beträge.
(2) Die Kosten der Berichtigung oder Neuausführung ungenügender
Arbeiten fallen dem Landmesser zur Last, welcher die ungenügende
Arbeit ausgeführt hat.
428 Entwurf zur Landmesser- Ordnung.
Revisionsbescheid.
§ 26. Die Behörde, bei der der Antrag auf Revision gestellt ist,
ertheilt dem Antragsteller und dem Landmesser aufOrund der Outachten
der Commission Bescheid über das Ergebniss der Revision und verfügt
das Erforderliche bezüglich der Revisionskosten, sowie der Berichtigung
oder Neuausführung der ungenügend befundenen Arbeiten.
Berufung gegen den Revisionsbescherd.
§ 27. (1) Gegen die in einer Revisionssaehe ergangenen Bescheide
oder Verfügungen kann innerhalb einer in jedem Falle zu bestimmenden
Frist Berufung eingelegt werden und zwar wenn letztere von einer
Auseinandersetzungsbehörde erlassen worden sind, beim Ministerium fiir
Landwirthschaft, Domänen und Forsten, in allen übrigen Fällen beim
Finanzministerium,
(2) Behufs Entscheidung über die Berufung wird vom Ministerium
eine Commission von mindestens drei als Landmesser öffentlich ange-
stellten Sachverständigen bestellt.
(3) Diese Commission trifft ihre Entscheidung auf Grund des vor-
handenen Materials, sowie etwa von ihr nöthig befundener weiteren
Ermittelungen und legt ihre Entscheidung sammt der ausführlichen Be-
gründung dem Ministerium in einem schriftlichen Gutachten vor.
(4) Auf Grund dieses Gutachtens ertheilt das Ministerium den end-
gültigen Bescheid über die erhobenen Einwendungen und bestimmt über
alle weiteren Fragen in der Sache, besonders auch über die Festsetzung
und Vertheilung der Koston.
Gegen diese Entscheidung findet keine weitere Berufung statt.
Verfahren im Fall von Zweifeln Ober die Zuverlässigkeit oder Befähigung
von Landmessern.
§ 28. Werden bei der Revision die Arbeiten eines öffentlich an-
gestellten Landmessers in grösserem Umfange so unrichtig und mangelhaft
befunden, dass betreffs der Zuverlässigkeit oder der Befähigung desselben
Zweifel entstehen, so sind die Arbeiten und die darüber erwachsenen
Verhandlungen durch die betreffende Regierung dem Finanzminister
vorzulegen, zur Beschlussfassung darüber, ob das Verfahren wegen
Zurücknahme der Bestallung einzuleiten ist.
IV. Bezahlung der Landmesserarbeiten.
§ 29. Die nach Veröffentlichung dieser Ordnung ausgeführten
Landmesserarbeiten werden nach den folgenden Bestimmungen (§§ 30
bis 35) bezahlt, falls nicht vor Ausführung der Arbeiten mit dem
Auftraggeber eine andere Bezahlung schriftlich vereinbart ist.
§ 30. (1) Für jede Arbeit erhält der Landmesser ein einmaliges
Pauschquantüm von 5 Mark.
Entwurf zur Landmesser -Ordnung. 429
(2) Ausserdem erhält der Landmesser für jeden Arbeitstag und
für jeden Reisetag^ ohne Unterschied^ ob an dem letzteren auch
gearbeitet worden ist oder nicht^ Tagegelder und zwar:
a. für Feldarbeit und für die Heise 20 Mark^
b. für Hausarbeit 15 Mark.
(3) Diese Tagegelder können auch liquidirt werden:
a. für die zwischen die Arbeitstage fallenden Tage, an denen die
Witterung daa Arbeiten im Felde verhindert,
b. wenn die Arbeit über eine Woche dauert^ für die zwischen den
Arbeitstagen liegenden Sonn- und Festtage.
(4) Bei Bezahlung nach Tagegeldern wird eine Arbeitszeit von
durchschnittlich 8 Stunden auf jeden Arbeitstag angenommen. Neben
den Tagegeldern (für die volle Zahl der anzurechnenden Kalendertage)
darf keine Bezahlung für Ueberstunden gefordert werden, sofern solche
nicht in einzelnen Fällen durch besondere schriftliche Vereinbarung
zugesichert worden ist.
§ 31. Ausser den Tagegeldern erhält der Landmesser für jeden
Kalendertag; den er im Interesse der Arbeiten ganz oder theilweise in
mehr als 2 Kilometer Entfernung von seinem Oeschäftslocal hat
zubringen müssen, Zehmngsgelder und zwar von 4,50 Mark bei eintägiger
Abwesenheit, von 6 Mark bei mehrtägiger Abwesenheit.
Reisekosten.
§ 32. Der Landmesser erhält ferner fUr Reisen, die er zwecks
Ausführung seiner Arbeiten ausfuhren muss, wenn der Reiseweg grösser
als 2 Kilometer vom Oeschäftslocal aus ist:
a. bei Reisen auf Eisenbahnen oder auf Dampfschiffen für das Kilo-
meter 13 Pfennige und ausserdem für jeden Zu- und Abgang nach
und von der Eisenbahn oder dem Dampfschiffe zusammen 3 Mark,
b. bei Reisen, die nicht auf Eisenbahnen oder auf Dampfschiffen
zurückgelegt werden können, für das Kilometer 50 Pfennige,
mindestens aber je 3 M. für die Hinreise und für die Rückreise.
Bezahlung von GehOlfenarbeiten.
§ 33. Der Landmesser kann für die unter seiner vollen Ver-
antwortlichkeit von Vermessungsgehölfen venichteten Arbeiten einen der
Leistungsfähigkeit des Gehülfen entsprechenden Theil der vorstehenden
Sätze liquidiren.
Auslagen.
§ 34. (1) Wenn dem Landmesser die zu den Arbeiten auf dem
!Felde erforderlichen brauchbaren und geübten Handarbeiter nicht gestellt
^werden, so kann er dieselben für Rechnung der Interessenten in der
nothwendigen Zahl annehmen und ihnen einen angemessenen Tagelohn
t3ewilligen. Der Betrag bierfür ist dem Landmesser zurückzuerstatten.
430 Entwurf zur Landmesser- Ordnung.
Ferner werden dem Landmesser die Anschaffungskosten der lu den
Vermessungen und Nivellements erforderlichen Pfähle, sowie die sonstigen
baaren Auslagen fttr Kahnmiethe, Botengänge u. s. w. insofern die
Betheiligten die Naturallieferungen und Leistungen ablehnen, gegen
quittirte Beläge vergütet.
(2) Für das zu den Karten und Zeichnungen zu verwendende
Zeichenpapier, Pausleinen und Pauspapier bester Qualität, werden für
jedes Zehntel Quadratmeter 35 Pfennig, wenn dasselbe aber auf Kattau;
Leinwand oder dickerem Papier aufgezogen ist, 75 Pfennige vergütet.
Andere Auslagen für Schreib- und Zeichenmaterialien können nicht
liquidirt werden.
Revision der Liquidationen.
§ 35. Auf die Liquidationen finden die für die Revision der Land-
messerarbeiten in den §§21 bis 28 gegebenen Vorschriften insoweit
Anwendung, als über beanstandete Liquidationen ebenso entschieden
wird, wie über beanstandete Landmesserarbeiten.
Uebergangsbestimmung.
§ 36. Die nach den bisher bestehenden Feldmesserreglements
vereidigten und öffentlich angestellten Feldmesser oder Landmesser
stehen den auf Grund dieser Landmesser- Ordnung öffentlich angestellten
Regierungslandmessern gleich und sie dürfen dementsprechend auch
den Titel Regierungslandmesser führen.
Begründung.
Zu § 1. Als Vorbedingung für die öffentliche Anstellung als Land-
messer ist hier neu eingeführt eine mindestens dreijährige, auf die erste
Landmesserprüfung folgende praktische Beschäftigung mit in das Land-
messerfach einschlagenden Arbeiten und die Ablegung einer zweiten
Landmesserprttfung zur Gewährleistung dafür, dass der Landmesser sich
durch diese Beschäftigung die zur selbständigen Ausübung seines Berufs
erforderlichen praktischen Kenntnisse und Fertigkeiten erworben hat.
Zur Begründung dieser Maassregel kann auf die Ausführungen von
Walraff in seinem auf der Hauptversammlung in Bonn gehaltenen Vortrag
Bezug genommen werden, die in der Zeitschrift für Vermessungswesen
vom vorigen Jahr, Seite 504 bis 506 im Wortlaute wiedergegeben sind.
Es ist vorgeschlagen worden, für das Alter des öffentlich anzu-
stellenden Landmessers eine Minimalgrenze von 25 Jahren festzusetzen.
Ein Bedürfniss hierfür hat nicht allgemein anerkannt werden können.
Für die jetzigen Landmessercandidaten ist das Durchschnittsalter 23 Jahre,
das Minimalalter 20 Jahre, demnach würde in Zukunft für die öffentlich
angestellten Landmesser das Durchschnittsalter 26 Jahre, das Minimal-
alter 23 Jahre sein. Die Candidaten, die jetzt ihr Ziel mit 20 und
£ntwurf zur Landmesser -Ordnung. 431
21 Jahren erreichen, bilden 8 Procent, bezw. 12 Procent aller Land-
messer, und es hat kein genügender Grund dafür geltend gemacht
werden können, Riesen durch Fleiss und Begabung hervorragenden
Gandidaten es abzuschneiden, auch fernerhin entsprechend früher zur
Anstellung zu gelangen.
Zu § 2. Durch die Bestimmungen im § 1 ist es bedingt, dass die
öffentliche Anstellung als Landmesser erst nach Ablegung der zweiten
Landmesserprüfung erfolgt. Als Titel für die öffentlich angestellten
Landmesser ist ^ Regierungslandmesser '^ gewählt, entsprechend den
Titeln „Regierungsbauführer^ und „Regierungsbaumeister^, erstens weil
dieser Titel viel weniger dem Missbrauch ausgesetzt ist als der einfachere
Titel ^Landmesser^ und zweitens weil durch den langjährigen Gebrauch
der angeführten Titel für die staatlich geprüften Baubeamten auch die
Bedeutung des Titels „Regierungslandmesser" allgemein klar sein wird.
Es ist mehrfach besprochen worden, auch den Gandidaten, die die
erste Landmesserprüfung bestanden haben, bereits einen bestimmten
Titel zu geben, es ist aber keine passende Bezeichnung gefunden worden.
Zu § 3. Es sind hier die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen
und Verordnungen, wodurch die Zurücknahme der Bestallung als Land-
messer geregelt ist, angeführt, um klarzustellen, aus welchen Gründen
und wie die Zurücknahme erfolgen kann.
Zu § 4. (1) Alle öffentlich angestellten Landmesser sind, insoweit
sie Privatarbeiten ausführen, gleichmässig der Disciplin der Regierungs-
präsidenten und des Finanzministers unterworfen, dagegen, insoweit sie
sich im Dienste einer Staats- oder Gommunalverwaltung, eines öffent-
lichen Verbandes u. s. w. befinden und dienstliche Arbeiten ausführen,
der Disciplin der Verwaltung oder des Verbandes u. s. w., in deren
Dienst sie stehen. Hierdurch ist gleiches Recht für alle gewährt und
namentlich auch ausgeschlossen, dass ein Landmesser, der hauptsächlich
Privatpraxis treibt, sich dadurch der Disciplin des Regierungspräsidenten
und des Finanzministers entzieht, dass er sich bei einer Gommunalver-
waltung oder einem öffentlichen Verbände anstellen lässt, für den er
vielleicht nur wenige Tage im Jahre zu thun hat.
(2) Die Gegenstände der Aufsicht sind eng begrenzt auf die zum
ordnungsmässigen Geschäftsbetriebe nothwendigen Instrumente und auf
die ausgeführten eigentlichen Landmesserarbeiten, insoweit der Auftrag-
geber die Einsicht der Arbeiten nicht verweigert. Hiermit ist dem
öffentlichen Interesse genügt, während ein zu weitgehendes, die be-
rechtigten Interessen des Landmessers schädigendes Eindringen in seine
Geschäfte vermieden wird. Der Landmesser ist vielfach Vertrauens-
person seiner Auftraggeber und wird als solche zu Arbeiten heran-
gezogen, die nicht ins Landmesserfach einschlagen; ferner wird bei
den in das Landmesserfach einschlagenden Arbeiten vom Auftraggeber
oft die Geheimhaltung unbedingt verlangt. Die ersteren Arbeiten können
432 Entwurf zur Landmesser -Ordnung.
überhaupt nicht unter die Vorschriften einer Landmesserordnung fallen
und bei den letzteren Arbeiten ist das Verlangen des Auftraggebers
maassgebend und der Landmesser nicht berechtigt, die Arbeiten einem
Dritten vorzulegen. Wenn der Landmesser nicht für die Geheimhaltung
der ihm anvertrauten Sachen bürgen könnte^ würde er keine Vertrauens-
stellung gewinnen können und^ wenn er sie gewonnen hätte^ in jedem
Augenblick ohne sein Verschulden wieder verlieren können^ woraus ihm
eine ganz ungerechtfertigte Schädigung erwachsen könnte.
Es kommt in der Privatpraxis vor^ dass der Landmesser mit Kecbt
eine Schädigung davon erwarten musS; dass der vom Regierungspräsidenten
ernannte Revisor bei der Revision seine Arbeiten oder seine Arbeits-
weise genau kennen lernt. Für solche Fälle soll es dem Landmesser
freigestellt bleiben^ seine sachlichen Bedenken geltend zu machen und
die Ernennung eines anderen Revisors zu beantragen.
Zu §§ 5 und 6. Im § 5 sind unter Nr. 1 bis 3 die für den Landmesser
wichtigen Bestimmungen der Maass- und Gewichtsordnung für das Deutsehe
Reich vom 17. August 1868; und die durch Bundesrathsbeschluss vom
8. October 1877 festgestellten abgekürzten Zeichen für die Maasse, sowie
die Schreibregeln für diese Zeichen und die Maasszahlen mitgetheilt.
Zu §7. (1) Die Verpflichtung des Landmessers, seine Instrumente richtig
zu erhalten, kann sich nur auf die, in Gebrauch befindlichen Instrumente
erstrecken. Ausrangirt oder unbrauchbar gewordene Instrumente brauchen
nicht mehr richtig erhalten zu werden.
(2) Es ist vorgeschlagen worden, die Verpflichtung zur Revision der
Längenmesswerkzeuge nur jährlich, statt vierteljährlich eintreten zu lassen.
Dem gegenüber ist angeführt, dass gute Latten bei intensivem Gebrauch auf
Pflaster etc. schon in einem Vierteljahr verschleissen.
(3) und (4) Die Bestimmungen unter Nr. 3 uud 4 sind übernommen
aus § 23 der Anweisung vom 25. October 1881 betrefi'end die Ein-
richtung des Vermessungswesens bei Ausführung der Arbeiten behufs
Erneuerung der Karten und Bücher des Grundsteuerkatasters. Der Be-
stimmung unter Nr. 3 genügen 2 Stahlstäbe vom 1 m Länge und qua-
dratischem Querschnitt von 1 cm mit keilförmigen Enden, wie sie mit
Beglaubigungsschein von den Mechanikern zum Preise von etwa 18 Mk.
geliefert werden.
(5) Es ist vorgeschlagen worden, bei der exacten Aufnahme von
Eigenthumsgrenzen die Bussole ausnahmsweise für die Aufnahme von
Polygonzügen mit ganz kurzen Seiten zuzulassen. Hierfür ist angeführt^
dass bei Stadtvermessungen der Fall vorkommen könne, dass ein Zug
durch mehrere Zimmer gelegt werden müsse mit ganz kurzen Seiten
von 3 bis 4 Meter, dann sei wegen der Fehlerfortpflanzung nicht der
Theodolit, sondern die Bussole das bessere Instrument. Demgegenüber
ist geltend gemacht, dass, in den seltenen Fällen, wo solche Züge ge-
Enttmrf zur Latidmesger-Orchning. 433
legt werden mässten, doch in der Regel keine Bussole ztir Verfügung
stehen werde^ und dass bei der geringen Länge der zulegenden Zttge
die bessere Fehlerfortpflanzung beim Bussolenzitg gegienttber dem Theodolit-
zuge nicht wesentlich ins Gewicht falle. Somit liege k«in BedUrfniss vor^ die
Bussole zuzulassen«
Zu § 8. Sehr viele und sehr schwerwiegende Streitigkeiten entstehen
dadurch, dass der Auftrag zu einer Landmesserarbeit nicht genau festgestellt
worden ist. In Folge dessen entstehen Arbeiten, die weit über's Ziel
hinaus gehen, oder die gar nicht fttr den Zweck geeignet sind, dem sie
nach der Absicht des Auftraggebers dienen sollen, oder es wird, wenn
die Arbeiten auch dem in unbestimmter Form ertheilten Auftrage ent-
sprechen, der Kostenbetrag aber viel höher wird^ als der Auftraggeber
erwartet hat, von l^terem der Einwand gemacht, dass er das von ihm
Gesagte gar nicht so gemeint habe, wie es der Landmesser auf^efasst habe.
In allen diesen und manchen lüinlichen F&llen entstehen dann
mdstens fttr beide Theile sehr unangenehme Streitigkeiten, die oft sehr
weitläufig werden und schwer zu entscheiden sind, weil die Grundlage
für die Entscheidung — der ertheilte Auftrag — nicht sicher festgestellt
werden kann. Um diesen tJebelstand zu vermeiden, wäre es am
einfachsten, vorzuschreiben, dass in allen Fällen, wo der Auftraggeber
nicht schon einen genau präcisirten Auftrag schriftlich ertheilt hat, der
Landmesser verpflichtet sei, den Auftrag in einer von dem Auftraggeber
mitzuvollziehenden Vereinbarung genau festzustellen und dem Land-
messer jede Einrede abzuschneiden, falls er dieser Vorscluift liicht
gentigt hat, und von dem Auftraggeber seine Arbeiten ganz oder theil-
weise zurückgewiesen worden sind, oder die Bezahlung ganz oder theil-
weise verweigert wird mit der Begründung, dass die Arbeiten nicht dem
ertheilten Auftrage entsprechen. Diese Vorschrift würde aber nicht
haltbar sein, erstens weil der Auftraggeber nicht gezwungen werden
kann, die Feststellung des Auftrages mitzuvollziehen und zweitens^ weil
nach bürgerlichem Recht auch eine mündliche Verdnbarung gültig ist,
und das bürgerliche Recht auch allein darüber bestimmt, welche Ein-
wendungen in einem Processe gemacht werden können.
Deshalb ist der unter allen Umständen gangbare Mittelweg gewählt
und durch die Bestimmungen unter Nr. 1 bis 3 ein Beweismittel
geschaffen, das wohl in den meisten Fällen als vollgültig anerkannt
werden wird und das geeignet erscheint, den grössten Theil der jetzt
entstehenden Streitigkeiten nicht erst aufkommen zu lassen. Dem
Landmesser ist hierin als dem durch seine Sachkenntniss Ueberlegenen
wohl mit vollem Recht die Verpflichtung auferlegt, für die genaue
schriftliche Feststellung des Auftrages Sorge zu tragen. Kommt er
dieser Verpflichtung nicht nach^ so handelt er damit gegen sein eigenes
Interesse, indem er es unterlässt, sich ein im Streitfalle schwerwiegendes
Beweismittel zu sichern. Die dem Landmesser aus den getroffenen
Zeitschrift für Vermessungswesen 1896. Heft 14. 28
434 Entwurf zur Landmesser -Ordnung.
Bestimmongen erwachsende Belästigung wird sich auf ein geringes
Maass reduciren lassen durch Benutzung eines zweckmässig eingerichteten
Buches und geeigneter Formulare.
Die unter Nr. 4 festgestellte Verpflichtung des Landmessers zur
Anzeige grösserer zur öffentlichen Benutzung geeigneter Arbeiten ist
aufgenommen^ um es der Regierung zu ermöglichen^ solche Aroeiten
eines Landmessers der öffentlichen Benutzung zuzuführen; aei es durch
Uebemahme ins Grundsteuer-Kataster oder in irgend einer andern Weise.
Die Bedingungen^ unter welchen dies geschehen kann^ werden in
jedem Falle mit dem Auftraggeber zu vereinbaren sein und ebenso wird
die Anzeige durch den Landmesser auch nur dann erfolgen dürfen, wenn
der Auftraggeber damit einverstanden ist, weil der Auftraggeber ein
wesentliches Interesse daran haben kann, dass die Anzeige nicht erfolgt
und er mit vollem Recht verlangen kann, dass dies Interesse gewahrt wird.
Zu §§ 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16 und 17. In diesen
Paragraphen sind die allgemeinen Vorschriften gegeben, die bei der
Ausführung von Vermessungen zu beachten sind. Zur Begründung dieser
Vorschriften braucht wohl kaum etwas gesagt zu werden.
Nur zum § 17 sei bemerkt, dass vielfach hin und her erwogen ist,
ob und event, welche Fehlergrenzen für Nivellements festzustellen seien.
Es mnsste anerkannt werden, dass die Nivellements so verschiedenen,
nicht in bestimmte Gruppen eintheilbaren Zwecken dienen müssen, dass
keine festen Vorschriften dafür gegeben werden können, welche Fehler-
grenzen in jedem einzelnen Falle innezuhalten sind. Dennoch erschien
es nothwendig, einen Anhalt für die Fehlergrenzen zu geben, deren
Innehaltung bei den besseren Streckennivellements mit Recht gefordert
werden darf, weil hierüber vielfach ganz unrichtige Anschauangen
herrschen. Die einzige officielle Bestimmung, die wir in den Be-
stimmungen des Centraldirectoriums der Vermessungen im Preussischen
Staate vom 12. Januar 1895 über den Anschluss der Nivellements an
den Preussischen Landeshorizont haben, lautet: „Ein Nivellement gilt
als gut, wenn der mittlere Fehler nicht mehr als 3 ™™ auf 1 ^ Länge
und noch als brauchbar, wenn derselbe nicht mehr als 5 ™™ auf 1 ^
beträgt.^ Diese Bestimmung für Nivellements, die eine Erweiterung der
Präcisionsnivellements der Landesaufnahme bilden sollen, ist nicht ge-
eignet, einen Anhalt für die Fehlergrenzen der praktischen Zwecken
dienenden Nivellements zu geben, und sie hat zur Folge gehabt, dass
viele Nivellements, die lediglich praktischen Zwecken dienen sollen, mit
übertriebener Genauigkeit und viel zu hohem Kostenaufwand ausgefUhrt
worden sind.
Die obige Vorschrift könnte für Nivellements, die die Grundlage
für die Projeotirung und Ausführung von technischen Anlagen aller Art,
Ent- und Bewässerungen, Drainagen, Canalisirung, Wasserleitungen,
Wasserbauten, Eisenbahn-, Canal- und Strassenbauten, Deichanlagen, £rd-
Entwurf zur Landmesser -Ordnung. 435
massenbereclmaBgen^ Constatirang Yon Bodensenkangen sor BegrUndang
von Entsch&digangsansprüchen n. s. w. dienen sollen, ganz gat lauten:
^Ein Nivellement gilt als sehr gut, wenn dw mittlere Fehler
nicht mehr als 5 mm auf 1 km Länge, als gut, wenn derselbe niefat
mehr als 9 mm auf 1 km beträgt und noch als brauchbar für viele
Zwecke,' wenn der mittlere Fehler noch ttfoer 9 mm auf 1 km hinausgeht."
Um ein Nivellement auch unter schwierigen Verhältnissen mit einem
mittleren Fehler von 5 mm auf .1 km Länge ausfuhren zu können,
müssen schon sehr gut getheilte Centimeterlatten und ein gutes Nivellir-
Instrument von mittlerer 6r(tose gebraucht werden und dürfen keine
Pfähle oder Steine als Wechselpunkte im durchlaufenden Streokenr
nivellement benutzt werden, vielmehr die Latten auf den Wechselpunkten
stets auf Unterlagplatten geeigneter Art aufgesetvt werden. Mit den
vielfach im Gebrauch befindlichen weniger guten Nivellirapparaten und
bei den gewöhnlichen Nivellirverfahren gehen die mittleren Fehler weit
über 5 mm hinaus. Ein Bedürfniss, einen noch kleineren Fehler als
5 mm für bestimmte Fälle festzusetzen, liegt nicht vor, denn die Fälle,
wo thatsächlich eine noch grössere Genauigkeit nothwendig ist, kommen
sehr selten vor und sind dann fast immer von einer solchen Bedeutung,
dass in dem Auftrag für den Landmesser die engeren Genauigkeits-
grenzen bestimmt sein werden. Viel wichtiger als die Einengung der
Genauigkeitsgrenzen für das durchlaufende Nivellement wäre es, Vorsorge
zu treffen, dass beim NiveUement die gröberen Centimeter-, Decimeter-,
Halbmeter- und Meterfehler möglichst ausgeschlossen werden, dadurch
dass ähnlich, wie es bei der Horizontalwinkelmessung längst allgemein
gebräuchlich ist, auch für jeden Höhepunkt mindestens zwei Ablesungen
gemacht werden, sei es dadurch, dass die Theilung der Latte zwei
Bezifferungen erhält und nach beiden Bezifferungen abgelesen wird, oder
dass die Latte auf ihren beiden Seiten zwei gegeneinander verschobene
Theilungen erhält und dass an beiden Theilungen abgelesen wird.
Die so oft von Nivelleuren aufgestellte Behauptung: „Ich verlese mich
nie^ würde nicht mehr aufgestellt werden, sobald jeder verpflichtet
würde, die nöthige Controle für seine Ablesung beizubringen. Es ist
aber davon abgesehen, eine entsprechende Vorschrift aufzunehmen, weil
eine solche Specialvorschrift auch für die Winkelmessungen nicht gegeben
ist und es wohl der Entwicklung der Vermessungskunde anheimgegeben
werden kann, das Nivellirverfahren entsprechend auszubilden.
Dem mittleren Fehler m eines Nivellements für 1 ^^ Länge, ent-
spricht die mittlere Differenz d = m V2 = 1,4 m zwischen zwei Ni-
vellements einer Strecke von 1 ^°^ Länge und die höchste zulässige Differenz
D z=s 3 d = 4,2 m bis D = 3,5 d = 4,9 m zwischen zwei Nivellements
einer Strecke von 1 ^™ Länge. Somit entsprechen dem mittleren Fehler m
= ± 5 °^™ und m = db 9 °*™ die höchstens zulässigen Differenzen
D = ± 22,5 "»«^ bis db 24,5 "°^ und 2) = i 37,8 °^°^ bis 44,1 °^,
wonach D = db 25 °*°" und D = db 40 ™™ vorgeschlagen ist.
28*
436 HelLmich. Ueber die Absteckang von Breobpunkten in Wegen and
Ztt §§ 18 bis 28. Eine besondere Begründung der in d^ §§ 18
bis 28 vorgesehenen Bestimmungen erscheint entbehrli<^^ da die Be-
stimmungen wohl selbst genügend klar erkennen lassen/ aas welchen
Oründen sie aufgenommen sind.
Zu § 29. In dem Reglement für die öffentlich änxiist6ll«itden
Feldmesser vom 2. März 1871 und in den Abänderungen dieees Be-
glements vom 26. August 1885 sind nur Bestimmungen getroffeü für
die Bezahlung der im Auftrage der Staatsbehörden angefertigten
Landmesserarbeiten; für die im Auftrage von andern Behörden und von
Privatpersonen angefertigten Arbeiten fehlt es an jedem Anhalt; wenn keine
besonderen Vereinbarungen getroften sind. Es sind deshalb die in den
§§ 30 bis 35 enthaltenen Bestimmungen als gültig hingestellt dir alle
FäUC; in denen nicht vor Ausführung der Arbeiten mit dem Auftrag-
geber eine andere Bezahlung sdiriftlich vereinbart ist.
Zu § 30. In § 30 sind die Tagegeldersätze angenommen, die dem
vom Hannoverschen Landmesserverein bearbeiteten Entwurf zu einem
Oebflhrentarif für geometrische Arbeiten zu Orunde gelegt sind. Diese
8ätze sind auf S^te 233 und 234 der Zeitschrift ^r Vermessungswesenf
von 1886 näher begründet und es sei aus dieser Begründung biet* nur
Folgendes angeführt:
„Die Jahreseinnahme des Landmessers muss der Ausbildung und
dem Stande gemäss unter Berücksichtigung der Altersversorgung- cdch
auf mindestens 3600 Mk. belaufen. Das Kalenderjahr kann unter
Berücksichtigung der Sonn- und Festtage und der Witterungsverhältnisse
nur zu 240 Arbeitstagen gerechnet werden. Dies gilt auch für die
häusliche Arbeit, weil während des Winterhalbjahres alle Zeichenarbeit
durch die Kürze der Tagesdauer ganz erheblich behind^^rt ist.^
Zu §§ 31 und 32. Um die vielen Differenzen zu vermeiden; die
bei Berechnung des Reiseweges nach den sonst bestehenden Yorsdiriften
vorkommen/ ist als Punkt, von wo aus der Reiseweg zu rechnen ist^
das Geschäftslocal des Landmessers angenommen.
Zu §§ 33 bis 36. Auch hierzu erscheint eine besondere Be*
gründung nicht erforderlich.
Ueber die Absteckung von Brechpunkten
in Wegen und Gräben sowie sonstigen schmalen,
parallel begrenzten Parzellen.
Uebier diesen Gegenstand sind in neuerer Zeit dem S<^eiber
dieses zwei Veröffentlichungen bekannt geworden, nämlich eine in den
„Vermessungs-Nachrichten^ des Reiss'schen Verlages vom Jahre 1895 und
eine zweite im Heft 11 des vorigen Jahrganges der vorliegenden Zeit-
Graben sowie jsoaetigen i^chmaleQ, parallel begrenzten ParzeUea. 437
schrifty.aiif welche hiermit zanäclist hingewiesen sd. • Die erste idst die
Aufgäbe^, zu einem Breehpunkt dner Wegeseite den zugehörigen auf
der ander^A Wegeseite: zu fliiden^ durch vorläufige Absteckung runder
Maasse und Reduction der dadurch gefundenen Längen odar Benutzung
dei*S€lben.' zu weiteren RecbeuopierAtionen; wogegen die zweite Ver«
öffeotlioliDngdtes^erreicht durch örtliche Messung des Brechungswinkels
und Benutzung einer fOr gewisse Wegebreiten berechneten Tabelle, aus
welcher die schräge Breite entnommen und auf der mit dem Winkelmesser
aufgesuchten Haibirungslinie des Brechungswinkels abgesteckt wird.
Bereits im Herbst 1894 nun hat Verfasser ein anderes Verfahren
bei der Absteckung im Felde angewendet. Dasselbe war damals nur
für eine constante Breite brauchbar; inzwischen ist es jedoch weiter
fortgebildet worden und scheint jetzt so entwickelt und dabei leicht
handlich zu sein, dass den Collegen, welche öfters vor die oben
erwähnte Aufgabe gestellt sind, mit der Veröffentlichung dieses
Verfahrens vielleicht ein Oefallen geschieht.
Voraussetzung für dasselbe ist, dass auf Riss oder Karte die
Richtung der abzusteckenden Wege bereits feststeht. Da nach den
Vorschriften der General- Commissionen die Absteckung der Wege etc.
auf Grund von Wegeabsteckungsrissen nach voraufgegangener Projecti-
rung auf den Karten zu erfolgen hat, so ist man im Felde jederzeit
fn der Lage, diese maassstäblich genaue Darstellung zu Rathe zu ziehen.
Ist eine solche Darstellung nicht vorhanden, vielleicht weil wegen
der Schwierigkeit des Geländes das ganze Project örtlich bearbeitet
werden muss, so kann man trotzdem das nachstehend beschriebene
Verfahren anwenden, wenn man im Besitze eines Feldtisches ist, wie er
zur Führung der Stückvermessungsrisse jetzt wohl meist üblich ist und
sich dazu ein ganz einfaches Diopterlineal selbst herstellt. Dieses
Diopterlineal hat sich Verf. durch Einschlagen von zwei Nadeln in un-
gefähr gleichen Abständen von der Ziehkante eines Holzlineals im
gegenseitigen Abstand von ca 20 cm angefertigt. Man stellt dann den
Tisch auf dem Punkt A (cf. Figur) auf, markirt einen Punkt möglichst
senkrecht über dem Pankt A im Felde — also gewöhnlich die Tisch-
mitte — legt das Lineal an diesen Punkt und visirt nach 0 und nach
U, wobei jedesmal an der Ziehkante der aus dem Visirstrahl sich er-
gebende Winkelschenkel gezogen wird. Steht der Tisch fest genug,
so dass eine seitliche Drehung nicht stattfinden kann, dann ist auf diese
Weise der Brechungswinkel aus der Oertlichkeit mit hinreichender
Schärfe zu Papier gebracht.
I. Betrachten wir zuerst den Brechpunkt eines Weges von
constanter Breite an der Hand der nachstehenden Skizze.
Es sei A der im Felde bereits anderweitig bestimmte Hauptbrechpunkt
und B der erst abzusteckende zugehörige Brechpunkt der anderen Seite,
«owie A 0 und A U die Richtungen der in AB zusammentreffenden
438 Hellmicb. Ueber die AbBtecknng von Brechpnnkten in Wegen nnd
Wegetheile nnd a die Wegebreite; ferner seien C und D die Schsitt-
pnnkte der Terlängerten inneren mit den Kneaeren Wegesdten. £a ist
sofort verständlich, dase, wenn AB = d bekannt ist, der Pnnkt B
dnrch Halbirang von )^ OAU nnd Absetzen von d von A ans anf
der HalbirnngBlinie gefanden verden kann und ebenso, dase die QrOase
von d in einfacher Weise mit dem Winkel O A ü zaBammenhXDgt.
Femer ist aaoh ohne Weiteres etnznaehen, dass sämmtliohe Strecken
in der nachstehenden Figur fUr denselben Winkel OA 17 mit derTer-
ändeniDg von a proportional and im gleichen Sinne waebsen oder abnehmen.
u
D A
Verfasser hat nun eine Tafel nach folgender Skizze berechnet nnd
auf Glas gezeichnet. Die einzelnen Strahlen auf derselben, welche der
Dentlichkeit wegen nicht von einem Funkte ausgehen, sondern deren
» ^ » f- i. b. B. iä-aä- »■ ä-S. 9
AuBgangspuulite auf dem einen festen Schenkel vertheilt sind, bilden
mit dem letzteren die verschiedenen Winkel 0 A ü, fUr welche die
Einheit der Breite a, sagen wir 1 m, nm je l/iooi ^^° ^"^ 1 '^™'
vermehrt werden muss, um d zn erhalten; dieser zugehörige Werth d,
immer auf a = 1 m bezogen, ist den bezw. 5. und 10. Strahlen zu-
geschrieben, lässt sich also ohne weiteres für jeden Winkel 0 AU ablesen.
Das praktische Verfahren beim Abstecken im Felde gestaltet sich
nun bei Benutzung dieses Hilfsmittels, wie folgt: Man legt die Tafel
auf den eutsprectienden Knickpunkt auf dem Absteckungsriss and sucht
nun durch Vergleichung, indem man den gemeinschaftlichen Schenkel
auf der einen Wegerichtung entlang fUhrt, denjenigen Strahl heraus,
welcher sich mit der zweiten Wegerichtung deckt; ist derselbe gefanden,
Gräben sowie sonstigen schmalen, parallel begrenzten Parzellen. 439
so liest man die an seinem Ende stehende resp. aus den benachbarten
zu ergänzende Zahl ab, multiplizirt sie mit der Wegebreite 5ind hat so
die Entfernung der beiden Brechpunkte des Weges.
Nun erübrigt noch den Winkel im Felde zu halbiren und in dieser
Richtung die gefundene Länge d abzusetzen. Diese Halbirung des
Winkels kann man auf verschiedenen Wegen erreichen. Am einfachsten
ist es, auf beiden Wegerichtungen gleiche Strecken abzusetzen und die
Verbindungslinie der so erhaltenen Funkte zu halbiren; die
Verbindungslinie dieses Halbirungspunktes mit dem Scheitel halbirt
dann den Winkel. Dabei ist es nun am nattlrlichsten, hierzu die
Punkte D und C umstehender Figur zu benutzen, da sich hierdurch
ungezwungen mehrere werthvolle Controlen ergeben. Aus diesem Orunde
sind die weiterhin wiedergegebenen Zahlentafeln berechnet worden,
welche für das Argument d die Werthe von ky der Eopfbreite und cF, der
zweiten Diagonale neben einem noch später zu definirenden p geben.
Das Verfahren zur Absteckung von B geht also von dem Moment
der Feststellung von d an folgendermaassen weiter. Mit dem Werth (2,
wie er auf der Glasplatte abgeliBsen ist, als Argument geht man in die
Zahlentafel ein und entnimmt und notirt k und d\ Diese drei Zahlen
d, k und d' werden mit der Breite a multiplizirt. Dann setzt man
von A nach 0 und nach U hin ky^a ab und erhält so die Punkte D
und Cj deren richtige Lage man durch Messung von DC gleich (2'X^
controlirt und eventuell verbessert; dann halbirt man DC und setzt
über diesen Halbirungspunkt hinweg von Ä aus AB = dyCa ab. Der
Punkt B ist nun durch drei Proben zu controliren, einmal dadurch,
dass B C= B D = kyCa sein muss, zweitens müssen die Lothe von
B auf AC und AD gleich a sein und endlich müssen die zu ^ 0
und A ü parallelen inneren Wegeseiten in ihren Verlängerungen über
B hinaus auf C bezw. D treffen.
Bei ganz flachen Brechungen empfiehlt sich diese Art der Ab-
steckung nicht, da dann k sowie d' zu gross werden und auf
graphischem Wege nicht mehr mit genügender Präcision bestimmt
werden können. Es ist dann sicherer, B durch die Projection von d
auf die äusseren Wegeseiten, nämlich durch die Grösse p und dazu die
Wegebreite a von beiden Schenkeln aus abzustecken und durch die
Messung von d, bezw. (/ X ^ zu prüfen und zu berichtigen; aus
diesem Grunde ist die oben erwähnte Grösse p noch mit in die Zahlen-
tafel aufgenommen worden.
Die vorhergehende Beschreibung des Verfahrens lässt dasselbe
vielleicht schwerfälliger erscheinen, als es ist; thatsächlich hat Verf.
dasselbe aber als das kürzeste von allen ihm bekannten festgestellt und
erprobt; auch lässt sich gegen die Genauigkeit der damit gemachten
Absteckungen nichts einwenden.
U. Schwieriger als dieser einfache Fall schien anfangs die Be-
handlung des complicirteren, wenn der abzusteckende Weg oder Graben
440 Hellmich. Ueber die AbBteckimg ypn Brechpookteo in Wegen and
in dem Brechponkt seine Breite weehselt; jedoeh er^ab sich hierfür bidd eio
Verfahren,« welches dem vorigen den Verhilltniseen entspreehend au
Einfachheit ebenbürtig ist.
Fig, 3 ijL
(0
Da Db A
•
In vorstehender Figur mögen A und B die beiden Brechpnnkte
des abzusteckenden Weges sein, welcher an dieser Stelle aus der
Breite a in die Breite h übergeht; die übrigen Buchstaben sind analog
denen der ersten Figur gesetzt und haben, je nachdem sie zur Breite
a oder zur Breite h gehören einen von diesen Buchstaben als Index
beigefügv erhalten. Die Construction des Punktes B ist dann, wie leicht
ersichtlich,, folgende: Es werden nach der vorher für einen Weg von
constanter Breite gegebenen Anleitung die Punkte Ca, Da und Ba für
die Breite a und C&, D^ und Bj, ^ür die Breite h abgesetzt und für
sich controlirt, wobei natürlich Ba und Bb mit A eine Gerade bilden
müssen; alsdann setzt man auf CaBa von Ca aus kb gleich ADb und
ebenso auf DbBb über Bb von Db aus ka gleich A Ca ab. Die
beiden Constructionen ergeben einen Funkt, nämlich den gesuchten
Brechpunkt B. Sollte ausser der Controle, dass die Lothe von B auf
A 0 und A U gleich a bezw. b sein müssen, noch eine weitere Prüfung
der Absteckung gefordert werden oder nöthig erscheinen, so ist die-
selbe leicht aus den der Tafel entnommenen und entsprechend den
Breiten a und b .reduzirten Grössen ka, kbi Pa und pb i^ach folgenden
Formeln zu berechnen:
AB = da^=ya'-{-(ka — k^ — pa)' = Vb' + (ka—kb + Pb)'
Für den bei Grabenabsteckungen manchmal eintretenden Fall, dass
der Brechpunkt zwischen zwei Stationen liegt, deren Breiten von
einander verschieden sind, während die Strecke dazwischen stetig ver-
läuft, ist zu bemerken, dass die senkrechte Breite in dem Brechponkt
proportional den Abständen desselben von den Stationspunkten aus den
auf diesen geforderten Breiten berechnet wird. Die Absteckung des
zweiten Brechpunktes von dem vorhandenen aus erfolgt dann ganz
ebenso, als wenn der Graben parallel in der errechneten Breite nach
beiden Seiten verliefe. Bei der Feststellung von d hat man dabei zu
beachten, dass für diesen Werth der Brechungswinkel der Mittellinie
Gräben sowie BOiMtigien schmale«, pacallel begrenzten Parzellen. 441
des Orabens maasagebend ist; mati kann mit.genttgeader Genauigkeit cf
ftir jede : Grabenseite besonders bestimmen und dann das Kittel dieser
beiden: Werthe dem Weiteren Verfahren zn. Grande leg^n. .
'Sin Beispiel möge die Reihenfolge der einaelnen Operati<men
erläutom. Ss sei der zweite Brechpunkt eines Weges abzuateck^))
der aus der Richtung O A -^ yergl. die. vorige Figur r— mit der
Breite 6^ m herankommt und sieb in; der Riehtnng A ü mit 5 m
Breite fortsetzt und die Vergleiekung der graphischen Tafel mit dem
Winkel OA ü auf dem Riss habe ergeben^ dass
d = l,16
ist. Hierfür findet man in der Zahlentafel
i = l,i4
^ = 0,59
Daraus ei^ült man durch Multiplication mit a = 6^5 usd bi=bfi .
da=^7M ■ ^5 = 5,80
Ä:a = 7,4l , fej=5,70
d'« = 12,81 d'j=9,85
^„ = 3,84 |)j = 2,95
Nun setzt man ab ACb = ADb = f>ylO und
^ Ca = i4 Da = 7,41
Dann muss ChDh=^ 9,86
und C« Da =12,81 sein.
In den beiden letzten Linien werden die Mitten abgesteckt und
Ton A aus ttber die erhaltenen Punkte hinweg
ABb = ^fiO
und ABa = 7,54 abgesetzt. Dann setzt man
auf CaBa von Ca aus 5,70 und auf Db Bb von Db aus über Bb 7,41
ab und erhält so den Punkt B doppelt. Zur Gontrole misst man die
Lothe auf A O resp. A U, welche gleich 6,5 m bezw. 5,0 m sein
müssen, auch kann man noch rechnen
AB= j/'6,5^ + (7,41 — 5,70 — 3,84)"^ =
1/5,0^ + (7,41 — 5,70 + 2,95)^ = 6;Ö4 m
um dies mit der in der Oertlichkeit gemessenen Strecke AB zu ver-
gleichen.
III. Schliesslich sei auch noch auf die Verwendung der Tafeln
2ur Berechnung von Kopfbreiten parallel begrenzter Parzellen, wie
Wege oder Pläne, hingewiesen. Stösst nämlich ein Weg oder ein
Plan auf eine gerade Begrenzungslinie, z. B. einen Weg, dann empfiehlt
es sich, wie bekannt, die schräge Breite des Weges oder Planes ab-
zustecken, da dadurch genauere Resultate erzielt werden, als durch
Absteckung der senkrechten Breiten und Einbinden der Grenzen in die
Kopfbegrenzung. Bei schmalen Stücken und nicht allzu schrägen
Schnitten können die Tafeln hierbei sehr gut Verwendung finden mit
der Beschränkung, welche durch den geforderten Grad der Genauigkeit
^geboten ist. Man bestimmt, wie gewöhnlich, durch Anlegen der
^graphischen Tafel den Werth von d und entnimmt damit aus der
442 Hellmlcb, Uebor die Abateckting toq Brecbpankteii etc
Zahlentftfel die GrSsse k. Dieser Worth wird mit der senkrechten
Breite des abzasteckeDden Planes maltipliBirt and ergiebt so die Kopf-
breite. Hierbei ist für die Anfsuchnng von d noch etwas zu bemerken.
Die Ortfue k nämlich nimmt von k^l na bu, je mehr die Nagnog
der Grenzen sich von der Senkrechten naefa beiden Seiten entfernt.
Die Tafelwerthe von k &1t d = 1,42 bis d = 1,60 sind denuach
gewisBermaasien Z wischen werthe derjenigen für d^ 1,41 bis </ ^ 1,28.
Darch BerHcksichtignng dieses Ümstandes bei der Bestiinninng tod d
kann man in Folge dessen noch etwas genauere SeBoltate erzielen, als
wenn man nnr die Werthe von d = 1,00 bis d ^ 1,41 benutzen wollte.
In Rücksicht anf diese Verwendung sind in den Tafeln, welclie
Verf. für den Verkauf herstellen Ittsst, die Werthe von k, sowie die der
anderen TafelgrOeeen bis auf Millimeter — die Millimeterziffer in
kleinerem Druck — gegeben, während sie in der nachstehenden Tabelle
nur big aof Centimeter gegeben wurden. Auch ist in denselben d von
1,00 bis 1,01 in Intervallen von halben Centimetem berechnet und dem-
entsprechend die graphische Tafel gezeichnet, da sonst die Grössen ib, d'
und p zu grosse Differenzen haben würden, zwischen welche nicht mehr
proportional interpolirt werden durfte. Im Übrigen wird jeder Tafel
eine knrze Anleitung zum Gebrauch beigegeben. Der Preis der Tafeln
nebst einer Mappe, ca. 7/15 cm gross, welche die Zahlentafel eingeklebt
enthalt und zur Aufnahme der Glasplatte dient, beträgt 3 M.; dieselbe
ist bis auf Weiteres durch den Verfasser direct zu beziehen.
Oppeln
Hüser. Das MönkemöUeT'Sche Planimeter. 443
Das MOnkemOller'sche Planimeter.
(Vergleiche die Beschreibung Seite 331 Jahrgang 1895 dieser Zeitschrift.)
Gelegentlich der Hauptversammlung des Deutschen Gtoometer- Vereins
zu Bonn im Jahre 1895 hatte Herr Oberlandmesser Mönkemöller ein
Flächenberechnungsinstrament ausgestellt^ welches mein Interesse dadurch
in Anspruch nahm^ dass es auf dem Prinzip der sogenannten Harfe
beruhte.
Die Harfe, auch Fadenplanimeter genannt, ist den älteren Ausein -
andersetzungslandmessem als ein zur Berechnung der Bonitätsabschnitte
vorzüglich geeignetes Instrument bekannt.
Dasselbe bestand bekanntlich aus einem rechtwinkligen Rahmen,
der mit Fäden in gleichen Abständen TOn 5 oder 10 Metern bespannt
war (vergl. die Figur auf S. 352y Zeitschr. 1895). Die einzelnen Längen
wurden abgegriffen, zusammenaddirt, und mit dem Fadenabstande multi-
plicirt, um den Flächeninhalt der zu berechnenden Figur zu ermitteln.
Zur Vermeidung öfterer Ablesungen war an dem zur Berechnung
verwendeten Zirkel eine Vorrichtung zum mechanischen Addiren der
Längen angebracht.
Dieses Instrument hatte den Nachtheil, dass ein straffes Spannen
der Fäden sehr schwer war, dieselben sich auf der Karte daher leicht
verschoben, wodurch Ungenauigkeiten hervorgerufen wurden. Auch
litt die Karte unter dem öfteren Ansatz des Zirkels. — Um diesen
Unzuträglichkeiten abzuhelfen, ging man dazu über, die Harfe durch
eingetheiltes Oelpapier zu ersetzen. Der Zweck, die Karten zu schonen,
wurde zwar hiermit erreicht, dagegen macht sich namentlich bei alten
schon undeutlich gewordenen Karten die mehr oder minder gute Durch-
sichtigkeit des Pauspapieres unangenehm geltend.
Dieses waren die Gründe, weshalb die anderen Flächenberechnungs-
instrumente als Polarplanimeter, Glastafel, Hyperbeltafel u. s. w. für die
Bonitirungsberechnungen mehr und mehr in Aufnahme kamen, ohne die
Harfe voll und ganz ersetzen zu können. Der Vortheil der Harfe, für
langgestreckte unregelmässige Figuren die besten Resultate zu ergeben,
ist von keinem der gebräuchlichen anderen Instrumente erreicht worden.
Die MönkemöUer'sche Construction hilft diesem Uebelstande mit
einem Schlage ab. Das Instrument liefert bei ausserordentlich leichter
Handhabung ganz ausgezeichnete Resultate, und der Zeitverbrauch ist
nicht grösser, als wie bei irgend einem anderen Instrumente. Die
Genauigkeit geht aus nachstehender Tabelle hervor, welche ich auf
Grund eingehender Untersuchung zusammengestellt habe.
Ich begnüge mich mit der Veröffentlichung dieser wenigen Zahlen,
bemerke aber, dass die Untersuchung sich auf etwa 60 Parzellen der ver-
schiedensten Gestalt erstreckt und überall ähnliche Resultate ergeben hat.
Der Maassstab der Karte war 1:1000. Die zur Vergleichung benutzten
444
Vereineangelegeiihaiteii.
Flächeninhalte waren auf OTund einer doppelten mit thc^l weiser Benatsnng
von Originalmessungszahlen ausgeführten Berechnung ermittelt, deren
Ergebnisse anf den aus rechtwinkligen Coordinaten berechneten
Fläcbeninhalt des Kartenblatts zurttckgefilhrt waren/
Berechnang mit
Gegen das
Fläche.
MOnkemöUer'ft
Sott
' 1
,
Planimeter
+ -
ha ar
qm
ha ar qm
qm qm
2
03
57
2
03
27
30
26
85
26
80
5 1
68
68
68
52
16
25
36
-
25
89
3
- ..•
78
78
■
78
74
4
1
29
07
1
29
.30
2a
,
1
67
78
*
67
74
4
84
67
84
77
10
74
92
75
14
22
93
05
92
93
12
'
65
a5
65
75
j
10
36
52
36
51
•
1
Sa: 9 55
10
1 9 54
86
1
24
Nach meinen Versuchen glaube ich den Schluss ziehen zu dürfen,
dass das Instrument für jede Berechnungsarbeit den übrigen Planimetem
mindestens gleichsteht, für die Berechnung langgestreckter Figuren, als
Wege, Graben, Bonitätsabschnitte etc. allen anderen Instrumenten vor-
zuziehen ist. Für die Verwendbarkeit im Bezirke der Königlichen
Generalcommission Cassel würde es sich empfehlen, das Instrument auf
den Maassstab 1:1500 einzurichten, was kaum grössere Schwierigkeit^
verursachen dürfte.
Cassel im Mai 1896. Hüser, Oberlandmesser.
Vereinsangelegenheiten.
Ordnung
der
20. Hauptversammlung des Deutschen Geometer - Vereins.
Die 20. Hauptversammlung des Deutschen Oeometer- Vereins wird
in der Zeit vom 2. bis 5. August 1896 zu
I>]re@dLeii.
nach folgender Ordnung abgehalten werden.
Sonntag, den 2. August.
Vorm. 12 Uhr: Sitzung der Vorstandschaft bei Kneist, Brttder-
gasse Nr. 2.
Vereinsangelegeirheiten.
445
Nachm. 4 Ubr:
Abends 7 Uhr:
Vorn». 9 Uhr:
Nachm. 3 Uhr:
Abends 7 Uhr:
Vorm. 9 Uhr:
Sitson^ der Vorstandschafi; und der Abgesandten der
Zweigvereine daselbst.
Versammlung und Begrtlssang der eingetroflfenen
Theilnehmer in dem an der Elbe gelegenen Italie-
nischen Dorfchen (Heibig), Theaterplatz.
Montag, den 3. August.
Hituptversammlungund Berathang in der Technischen
Hochschale in nachst^iender Reihenfolge:
1) Bericht der Yorstandschaft.
2) Festrede des Herrn Professor Dr. J o r d an-Hannover
„Ueber die Entwickelang des deutschen Ver-
messungswesens in diesem Jahrhandert^.
3) Vortrag des Herrn Oeheimen Regierungsrath
Professor a. D. Nagel- Dresden ^Ueber die
nothwendige Beschaffenheit von Plänen, die als
Beweismittel zur Entscheidnng von Orenzstreitig-
keiten dienen sollen^.
4) Beräthung des Entwurfs zu einer neuen preussischen
Landmesser -Ordnung. Berichterstatter: Herr Pro-
fessor Koll- Bonn.
5) Bericht des Rechnungsprüfungs - Ausschusses und
Besi^hlussfassung.über Entlastung der Vorstandschaft.
6) Wahl eines Rechnungsprüfungs- Ausschusses fQr
die Zeit bis zur nächsten Hauptversammlung.
7) Beräthung des Vereinshaushalts für 1896 und 1897.
8) Neuwahl der Vorstandschaft.
9) Vorschläge für Ort und Zeit der nächsten Haupt-
versammlung.
Nach Schluss der Versammlung Besichtigung der
Ausstellung in den Räumen der Technischen Hoch-
schule.
Festessen im Concerthause des Zoologischen Gartens.
Nach demselben Spaziergang durch den Grossen Garten.
Besuch der Ausstellung fü^ das sächsische Handwerk
und Kunstgewerbe. Concert.
Dienstag, den 4. August.
Fortsetzung der Berathungen in der Technischen Hoch-
schule in nachstehender Folge:
1) Mittheilungen über Vermessungen im
Königreich Sachsen.
a. Herr Professor Üblich- Freiberg ^Ueber Grad-
messung
a
446
Vereinsangelegenheiten.
b. Herr Yermessangs - Ingeniear Fuhrmann*
Dresden „Ueber die an die Oradmessung an-
schliessende Triangulation^.
c. Herr Vermessungsdirector Gerke - Dresden
^Ueber Stadtyermessungen^.
2) Besprechung der Lage der bei den deutschen
Staatseisenbahnen beschäftigten Landmesser „Be-
richterstatter: Herr Technischer Eisenbahn-Se-
cretair Reich.^
Nach Schluss der Versammlung Besichtigung der
Ausstellung in der Technischen Hochschule.
Nachm. 3 ühr: Besuch des Mathematischen Salons und daselbst
Vortrag des Herrn Professor Pattenhausen-
Dresden ^lieber die Oeschichte mathematischer In-
strumente^. Hiernach Zusammenkunft in dem an der
Elbe gelegenen Italienischen Di^rfchen (Heibig),
Theaterplatz.
Nachm. 5 Uhr: Fahrt mit dem Dampfschiff nach Loschwitz und mit
der Drahtseilbahn nach dem Louisenhof.
Abends 8 Uhr : Beisammensein in dem an der Elbe gelegenen Schiller-
garten in Blasewitz.
Mittwoch, den 5. August.
Ausflug in die Sächsische Schweiz.
Vorm. 8^/2 Uhr: Abfahrt mit Dampfschiff nach Wehlen. Spaziergang
durch den Wehlener und Uttewalder Grund nach der
Bastei. Mittagessen daselbst. Wanderung durch die
Schwedenlöcher und den Amselgrund nach Rathen.
Rückfahrt mittelst Eisenbahn nach Dresden.
Ueber den Besuch der Königlichen Museen Dresdens wird später
Mittheilung gemacht werden.
Während der Dauer der Versammlung wird in den Räumen der
Technischen Hochschule eine Ausstellung geodätischer Instrumente,
Karten und Bücher stattfinden^ zu deren Beschickung ausser den Vereins-
mitgliedern auch die mechanischen Werkstätten und Buchhandlungen
eingeladen werden.
Wegen Auswahl genügender Räume bitten wir die Aussteller bald-
möglichst — spätestens bis zum 1. Juni — unter Angabe des erforder-
lichen Platzes bei Herrn Professor Pattenhausen unter der Adresse
— Technische Hochschule Dresden^ Bismarckplatz — sich anmelden zu
wollen.
Vereinsangelegenheiten. 447
An der AasBtellang werden sich die Technische Hochschttle, sowie
verschiedene staatliche and städtische Behörden betheiligen.
Die Vorstandschaft des Deutschen Geometer -Vereins.
L, Winchel.
Im Anschlüsse an vorstehende Bekanntmachang der Vorstandschaft;
des Deutschen Geometer-Vereins gestattet sich der unterzeichnete Orts-
ausschuss noch Folgendes bekannt zu geben:
Die Theilnehmerkarten, deren Preis auf 10 o4C für Herren und
6 t/fC f^ Damen festgesetzt ist, gelangen vom 15. Juli ab zur Ausgabe
und können von da an bei dem Eassirer des Ortsausschusses, Herrn
Vermessungsingenieur Harig, Dresden-Neustadt, Ritterstrasse 14
gegen Einsendung des Betrages bezogen werden. Den Theilnehmerkarten
wird neben anderen Drucksachen ein Stadtplan und ein gedruckter Führer
durch Dresden beigegeben. Für gelöste Theilnehmerkarten, die nicht
benutzt werden können und bis zum 2. August an den Eassirer zurück-
gelangen, wird der gezahlte Betrag zurückgewährt.
Der Ortsausschuss ist in der Lage, Wohnungen in Privathäusern,
auch solche zu massigem Preise, schon jetzt nachzuweisen. Da wegen
der Ausstellung des sächsischen Handwerks und Eunstgewerbes zur Zeit
der Hauptversammlung hier ein grosser Fremdenzuzug zu erwarten ist,
so werden die Theilnehmer in ihrem eigenen Interesse gebeten, sich
wegen Sicherung eines Unterkommens so bald wie möglich entweder an
den Eassirer des Ortsausschusses oder an den Vorsitzenden der Wohnungs-
commission, Herrn Vermessungsingenieur Zschuppe, Dresden-Alt-
stadt, Finanzhaus, zu wenden und anzugeben, ob Hotel oder Privat-
haus bevorzugt wird und welche Ansprüche an die Wohnung gestellt
werden.
An den ersten Tagen der Versammlung wird eine Auskunfts-
s teile errichtet werden und zwar
Sonntag, den 2. August,
von Vormittags 8 bis Abends 8 Uhr im Victoria-Hotel, Bismarck -
Strasse Nr. 12, gegenüber dem Ausgange des Böhmischen Bahnhofes
(Dresden -Altstadt) und von Abends 8^/2 ühr an im italienischen
Dörfchen (Heibig) am Theaterplatz;
Montag, den 3. August,
von Vormittags 8 bis Nachmittags 2 Uhr in der Technischen
Hochschule (Dresden -Altstadt, Bismarckplatz, in der Nähe des
Böhmischen Bahnhofs).
Bei der Auskunftsstelle werden Theilnehmerkarten mit den zuge-
hörigen Drucksachen ausgegeben, Wohnungen nachgewiesen und Aus-
künfte ertheilt. üebrigens sind auch sämmtliche Mitglieder des Orts-
448 Neue Schriften über Vermessmigswesen.
amsBchttSses^ welche an grttn* weissen Abzeichen erkenntlich sind, zur
Anskunftsertheilong bereit.
Für die Damen ist Montag; den 3. Augast, Vormittags eine Führung
dnrch die wichtigsten Museen und Dienstag Vormittags eine Spazierfahrt
durch die Stadt und den grossen Oarten in Aussicht genommen. Die
Versammlung hierzu findet an beiden Tagen Vormitttags 9^/2 Uhr im
italienisehen Dörfchen (Heibig), Theaterplatz, statt. — Am Dienstag
können Damen und Herren gegen 1 Uhr im Oarten des Ceniralhotels
(Ecke Wiener und Prager Strasse^ in der Nähe des Böhmisoben Bahn-
hofes und der Technischen Hochschule) zusammentreffen.
Es wird deü mit der Eisenbahn hier ankommenden Theilnehmem
empfohlen, sofern sie nicht aus besonderen Gründen in Dresden -Neustadt
(Leipziger und Schlesischer Bahnhof) aussteigen müssen, bis zum
Böhmischen Bahnhof (Dresden-Altstadt) durchzufahren.
Um die Zahl der Theilnehmer zeitig genug übersehen zu können^
was im Interesse der zu treffenden Veranstaltungen nothwendig ist, wird
dringend gebeten, die Anmeldung recht bald bewirken zu vollen..
Dresden, den 25. Juni 1896.
Der Ortsausschuss.
Der Ehrenvorsitzende, Der Vorsitzende.
Dr, Nagel. Gerke.
Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Kempert's Litteratnr* Nachweis. 1. Quartal 1896.
Nivellir-Instruiqent mit Horizontalkreis, Verticalkreisbogen und Distanz-
messer. (Mittl. Ertel'sches Universalinstrument.) A. Gentr^tg^ f.
Optik 1895, p. 193, 203.
Bestimmungen über den Anschluss der Nivellements an den preussischen
Horizont. (Laut Beschlnss des Centraldirectoriums der Vermessungen
im preussischen Staate vom 12. Janaar 1895.) Cti*lbl. d. Bauver-
waltung 1896, p. 9.
HermanSy Le sextant. A, Annales des Travaux publ. de Belg. 2. S^rie
Vol. I, p. 41.
Cerri^ Teoria generale degli squadri a riflessione. D Politecnico
1896 p. 44, 93.
Smith, Experimentelle Studien über Messnngennnit dem Fadendistanzmesser.
*— *«
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Entwurf zur Landmesser-Ordnung. — Ueber die Ab-
steckung von Brechpunkten in Wegen und Gräben sowie sonstigen schmaleDi
parallel begrenzten Parzellen, Von Hellmich. — Das Mönkemöller'sehe Plsni-
meter, von H user. — Yereintangelegenlieiten. -^ Neue SdirHIen Ober YermestuegsweMii«
Verlag von Konrad Wittwer Stuttgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
449
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover Steuer-Ratb in München.
1896. Heft 15. Band XXV.
1» August.
Ueber Schätzungsgenauigkeit an Nivellir- un4
Distanzscalen ;
von Ingenieur Carl Wagner in Nastätten (vorm. WiesbadeB)^ ,
In den Heften 21 bis 24 von 1894 und Heft 1 von 1895 ds. Zeit-
schrift theilt Herr Dr. C. Reinhertz in Bonn umfangreiche eigene
Messungen über die Schätzungsgenauigkeit an Nivellirscalen^ nebst den
Resultaten von verschiedenen anderen Beobachtern mit^ und gelangt
darch die mit grossem Fleisse und Sachkequtniss durchgeführten Sichtungen
und Vergleichungen des gesammten Beobachtungsmaterials zu sehr
interessanten und beachtenswerthen Folgerungen.
Es werden damit die Einflüsse sämmtlicher mechanischen Hülfsmittel
aaf die Schätzungsgenauigkeit durch Zahlenwerthe festgestellt^ und
dadurch Anhaltspunkte für die zweckmässigsten Einrichtungen und Ver-
fahrungsweisen gegeben.
Obgleich diese Untersuchungen nur für genaue Nivellirungen und
demgemäss nur für Zielweiten bis etwa rund 100 m Gültigkeit haben
sollen^ so liegt doch die Frage nahe, ob die daraus gewonnenen Fol-
gerungen auch auf Faden -Distanzmessungen, also bis auf etwa 400 bis
500 m Zielweite ausgedehnt werden dürfen? Reinhertz hat dies für
zalässig erachtet, und auf den ersten Blick scheint dies auch richtig zu
sein, jedoch bei näheren Vergleichungen ergeben sich verschiedene
Zweifel, deren Aufklärung sowohl in wissenschaftlicher als auch in
praktischer Hinsicht sehr wttnschenswerth wäre.
Daher bezwecken diese Zeilen hierauf — unter Bezugnahme auf
die Unterschiede zwischen Nivellirungen und Faden-Distanzmessungen —
aufmerksam zu machen, damit Herr Dr. Reinhertz, sowie auch andere,
für dieses Gebiet sich interessirende Techniker Gelegenheit nehmen
mischten, diese Zweifel — soweit sie berechtigt erscheinen — durch
entsprechende anderweitige Beobachtungen aufzuklären.
Der Uebersichtlichkeit halber behalten wir die von Reinhertz an-
genommene Reihenfolge der Beziehungen anfänglich bei.
Zeitschrift für VermessiingBwesen 189«. Heft 15. 29
450 Wagner, üeber Schätznngsgenaüigkeit an Nivellir- und Distanzscalen.
1) Die Beziehung der Orösse des Schätzungsfehlers
zur Zielweite.
Auf Grund seiner Beobachtungen und Vergleichungen gelangt
Reinhertz zu dem Schlüsse^ dass der Schätzungsfehler proportional der
Quadratwurzel aus der Zielweite zunehme. Dieser Folgerung stehen
jedoch die Beobachtungen von R. Wagner*) entgegen, welche ein
Wachsen der Distanzfehler (Schätzungsfehler + Ziel- oder Einstellungs-
fehler) nahezu proportional der Zielweite ergeben. Diese Verschiedenheit
glaubt Reinhertz damit erklären zu können^ dass erstens vorzugsweise
an kleinen Intervallen mit den Distanz&den gri^ssere Fehler als mit dem
Mittelfaden begangen würden^ und dass zweitens von den Distanzfehlern
nicht ohne Weiteres auf die Schätzungsfehler geschlossen werden dürfe.
Diese Einwände sind principiell wohl richtig, indessen fragt es sich^ ob
und in wie weit sie für die Wagnerischen Beobachtungen zutreffend sind.
Vergleicht man zu diesem Zwecke zunächst allgemein die von
Reinhertz mitgetheilten Schätzungsfehler mit den Wagnerischen Distanz
fehlem, so ergiebt sich, dass erstere durchweg mehr oder weniger grösser
als letztere sind. Hieraus folgt sofort, dass es möglich ist, mit einem
tadellosen Femrohr, mit einem in nicht zu grossem Abstand von der
Gesichtsfeldmitte abstehenden Faden, sicherlich eben so genau als mit
dem Mittelfaden abzulesen. Kann aber letzteres nicht bezweifelt werden,
so ist es von vornherein schon unwahrscheinlich, dass diese gleiche
Genauigkeit sich nur auf grosse und nicht auch auf kleinere Intervalle
erstrecken sollte, umsomehr als Unterschiede zwischen der Schärfe der
am Mittelfaden und am Seitenfaden gesehenen Bilder von kleinen Inter-
vallen nicht wahrnehmbar sind, und geringe Unterschiede ohnehin nicht
in Betracht kommen würden.
Die von Reinhertz in Tabelle 31 und 32 (S. 647) mitgetheilten
Einstellungsfehler **), die derselbe an scheinbaren Intervallen von 1,4 bis
22 mm beobachtete, können nicht als ein Beweis für die Richtigkeit
seiner Ansicht gelten. Denn es ist weder zulässig, die an grossen
Intervallen gewonnenen Beziehungen auf kleine Intervalle zu übertragen,
noch darf von Einstellungsfehler ohne Weiteres auf Schätzungsfehler
geschlossen werden. Wollte man Tabelle 31 als beweiskräftig betrachten^
so würde man von den an grossen Intervallen ermittelten Einstellungs-
fehlern direct auf die an kleinen Intervallen zu erwartenden Schätzungs-
fehler schliessen, mithin u. E. einen doppelten Irrthum begehen.
Es ist zwar zuzugeben, dass an kleinen Intervallen verhältuissmässig
grössere Fehler vorkommen können, weil die Schätzungen durch die
scheinbare Fadenstärke belästigt werden, was an grossen Intervallen
*) Zeitschrifi; f. Vermessungswesen 1886, Seite 49 u. fl.
**) In Tabelle 31 sind dieselben irrthümlich als Schätzungsfehler bezeichnet,
was aus der verhergehenden Erläuterung ersichtlich ist
Wagner. Ueber Schätssungsgenaiiigkeit an Nivellir- und Distanzscalen. 451
nicht fahlbar nnd bei Bänstellongen überhaupt nieht der Fall ist. Jedoeh
ist eine solche Erscheinung nicht auf die Lage des Fadens — ob Mittel»
oder Seitenfaden — sondern nur auf dessen Dicke und die dadurch
entstehenden Yerdeckungen yerschiedener Intervallstellen zurtlckzufOhren.
Wir werden in Kap. 6 und 8 hierauf noch Burttckkommen.
Aus diesen Orttnden ist der erste Einwand hinsichtlich des von
Wagner benutzten Femrohrs nicht zutreffend. Dasselbe darf nach den
Erfahrungen des Verfassers von jedem Fernrohr mit tadellosem
Objectiv und Orthoskop is chem Ocular behauptet werden^ sofern die
Seitenfüden nicht mehr als etwa je 1/4 des Gesichtsfeld -Durchmessers
von dem Mittelfaden abstehen. Ein kleiner theoretischer unterschied
mag immerhin bestehen, indessen verschwindet dieser in der Praxis
gegenüber den unvermeidlichen Schwankungen der Beobachtungsfehler.
Hinsichtlich des zweiten Einwandes ist zu bemerken, dass die, aus
den in Rede stehenden Distanzmessungen abgeleiteten Schätzungsfehler
von ihrer wahren Grösse nur ganz unbedeutend abweichen können.
Wagner hat nämlich durch seine Beobachtungen über Zielgenauigkeit
(Seite 97) nachgewiesen, dass bei Benutzung eines stufenförmigen Null-
punktes der Ziel- oder Einstellungsfehler nur 1/5 bis ^j^ des Gesammt-
fehlers beträgt. Daher können nach dem Fehlerfortpflanzungsgesetze
die Schätzuugsfehler nur unwesentlich — 2% bis 6% — kleiner als
die Distanzfehler sein.
Sodann hat Wagner fUr jede Beobaclitungsreihe auch die Breite
der benutzten Nullpunktsstufe angegeben, und es lässt sich hiernach
speciell für jede Reihe auch der begangene Einstellungsfehler er-
mitteln, und zwar mit grösserer Genauigkeit, als zur Bestimmung der
Schätzungsfehler eigentlich nothwendig wäre. Die Grundlagen für letztere
dürften mithin mehr als genügend sein.
Die kleinen Unterschiede zwischen den Distanz- und Schätzungs-
fehlern haben, nebenbei bemerkt, gar keinen praktischen und nur einen
geringen theoretischen Werth, da sie bedeutend kleiner als die
unvermeidlichen Schwankungen der Beobachtungsfehler sind. Wir
möchten daher für zulässig erachten, dass die Wagnerischen Distanz-
fehler ohne Weiteres als Schätzungsfehler betrachtet werden, womit
alsdann alle Zweifel über die Grösse der letzteren und die Zulässigkeit
von Yergleichungen beseitigt sein würden. Auf die zu ziehenden
Folgerungen würde diese Annahme keinen Einfluss haben.
Aus Nivellirungen lassen sich die Schätzungsfehler schon weniger
zuverlässig ableiten, da einestheils dabei an weissen und rothen, anstatt
nur an weissen Feldern abgelesen wird, und anderentheils die gegen-
über dem Zielfehler ohnehin schon grösseren Libellenfehler infolge von
Temperatureinflüssen während der Beobachtungen veränderlich sein
können. Auch dürften Befürchtungen über „Kleben^ der Libellen
St9*
462 Wagner, lieber Schätzungsgenauigkeit an NivelKr- und DistanEBcaleii.
berechtigt, erscheinen, sofern letztere nicht kurze Zeit vorher geprüft
wmrden nnd.
Theoretisoh einwandsfreie Resultate lassen sich^ — wie aucb
Beinhertz bemerkte — nnr durch unmittelbare Beobachtung wahrer
Schätzungsfehler erzielen. Wir müssen jedoch hinzuAigen^ dass zu
diesem Zweck kein Fernrolu*faden zur Verwendung kommen dürfte,
sondern statt dessen mttsste an der Lattenscala ein verschiebbarer
schwarzer Streifen^ dessen scheinbare Breite der Fadenstärke entspricht;
angebracht sein, und zur Ablesung nur die Fernrohrvergrösserang
benutzt werden. Bei Verwendung eines Fadens würden Einsteliangs-
fehler nicht umgangen werden können.
Jedoch lassen sich auch mit einem Faden vorzügliche Resultate
gewinnen^ wenn seitwärts an der Lattenscida ein verschiebbarer^ zam
Zielen zu benutzender weisser Streifen auf schwarzem Orunde angebracht
würde, auf welchen der Beobachter den Mittelfaden jedesmal einstellt^
und alsdann an dem Lattenintervall abliest, während ein zweiter
Beobachter die genaue Lage des Streifens zum Intervall mittelst Nonins
ermittelt. Die scheinbare Breite dieses Zielstreifens wäre nach Prof.
Förster*) gleich der scheinbaren Fadenstärke -[- 0,083 mm an-
zunehmen^ da alsdann der mittlere Zielfehler für 25fache Femrohr-
vergrösserung nur rund 0^20 Secunden oder ^/^ des Gesammtfehlers
betragen würde, mithin letzterer kaum 2% grösser als der Schätzuogs-
fehler sein könnte. Dieses Verfahren, — eine Nachahmung der gleich-
zeitigen Einstellungen und Ablesungen, wie bei Distanzmessungen —
ist einwandsfreier als diese, da einestheils dabei nur der Mittelfaden
zur Anwendung kommt, und anderntheiis der Zielfehler auf ein thunliches
Minimum gebracht wird.
Das zur unmittelbaren Beobachtung wahrer Schätzungsfebler von
Reinhertz angewandte Verfahren erscheint nicht einwandsfrei, weil dabei
vorausgesetzt werden muss, dass die Neigung des Femrohrs während
der Beobachtungen unverändert geblieben sei. Letzteres ist zwar nicht
unmöglich, jedoch weder gewiss, noch erfahrungsgemäss wahrscheinlich.
Berücksichtigt man, dass eine durch Temperatur- oder irgend welche
andere Einflüsse verursachte Veränderung der Höhenlage einer Fussspitze
des Stativs um beiläufig 0,007 mm, oder die Veränderung der Höhen-
lage einer unteren Stellschraube des Instruments um etwa 0,001 mm!
u. s. w., schon Fehler von der ungefähren Grösse des Schätzungsfehlers
erzeugen würden, so dürfte unser Bedenken nicht ungerechtfertigt
erseheinen.
Ob und in wie weit die Reinhertz^schen Schätzungsfehler durch
dieses Verfahren beeinflusst worden sind, muss dahingestellt bleiben.
*) „Procös-verbaux, 1880". Eine üebersetzung dieser Abhandlung ist in
der Zeitschr. f. Venn., 1880, S. 117—124 und ein genügender Auszug in
Dr. Jordan's Vermessungskunde, III: Aufl., 2. Band, S. 109—111, enthalten.
Wagner. Ueber SohfttzungsgenAuIgk^t an I^vellir- nnd DlBtanzBealen. 463
Auffallend ist jedoch, daas dieselben im Mittel 1^/2 mal so grosS; als
die von Vogler aus den bayerischen Präzisions-Nivellements Ton 1870/71
abgeleiteten Schätzangsfehler, und doppelt so gross, als die von Wagner
beobachteten Distanzfehler sind.
Wenn nun auch dieEinfltlsse der verschiedenen Fehlerquellen nicht
mit Sicherheit nachgewiesen w^den können, so wird dadurch doch nichts
an der Thatsache geändert, daas die Beinhertz'scben Schätzungsfehler
die grössten sind. Auf deren ungewöhnliche Grösse l^ann übrigens in
folgender Weke summarisch geschlossen werden.
Beinhertz hat laut Seite 610 an einem scheinbaren Intervall von
1,0 mm einen mittleren relativen Fehler von 0,094 mm erhalten, der
nach Maassgabe der übrigen Beobachtungen jedoch nur 0,080 mm be-
tragen sollte. Da aber bekanntlich der mögliche zußLllige oder un-
vermeidliche Maximalfehler zu mindestens der dreifachen Grösse des
mittleren Fehlers anzunehmen ist, so müssten hiernach unvermeidliche
Maximalfehler von 0,094 X 3 = 0,28 mm, bezw. 0,080 X 3 = 0,24 mm
oder rund 1/4 des Intervalls möglich sein können. Man kann jedoch
sich leicht überzeugen, dass Fehler von dieser Grösse, und auch noch
bedeutend kleinere, nicht vorkommen dürfen. Bichtet man zu diesem
Zweck einen Fernrohrfaden von etwa 0,10 mm scheinbarer Stärke auf
ein scheinbares Intervall von 1,0 mm und zwar ungefähr auf eine für
die Schätzung anerkannt ungünstigste Intervallstelle: 0,3 oder 0,7, und
legt nach gemachter strenger Ablesung die Frage sich vor, ob es auch
zulässig sei, entweder nach unten oder nach oben um ^/4 des Intervalls
anders abzulesen — also z. B.: 0,05, bezw. 0,55, anstatt 0,80 — , so
wird diese Frage entschieden verneint werden müssen. Ein solcher
Maximalfehler überschreitet daher bedeutend die äusserste Grenze der
Schätzungsfehler, die doch für den Beobachter nicht erkennbar sein darf
und Vorkommendenfalls müssten solche ohne Weiteres als grobe Fehler
ausgeschieden werden.
Von der Grösse der Schätzungsfehler ist aber deren Beziehung zur
Zielweite — sowie auch zur Yergrösserung und zu der absoluten und der
scheinbaren Intervallgrösse — hauptsächlich abhängig. Wir wollen jedoch
die Möglichkeit, dass bei consequent durchgeführten Beobachtungen
grosse Schätzungsfehler doch proportional der richtigen Beziehung auf-
treten könnten, zunächst nicht bestreiten, obgleich einer solchen Voraus-
setzung nur eine geringe Wahrscheinlichkeit zur Seite steht. Strenge
directe Beweise für die Richtigkeit der verschiedenen Möglichkeiten und
Beziehungen lassen sich, mangels genügendem Beobachtungsmaterials und
mit Rücksicht auf die vorkommenden Schwankungen der Beobachtungs-
fehler, wohl nicht erbringen, vielmehr können die Urtheile dieserhalb
nur auf grössere oder geringere Wahrscheinlichkeit gestützt werden.
Zur Begründung dieser Urtheile sind aber umfangreiche Voraussetzungen
zu machen, daher wir — um nicht missverstanden zu werden — hierauf
464 Wagner, üeber Schätzongsgenanigkeit an Nirellir- und Distanzsoalen.
erst am Schlass des Kap. 7 zortlckkommen; nachdem wir unsere Ansicht
Über die allgemeine Wahrscheinlichkeit der Fehlerbeziehnngen^ bezw.
deren Exponenten, begründet haben. Auch Kap. 6 ist dabei sn berück-
sichtigen.
[2) Die Beziehung der Grösse des Schätznngsfehlers zur
Vergrösserung des Fernrohrs.
Auf Seite 665 und 666 stellt Reinhertz in Tab. 33 seine eigenen,
auf 20, 50 und 70 m Zielweite mit Fernröhren von 17- bis 37facher
Yergrösserung gewonnenen Schätzungsresultate zusammen und gelangt
damit zu dem Schlüsse, dass die Schätzungsgenauigkeit proportional der
Quadratwurzel aus der Yergrösserung und nicht — wie bisher nach Stampfer
angenommen wurde — nahezu proportional der Yergrösserung wachse.
Sodann theilt Reinhertz in Tab. 34, S. 668, die von Stampfer be-
obachteten Zielfehler mit, und versucht damit den Beweis zu erbringen,
dass dieser in seiner Schlussfolgerung sich geirrt habe. Diesen Beweis
können wir jedoch aus nachstehenden Gründen nicht als zutreffend an-
erkennen.
Nachdem sowohl die Einstellungs- als auch die Schätzungsfehler von
den scheinbaren Intervallgrössen abhängig sind, so lässt sich der Einfluss
verschiedener Fernrohrvergrösserungen nur dann richtig beurtheilen,
wenn die zur Beobachtung benutzten scheinbaren Intervallgrössen in
geradem Yerhältnisse zur Yergrösserung stehen. Hieraus folgt, dass für
Beobachtungen auf constante Zielweite fOr alle Yergrösserungen auch
ein und dasselbe Ziel verwendet werden muss.
Stampfer hat aber auf eine constante Zielweite von 24,0 m drei
verschieden grosse Zielpunkte benutzt. Um nun eine genaue Yergleichung
seiner Resultate zu ermöglichen, müssen entweder die Zielfehler auf eine
absolute Zielpunktsgrösse reducirt oder statt dessen die Yergrösserungen
entsprechend abgeändert werden.
Wir verfolgen hier das letztere Yerfahren und setzen zu diesem
Zweck den mittleren Zielpunkt, Nr. 5, als maassgebend voraus. Alsdann
sind die nach den Zielpunkten Nr. 4 und 6 benutzten Yergrösserungen
als „absolute^ anzusehen, und erstere im Yerhältniss 0,178 : 0,295 oder
1 : 1,66 zu vergrössern, dagegen letztere im Yerhältniss 0,078 : 0,142 oder
1 : 0,80zuverkleinem, damit die berechneten „scheinbaren^ Yergrösserungen
in geradem Yerhältnisse zu den benutzten scheinbaren Intervallen stehen.
Strenge genommen hätte hierbei auch Berücksichtigung finden sollen,
dass, wie aus dem Schlüsse des Kapitels 7 hervorgeht, bei scheinbaren
Intervallen von 0,4 bis 2,3 mm die Fehlerfunction m= ^allmählich in
die Function m = — -i übergeht, bezw. sich derselben nähert.
Wagner. Ueber Schätzungsgenaiiigkeit an Nivellir- and DistanzieKsalen. 455
Es wurde jedoch hiervon abgesehen^ da eineBtheils diese Fehler-
beziehnngen noch nicht zuverlässig feststehen; und anderentheils eine
Berttcksichtigang derselben auf das Schlussergebniss keinen Einfluss üben
würde. Nach diesen Grundsätzen ist die nachstehende Tab. I entworfen.
Tabelle I.
Beobachtungen von Stampfer über die Genauigkeit des Yisirens.
Absolute
Scheinbare
"pAlilAr
SBaSB
aassa
Kammer
der
Beobach-
tangs-
reihe
in
Secan-
den
i^V.
8.0"
r
»l
^yr
i.e"
»2
Ver-
grosse-
rang
Zielpunkte
5
Ver-
grOss.-
mog
r
Nr.
8
Durch-
messer
1
3
4
6
7
8
9
10
11
12
13
W. M
u
//
ft
/»
ff
*/
II
1*
1
5EMk
4
0,295
0,4
8V3M
0,72
5,8
0,96
+ 0,24
2,1
0,55
—0,17
2
«»
4
0,295
1,0
30fsck
0,54
10,8
0,40
— 0,14
8,4
0,36
—0,18
8
13«
4
0,295
1,1
33 „
0,45
9,9
0,37
— 0,08
2,1
0,34
-0,11
3
26»
5
0,178*)
1,8
26n
0,26
6,8
0,31
+ 0,05
1,3
0,31
+0,05
4
28»
5
0,178
1.*
«,
0,22
6,2
0,29
+ 0,07
1,2
0,30
+0,08
5=10
99 „
5
0,178
1,*
89„
0,26
7,5
0,28
+ 0,02
1,*
0,30
+0,04
11
««
6
0,142
1,9
38»
0,21
8,1
0,21
0.0
M
0,26
+0,05
12
«0„
6
0,142
2,3
*»„
0,29
llittel =
13,9
Ijo
0,17
— 0,12
2,0
0,23
-0,06
1,6
Die Spalten Nr. 1 bis 5 und 7 sind gleichlautend mit der Reinhertz-
sehen Tabelle 34.
Auffallend gross erscheint der Fehler von 0^29 Secunden in der Reihe
Nr. 12. Derselbe ist mit Rücksicht auf die Yergrösserung der stärkste
von allen Fehlern, und rund etwa doppelt so gross, als die in den
Reihen Nr. 3, 4 und 5 begangenen Fehler. Stampfer hat daher die
Reihe Nr. 12 ausser Betracht gelassen, was unsererseits gebilligt wird,
obgleich wir dieselbe zur Erkennung der Unterschiede in unserer Tabelle
aufgeführt haben.
Die Spalten 10 und 13 ergeben nun, dass die Differenzen i>^ und
t^ im Allgemeinen nur unerheblich von einander abweichen, indessen
bei strenger Yergleichung die Wageschale entschieden zu Gunsten von
v^ sinkt, weil bei den Reihen Nr. 1 und 2 die Vorzeichen von v^ nicht
wechseln, wasbeit?j der Fallist. Die Beobachtungen von Stampfer
liefern somit keinen Grund, seine einfache Fehlerformel
zu verlassen und durch die weniger einfache Formel von
Reinhertz zu ersetzen. Die wahre Fehlerbeziehung für diese Be-
tt
obachtungen fällt in die Mitte zwischen -=-und
a
y-v
mit einer ge-
*) 0,178 Teener Zoll »4,7 mm. Die benutzte Ziel weite betrug 76 W.
Fass SS 24,0 m.
456 Wagner, üeber SMiätoiingsgeiiauigkeit an NiTeOir- nnd Distanzeoalen.
ringen Annäherung nach -^, und wenn man ans praktischen Gründen
nicht .^ setzen will, so muss -== gewählt werden.
Ueberdies kann ein indirecter Beweis für die annähernde Richtigkeit
der Stampfer'schen Folgerung aus den Beobachtungen von Wagner ab-
geleitet werden. Zu diesem Zweck ist nur vorauszuBelaea:
^Dass die Helligkeit der Fernrohrbilder und die trennende Kraft
des Fernrohrs innerhalb derjenigen Grenze^ in der die Bilder der Scala
genügend deutlieh und damit für die Sehätzung überhaupt erst brauchbar
sind; auf die Grösse des Schätzungsfehlers keinen oder doch nur
einen geringen Einfluss haben.^ Ist dieser von Reinhertz auf-
gestellte Grundsatz *) aber richtig — was einstweilen für die in
Betracht kommenden Vergrösserungen nicht bezweifelt werden soll — ;
so ergiebt sich nach Wagner, dass der mittlere Schätzungsfehler nahezu
umgekehrt proportional der Vergrösserung auftreten wird. Aus der von
0 25 t V **)
Reinhertz benutzten Formel: J = —^—— — folgt nämlich sofort, dass
£J
in Bezug auf ^s scheinbare Intervall (J) die Vergrösserung (V) und
die Zielweite (Z) in geradem umgekehrten Verhältnisse zu einander
stehen. Unter der in optischer Hinsicht gemachten Voraussetzung ist
es aber für das Auge des Beobachters gleichgültig, ob das scheinbare
Intervall durch Vergrösserung oder durch Zielweiten entstanden ist.
Daher darf von der einen Beziehung ohne Weiteres auf die andere
geschlossen werden, was auch Reinhertz durchgeführt hat. Wagner
fand nun, dass der mittlere Schätzungsfehler nahezu proportional der
Zielweite wächst, mithin muss ersterer auch nahezu umgekehrt proportional
der Vei*grö8sen[&g auftreten.
Ein gleicher indirecter Beweis kann aber auch aus den bayerischen
Präcisions- Nivellements zu Gunsten der Reinhertz'scheu Folgerung ge-
liefert werden. Wir haben mithin zwar nachgewiesen, dass Stampfer
und Wagner ziemlich übereinstimmen, und deren Ergebnisse volle Be-
achtung verdienen, indessen ist damit hinsichtlich der Streitfrage über
die Fehlerbeziehung nur dargethan, dass die vorliegenden Gegensätze
einstweilen bestehen bleiben.
Leider besitzen wir z. Z. nur verschiedene mehr oder weniger
Übereinstimmende, bezw. sich widersprechende Beobachtungen, deren
Vergleichung zu ein wandsfreien Schlüssen nicht führen kann. Denn
erstens beruhen dieselben auf verschiedenen Verfahren, bezw. auf der
*) Heft 1, 1895, S. 12, Nr. 4.
**) J = scheinbare und t = absolute Intervallgrösse in Millimeter, Z =
Zielweite in Meter, V = Vergrösserungszahl des Femrohrs und 0,95 (Meter)
deutliche Sehweite für normales unbewafinetes Auge.
Wagner, lieber Schfttzttngsgenadgkeit an Mrellir- und Distanzscalen. 457
Benutzung verschiedeDer; theilweise anvollkommener mechanischer Httlfe-
mittel, und der Einfluse dieser unterschiede ist bis jetzt noch nicht
genügend ermittelt worden. Zweitens haben einige Beobachtungen eine
geringe Ausdehnung, und die dazu benutzten scheinbaren Intervalle
haben im Vergleiche zu denjenigen von anderen Beobachtungen eine
allzu verschiedene Grösse^ als dass die darauf gegrtlndeten Resultate
ohne Weiteres mit einander verglichen werden könnten. Drittens ist
nicht erwiesen^ ob die durch Einstellungen gewonnenen Ergebnisse
ohne Weiteres auf Schätzungen ausgedehnt werden dürfen. Für kleine
Intervalle ist dies geradezu zu verneinen, während es ftlr grössere Inter-
valle fraglich sein kann. (Wir werden in Cap. 8 hierauf noch zurück-
kommen.) Wenn auch Wagner — wie wir eben nachgewiesen haben —
annähernd dieselbe Fehlerbeziehung wie Stampfer fand, so kann hieraus
doch kein endgültiger Sehluss gezogen werden, da andere Beobachtungen
diesem entgegenstehen. Viertens ist die Grösse der Unterschiede
zwischen Beobachtungen mit freiem Auge und solchen mit Fernröhren
nicht genügend festgestellt, und fünftens haben Beobachtungen mit allzu
grossen Fehlerschwanknngen keinen oder doch nur einen zweifel-
haften Werth.
Solange nun nicht anderweitige exacte, mit den anerkannt besten
mechanischen Hüifsmitteln durchgeführte Beobachtungen vorliegen, so-
lange wird man hinsichtlich der Beurtheilung der Fehlerbeziehungen nur
auf Wahrscheinlichkeiten (Kap. 7) angewiesen sein. Wir halten jedoch
Beobachtungen, die mit weniger zweckmässigen Hüifsmitteln ausgeführt
sind, auch für werthvoU, weil damit der Einfluss der letzteren auf die
Genauigkeit u. s. w. nachgewiesen werden kann. Sobald es sich aber
um die genaue Ermittlung der Fehlerbeziehung handelt, so dürfen
zweifelhafte Verfahren und Hülfsmittel u. E. nicht angewendet werden.
Nach erfolgter Feststellung der richtigen Fehlerbeziehung würde
die Leistungsfähigkeit der Femrohre für Nivellirinstrumente und Theo-
dolite unmittelbar zu beurtheilen sein. Für Tachymeter kann dies aber
nur mittelbar geschehen, da für Distanzmessungen die Zielweitenfehler
erst das praktische Endresultat ergeben, und die an der Latte begangenen
Einstellungs- und Ablesefehler, die wir bisher zusammengefasst als
^Distanzfehler^ bezeichneten, bloss ein kleiner, mit einer bestimmten
Constante zu multiplicirender Theil der ersteren sind.
Zur Unterscheidung werden wir hier die Zielweitenfehler als ^ wahre**
and die an der Latte begangenen Fehler als „scheinbare'^ Distanzfehler be-
zeichnen. Die erwähnte „Multiplicationsconstante'' (k) ist bekanntlich von
dem von den beiden Seitenfäden eingeschlossenen „Distanzwinkel^ und dieser
der Grösse des GeMchtsfeldes, b^ew. von der Fernrohrvergrösserung
abhängig. Innerhalb einer von der Länge der benutzten Distanzlatte
abhängigen Zielweite können aber, wegen der li^orkommenden ver-
schiedenen Grösse von ky auch ganz verschieden starke Vergrössernngen
468 Wagner. Ueber SohKtzaiigsgenaiügkeit au Nivellir- und DiBtanzscalen.
nicht allein gleiche Oenaoigkeit in Bezug auf den wahren Distanzfehler
liefern^ sondern es kann sogar die stärkere Vergrösserung im Nachtheil
sein. Da diese Behauptung bezweifelt werden könnte, so wollen wir
deren Richtigkeit näher begründen.
Bekanntlich steht die Grösse des Gesichtsfeldes (G) in geradem
umgekehrten Verhältnisse zur Fernrohrvergrösserung(F)^ und für ortho-
scopische Oculare^ die wir hier ausschliesslich im Auge behalten, darf
2000
G höchstens zu rund ^ Minuten angenommen werden. Sodann ist
gebräuchlich und auch zweckmässig, die Distanzwinkel je nach der
Pemrohrvergrösserung zu V 8' 44,8" oder 34' 22,4" oder 17' 11,2"
zu wählen, damit deren Cotangenten genau 50,0, oder 100,0 oder
200,0 entsprechen, welche Werthe wir, wie ttblich, bereits als Multi-
plicationsconstanten (k) bezeichneten. Der Winkel 34' . . . (A; 3= 100)
wäre mit Rücksicht auf die Berechnung der Zielweiten am zweckmässigsten,
jedoch kann derselbe bei starken Yergrösserungen nicht angewendet
werden, da die Seitenfäden dem Rande des Gesichtsfeldes zu nahestehen
würden, während bei geringen Yergrösserungen in Hinsicht auf die er-
reichbare Genauigkeit A; = 50 vortheilhaft zu benutzen ist, umsomehr,
als der von einem Seitenfaden und dem Mittelfaden eingeschlossene
Winkel alsdann doch k = 100 entspricht.
Erfahrttngsmässig sind sodann mit Rücksicht auf die Deutlichkeit
der gesehenen Bilder u. s. w. die Seitenfllden nicht zu beanstanden,
wenn diese nicht wesentlich mehr als Ij^ des Gesichtsfelddurchmessers
von dem Mittelfaden abstehen. Hiemach dürfen die Gonstanten ungefähr
angenommen werden:
k= 50 für 15 bis 17 oder 18 fache Vergrösserung
i = 100 „ 18 bis 30 oder 35 „ „
k = 200 „ 35 bis 60 fache*) Vergrösserung.
Ferner ist durch Erfahrung festgestellt worden, dass die Distanz-
latte wegen Behinderungen durch Wind u. s. w. nur 4 m bis höchstens
41/2 m Länge haben soll. Es wird daher mit k = 60 nur innerhalb
rund 200 m und mit A; = 100 nur innerhalb rund 400 m gemessen
werden können, und für Zielweiten über 400 m A; = 200 in Anwendung
kommen müssen.
Auf Grund der obigen Voraussetzungen sind nun in Tab. II die
verhältnissmässigen Leistungen verschiedener Vergrössernngen innerhalb
200 m Zielweite enthalten, wie solche nach Stampfer und Wagner
Im = -yr\ sich ergeben würden. Der scheinbare Distanzfehler für
15 fache Vergrösserung ist = 1,00 angenommen, und sind hiernach die
übrigen Fehler berechnet worden.
*) Wir geben hier die Vergrössernngen in runden Zahlen an, ohne damit
die Grenzen genau bestimmen zu wollen.
Wagner. Ueber SohXtBimgsgenaaigkeit an NivelUr- und Dlstanuealen. 469
Tabelle Q.
Femrohrverfirrösseraner V
15-
20-
30-
40-
50-
eofach
Scheinbarer Distanzfehler
1,00
0,75
0,50
0,375
0,30
0,25
Multiplicationsconstanten k
50
100
100
200
200
200
Wahrft Diatanzfehlerr .,,.,»-., ^ >
50
75
50
75
60
50
Quotienten der letzteren
1,0
l,ß
1,0
1,5
1,2
1,0
Hieraus ist zunächst ersichtlich^ dass innerhalb 200 m Zielweite
mit 15-; 30- und OOfaeher Vergrösserung gleiche wahre Distanzfehler
erzielt würden, während die dazwischen liegenden Vergrösserungen mehr
oder weniger grössere Fehler ergeben. Femer ist aus Tabelle U zu
folgern, dass innerhalb 200 bis 400 m Zielweite mit 30- und OOfacher
Vergrösserung gleiche; dagegen mit 15facher Vergrösserung doppelte
wahre Distanzfehler begangen würden, indem für letztere alsdann
Je = 100 in Anwendung kommen müsste. Für Zielweiten über 400 m
würden sodann die Fehler in umgekehrter Proportion zur Vergrösserung
stehen. Eine 15 fache Vergrösserung könnte alsdann, mangels einer
Constanten von 200, überhaupt nicht benutzt werden.
Vergleichen wir nun aber auch nach Tabelle UI die verhältniss-
mässig wahren Distanzfehler; die innerhalb 200 m Zielweite nach der
('" = w)
scheinbare Distanzfehler für 15 fache Vergrösserung ist — wie oben —
auch zu 1;00 angenommen.
TabeUe IIL
Reinhertz^schen Formel 1 m
zu erwarten wären. Der
FemrobrvergrOBsenmg F
15-
20-
30-
40-
60-
60fach
Vr
3,87
4,47
5,48
6,82
7,07
7,75
Scheinbare Distanzfehlei*« t - - t t ^ - -
1,00
0,87
0,71
0,61
0,55
0,50
Multiplicationsconstanten h
50
100
100
200
200
200
Wahre Distanzfehler
50
87
71
122
110
100
Quotienten der letzteren
1,00
1,74
1,42
2,44
2,20
2,00
Wir entnehmen hieraus, dass innerhalb 200 m Zielweite eine
15 fache Vergrösserung allen andereu Vergrösserungen gegenüber
bedeutend im Vortheil wäre, und u. a. mit 60facher Vergrösserung
doppelte und mit 40facher Vergrösserung sogar 2I/2 mal grössere
wahre Distanzfehler als mit ersterer begangen würden!
Ferner lässt sich aus Tabelle UI folgern; dass innerhalb 200 m
bis 400 m mit 15facher und mit 60facher Vergrösserung gleiche
Ejrgebnisse zu erzielen seieu; und eine 30 fache Vergrösserung den beiden
ersteren nur um rund 30 % überlegen wäre u. s. w. Erst bei Zielweiten
ttber 400 m würden die wahren Distanzfehler in umgekehrtem Verhält-
460 Wagner. Ueber SehXtzaDgsgenaoigkeit an NiTelUr- and Distanssacalen.
nissO; wie die Quadratwarzdn ans den Yergrösserangen , auftreten,
indem abdann durchweg nur A; = 200 benutzt werden könnte.
Mit Rtteksicht auf die erreichbare Genauigkeit und die CFebranchs-
weite der Instrumente würde man für Tachymeter- Fernrohre nach
Stampfer eine 30- bis 35 fache Yergrösserung als die vortheilhafteste
ansehen mtlssen^ während nach Reinhertz dies nicht allein als zweifel-
haft erscheint, sondern sogar 15- höchstens 20fache Vergrösserungen in
Betracht kommen wtlrden.
Die Tabellen IE und III geben übrigens nur die Unterschiede an,
wie solche bei strenger Durchführung der Exponenten 1, bezw. ^j^, sich
berechnen. Nach Kapitel 7 ist jedoch wahrscheinlich, dass die
Exponentengrösse von den zur Beobachtung benutzten scheinbaren
Intervallgrössen abhängig, also veränderlich ist. U. a. ist es ftir die
scheinbaren Intervalle von 0,1 bis 1,5 bezw. bis 2,0 mm, welche dem
wesentlichsten Umfange für Distanzmessungen entsprechen, wahrscheinlich,
dass der Exponent allmählich auf ^j^ herabsinkt, und alsdann der Durch-
schnitts-Exponent etwa "^Iq betragen würde. Die bei Annahme des letzteren
Exponenten im Vergleiche zu Tabelle II entstehenden Veränderangen
ergeben sich zwar nicht gross, sind aber immerhin schon bemerkbar.
Bei der Construction der Tachymeter spielt zwar auch noch die
Länge der Fernrohre eine beachtenswerthe Rolle, da allzu lange Fem-
rohre für die rasche Handhabung der Instrumente und deren Transport
unvortheilhaft sind, jedoch würden Erörterungen dieserhalb zu weit
ausserhalb der Grenzen unserer Betrachtungen liegen, daher wir hierauf
nicht näher eingehen.
3) Beziehung zwischen der absoluten Grösse der
Scaleneinheit und dem Schätzungsfehler.
Die Beziehung zwischen der absoluten Grösse der Scaleneinheit
und dem Schätzungsfehler ergiebt sich von selbst, sobald die vorherigen .
Beziehungen festgestellt worden sind.
Hinsichtlich der zweckmässigsten Grösse der Scaleneinheit fttr
Distanzlatten wäre jedoch zu erwähnen, dass erfahmngsmässtg eine
Centimetertheilung sich am besten bewährt hat. Dieselbe kann mit
25facher Vergrösserung unter günstigen äusseren Umständen bis etwa
rund 300 m Zielweite benutzt werden.
Sodann sollte am Rande der Latte eine Decimetereistheilong,
welche von 0,5 m zu 0,5 m von der einen auf die andere Seite wechselt,
nicht fehlen, damit einentheils Entfernungen über 300 m*), bezw. aaeh
kleinere bei etwaigem Versagen der Gentimetertheiludg, gemessen werden
können, und aäderntheils ein rasches Abzählen der Decimeter thnnlich
*) Wagner erhielt mit Benutzung von Decimeterintervallen auf 400 and 500
Meter Entfernung noch sehr brauchbare Resultate. Vergl. die Beobachtangs-
reihen Nr. 13 und 14, Seite 84, seiner Ifittheilungen.
Wagner. Ueber Schätzungsgenanigkeit an Nivellir- und Distanzscalen. 461
ist, falls wegen zn grosser Zielweite oder wegen ungünstiger Belenchtnng
a. s. w. die Bezifferung der Latte nicht erkennbar sein sollte.
Theilungen von 1/2 cm, sowie Strichtheilungen sind ibrer be-
schränkten Verwendung halber für Distanzlatten nicht zu empfehlen.
Die Strichtheilungen wurden zwar von Prof. Hammer, Stuttgart, vor
einigen Jahren in dieser Zeitschrift empfohlen, indessen dürfte derselbe
zugeben müssen, dass selbst ^e von ihm benutzten derben Striche,
durch welche — nebenbei bemerkt — die Genauigkeit leidet, unter
günstigen Umständen kaum bis 150 m Zielweite verwendet werden
können.
4) Beziehung des Schätzungsfehlers zur scheinbaren
Fadenstärke.
Für Taehymeterfemrohre können die Distanzfäden nicht so fein
gewählt werden, als für die Schätzungen in den durchschnittlich vor-
kommenden kleinen Intervallen wttnschenswerth wäre. Zu feine Fäden
belästigen nämlich nicht allein das Auge des Beobachters, sondern
behindern auch die Raschheit der Messungen. Den Sichtbarkeits-
anforderungen wird aber erfahrungsmässig mit einer scheinbaren Faden-
stärke von 0,07 bis 0,08 mm erst vollständig entsprochen. Schwächere
Fäden sind nicht zu empfehlen, während unbedeutend stärkere noch
zulässig erscheinen. Hiernach würde die zweckmässigste Fadenstärke
für Tachymet^ zu 0,07 bis etwa rund 0,10 mm anzunehmen sein.
Diese Ermittelung steht nicht im Widerspruch mit der von Reinhertz
für Nivellirinstrnmente empfohlenen Fadenstärke von 0,10 bis 0,15 mm,
da bei Nivellirungen die Lattenintervalle, in Folge geringerer Zielweiten,
durchschnittlich bedeutend grösser als bd Distanzmessungen erscheinen,
und fßr grössere scheinbare Intervalle auch stärkere Fäden gewählt
werden dürfen.
5) Beziehung der Grösse des Schätzungsfehlers zu dem
Farbengrund der Theilungsfelder.
Reinhertz fand den Schätzungsfehler in rodien Feldern im Mittel
1,3 bis 1,4 mal grösser als in weissen, sowie dass dieser Unterschied
an kleinen Feldern am grössten auftritt. (Bei Benutzung von s^warzen
und weissen Feldern würde dieser Unterschied sich natürlich noch
grösser ergeben haben.) Da nun zu Distanzmessungen hauptsächlich
kleine Felder verwendet werden müssen, so wird die Genauigkeit der
Messung durch Ablesungen in nur weissen Feldern, also durch Benutzung
einer Doppel-Feldtheilung — sogen. Schachbretttheilung — bedeutend
erhöht.
Sodaon kann es für die Genauigkeit der Schätzung nur vortheilhaft
sein, wet)0 die weissen Felder thunliehst scharf begrenzt sind, was durch
schwarze Farbe besser als durch rothe erreicht wird. Daher lässt sich
462 Wagner, lieber Schätzangsgenanigkeit an Nivellir- und Distanzscalen.
für Distanzmessungen nur die schwarz- weisse Doppel - Peldtheilung
empfehlen, was in folgendem Kapitel noch durch andere Gründe unter-
stützt wird.
6) Beziehung der Grösse des Schätzungsfehlers
zur Intervallstelle.
In Tabelle 39 erscheint auffilllig, dass die Fehlerquotienten für die
scheinbaren Intervalle 0,6 und 0,3 mm kleiner als für 0,9 mm an-
gegeben sind, während es umgekehrt sein sollte. Diese Erscheinung
ist durch die Schwankungen der unvermeidlichen Beobachtungsfehler
wohl theilweise erklärlich, jedoch dürften bei den Ablesungen auch
allzu starke Fehler vorgekommen sein, da bei Benutzung einer einfachen
Feldtheilung an kleinen Intervallen überhaupt keine genauen Resultate,
namentlich nicht in Bezug auf die IntervaHstellen erwartet werden
dürfen.
Um exacte Schätzungen zu erzielen, müssen nämlich auf beiden
Seiten des Fadens Theile des Feldes deutlich sichtbar sein. Ist dies
nur auf einer Seite des Fadens der Fall, so erübrigt nichts Anderes als
das, an den vom Faden verdeckten Theil anstossende Feld als
Vergleiehsobject zu benutzen. In Folge der Irradiation erscheinen
aber die weissen Felder grösser als die farbigen, daher, — je nachdem
an weissem oder an farbigem Felde abgelesen werden soll — die
Vergleichsfelder zu klein oder zu gross gesehen werden, und durch
diese Augentäuschung der Schätzungsfehler ungemein, und zwar ganz
unregelmässig, vergrössert wird.
Welche Intervallstellen von diesem umstände betroffen werden,
hängt hauptsächlich von dem Verhältnisse der scheinbaren Fadenstärke
zur scheinbaren Grösse der Intervalle, jedoch auch von der Farbe und
der Beleuchtung der letzteren ab. Mit 0,10 mm scheinbarer Faden-
stärke — die wir zu allen unseren Vergleichungen voraussetzen werden —
können z. B. an einem scheinbaren Intervall von " 0,3 mm fftr die
Intervallstellen 0,0 bis 0,2 und 0,8 bis 1,0 nur auf einer Seite des
Fadens Feldtheile gesehen werden. Bei guter Beleuchtung sind fttr die
Intervallstellen 0,25, bezw. 0,75, in weissem Felde schon zu beiden
Seiten des Fadens Feldtheile für die Schätzung genügend sichtbar,
während dies in farbigem Felde ungefähr erst für die Stellen 0,35 bis
0,40, bezw. 0,60 bis 0,65 der Fall ist u. s. w.
Der durch die Intervallverdeckungen, bezw. durch Irradiation, ver-
ursachte Fehler tritt beiläufig in umgekehrtem Verhältnisse zur Intervall-
grösse auf. Derselbe kann z. B. an einem Intervall von 2,0 mm
scheinbarer Grösse nur noch etwa die Intervallstellen 0,00 bis 0,05,
bezw. 0,95 bis 1,00 berühren. Die Intervallstelle 0,00 wird aber
immer mehr oder weniger belästigt, und ist in dieser Hinsicht die
ungtlnstigste von Allen.
Wagner, üeber Schätzangsgenauigkeit an Nivellir- und Distanzscalen. 463
Bei Distanzmessungen können die erwähnten Fehler gleichzeitig
zweimal; das eine Mal mit dem Nallfaden und das andere Mal mit dem
Ablesefaden begangen werden, wodurch alsdann der Distanzfehler
bedeutend vergrössert wird. Der erstgenannte Fehler wird dabei immer
vorkommen^ da eine mangelhafte Einstellung erst erkennbar ist, wenn
die Feldergrenze den Faden sichtbar überragt. Dieser Fehler darf
erfahrungsmässig im Mittel zu 1/4 bis ^j^ der Fadenstärke angenommen
werden. Der zweite Fehler wird dagegen — wie schon bemerkt wurde, —
nur begangen, wenn ein Vergleichsfeld zur Schätzung benutzt werden muss.
Der Doppelfehler tritt an kleinen Intervallen selbstredend häufiger
als an grossen ein. Setzt man z. B. voraus, dass an den verschiedenen
Intervallstellen gleich oft abgelesen wird, so würde unter 10 Messungen
an einem Intervall von 2,0 mm scheinbarer Grösse der Doppelfehler
nar rund einmal, an Intervallen von 0,3 mm je nach der Feldfarbe und
Beleuchtung, schon p. p. 4 bis 7 mal, und an Intervallen von 0,2 mm
sogar 7 bis 10 mal vorkommen können. An den Intervallen von 0,1 mm
kann überhaupt keine Ablesung ohne Benutzung der Yergleichsfelder
gemacht werden.
In dem Einflüsse der Intervallverdeckungen und der Irradiation
einerseits, sowie in dem Mangel eines stufenförmigen Nullpunktes ander-
seits, dürften die wesentlichsten Ursachen zu findein sein, warum ver.
schiedene Techniker mit Benutzung von gewöhnlichen Nivellirlatten
mit einfacher schwarz- weisser Centimetertheilung nicht allein eine sehr
geringe Genauigkeit für Distanzmessungen erzielten, sondern auch die
Fehler mehr als in geradem Verhältnisse zur Zielweite wachsend fanden.
Bei Verwendung einer Doppel -Feldtheilung wirkt die Irradiation
auf die Schätzung nicht nachtheilig ein, da stets an gleichfarbigen, also
gleich gross gesehenen Feldern, und zwar der Regel nach an weissen,
abgelesen wird. Die zu benutzenden Vergleichsfelder stehen zwar
seitwärts des Ablesungsfeldes, indessen schätzt man ohne Schwierigkeit
in der Mitte ab, d. h. an der Stelle, an welcher die Felder sich
berühren. Bei vorauszusetzender Uebung wird dieselbe Genauigkeit als
an einem vollen rechteckigen Felde von derselben Grösse erreicht.
Intervallverdeckungen durch den Faden kommen an einer Doppel-
feldtheilung wohl auch vor, indessen werden dadurch nur an ganz
kleinen scheinbaren Intervallen (0,1 bis 0,2 mm) die Schätzungen mehr
oder weniger behindert. Man kann u. A. — selbstverständlich unter
günstigen äusseren Umständen und mit Benutzung nur weisser Felder
und den beiden zugehörigen weissen Vergleichsfeldern — an einem
Intervall von 0,1 mm zwar nicht mehr an allen Intervallstellen ablesen,
jedoch immerhin noch auf etwa 1/4 des Intervalls schätzen. An 0,2 mm
grossem Intervall können die Schätzungen schon an allen Intervallstellen
bewirkt werden und die in Folge der Fadenstärke an den Intervallen
\
464 Wa^er. Ueber Schätzungsgenanigkeit an Nivellir- and DistanzBcalen.
0^2 bis etwa 1,0 oder 1,5 mm bemerkbaren Ersehwerangen der Schät-
zungen •— worauf wir in Kap. 8 zurückkommen — treten sehr gemildert auf.
Die Doppelfeldtheilung ist mithin der einfachen Feldtheilang
wesentlich überlegen, und dieser Unterschied wird durch Zufügung eines
stufenförmigen Nullpunkts für Distanzmessungen noch vergrössert. Letz-
terer soll hauptsächUch zur Erreichung der thunlichst grössten Genauigkeit
für Zielweiten bis zu etwa 250 m bezw. 300 m dienen, da auf grössere
Zielweiten, für welche die 15 bis 20 mm breite NuUpunktsstufe ohnehin
in Anwendung kommen muss, eine Einstellung des NullCadens auf eine
beliebige Intervallgrenze auch zulässig ist, ohne eine Beeinträchtigung
der Genauigkeit befürchten zu müssen. Daher ist es auch statthaft, den
Nullpunkt 1,5 m (mittlere Instrumentshöhe) über dem Lattenfusspunkt
anzubringen, wodurch verschiedene Vortheile, aber keine Nachtheile
entstehen. Denn sollte die von dem Nullpunkt aufwärts zählende Scala
von 2,5 bis 3,0 m Länge für die Ablesung der Zielweite mittelst des
Oberfadens nicht ausreichen, so wird in der Regel am Mittelfaden ab-
gelesen und diese Ablesung verdoppelt. Uebrigens steht auch der Mit-
benutzung der von dem Nullpunkt abwärts bezifferten Scala nichts ent-
gegen. Man hat in solchen Ausnahmefällen nur eine Addition, bezw.
llfultiplication mit 2, vorzunehmen. Reicht dagegen die obere Latten-
scala für die Zielweite aus, so liest man nach erfolgter Einstellung des
Nullfadens auf den Nullpunkt mit dem Ablesefaden unmittelbar das ge-
wünschte Resultat ab, während ohne besonderen Nullpunkt fQr jede
Distanzmessung eine Subtraction (Ablesung — Einstellung) erforderlich wird.
- 7) Betrachtungen über die Wahrscheinlichkeit der Ex-
ponenten in der Fehlerfunction m = — ^.*)
Die Grösse des Schätzungsfehlers ist von der scheinbaren Intervall-
gröBse, der scheinbaren Fadenstärke und dem persönlichen Schätzungs-
vermögen des Beobachters abhängig. Letzteres ist zwar im Allgemeinen
von den beiden ersteren Factoren abhängig, jedoch kann dasselbe mit
diesen in Folge der UnvoUkommenheit unserer Augen und der zu Gehet
stehenden mechanischen Hülfsmittel, nicht gleichmässigen Schritt halten.
An ganz kleinen Intervallen wird man an eine Grenze gelangen, bei
deren Ueberschreitung theils wegen allgemein ungenügender Sichtbarkeit
der Intervalle, theils in Folge von Intervallverdeckungen durch den
Faden, Schätzungen nur mangelhaft oder gar nicht mehr möglich sind.
Diese ^Beobachtungsgrenze^ ist zwar nicht streng bestimmbar, in-
dessen dürfte dieselbe, bei Benutzung der weissen Felder einer Doppel-
*) m = mittlerer relativer Schätzungsfehier,
a = Beobachtungsconstante,
J= scheinbare IntervallgrÖsse und
n 3=3 Exponent von J.
Wagner, lieber Schatzungsgenaüigkeit an Niyellir- und Distanzscalen. 465
feldtheilang und unter günstigen äusseren Umständen, bei etwa rund
0;10mm scheinbarer Intervallgrösse*) anzunehmen sein, da an 0,15 mm
grossem Intervall mit Zuhülfenahme der Vergleichsfelder noch ziemlich
gut, dagegen an 0,05 mm Intervallen gar nicht mehr abgelesen werden
kann.
An grossen Intervallen wird der Schätzungsfehler durch die Faden*
stärke garnicht, oder doch nur ganz unerheblich beeinflusst. Indessen
kommt ein anderer Umstand in Betracht, nämlich dass jeder Beobachter
— auch der gewandteste -— an einer Grenze ankommen wird, an wekher
seine Kunst im Schätzen ihren Höhepunkt erreicht hat. Diese Grenze
dürfte fttr den Gesammt-Schätzungsfehler vorhanden sein, sobald der
Beobachter durchweg auf 1/20 bis 1/25 des absoluten Intervalls ablesen
kann, bezw. derselbe einen mittleren relativen Schätzungsfehler von
etwa 0,015 mm erhält.
In der Praxis sind Fehler von 0,020 mm bereits erreicht worden,
wogegen solche von 0,010 mm unseres Wissens bis jetzt noch nicht
erzielt wurden und ver mathlich auch schwerlich erreicht werden können.
Die Möglichkeit ist aber nicht ausgeschlossen, daher wir z. Z, einen
relativen Fehler von 0,015 mm nur annähernd als MinimalSchätzungs-
fehler oder als „Genauigkeitsgrenze^ betrachten dürfen.
Sobald nun ein Beobachter an einem genügend grossen Intervall
den Höhepunkt seines Schätzungsvermögens erreicht hat, so kann er an
grösseren Intervallen nur dieselbe, jedoch keine grössere Genauigkeit
erzielen. Letztere bleibt alsdann constant, indessen wäre es auch nicht
unmöglich, dass endlich an bedeutend grösseren Intervallen die Genauig-
keit sogar wieder abnimmt.
Wollte man das Eintreten eines Minimalfehlers in Abrede stellen,
so würde man folgerichtig zugeben müssen, dass es möglich sei, an ge-
nügend grossen Intervallen durchweg auf ^7-, -r?:» ^7^ ti. s. w. des abso-
öO 40 50
Inten Intervalls abzulesen, d. h. keinen grösseren Maximalfehler zu be-
gehen, was aber noch keinem Beobachter gelungen ist und daher der
Wahrscheinlichkeit widerspricht. Dagegen sind Zweifel über die Rich-
tigkeit der vorausgesetzten durchschnittlichen Fehlergrösse nicht unbe-
rechtigt. Es ist u. A. nicht allein möglich, sondern sogar wahrscheinlich,
dass ein gewandter Beobachter mit Benutzung der besten Hülfsmittel *'^)
und unter günstigen äusseren Umständen einen kleineren relativen Minimal-
fehler als 0,015 mm begeht, während letzterer von einem weniger ge-
«) Für die gewöhnliche Praxis darf die Beobachtungsgrenze schon bei
0,2 mm angenommen werden. Da jedoch zar Erreichung speciellerer Zwecke
auch 0,1 mm vorkommen kann, so soll dieses Intervall hier nicht ausgeschlossen
werden.
"**) Die mit unvollkommenen mechanischen Httlfemitteln gewonnenen Resultate
sind hier überhaupt auszuschliessen.
Zeitschrift for^VermessTingsweseii. 1886. Heft 15. 30
466 Wagner. Ueber Schätzangsgenauigkeit an Nivellir- und DistanzscaleD.
wandten Beobachter überhaupt nicht erreicht werden dürfte. Bei den
nachstehenden Betrachtungen werden wir hierauf auch angemessene
Rücksicht nehmen.
Die dem Maximalfehler entsprechende scheinbare Interyallgrösse
wird für jede Beobachtung^ bezw. jeden Beobachter, verschieden sein,
und lässt sich letztere unmittelbar nur für umfangreiche Beobachtungen
an grossen Intervallen und zwar nur innerhalb eines grösseren Spielraums
feststellen. Eine Eenntniss dieser Intervallgrössen ist für unsere Zwecke
auch nicht erforderlich. Es kann vielmehr besser nach Maassgabe der
Beobachtungsconstanten und unserer Grenzwerthe die Wahrscheinlichkeit
der Exponenten annähernd beurtheilt werden. Von guten Beobachtungen
darf nämlich verlangt werden^ dass die an den verschiedenen Intervallen
gefundenen Fehler innerhalb geringer Schwankungen (=b t;) mit der
Fehlerfunction übereinstimmen. In der Praxis wird dies zwar nicht
imn^er der Fall sein^ allein je mehr v bei abwechselnden Vorzeichen
die erfahrungsmäs£ag als unvermeidlich anzusehenden Fehlerschwankungen
übersteigt^ desto geringer wird die Genauigkeit der Beobachtung zu ver-
anschlagen sein. Findet ferner kein rascher Wechsel der Vorzeichen
von V statt; so dass in einem grösseren Theil einer Beobachtung v
nur mit positiven und in dem anschliessenden Theil nur mit negativen
Vorzeichen auftritt^ so ist entweder die Fehlerbezieh ung mangelhaft
bestimmt worden^ oder die Beobachtung gestattet für ihre ganze Aus-
dehnung überhaupt keine gleichmässige Beziehung ohne den einen oder
den anderen Theil zu vergewaltigen.
Machen wir nun einen Versuch, auf Grund verschiedener Beobachtungs-
constanten und unserer Grenzwerthe, die Möglichkeit oder Unmöglichkeit,
bezw. die grössere oder geringere Wahrscheinlichkdt der Exponenten 1
bezw. I/o, in der Fehlerfunction m = -^r- abzuschätzen. Zu diesem
Jn
Zweck sind in Tab. IV für eine genügende Anzahl scheinbarer Intervall-
grössen die relativen Schätzungsfehler für die Beziehungen m^ = -^ —
und m^= V_ nebeneinandergestellt, und in besonderen Spalten die
wahrscheinlichen Grenzen der Exponenten durch Querstriche angegeben.
Die in der letzten Spalte aufgeführten Unterschiede m^ — m, er-
geben, dass dieselben — mit Ausnahme der beiden oberen, den Inter-
vallen 0,1 und 0,5 mm zugehörigen — ungemein klein sind. Das Intervall
1,0 ist indifferent, da für dasselbe jeder Exponent passt.
Die Unterschiede wachsen zwar proportional den Beobachtungs-
constanten, indessen bleiben sie — abgesehen von den beiden oberen
— für die in Betracht kommenden grösseren Constanten immer noch
klein und da Fehlerveränderungen von kaum der Hälfte dieser Unterschiede
meistens schon genügen würden, die eine oder die andere Beziehung
Wagner. Ueber Schätzungsgenauigkeit an Nivellir- und Distanzscalen. 467
als die richtigere erscheinen za lassen, so kann die Frage, ob der Ex-
ponent 1 oder 1/2 anzonefamen sei^ nur auf Grund exacter Beobachtungen
mit ausreichender Sicherheit beantwortet werden.
Die mit unvollkommenen Httlfsmitteln erzielten Resultate und Beob-
achtungen mit allzu grossen Fehlerschwankungen gestatten nur zweifel-
hafte Schltlsse.
IV. Tabelle.
"W'ä. —
•s © *••
•— « p
o u <o
•5? 'S -^
rfJ ^ §
S « fl
£ g o
c3 -^ ®
OD S 0
*-• S o
Scheinbare
Intervall-
grösse
J
j Kelativer
Schätzungs-
j fehler
0,030
m,
99
Relativer
Sebätzungs-
fehler
0,030
tu« =
Vj
Unterschiede
mm
0,10
0,50
1,0
1,5
2,0
3,0
4,0
6,0
9,0
mm
0,300
0,060
0,030
0,020
0,015
0,010
0,008
0,005
0,003
OQ
^ .2
« S
mm
0,094
0,042
0,030
0,024
0,021
0,017
0,015
0,012
0,010
»*^ 9D
.£3
00
^
'^ »"^ .£3
CS (D eS
11='
mm
+ 0,206
+ 0,018
0
— 0,004
— 0,006
— 0,007
— 0,007
— 0,007
— 0,007
In wie weit sodann Beobachtungen mit aussergewöhnlich grossen
Constanten in dieser Hinsicht überhaupt noch brauchbar erscheinen,
mttssen wir unentschieden lassen. Bedenken dieserhalb können jedoch
eintreten^ da einestheils grosse Constanten auch grosse Beobachtungs-
fehler voraussetzen, von denen es zweifelhaft sein kann, ob sie bei
anderem Verfahren u. s. w. nicht hätten vermindert werden könQen, und
anderentheils alsdann auch grosse Fehlerschwankungen vorkommen
werden.
Nachdem nun mit Rücksicht auf die unvermeidlichen Schwankungen
der Beobachtungsfehler eine Entscheidung zwischen den Exponenten 1
oder 1/2 mitunter schon schwierig sein wird, so würde eine Inbetracht-
nahme der dazwischenliegenden Werthe, z. B. 3J^, noch bedeutend
grössere Schwierigkeiten bereiten und zu wenig zuverlässigen Schlüssen
führen. Einestheils aus diesem Orunde und anderentheils, um der Fehler-
beziehung eine thunlichst einfache Form zu geben, erscheint es daher
zweckmässig, die Beobachtungen entweder dem Exponenten 1 oder 1/2
anzuschlieseen. Haben beide Exponenten gleiche Berechtigung, so würde
der Exponent 1 als der einfachere zu wählen sein.
Demgemäss sind in Tab. IV auch keine! anderen Exponenten als
1 bezw. 1/2 aufgeführt, und werden wir uns hauptsächlich mit diesen
beschäftigen.
30»
468 Wagner, lieber Schätzutigsgenaiiigkeit an Nivellir- und Distanzscalen.
Die Wahrscheinlicfakeitsgrenzen der Exponenten sind zwar haupt-
sächlich mit Zuhülfenahme graphischer Darstellungen ermittelt worden,
indessen lassen sich erstere auch in folgender Weise bestimmen.
Allgemein ist davon ausgegangen worden, dass kleine Fehler, die
bisher noch von keinem Beobachter erzielt wurden, je nacli ihrer Grösse
als zweifelhaft oder unwahrscheinlich bezw. als unmöglich angesehen
werden dürfen, während alle grösseren bereits erreichten Fehler als
möglich bezw. wahrscheinlich zu betrachten sind. Speciell ist dazu
Nachstehendes zu bemerken:
Zu Exponent 1. Auf Orund der bisherigen Erfahrungen erscheint
es geradezu unmöglich, dass an 9 J*) bezw. 6 J relative mittlere
Schätzungsfehler von nur 0,003 bezw. 0,005 mm, wie solche die Fehler-
beziehung für die Beobachtungsconstante 0,030 verlangt, erzielt werden
können. Auch Fehler von 0,008 bezw. 0,010 mm begangen an 4 J,
bezw. 3 J erscheinen — wie schon erwähnt worden — mindestens
zweifelhaft. Setzt man aber auch die Möglichkeit voraus, so würde die
Wahrscheinlichkeitsgrenze doch nur nach etwa 2,5 J gelegt werden
körinen. Denn einerseits ist es unwahrscheinlich, dass ein Beobachter
seine Oenauigkeitsgrenze schon so bald und plötzlich erreicht; er wird
vielmehr an 3 «7 noch einen grösseren Fehler begehen, und deshalb die
Grenze ansehnlich weiter aufwärts zu suchen sein. Anderseits kommt
dagegen in Erwägung, dass wir von dem Exponenten 1 unmittelbar auf
den Exponenten '/2 tibergehen, und da eine Veränderung der Fehler-
beziehung auch nicht plötzlich eintreten kann, so muss die Hälfte der
fehlenden Abrundung jeder Beziehung zugesetzt werden, wodurch eine
kleine Verschiebung der Grenze wieder nach abwärts bedingt wird.
Nimmt man sodann an, es könne ein kleinerer Fehler als 0,015 mm
nicht erzielt werden, so würde die Grenze aus den gleichen bereits er-
wähnten Gründen etwa bei 1,5 J anzunehmen sein. Wir haben daher
einen Spielraum von 1,5 «7 bis 2,5 «7, und um beiden Möglichkeiten
gerecht zu bleiben, legen wir die Wahrscheinlichkeitsgrenze nach rund
2t7. Wie sich später noch ergeben wird, kommt es überhaupt hierauf
nicht genau an; nur müssen ftlr beide Exponenten stets gleiche Voraus-
setzungen gemacht werden.
Von 2 J aufwärts bis 0,1 J steht der Wahrscheinlichkeit fiir den
Exponenten 1 nichts entgegen.
Das Ergebniss dieser Betrachtungen ist mithin dahin zusammenzu-
fassen, dass für die Beobachtungsconstante 0,030 der Exponent 1 nur
für 0,1 JT bis 2 J auf Wahrscheinlichkeit Anspruch machen darf, während
für grössere Intervalle in mehr oder weniger rascher Folge die
Exponenten 1/2, ^/g -^ wahrscheinlich sind.
») Abkürzung für ^=9,0 mm u. s. w.
Wagner. Ueber Schätsangsgenanigkeit an NivelHi^- und Diatanzscalea. 469
Zu Exponent i/^. Bei gleichen Voraassetzangen , wie oben^
müssen wir die untere Wahrscheinliefakeitsgrenze -^r d«n Exponenten
'/2 nach rund 4 J legen, woselbst der relative Schätzungsfehler 0,015 mm
beträgt; wie dies flir den Exponenten 1 an^ 2«/ der Fall ist.
Für den Exponenten 1/2 ist aber auch eine obere Grenze zu be-
stimmen. Es ist nämlich geradezu unm(^glich, dass ein Beobachter an
0,1/ einen Fehler von nur 0,094mm begehen sollte. Sodann. erscheint
ein Fehler von nur 0,042 mm, begangen an 0,5 Jj noch sehr klein, da
der bis jetzt an diesem Intervall beobachtete geringste Fehler rund
0,060 mm beträgt. Mit. Rücksicht auf mangelnde Abrundung und da
an kleinen Intervallen schon grössere Fehlerschwankungen vorkommen^
darf jedoch 0,5 J als obere Wahrscheinlichkeitsgrenze betrachtet werden.
Der Exponent ^/2 hat hiernach von 0,5 J bis 4 J Wahrscheinlichkeit,
dagegen für Intervalle < 0,5 und > 4,0 mm keine bezw. eine
verminderte.
Von 0,5 J bis 2 «7 haben die Exponenten 1 und ^j^ gleiche Wahr-
scheinlichkeit.
Zu Con staute 0,060. Setzt man sodann die Beobachtungs-
constante 0,060 anstatt 0,030 voraus, so verdoppeln sich die in Tab. IV
angegebenen relativen Fehler. Für diese Constante dürfte der Minimal-
fehler wohl nicht kleiner als 0,015 mm angesetzt werden. Alsdann
bleibt, — bei im Uebrigen gleicher Beurtheilung, wie vorstehend —
die obere Wahrscheinlichkeitsgrenze für die Beziehung -^f— unverändert,
während deren untere Grenze nach rund 3 J herabrückt.
Für die Beziehung ' fällt die obere Grenze etwas über 0,5 J
etwa nach rund 0,3 J und die untere Grenze nach 9 /.
Beide Beziehungen haben daher von 0^3 J bis 3 J" gleiche Wahr-
scheinlichkeit.
Zu Constante 0^090. Ferner ergiebt sich für die Constante
0,090, für welche die relativen Fehler dreimal grösser als die in Tab. IV
angegebenen sind und ein Minimalfehler von etwa 0,020 mm an-
genommen werden darf, die untere Grenze der einen Beziehung bei
rund 4Jund die der anderen Beziehung bei 16 J, sofern die Genauigkeits-
grenze nicht früher erreicht wird.
Die obere Grenze für -^ — ist beizubehalten, wogegen diejenige
n. 0,090
für nach rund 0,2 J aufrückt. Nach 0,1 J darf letztere Grenze
y J
nicht gelegt werden, da die Annahme, dass ein Beobachter, der eine
Constante von 0,090 erhält, an 0,1 J einen Fehler von nur
0,094 X 3 = 0,282 mm finden könnte, höchst unwahrscheinlich wäre.
Die gleiche Wahrscheinlichkeit wäre alsdann für 0,2 J bis 4J
vorhanden.
470 Wagner, lieber Schfttaangsgenaaigkeit an NivelKr- und Distanzscalen.
Sollten wir die Minimalfehler zu gross oder za klein angenommen
haben^ so würden die dadaroh bedingten Orenzversehiebungen für unsere
weiteren Betrachtungen nur nominellen Wertb haben.
Der Uebersicht halber sind . in Tabelle V die nach unseren Voratts-
setzungen ermittelten Wahrscheinlichkeitsgrenzen zusammengestellt.
Tabelle V.
Beobachtungs-
constante
a
Scheinbare
Intervallgrösse
J
Wahrscheinliche Grenzen
fUr die Exponenten
n=l
n^^k
Grenzen der
gleichen Wahr-
scheinlichkeit
0,030
7)
mm
0,1
0,5
2,0
4,0
wahr-
scheinlich
(
unwahr-
scheinlich
unwahr-
scheinlich
wahr-
scheinlich
gleich wahr-
scheinlich
unwahr-
scheinlich
0,060
n
7)
7»
0,1
0,3
3,0
9,0
wahr-
scheinlich
unwahr-
scheinlich
unwahr-
scheinlich
wahr-
scheinlich
l
gleich wahr-
scheinlich
unwahr-
scheinlich
0,090
7i
7>
0,1
0,2
4,0
16,0
wahr-
scheinlich
I
unwahr-
scheinlich
unwahr-
scheinlich
wahr-
scheinlich
gleich wahr-
scheinlich
unwahr-
scheinlich
Obgleich nun unsere Wahrscheinlichkeitsgrenzen auf Hypothesen
beruhen und sie durch veränderte Voraussetzungen mehr oder weniger
verschoben werden können^ so lassen sich dennoch hiernach folgende
allgemeine Schlüsse ziehen.
A. Die Wahrscheinlichkeit der Exponenten in der Fehlerfunction
m = — j — ist von der Beobachtungsconstante (a) und der scheinbaren
Jn
Intervallgrösse (J) abhängig. Für sehr kleine Intervalle hat nur der
Exponent 1 und für entsprechend grössere Intervalle der Exponent
1/2 u. s. w. Wahrscheinlichkeit. Innerhalb der in der letzten Spalte der
Tab. V angegebenen Grenzen ist für beide Exponenten vorläufig gleiche
Wahrscheinlichkeit in Anspruch zu nehmen.
Sossna. Aufldsung des einfachen RüekwärtsemschniUs etc. 471
Ob jedoch letztere allgemein aufrecht erhalten werden kann oder
aber, ob und inwieweit beide Exponenten sich darin theilen^ lässt sich
nur auf Orund exacter Beobachtungen beurtheilen.
B. Es ist unzulässig^ die an grossen Intervallen ermittelten Fehler-
beziehungen ohne Weiteres auf kleine Intervalle oder umgekehrt zu
übertragen. Aus unseren Wahrscheinlichkeitsgrenzen für die Be-
obachtungsconstante 0^030 ist dies- sofort ersichtlich. Für grössere
Oonstauten könnte dies wohl zweifelhaft erscheinen, indessen darf dieser-
halb nicht unbeachtet bleiben, dass je grösser die Constante ist oder was
dasselbe besagt: je grösser die Beobachtungsfehler sind, desto weniger
eignen sie sich überhaupt zur Ermittelung genauer Fehlerbeziehungen.
Auch liegt z. Z. noch keine Beobachtung von grösserem Umfange
vor, aus welcher eine gleichmässige Fehlerbeziehung hätte abgeleitet
werden können, ohne den einen oder anderen Theil der Beobachtung
zu vergewaltigen.
C. Die allgemeine Tendenz der Exponentengrösse steht in einem
zwar nicht feststellbaren, jedoch immerhin in einem gewissen umgekehrten
Verhältnisse zur Inter vallgrösse. Je grösser die Intervalle, desto kleiner
die wahrscheinlichen Exponenten.
Eine etwa beobachtete umgekehrte Tendenz würde nicht den ge-
ringsten Anspruch auf Wahrscheinlichkeit haben.
D. Da die in der Praxis hauptsächlich zur Verwendung kommenden
Intervalle — die für Distanzmessungen von 0,1 J bis etwa 2 J und
für Nivellirungen etwa von 1 / bis 4 J angenommen werden dürfen — ,,
innerhalb der Orenzen der gleichen Wahrscheinlichkeit liegen, so ist
hiernach zu vermuthen, dass für solche Messungen der wahre Exponent
zwischen 1 und ^2 fallen wird"*^), und zwar für Distanzmessungen (kleinere
Intervalle) mit einer Annäherung nach 1 und für Nivellirungen (grössere
Intervalle) mit Annäherung nach 1/2. Die Zulässigkeit dieses Schlusses
lässt sich schon aus einigen z. Z. vorliegenden Beobachtungen erkennen.
(Fortsetzung folgt.)
Auflösung des einfachen Ruckwärtseinschnitts mittelst
Rechenmaschine und numerisch-trigonometrischer Tafel ;
von H. Sossna.
Der zum Schluss des Heftes Nr. 9 auf Seite 288 abgedruckte
Nachtrag zur Lösung des einfachen Rückwärtseinschnitts mittelst Rechen-
maschine hat in Folge Platzmangels nur theilweise zum Abdruck
gelangen können. Der unberücksichtigt gebliebene Theil enthielt die
zweite Art numerischer Behandlung des auf Seite 272 bereits vor-
gefahrten Beispiels und wird dieses zur Gewährung besseren Einblicks
in das Rechnungsverfahren noch nachträglich angefügt.
^ *) Börsch machte schon früher hierauf aufmerksam. Vergl. Reinhertz
S. 21, 1895.
472 SosBna. AuflöBong des einfachen BUekwärtHeinBolinitts etc.
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?is :
Roll. Soldner^flche oder GauBB^sche Coordinaten. 473
Soidner'sche oder Gauss'sche Coordinaten.*)
In dem Artikel ^ Vergleichung der Mecklenburgischen Kegelprojection
mit der congruenten Soldner'schen Projection'' vom 15. April d, Js.
S. 257—263 d. Z. bin ich von dem Herrn Kammeringenier Vogeler in
solchem Umfange persönlich berührt worden, dass ich es nicht bei meinem
Artikel vom 4. April d. Js. 8. 321—327 d. Z. bewenden lassen kann.
Wenn Vogeler sagt, dass er es für unmöglich gehalten habe, dass
ich auf dem Standpunkte stehe, das conforme System wäre für Kataster-
zwecke weniger brauchbar, als das Soidner'sche und er um so weniger
annehmen gekonnt habe, dass ich dieser Ansicht sei, weil er selbst
schon vor 20 Jahren als Studirender der Aachener Hochschule von den
grossen Vorzügen des confer men Systems durchdrungen war, so wird er
aus meinen Ausführungen vom 4. April d. Js. und aus dem Nachfolgenden
entnehmen können, dass man auch jetzt noch aus sachlichen Gründen
sehr wohl dem Soldner'schen System an der richtigen Stelle vor dem
Gauss'schen System den Vorrrang einräumen kann.
Und wenn Vogeler die Helmert'sche Abhandlung ^Näherungsformeln
für die Gauss'sche Projection der Hannoverschen Landesvermessung'' in
Zeitschr. f. Verm. 1876, S. 238—253 heranzieht und sagt, dass in dieser
Abhandlung die Vorzüge der Gauss'schen Projection sowohl für die
Haupttriangulirung, als auch für die Detailtriangulirung in so objectiver
und überzeugender Weise zur Darstellung gebracht seien, dass er allen
jüngeren Landmessern, die sich über die vorliegende Frage Orientiren
möchten, dringend empfehlen könne, jenen Artikel zu studiren, so wird es gijit
sein, das was Helmert an der bezeichneten Stelle über die vorliegende
Frage sagt, hier gleich wörtlich folgen zu lassen, da nur Wenige in der
Lage sein werden, die Abhandlung einzusehen. Helmert sagt am Ende
dieses Artikels über die Gauss'sche Projection und über sphärische Co-
ordinaten Folgendes (Zeitschr. f. Verm. 1876, S. 252):
„Man kann nämlich der Meinung sein, dass für Detailaufnahmen
in der Nähe des Hauptmeridians bis y=64km die sphärischen ebenen
sowohl wie auch die ebenen Coordinaten benutzt werden können, als
sei die Erde wirklich eine Ebene. Dies ist nun völlig zulässig
für die Gauss'sche Projection. Denn die Vergrösserungszahl ist inner-
1
halb der genannten Beschränkung < 1 + ^^^^^ ; sie kommt also mit
Rücksicht auf die Ungenauigkeit direct gemessener Längen nicht in
*) Dieser Artikel erscheint^ wie auf Wunsch des Hei-m Professor Dr. Jordan
erklärt wird, unter meiner Verantwortlichkeit für die Redaction. Ich halte es
— ohne in der Sache selbst hier Stellung nehmen zu wollen — für Pflicht der
Redaction, Herrn Professor KoU gegenüber dem Artikel vom 15. April d. J.
(S. 257—263) nochmals das Wort zu geben.
17. Juli 1896. Steppes.
474 KoU. Soldner^Bche oder Gaass^sche Coordinaten.
Betracht. Insoweit aber nur triangulirt wird^ ist der Anschluss der
Detailarbeit sogar als ganz correct zu betrachten; denn Formel 4 ergiebt
(a' — ä) durchaus kleiner als 1 Secnnde.
Anders ist es bei Anwendung sphärischer Coordinaten.*) Lässt man
hier die Reduction der Abscissendifferenzen weg, so erzeugt dies Fehler
in den Richtungswinkeln bis zum Betrage von 5 Secundeu; kann also
bei der Einschaltung triangulirter Punkte fühlbar werden.
Wenn ich hier zu einem etwas anderen Resultate als Herr Jordan
Seite 30 und 31 des IV. Bandes (1875) der Zeitschrift komme, so hat
dies seinen Orund darin, dass derselbe den Schaden nach der Ab-
weichung der Vergrössernngszahl von 1 bemisst, während ich eine geringe
Vergrösserung für unschädlich halte, wenn sie nach allen Richtangen
hin constant ist. Dies letztere ist für Detailgebiete bei der Oauss'schen
Projection der Fall, nicht aber bei Behandlung sphärischer Coordinaten
als ebene Coordinaten.^
Was ich hierzu zu sagen habe, ist bereits von mir in meinen
früheren Artikeln in anderem Zusammenhange gesagt worden^ oder
soll, soweit dies nicht geschehen ist^ im Nachfolgenden gesagt werden.
Vogel er geht dann auf das ein, was ich über Mecklenburg gesagt
habe und glaubt auf meine Auslassungen eine Antwort schuldig zu sein
jenem grossen Leserkreise dieser Zeitschrift, welcher sich bisher nicht
eingehender mit conformen Projectionen beschäftigt hat und besonders
seinen hohen Behörden, die voll Vertrauen auf das jetzt zu schaffende
Werk, die Triangulirnng II. und III. Ordnung blicken, an welchem er
selber mitzuarbeiten habe.
Um klarzulegen, dass diese Antwort nicht nöthig war und es
mir gar nicht in den Sinn gekonmien ist, irgend etwas Nachtheiliges
über das zu sagen, was in Mecklenburg geschaffen worden ist und noch
geschaffen werden soll, muss ich die Entwickelung der Mecklenburger
Frage hier vollständig darlegen.
Jordan eröffnete diese Frage auf S. 93 d. Z. mit folgendem Satz:
^Was den von Prof. Koll ausgesprochenen Satz betrifft, dass bei conformer
Projection, wenn nicht das Land in viel mehr Systeme zerschlagen
werdensolle,fürjede Gemarkung besondere Reductionsmaassstäbe
*) Unter „sphärischen Coordinaten" versteht hier Helm ert die jetzt so-
genannten Soldner'schen Coordinaten im Gegensatz zu den ebenen conformen
Coordinaten, und der Sinn dieses Oitates ist daher: Bei Triangnlirang im
conformen System kann man die Detailarbeit ganz correct, wie eben ausfahren,
anders (d. h. ungünstiger) ist es bei Anwendung Soldner'scher Coordinaten,
weil hier Verzerrungen der Richtungswinkel bis 5'' (also Winkelfehler bis m
10") auftreten.
Was femer das abweichende Resultat von Herrn Jordan 1875 betrifft,
so bezieht sich das auf einen Irrthum, den ich 1875 — also vor 21 Jahren —
begangCD, und inzwischen in dieser Zeitschrift schon 4 mal, nämlich 1895
S. 340, 1896 S. 198, 215, 249 selbst berichtigt habe. D. Red. /.
Koll Soldner^sche oder Ganss^sche Coordinaten. 475
für Strecken und Flächenangaben erforderlieh würden^ so möchte es
genügen zu dessen Widerlegnqg die Praktiker des einzigen Landes zu
fragen, welches in Deutschland zur Zeit conforme Coordinaten hat,
nämlich die Geodäten von Mecklenburg, ob dort jemals besondere
Reductionen dieser Art von irgend Jemanden fQr n()thig gehalten wurden?"
Darauf habe ich S. 197 und 198 d. Z. die nächstliegende Erwiderung
gegeben, indem ich sagte: ^Wenn Herr Professor Jordan räth, nur die
Praktiker in Mecklenburg zu fragen, ob dort jemals besondere Reductionen
dieser Art von irgend Jemanden ftlr nöthig gehalten wurden, so ist
dazu zu bemerken, dass Mecklenburg 135 km breit und 220 km lang
ist, es also etwas grösser*) sein müsste, um in dieser Frage ein maassgebendes
Beispiel zu sein, und dass Mecklenburg es sich noch ruhig leisten kann,
die grösseren Verzerrungsfehler der Gauss'sehen Coordinaten in den
Kauf zu nehmen.^
Als Jordan mich dann nochmals mit Mecklenburg in Verbindung
brachte (S. 199 d. Z.) habe ich S. 200 d.Z. gesagt: „Bezüglich Mecklenburgs
habe ich nur auf seine manche der 40 preussischen Coordinatensysteme nicht
übersteigende Grösse hingewiesen und behauptet, dass es in der vor*
liegenden Frage kein maassgebendes Beispiel sein könne, als welches
es von Jordan hingestellt war.^
Diese meine Auslassungen sind meines Erachtens ganz klar. Da
sie aber offenbar missdeutet worden sind und ich es in erster Linie
lebhaft bedauern würde, wenn durch meine Auslassungen nach irgend
einer Richtung hin bei den Mecklenburger Behörden, die stets das
grösste Wohlwollen bei allem Vorwärtsstreben auf dem Gebiete des
Vermessungswesens gezeigt haben, eine ungünstige Meinung hervor-
gerufen würde, so will ich noch das Folgende zur Erläuterung sagen:
Dass Mecklenburg ein querachsiges Ooordinatensystem hat, war
bekannt. Demnach kann für die Beurtheilung der vorliegenden Frage,
nur die Breite von Mecklenburg in Betracht kommen, die von mir
unter Nichtberücksichtigung der schmalen ausspringenden Spitzen mit
135 km angenommen Wurde. Bei dieser Breite erreicht weder die
durchschnittliche Längenverzerrung, noch die Flächenverzerrung eine
solche Grösse, dass sie nicht noch vernachlässigt werden kann, wenn
dagegen der Vortheil eines einzigen Coordinatensystems für das ganze
Land und für alle Arbeiten eingetauscht werden kann, und nur in
diesem Sinne habe ich gesagt, dass Mecklenburg kein maassgebendes
Beispiel in der vorliegenden Frage sein kann.
Um nun aber vollends zur Klarheit über Mecklenburg zu gelatigen,
soll hier noch Einiges angeführt werden, was zu einem objectiven
Urtheil führen kann.
*) Mecklenburg ist, wie von Vogeler auf S. 259 und 262 nachgewiesen
wurde, in allen Beziehungen erheblich grosse rals ein preussisches Eatastersystem.
D. Red/J:
476 Koll. Soldner'scbe oder GansB^sche Coordinaten.
Die Mecklenburgische Projection ist (nach „Orossherzoglieh Mecklen-
burgische Landes -Vermessung II. und V. Theil^ Schwerin 1882 und
1895^) die confonne Kegelprojeetion. Die Längenverzerrnng ist bei der
Breite 9 = 540 30' : 1; 11630
„ <p=:540 16' : 1:24 330
^ (p = 530 45' : Null
^ 9 = 530 14' : 1:24330
„ 9 = 530 00' : 1:11770
Durch einen von Vogeler S. 259 d. Zeitschr. nur genannten von
Steiff S. 337 d. Zeitschr. ausführlich dargelegten Kunstgriff ist es nan
erreicht^ dass die Lüngenverzerrung verändert ist bei der Breite
(p = 54^30' in 4. 1 : 22270
9 = 54^16' „ :Null
<p = 53^48' „ — 1:24330
9 = 53^4' „ :Nttll
9 = 53^00' „ + 1:22800
Der Kunstgriff besteht einfach darin, dass die Projectionsfläche
verlegt ist, von der den Normalparallel 9 = 53^48' berührenden Kegel-
fläche auf die die Parallelen 9 = 54« 16' 8" und 9 «> 53*^ 13' 44" schnei-
dende Kegelfläche, oder was auf dasselbe hinauskommt, dass sämmtliche
Längen im ganzen Lande reduzirt sind und zwar um. 178,5 Einheiten
der siebenten Stelle ihrer Logarithmen. Der Normalparallel 53" 45'
wird also dementsprechend verkleinert dargestellt, während die Parallele
54° 16' 8" und 53^ 13' 44" in ihrer richtigen Länge erscheinen und an
der Grenze des Landes eine ungefähr der Verkleinerung des Normal-
parallels entsprechende Vergrösserung eintritt.
Ob dies Verfahren zweckmässig ist und ob es in einem grosseren
Staate mit Coordinatensystemen der verschiedensten Grösse, wo die ver-
schieden grossen Ooordinatensysteme verschiedene Längenreductionen
erhalten müssten, wenn nicht nnnöthig grosse Reductionen eintreten
sollten, anzuwenden ist, ist eine besonders zu erörternde Frage^ die mit
der Entscheidung, ob Soldner'sche oder Oauss'sche Coordinaten vorzu-
ziehen sind, ebensowenig etwas zu thun hat, wie die Frage der Höhen-
reduction. Denn ebensowohl wie bei der Oanss^schon Projection die
Projectionsfläche verlegt werden kann, kann das auch bei der Soldner^schen
Projection geschehen und wenn in einem gewöhnlichen Soldner'schen
System nicht der Meridian des Nullpunktes, sondern die beiden
Parallelen zu diesem Meridian, die ungefähr um ein Viertel der Breite
des Systems vom Nullpunkt entfernt sind in ihrer richtigen Länge
dargestellt werden, so wird ganz dasselbe erreicht, wie das, was in
Mecklenburg erreicht worden ist. Deshalb ist es auch dnrchans
unberechtigt, wenn Vogeler (8. 259 d. Z.) der linearen Verzerrung von
. bei 80 000 m Abstand von der Hauptachse in Mecklenburg die
J4 o2o
KolL. Soldner'scbe oder Gauss^sche Goordinaten. 477
lineare Verzerrung von _^ bei 65 000 m in Preussen gegenliber-
20 000
stellt, ohne dabei zu sagen, dass letztere auf herabgesetzt wird,
wenn in Preussen ebenso reducirt würde, wie in Mecklenburg. Dasselbe
gilt für Vogeler's Vergleichung der Flächenverzerrung 8. 262.
Vogeler sagt nun weiter aus seiner Uebersieht (S. 261, worin flir
Triangulirung III.— IV. Ordnung im Abstände von 60000 m von der
Hauptachse eine Richtungsverzerrung von etwa 0,5'' bei Oauss^scher
Projection und von etwa 5" bei Soldner'scher Projection nachgewiesen
ist) gehe hervor, dass eine ebene Kleintriangulirung mit einer Oenauigkeit
von =t 2" bis db 3", welche den heutigen Instrumenten entspreche und
durchaus wttnschenswerth sei, bei der Soldner'schen Projection der
40 preussischen Systeme zur inuern Unmöglichkeit werde. Die preussischen
Katastersysteme mtlssten auf 20 bis 30 km Abstand von der Hauptachse
beschränkt werden, wenn sie den conformen Coordinaten mit einem
Geltungsbereich von 80 bis 100 km Abstand vom Meridian das Gleich-
gewicht halten sollten.
Das klingt höchst bedenklich und geradezu vernichtend für die
Soldner'sche Projection, hat aber in Wirklichkeit wenig zu bedeuten,
denn Vogeler stellt erstens einen äusserlichen Schönheitsfehler als einen
wirklich bedenklichen Fehler hin und er begeht zweitens den Fehler,
der in ier Geodäsie in den letzten Jahrzehnten immer häufiger gemacht
wird, indem er Anforderungen an die Genauigkeit stellt, die durch den
Zweck der. Arbeiten nicht gerechtfertigt sind.
Die Bichtungsverzerrung würde nur dann als ein wirklich bedenk-
licher Fehler anzuerkennen sein, wenn durch dieselbe die Coordinaten
der trigonometrischen Punkte in bedenklichem Maasse beeinflusst würden.
Meines Eraohtens ist das aber nicht der Fall und solange nicht an
einem grösseren Dreieeksnetz IV. Ordnung der praktische Nachweis er-
bracht wird, dass in einem normalen Soldner^schen Ooordinatensystem
sich bei sphärischer Rechnung und ebener Rechnung bedenkliehe Ab-
weichungen in den bei den beiden Rechnungen erhaltenen Coordinaten
zeigen, kann man die Richtungsverzerrungen wie bisher als Fehler an-
sehen, die wohl die trigonometrischen Rechnungen etwas weniger schön
erscheine lassen, die aber im übrigen von keiner praktischen Bedeutung
sind.
Die übertriebenen Anforderungen an die Genauigkeit sind zuerst
tlblich geworden bei den Nivellements. Ohne Rücksicht darauf, ob der
Zweck, dem die Arbeit dienen sollte, dies erforderte, musste jedes etwas
^össere Nivellement als Präcisionsnivellement mit den feinsten Präci-
sionsinstrumenten durchgeführt werden und weder Zeit noch Geld wurde
geschont, um nur ja die höchstmögliche Genauigkeit zu erreichen. Das-
selbe Verfahren hat dann bei Stadtvermessnngen Eingang gefunden und
478 ^oll- Soldner'sche oder Gauss^sche Coordinaten.
jetzt scheint der Versuch gemacht werden zu sollen^ dies Verfahren auch
auf alle übrigen Parzellarvermessungen auszudehnen. Demgegenüber
muss darauf hingewiesen werden^ dass jede unnöthige Steigerung der
Genauigkeit unnöthigen Zeit- und Geldaufwand bedingt und dass es
unserm Vermessungswesen nicht zum Vortheile gereichen kann, wenn wir
mit der Entwicklung desselben in falsche Bahnen gerathen und nicht
mehr beachten^ dass die zu fordernde Genauigkeit mit dem Zweck; dem
die Arbeiten dienen Bollen, in Einklang stehen muss.
Nach der Kataster- Anweisung IX ist in Preussen im Dreiecksnetz
IV. Ordnung für eine Richtung noch ein Fehler von 25" zulässig.
Hieran kann auch fernerhin ganz unbedenklich festgehalten werden und
bei dieser Genauigkeit wird der aus der Richtungsverzerrung resultirende
kleine Zuwachs zu den Messungsfehlern nirgends fühlbar, und wenn
dann wirklich bei der Vermessung einer Stadt, wo die hohen Boden-
werthe eine grössere Genauigkeit bedingen, die Richtungsverzermng
dadurch, dass die Stadt gerade an der Grenze eines Coordinatensystems
liegt, so gross wird, dass die Folgen derselben bedenklich werden
könnten, so giebt es so einfache Mittel und Wege, dem abzuhelfen, dass
es deshalb noch durchaus nicht nothwendig wird, die Projection im
ganzen Staate zu ändern.
Ganz dasselbe, was ich hier über die Verhältnisse im Dreiecksnetz
IV. Ordnung gesagt habe, gilt auch fllr das Dreiecksnetz V. Ordnung
und für das Polygonnetz und wenn man bei der Berechnung der Polygon-
züge die Längenverzerrung berücksichtigen will, so kann man im Soldner'schen
System die Logarithmen der Abscissenunterschiede gerade ebenso einfach
reduziren, wie im Gaus'sschen System die Logarithmen der Seiten.
Bonn, den 24. Juni 1896. Otto Koll
Da dieser vom 24. Juni datirte, jedoch erst am 18« Juli endgültig
zum Druck eingesandte Artikel nach der Anmerkung auf S. 473 unter
Redactionsverantwortung eines Redaotionsmitgliedes noch in Heft 15
vor der Dresdener Versammlung zum Abdruck gebracht wird, so dass
es dem Herrn Kammeringenieur Vogel er, gegen welchen sieh der
Artikel richtet, nicht mehr möglich ist, ebenfalls noch vor dieser Ver-
sammlung sich darüber öffentlich zu äussern, halte ich mich für ver-
pflichtet, noch in Kürze das zuzufügen, was Herr Vogeler nach meiner
Ansicht etwa dagegen zu sagen haben wtLrde.
Zu der Hauptsache, ob die conforme oder die Soldner'sche Projection
für Katastermessungen vorzuziehen sei, kann nach den zahlreichen
Erörterungen, welche in den letzten Heften der Zeitschrift geführt
worden sind, nur der Schluss gezogen werden, dass die conforme Projection
die bessere ist; haben doch z.B. unter fünf berufsmässig mit der Sache
vertrauten Geodäten, welche alle in diesem Sinn sieh aussprachen, die
zwei trigonometrischen Vertreter der süddeutschen Stammlande der
Personalnachrichten. 479
Soldner^sehen Projection, Bayern und Württemberg (Seite 327 und
333), unumwunden erklärt, dass jene Projection nur deshalb in ihren
Ländern beibehalten werde, weil sie nun eben seit nafaesu 100 Jahren
eingeführt ist und nicht ohne weiteres abgeschafft werden kann.
Ganz ähnlich verhält es sich in Preussen, wo wohl Niemand daran
denkt „die Projection im ganzen Staate zu ändern^, obgleich
die vor 17 Jahren mit den 40 Söldner ^schen Katastersystemen getroffene
Wahl nicht die beste war, wie ja auch Herr EoU selber zugiebt, in-
dem er die dabei auftretenden Winkelverzerrungen bis zu 10" euphe*
mistisch einen „Schönheitsfehler^ nennt.
Solche „Schönheitsfehler^, oder praktisch gesprochen, sehr störende
Verzerrungen, die z. B. bei Stadtvermessungen die mittleren Messungs-
fehler erheblich übertreffen, kommen in der conformen Projection nicht
vor, und deswegen ist sie die bessere — sei es mit oder ohne den
besonderen kleinen „Kunstgriff^.
Insbesondere die Mecklenburgische conforme Projection ist im
Vergleich mit der Preussischen Katasterprojection ein Ideal; und des-
wegen ist die erneute gegen Mecklenburgische Geodäten erhobene
Behauptung, Mecklenburg sei zu klein um maassgebend zu sein u. s. w.
und die noch dazu gekommene Beschuldigung, dass die Mecklenburger
Geodäten eine mit dem Zweck der Arbeiten nicht im Einklang stehende
übertriebene geldverschwendende Genauigkeit erstreben, u. s. w. unrichtig,
und gegenstandslos und bis auf weiterea hiermit zurückzuweisen.
Hannover, 20. Juli 1896. Jordan.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Geheimer Regier ungsrath Dr. H e 1 m e r t ,
Director des Eönigl. Geodätischen Instituts in Potsdam, ist zum
correspondirenden Mitglied der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften
in Göttingen gewählt worden.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem
Landmesser Mendelssohn in Oels 0.-3. den Charakter als Bechnungs-
rath zu verleihen.
Finanz^Ministerium. Der Kataster-Kontroleur, Steuer-Inspector
Schaetzke aus Hirschberg ist zum Kataster -Inspector ernannt und
demselben eine Kataster -Inspektorstelle bei der Königliehen Regierung
in Magdeburg verliehen worden.
Die Kataster- Controleure Quandt zu Wächtersbach und Zumpft
zu Minden sind in gleicher Diensteigenschaft nach Pr.-Eylau bezw.
Wächt^rsbach, und die Kataster -Controleure Kukutsch in Mogilno
und Geidt in Dann als Kataster- Secretaire nach Marienwerder bezw.
Arnsberg versetzt worden.
480 Personalnacbrichten.
Die Kataster -Landmesser Hillert aus Berlin und Propping in
Minden sind zu Kataster -Controleuren befördert; denselben ist die
dauernde Verwaltung der Kataster* Aemter Putzig bezw. Minden II
übertragen. Die Kataster -Landmesser Albatb in Marienwerder und
Massing in Trier sind zu Kataster -Controleuren in Mogilno bezw.
Dann bestellt worden.
K5nigreicll Bayern. S. K. H. der Prinzregent geruhten, den
Bezirksgeometer Max St eg er in Nürnberg zum Vorstand der königl.
Messnngsbehörde Eichstätt und' den Messungsassistenten Heinrich
Schweikart zum Bezirksgeometer II. Klasse und Vorstand der könig-
lichen Messungsbehörde Viechtach zu ernennen; ferner den Bezirksgeo-
meter Spanl in Donauwörth auf die Vorstandsstelle der königlichen
Messungsbehörde Hof zu versetzen, zum Vorstand der königlichen
Messungsbehörde Donauwörth den Kreisgeometer Oabriel Greger in
Augsburg zu ernennen und des Letzteren Stella dem Messungsassistenten
Klein in Spayer zu verleihen; den Obergeometer Kraus des könig-
lichen Katasterbureau unter Anerkennung seiner langjährigen treuen
und eifrigen Dienstleisti&ng in den Ruhestand zu versetzen; zu Ober-
geometern beim Katasterbureau die Katastergeometer Fritz und Weber
zu befördern und zu Katastergeometern den Messungsassistenten Heiss
und den geprüften Geometer Seiferldin zu ernennen; endlich den
Obergeometer Ed . Bay er der FlurbeVeinigungscommission zum Steuerrath
bei dieser Commission zu befördern und zu Flurbereinjgungsgeometern
II. Klasse die geprüften Geometer Wasem und Zenetti zu ernennen.
Finanzministerium. Zu Messungsassistenten wurden ernannt die
geprüften Geometer: Schauer bei der königlichen Regierung von Ober-
fi^anken, Hit sc hier bei der königlichen Regierung der Pfalz, dann
Karl Schönmetzer, Josef Bamberger und Franz Holz beim
königlichen Katasterbureau.
Königreich Sachsen. Angostellt 'als Geometer sind beim Central-
bureau für Steuervermessung in Dresden die verpflichteten Feldmesser
Alwin Oswald Hensel und Paul Kurt Lindner.
Grossherzogtfanm Baden. S. K. H. der Grossherzog hat die
Bezirksgeometer Karl Pro ts eher, Jakob Schumann, Julius Fuhr-
mann und Ulrich Baumann landesherrlich angestellt.
Inhalt.
Grössere Mittheflungen: Ueber Schätzungsgenauigkeit an Nivellir- und Distanz-
Scalen, von Wagner. — Auflösung des einfachen Bückwärtseinschiiitts
mittelst ßechenmaschine und nuraerisch-trigonometrischer Tafel, von Sossna.
— Soldner'sche oder Gauss* sehe Coordinaten, von Koll. — PersonalnachricMni.
Verlag von Konrad^Wittwer Stuttgart — Druck von Gebrüder^Jänecke in Hannover.
48t
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan» und 0. Steppes,
Professor in Hannover Steuer-Rath in München.
1896. Heft 16. Band XXV.
15. Auerust.
Uebersicht
der
Literatur für Vennessung^swesen
vom Jahre 1896,
Von M. Petssold in Hannover. .
Etwaige Berichtigungen und Nachträge zu diesem Ldteratttrbericht;
die im nächsten Jahre Verwendung finden können, werden mit Dank
entgegen genommen.
Eintheilung des Stoffes.
1. Zeitschriften^ die in früheren Literaturberichten nicht aufgeführt
sind oder Veränderungen erlitten haben.
2. Lehr- und Handbücher^ sowie grössere Aufsätze, die mehrere Theile
des Vermessungswesens behandeln.
3. Mathematik, Tabellenwerke, Rechenhilfsmittel; Physik.
4. Allgemeine Instrumentenkunde, Maasse; Optik.
5. Flächenbestimmung, Stttckvermessung, Katasterwesen, Kulturtech-
nisches, markscheiderische Messungen.
6. Triangulirung und Polygonisirung.
7. Nivellirung.
8. Trigonometriische Höhenmessung, Refractionstheorie.
9. Barometrische Höhenmessung, Meteorologie.
10. Tachymetrie und zugehörige Instrumente, Photogrammetrie.
11. Magnetische Messungen.
12. Kartographie, Zeiehenhilfsmittel; Erdkunde.
13. Traciren im Allgemeinen, Absteckung von Geraden und Oarven etc.
14. Hydrometrie.
15. Ausgleichungsrechniing, Fehlei^heorie.
16. Höhere Oeodäsie, Erdmessung.
17. Astronomie.
Zeltscliriffc für Vermessangswesen 1896. Heft 16. 31
482 1* Zeitschriften etc. 2. Lehr- und Handbücher, sowie grössere Aufsätze etc.
18. Geschichte der VermeSBangskande, Geometervereine^ VersammlaBgeii.
19. Organisation des YermessangswesenS; Gesetze und Verordnungen,
Unterricht und Prüfungen.
20« Verschiedenes.
1. Zeitschriften, die in frflheren Literaturberichten nicht aufgefOhrt sind
oder Veränderungen erlitten haben.
Geographische Zeitschrift. Herausgegeben von Dr. A. Hettner, a. o. Pro-
fessor an der Universität Leipzig. Erster Jahrgang 1895. Leipzig
1895; Teubner. Jährlich 12 Monatshefte zu je 3^/2 bis 4 Bogen.
Preis halbjährüch 8 Mk.
Oiomale dei Oeometri. Organo deir Associazione nazionale fra i
Geometri del Gatasto. Vol. 2.
La Topografia moderna y el Catastro. Revue mensuelle. Destinöe k
la propagation des bonnes theories et pratiques de la Topographie
moderne, k la realisation, avec son aide et d'autres moyens, d*un
Cadastre parfait et d^une Garte parcellaire topographique, ainsi
qu^jt la defense des int^rets legitimes jusqu'ä präsent l^s^s.
Publice sous la Direction de D. H. Ruiz Amado, Ingenieur des
Forsts, Inspecteur g^n^ral du Corps de TEtat^ en retraite. Barcelona,
Calle de Fontanella Nr. 7. Jahresabonnementspreis 14 fr. Bespr.
in d. Journal des G^om^tres 1895, S. 31.
The Surveyor, a weekly Journal. London 1895. Year IV. (52 nrs.)
Zeitschrift des Schlesischen Landmesser- Vereins. Schriftleiter B. Seyfert,
Königl. Landmesser in Breslau. Verlag des Schlesischen Landmesser-
Vereins. Geschäftsstelle Breslau, Zietenstrasse 1. Jahresabonnements-
preis 2,5 Mk. Jährlich 6 Hefte. Breslau 1895, 1. Jahrg.
2. Lehr- und HandbOcher, sowie grössere Aufsätze, die mehrere Theile
des Vermessungswesens behandeln.
Baur, F, Lehrbuch der niederen Geodäsie, vorzüglich für die prak-
tischen Bedürfnisse der Forstmänner und Landwirthe, Kameralisten
und Geometer, sowie zum Gebrai|che an militärischen und technischen
Bildungsanstalten. 5. Aufl. (Gr. 8^, XVI und 579 8. mit 304
Holzschn. und 1 lithograph. Tafel.) Berlin, P. Parey. Geb. in
Leinwand 12 Mk.
de Benedictis, B., Generale. Lo stato dei lavori che si eseguiscono
neir Istituto Geograflco Militare per la Carta d'Italia, e i metodi
seguiti per formarla. Boma 1895, Civelli.
Brathuhn, 0., Oberbergamts-Markscheider. Lehrbuch der praktischen
Markscheidekunst. 2. vermehrte und vollständig umgearbeitete
Auflage. Leipzig 1894, Veit & Comp. Bespr. in der Zeitschr. f.
Vermessungsw. 1895, S. 70 — 75.
2. Lehr- and Haudbüclier, sowie grössere Aufsätze etc. 483
DaUet^ O. Manuel pratique de Geodäsie. Paria 1895. (120 mit 22 Fig.)
3,50 Mk.
tJrede, G., Ingegnere. Elementi di Topografia oon an* Appendice salle
Applicazioni della Topografia secondo i Programmi degii Istitati
tecnici dclF Ingegnere O. Giuliani. Terza Edizione. Firenze 1894,
B. Remporad & Figlio. Bespr. in d. Zeitschr. f. Yermessungsw. 1895,
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Fuhrmann, Dr, A., Prof. I. Ueber einige geodätische Instrumente,
deren Libellen und Fernrohre. IL Die Nivellirinstrumente, ihre
Benutzung, Prüfung und Berichtigung. Bemerkungen für Architekten,
Bautechniker, Landmesser u. s. w. Leipzig 1895, Seemann. Bespr.
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Jacoahgeli, 0., Ing. e Prof. Triangolazioni topografiche e triangolazioni
catastali. Modo di fondarlo sulla rete geodetica. Con 32 incisioni^
4 Quadri degli elementi geodetic!, 32 Modelli esemplificati pei
ealcoli trigonometrici e Tavole ausiliarie. Milano 1895, Hoepli.
Bespr. in d. Zeitschr. f. Yermessungsw. 1895, S. 219.
Jctdanza^ N., Prof. Elementi di Geodesia. Quarta edizione, 1895.
Elegante volume di 616 pagine (in litografia) con figure intercalate
nel testo. 12,50 Lire.
Jahrbuch der Kais. Russ. Geographischen Gesellschaft, 'redigirt von
A. A. V. Tillo, J. W. Muschketow und A. W. Grigoriew. III. Bd.
(S^y 263 S.) St. Petersburg. (In russ. Sprache.) I. Uebersicht
der geodätischen, topographischen und kartographischen Arbeiten
des Kriegsministeriums (S. 1 — 20). U. Uebersicht der geodätischen
und kartographischen Arbeiten des Marineministeriums (S. 21 — 33).
lY. Historische Uebersicht über die geodätischen Arbeiten des
Ministeriums der Wegebauten (S. 55 — 100) von Boguslawsky.
Y. Bericht über erdmagnetische Arbeiten im Jahre 1891 (S. 101 bis
115) von Leyst. VH. Die Meteorologie in Bussland 1891 (S. 178 bis
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nach den Arbeiten russ. Seeleute (S. 34 — 54) von Mordowin.
Bespr. in Petermanns Mittheil. 1895, Literaturber. S. 88.
Jordan, Dr, TF., Prof. Handbuch der Vermessungskunde. Erster
Band. Ausgleichungsrecbnung nach der Methode der kleinsten
Quadrate. Vierte erweiterte Auflage. Stuttgart 1895, Metzler.
Bespr. in d« Zeitschr. f. Yermessungsw. 1896, S. 150.
Kraft, G.y Oberforstmeister a. D. Die Anfangsgründe der Theodolit-
messung und der Polygonometrie. Mit einem Anhange: Von den
31*
484 2. Lehr- und Handbücher, sowie grossere AufsätEe etc.
Fehlern der Messangen. Dritte Auflage; bearbeitet von Schering,
Professor and Forstmeister zu Altenplathow. Mit 91 Figuren.
Hannover 1895, Helwing. Bespr. in d. Zeitschr. l, Vermessmngsw.
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Physikälisch'Technische Reichsanstalt Wissenschaftliche Abhandlungen.
Band U. BerUn 1895. (Gn 40. 5 u. 541 8. m. 48 Holzschnitten.)
30 Mk. Die Geodäsie betr. Inhalt: Thiesen, M., Thermometriscbe
Arbeiten, betreffend die Vergleichungen von Quecksilberthermometern
untereinander. Untersuchungen über die thermische Ausdehnung von
festen und tropfbarflüssigen Körpern. — Scheel, K., u. Diessel-
horst, H., Bestimmungen der Aenderung der Schwere mit der
Höhe auf dem Grundstück der Physik.-Techn. Reichsanstalt. Bandl,
1894 (576 S. m. 16 Holzschnitten). 30 Mk.
Piat, Ch»j Ing. R^gence de Tunis. Rapport sur le foncionnement
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Gannstatt. Herausgegeben von dem k. statistischen Landesamt
Stuttgart. Stuttgart 1895, Verlag des k. statist. Landesamtes. (22 S. 8^.)
Report of the Superintendent of the ü. S. Coast and Geodetic Survey
for the fiscal year ending June 30, 1892. Part II: Appendices
relating to the methods, discussions and results of the Coast and
Geodetic Survey. Washington 1894. (8«. 8 und 552 S. mit 35 Tafeln.)
Geb. 8 Mk. The complete Report, 2 parts in 40 und 80. 1893 bis
1894. (233 und 560 8. mit 52 Karten und Tafeln.) Geb. 12 Mk.
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techniker. Jahrgang 1896. Mit vielen Holsschnitten« Stuttgart^
Wittwer. Bespr. in d. Central-Zeitung für Optik u. Mech. 1895^
5. 221.
V* SchliAenj W. £, A., Kammerrath. Vollständiges Hand- und Lehrbuch
der gesammten Landmeaskunst mit besonderer Berttcksichtigung
der preuss. Verm.-yorschriften : Kat.-Anw. VIII und IX von 25. Oct.
1881. Ein Nachsohli^ebuch fifar Landmessery Geometer, Kultur-
techniker^ Ingenieure, Offiziere, Forstbeamte, Landwirthe und Die-
jenigen, welche aus Beruf oder Neigung für praktische Flur-
vermessung sich interessiren. Allgemein verständlich dargestellt
und zum Selbstunterricht vollständig neu bearbeitet und heraus-
gegeben von Trigonometer W. Ca vi lie. 9. vollständig umgear^
beitete Auflage. Halberstadt u. Leipzig, Ernst.
Taplay Th.y Professor. Geodätische Gonstructionen und Berechnungen.
Directiven für die Herstellung kleinerer geodätischer Elaborate
aus Feld-Daten und für die Berechnung einfacher Dreiecks-Sjsteme.
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Wolff B. Taschenbuch für Mathematik, Physik, Geodäsie und Astronomie.
6. Aufl. mit 32 Tabellen und vielen Holzschnitten. (In 4 bis 5
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Jede Lieferung 1 Mk.
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zur Vorbereitung des Studiums der Differentialrechnung, Algebra
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Roy. 80.) 10 Mk. Bespr. in d. Literar. Centralbl. 1895, S. 755.
Böcher, M. üeber die Reih enent Wickelungen der Potentialtheorie. Mit
einem Vorwort von F. Klein. Mit 113 Fig. im Text. Leipzig
1894, Teubner. (VIH, 258 8. Gr. Roy. 8^.) 8 Mk. Bespr. in
d. Literar. Centralblatt 1895, 8. 218.
CantoVj M. Vorlesungen über Geschichte der Mathematik. Dritter
(Schluss-) Band. Vom Jahre 1668 bis zum Jahre 1759. Zweite
Abth. Die Zeit von 1700 bis 1726. Mit 30 Figuren im Text.
Leipzig 1896, Teubner. (Gr. 8«. 8. 253 bis 472.) 6Mk. Bespr.
in d. Deutschen Literaturztg. 1895, S. 1663.
Czubery E. Aphorismen zur Entwicklungsgeschichte der Mathematik im
19. Jahrhundert. Wien 1895. (8«. 15 S.) 1 Mk!
Dölp, H. Aufgaben zar Differential- und Integralrechnung, nebst den
Resultaten und den zur Lösung nöthigen theoret. Erläuterungen.
6. Aufl. (Gr. 80, IV, 209 S. mit Fig.) Giessen, J. Ricker. 3,40 Mk.,
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486 3. Mathematik, Tabellenwerke, Recbenbilfsmittel; Physik.
Dressel, L. S. J. Elementares Lehrbuch der Physik nach den neuesten
Anschauungen für höhere Schulen und zum Selbstunterricht. Mit
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7,50 Mk. Bespr. in d. Literar. Centralblatt 1895, S. 1715.
Drolshagefty Landmesser. Eine neue Näherungslösung der Quadratur
des Kreises. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1895, S. 586 — 588. Be-
merkung dazu von Puller, ebendas. S. 661.
Fischer, E. Reiheneiitwicklungen mit Hülfe arithmetiseher Progressionen
höherer Ordnung. Berlin 1895. 1,20 Mk.
Gauss, F. G. Fünfstellige YoUständige logarithmische und trigono-
metrische Tafeln. Halle a. S. 1895, E. Strien. 2,50 Mk. Bespr. in
d. Tijdschrift voor Eadaster en Landmeetkunde 1895, S. 202.
Girard, J. Notice sur Femploi de la r^gle iogarithmique dite r6gle
k calcul. Journal des Göometres 1895, S. 17—20, 41—43, 117 bis
120, 175—179.
Glaser, S. üeber einige nach Binomialcoefücienten fortschreitende
Reihen. Berlin 1895. (40.) 1,20 Mk.
GraetZy L. Compendium der Physik. Für Studirende. 2. Aufl. (Gr.
8«. II, 454 S. mit 257 Abbild.) Wien, Fr. Deuticke. 7 Mk.
Grossmann, L, Praktische Anleitung zur Berechnung der Constanten
der BesseFschen Formel für den täglichen und jährlichen Gang
periodischer Elemente. Altena 1895. (Gr. 40, 6 8.) 1 Mk.
Holzmüller, Dr. G,, Director. Methodisches Lehrbuch der Elementar-
Mathematik. Dritter Theil, Lehr- und üebungsstoff zur freien Aus-
wahl für die Prima realistischer Vollanstalten und höherer Fach-
schulen, nebst Vorbereitungen auf die Hochschul-Mathematik. Mit
160 Figuren im Text. Leipzig 1895, Teubner.
Hoppe, 0., Prof. Elementares Lehrbuch der technischen Mechanik.
Zweite Abtheilung: Mechanik der tropfbaren und gasförmigen
Flüssigkeiten. Mit 106 Abb. im Text. Leipzig 1895, Felix. Bespr.
in d. Zeitschr. d. Archit.- u. Ing.-Ver. zu Hannover 1895, 8. 618.
Hräbdk, J,, k. k. Oberbergrath. Praktische Httlfstabellen für logarith-
mische und andere Zahlenrechnungen. 3. abgekürzte Ausgabe.
Leipzig 1895, Teubner. Bespr. in d. Central-Zeitung für Optik u.
Mech. 1895, S. 91 ; d. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1895, S. 221.
Jadanza, N,, Prof. Guida al calcolo delle coordinate geodetiche. 4 Lire.
Jordan, Dr. TT., Prof. Mathematische und geodätische Hülfstafeln.
9. Aufl. (8», 120 S.) Hannover, Helwing's Verlag. 1 Mk.
Jrion, Ä. Tabelle zur einfachen Berechnung von Bogenlängen. Vereins-
schrift des Badischen Geometer-Vereins 1895, S. 45.
Kiepert, Dr. L., Prof. Grundriss der Differential- und Integral-Rechnung.
I. Theil: Differential-Rechnung. Siebente vollständig umgearbeitete
und vermehrte Auflage des gleichnamigen Leitfadens von weil. Dr.
M. Stegemann. Mit 160 Figuren im Texte. Hannover 1895, Hei wing.
3. Mathematik, Tabellenwerke, Bechenhäfsmittel; Physik. 487
KUngaischy A. üeber die geometrische Lösung eines Systems linearer
Gleichungen. Monatshefte für Mathem. u. Phys. III. Bd.^ 8. 169
bis 177. Bespr. in d. Jahrbuch über die Fortschr. der Mathem.
Bd. XXIV, Jahrg. 1892 (gedr. 1895), 8. 106.
V. Lommd, E, Lehrbuch der £zperimenfalph3rsik. (550 8.) Leipzig
1895, J. A. Barth. 6,40 Mk. Bespr. in d. Zeitschr. f. Instru-
mentenk. 1895, 8. 77.
Mahler, O., Prof. Ebene Geometrie. Mit 115 zweifarb. Fig. Stuttgart
1895, Göschen. (115 S. 120.) q^q Mk. Bespr. in d. Literar.
Centralbl. 1895, S. 1403.
Müller 'PouiUet*s Lehrbuch der Physik und Meteorologie. 9. Aufl.
y. Prof. Dr. Leop. Pfaundler unter Mitfdrkung des Dr. 0. Lummer.
In 3 Bänden. Mit gegen 2000 Holzschnitten, Tafeln z. Th. in
Farbendruck. 2. Bd. 1. Abth. Braunschweig, Vieweg & Sohn.
Niewenglowski, B. Gours de göom^trie anal3rtique k Zusage des äives
de la dasse de math^matiques speciales et des candidats aux jcoles
du gouyemement. Tome I. Sections coniqnes. Tome II. Con-
struction des courbes planes. Paris 1894/95, Gautier- Villars. Bespr.
in d. Literar. Oentralblatt 1895, S. 612 u. S. 885.
d'Ocagne^ Jtf., Ing. Le calcul sans operation. La monographic. Bevue
des Questions scientifiques, publice par la Soci^tä scientifique de
Bruxelles. 2. ser., I. Bd., S. 48 — 82. Bespr. in d. Jahrbuch über die
Fortschr. der Mathem. Bd. XXIY, Jahrg. 1892 (gedr. 1895), S. 563.
— Le calcul simplifiö par les procöd^s m^aniques et grapMques.
Conferences faites au conservatoire national des arts et metiers,
les 26 f^vrier, 5 et 19 mars 1893. Paris 1894, Gantier- Villars et
fils, (II, 118 S. Gr.8\) Bespr. in d. Literar. Centralblatt 1895,
S. 1126.
Peter seUy C T. Logarithme- Tabeller med fem Decimaler til praktisk
brng (uden Interpolation). 5. oplag. Christiania 1894. (Gr. 8^,
109 S.) Cart. 1,20 Mk.
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1895, 8. 407--413.
PrytZy JB., capitaine. Tables d'anti-logarithmes« Journal des G^om^tres-
Experts 1895, S. 6—10.
V, Beden, U. Logarithmische Rechenmaschine. D. R.-P. Nr. 70 131.
Bespr. in d. Zeitschr. f. Instrumentenk. 1895, S. 37.
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gleichungen. In 2 Bdn. 1. Bd. Leipzig 1895, Teubner. (XX,
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2 Bdn. 2. Bd. Vorlesungen über einselne Theile der höheren
Analysis. 4. Aufl. (Or. 8^^ X n. 546 S. m. Holzschn.) Braun-
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aufgaben für höhere Lehranstalten. Mit vielen in den Text ge-
druckten Holzschnitten. Ausgabe C. Für abgekürzte Kurse.
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grösserer logarithmisch -trigonometrischer Tafeln (mit 10 Decimal-
stellen). Biproduzione fotozincografica dell' Istituto Geografico
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Weber y H,, Prof. Lehrbuch der Algebra. Li 2 Bänden. 1. Bd.
(Gr. 80, 653 S. m. 28 Abb.) Braunschweig, F. Vieweg & Sohn.
16 Mk.
Winkdmannj Dr. A,^ Prof. Handbuch der Physik. Unter Mitwirkung
von Dr. Auerbach, Prof. Dr. Braun u. A. hrsg. Mit Holzschnitten.
Lief. 24. Breslau 1895, Trewendt. (Boy. 80.) 3 Mk. Bespr. in
d. Literar. Centralblatt 1895, S. 1617.
WiUlneTf Dr. A., Lehrbuch der Experimentalphysik. Fünfte, vielfach
umgearbeitete und verbesserte Auflage. .Erster Band: Allgemeine
Physik und Akustik. Mit 321 in den Text gedr. Abbildungen und
Figuren. Zweiter Band: Die Lehre von der Wärme. Mit 131 in
den Text gedr. Abbildungen und Figuren. Leipzig 1895 u. 1896,
Teubner. Bespr. in d. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1896, S. 62 u. 157.
Zeuthen, JET. 6r., Prof. Geschichte der Mathematik im Alterthum und
Mittelalter, Vorlesungen. Kopenhagen 1896, A. Host & Sohn.
Zimmermann^ L. Rechen-Tafeln^ zum Gebrauche für Schule und Praxis.
Coblenz 1895. Verlag des techn. Versandgeschäftes R. Reis in
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messungsw. 1895, S. 30.
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American Bange Finder Company, Entfernungs- und Höhenmesser.
D. R..P. Nr. 79494. Bespr. in d. Zeitschr. f. Instrumentenk.
1895, S. 458.
Baggif /., Ing. Sulla Verificazione e rettificazione di un Goniometro non
munito di livella. Risposta alia domando. Rivista di Topografia
e Catasto 1895/96, Vol. Vm, S. 88—93.
Baggij F., Ingegnere. Sulla flessione dei cannocchiali nella misura
delle distanze zenitali. Astronomische Nachrichten 1895, Bd. 137,
S. 353—358.
4. Allgemeine Inssbrumentenkande, Maasse; Optik. 489
Bassetf A. B. A treatise on physical optica. Cambridge^ Deighton^
Bell and Co.
Biese, A, C, Fernrohr für veränderliche Vergrösserung. D. R.-P.
Nr. 76921. Bespr. in d. Zeitsohr. f. Instrnmentenk. 1895, S. 420;
d. Central -Zeitung für Optik u. Mech. 1895, S. 23.
Broca, A. Aplandtisme et achromatisme. Journal de physique th^o.
rique et appliqu^e 3 ser., I. Bd., 8. 147 — 162. Bespr. in d.
Jahrbuch über die Fortschr. der Mathem., Bd. XXIV, Jahrg. 1892
(gedr. 1895), S. 1040.
Butenschön, 6r. Winkelmessinstrument, bei welchem Libelle, Fadenkreuz
und Bild gleichzeitig zu beobachten sind. D. R.-P. Nr. 76668.
Bespr. in d. Zeitschr. f. Instrumentenk. 1895, S. 385.
Cavani, -F., Prof. Riprove nelle letture dei vemieri. Rivista di Topo-
grafia e Catasto 1895/96, Vol. VIH, S. 122—127.
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Lomb. di so. e lett. 1895, Serie II, Vol. XXVIII.
— Teoria generale degli squadri a riflessione. Milano 1896, Tipografia
e Litografia degli Ingegneri.
Coradi, G. Die Planimeter Coradi (Systeme Hohmann-Coradi und
Lang- Coradi). Beschreibung und Anleitung zum Gebrauch und
zur Prüfung derselben mit einer elementaren, allgemeinen Erklärung
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Coradi, G, Polarplanimeter. D. R.-P. Nr. 74288. Bespr. in d. Zeitschr.
f. Instrumentenk. 1895, S. 310.
Doli, Dr. M. Optische Werkstätte von Zeiss in Jena. Zeitschr. f.
Vermessungsw. 1895, S. 119 — 122.
Duquenoy, G, Doppelnadel < Waage. D. R.-P. Nr. 77672. Bespr. in
d. Zeitschr. f. Instrumentenk. 1895, S. 422.
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Optik u. Mech. 1895, S. 13—14.
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S. 177—182.
Erede, 6r., Ing. Nuoyo bastone per squadri a prisma. Rivista di
Topografia e Catasto 1895/96, Vol. VIU, S. 107.
Ertel (& Sohn. Neue Ertel'sche Libelle. Zeitschr. d. Rhein. - Westf.-
Landm. -Ver. 1895, S. 70 — 72; Zeitschr. für Instrumentenkunde
1895, S. 108—109; Central - Zeitung für Optik und Mech. 1895,
S. 3—4; Zeitschr. f. Vermessungsw. 1895, S. 122—123.
— Neue Mikrometer - Schraube für Präcisions- Instrumente. Central -
Zeitung für Optik u. Mech. 1895, S. 163—164; Organ für die
Fortschritte des Eisenbahnwesens 1895, S. 208.
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FüJMHf E.y Gap. II telemetro StroobantB paragonato a qaelli ritenati
finora come i migliori. II Politecnico 1895, S. 129—140, 193—199;
284—295.
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D. B.-P. Nr. 74851. Bespr. in d. Zeitschr. f. Instramentenk.
1895, 8. 351.
Fennel^ A. Deelinatorium (in Verbindung mit einem Theodolit zu ge-
brauchen). D. R.-P. Nr. 76229. Bespr. in der Zeitschr. f. Instra-
mentenk. 1895, S. 419.
Fennel, 0, jun. Optische Ablesevorrichtung an Freihandwinkelmessern
mit Fernrohr. D. R.-P. Nr. 70645. Bespr. in der Zeitschr. f. In-
strumentenk. 1895, S. 38.
Finsterwcdder, S. lieber die Bilder dioptrischer Systeme grösserer Oeff-
nung und grösseren Gesichtsfeldes. Jahresbericht der Deutschen
Mathematiker- Vereinigung 1890/91, I. Bd., S. 41 — 43. Bespr. in
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grafia e Catasto. Roma 1895, Civelli.
"Ooetz, J. Hängender Nivellir- und Winkelapparat. D. R.-P. Nr. 74847.
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D. R.-P. Nr. 76933. Bespr. in d. Zeitschr. f. Instrumentenk. 1895,
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V. HelmhoUz, Dr. JET., Prof. Bandbuch der Physiologischen Optik.
Zweite umgearbeitete Auflage. 8.— 10. Lief. Hamburg und Leipzig,
L. Voss.
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Bespr. in d. Zeitschr. f. Instrumentenk. 1895, S. 268.
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6 Lire.
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— Doppelfernrohr mit vergrössertem Öbjectivabstand. D. R.-P.
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Gentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Zweiter Theil
Beschreibung einiger Instrumente für Stationen II. u. I. Ordn. und
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Beobachtungen in Potsdam in den Jahren 1890 und 1891 mit
einem Titelbild, 5 Abbildungen im Text und 10 Tafeln. Sonder-
abdruck des Textes. Berlin 1894, Asher & Co.
— Ergebnisse der Beobachtungen an den Stationen II. und III. Ordnung
im Jahre 1891, zugleich Deutsches Meteorol. Jahrbuch für 1891,
Beobachtungssystem des Königreichs Preussen und benachbarter
Staaten. Bearbeitet von Dr. Kremser. ' Berlin 1895, Asher & Co.
(40, XVI, 283 S. und 1 Karte.) 15 Mk.
Ergebnisse der Meteorologischen Beobachtungen in Potsdam
im Jahre 1893. Bearbeitet von Prof. Dr. Sprung. Berlin 1895,
Asher & Co. (40, XXX, 102 mit Abbild, im Text und 7 Tafeln.)
9 Mk. Beide Werke sind besprochen in d. Meteorolog. Zeitschr.
1895, Literaturber. S. (57).
Möllery 0. Holosterik-Barometer mit auf der Kapsel gelagerter Zeiger-
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the university of Wisconsin 1895. Engineering series Bd. 1;
Nr. 5, S. 101—145. 35 cents.
Steiner, F. Die Anwendungen der Photographie auf dem Gebiete des
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Polytechn.-Ver. in Böhmen, XXII. Bd., S. 134—164. Bespr. in dem
504 Wagner, üeber Schätzungsgenauigkeit an Nivellir- und Distanzscalen.
Jahrbuch über die Fortschr. der Mathem. Bd. XXIV, Jahrg. 1892
(gedr. 1895), S. 561.
Ziegler - Hager. Neues geodätisches Universalinstrument. Central-Zeitung
für Optik u. Meeh. 1895, S. 183—186.
V. Ziegler, F. Handbuch der Tacheographie, zum Gebrauche für
Ingenieure, Militair-Ingenieure, Architekten, Geometer, Professoren
und Schulen, auch für Laien leichtfasslich dargestellt. Metz 1894,
Evens Verlag. 5,40 Mk. (Fortsetzung folgt.)
lieber Schätzungsgenauigkeit an Nivellir- und
Distanzscalen ;
von Ingenieur Carl Wagner in Nastätten (vorm. Wiesbaden).
(Fortsetzung von S. 471.)
Vergleichen wir nun aber auch unsere Wahrscheinlichkeitstheorie
mit einigen ausgeführten Beobachtungen.
Wagner beobachtete an scheinbaren Intervallen von 0,1 bis 1,6 mm
0,030
und fand für den relativen Schätzungsfehler nahezu die Beziehung — p.
Dieses Resultat liegt nach den Tabellen IV und Y innerhalb unserer
Wahrscheinlichkeitsgrenze. Speoiell ist für 0,1 bis 0,5 J der Exponent
1 allein wahrscheinlich, während für 0,5 bis 1,6 J auch der Exponent ^2
theilweise Berechtigung hat, was aber aus der Beobachtung selbst, wegen
zu geringen ümfanges und zu kleinen Unterschieden (m, — fn^) nicht
nachweisbar ist.
Würde Wagner seine Beobachtungen an grösseren Intervallen fort-
gesetzt haben, so hätte er für diese Fortsetzung nach unserer Theorie
in mehr oder weniger rascher Folge die Exponenten ^/2, ^3 "^
finden müssen bezw. für diese nur Wahrscheinlichkeit in Anspruch haben
nehmen dürfen.
Die aus dem bayerischen Präcisions- Nivellement abgeleiteten
Schätzungsfehler wurden an scheinbaren Intervallen von 0,9 bis 2,9 mm
beobachtet und die Felllerbeziehung ^ gefunden. Hier liegt der
Exponent 1/2 vollständig innerhalb unserer Wahrscheinlichkeitsgrenzen,
während der Exponent 1 weniger wahrscheinlich ist, da er an seine
untere Grenze stösst, indessen immerhin noch theilweise in Betracht
kommen könnte. Die Richtigkeit dieses Schlusses ergiebt sich aus der
Beobachtung, wenn man deren relativen Schätzungsfehler mit der
0 070
Beziehung — ^-= — vergleicht. Diese Beziehung schliesst sich nämlich
den beobachteten Fehlern zwar nicht so ffut als ^ ^ an, indessen sind
Wagner, lieber Schätzvngsgenaaigkeit an NiveUir- und Distanzscalen. 505
die Unterschiede (v) im Vergleieh zn den Fehlerschwankungen nicht
bedeutend.
Mit diesen beiden Beobachtungen stimmt somit unsere Theorie
gut überein. Auch mit den Resultaten von Reinhertz, die dieser an
Intervallen von 0,3 bis 9,2 mm beobachtete und dafür die Fehler^
beziehung ^ ermittelte (Tabelle 15, Seite 609 — 611); ist dies
hinsichtlich des Beobachtungstheils von 1,8 bis 9,2 J der Fall, wogegen
unsere Theorie mit dem Theil von 0,3 bis 1,7 J in starkem Wider-
sprach steht. Eine graphische Darstellung dieser Beobachtung ergiebt
nämlich; dass ungefähr an 1,7 J ein auffallend starker Wechsel der
Exponentengrösse eingetreten ist, und zwar letztere fUr 0^3 — 1,7 J
(0 Oftß \
m= 6 i, während für 1,8—9.2 J der Ex-
ponent 1/2 beibehalten werden muss. Reinhertz beobachtete daher eine
stark umgekehrte Tendenz der Exponenten^ als solche nach unserer
Theorie verlangt wird.
Eine theil weise Inbetrachtnahme einer Beobachtung muss aber zu-
lässig sein, sobald die betreffenden Theile genügenden Umfang haben,
was hier zutrifft. Wagner, der überhaupt nur an 0,1 — 1,6 J be-
obachtete, fand für den hier in Vergleich kommenden Theil (0,3 — 1,6 J)
den Exponenten 1, wie auch für seine ganze Beobachtung. Wir haben
daher zwei Beobachtungen von gleichem Umfang und gleicher Intervall-
grösse, von welchen die Eine den Exponenten '/^ und die andere 1
lieferte.
Bei einer theilweisen Beurtheilung einer Beobachtung kann zwar
mit Rücksicht auf die Fehlerschwankungen nicht verlangt werden, dass
die Exponenten der Theile dem Durchschnittsexponenten genau ent-
sprechen, indessen ein so grosser Unterschied, wie hier aus der Be-
obachtung von Reinhertz hervorgeht, lässt sich damit nicht erklären.
Es müssen offenbar noch andere unbekannte ungünstige Umstände dabei
mitgewirkt haben, und mit dem besten Willen können wir z. Z. nicht
anders, als den fraglichen Beobachtungstheil zu beanstanden.
Nachdem sodann die von Reinhertz noch weiter mitgetheilten
Schätzungsfehler (Tab. 16 u. 18) mangels genügenden Umfangs auch
keine Schlüsse für kleinere Intervalle gestatten, so lässt sich der Be-
obachtung von Wagner keine andere gegenüberstellen. Die abweichenden
Ansichten betreffs dieser Beobachtung dürften darauf zurückzuführen
sein, dass Reinhertz an kleinen Intervallen sehr grosse Fehler beobachtete,
und dadurch veranlasst wurde, den Resultaten von Wagner nicht die
nöthige Beachtung zu schenken.
Da obige Vergleichungen als zu allgemein gehalten und nicht ge-
nügend beweiskräftig angesehen werden könnten, so lassen wir hier noch
speciellere, auf anderer Grundlage beruhende Vergleichungen folgen.
506 Wagner. Ueber Scbätzungsgenaiiigkeit an Nivellir- und Distanzscaleii.
Stellt man za diesem Zwecke die Beobachtungen graphisch
dar — die Zielweiten als Abscissen und die mittleren relativen Schätzungs-
fehler als Ordinaten behandelt — y so ergiebt sich zunächst^ dass die
Fehlerschwankungen yermittelst einer geraden Linie min-
destens ebenso genau^ mitunter sogar noch etwas strenger
als mit einer Curve ausgeglichen werden können. Eine
Verlängerung dieser Geraden müsste ferner mit dem Nullpunkt der Ziel-
weite zusammenfallen, sofern die Schätzungsfehler genau proportional
den Zielweiten wachsen würden. Dies ist aber wohl nie der Fall, es
ergiebt sich vielmehr für jede Beobachtung für 0 Ziel weite eine mehr
oder weniger kleine positive Ordinate (y), die vermuthlich theils von
der Beobachtungsconstante (a), theils von der Zielweite (Z) bezw. von
der scheinbaren Intervallgrösse (J) abhängig ist.
Wirdy von jedem Schätzungsfehler in Abzug gebracht; so verbleiben
die Reste derselben (bezw. die ausgleichende Gerade) streng proportional
den Zielweiten. Wir erhalten daher, indem wir von den Zielweiten
unmittelbar auf die scheinbaren Intervallgrössen schliessen, die Fehler-
beziehung :
eine fUr den gewöhnlichen Gebrauch zwar zu umständliche Formel, die
jedoch von keiner anderen an Genauigkeit übertroffen werden durfte
und in welcher der Exponent von J nur 1 sein kann, da die Gleichung
der geraden Linie eine solche 1. Grades ist
Auf diese Weise findet man die speciellen Fehlerbeziehungen für
die Beobachtungen von:
0 027
Wagner m = — ^-y {- 0,005 mm,
Bayerischen Nivellements nach Vogler m = —^ J- 0,015 mm,
Reinhertz fQr die scheinbaren Intervalle von
1,8 bis 9,2 mm — m = —^. f- 0,020 mm.
Wird sodann die Fehlerausgleichungs - Gerade bis zur Abscissen-
achse verlängert, so darf y entfallen, da alsdann, von dem erhaltenen
Schnittpunkt aus gerechnet, die Schätzungsfehler in geradem Verhältnisse
zur Zielweite stehen, nachdem letztere um den Abstand des Schnitt-
punkts von dem Nullpunkt der Ziel weiten vergrössert worden sind.
Dieser Abstand (x) beträgt nach den Resultaten von Wagner = rund
12 m, nach dem bayerischen Nivellement =7 24 m und nach Reinhertz
16 m. Je nachdem bei der Bestimmung der Aasgleichujigsgrade die
nicht feststehenden Gewichte der einzelnen Fehler beurtheilt werden, läset
sich die Grösse von x um einige Meter verändern, was jedoch nur
einen unerheblichen Einfluss auf unsere Vergleichungen haben würde.
Wagner. Ueber Schätzungsgenauigkeit an Nivellir- und Distanzscalen. 507
Mit Zuhülfenahme von x lassen sich nun die Exponenten ftir die
Beziehung m==-y^ leicht prüfen. Die berechneten Ergebnisse sind in
«/
Tabelle VI zusammengestellt und dabei die einzelnen Beobachtungen
sowohl im Ganzen als auch in mehrere Theile zerlegt behandelt,
da durch letzteres ein guter üeberblick über die allmählich eintretenden
Veränderungen der Exponenten erzielt wird.
Tabelle VI.
O
«9
s .1
M &
Zielweiten
i
Vz
i
i
5 1
Der Beobachtungs-Theile
Quotienten u
i. Fehler
Quotienten für:
Fehler für:
der ganzen jocuu- u
acntung für: J
wahre
Z
3
ergänzte
Z+x
4
Z
Z+x
7
Vz
8
z
9
Vz
Z
Z+x
12
Vz
1
2
6
10
11
13
S,
1-1
i* s
1
mm
0,1
0,2
0,5
0,9
1,6
0,9
1,6
2,9
m
625
312
120
70
40
89
50
27
m
637
324
132
82
52
25,00
17,66
10,95
8,37
6,32
943
7,07
5,20
5,92
4,69
3,60
2,65
}2,00
} 2,60
}1,71
}1,75
1,97
2,46
1,61
1,58
1,53
1,45
1,34
1,31
1,26
1,42
1,61
1,31
1,32
1,33
1,36
- 2
- 6
— 6
— 11
+ 28
+ 34
+ 19
+ 16
1 15,6
1 (- «Wo)
12,3
2,22
2,22
3,96
(+58%)
113
74
51
51
38
29
23
}l,78
}1.85
— 16
-28
+ 13
+ 6
\ 3,30
1 (- Wo)
1,81
(+ 200/0)
1,8
2,9
9,2
35
22
13
7
} 1,59
} t,6^
} 1,86
1,26
130
1,36
-19
-29
-48
+ 6
+ 1
— 8
l 5,00
1 (-1450/0)
2,23
(oo/o)
Dazu ist Nachstehendes zu erläutern.
Die scheinbaren Intervalle in Spalte 2 sind theilweise nach Maass-
gabe der Zielweite und der benutzten Fernrohrvergrösserung bestimmt
worden und zwar für die Reinhertz'schen Beobachtungen, die sich auf
verschiedene Vergrösserungen beziehen, mit dem zu 25fach sich ergebenden
Durchschnitt. Die bayerischen Nivellirungen wurden mit 32facher
die Beobachtungen von Wagner mit 25facher Vergrösserung ausgeführt.
Erschien es aber zweckmässig gegebene scheinbare Intervalle fest-
zuhalten, so wurde umgekehrt hiernach die Zielweite bemessen. Auf
unsere Berechnungen haben diese Intervalle keinen unmittelbaren Ein-
fluss, und sollen sie auch nur zur leichteren Vergleichung der vorstehenden
Ergebnisse dienen. Demgemäss stimmen auch die in Spalte 3 in vollen
Metern angegebenen „wahren" Zielweiten mit den wirklich benutzten
Zielweiten nicht immer überein, was auch nicht erforderlich ist.
In Spalte 4 ist bei den „ergänzten" Zielweiten x zu den oben an-
gegebenen Werthen angenommen.
508 Wagner. Ueber Schätzungsgenauigkeit an Nivellir- und Distanzscalen.
Auf Orund der Spalten 3 bis 5 sind die Quotienten in den Spalten
6 bis 8 bezw. 11 bis 13 berechnet worden. Es beträgt z. B. nach
Wagner für Zielweiten von 120 m bis 312 m der Quotient für die „er-
324 312
gänzten" Zielweiten —— = 2,46, dagegen für den Exponenten 1= ^^ =
A.ÖJS X^U
2,60 und für den Exponenten V2 = ^^"7^=^ = tt^W = 1;61- Diese
'^ 1/120 10,95
Quotienten lassen aber die Unterschiede der Fehlerbeziehungen nicht
übersichtlich genug erkennen, daher wurden nach diesen noch die pro-
centlichen Fehler ermittelt (Spalte 9 u. 10). Für das Beispiel berechnen
sich dieselben für Z zu |4^ = 1,06 = 6O/0 und für j/Z zu -^^ =
2,46 2,46
0,66 = 340/0, d. h. mit anderen Worten : im Vergleiche mit unserer, auf
Z -\-x gegründeten Fehlerforrael giebt — innerhalb 120 bis 312 m
Zielweite — die Function -y um 6% zu grosse und die Function — ^=
um 34% zu kleine Resultate. In gleicher Weise sind auch die übrigen
Ergebnisse der Tabelle zu beurtheilen.
Aus den Spalten 9 u. 10 geht nun sofort hervor, dass für kleine
scheinbare Intervalle nur der Exponent 1 und für grössere Intervalle
nur der Exponent */2 in Betracht kommen kann.
Sodann ist eine allmählich eintretende Gleichberechtigung der beiden
Exponenten ersichtlich. Die Grenze dieser Gleichberechtigung fällt nach
Wagner nach 1,8 «7, dagegen nach den bayerischen Resultaten nach 1,2 J.
Das Mittel hiervon wäre 1,5 J. Wir dürfen jedoch das erstere Ergeb-
niss mit Rücksicht auf das zur Anwendung gekommene strengere Ver-
fahren (Doppel-Feldtheilung, Ablesungen in nur weissen Feldern u. s. w.)
als das richtigere ansehen und demgemäss vermuthen, dass diese Grenze
zwischen 1,5 J und 2,0 «7 zu suchen sei. Eine genauere Bestimmung ist
nach den vorliegenden Beobachtungen nicht thunlich. Es ist ohnehin
auch nicht wesentlich, ob diese Grenze nach 1,5 J^ oder nach 2,0 J
gelegt wird.
Der zwischen 4,8 J und 9,2 J bei dem procentlichen Fehler für
\^Z vorkommende Zeichenwechsel deutet darauf hin, dass zwischen
diesen Intervallen schon ein kleinerer Exponent als 1/2 sich be-
merkbar macht.
In den Spalten 11 bis 13 sind sodann die Quotienten für jede
Gesammtbeobachtung eingetragen und die daraus berechneten Fehler-
procentsätze in Klammern beigefügt. Es geht daraus hervor, dass auch
ohne Berücksichtigung der Theile für die Beobachtung von Wagner nur
der Exponent 1, dagegen für die beiden anderen Beobachtungen nur
der Exponent ^f^ zulässig erscheint.
Aus diesen Vergleichungen folgt aber, dass unsere, bloss auf voraus-
gesetzte Beobachtungsconstanten und Genauigkeitsgrenzen gestützte all-
Wagner, lieber SchätzuDgsgenauigkeit an Nivellir- und Distanzscalen. 509
gemeine Wahrscheinlichkeitstheorie in jeder Hinsicht mit den verglichenen
Beobachtungen gut tibereinstimmt; und sofern letztere durch ander«
weitige Beobachtungen nicht wesentlich abgeändert werden müssen^ so
würde unsere Theorie wohl schon nahezu der Wirklichkeit entsprechen.
Für die Reinhertz^schen Beobachtungen an den scheinbaren Inter-
vallen von 0^3 bis 1,7 mm (Tab. 15) ergiebt sich nach obigem Verfahren
0 012
die Fehlerbeziehung in = -^ 1" Ö;Ö73 mm' und hiernach a; = 380m!
Diese Zahlen stehen aber mit allen bisherigen Beobachtungsresultaten in
so grossem Widerspruch^ dass nichts anderes erübrigt^ als erstere zu
beanstanden, wozu wir schon früher gezwungen waren.
Aus unseren Betrachtungen folgt schliesslich, dass für die Fernrohr-
vergröBserungen auch keine gleichmässigen Beziehungen zu erwarten
sind. Das jetzige unmittelbare Beobachtungsmaterial reicht zwar zu
einwandsfreien Schlüssen nicht ans, indessen ist es doch^sehr wahr-
scheinlich, dass für jede hier in Betracht kommende Vergrösserung bei
deren Benutzung an kleinen scheinbaren Intervallen die Beziehung -y-
a
und an grösseren Intervallen TTj annähernd gefunden wird, dass ferner
die Beziehungen für verschiedene Vergrösserungen, je nach den Be-
tt ^
obachtungen an kleinen oder grossen Intervallen, zu -=; oder , /-=^ sich
ergeben werden, sowie dass die Grenze der Gleichberechtigung beider
Beziehungen — wie bei den Intervallen — , zwischen 1,5 J und 2,0 J
fallen dürfte.
8. Beziehungen zwischen dem Ziel- oderEinstellungsfehler
und dem Gesammt-Schätzungsfehler.
Die Beziehung zwischen dem Einstellungs- und dem Gesammt-
Schätzungsfehler würde als eine gleichmässige zu betrachten sein, wenn
nicht die Fadenstärke die Schätzungen ungleich beeinflusste. Dieser
Einfluss besteht darin, dass der Beobachter nicht nur die auf beiden
Seiten des Fadens vorragenden Intervalltheile gegen einander abzuwägen
bat; sondern dabei auch jedem Theile die Hälfte der Fadenstärke zu^
schlagen muss. Sowohl hierdurch, als auch durch die eintretende Ver-
schmälernng der vorragenden Theile^ werden aber die Schätzungen an
kleinen scheinbaren Intervallen, für welche die scheinbare Fadenstärke
eine verhältnissmässig ansehnliche Breite hat, ungemein erschwert.
Für grössere Intervalle verschwindet dagegen der Einfluss der
Fadenstärke sehr bald. Derselbe fällt z. B. an den scheinbaren Inter-
vallen von 1,5 bis 2,0 mm schon nicht mehr oder doch nur ganz un-
510 Wagner. Ueber Sohätzangsgenanigkeit an Nivellir- und Distanzscalen.
erheblich ins Gewicht, und bei noch grösseren Intervallen ist er über-
haupt nicht mehr fühlbar. Es ist hiernach erklärlich, dass an kleinen
Intervallen verbal tnissmässig stärkere Schätzungsfehler als an grösseren
Intervallen begangen werden können und auch thatsächlich vorkommen.
Bei Einstellungen lässt sich ein umgekehrtes Verhältniss erkennen.
An kleinen Intervallen^ — sofern dieselben gross genug sind^ um die
beiderseits des Fadens vorragenden Intervalltheile mit genügender Deut-
lichkeit sehen zu können, was als Grundbedingung für genaue Ein-
stellungen gelten muss — , sind letztere anstandslos zu bewirken, da
eine Erkennung der Gleichheit schmaler weisser Streifen auf schwarzem
Grunde geradezu als eine leichte Aufgabe anzusehen ist. Je grösser
dagegen die Intervalle sind, desto mehr wird das Augenmaass für die
Beurtheilung der Gleichheit der beiderseitigen Streifen in Auspruch
genommen und desto grösser können die Einstellungsfehler auftreten.
Aus diesen Betrachtungen folgt, dass zwischen Einstellungs- and
Gesammt- Schätzungsfehler nicht für alle Intervallgrössen gleichmässige
Beziehungen zu erwarten sind. Insbesondere wird in dieser Hinsicht
ein ziemlich rasch abnehmender Unterschied zwischen kleinen und grossen
Intervallen zu machen sein, wogegen für grössere Intervalle, an welchen
die Fadenstärke die Schätzungen nicht mehr belästigt, eine constante
Beziehung sehr wahrscheinlich ist.
Betreffs der Grösse dieser Beziehungen liegen z. Z. nur zwei, stark
von einander abweichende Beobachtungen, vor.
Reinhertz beobachtete mittelst Mikroskops von 15facher Ver-
grösserung den Einstellungsfehler an scheinbaren Intervallen von 1,0 bis
7,5 mm (Tab. 19, S. 614), und fand denselben 6,7 mal kleiner (Constante
^^ \ als den von ihm ermittelten Gesammt-Schätzungsfehler (Tab. 15,
s! 609—611).
Wagner beobachtete mit 25facher Fernrohr vergrösserung den Ein-
fitellungsfehler an scheinbaren Intervallen von 0,2 bis 0,4 mm (S. 97,
1886 ds. Ztschr.) nur 3,5 mal kleiner als den aus seinem Distanzfehler
abgeleiteten Gesammt-Schätzungsfehler (S. 84 u. 102). Da Schlüsse von
kleinen Intervallen auf grössere unzulässig sind, so lässt sich nur ver-
muthen, dass an grösseren Intervallen möglicher Weise noch kleinere
Unterschiede gefunden werden können, weil die von Wagner benutzten
kleinen Intervalle in dieser Hinsicht offenbar die grössten Unterschiede
ergeben müssen.
Appel, welcher mit freiem Auge an Intervallen von 0,2 bis 1,2 mm
beobachtete (Tab. 22, S. 614), fand den Einstellungsfehler um etwa
1/4 grösser als Reinhertz und Wagner. Da jedoch Appel nicht auch
gleichzeitig Beobachtungen für Schätzungsfehler anstellte, so können seine
Resultate für die Grösse der Beziehung nicht benutzt werden.
Wagner. Ueber Schätzungsgenanigkeit an Nivellir- und Distanzscalen. 511
Die übrigen von Reinhertz aufgeführten Beobachtungen über Ein-
stellungsfehler sind wegen zu grosser Fehler überhaupt nicht zu ver-
werthen.
Da die Genauigkeit^ mit welcher solche Beobachtungen zur Er*
zielang einwandsfreier Resultate ausgeführt werden müssen^ häufig unter-
schätzt wird; so dürften einige Erörterungen dieserhalb nicht überflüssig
erscheinen.
Appel fand für seine Einstellungsfehler die Beobachtungsconstante
0,018, Reinhertz = 0,012 und Wagner = 0,008. Hieraus ist zu schliessen,
dass für genaue Einstellungen die Constante zu etwa rund 0,010 an-
genommen werden darf. Für diese Constante beträgt aber der Unterschied
0 010 Ö»Ö10
zwischen den Beziehungen -^ — und 'TTy' for Intervalle > 0,7 mm
höchstens ' = 0,0023 mm. (Vergl. letzte Spalte unserer Tab. IV.)
Ferner geht aus den bisherigen Beobachtungen hervor, dass dieselben
sich weder dem Exponenten 1 noch ^/2 streng anschliessen, sondern
deren Fehlerbeziehungen mehr oder weniger in die Mitte zwischen
beide Exponenten fallen. Daher wird in den meisten Fällen eine
Fehlerveränderung von 1/3 bis 1/2 des obigen Unterschieds oder rund
± 0,001 mm und im Maximalfalle db 0,002 mm schon genügen, die
eine oder andere Beziehung als die riclitigere erscheinen zu lassen.
Wie schwierig aber mit Rücksicht auf die unvermeidlichen
Schwankungen der Beobachtungsfehler die Erzielung einer solchen Oe-
nauigkeit ist, vermag nur derjenige genügend zu würdigen, der selbst
derartige Beobachtungen angestellt hat. Es liegt sogar nicht ausser
dem Bereiche der Möglichkeit, dass ein guter Beobachter unter ganz
gleichen Umsfänden heute dem Exponenten 1 und morgen dem Ex-
ponenten ^/2 sich nähert. Mithin kann es zweifelhaft erscheinen, ob
einwandsfreie Fehlerbeziehungen für Einstellungen an scheinbaren Inter-
vallen > 0,7 mm überhaupt ermittelt werden können.
An Intervallen <C 0,7 mm vergrössern die maassgebenden Unter-
schiede sich sehr rasch. An 0,5 J ist z. B. der Unterschied schon rund
2 1/2 mal und an 0,2 »7=12 mal grösser als an 0,7 J. Daher sind an
diesen kleinen scheinbaren Intervallen schon sichere Resultate zu
erwarten.
Zur Beobachtung von Einstellungsfehlern dürfen selbstredend nur
solche Verfahren angewendet werden, die unmittelbar wahre Fehler
ergeben. In dieser Hinsicht kann sowohl das von Wagner benutzte Ver-
fahren (S. 87, 1886), als auch die vom Verfasser für Schätzungen an-
gegebene Verfahrungsweise, bei welcher nur die Pernröhrvergrösserung
benutzt wird (8. 452) empfohlen werden. Mit ersterem Verfahren
erhält man für jede Noniusablesung am Ziele je zwei und mit letzterem
je einen wahren Fehler.
512 Peraonalüachrichten. — Fehler-Berichtif^aiig.
Schlassbemerkungen.
Aus vorstehenden Betrachtungen geht zur Genüge hervor^ dass die
Ermittelung der richtigen Fehlerbeziehung für Schätzungen an Niveliir-
und Distanzscalen und insbesondere diejenige für Einstellungen, wohl
die schwierigste Aufgabe der Feldmesskunst ist, und dass dabei selbst
gewandte Beobachter mit der strengsten Sorgfalt verfahren müssen, um
nicht zu Trügschlüssen verleitet zu worden.
Da es sodann noch einige Zeit dauern wird, bis die etwaigen
Zweifel durch entsprechende Beobachtungen gehoben sind, so möchte
Verfasser schliesslich den Vorschlag machen: bis dahin für Distanz-
messungen den Exponenten 1 gelten zu lassen und für Nivellirungen
den Exponenten */2 anzunehmen. Damit würde sowohl den z. Z. vor-
liegenden Resultaten verschiedener Beobachter, als auch der Wahrschein-
lichkeit einstweilen gleichmässig Rechnung getragen sein.
Nastätten, December 1895. C. Wagner,
Personalnachrichten.
Königreich Prenssen. Finanz-Ministerium. Dem Eataster-
controleur, Steuerinspector Spelten zu Krefeld ist die Verwaltung des
Eatasteramts Krefeld I übertragen. Die Katastercontroleure, Steuer-
inspector Lehwald zu Johannisburg und Schüttlöffel zu Buer sind
in gleicher Diensteigenschaft nach Bartenstein bezw. Oebisfelde, sowie der
Katastersecretair, Steuerinspector Christoph Friedrich in Hildesheim
als Katastercontroleur nach Krefeld und der Katastercontroleur Heck ei
in Hultschin als Katastersecretair nach Hildesheim versetzt worden.
Bestellt sind: zum Katastersecretair in Oppeln der Katasterassistent
Nowak daselbst^ sowie zu Katastercantroleuren in Hultschin bezw.
Johannisburg und Buer die Katasterlandmesser Sey del in Danzig bezw.
Friedrich Conradt in Königsberg i. Pr. und Lack in Liegnitz.
Der Katastercontroleur Rieschieck zu Alfeld ist in gleicher Dienst-
eigenschaft nach Hirschberg versetzt.
Die Katasterlandmesser H aub ri cb aus Stade, Fal k e nrot h in
Breslau und Giesemann in Merseburg sind zu. Katastercontroleuren
in Papenburg bezw. Alfeld und Stolzenau bestellt worden.
Fehler-Berichtigung.
In Heft 13 Seite 414 : ^Maassstab mit auswechselbaren Füssen^ ist
auf der 6 letzten Zeile irrthümlich noch gedruckt 1. Mai; es muss
heissen: ^falls ein Mechanikus bis zum 1. November 1896 das Recht
zur Herstellung neuer Maassstäbe erwirbt".
Lippstadt, 13. Juli 1896. EichhoUz, Landmesser.
Inhalt
Grdssere MitllieUuiigen: Uebersicht der Literatur für Vermessungswesen vom
Jahre 1895. Von M. P e t z o 1 d in Hannover. — - Ueber Sdiiätzungsgenanigkeit
an Ni vellir- und Distanzscalen, von Wagner (Fortsetzung). ^ PirtonalnacMcMMi.
— Fehler-Berichtigung.
Verlag von Konrad Wittwer Stuttgart — Druck von Gebrüder Jftnecke in Hannover.
513
ZEITSCHRIFT FOR VERMESSUNGSWESEN.
*
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannovec Steuer-Rath in Manchen.
1896. Heft 17. Band XXV.
1. September.
Zur Geschichte des Fadenkreuzes;
von B. Hammer.
In der Neubearbeitung von Schlieben's Landmesskunde durch
Trigonometer Caville findet sich S. 224 die Notiz: „Im Jahre 1758
verfertigte John DoUond das . erste achromatische Fernrohr und erst id
Jahre 1840 machte Gascoique (so) in England die Entdeckung,
welche das Fernrohr zu geodätischen Beobachtungen geeignet machte^ ;
nämlich die Erfindung des Fadenkreuzes. Es handelt sich bei diesem
Irrthum ja wohl nur um Flüchtigkeit (wenn äucblldas „erst^ und der
a. a. O. vorhergehende Satz^ der beklagt^ dass das so naheliegende
Mittel der Fixirung einer Fernrohrziellinie so lange habe verborgen
bleiben können, zeigen, dass nicht nur ein Irrthum in der Jahreszahl
vorliegt). Wenn aber in einer Besprechung dieses Buchs (Mitth.
württemb. Geom.-Ver. 1896, Nr. 1, S. 80) bei Erwähnung jenes Irrthums
die Versicherung hinzugefügt wird „das Instrument, welches bei der im
Jahr 1840 beendeten wtirtt. Landestriangulation gedient hat, ist heute noch
vorhanden und mit Fadenkreuz versehen", so ist es vielleicht nicht
unangebracht, auch hier einiges aus der Geschichte des Fadenkreuzes im
Femrohr mitzutheilen, was weniger allgemein bekannt zu sein scheint,
als dass das bei der württemb ergischen Landestriangulation gebrauchte
Instrument ein Reichenbach'scher Theodolit war, dass ein Theodolit mit
4" Ablesung aber ohne Fadenkreuz ein ziemlich unnützliches Ding wäre
und dass die Ausstattung der Messfernrohre mit dem Fadenkreuz viel
älter ist, als der Spiegelsextant (bei dem es entbehrlieh ist) und als
der Theodolit;
Man hat lange darüber gestritten, wer zuerst nach oder mit der
„Telescoplrung der Messinstrumente" *) Fäden im Focus des Fernrohrs
*) Sehr bekannt ist der Kampf geworden, den das Femrohr an astro-
nomischen Messinstrumenten gegen das ältere Mittel, das Diopter zu bestehen
hatte, am bekanntesten, dass Hevel, in dem Wettstreit 1679, mit dem Diopter
Zeitschrift für Vermessungswesexi 1896. Heft 17. 33
514 Hammer. Zur Geschichte des Fadenkreuzes.
ausgespannt habe: ob die Italiener G-enerini,*) Malvasia oder
Montanari oder der Niederländer Huygens oder endlich Morin oder
Au z out und Picard in Frankreich u. s. f. Es war aber keiner der
Genannten, sondern William Gascoigne inEngland^ etwa 1640 oder
wenig früher (er fiel, erst 24-jährig; als Gegner Cromwell's in der
Schlacht bei Marston Moor 1644), and die Notiz, die ich soeben wieder
in einem neuen amerikanischen geodätischen Werke lese: Cross hairs
were first used by Picard 1669, ist nicht richtig.**)
Was' ich nun hier besprechen möchte, betrifft nur das Material
der Fäden des Fadenkreuzes und der Fadenmikrometer. Man scheint
bei uns vielfach anzunehmen, dass dieses Material auch von Anfang an
die Fäden von Spinnen gewesen seien. Dem ist aber nicht so:
Gascoigne spricht nur von Haar und Faden (hair, thready nicht web);
ebenso ist bei Auzout und Picard von Haaren (cheveux) die Rede;
Montanari spricht in seiner „Livella diottrica** ***) 1674 auchnnrron
capelo und capeli (so, mit Einem 1; = Haaren) und giebt kein anderes
Material für die ^sottilissimi fili^ an (Salmoiraghi, Istr. e Met. mod. di
Geom. appl. I, S. 278). Aber schon Malvasia (1662) nahm statt
Haaren oder feinen Fäden aus Faserpflanzen Silberfäden, und es ist
und blossem Auge ebenso gute Beobachtungen anstellen konnte als der junge
H a 1 1 ey mit seinem H o o k e ' sehen Fadenkreuzfernrohr, vergl. z. B. Wolf, Hand-
buch der Astronomie H, 1892, S. 21--22. Die Schärfe vieler astronomischer
Beobachtungen aus der Zeit, da es noch gar kein Femrohr gab, muss ans
in Erstaunen setzen; z. B. hat Tycho Brahe, der grösste Beobachtongs-
künstler des 16. Jahrhunderts, Sternörter mit (wie neuerdings constatirt wurde)
m F. von i 24" in AR und d= 26^' in 8 (diese direct gemessen) bestimmt, vergl.
Dreyer, Tycho Brahe, Edinburgh 1890, S. 351. Auf geodätischem Gebiet hat
sich z. B. der Kampf zwischen Diopterlineal und Femrohrkippregel bis weit
in unser Jahrhundert herein erstreckt, und es sind auch hier bekanntlich merk-
würdige Genauigkeiten der Diopterzielung erreicht worden (Stampfer n. s. w.)
*) Vergl. Zach in Zeitschr. für Astronomie etc. (Bohnenberger und
Lindenau) Bd. IV, 1817, S. 1, besonders auch die Anmerkungen.
**) Dass Gascoigne wirklich die (erste) Erfindung der allein wirksamen
Telesoopirung der Messinstrumente, nämlich ihre Ausstattung mit einem Femrohr,
dessen Ziellinie durch im Focus ausgespannte Fäden fixirt ist, gemacht hat, hat
schon Der harn in den Philos. Transact, für 1717 durch die „Extracts from
Mr. Gascoigne^s and Mr. Crabtree^s Letters, proving Mr. Gascoigne to have been
the inventor of the telescopic sights of mathematical instruments^ bewiesen;
allerdings scheint die Erfindung Gascoigne's mehrfach unabhängig gemacht
worden zu sein; aber es scheint nicht nachweisbar, dass irgend Jemand sie
vor ihm gemacht habe. Dabei soll nicht verschwiegen sein, dass die erste
Anwendung der Fäden durch G. zunächst ein Fadenschraubenmikrometer za
astronomischem Gebrauch war und dass es nicht sicher scheint, dass G. anch
schon Messinstrumente zu geodätischem Gebrauch in unserem Sinn telescopirt
habe. Das ändert aber im wesentlichen nichts. Vgl. auch den Nachtrag zn
meiner auch hier abgedruckten Notiz „Zur Geschichte der Distanzmessung nnd
Tachymetrie" (d.Z. 1891, S.295) in derZeitschr. für Instrum. 1892, S. 159-161.
***) Ein Ex. ist jetzt in Stuttgart.
Hammer. Zur Geschichte des Fadenkreuzes. 515
bei der Leichtigkeit, mit der man sehr feine Fäden aus Edelmetallen
ziehen ki^nn^ die Anwendung von Silberfäden bald ganz allgemein ge-
worden.*) Die Notiz von Wolf (a. a. 0. S. 22), dass Lahire die
Verwendung von Fäden aus Glas empfohlen habe, kann ich äugen-
blicklich nicht bestätigen; dass Seidenfäden (Goconföden) erst durch
Rost 1727 (vgl. dessen „Astron. Handbuch'^, Nürnberg 1726) aufge-
kommen sein sollten, halte ich nicht für wahrscheinlich.
um die Mitte des vorigen Jahrhunderts erst scheinen die Glas- (und
Glimmer-) Plättchen mit eingeschnittenen „Fäden^ angewandt worden
zu sein, wenigstens ist mir etwas Sicheres vor 1750 nicht bekannt.
Jedermann kennt . aber die Verwendung der Glasplättohen (Glas-
mikrometer) in den Fernröhren der Messinstrumente des vortrefflichen
Augsburger Mechanikers Brander in der zweiten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts (vergl. Brander, Der neue geometrische Messtisch,
Augsbiirg 1772, S. 38, wo ebenso, wie in der von Wolf a. a. 0.
genannten, mehrere Jahre später erschienenen Schrift die Einrichtung
ausfuhrlich besprochen ist) und die Beschreibung dieser Brau der 'scheu
Glasmikrometer durch Lambert. Auch Job. Christ. Breithaupt in
Cassel hat etwa von 1780 an solche Glaskreuze u. s. f. in Femrohren
verwendet. Kippregeln mit Distanzfäden auf Glas finden sich z. B.
angezeigt in dem Breithaupf sehen Preisverzeichniss, das in Baldinger*s
^Neuem Magazin für Aerzte^, 17. Bd. 1795, S. 9 abgedruckt ist. Die
Priorität dieser Glaskreuze vor den von Prof. Dr. Schmidt in dieser
Zeitschrift 1880, S. 53, nachgewiesenen Freiberger Messinstrumenten
(besonders vor dem Studer'schen Instrument) durfte also die Breithaupt-
sche Werkstätte wohl in Anspruch nehmen (wenn auch nicht die
Priorität vor Bran der), jedenfalls so lange das Alter der Instrumente
A und B (Schmidt's a. a. 0.) nicht näher bestimmt ist. Man darf
dabei auch nicht vergessen, dass das Vorhandensein der Glasplättchen
in einem alten Fernrohr nicht entscheidend ist, da es ja nachträglich,
nachdem zuerst Fäden vorhanden waren, eingesetzt worden sein kann.
Von Interesse ist vielleicht, dass das Breithaupt'sche Geschäft vor etwas
über 30 Jahren die Glasplättchen statt der Spinnfäden wieder, wegen der
unbequemen hygroskopischen Eigenschaften der Fäden, bevorzugt hat
(vergl. Dingler 's Polyt. J., Bd. 172, 1864, S. 259); insbesondere
hatten in dem feuchten Tropenklima Indiens die Spinnfaden Anlass
zu Klagen gegeben.
*) Die Kunst, sehr feine Goldfäden zu ziehen, ist bekanntlich uralt.
Weniger bekannt wird sein, wie weit man schon in den allerältesten Zeiten
kam. Auf der Pariser Weltausstellung von 1867 enegte nach Brugsch ein
altägyptisches Goldnetz, das um einen Smaragd gelegt war, allgemeines Staunen,
ja den Neid der Pariser Goldschmiede : die mikroskopische Prüfung ergab, dass
die Schnürchen, die die Stärke eines Nähfadens hatten, aus je 90 Goldfaden
zusammengedreht waren. Diese würden also äusserst feinen Spinnfäden
entsprechen.
33*
516 Hammer. Zur Geschichte des Fadenkreuzes.
Der Verf. d. Z. darf vielleicht hier einfügen, dass er seit Jahren
mit einer Geschichte der Niedem Geodäsie nnd ihrer Instrumente
beschäftigt ist*) und für lüttheilnngen ans dem Leserkreis d. Z. über
den hier behandelten speciellen Gegenstand dankbar wäre.
Wo bleiben aber die Spinnfäden^ unsere jetzt gewöhnlich vor-
handenen Fäden, hat mancher Leser gefragt? Nun, gerade sie sind
nicht älter als die Glaskrenze. Erst im Jahr 1775 hat Fontana die
Ersetzung der bis dahin meist üblichen Metall- (Silber-) oder Faserstoff-
(Cocon-) Fäden durch Spinnfäden vorgeschlagen; eine frühere Ver-
wendung von Spinnfäden scheint nicht nachweisbar. Mechaniker sowohl
als Beobachter, zunächst besonders in Italien, England und Deutschland
begrüssten die Einrichtung Fontana *s mit grosser Freude, wenn auch
zwei Jahrzehnte vergingen, bis sie überall bekannt wurde nnd
vollständig durchdrang; vergl. z. B. Wolf, a. a. 0., S. 22, wo (nach
Mittheilung von Bigourdan) eine Notiz von Flaugergues aus 1805
mitgetheilt wird, die erzählt, dass F. erst zur angegebenen Zeit
durch V. Zach auf die Spinnfäden aufmerksam gemacht worden sei
und die Art des Aulfeiehens von ihm gelernt habe; als Vorzüge
gegen die Goconfäden werden die grössere Elasticität und die grössere
Feinheit genannt. (In der That sind die Spinnfäden bekanntlich in fast
beliebiger Abstufung der Feinheit zu erhalten, z. B. leicht bis zu 0,01 mm
und feiner für astronomische Instrumente mit starken Vergrösserungen.)
Es ist dieser Notiz Wolfs noch hinzuzufügen, dass Zach selbst die
Spinnfäden erst etwa 5 Jahre vorher durch Troughton kennen gelernt
hatte, während er sich früher der Silber- und der Cocon-Fäden bedient
hatte. Troughton sah die Spinnfäden als grosse Verbesserung an,
besonders für Fernrohre astronomischer Instrumente mit starker Ver-
grösserung; er benutzte sie von verhältnissmässig groben Fäden an bis
zur Feinheit von 8000 Stück auf 1 engl. Zoll (also von 0,003 mm
= 3 (jL Dicke). Ihm und Rittenhouse kommt jedenfalls das Haupt-
verdienst um Einführung der Spinnfäden zu.
Der Vollständigkeit halber ist vielleicht noch anzuführen, dass
Struve in Dorpat 1818 für astronomische Instrumente abermals feine
Glasfäden verwendet wissen wollte: Metallfäden seien oft nicht fein
genug zu erhalten, Spinnfäden vielfach zu fein; Seidenfäden stehen im
Allgemeinen in der Mitte, seien aber, auch wenn abgebrüht, leicht un-
rein und ungleich; Fäden aus fein ausgezogenem Glas dagegen, die
auch bei scharfen Ocularen ganz opak und sehr rein erscheinen, könne man
leicht in jeder beliebigen Stärke herstellen; sie haben den Vortheil,
nicht hygroskopisch zu sein, allerdings den Nachtheil der Sprödigkeit
*) Hoffentlich ist Herr Prof. H. Gore, der schon vor mehreren Jahren
eine Geschichte der Geodäsie angekündigt hat, nicht in derselben unbequemen
Lage wie ich, nämlich auch noch nicht annähernd die Zeit des AbschhsseB
angeben zn können.
Uebersicht der Ldteratur. 11. Magnetische Messangen. 517
and verschiedener Wärmeausdehnung im Vergleich mit dem Messing.
Femer sei noch erwähnt, dass die eben genannten unbequemen hygro-
skopischen Eigenschaften der Spinnfäden auch mehrfach und schon vor
langer Zeit zu Eautschukfäden geführt haben (vergl. z. B. Goring in
Quart. Journ. of Science; Lit. and Art, New Series I; S. 81) ; diese Fäden
sind; nach gehöriger Spannung beim Aufziehen, nicht leicht zerstörbar,
vergl. z. B. Schumacher in den Astron. Nachr. Nr. 129; (1828; Bd. 6)
S. 199 („Substitut für Spinnfäden"). Von Metallfäden sind in den letzten
Jahrzehnten besonders noch Platinfäden angewandt worden (bei astro-
nomischen Instrumenten mehrfach in der jetzt wieder aufgegebenen
Absicht, die nothwendige Beleuchtung der Fäden dadurch zu erlangen,
dass man diese selbst zum Glühen bringt). Es wird wohl allgemein
bekannt seiU; dass in englischen und amerikanischen geodätischen
Femrohren noch sehr vielfach Platin- (Platin-Iridium-) Fäden sich finden ;
doch leiden auch sie (wie die überall ganz verlassenen Silberfäden) an
dem Uebelstand; dass sie zu leicht „corrode" und dadurch unrein werden
und so ist aueh dort mehr und mehr das Bestreben vorbanden; sie
durch „spider-lines" zu ersetzen. Auf die Beleuchtung der Fäden
soll hier, wo es sich nur um geodätische Instrumente handelt; selbst-
verständlich nicht eingegangen werden. Es sei nur noch erwähnt,
dass man die durchgehenden Fäden in dem Ocular geodätischer
Instramente vielfach durch Metallzeiger ersetzt hat; die mit feinen
Spitzen nur bis zur Mitte des Gesichtsfelds reii^en; von Manchen wird
dies deshalb; z. B. bei Distanzmessern, empfohlen, weil dann durch die
„Fädeu^ nichts verdeckt wird. Eine ganz ähnliche Vorrichtung hat für
astronomische Mikrometer unlängst Bigourdan vorgeschlagen (vergl.
C. R. Band GXIX 1894 Nr. 5, S. 318), indem Spitzen aus Glas von 6 p.
Dicke verwendet werden; dieses Mikrometer hat sogleich grossen An-
klang gefunden.
Uebersicht
der
Literatur für Vermessung'swesen
vom Jahre 1895.
Von M. Petzold in Hannover.
(Fortsetzung von Seite 504«).
11. Magnetische Messungen.
Battery L, A. Bdträge zur Eenntniss des Wesens der Säcular- Variation
des Erdmagnetismus. Inaug.-Diss. Berlin 1895^ Mayer u. Müller.
(Gr. 80, 54 S. u. 2 Taf.) 3 Mk. Bespr. in d. Meteorolog. Zeitschr.
1895, Literaturber. S. (17); Petermann's Mittheil aus J. Perthes'
Geograph. Anst. 1895, Literaturber. S. 137.
518 ^^' Magnetische Messungen.
van Bemmelen, Dr. W, Die erdmagnetische Nachstörnng. Meteorolog.
Zeitschr. 1895, 8. 321—329.
de Bemardüres. 8ur la construction de nouvelles Cartes magn^tiqnes
du Globe, entreprises sous la direction du Bureau des Longitudes.
Comptes rendus 1895, Bd. 121, S. 679—682.
V. Bezoldy Dr. TF., Prof. Der normale Erdmagnetismus. Sitzungs-
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und über 100 Nebenkarten, mit alphabetischen Namenverzeichnissen.
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Fiorifd-Crünther, Erd- und Himmelsgloben, ihre Geschichte und Con-
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Bespr. in Petermann's Mitth. aus J. Perthes* Geogr. Anst. 1895,
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Fiorini, M, Sopra una speciale trasformazione delle projezioni carto-
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Ital. 1895, Bd. V, S. 31—42. Bespr. in Petermann^s Mittheil, aus
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Fischer, Th, Die südosteuropäische (Balkan) Halbinsel. Das Halb-
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Europa, herausgeg. unter fachmännischer Mitwirkung von A. Kirchhoff.
Lieferung 88—119. II. Theil, 2. Hälfte, S. 63—784.) Prag und
Wien 1890—93, F. Tempsky. Leipzig, G. Freytag. Preis jeder
Lieferung 90 Pf. Bespr. in d. Deutschen Literaturzeitnng 1895, 8. 22.
Fresdorf, 6?. Die Methoden zur Bestimmung der mittleren Dichte der
Erde. (Progr. d. Gymn. in Weissenburg i. E. 4^^ 30 8.) Weissenburg
1894. Bespr. in Petermann's Mittheil, aus J. Perthes' Geogr.
Anst. 1895, Literaturber. 8. 130.
Freytilg, G. Der Weltverkehr. Karte der Eisenbahn-, Dampfer-, Post-
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HiMtdky H, Dr. W. Ules Parallelkurvirneter. Petermann's Mittheilangen
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Wegener, Dr. 6?., Anutschtny Prof. Dr. Geographische Erforschungen
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Hahn, F. G. Topographischer Führer durch das nordwestliche Deutschland.
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über eine Verbesserung am Pianimeter; Petermann's Mittheilungen
aus J. Perthes' Geograph. Anst. 1895, 8. 193—195.
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Hartlehens Statistische Tabelle über alle Staaten der Erde. (III. Jahr-
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— Kleines Statistisches Jahrbuch über alle Länder der Erde. (II. Jahr-
gang.) Wien 1895. Beide Werke sind bespr. in den Verhandl.
d. Gesellsch. f. Erdkunde zu Berlin 1895, S. 589.
Hartmann, Korv.-Kapt. Verlauf der Vermessungsarbeiten in Lindi,
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Petermann's Mittheil, aus J. Perthes' Geogr. Anst. 1895, Literatur,
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Kelvin, Lord. Generalization of Mercator's projection performed by
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— To draw a Mercator chart on one sheet representing the whole of
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bis 542. Beide Abhandlungen sind bespr. in dem Jahrbuch fiber
die Fortschr. der Mathem. Bd. XXIV, Jahrg. 1892 (gedr. 1895)
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d. Verbandl. d. Oeselisch. f. Erdkunde zu Berlin 1895 8. 691.
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Deutschen Reichs in 1:1000000 in 4 Blättern. Ausserdem:
Tabellarische Nachrichten über die "flössbaren und schiffbaren Wasser-
strassen des Deutschen Reichs. (Erläuterung zu dem vorigen
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der Hydrographie u. Marit. Meteorol. 1895, 8. 69.
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von je 30 X ^0 cm mit Netzplan in 1 : 32500. Jedes Blatt 2 Mk.
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Bd. L, S. 397—404. Bespr. in dem Jahrbuch über die Fortschr.
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+ 50 0' e + 60 30' di Longitudine la Roma 1895. (40. 90 S.)
. . . Elementi geodetici dei Punti contenuti nei Fogli 6, 7, 12 e 18
della Carta dltalia compresi fra 460 0' e 460 40' di Latitudine e -2^
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Sep.- Abdruck aus den Mittheilungen des k. k. militär-geogr. Inst.,
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Commission d. I. E. Redigirt vom ständigen Secretair A. Hirsch.
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Jordan^ Dr. W, Prof., Mauck, K. a. Vogder, R., Kammeringenieore.
CrroBsherzoglich Mecklenburgische Landesvermessung. Y. Theil.
Die conforme Regelprojeetion und ihre Anwendung auf das trigo-
nometrische Netz 1. Ordnung. Mit einer lithographirten Netzkarte.
Schwerin 1895, Stiller^sche Hofbuchhandlung.
V. Koenen, Dr. A., Prof, u. Schur, Dr. W., Prof. üeber die Auswahl
der Punkte bei Göttingen, an welchen bei Probe-Pendelmessungen
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ttber die Ergebnisse der ersten Pendelmessungen. Nachrichten ^on
der Eönigl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, mathe-
matisch-physik. Glasse, aus dem Jahre 1895, S. 241—247, 266.
Lcmdesaufnahme, Königl. preuss. Hauptdreiecke, VI. Theil. A. Die
Hannoyersch-Sächsische Dreieckskette, B. D|is Basisnetz bei Göttingen.
. 0. Das sächsische Dreiecksnetz. Mit einem Uebersichtsblatt und
27 Skizzen. Berlin 1894, Selbstverlag. Zu beziehen durch
E. A. Mittler u. Sohn in Berlin. Bespr. in der Zeitschrift f. Ver-
messungsw. 1895, S. 310« .
— H-auptdreiecke. VII. Theil. Gemessen und bearbeitet von der
trigonometrischen Abtheilung. Mit 3 Uebersichtsblättem und
8 Skizzen. Berlin 1895, Selbstverlag. Zu beziehen durch Mittler
. . u. Sohn in Bcriin, Kochstr. 68/70*
Lederet^ J. Algunas observaciones respecto a las constantes del
^ ' elipsoide terrestre. Anales de la Sociedad cientifica argentina Band
XXXII. • Bespr. in dem Jahrbuch über die Fortschr. der Mathem.
. . Bd. XXIV, Jahrg. 1892 (gedr. 1895), S. 1122.
Lüroth, J. üeber die Bestimmung einer Fläche durch geodätische
Messungen. Sitzungsber. der mathem. - physikal. Glasse der Bayer.
Akademie der Wissensch. zu Mtlncheto XXII. Bd., S. 27 — 52. Be-
sprochen in d. Jahrbuch über die Fortschr. der Mathem. Bd. XXV,
' ' Jahrg. 1892 (gedr. 1895), S. 730.
Mendenhall, T. C. On the Relation of Gravity to Continental Elevation.
Am. Journ. of Sciences 1895, 3. Serie, Bd. XLIX, S. 81. Bespr.
in Petermann's Mittheil, aus J. Perthes' Geographischer Anstalt 1895;
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ausgeführten Pendelbeobachtnngen von 0. E. Schiötz. Ohristiania
1895, J. Dybwad.
Reichs- Kriegsministeriumy k, k, österr. Relative Schwerebestimmiingen
durch Pendelbeobachtungen. Ausgeführt durch die k. k. Kriegs-
Marine in den Jahren 1892—1894. (Gr. 8^, VE. u. 63Ö S. mit
5 Tafeln.) Wien^ Gerold's Sohn in Gomm. 18,40 Mk.
van de Sande Bakhuyzeny H. {?., en Ch. M, Schols. Yerslag der
Rijkscommissie voor graadmeting en waterpassing aangaande werk-
zaamheden gedurende het jaar 1894. Tijdschrift voor Kadaster en
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Warschau,) Bd. III, S. 82 — 109. (In polnischer Sprache.) Bespr.
in d. Jahrbuch über die Fortschr. d. Mathem. Bd. XXIY, Jahr-
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. die Einwirkung der Regulirung uasierer Ströme auf die Vorfluth-
. Verbllltnisse . der Niederungen. ( VIII u. 95 S. mit 3 Profil-Tafeln.)
Zu beziehen durch das Secretariat dels Clubs der Landwirthe in
Berlin S. W., Zimmerstr. 90. Preis 2 Mk. Bespr. in d. Zeitscbr«
. d. Rhein.-Westf. Landm.-Ver. 1895, S. 26.
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.Weber. (8«, VIU, 220 S. mit 45 Abbild.) Preis 4»50 Mk. Bespr.
in d. ^eteorolog. Zeitscbr. 1895, Literaturber. S. (24);. d. VerhaudK
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8^ und 1 Karte.) 6 Mk. Bespr. in d. Verhandl. d. Gesellsch. f.
Erdk. zu Berlin 1895, S. 692.
. . . Verplaatsing van driehoekspunten door aardbeving. Tijdschrift
voor Kadaster en Landmeetkunde 1895, S. 182.
Kleinere Mittheilung.
Signalpfeife mit Maassstäben.
Vielleicht ist dem einen oder andern Leser d. Zeitschr. die Notiz
willkommen, dass bei dem Messgeräthegeschäft A. Nestler in Lahr,
Baden, Signalpfeifen aus Holz zu billigem Preis zu haben sind. Wie
die Preisliste des genannten Geschäfts zeigt, ist mit der Pfeife ein
etwa 10 cm langes dreiseitiges Prisma verbunden, an dessen Eimten
Maassstäbe aufgetragen werden kOnnen. Die Pfeifen, die der Schreiber
d. Z. hat schneiden lassen, sind übrigens wesentlich kräftiger, als die
in der Preisliste verzeichneten , für militärische Zwecke bestimmten; ihr
Ton ist auf 500 oder 600 m leicht vernehmbar, so dass sie für die geo-
dätischen Zwecke des Flächennivellements mit Nivellirinstrum^nt, Höhen-
kreis oder Tachymeter genügen. An den Kanten meiner Pfeifen sind
Metermaassstab und Schrittmaassstab je in 1:2500 und mit Strichen
von 5 zu 5 m und X angebracht. Herr Nest 1er stellt übrigens jede
gewünschte Theilung her. Am Ende des Prismas ist ein kleiner Ring
mit dessen Hilfe man die Pfeife an eine Schnur anhängt, so dass sie
jederzeit bequem zur Hand ist. Hammer,
Bücherschau.
Die Nivellements-Ergebnisse der trigonometrischen Abtheilung der kgl. preussischm
Landesaufnahme sind, wie bereits unter den neuen Schriften in Heft 12 an-
gegeben, in neuer Ausgabe — vorerst 4 Hefte für die Provinzen Ost-
preuBsen, Westpreussen, Pommern und Posen erschienen.
Die Ausgabe — Bezug durch die kgl. Hofbuchhandlung von F. 8.
Mittler und Sohn, Berlin, Kochstrasse 68 — 71 zum Preise von 1 Mk. ffir
das Heft — wird sich schon des handlichen Formates wegen in Land-
Neue Schriften über Yermessiingswesen. * 543
messerkreisen sicherlich rasch einbürgern. Ausser den Höhenangaben
selbst enthält jedes Heft Vorbemerkungen^ von welchen der erste Ab-
schnitt nämlich a. Zweck und Inhalt der Hefte, b. der Ausgangspunkt
der Höhen und die Maasseinheit, c. die Eintheilung und Ausdehnung
der Nivellements, d. die Nivellements- Festpunkte und e. das Messungs-
und Berechnungsverfahren, dann ebenso der dritte Abschnitt: „Bestim-
mungen über den Anschluss der Nivellements an den Preussischen
Landeshorizont^ allen Heften gemeinsam sind, während der 2. Abschnitt
besondere Angaben zum vorliegenden Hefte bringt. Jedes Heft hat
drei Uebersiehtskärtehen, von denen das I. — allen Heften gemeinsam
— die Vertheilung nach Heften, das IL die Nivellementslinien des
betreffenden Heftes und das IIL die Schleife der Provinzialhauptstadt
darstellt.
Die betheiligten Fachkreise sind gewiss für diese dem praktischen
Bedürfnisse so glücklich angepasste Ausgabe der kgl. Landesaufnahme
zu grossem Dank verpflichtet. Steppes.
Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Die Königlich Preussische Landestriangulation. Abrisse, Goordinaten und
Höhen sämmtlicher von der trigonometrischen Abtheilung der
Landesaufnahme bestimmten Punkte. 13. Theil, Regierungsbezirk
Potsdam. Herausgegeben von der trigonometrischen Abtheilung
der Landesaufnahme mit 17 Beilagen, Berlin 1896. Im Selbstverlage,
zu beziehen durch die Königliche Hofbuchhandlung von E. S.
Mittler & Sohn, Kochstrasse 68/70.
Kechnungsvorschriften für die trigonometrische Abtheilung der Landes-
aufnahme.
A. Die Horizontalbestimmungen III. Ordnung.
B. Die Bestimmung der trigonometrischen Höhen. Berlin 1896.
JohnsoHy A, C,y Astronomical Tables: The Bearings of the principal
Bright Stars of greater Declination than 23^* North or 23^^ South,
also those of the Moon and Planets when similarly situated.
London 1895. 4. 44 pg. 3,50 Mk.
Günther, S.j Biographien Kepler's und Galilei's. Berlin 1896. 8. 7 und
233 pg. m. 2 Bildnissen, Leinenband. 3,20 Mk.
Laska, F., Ueber eine Methode zur Bestimmung der Polhöhe durch
Photographie. Prag (Sitzungsb, Ges. Wiss.) 1896. gr.8. 4pg. 0,30 Mk.
Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik. Begründet durch
C. Ohrtmann. Unter besonderer Mitwirkung von F. Müller u.
A. Wangerin herausgegeben von E. Lampe. Band XXV: Jahr-
gang 1893 und 1894 (3 Hefte). Heft 1. Berlin 1896. gr. 8. 7 u.
852 pg. 21 Mk.
544 Neue Schriften über VermeBSungswesen. — Berichtigung.
Vei'öffentUclLungen d^s KOnigl. IPriatoischen MetedrologiscJien Instituta,
heransgegeben dorch W. V. Bezold. Ergebnisse der Beobachtungen
an den Stationen 2. und ^.fOrdnung i. J. 1895 (zugleich Deutsches
. Meteorolog. Jahrbuch für 1895. Beobachtuugssystem des Königretchs
Preussen u. benachbarter Staaten). Heft 1 u. 2.. Berlin 1896. gr,4.
: pg. 1 — 98. 5Mk. . i\
KUin^ F.1, Die Anforderungen^ der Ingenieure und die Ausbildung der
mathematischen Lehramtscandidaten. Leipzig 1896. (Zeitaebr. math^n.
u, naturw. Uuterr.) 1896. gr. 8. 7 pgv 0,30 Mk.
Seewarte. -^ Aus dem Archiy. der Deutschen Seewarte. Herausgegeben
von der Direction. Jahrgang XYIIi: 1895. Hamburg 1896. gr. 4.
6 u. 119 pg.'kn. 3 Tafeln u. 27 Karten. 15 Mk.
Marmse, A,, Vergleichung der beiden gleichzeitig und nebeueinander
in Honolulu 1891 — ? 92 ausgefUhrten Beobachtungsreihen zur
Bestimmung der BreiteuYariKtion« (Berlin) 1894. 4^ 5 pg. mit
.1 graphischen Tafel. 1 Mk.
Rechnungsvorschriften für die Trigonometrische Abtbeilung der Landes-
aufnahme. Formeln und Tafeln zur Berechnung der geographischen
Coordinaten aus den Richtungen und Längen d^ Dreiecksseiten
2. Ordnung. 3. Auflage. Berlin 1896. gr. 8. 24 pg. cart. 0,80 Mk.
Berichtigung.
' :
.Herr Professor KoU reproducirt auf Seite 473/474. ein Stück eines
Aufsatzes von mir, der vor 20 Jahren in der Zeitschrift erschienen ist.
Zunächst muss ich einen höchst sinnstörenden Druckfehler hervorheben,
der nur in dem Neudruck vorkommt, in der Originalabhandlung aber
nicht vorhanden ist. Das Citat enthält nämlich auf der zweiten und
dritten Zeile die Worte : „ , . die sphärischen ebenen sowohl wie auch
die ebenen Coordinaten . . ", während es heissen soll : „ . . die sphärischen
ebensowohl wie auch die ebenen Coordinaten . . ^
Sodann muss ich noch darauf hinweisen^ dass ich der Frage^ ob
die directe sphärische Rechnung oder die ebene Rechnung vorzuziehen
sei, nicht nur die von Herrn Professor KoÜ citirten Worte widme,
sondern vorher etwa noch dreimal soviel. Dabei finde ich einen
wesentlichen Vortheil der ebenen Rechnung in der grösseren Einfachheit
derselben, wobei an Strenge nichts geopfert wird.
. Potsdam, den 10. August 1896. , Hdmert.
Inhalt*
Grossere MittheHungen : Zur Geschichte des Fadenkreuzes, von Hämlier. —
tJebersicht der Literatur für Vermessungswesen vom Jahre 1895;'^ Von
M. Petzold in Hannover (Fortsetzung). — KleliMre Mfttbeiliiiig. »t^
schau. — Neue Schriften Ober Vermessungswesen. — Berichtigung. . {« <^c.;
Verlag von Eonrad Wittwer Stuttgart. — Druck von Gebrüder Jäneeke in HaiBOvei.
545
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und . 0. Steppea, :
Professor in Hannover Steuer-Rath in Mftnchen.
1896. Heft 18. Baud XXV.
15. September.
Bericht Ober die 20. Hauptversammlung des Deutsciien
Geometer-Vereins zu D res d en am 2. mit 5. Atigust 1896.
Erstattet vom Vereinsschriftfübrer Steuerratb StoppeSL
Der im Jabre 1895 zu Bonn abgebauten Hanpiversammlang ist
in Rücksiebt auf das 25jäbrige Besteben des Verein« mk<m in diesem
Jahre die 20. Hauptversammlung zu Dresden gefolgt. Dieeielbe wnrde
am 2. August 1896 Vormittags zunftebst eingeleitet, durcb eine Sitzung
der Yollstündig eFsebieneaeA Vorstandscbaft, in Welcher verschiedene
Verwaltungsfragen — so die Erledigang der von der Rechnnngsprttfaugs-
commiBsion erhobenen Anstttade, die FeststeUnng des Vereinsbausbaltes
für 1897, Untersttttzungssachen, innere Angelegenheiten .der. Redaction —
behandelt und die bezüglich des Verlaufes der Versammlung noch er-
forderlichen Vorkehrungen beBchleasea würden.
Am 2. August Nachmittags 4 Ubr fand sodann die Sitzung der
Vorstandschaft mit den Abgesandten der Zweigvereine statt. Aaster
der VorstandsehafI; waren 16 Zweigvereine in nachfolgender Weise
vertreten:
Badischer Geometer* Verein durcb Herrn Stadtgeometer In on aus
Karlsruhe.
Bayrischer Bezirksgeemeter- Verein durch die Herren Bezifksgeometer
Amann aus Ebersberg'und Or oll aus Landiberg.
Brandenburgiscber Landmesser- Verein durch den stell v. Vermessange-
direetor Herrn Ottsen und den techn.' ESsenbabasecretair Herrn
Tasler^ beide ans Berlm. >
Casseler Landmesi»er - Verein durch Herrn Vermesisungsrevisor PI ahn
aus Schneidemttbl undHM^rn Oberlandmesser :W er ner I iaus'Oassel.
EIsasS'LiOthringischer Geometer «Verein durch Herrn Steaerinspector
Banwerker aus Stl'assburg.
Hannoverscher Landmesser -Verein durch Herrn techn. Eisenbahn*
secretair Hölscher aus Hannover.
Zeitschrift für Verinessungswesen 1896. Heft 18. 35
546 Steppes. Bericht ttber die 20. Hauptversammlung des Deutseben
Verein grossh. Hessischer Geometer l. El. dsreh Herrn Revisioiui-
^eometer Berganer aus Darmstadt.
Mecklenburgischer Geometer- Verein durch Herrn Eammercommissar
Renard aus Schwerin und Herrn Eammeringenieur Vogeler
z. Z. in Tessin.
Verein der Landmesser der k. Generalcommission zu Münster durch
Herrn Oberlandmesser Heise aus Höxter.
Niedersächsischer Geometer- Verein durch Herrn Bureauchef Grotrian
ans Hamburg und Herrn techn. Eisenbahnsecretair Reich aus Altena.
Ost- und Westpreussischer Landmesser - Verein durch Herrn Stadt-
geometer Block zu Danzig.
Pßllzer Geometer - Verein durch Herrn Ereisobergcometer Rattinger
aus Speyer und Herrn Bezirksgeometer Phil. Schmidt ans
Winnweiler.
^ Rheinisch -Westfillischer Landmesser -Verein durch Herrn Professor
Eoli ans Bonn und Herrn Stadtgeometer Walraff aus Düsseldorf.
Verein praktischer Geometer im Eönigreich Sachsen durch Herrn
Vermessungsdirector Gerke zu Dresden und Herrn Vermessungs-
ingenieur Richter aus Bautzen.
Schlesischer Landmesser -Verein durch Herrn Steuerinspector Fuchs
aus Breslau^ Herrn Rechnungsrath Tiesler aus Oels i. Schi,
und Herrn Eisenbahnlandmesser Schmidt aus Breslau, dann
Württembergischer Geometer • Verein durch Herrn Professor Weit-
b recht aus Stuttgart und Herrn Eatastergeometer Enslin aas
Cannstadt. —
In dieser Sitzung wurde die gesammte Tagesordnung der Ver-
sammlung einer eingehenden Vorberathung unterstellt. Den breitesten
Raum nahm dabei die Besprechung des Entwurfes einer preussiscben
Landmesserordunng ein, welcher von der im Vorjahre eingesetzten Com-
mission aufgestellt worden war. Dabei stellte sich heraus^ dass mehrere
der zunächst betheiligten preussiscben Zweigvereine sich gegen die Vor-
lage dieses Entwurfes an die Staatsregierung erklärt hatten. Die Gründe
für diese ablehnende Haltung gipfelten zunächst darin, dass die For-
derungen bezüglich der Vorbildung (Abiturium) und die Erwartungen
bezüglich der öffentlichen Stellung des Landmessers in dem Entwürfe
nicht enthalten seien, da sie nach Ansicht der Commission der geson-
derten Regelung durch Gesetz bezw. Verordnung vorbehalten bleiben
mussten, dass aber ohne solche Regelung die Landmesser keinen An-
lass hätten, auf die durch den Entwarf, gegebene Verschärfung ihrer
Pfliehten ihrerseits zu dringen. Die Mehrhieit sprach Ach demnach dafür
aus, dass zunächst — unter Entnahme der Begründung aus dem Ent-
würfe — der preussiscben Staatsregierung ein Gesuch um Erhöhung
sowohl der allgemeinen Vorbildung^ wie der praktischen Ausbildung des
Landmessers unterbreitet werden soll. ~r Auf die Besprechung der
Geometer-Vereina zu Dresden »m 2. mit 5. August 18d6. 54?
Lage der Eisenbahn-Landmesser soll hier im Einzelnen nicht eingegangep
werden; da sie im Wesenüichen in ganz gleicher Weise verlaufen ist,
wie die Verhandlung dieses Gegenstandes in der Vollsitzung. AehuUch
verhält es sich bezüglich des Antrages des Sehleaischen liandmesser^
Vereins auf Gründung von Heimathhäusern fttr Hinterbliebene von Ver-
eiosgenossen; jedoch wurde hier der Antrag auf Bildung einer den
Gegenstand näher berathenden Commission mit Stimmengleichheit an-
genommen.
Von den Gegenständen; welche in den Vollsitzungen tlberl^aupt
nicht zur Berathung gelangten^ ist zunächst ein vom Vorsitzenden a^ur
Verlesung gebrachter Vorschlag des Herrn Landmessers Bosch in
Konstanz zu erwähnen; welcher die Gründung einer Feuerversicherunga*
genossenschaft unter den Vereinsmitgliedern behufs Gewinnung von
Mitteln für Unterstützungen bezweckte. Der Vorschlag wurde indessen
für derzeit undurchführbar erachtet. — Der Antrag eines Zweigveretns
auf Bildung eines Ehrenrathes für. die Fachgenossen wurde zurück-
gezogen; nachdem von anderer Seite geltend gemacht war, dasa der
Antrag nicht genügend, vorbereitet sei; um auf dieser Versammlung niit
ihrer ohnedem sehr reichhaltigen Tagesordnung nach behandelt zu
werden. — Schliesslich unterbreitete Herr Stadtgeometer Wal raff au9
Düsseldorf der Vorstandschaft den Wunsch; dieselbe möge bi9 zur
nächsten Versammlung die Umwandlung der Zeitschrift in ein Orgai^
mit Stägigem Erscheinen vorbereiten. —
Am Abende des 2. August versammelten sich die bis dahin einge-
troffenen Theilnehmer in dem sogenannten italienischen Dörfchen an der
Elbe. Herr Vermessungsdirector Gerke begrüsste die Erschieneuejn
mit einer herzlichen Ansprache. Die Vorführung des Einacters |,Eur*
märker und Picarde'^ durch Schüler der Theater^chule des Herrn. Hofr
Schauspielers Senff-Georgi; sowie die Vorträge einer MusikcapieUe
sorgten für die Unterhaltung; die Freude des Wiedersehens so vieler
befreundeter CoUegen und ihrer Damen hob die Festesstiqimung. Das
am folgendeu Tage ausgegebene Verzeichniss weist 224 Theilnehmer
und 119 Damen oder Angehörige, im Ganzen 343 Personen nach; der^
Anzahl übrigens bei einzelnen Veranstaltungen noch d^rch die Theii^
nähme weiterer Freunde des Vereins und Angehöriger der Vereiniar
genossen nicht unerheblich verstärkt wurde. Jedenfalls dürfte äip
20. Hauptversammlung als die am stärksten besuchte betrachtet werden
müssen. —
Am Montag den 3. August Vonmttags 9 Uhr nahm die eigentliche
Hauptversammlung in der prächtigen Auja der technischen Hochßcihule
ihren Anfang. Dieselbe wurde durch die Antheilnahme zahlreicher
Ehrengäste geehrt upd erfreut. Seitens der königlichen Staatsregierung
waren erschienen die Herren Geheimen Regierungsräthe von Schlieben
und Dr. von BaruewitZ; als Vertreter des militärischen Vermessungs-
35*
548 Steppes. Bericht über die 20. Hauptversammlung des Deutschen
Wesens Herr Generalmajor z. D. Fiedler, Herr Oberstlieatenant von
Schmidt, Chef der frigonöm. Abtheilnng, nnd Herr Vermessungsrath
Erfurth, Abtheilungsvorstand der trigonometrischen Abtheiliing der
preussischen Landesaufoahme, dann Herr Oberstlientenant Seyfert,
Director vom topogr. Bureau des k. sächs. Generalstabs, Premier-
lieutenant Hansch dieses Bureaus, Herr Geheimrath Hartig und die
"Herren Professoren Kallenhausen, Helm und Engels seitens der
technischen Hochschule, dann die Herren Stadträthe Dr. Kretzschmar^
fiichter und Kaiser, sowie die Herren Stadtverordneten Ingeiiieur
Härtig, Buchhändler Winter und Kaufmann Anger seitens der
Stadt Dresden, Herr Oberbaurath Weber und Herr Wasser- und
Wegebäuinspector Grosch als Vertreter des Säclisischen Ingenienr-
und Architekten-Vereins und der Wasserbaudirection. Besondere Freude
erregte auch die lebhafte und unermüdliche Antheilnahme des Ehren-
tiiitgliedes des Vereins, Herrn Geheimen Regierungsrathes Professor a. D.
Nagel. Endlich mögen unter den erschienenen Vereinsmitgliedem die
Oest erreicher Herr Evidenz -Director Broch und Herr Obergeometer
Lick a aus Wien, sowie Herr Ingenieur und Kulturtechniker Zink aus
Litolik, dann Herr Finanzrath Nagel und Herr Steuerrath Dr. Franke
erwähnt sein, von welch letzteren Finanzrath Nagel bei Begründung
des Vereins vor 25 Jahren die Vorstandschaft und Dr. Franke die
Redaction der Zeitschrift übernommen hatten.
Bei Eröffnung der Sitzung durch den Vereinsvorsitzenden, Ver-
messungsdirector Winckel, ertheilte dieser zunächst das Wort dem Herrn
Geheimen Regierungsrath vonSchlieben. Derselbe erklärte, die Ver-
legung der 20. Hauptversammlung, mit der zugleich die Feier des
25 jährigen Bestehens des Vereins verbunden sei, nach Dresden habe
das Augenmerk der sächsischen Staatsregierung auf den Deutschen Geo-
meterverein gelenkt. Das Interesse am Verein habe sich gesteigert im
Rückblick auf dessen bisherige Leistungen. Der Verein habe nicht nur
durch • eine vortrefflich geleitete Zeitschrift, sondern auch durch Wander-
vereainmlttngen, Vorträge und Meinungsaustausch auf wissenschaftlichem
und praktischem Gebiete das Vermessungswesen erheblich gefördert.
So lange die Menschheit im Räume sich bewege, so lange der Staat,
Gemeinschaften und Einzelgebiete im öffentlichen Rechte ihr gesondertes
Dasein führen, das eine Abgrenzung des Besitzstandes erheische, solange
'der Verkehr an bestimmte Wege gebunden werde, so lange das Privat-
eigenthum an Grund und Boden bestehen bleibe, so lange werde man
tüchtige Männer brauchen, die ihre Kräfte in den Dienst des Vermessnngs-
wesens stellen. Wenn der Verein bestrebt iit, diesie Männer tüchtig vor-,
weiter- und durchzubilden, so leiste er damit ein Stück Kulturarbeit, er
leiste der Gesammtheit einen wesentlichen Dienst. Er gestatte sich daher
im Auftrage der königlich sächsischen Regierung, den Verein im König-
reich Sachsen zu begrüssen, und mit dem Danke für die Einlädung den
l
Geometer- Vereins zu Dresden am % mit 5 August 1896. 549
Wunsch für seine Bestrebungen zu verbinden, dass die Arbeit des
Vereins dem Staate und dem Stande Nutzen bringen möge.
Herr Stadtrath Dr. Kretzschmar schloss sieh seinem Vorredner
im Namen der Stadt Dresden an und bat die Versammlung, die herzlichen
Grüsse der Stadt Dresden entgegen zu nehmen, die stolz darauf sei, eine
Stätte der Ettnste und Wissenschaften zu sein. Es gereiche dem Rathe
der Stadt gerade jetzt zur Genugthuung, den Verein in den Mauerp
Dresdens zu begrüssen, da jetzt ein wesentlicher Fortschritt in dem
Vermessungswesen Dresdens zu verzeichnen und die Neumessung im
Gange sei. Die Vermessungstechnik und ihre Wissenschaft, die in ihren
Problemen in das graue Älterthum zurückgreife, habe in dem letzten
Jahrzehnt einen hohen Aufschwung genommen und praktische Bedeutung
erlangt. Staat und Gemeinde haben ein hohes Interesse an der Ent-
wicklung dieser Wissenschaft, die die Grundlage schaffe für das Rechts-
leben, soweit es sich auf den Grundbesitz in Staat und Gemeinde bezieht.
Redner wünsche den Verhandlungen des Vereins den besten Erfolg zum
Segen des Vereins und des deutschen Vaterlandes und hiess den Verein
in- der Stadt Dresden herzlich willkommen.
Herr Geh. Rath Prof. H artig begrüsste die Versammlung im Namen
der Technischen Hochschule. Das Collegium der Technischen Hochschule hat
die Nachricht, dass der Geometer- Verein sein 25. Stiftungsfest in den Räumen
der Schule zu begehen beabsichtige, mit lebhafter Genugthuung begrüsst,
denn sie erblicke in der Vermessungswissenschaft ein Muster aller exacten
Wissenschaften, deren Erfolge den grössten Beifall der Lehrer der
Hochschule finden, deren Gewissenhaftigkeit und Methodenreichthum ihre
Bewunderung erregen, da dadurch ihre eigenen Arbeiten gefördert und
neue angeregt würden. Es sei deshalb sein Wunsch, dass di6 heutige
Zusammenkunft so wohl gelingen möge, wie die reichhaltige AussteUung,
die von den Bestrebungen des Vereins ein ehrenvolles Bild entwerfe.
Herr Wasser- und Wegebauinspector Grosch übermittelte die Grüsse
des Sächsischen Ingenieur- und Architekten-Vereins.
Der Vorsitzende dankte Namens des Vereins für die ftreandliehe
und ehrenvolle Begrüssung, indem er versicherte, dass die wohlwollende
Anerkennung, welche das Wirken des Vereins gefunden, demselben ein
Sporn sein werde zu wdterem Streben. Der Vorsitzende ersuchte so*
dann Herrn Obergeometer Arnold das Amt als Hilfsschriftführer und
die Herren Vermessungsingenieure Bormann und Krausse und Herrn
Vermessungsingenieur -Assistenten Richter das Amt als Stiimmzähler
I
zu ttbemehmen. Der Vorsitzende gedachte sodann der Verstorbenen,
deren Verlust der Verein seit der letzten Zeit zu beklagen hat. Es
sind dies die Vereinsmitglieder:
1) Nr. 79 König, Bezirksgeometer, Landshut in Bayern,
2) jf 529 Hottenroth, Verm.-Director, Dresden,
3) „ 788 Hölzer, Geometer L Ol., Mainz,
4) „ 969 Bisetzki, Landmesser, Magdeburg,
550 Steppes. Bericht über die 20. Hauptvenammlung des Dentschen
5) Nr. 1715 Marseille, Landmesser^ Lippstadt,
6) „ 2034 Schaffert, Reg.-Feldmesser, Strassburg i. E.,
7) „ 2518 Wossidio, Landmesser, Hameln,
8) „ 2525 Sauer, verpfl. Feldmesser, Chemnitz,
9) „ 2955 Kiefer, Oeometer L Ol., Mainz.
Nachdem dann der Vorsitzende noch besonders dem Bedauern
Ausdruck verliehen, dass der verblichene Vermessungsdirector Hotten-
roth, der wie schon im Jahre 1874 an der Durchführung^ so auch im
letzten Jahre an den Vorbereitungen zu der Vereinsversammlung in
Dresden den lebhahesten Antheil genommen, die festlichen Tage selbst
nicht mehr erleben sollte, erhoben sich die Anwesenden zur Ehrung des
Andenkens der Betrauerten von ihren Sitzen.
Es wurde sodann in die Tagesordnung eingetreten, indem zunächst
der Vorsitzende, Herr Vermessungsdirector Win ekel den Bericht der
Vorstandschaft erstattete, wie folgt:
Meine Herren: Ein Vierteljahrhundert ist dahingegangen, seit zum
ersten Male eine Anzahl unserer Berufsgenossen aus verschiedenen
dentschen Staaten zusammentrat, um einen Bund zu sohliessen, dessen
Aufgabe darin bestehen sollte, durch Vereinigung aller Kräfte die Be-
rufsinteressen zu schtltzen und das Wohl aller Angehörigen unseres
Standes zu fördern.
Allerdings hatte sieh schon früher die Ueberzeugung von der
Nothwendigkeit eines Zusammenschlusses der Geometer in einzelnen
Staaten, bezw. Provinzen geltend gemacht. In Bayern reichen die
ersten Versuche zur Bildung eines Geometer- Vereins bis in das Jahr
1847 zurttck. In den westlichen Provinzen des Königreichs Prenssen,
in Württemberg und Baden, in Mecklenburg und Sachsen-Wdmar hatten
sich sehen vor 1870 solche Vereinigangen gebildet, und der Verein
praktischer Geometer im Königreich Sachsen, dessen liebenswürdiger
Gastfreundschaft wir uns heute erfreuen, besteht seit dem Jahre 1854,
ohne in diesisn 42 Jabreü irgend welehe wesentliche Umgestaltungen
erfahren zu haben«
Diese Vereine suohten durch periodisehe Versammlungen — ein-
zelne auch durch Herausgabe von Zeitschriften — die Beziehungen
ihrer Mitglieder unter einander zu mehren, und vertraten deren Interessen
nach aussen, namentlich auch den Behörden gegenüber in manchen
Fällen mit gutem Erfolge.
Häufig hatten äussere Missstände den Anstoss zur Bildung eines
Vereins gegeben. In solchen Fällen kam es vor, dass sich der Verein
sehr bald wieder auflöste, wenn es ihm gelungen war, die üebelstände,
zu deren Abstellung er gebildet worden, zu beseitigen.
Grosse Erfolge konnten diese kleinen Vereine näturgemäss nicht
erzielen. Der Versuch eines Zusammenschlusses zu einem grösseren
Geometer-Vereins zu Dresden am 3. mit 5. Aügast 1896. 551
Verbände; der sich ttber ganz Deutschland erstreckte, wäre. bei dem
Mangel jedes Zusammenhanges der einzelnen Staaten, welche die Yer«
hältnisse der Geometer in der versebiedensten Weise geordnet hatten,
aussichtslos gewesen.
Es musste erst die grosse Zeit von 1870/71 kommen, um auch uns
die Zusammengehörigkeit zum Bewusstsein zu bringen. Der frivole
Angriff des Erbfeindes auf unser Vaterland, der in der Hoffnung, eine
völlige Trennung der deutschen Stämme hervorzurufen, unternommen
wurde, er bewirkte das Gegentheil. Ganz Deutsehland zog in*s ^eld
und die Krieger brachten als Preis des Sieges heim: den Deutschen
Kaiser und das Deutsche Reich.
Neue Aufgaben entstanden im Grossen wie im Kleinen. Die Durch«
führung der einheitlichen Gesetzgebung auf den verschiedensten Gebieten
bertthrte alle Berufsklassen in grösserem oder geringerem Maasse. Als
für uns besonders wichtig sei nur die Einführung des Metermaasses in
ganz Deutschland genannt.
Damals erkannten auch die deutschen Geometer, dass nunmehr
eine Vereinigung möglichst aller deutschen Fachgenossen an der Zeit
sei, weiche es sich zur Aufgabe machen müsse, die idealen wie die
materiellen Interessen unseres Berufs nach allen Richtungen hin zu
vertreten.
Der leider zu früh dahingegangene Stuttgarter Geometer Abraham
Fecht war es, welcher im Anfange des Jahres 1871 eine Anzahl Fach-
genossen, von welchen ihm bekannt war, dass sie sich für allgemeine
Angelegenheiten interessirten, zu einer Besprechung nach Stuttgart einlud,
welche am 26. März 1871 daselbst stattfand. An dieser Besprechung
nahmen Fachgenossen aus Bayern, Württemberg, Baden und der Schweiz
theil.
Das Ergebniss derselben war der Vorschlag zur Gründung eines
Deutschen Geometer- Vereins, welcher einer Delegirten- Versammlung^
die in den Tagen vom 14. — 16. December 1871 in Coburg tagte^
unterbreitet und von dieser angenommen wurde. Auf dieser Versammlung,
auf welcher 15 deutsche Staaten durch Abgesandte vertreten waren^
wurde die Gründung des Vereins vollzogen, die Satzungen wurden be-
rathen und festgestellt, auch wurde die erste Vorstandschaft, bestehend
aus den Herren Nagel-Dresden, Kr ehan -Weimar, Fecht-Stattgfirt,
Kerschbaum-Coburg, Spi eiber ger-München, Franke-Gotha und
Koch- Cassel gewählt. Den letztgenannten 3 Herren wurde die Redaction
der Zeitschrift für Vermessungswesen, deren 1. Heft schon am 1. Januar
1872 herausgegeben wurde, übertragen. Es gereicht mir zur besonderen
Oenugthuung, dass ich heute 3 der damals in Coburg anwesenden
Herren in unserer Mitte begrflssen darf. Es sind das die Herren Finanzrath
Nagel, erster Director des Deutschen Geometer-Vereins, Professor
552 Steppes. Bericht über die ^. Hauptversammlang des Deutschen
Jordan, seit 1873 Redacteur unserer Zeitschrift und Stenerrath
Franke aus München.*)
Dass die Gründung des Deutschen Geometer- Vereins thatsächlich
eihem Bedttrfniss entgegenkam, das beweist am besten die grosfite Zahl
der Berufsgenpssen, Welche sofort dem Verein beitraten. Das erste,
mit dem 1. Mai 1872 abschliessende Mitglieder- Verzeichnisse welches im
1. Bande der Zeitschrift für Vermessnngswesen veröffentlicht warde,
weist Ö19 Mitglieder auf, and schon am 12. November desselben Jahres
sohlte der Verein 725 Mitglieder. Ausserdem hatte die Zeitschrift
damals schon 38 Abonnenten ausserhalb des Vereins.
In der Zeit vom 7. — 9. September 1872 fand zu Eisenach die
erste Hauptversammlung des Vereins statt^ welche von 54 Mitgliedern
besucht war.
Von da ab hat der Verein bis zum Jahre 1885 alljährlich eine
Hauptversammlung abgehalten und zwar der Reihe nach in folgenden
Städten: Eisenach, Nürnberg^ Dresden, Berlin, Köln, Frankfurt a. M.,
Weimar, Danzig, Cassel, Karlsruhe, Hannover, München, Schwerin
und Stuttgart.
Aber wie die Bedürfnisse des einzelnen Menschen sich stets zu
steigern, seine Ansprüche stets höher gespannt zu werden pflegen, so
erging es auch unserm Verein. Die Kosten der Hauptversammlungen,
welche in den ersten Jahren nur ganz unbedeutende gewesen waren,
wuchsen mit der Zeit in solchem Maasse, dass der Württembergische
Geometer- Verein Veranlassung nahm, auf der 14. in Stuttgart tagenden
Hauptversammlung den Antrag zu stellen, dass künftig nur alle 2 Jahre
eine Versammlung abgehalten werden solle. Der Antrag wurde zwar
in dieser Form nicht angenommen, es wurde aber der § 20 der
Satzungen dahin abgeändert, dass der Verein künftig in der Regel all-
jährlich eine Hauptversammlung abhalten solle. Diese Satzungsänderung
hat dahin geführt, dass die Ausnahme zur Regel geworden ist, nnd
seit dem Jahre 1885 nur alle 2 Jahre eine Versammlung abgehalten
wurde. Wenn in diesem Jahre zum ersten Male wieder eine solche
nach Ablauf eines Jahres seit der letzten Hauptversammlung stattfindet,
so hat das — wie Ihnen bekannt — seinen Grund darin, dass wir
heuer auf ein Vierteljahrhundert unseres Bestehens zurückblicken und
diesen bedeutsamen Zeitabschnitt nicht vorübergehen lassen wollten,
ohne ihn festlich zu begehen.
Die Städte, in welchen seit 1887 unsere Versammlungen stattge-
funden haben, sind: Hamburg, Strassburg, Berlin, Breslau und Bonn,
*) Ein vierter Theilnehmer an der Goburger Versammlung^ Herr Oekonomie-
rath -Ruck des c hei in Düsseldorf war durch einen Trauerfall in der Familie
verhindert, der Dresdener Versammlung beizuwohnen, sandte ihr aber einen
schriftlichen Gruss.
Geometer-Vereins zu Dresden am S. mit 6. August 1896. 553
während die heurige Jubelfeier auf allgemeinen Wunsch in dem schönen
Elb-FlorenS; hier in Dresden stattfindet.
Die von der Delegirten-Vcrsammlung zu Coburg festgestellten
Satzungen hatten sich so gut bewährt^ dass sie bis zum Jahre 1877 un-
verändert beibehalten werden konnten. Das bedeutende Anwachaen
des Vereins und namentlich der Anschluss zahlreicher Zweigvereine an
denselben liess es nunmehr aber wttnschenswerth erscheinen, den ver-
änderten Verhältnissen durch eine Aenderung der Satzungen Rechnung
zu tragen. Eine solche erfolgte auf der 6. Hauptversammlung zu
Frankfurt a. M. Gleichzeitig wurde eine Geschäftsordnung berathen
und festgestellt, welche den Zweck hat, auch fQr weniger wichtige
Gegenstände eine Richtschnur zu geben, deren Aenderung aber in ein-
facherer Weise, wie diejenige der Satzungen erfolgen kann.
Weitere Erfahrungen haben dazu geführt, die Satzungen und die
Geschäftsordnung noch einmal zu ändern. Es geschah dies im Jahre 1887
aaf der 15. Hauptversammlung zu Haipburg.
Seitdem ist nur eine unwesentliche Aenderung der Geschäftsordnung
im Jahre 1893 zu Breslau beschlossen worden.
Wenn man unsere heute geltenden Satzungen mit den in Coburg
aufgestellten vergleicht, so wird man staunen über die Geringfügigkeit
der Aenderungen, welche sich in der langen. Zeit von 25 Jahren noth-
wendig gemacht haben, und man wird nicht umhin können, den richtigen
und weitausschauenden Blick der Männer, welche die ersten Bestimmungen
entworfen haben, zu bewundern.
Um Ihnen eine leichte Uebersicht über die Entwicklang unseres
Vereins zu geben, habe ich eine graphische Darstellung des Anwachsens
der Mitgliederzahl, der jährlichen Einnahmen und Ausgaben und des
Wachsthums des Vereinsvermögens anfertigen lassen, welche Ihnen mit
den Theilnehmerkarten zugestellt worden ist. Sie sehen daraus, dass
die Hitgliederzahl bis zum Jahre 1881, in welcher sie die höchste Zahl
(1318) erreichte, stetig angewachsen ist. Damals trat unser Verein in
eine Sturm- und Drang-Periode, welche anfangs als eine ernste Gefahr
erschien, aber durch folgerichtiges und maassvolles Vorwärtsschreiten
auf der betretenen Bahn glücklich überwunden wurde.
In jener Zeit waren die Existenzbedingungen für viele unserer Fach-
genossen, namentlich für diejenigen, welche sich dem freien Gewerbe-
betriebe widmeten, sehr ungünstige. Der Kampf um's Dasein nahm
zuweilen einfsn persönlichen Charakter an und einzelne Kategorien unserer
Berufsgenossen standen andern feindlich gegenüber. Jede derselben
verlangte vom Deutschen Geometer- Verein ein Eintreten für ihre Sonder-
interessen, während dieser es sich zur Aufgabe gemacht hatte und
machen musste, die gemeinsamen Interessen zu pflegen und entstehende
Gegensätze unter seinen Mitgliedern nach Möglichkeit auszugleichen,
nicht aber durch Parteinahme für die Einen den Andern die Mitglied-
554 Steppes. Bericht über die 20. Hauptversammlung des Deutscben
Schaft unmöglich zu machen. In Folge dessen zogen sich viele Fach-
genossen aus Unmuth dartlber^ dass der Verein nicht iln Stande war,
alle ihre! Wünsche zu erfüllen^ vom Vereinsleben zurück. Sie sehen
auf der Tafel III eine stetige Abnahme der Mitgliederzahl bis zum
Jahre 1886^ bei dessen Beginn sie auf den niedrigen Stand von 1118
zurückgegangen war. Auf einer ähnlichen Höhe hielt sie sich mit ge-
ringen Schwankungen bis zum Jahre 1891. Von da ab trat ein zunächst
plötzliches^ dann regelmässiges Steigen ein. Am 1. Januar d. J. betrug
die Zahl der Mitglieder 1278 und heute ist die Maximalziffer des
Jahres 1881 nahezu erreicht^ da der Verein heute 1310 Mitglieder zählt.
Die erste Tafel giebt ein Bild der jährlichen Einnahmen und Aus-
gaben. In 15 Jahren waren die Einnahmen grösser als die Ausgaben,
im Ganzen um 9050 Mk. Dagegen zeigen 9 Jahrgänge ein üeberwiegen
der Ausgaben über die Einnahmen um eine Summe von im Ganzen
5270 Mk., so dass am Schlüsse vorigen Jahres ein Vermögensbestand
von 3780 Mk. vorhanden war. Alle diese Zahlen sind abgerundet und
zum Theil nicht unbedingt zuverlässig, sie geben aber im Ganzen ein
getreues — und ich darf wohl hinzufügen erfreuliches — ^ Bild der
Entwicklung des Vereins.
In richtiger Erkenntniss der auf einem Naturgesetz beruhenden
Wahrheit; dass gesteigerte Leistungen grössere Gegenleistungen zur
Folge haben, hatte der Deutsche Geometer-Verein schon bei seiner
Gründung die Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse und praktischer
Erfahrungen als seine wichtigste Aufgabe bezeichnet, wie das in dem
seit 25 Jahren unveränderten § 1 der Satzungen ausgedrückt ist. Das
Ziel, welches der Verein bei seiner Gründung sich steckte, hat er un-
entwegt im Auge behalten bis auf den heutigen Tag. Die Redaction
unserer Zeitschrift ist unausgesetzt bemüht gewesen, uns demselben
näher zu bringen, von Jahr zu Jahr mehren sich die Vereinsgenossen,
welche als Mitarbeiter die Redaction in diesen ihren Bestrebungen
unterstützen. Der Verein als solcher hat durch Annahme eines Antrags
des Herrn Professor Jordan auf der 2. Hauptversammlung in Nürnberg,
durch den Beschluss der im Jahre 1875 zu Berlin abgehaltenen 4. Haupt-
versammlung, welcher allen deutschen Staatsregierungen zur Eenntniss
gebracht wurde, endlich durch die Verhandlungen auf der im Jahre 1891
zu Berlin stattgehabten 17. Hauptversammlung tind durch das in Aus-
führung der dort gefassten Beschlüsse an das Königl. Preuss. Staats-
ministerium gerichtete Bittgesuch dargethan, dass er heute wie vor
25 Jahren bemüht ist, die Erfüllung der Aufgabe, welche er sich im
§ 1 seiner Satzungen gestellt hat, mit allen Mitteln anzustreben.
Und — mit Genugthuung dürfen wir es sagen — unsere Bemühungen
sind nicht erfolglos gewesen. Zahlreiche deutsche Staaten haben unsere
Bestrebungen als berechtigt anerkannt und unseren Wünschen in
grösserem oder geringerem Maasse Rechnung getragen. Die An-
Geometer-Vereins zn Dresden am 2. mit 5. Augast 1896. 555
forder angen an die Ansbildang der Geometer sind in den leisten 2 Jahr-
zehnten wesentlich gesteigert in Preussen^ Württemberg, Hessen, Bayern
und Mecklenburg. In den beiden letzgenannten Staaten sind die be-
treffenden Vorschriften den von unserm Verein stets vertretenen Ansichten
vollkommen entsprechend.
Auch die von uns erhoffte Einwirkung dieser Maassnahmen auf die
materielle und gesellschaftliche Stdlung unsierer Berufsgenossen ist nicht
ausgeblieben. In Preussen wurden die Stellen der Katasterinspectoren
auf die doppelte Anzahl vermehrt, das Einkommen dieser Beamten
wurde demjenigen der Amts- und Landrichter gleichgemacht.
Durch die Verstaatlichung der Gebühren der Katastercontroleure
wurde im Ganzen eine gleiohmftssigere und gerechtere Vertheilung des
Einkommens herbeigeführt, wenn auch nicht zu verkennen ist, dass eine
grosse Anzahl — namentlich älterer — Katastercontroleure eine sehr
empfindliche Verminderung ihres Einkommens erleiden musste.
Der wesentlichsten Verbesserung erfreuen sich die bei der preussischen
landwirthschaftliehen Verwaltung beschäftigten Landmesser, welche jetzt
etatsmässige Staatsbeamte sind, während sie früher dem augenblicklichen
Bedtirfniss entsprechend nach Tagegeldern oder Accordsätzen bezahlt
wurden, und nur einer beschränkten Anzahl durch Beschluss des Ministers
die Berechtigung zum Bezüge eines Ruhegehaltes beigelegt werden
konnte. Diese sowohl, wie die gewerbetreibenden Landmesser hatten
zwar die Pflichten, nicht aber die Rechte der Staatsbeamten.
Auch auf die Lage der gewerbetreibenden Landmesser hatten die
Vortheile, welche den vom Staate beschäftigten gewährt wurden, insofern
einen günstigen Einfluss, als sich die jüngeren Berufsgenossen mehr und
mehr dem Staatsdienste zuwendeten, und dadurch der Wettbewerb unter
den gewerbetreibenden ein weniger scharfer wurde.
In Preussen hat sich lediglich die Staatseisenbahn- Verwaltung bisher
nicht entschliessen können, den veränderten Verhältnissen Rechnung zu
tragen, und bei dem seit einigen Jahren andauernden starken Zudrange
zu unserm Fache dürfen wir leider kaum hoffen, dass dies in absehbarer
Zeit geschehen wird.
In Bayern wurde den Bezirksgeometem die ihnen früher mangelnde
Eigenschaft pragmatischer Beamten verliehen, das feste Einkommen und
das Ruhegehalt derselben wurden erheblich aufgebessert.
In anderen Staaten wurden die Tagegeldersätze erhöht, mit einem
Worte, die Besserung in den Verhältnissen unserer Berufsgenossen ist
unverkennbar, und wenn uns noch vieles, ja noch sehr vieles zu wünschen
ttbrig bleibt, so kann uns das nur ermuntern, auf dem betretenen Wege,
der uns bereits erheblich weiter gebracht hat, rüstig vorwärts zu schreiten.
Auch in wissenschaftlichen Kreisen ist die Thätigkeit unseres Vereins
nicht unbeachtet geblieben. Im Jahre 1876 wurden wir vom Reichs-
kanzler-Amte aufgefordert, ein Mitglied zu der Commission abzuordnen,
556 Steppes. Berioht über die 30. Hauptversammlung des Deutschen
welche beauftragt war, VorschlAge zu allgemein giltigen Bezeichnungen
derMaasse und Gewichte eu machen. Der Herr Professor Jordan hat
als Vertreter des Vereins in dieser Commission mitgewirkt.
Im Jahre 1880 erhielt der Deutsche Oeometer-Verein von dem
Comity für Errichtung eines Gauss- Denkmals in Braunschweig, der Vater-
stadt des berühmten Gelehrten die Einladung, der EnthüUnngsfeier des
Denkmals beizuwohnen. Es wurde mir die Ehre zu Theil^ den Verein
bei dieser Gelegenheit vertreten zu dürfen.
Als die physikaliBcb-technische Beichsanstalt im Jahre 1890 die
Initiative ergriff zur Einführung einheitlicher Schraubengewinde in die
Feinmechanik, forderte sie. den Deutschen Geometer- Verein auf, einen
Vertreter in die zur Vorberathung dieser Frage berufene Commission zu
entsenden. Der Herr Professor Jordan hat an den ersten, der Herr
Steuerrath Steppes an den letzten Berathungen dieser Commission als
Vertreter des Vereins theilgenommen.
Die hervorragendsten Geodäten Deutschlands zählen zu den Mit-
arbeitern unserer Zeitschrift und geh(^ren unserm Verein als ordentliche
pder Ehrenmitglieder an.
Nach diesem Rückblick auf die Entwicklung unseres Vereins seit
seiner Gründung obliegt mir noch die Pflicht, über die Thätigkeit des-
selben im letztverflossenen Jahre kurz zu berichten.
Die auf der Hauptversammlung in Bonn gewählte Commission zur
Vorberathung eines Entwurfs zu einer neuen preuBsischen Landmesser.
Ordnung hat ihre Aufgabe erfüllt. Der in der Zeitschrift bereits ver-
öffentlichte Entwurf wird einen der wichtigsten Gegenstände unserer
heutigeu Berathungen bilden. Wie Sie gesehen, ist auch der Antrag
des Herrn Collegen Wal raff, welcher bezweckt, dne bessere praktische
Ausbildung der preussischen Landmesser herbeizuführen, darin berück-
sichtigt worden.
Seit langer Zeit werden aus den Kreisen der bei den preussischen
Staatseisenbahnen beschäftigten Landmesser Klagen laut über ihre
dienstliche Stellung, die verhältnissmässig geringe Anzahl der ihnen
zugänglichen etatsmässigen Stellen und die Normirung ihres Einkommens
welches um 300 Mk. gegen dasjenige ihrer Berufsgenossen bei anderen
Staatsverwaltungen zurückbleibt. Bei der für morgen in Aassicht ge-
nommenen Berathung dieser Frage soll versucht werden, Mittel und
Wege zu flnden, wodurch die Lage unserer bei den Staatsbahnver-
waltungen beschäftigten Collegen gebessert werden kann. Leider muss
ich die Aussicht auf Erfolg unter den jetzigen Verhältnissen als eine
sehr geringe bezeichnen. Durchgreifende Abhilfe ist nur zu erwarten,
wenn das seit Jahrzehnten von unserm Verein gestellte Verlangen, für
die Zulassung zum Studium der Geodäsie 4as Abgangszeugniss einer
9klassigen höheren Schule obligatorisch zu machen, und dadurch den
übermässigen Zudrang zur Landipes9W- Laufbahn einigermaaasea ein-
Geometer- Vereins zu Dresden am % mit 5. Augast 1896. 557
zudämmei); erfüllt wird. Immeirhin ist es möglich, dass aaeb schon jetzt
wenigstem^ et^a? zu erreichen ist, und jedenfalls müssen wir den
Versuch machen.
Trotzdem das Jahr 1895 in Folge der hohen Kosten der Haupt-
versammlung mit einem kleinen Fehlbetrage abgeschlossen hat^ und auch
in diesem Jahre kein erheblicher üeberschuss zu erwarten ist; glaube
ich doch berechtigt zu sein, die finanziellen Verhältnisse unseres Vereins
als recht gute zu bezeichnen. Wenn im Jahr 1897 keine Hauptver-
sammlung abgehalten wird^ so ist ein Üeberschuss von mindestens
1000 Mk. zu erwarten, das Vereinsvermögen wird daher bis Ende 1897
auf rund 5000 Mk. angewachsen sein.
Im Laufe dieses Jahres ist der Verein praktischer Geometer iih
Königreich Sachsen dem Deutschen Geometer - Verein als Zweigverein
beigetreten. Dadurch 1st die Zahl unserer Zweigvereine auf 19 ge^
stiegen. Ausserdem hat der Verein Hannoverscher Landesökonomie^ Beamten
seine Anerkennung als Zweigverein beantragt. Da er aber das Ersuchen
um Einsendung der Satzungen und eines Mitglieder -Verzeichnisses noch
nicht beantwortet hat, so bin ich noch nicht berechtigt, denselbc^n als
Zweigverein zu bezeichnen. Die ThStigkeit der Zweigvereine war auch
in diesem Jahre eine recht gedeihliclie. Die preussischen Vereine haben
sich, wie das in der Natur der Sache liegt^ ihrer Mehrzahl nach sehr
lebhaft mit dem Entwurf einer neuen Landmesserordnung beschäftigt.
Ueber das erfreuliche Anwachsen der Mitgliederzahl habe ich Ihnen
bereits im Eingange meines Berichts Mittheilang gemacht.
Die Königl. Preuss. Landesaufnahme; das Geodätische Institut
und das Centralbureau der Internationalen Erdmessung, ebenso der Chef
der Küsten- und Landesvermessung der vereinigten Staaten von Nord-
amerika haben unserer Bibliothek auch in diesem Jahre je einen Abdruck
ihrer Veröffentlichutigen überwiesen. Den Dank; den ich selbstverständlich
diesen hohen Behörden nach jeder einzelnen Sendung ausgesprochen
habC; wiederhole ich hierdurch auch öffentlich. In gleicher Weise habe
ich dem Herrn Hofrath Professor Dr. Fuhrmann zu danken für die
unserer Bibliothek zum Geschenk gemachte Schrift „Naturwissenschaft-
liche Anwendungen der Differenzial- und Integralrechnung;^ I. u. II. Theil.
Die Mitarbeiter unserer Zeitschrift mehren siich von Jahr zu Jahr
und es wird der Redaction dadurch ermöglicht; den Inhalt des Blattes
immer vielseitiger zu gestalten.
Ich glaube Ihrer Zustimmung sicher zu sein; wenn ich der Ueber-
zeugung Ausdruck gebe; dass wir mit Genugthuung auf das erste Viertel-
jahrhundert unserer Vereinsthätigkeit zurückblicken können; und sehliesse
meinen Bericht; indem ich mich zu etwa gewünschten weiteren Mit-
theilungen gern bereit erkläre. —
Der Bericht wurde mit ersichtlichem Interesse entgegengenommen
und mit lebhaftem Beifalle gelohnt. Da Niemand zu dem Berichte das
558 Steppes. Bericht über die 90. HaaptTersammliuig des Deutschen
Wort za ergreifen wünschte, schloss sich die Festrede des Herrn Professor
Dr. Jordan: „lieber die Entwickelung des Deutschen Vermessungs-
Wesens in diesem Jahrhundert*^ unmittelbar an, welche in einer der
n&ohsten Nummern der Zeitschrift zum Abdruck gelangen wird.
Auch diesem fesselnden Vortrage folgte lebhaftester Beifall der Ver-
sammlung.
Der Vorsitzende ersuchte sodann den Herrn Geheimen Regierungs-
rath Professor Nagel um Erstattung seines Vortrages: „Ueber die
nothwendige Beschaffenheit von Plänen, die al& Beweismittel zur Ent-
scheidung von Grenzstreitigkeiten dienen sollen.*^ Auch diotser V(»i;rag
wird demnächst zum gesonderten Abdruck kommen.
Nachdem der Beifall, den auch dieser Vortrag allseitig gefunden,
verklungen war und der Vorsitzende dem Herrn Vortragenden den Dank
der Versammlung ausgesprochen hatte, folgte zunächst eine kurze
Frühstückspause.
Nach der Pause wurde zu dem vierten Gegenstand der Tages-
ordnung übergegangen: Berathung des Entwurfs zu einer preussischen
Landmesser-Ordnung. Die Berichterstattung seitens der Commission,
welche den Entwurf aufgestellt hat, übernahm Herr Professor KoU
aus Bonn, wie folgt:
Meine Herren! Auf der vorigjährigen Hauptversammlung wurden
die CoUegen Walraff, Vogel er und ich beauftragt eine neue Ordnung
für die Bestallung der Landmesser und für die Ausführung, Revision
und Bezahlung der Landmesserarbeiten zu entwerfen. Wir haben diesen
Auftrag erledigt und konnten Ihnen bereits im Hefte 14 unserer Zeit-
schrift einen Entwurf zur Landmesser Ordnung mit einer kurzen Be-
gründung seiner wichtigsten Bestimmungen vorlegen. Ich darf annehmen,
dasB Ihnen der Inhalt des Entwurfes und seine Begründung bekannt
sind und kann mich daher darauf beschränken, Ihnen über die wich-
tigsten Einwendungen zu berichten, die gegen den Entwurf seitens der
Zweig^ereine und einzelner Vereinsmitglieder gemacht worden sind und
die bei der endgültigen Feststellung des Entwurfes nicht berttoksichtigt
werden konnten.
Diese Einwendungen gipfeln in dem Vorwurf, dass in dem Entwurf
dem Landmesser wohl wieder viele Verpflichtungen auferlegt seien, ihm
aber dementsprecfaende Rechte niclit eingeräumt seien. Es ist richtig,
dass durch die Einführung einer dreijährigen praktischen Ausbildung
nach der ersten Prüfung und einer zweiten Prüfung nach AbBchluss der
Ausbildung, sowie durch manche Bestimmungen über die Ausführung
der Landmesserarbeiten, dem Landmesser neue und nicht unbedeutende
Verpflichtungen auferlegt werden. Aber ich darf mit Freuden feststellen,
dass gegen die wichtigsten dieser Verpflichtungen von keiner Seite
Einspruch erhoben worden ist und dass sich darin der gute Geist
wieder zeigt, der in unsern Landmessern lebt und der im Deutschen
Gepmeter-Vereins zu Dresden am 3. mit 5. August 1896. 569
Geometer-Verein während seines 25 jährigen Bestehens stets zur Geltung
gelangt ist; wenn Neues zu schaffen war nicht nur zur Hebung und
Förderung des Standes^ sondern auch zur Hebung der Leistungen der
Landmesser zum allgemeinen Wohl.
Wenn den Verpflichtungen gegenüber nun nicht alle Rechte gewährt
sind, die beansprucht werden, so ist dies darin begründet, dass durch
eine Landmesser-Ordnung; die die Eigenschaft einer Verordnung und
nicht die Eigenschaft eines Gesetzes hat, keine gesetzlichen Bestimmungen
ausser Kraft gesetzt wei*d^ können und keine gesetzlichen Rechte ver-
liehen werden. Es würde deshalb auch vöUig nutzlos sein, wenn in
den Entwurf die Bestimmungen aufgenomiQen wären, dass der Titel
Regierungslandmesser ausschliesslich den nach Maassgabe der Land-
messerordnung ausgebildeten und vereidigten Landmessern vorbehalten
wierde, dass der Regierungslandmesser die Eigenschaft eines öffentlichen
Beamten habe, dass er ößs Recht habe, fremden Boden zu betreten,
dass Nichtlandmessern die Ausführung von Landmesserarbeiten verboten
sein soll und endlich, dass die Grundbesitzer gezwungen werden sollen,
bei Terminen zur Grenzfeststellung zu erscheinen.
Es wird auch nicht zweckmi^ssig sein, über die Erlangung dieser
Rechte heute zu verhandeln, vielmehr wird es besser sein, darüber auf
späteren Versammlungen besonders zu berathen.
Auch andere Forderungen, wie die Erhöhung des Maasses der
Schulbildung und die Verlegung des Studiums an die technischen Hoch-
schulen, die nicht in die Landmesserordnung hineingehören, haben wir
unberücksichtigt gelassen um den Entwurf nicht unnöthig zu belasten.
Dann ist von verschiedenen Seiten gewünscht worden, alle in den
Entwurf aus bestehenden Gesetzen und Verordnungen übernommenen
Bestimmungen zu streichen und durch kurze Hinweise auf die be-
treffenden Gesetze und Verordnungen zu ersetzen. Diese Wünsche
haben wir aber nicht erfüllt, weil wir es gerade für wichtig halten,
dass sowohl das Publikum wie auch der Landmesser in der Landmesser-
ordnung alle wichtigen Bestimmungen vollständig findet und es nicht
Böthig ist, neben der Landmesserordnung noch ein Dutzend andere,
häufig nicht einmal leicht zu erlangender Werke zu benutzen.
Femer ist verlangt worden, den noch in der Ausbildung begriffenen
Landmessern nach der ersten Prüfung schon gewisse Rechte einzuräumen
und namentlich das Recht, einen bestallten Landmesser bei den Messungen
zu vertreten. Wir haben auch hierauf nicht eingehen können, weil wir
damit ein^ zweite Klasse von Landmessern erhalten würden, bestehend
aus solchen, die die zweite Prüfung garnicht ablegen wollen oder die
in der zweiten Prüfung durchgefallen sind. Diese Landmesser zweiter
Klasse, würden dann ungehindert alle Landmesserarbeiten ausführen
können, sobald sie nur einen bestallten Landmesser finden, der ihre
Arbeiten unterschreibt. So lange der Landmesser nicht durch Ablegung
56Ö Steppes. Bericht ttber die 20. Hauptversammlang des Deutschen
der zweiten Prüfung^ den Nachweis erbracht hat, dass er zum selbst-
ständigen Landmesser befähigt ist, dürfen ihm nicht die wichtigsten
Rechte des bestallten Landmessers eingeräumt werden.
Endlich ist beanstandet worden, dass nicht specieüere Vorschriften
f&r die bei den Landmesserarbeiten innezuhaltenden Fehlergrenzen ge-
geben sind. Diesen Anstand haben wir nicht erledigen können und was
auf die nothwendigsten Bestimmungen beschränkt, weil eä nicht möglich
ist, für alle die mannigfaltigen Aufgaben der Praxis in allen Fällen zu-
treffende Fehlergrenzen festzusetzen und weil durch nicht passende
Bestimmungen vielfach Schaden angerichtet werden kann.
Die in den Entwurf aufgenommenen Bezahlungssätze sind einerseits
zu hoch, andererseits zu niedrig erachtet worden, weshalb wohl an-
genommen werden kann, dass die beibehaltenen Sätze die passenden
sind. Bei der Bezahlung wird ja auch die Praxis regulirend eintreten
und die vorgeschlagenen Bestimmungen haben ja vorzugsweise nur den
Zweck, für die Entscheidung in Streitfällen einen festen Anhalt zn
gewähren.
Nach dem Druck des Entwurfes sind noch einige Abänderungs*
antrage gekommen, die beachtenswerth sind und die ich Ihnen deshalb
zur Annahme empfehlen möchte. Die Anträge sind:
1. Im § 1, Nr. 2 statt ^und einem mindestens zweijährigen regel-
mässigen Besuch des Landmessercursus^ zu sagen : „und einem min-
destens zweijährigen regelmässigen Studium der Geodäsie nach
Maassgabe der Landmesserprfifungsordnung^.
2. Im § 2, Nr. 2 den letzten Satz zu vervollständigen durch Hinzn-
fttgung des Reichs- und Preussischen Staatsanzeigers.
3. Im § 18 die Zeit, während welcher der Landmesser verpflichtet sein
soll, die ihm belassenen Vermessungswerke aufzubewahren, auf 3 Jahre
nach Erledigung des Auftrages zu begrenzen.
4. Im § 22, Nr. 1 nach dem ersten Satz hinznzuftigen : „Begründete
Anträge des Landmessers auf Verlegung des Zeitpunktes der Revi-
sion sind möglitshst zu berücksichtigen.^
Hiermit wäre meine geschäftliche Berichterstattnng erledigt, ich
möchte aber hiermit noch nicht abbrechen.
Meine Herren! So grosse Mühe wir uns auch gegeben haben, ein
allseitig befriedigendes Werk zu Stande zu bringen, so ist es uns doch
nicht gelungen, dies Ziel zu erreichen und bei unsem eingehenden Be-
rafhungen über den vorliegenden Entwurf sowohl als auch ttber viel
weitergehende Fragen des Vermessungswesens sind wir uns völlig klar
darüber geworden, dass dieses Ziel nicht erreicht werden- kann ohne
eine ganz neue Organisation des Vermessungswesens, wobei der Privat-
landmesser verschwindet und mit ihm die Landmesserordnung. Hierbei
hat sich auch der Ausblick eröffnet auf eine weitere segensreiche Ent-
wicklung des Vermessangswesens und dieser Ausblick berechtigt zu der
Geometer- Vereins zu Dresden am 2. mit 5. August 1896. 561
Hoffiittng, dass dem Vierteljahrhundert tüchtigen Yorwärtdkommens,
worauf wir heute mit Stolz Zurückblicken köonen^ eifi gleiches Viertel'
Jahrhundert folgen kann und der Deutsch« Geometer -Verein nach
50 jährigem Bestehen mit noch viel mehr Berechtigung wie heute sich
zu einer glänzenden Jubelfeier veraailimeln kann. Und da nicht zu be-
zweifeln ist, dass der Deutsche Geometer- Verein an dieser Entwicklung
denselben lebhaften Antheil nehmen würde, den er an der Entwicklung
der vergangenen 25 Jahre genommen hat^ so bitte ich mir zu gestatten^
kurz hierauf einzugehen! Wenn ich hier nur die preussischen Verhält-
nisse berühre, so mögen Sie mir das verzeihen in dem Gedanken^ dass
jeder Wandel in dem grössten deutschen Staate nothwendig auch seine
Rückwirkung auf die übrigen Staaten ausüben wird.
Meine Herren! Wir stehen an einem Wendepunkte in der Ent-
wicklung unseres Vermessungswesens und wir sind in Gefahr abwärts
zu gehen in höchst unerquickliche Verhältnisse. Der bis jetzt theilweise
noch bestehende Mangel an Landmessern wird durch die in diesem
Frühjahr geprüften und die in diesem Herbst noch zu prüfenden Gan-
didaten vollständig gehoben und wii* treten in die Ueberproduction von
Landmessern ein mit dreimal so viel Studirenden, als zur Deckung des
normalen Bedarfs nothwendig sind. Wenn nun auch von den Behörden
allseitig davor gewarnt wird, Landmesser zu werden, so werden diese
Warnungen schwerlich eine rasche Verminderung des Zuganges herbei-
führen. Wir werden daher in kurzer Zeit eine grosse Ueberflillung
haben, wodurch zwar in erster Linie die Privatlandmessei* zu leiden
haben werden, wodurch aber auch alle übrigen Faohgenossen betroffen
werden, da jede Besserung ihrer Verhältnisse zurückgehalten wird, wenn
das Angebot die Nachfrage an Landmessern weit übersteigt.
Deshalb ist der jetzige Zeitpunkt besonders geeignet, wenn möglich
neue Aufgaben zu stellen, die für ein grösseres Personal ausreichende
Beschäftigung bieten. Aber auch ausserdem ist der jetzige Zeitpunkt
geeignet, in eine Erörterung solcher neuen Aufgaben einzutreten, weil
durch die Ueberweisung der Grund - und Gebäudesteuer das unmittelbare
Interesse, welches der Staat für die Begulirung seiner Steuereinkünfte
von Grund und Boden bisher an der Erhaltung und Erneuerung des
Katasters hatte, weggefallen ist, demnach das Kataster jetzt schon
hauptsächlich im allgemeinen Staatsintersesse fortgeführt wird und deshalb
wohl in Frage kommen kann, das Kataster in noch erhöhtem Maasse
für allgemeine Zwecke nutzbar zu machen. Ferner fällt noch ins Gewicht,
dass die Landestriangulation in absehbarer Zeit abgeschlossen wird
und dann im ganzen Staate eine einheitliche Grundlage flb" alle Ver-
messungen gewonnen ist.
Wenn diese Verhältnisse schon zu einer Prüfung unserer Einrichtung
des Vermessnngswesens führen, so weisen andere Umstände noch dringender
auf eine solche Prüfung hin. Wir geben jährlich sehr hohe Summen
Zeitsehrifl für Vermessungswesen 1896. Heft 18. 36
562 Steppes. Bericht über die 20. Hauptversammlung des Deutschen
ans tfkt VermessuDgeD^ die keinen bleibenden Werth haben, während
wir für dieselben Summen Vermessangen von hohem Werthe sehaffen
itlhinten. Ein und dasselbe Object wird häufig zwei-; drei-, viermal für
verschiedene Zwecke gemessen, während eine vollatändig« Vermessung
allen Zwecken genügen könnte. Wir genügen in Folge 211 langsamer
Ausführung der Vermessungen nicht den wirthschaftilichen Bedürfnissen;
wir hindern dadureh, dass vielfach nicht die erforderliehen Arbeitskräfte
zur Verfügung gestellt werden, oder dadurch, dass die Vermessnngs-
kosten viel zu hoch werden, die Ausführung nützlicher Anlagen und
Einrichtungen. Durch eine nicht dem Werthe des Objectes der
Neuanlage entsprechende Normirung der Vermessungsgebühren wird
eine wirthschaftlich nicht gerechtfertigte ungleiche Belastung mit Yer«
messungskosten herbeigeführt^ die noch verstärkt wird dadurch, dass
viele Arbeiten nicht einfach genug oder nicht dem Zweck entsprechend
ausgeführt werden. Dieae schwerwiegenden Uebelstände unseres Ver-
messungswesens sind bekundet in der historischen Entwickelung und
in einer stallen Seite des preussischen Staatswesens, sich einseitig nnr
auf das zu beschränken, was im Staatsinteresse nothwendig ist Die
Katast^verwahung leistet nur das, was zur Erhaltung des Katasters
nothwendig ist, die landwirthschaftliche Verwaltung das^ . was für Aus-
einandersetzungen, Zusammenlegungen und Meliorationen erforderlich ist,
die Eisenbahn- und Forstverwaltnng das, was für die Neuanlage, bezw.
Einrichtung und Verwaltung der Eisenbahnen und Forsten zu leisten
ist und alles übrige wird äen Privatlandmessern überlassen, die sieh
aber nur dort ansiedeln^ wo sie genügende Arbeit auf einem eng be-
grenzten Gebiet finden und die nur die Arbeiten ausführen, wobei
sie ihre Nahrung finden und von denen man es auch gar nicht erwarten
kann, dass sie weitere Ziele verfolgen, wenn diese auch noch so sehr
im allgemeinen wirthschaftlichen Interesse liegen. So berechtigt diese
einseitige Gestaltung unseres Vermessungswesens in mancher Beziehung
ist, so. glaube ich doch, dass an die Stelle des jetzt bestehenden etwas
viel besseres gesetzt werden kann, und zwar nicht durch einfachen
Umsturz des Bestehenden; sondern durch eine planmässige, alimählige
Weiterentwickelung des Bestehenden.
Es könnte nun von mir verlangt werden, die von mir kurz an-
gedeuteten Uebelstände eingehender darzustellen, ich möchte diesem
Verlangen aber nicht direct entsprechen, einmal weil die mir hier zur Ver-
fügung stehende Zeit dazu. nicht hinreichen würde und dann auch weil
ich dem Lehrsatze eines unserer bedeutendsten Hochschullehrer, zuerst
besser machen und dann. zu tadeln, folgen möchte, in dem ich
das mir besser Erscheinende kurz entwickle und indem ich die Vortheiie
der von mir empfohlenen . Einrichtung hervorhebe, zugleich die Kritik
der bestehenden indirect weiter vervollständige. Als ein Vorbild will
ich dabei die Gestaltung des Vermessungswesens in unsern grossen
Geometer-Vdreins zu Dresden am ± mit 5. August 1896. 563
Städten benutzen und nicht zuletzt die in maqcher Besuehung master-
gülige Gestaltung des Vermessungswesens in der Stadt; in der wir uns
heute befinden, and ansehliessen will ich an das, was auf Anregung
des Herrn Rittergutsbesitzers Sombart schon vor beinahe 20 Jahren
vielfach erörtert worden ist.
Hierdurch ergiebt sich in erster Linie die Zusammenfassung der
gesammten staatlichen und privaten Vermessungsarbeiten zur Ausführung
unter einheitlicher Leitung und durch einheitlich organisirte Behörden
mit der Aufgabe allen wirthschaftlichen Bedürfnissen zu genügen.
Es wird nach dem Vorschlage von Sombart ein Generalvermessungs-
amt gebildet zur Leitung aller Vermessungsarbeiten. . Das dem General-
vermessungsamt unterstellte Personal wird in zwei Abtheilungen^ einer
mobilen Neumessungsabtheilnng und einer Verwaltungsabtheilung ge-
sondert.
Der mobilen Neumessungsabtheilung wird zugewiesen die Aus-
führung aller Neumessungen und der grösseren Fortschreibungsver-
messungen des Katasters, alle Neumessungen der Generalcommissionen
der Ansiedlnngscommission und der Forstverwaltung, die Vorarbeiten,
Absteckungsarbeiten, Schlussvermessungen fUr Eisenbahnen, Chausseen,
Wege, Canäle, Ent- und Bewässerungsanlagen; Deichbauten und für
sonstige Neuanlagen, für kleinere solche Anlagen auch Frojectirungs-
arbeiten, die Vorarbeiten für Fluchtlinien« und Bebauungspläne, sowie
die Aufstellung und Ausführung dieser Pläne in den kleineren Ortschaften
endlieh alle sonstigen grösseren Vermessungsarbeiten, die von Behördep,
Gemeinden, Corporationen und Privatpersonen verlangt werden. Die
Gesammtsumme aller angeführten Vermessungen im ganzen Staate schwankt
nicht in erheblichem Maasse von Jahr zu Jahr, es wird nur eine allmähliche
Zunahme stattfinden und dieser Zunahme kann mit einer allmählichen
Vergrösserung des Neumessungspersonals gefolgt werden, so dass die
Neumessungsabtheilung in der Lage sein wird, jederzeit allen Anforderungen
an die schnellste und beste Ausführung aller Arbeiten zu genügen.
Die Leitung des gesammten Personals muss von dem Generalvermessungs-
amte aus erfolgen, damit das Personal nicht an einzelne Bezirke gebunden
ist, sondern überall da in ausreichender Zahl aufgestellt werden kann,
wo es am noth wendigsten ist. Das für die Katast erneumessungen und
ähnliche Neumessungen aufgestellte Personal kann dabei zur Aus-
gleichung etwaiger kleiner Schwankungen in dem übrigen Pesonal heran-
gezogen werden. In der Weise, dass das bei den nicht unbedingt in
der kürzesten Zeit auszuführenden Neumessungen beschäftigte Personal
zeitweilig vermindert oder vermehrt wird, je nach dem Bedarf bei ^en
übrigen Vermessungen.
Die Katasterfortschreibungen werden überall dort, wo grössere Ver-
änderungen im Grundbesitzstande vor sich gehen, besonders in Städten
and deren Vororten, grösseren Ortschaften mit rascher Entwickelung
36*
564 Steppes. Bericht über die ^. Hauptversammlung des Deutschen
n. s. w. wie Neumessnugen behandelt und an das trigonometrische Netz
der Landesaufnahme angeschlossen, wobei alle Parcellen^ die von der
Aenderung betroffen werden^ ganz neu gemessen werden. So wie jetzt
die Fortschreibungsvermessungen ausgeführt werden^ führen sie nicht
aufwärts zu einem besseren Kataster, sondern abwärts zu einem immer
schlechteren und wenn sich z. B. ein neuer Stadttheil entwickelt, so
wird mit der Entwickelung das Kataster immer mehr verschlechtert.
Dabei muss ein grosser Theil der Messungsarbeiten lediglich ausgeführt
werden^ um den Anschluss an die vorhandenen Katasterkarten zu erreichen
und dieser Theil wird um so grösser^ je schlechter die Katasterkarten
sind. Wenn z. B. ein neuer Weg in eine mangelhafte Katasterkarte
eingetragen werden soll^ so kann es ganz gut vorkommen, dass mindestens
die Hälfte der Messungen ausgeführt werden musS; um einen genügenden
Anschluss an die in den Katasterkarten nicht genau dargestellten Grenzen
zu erreichen und doch ist alle Mühe und alles Geld^ die auf diese
Anschlnssarbeiten verwendet werden ohne bleibenden Nutzen, während
wir mit jeder Messung, die wir als Neumessung behandeln und an das
trig. Netz der Landesaufnahme anschliessen, etwas Gorrectes jederzeit
zu jedem Zweck Brauchbares schaffen und unser Vermögen an Nen-
messungen vermehren, und hierbei handelt es sieh um bedeutende
Stimmen. In dem Gutachten des Gentraldirectoriums der Vermessungen
über die Sombarf sehe Denkschrift ist angeführt, dass Ende der siebziger
Jähre jährlich bereits für 1,05 ^/q aller vorhandenen Parcellen Fort-
schreibungsvermessungen ausgeführt und dass diese Messungen 840 000 Mk.
Kosten verursachten. "Für diese Kostensumme können etwa 24 Qnadrat-
meilen neugemessen werden; wir bekommen aber keine Neumessnngen
dafür, sondern geben das Geld Jahr für Jahr aus, ohne unseren Bestand
an guten Vermessungswerken zu erhöhen. Allerdings werden zunächst
grössere Kosten für die Triangulirung und Polygonisirung der Bezirke,
wo grössere Aenderungen vorkommen, aufzuwenden sein, diese Kosten
sind aber ein gut angelegtes Capital, das von Jahr zu Jahr bessere
Zinsen bringt.
Durch die Ueberweisung der sämmtlichen Neumessungsarbeiten der
Generalcommission an die Nenmessungsabtheilung wird die General-
commission von allen nicht eigentlich zu ihrer Aufgabe gehörigen tech-
nischen Arbeiten entlastet, es bleibt ihr das, worauf sie ihre ganze Kraft
verwenden kann, die Feststellung des Sollhabens, die Bönitirung, die
Aufstellung und Ausführung des Wege- und Planprojectes, sowie die
Meliorationen und hierfür kann sie sich einen kleinen Rahmen sehr
tüchtiger erfahrener Landmesser halten. Die Neumessungsabtheilang
wird jederzeit so viel Personal an jede Sache heranstellen können, dass
der Zeitverbrauch ein minimaler wird und der grosse Schaden, der ans
einer zu langen Dauer des Verfahrens entspringt, erheblich verringert
wird. Durch ihre elastische Organisation wird die Neumessungsabtheilang
Geometer-YereiDB zu Dresden am 2. mit 5. August 1896. 565
auch ausserordentliehen, neu hervortretenden Aufgaben gewachsen sein
und es wird nicht wieder vorzukommen brauchen, dass bei Durchführung
eines Gesetzes^ wie z. B. des Rentengutsgesetzes Stockungen eintreten^
iediglich aus dem Grunde, dass die Vermessungen nicht bewältigt werden
können. Die Katasterverwaltung hat mehr als einmal gezeigt, dass bei
richtiger Organisation ganz andere Aufgaben bewältigt werden können,
wie die Rentengutsvermessungen.
Aehnlich wie bei der Generalcommission kann die Neumessungs-
abtheilung auch bei allen andern Staats- und Communalbehörden, Corpo<
rationen und Privatpersonen grössere Vermessungen übernehmen, sie
kann stets bereit fQr die flotte Ausführung jeder Arbeit sein, kann alle
genauen Auftiahmen einheitlich so gestalten, dass sie einen branchbaren
Beitrag zu einer einheitlichen Landeskarte bilden und kann andere Auf-
nahmen ihrem Zweck entsprechend in der besten Weise ausführen.
Neben den mobilen Neumessungspersonaleii werden dann stabile
Vermessungsämter eingerichtet, die aus den jetzigen Eatasterämtern
hervorgehend, die Verwaltung und Fortführung sämmtlicher Vermessungs-
werke übernehmen, die alle Vermessungsarbeiten von geringerem Um-
fange ausführen, die alles ihnen überwiesene Material den Verwaltungen
und dem Publikum durch Ertheilung von Auszügen etc. nutzbar machen,
kurz alles das und wenn möglich noch mehr als das auf dem ganzen
Gebiete des Vermessungswesens leisten, was die Katasterämter jetzt
lediglich auf dem Gebiete der Kataster- Verwaltung leisten.
Die Vermessungsämter können dem jetzt in vielen Bezirken be-
stehenden Nothstande, dass Vermessungen garnicht oder nicht rechtzeitig
ausgeführt werden können, durchaus abhelfen und namentlich in solchen
Bezirken, wo eine Hülfe durch Ansiedlung von Privatlandmessern niemals
zu erwarten ist; sie können überall den Gemeinden, Kreisen u. s. w.
die keine selbstständigen Vermessungsb^amten anstellen können, alle
nothwendigen Arbeiten leisten, und sie können bei der so überaus
wichtigen Organisation des kulturtechnischen Dienstes überall da ein-
treten, wo die dauernde Anstellung besonderer Kulturtechniker des ge-
ringen Umfanges der kulturtechnischen Arbeiten wegen nicht zweckmässig
ist. Wo zeitweilig grössere oder besonders geartete Aufgaben an die
Vermessungsämter herantreten, zu deren Lösung das vorhandene Per-
sonal nicht genügt, tritt das mobile Neumessungspersonal z^ur Aushülfe ein.
Aber nun werden Sie fragen, wo soll das Personal zur Erfüllung
der bezeichneten Aufgaben hergenommen werden und womit soll das
Personal bezahlt werden? Darauf antworte ich Ihnen, das fürs erste
nothwendige Personal haben wir, wenn wir alle vorhandenen Kräfte
richtig verwenden, und was uns noch fehlt, erhalten wir, wenn wir die
jetzige üeberproduction von mindestens 100 % noch einige Jahrid fort-
setzen. Auch die erforderliche praktische Schulung für die theilweise
noch ungewohnten Arbeiten lässt sich bei vorsichtiger allmählicher
Durchführung der Neuorganisation sehr gut erzielen.
566 Steppes. Bericht über die 20. Hauptversammlung des Deutschen
Und das nöthige Geld ist auch vorhanden. Wenn alles das zu-
sammen genommen wird^ was jetzt Jahr für Jahr für Vermessungen und
die damit verbundenen Arbeiten ausgegeben wird; so können damit alle
bezeichneten Arbeiten bezahlt werden und es kann meines Erachtens
nur in Frage kommen^ dass der Staat zeitweilig grössere Aufwendungen
macht; für Anschlussmessungen. Diese Aufwendungen bilden aber^ wie
ich schon erwähnte^ ein gut angelegtes zinstragendes Capital^ das vollends
wieder herauskommt durch Ersparnng an den sonst später aufzuwen-
denden Neumessungskosten.
Ueberdem kann auch dem zu befolgenden Grundsätze^ dass die
Vermessungsäinter sich selber erhalten sollen^ insoweit sie nicht dem
allgemeinen Staatsinteresse dienen^ sehr leicht Rechnung getragen werden^
W0nn der Tarif für die den eisernen Bestand an Arbeiten bildenden
Fortschreibungsvermessungen zweckentsprechend gestaltet wird. Wenn
nicht wie jetzt häufig für ein Object^ dessen Werth sich nach Hundert-
tausenden beziffert; nur der zehnte oder zwanzigste Theil der Gebühren
erhoben wird; die gerne nach dem vorhandenen Interesse an der
schnellen und guten Ausführung der Arbeiten entsprechend bezahlt
werden; während für die Theilung eines Sandackers Kosten erwachsen
können; die dem jährlichen Ertrage des Ackers gegenüber viel zu hoch
sind; sondern wenn der Haupttheil der Gebühren nach dem Werth des
Objectes bemessen wird; so kann die Gesammtsumme der Vermessungs-
gebühren eine viel höhere und dabei doch für die meisten Gebühren-
pflichtigen viel weniger lästige sein. Voraussetzung für die Einführung
eines solchen Werthtarifs ist allerdings der Erlass der Bestimmung; dass
die zur Aufnahme ins Kataster und Grundbuch bestimmten Vermessungen
nur durch die staatlichen Vermessungsämter ausgeführt werden dürfen.
Bei der von mir vorgeschlagenen Neuorganisation des gesammten
Vermessnngswesens können auch alle Klagen über ungleiche Behandlung
der in verschiedenen Verwaltungszweigen thätigen Landmesser schwinden.
Die mobile Nenmessungsabtheilung kann ihr ganzes Personal nur gleich
behandeln und wenn sie an die Verwaltung nur ihre bewährten Kräfte
abgiebt; die daS; was sie geschaffen habeu; mit voller Liebe zu erhalten
bestrebt sein werden;' so ergiebt sich von selber; dass diese treuen
Bewahrer und Erhalter des ihnen anvertrauten Gutes auch eine ent-
sprechende Stellung einnehmen müssten. Ich glaube deshalb; dass sich
auf detn von mir angedeuteten Wege eine frische und fröhliche Ent-
wicklung ergeben kann und dass wir berechtigt sind; dem Deutschen
GeometervereiU; wenn er dieser Entwicklung die Bahn ebAet und überall
fördernd eingreift; wo sich Hindernisse ergeben; ein aus inlierstem Herzen
kommendes Glückauf für die nächsten 25 Jahre bis zur goldenen Jubel-
feier zurufen dürfen.
lin Anschlüsse an diese Ausführungen erstattete der techn. Eisen-
bahnse^cretair Herr Reich aus Altena Bericht übet dieStdlung; welche
Geometer-Yereiiis zu Dresden am 2. mit 5. August 1896. . 567
die Abgesandten der Zweigvereine in ihrer gestrigen Sitzung zu der
Frage genommen. Derselbe wies zunächst auf die vom Vorredner bereits
hervorgehobene Einwände der Zweigvereine hin. In der gestrigen Sitzung
hätten nun die Abgesandten gerade der an der Sache zumeist betbeiligten
Vereine erklärt und auch im Einzelnen begründet; dass sie diese Ein-
wände auch jetzt noch festhalten müssten. Eine Einigung konnte nicht
erzielt werden und werde heute im Plenum noch weniger erzielt werden.
So sehr daher der Commission für ihre gründliche Arbeit Anerkennung
und Dank gebühre^ so werde es doch nicht möglich sein, zu einem
abschliessenden Ergebnisse zu gelangen« Dieser Erwägung sei der Vorschlag
entsprungen^ die von Allen gebilligten Punkte in einer Bittschrift an die
Staatsregierung zusammenzufassen und die Begründung dafür dem Ent-
würfe zu entnehmen. Im Entwürfe sei übrigens die Forderung des
Abituriums einer neunklassigen Schule für die angehenden Landmesser
nicht enthalten. Der Verein habe aber diese Forderung zu jeder Zeit
vertreten^ und man werde daher auch bei dieser Gelegenheit daran fest-
halten müssen. Redner stellt daher den Antrag:
„Die 20.. Hauptversammlung des Deutschen Geometer- Vereins wolle
beschliessen: Der Vorstand desD. G.-V. wird beauftragt an die Preussische
Staatsregiernng die Bitte zu richten^ die bisherige Prüfungsordnung für
Landmesser in der Weise abzuändern^ dass das Reifezeugniss einei neun-
klassigen höheren Schule als Vorbedingung für die Zulassung zum geo-
dätischen Studium verlangt wird; und dass eine genügende praktische
Ausbildung der Landmesser durch eine dreijährige praktische Beschäftigung
nach der ersten Prüfung unter Leitung eines geprüften Landmessers und
durch eine zweite Prüfung gewährleistet wird."
Der Vorsitzende erklärte hiernach; dass eine Durchberathung des
Entwurfes allerdings nicht durchführbar sein werde. Es bleibe ,wohl
nur die Wahl; ob der Entwurf en bloc anzunehmen und der Regierung
empfehlend vorzulegen; oder ob der Antrag des Herrn Coli. Reich
anzunehmen sei. Der Vorsitzende bittet demnach, die Berathung zunächst
auf diese Alternative zu beschränken.
Herr Stadtgeometer Walraff aus Düsseldorf (welcher bekanntlich
im Vorjahre den Anstoss zur Aufstellung des Entwurfes; wie zu einem
Vorgehen in Richtung auf bessere praktische Ausbildung der Landmesser
gegeben hatte) erklärte: Wenn man sich darüber klar sei; was in der
Sache der Landmesser noth thue, dann könne die ganze Frage auch
jetzt leicht gelöst werden. Auch sein Ideal wäre: Gar kein Landmesser-
Reglement. Dieses Ideal sei aber unerreichbar; denn die Regierung
werde sich nicht entschliessen können, das bestehende Reglement jetzt
aufzuheben. Es sei vielmehr anzunehmen, dass dieselbe über kurz oder lang
zu einer Umarbeitung des Reglements schreiten werdC; die dann vielleicht
noch erheblichere Verschärfungen bringen werde als der Entwurf. Was
diesen betrifft; so sei er nicht einseitig von der Gommiflsion allein auf-
568 Steppes. Bericht über die ^. Hauptversammlnog des Deutschen
gestellt worden. Diese habe zunächst alles Material zusammengetragen,
welches Aufnahme in den Entwurf zu finden hatte^ es seien dann Collegen
aller einzelnen Berufezweige beigezogen und ihnen der erste Entwurf
unterbreitet worden. Nachdem dann alles gestrichen worden, was von
den beigezogenen Collegen als bedenklich erwiesen war, sei der Ent
wurf den betheiligten Zweigvereinen unterbreitet und deren Anträge
neuerlich eingehend geprüft worden. Die Commission hätte also Besseres
schwerlich schaffen können. Man möge daher den Entwurf auch wirklich
der Regierung vorlegen und ihn zu diesem Zwecke en bloc oder auch
mit einzelnen Verbesserungen annehmen.
Herr stell v. Vermessungsdirector Ottsen aus Berlin wies darauf
hin, dass der Brandenburgische Landmesserverein im Wesentlichen zu
dem gleichen Ergebnisse gelangt sei, wie der Antrag Reich. Die
gestrige Versammlung der Abgesandten der Zw.-V. habe sich nahezu
einstimmig gegen den Entwurf ausgesprochen und Redner müsse dies
auch heute wieder thun. Er wolle, der Mahnung des Vorsitzenden ent-
sprechend, auf Einzelheiten des Entwurfes nicht eingehen. Wenn aber
College Walraff die Ueberzeugung ausgesprochen habe, dass die Re-
gierung auf alle Fälle mit Erlass einer neuen Landmesserordnung vor-
gehen werde, so müsse er darauf hinweisen, dasis ja der Entwurf der
Regierung bei Begründung des Antrages Reich vorgelegt werde und
diese daher dem Entwürfe gewiss entnehmen werde, was ihr zweck-
dienlich erscheine. Im Uebrigen sei die Hauptausstellung des Branden-
burgischen Landmesser- Vereins an dem Entwürfe die gewesen, dass er
den Staatsbeamteneid der Landmesser, welcher im Jahre 1883 ausgemerzt
worden sei, nicht wieder aufgenommen habe. Es sei dies deshalb von
Wichtigkeit, weil sich in vielen Fällen die Pensionen von dem Zeitpunkte
an bemessen, wo jener Eid geleistet worden. Redner empfiehlt daher
den Antrag Reich. Steuerinspector Fuchs aus Breslau schliesst sich
dem Vorredner an. Bei aller Anerkennung des Entwurfes dürfe man
nicht übersehen, dass derselbe den Landmessern erheblich grössere
Pflichten auferlege; es sei daher auch die Frage berechtigt, ob den er-
höhten Pflichten auch grössere Rechte gegenüberstehen. Nun habe aber
Herr Professor Eoll dargelegt, dass der geschützte Amtstitel und die
Beamteneigenschaft der Landmesser in dem Entwürfe keine Aufnahme
finden konnten, weil diese Dinge durch Gesetz geregelt werden müssten.
Man sollte daher zunächst zusehen, ob es nicht möglich sei, für die
Landmesser erhöhte Rechte zu erlangen und dann erst möge man für
eine Erhöhung der Pflichten eintreten.
Professor Eoll macht aufmerksam, dass die Ausführungen des
Herrn Collegen Ottsen bezüglich der Einveirkung des Entwurfes auf
die Pensionsberechtigung unzutreffend seien, wie jeder wisse, der im
preussischen Staatsdienst stehe.
Geometer-Yereins zu Dresden am % mit 5. August 1896. 569
Der Vorsitzende sprach sodann die Absicht auS; dass er von den
beiden Fragen^ ob der Entwurf im Ganzen anzunehmen und vorzulegen
oder aber nach dem Antrage Reich zu verfahren sei^ die letztere als
die weitgehendste zunächst zur Abstimmung bringen werde. Dabei
wurde aus der Versammlung zur Geschäftsordnung geltend gemacht^
dass man nach den Ausftihrungen des Herrn CoUegen Ottsen zu der
Annahme berechtigt sei, dass auch im Falle des Antrages Reich der Entwurf
zur Vorlage an die Staatsregierung gelange, was Herrn Walraff zu der
Erklärung veranlasste, dass er bei solcher Auslegung sich mit dem An-
trage Reich zufriedenstellen könne.
Der Vorsitzende machte indessen geltend, dass mit dem Antrage
Reich eine directe Vorlage des Entwurfes an die Staatsregierung wohl
nicht vereinbarlich sei. Wohl aber könne der Entwurf bei Vorlage der
beantragten Petition erwähnt und überhaupt die geschichtliche Ent-
stehung des Petitums näher dargelegt werden.
College Reich erklärt hierauf, dass sein Antrag allerdings nicht die
directe Anlage des Entwurfs zur Petition, sondern nur dessen Benutzung
zur Begründung bezweckte. Als Anlage zur Petition müsste er sich
entschieden gegen den Entwurf aussprechen, da derselbe unter Um-
ständen der Sache schaden könnte. Er erinnere hur an die Taggeld-
Sätze nnd Überhaupt die Entschädigung des Landmessers, wie sie im
Entwürfe normirt seien. Dieselben könnten im Osten der Monarchie
geradezu bedrückend für die Grundbesitzer wirken, während sie. im
Westen ziemlich angemessen, in grossen Städten vielleicht noch zu
niedrig seien.
College Ottsen zieht hierauf seine Bemerkungen wegen Anlage
des Entwurfes als irrthümlich ausdrttoklich zurück. Der Antrag Rei^h
wurde sodann mit grosser Majorität angenommen. —
Im weiteren Verfolge der Tagesordnung erstattete sodann Herr
Vermessungsdirector Gerke den Bericht der für das Vorjahr ge-
wählten Rechnungsprüfungs- Commission. Danach waren die sämmtlichen
erhobenen Anstände zur sofortigen Aufklärung und Beseitigung gelangt
mit Ausnahme eines Falles, in welchem in Folge eines Rechnungs-
Verstosses ein kleiner Betrag an Honorar für einen Mitarbeiter der Zeit-
schrift zu wenig ausbezahlt wurde. Dieser Betrag wird im Jahre 1896
zur Nachzahlung kommen und beantragt sonach die Rechnungsprüfungs-
Commission, es wolle die Entlastung der Vorstandschaft für die Rech-
nung vom Jahre 1895 Seitens der Versammlung beschlossen werden.
Dieser Antrag wurde einstimmig zum Beschluss erhoben.
Den sechsten Gegenstand der Tagesordnung bildete die Wahl eines
Rechnungsprüfungs- Ausschusses für die Zeit bis zur nächsten Haupt-
versammlung.
Auf Antrag des Herrn Steuerinspector Fuchs wurde zunächst die
Vornahme der Wahl durch Zuruf und sodann die Wahl der Herren
570 Steppes* Bericht über die 20. HaaptversammluDg des Deutschen
Rechnuog&rath Tiesler in Oels^ Yermessungsdirector Gerke in Dresden
i|nd Revisionsgeometer Bergan er in Darmstadt beschlossen. Die drei
Herren erklärten Annahme der auf sie gefallenen Wahl.
Es folgte die Berathung des Yereinshaushalts für 1896 und 1897.
Der Entwurf für das erstere Jahr ist in dieser Zeitschrift bereits früher
bekannt gegeben worden. Der Entwurf für 1897 wurde von dem Vereins-
kassirer, Herrn Oberlandmesser Hüser bekannt gegeben^ wie folgt:
Entwurf zum Vereinshaushalt für 1897.
A. Einnahmen.
I. Mitgliederbeiträge a. von 1250 Mitgliedern zü 6 J( 7600 JC
b. von 50 Mitgliedern zu 9 c/f6 450 „
Summa I. 7%0J(
II. An Zinsen 220 „
Summa der Einnahmen 8170 c^
B. Ausgaben.
L Für die Zeitschrift:
a. für Herstellung u. Versandt der Zeitschrift
durch die Buchhandlung von K. Wittwer
zu Stuttgart. SiOOJC
b. Honorar der Redacteure 900 „
c. Honorar der Mitarbeiter 1300 „
d. Für Abfassen des Litteraturberichtes .... 150 „
e. Für Correcturlesen 100 „
f. Verwaltungskosten 100 „
Summa I. 5950 c/^
II. Verwaltungskosten
a. Honorar des Vorsitzenden 300 cS *)
b. Kassenverwaltüng, Auslagen der Vor-
standschaft u. s. w 750 -
Summa II. 1050 „
III. Unterstützungen 200 „
IV. Rückzahlung von Darlehen 300 „
V. Verschiedene Ausgaben (Drucksachen etc.) 200 j^
Summa der Ausgaben 7700 Jj^
AbsMuss,
Summe der Einnahmen ^110 c/fC
„ „ Ausgaben 7700 „
Voraussichtlicher Ueberschuss 470 e/^
Die Kassenverwaltung des Deutschen Geometer- Vereins.
Hüser.
*) Laut Beschluss der SO. Hauptversammlung zu Dresden.
Geometer-Yereins zu Dresden am 2. mit 5. August 1896. 571
Gegen die Entwürfe wnrde von keiner Seite Erinnerung erhoben.
Behufs Neuwahl der Vorstandschaft wurde sodann zur Ausgabe
der Stimmzettel geschritten. Dieselben wurden von den oben bereits
genannten Herrn als Stimmzählern behufs Feststellung des Ergebnisses
in Empfang genommen.
Den 9. und letzten Gegenstand der Tagesordnung bildeten die
Vorschläge fttr Ort und Zeit der nächsten Hauptversammlung. Zu
diesem Gegenstande ergriff das Wort Herr Revisionsgeometer Bergan er,
indem er daran erinnerte, wie er schon im Vorjahre den Verein ein-
geladen habe, auch einmal in seinem engeren Heimathlande, in Darm-
stadt zu tagen, und diese Einladung nuntnehr im Auftrage des Vereins
hessischer Geometer I. Klasse herzlichst wiederholte.
Nachdem gegen den Vorschlag der Vorstandschaft, die nächste
Versammlung im Jahre 1898 abzuhalten, keine Erinnerung erhoben
worden, wurde der Antrag, diese Versammlung in Darmstadt abzuhalten,
einstimmig angenommen, wofür Herr Revisionsgeometer Bergauer mit
der Ver»cherung dankte, dass die dortigen CoUegen alles daran setzen
würden, um auch die nächste Versammlung würdig zu gestalten. —
Nach einigen Mittheilungen des Herrn Verm.-Dir. Gerke über die
weiteren Veranstaltungen dieses Tages wurde die Sitzung vom Vor-
sitzenden geschlossen.
Nachmittags 3 Uhr fand in dem prächtig geschmückten Saale des
Zoologischen Gartens die Festtafel statt, an welcher sich etwa 400 Herren
und Damen, darunter ein grosser Theil der oben aufgezählten Ehren-
gäste betheiligten. Nach den ersten Gängen erhob eiich Herr Ver-
messungsdireetor Winckel, indem er zunächst einen Rückblick auf die
Entstehung des Vereines warf, welche mit der Neubegründung des
Deutschen Reiches zusammenfalle. Einer der glorreichen Heerführer
aus den Kämpfen, welche dieser Neubegründung vorangegangen, sei König
Albert von Sachsen. Nicht minder geliebt und geehrt sei dieser Monarch
als Friedensfürst, welche Eigenschaften er mit Kaiser Wilhelm 11. theile.
Der Trinkspruch klang aus in einem begeistert erwiderten Hoch auf
Kaiser Wilhelm und König Albert. Das Absingen der Königshymne
folgte, sobald die Hochrufe verklungen waren. Nachdem dann noch
das von Herrn GoUegen Fritsche gedichtete Festlied „Seid gegrüsst
ihr lieben Gäste^ von der ganzen Tischgesellschaft gesungen worden,
dankte Herr Professor Dr. Jordan den Behörden des Landes und der
Stadt für die wohlwollende Anerkennung und die entgegenkommende
ünterstützukig, welche sie dem Vereine und seinem Feste entgegen-
gebracht, durch ein dreifaches Hoch. Der Berichterstatter feierte die
Stadt Dresden und ihre Verwaltung, indem er auf die Sympathien hin-
wies^ welche für die Stadt Dresden schon seit der Versammlung vom
Jähre 1874 im Vereine fortlebten und für das neuerliehe, so liebens-
würdige Entgegenkommen der Stadt, ihrer Verwaltung und ihr^ Be-
572 Steppes. Bericht über die 20. Hauptversammlung des Deutschen
wohner herzlichst dankte. Stadtrath Herr Dr. Kfetzschmar wies
darauf hin, dass ohne Geometer das Aufblühen einer Stadt unmöglich
sei und es demnach dem Geometer-Yerein zu danken sei; wenn Dresden
sich eines so guten Wohlergehens erfreue. Es sei deshalb erklärlich,
wenn er als Vertreter der Stadt dem Vereine zu seinem 25. Geburtstage
auch ferneres Blühen^ Wachsen und Gedeihen wünsche. Herr Oberland-
messer Hüser forderte auf^ den Ehrengästen ein Glas zu weihen^ worauf
Herr Geh. Regierungsrath Professor Nagel in ebenso humorvollem als
für die. Mitglieder der Vorstandschaft ehrenvollem Vortrage diese feierte.
Herr Oberstlieutenant Seyfert^ Vorstand des topogr. Bureau des k. S.
Generalstabs ; brachte dem Herrn Geh. Regierungsrath Nagel, als
dessen Schüler er sich bekannte, ein Hoch aus. Herr Vermessungs-
ingenieur Göllnitz feierte die Damen und Herr Kammercommissar
R e n a r d noch besonders in schwungvollen Versen : Was wir lieben.
Nach aufgehobener Tafel strömten die Theilnehmer in hellen
Schaaren durch den Thiergarten dem Gelände der Ausstellung fär das
sächsische Handwerk und Kunstgewerbe zu. Es ist nicht möglich, hier
auf die Einzelheiten des dort Gebotenen^ wie auf die verschiedenen
Lustbarkeiten, insbesondere das grossartige Feuerwerk näher einzugehen.
Doch möchte ich, einem vielseitigem Wunsche entsprechend, nicht ver-
säumen, den Willkommgruss als Anlage beizufügen, welcher den Gästen
beim Eintritte in die mit bewnndernswerthestem Kunstsinn hingezauberte
„alte Stadt Dresden^ von deren Bürgermeister geboten wurde. Lange,
für einzelne vielleicht zu lange, hielten die Reize der „alten Stadt*' die
Festtheilnehmer in ihren Räumen gefangen.
Am Dienstag den 4. August Vormittags 9 Uhr wurden die Ver-
handlungen von Herrn Vermessungsdirector W i ri c k e 1 neuerdings eröffnet.
Es folgte zunächst der Vortrag des Herrn Professor Uhlig aus
Freiberg „über Gradmessung im Königreich Sachsen".
Reicher Beifall zeigte von dem Interesse, welches die Versammlung
an den Ausführungen des Redners genommen. Indem der Vorsitzende
auf diese Thatsache hinwies, sprach er dem Redner den besten Dank
im Namen der Versammlung aus.
Es folgte sodann der Vortrag des Herrn Vermessungsingenieur
Fuhrmann „über die an die Gradmessung anschliessende Triangulation.'^
Nachdem der Vorsitzende für den mit grossem Beifall aufgenommenen
Vortrag gedankt hatte, wies Herr Professor Dr. Jordan auf die geradezu
glänzenden Genauigkeits-Ergebnisse der sächsischen Landestriangulation
hin. Dabei habe die Zusammenfassung der Punkte in grössere Gruppen
— bis zu 11 Punkten — jedenfalls mehr Arbeit gemacht, aber auch grössere
Genauigkeit erzielen lassen. Redner stellte nun an den Herrn Vor-
tragenden die Anfrage, ob bestimmte Anhaltspunkte darüber gewonnen
seien, wie sich die erforderliche Mehrarbeit zu dem erzielten Genauig-
Geometer- Vereins zn Dresden am ^. mit 5. Au^st 1896. 573
keitsvortheile yerbalte. Der Vortragende bemerkte^ dass man zur Zu-
sammenfassung bis zu 11 Punkten nur geschritten sei; wo dies unbedingt
nöthig war. Im Allgemeinen sei die Genauigkeit durch die Vereinigung
einer llbergrossen Anzahl von Punkten wohl nicht mehr viel grösser
geworden; man habe daher am liebsten fünf bis sechs Punkte in eine
Oruppe genompaen. Einen ziffermässigen Nachweis, um wieviel der 6e-
nauigkeitsvortheil durch intensivere Gruppirung gewachsen sei, könne er
derzeit nicht geben.
Es folgte darauf der Vortrag des Herrn Vermessungsdirector Gerke
;,ttber Stadtvermessungen^. Der durch eine Reihe Von Karten, Wand-
tafeln und Modellen erläuterte Vortrag gab ein interessantes Bild ins-
besondere von der Dresdener Stadtmessung, welche übrigens in der
Hauptsache noch im Stadium der Netzbestimmung sich befindet.
Wir hoffen, durch die Güte der Herren Vortragenden den jäheren
Inhalt der drei Vorträge in dieser Zeitschrift veröffentlichen zu können.
Den Vorträgen schloss sich im Verfolge der Tagesordnung die
^Besprechung der Lage der bei den Staatseisenbahnen beschäftigten
Landmesser^ an. Dieselbe wurde eingeleitet durch den techn. Eisen-
bahnsecretair Herrn Reich aus Altena mit folgenden Bemerkungen:
Den Anlass zur heutigen Besprechung bildet ein bei der Vor-
standschaft des D. G.-V. im vorigen Jahre auf der Hauptversammlung
in Bonn eingegangener Antrag. Derselbe ging erst während der Ab-
haltung der Versammlung ein, und da es zwecklos schien, ohne ange-
messene Vorbereitung in eine Besprechung einzutreten, so musste der
Gegenstand bis zur diesjährigen Versammlung zurückgelegt werden.
Obgleich nun die Tagesordnung der diesjährigen Versammlung
eine sehr reichhaltige geworden ist, musste auch diese Besprechung
noch auf dieselbe gesetzt werden, da eine weitere Verschiebung bis zur
nächsten Versammlung, d. h. afeo um 2 Jahre unthunlich erschien.
Mit der Anstellung der nöthigen Vorerhebungen hat Ihre Vorstand-
schaft den niedersächsischen Geometer - Verein beauftragt. Derselbe ist
bemüht gewesen, das nöthige Material zu sammeln und hat infolgedessen
ein Rundschreiben an je einen der bei den verschiedenen deutschen
Staatseisenbahnen beschäftigten Fachgenossen gerichtet. Leider sind
diese Bemühungen ohne den wünschenswerthen durchschlagenden Erfolg
geblieben. Von den ca. 30 Anfragen über die Zahl und die Bezahlung
der bei den deutschen Staatseisenbahnen beschäftigten Vermessungs-^
beamten sind bis zum Schlüsse des Monats Juli trotz wiederholten
Ersuchens nur etwa die Hälfte beantwortet worden.
Mit der Zusammenstellung der Ergebnisse und der Berichterstattung
auf der hiesigen Versammlung wurde ich beauftragt.
Hinsichtlich der Mittheilungen über die Zahl der bei den deutschen
Staatseisenbahnen beschäftigten Fachgenossen sind wir daher genöthigt
gewesen, auf die vom Collegen E melius in Cassel zu anderm Zwecke
574 Steppes. Bericht über die 20. Hauptversammlung des Deutschen
zasammengestellten Erhebungen^ welche in der Zeitschr. des Rheinisch-
westfälischen Landmesservereins veröffentlicht worden sind, zartickzu-
greifen. Diese Zusammenstellung kann als zuverlässig erachtet werden;
denn ihre Ziffern sind durch die eingegangenen Antworten auf die
gestellten Fragen bestätigt worden.
Hinsichtlich der Bezahlung und der sonstigen Lage der Fach-
genossen war ich zum Theil auf die eigene Kenntniss dieser Ver-
hältnisse angewiesen und trug mich daneben mit der Hoffnung, daas
es mir gelingen würde, das wesentlich Wissenswerthe von den hier
anwesenden süd- und mitteldeutschen Oollegen mitgetheilt zu erhalten.
Diese Voraussetzung hat sich denn auch bei der Behandlung des Gegen-
standes in der gestrigen Delegirtenversamrolung verwirklicht. Nach der
erwähnten Zusammenstellung sind vorhanden bei den Staatsbahnen:
in Baden 2
„ Bayern 22
^ Elsass- Lothringen 27
„ Hessen 6
„ Oldenburg 2
„ Mecklenburg (Schw.) ... 6
„ Preussen 191
„ Württemberg 35
im Ganzen: 291
d. h. etwa 7 ^/q aller im Staats- und Communaldienst angestellten bezw.
das Gewerbe als solches ausübenden staatlich geprüften VermessangB-
techniker, deren Zahl sich nach der erwähnten Zusammenstellung auf
3862 beläuft. Werden von der vorgenannten Zahl die das Gewerbe
als Landmesser ausübenden staatlich geprüften 611 Vermessungstechniker
abgezogen, so ergiebt sich, dass etwa 9 % der im Staats- oder Communal-
dienst beschäftigten geprüften Landmesser im deutschen Staats-Eisenbahn-
dienst beschäftigt sind.
Die Besoldungen sind, soweit Nachrichten vorliegen, bei vorüber-
gehender Beschäftigung gegen Tagegelder selbstverständlich h$her, als
bei der Annahme mit der Aussicht auf dauernde Anstellung. In Nord-
deutsehland beträgt dieselbe 7 — 8 Mark pro Tag, wobei Urlaubs- und
Krankheitstage nicht zur Berechnung gelangen. Gegenstand der Be-
sprechung auf der Vereinsversammlung können, meines Eraehtens aach
weniger die Höhe der Tagegelder und die Besoldungsverhältnisse der
angestellten Beamten bilden. Dieselben beruhen auf Bestimmungen der
Gentralbehörden und sind in der Neuzeit durch Einführung der Dienst-
altersstufen und Regelung der Grundsätze für die Berechnung des Be-
soldungsdienstalters wesentlich zu Gunsten der Beamten geändert worden.
Berechtigte Klagen Einzelner über Härten dieser Bestimmungen werden
immer vom Einzelnen bei der vorgesetzten Behörde anzubringen sein.
Geometer-Yerema zu Dresden am S. mit 5. August 1896. 575
Wenn die Besoldangsverhiütnisse hier gestreift werden müssen^ so kann
dies nur allgemein und insoweit geschehen^ als es zur Beurtheilung
der Frage erforderlieh ist, ob die bei den deutschen Staatseisenbahnen
beschäftigten Landmesser schlechter gestellt sind, als die Fachgenossen
in anderen Zweigen der Staatsverwaltung.
Die Mittheilungen, welche mir in der gestrigen Delegirtensitzung
geworden sind, ergeben, dass die Fachgenossen bei den Eisenbahnver-
waltungen in Baden, Bayern, Elsass-Lothringen, Hessen und Wtlrttem-
berg nicht schlechter und theilweise besser gestellt sind, als die Fach-
genossen bei den Steuerverwaltungen und den Zusammenlegungsbehörden
der betreffenden Staaten. Dagegen haben die angestellten Erhebungen
ergeben, dass in Preussen die bei den Staatsbahnen beschäftigten Land-
messer nicht unwesentlich schlechter gestellt sind, als die bei der
Katasterverwaltung und bei der landwirthschaftlichen Verwaltung an-
gestellten Landmesser.
Was das Einkommen betrifft^ so ist es dasjenige der Eisenbahn-
Secretaire. Z. Z. 1800 Mark nebst Wohnungsgeld-Zuschuss bei der
ersten etatsmässigen Anstellung als techn. Eisenbahn-Secretair und Ge-
haltszulagen von 300 Mark bezw. 200 Mark nach je 3 Jahren bis zur
Erreichung des Höchstgehalts von 3600 Mark nebst Wohnungsgeld-
Zuschuss.
Dem gegenüber beziehen die Kataster-Gontroleure- und Secretaire,
sowie die etatsmässigen Landmesser der landwirthschaftlichen Verwaltung
2400 — 3900 Mark und Wohhungsgeld Zuschuss.
Es sind aber nicht so sehr die öehaltsverhältnisse, über welche
unter den Faehgenossen Klagen laut geworden sind; denn diese sind,
was hier hervorgehoben werden mag, sehr viel besser geworden, als sie
beispielsweise zu Ausgang der 70er Jahre waren, wo nur bei jeder der
damals viel umfangreicheren Directionen 1 — 2 etatsmässige Stellen
vorhanden waren, alle übrigen Landmesser aber diätarisch beschäftigt
wurden. Heute sind immerhin bei jeder, auch der kleinsten der be-
kanntlich vermehrten Directionen mehrere etatsmässige Stellen vorhanden.
Die weitere Verfolgung des Vergleiches zwischen der Stellung der
Eisenbahnlandmesser und der der übrigen Staatslandmesser liefert
folgende Vorzüge, deren sich die letzteren zu erfreuen haben, nämlich
a. bei der Kataster Verwaltung: in erster Reihe das selbstständige
Amt; die Oberaufsicht wird ausgeübt durch Fachgenossen, deren
Stellung als Hilfsarbeiter bei den Regierungen ihnen selbst zu-
gänglich sind;
b. bei der landwirthschaftlichen Verwaltung : wenn auch nicht selbst-
ständiges Amt, so doch Leitung der Arbeiten durch Fachgenossen
und wie oben die Möglichkeit des Einrückens in solche Stellungen.
Dem gegenüber ist hervorzuheben^ dass den Stellungen der Eisen-
bahnlandi^esser diese Vorzüge fehlen, deren sich doch die übrigen
576 Steppes. Bericht Über die ^. HauptverBammlang des Deutschen
mittleren Beamten der Eisenbahnverwaltnng erfreuen. Diese Letzteren
arbeiten unter Leitung von Berufsgenossen^ können in die Stellungen
von Oberbeamten (Verkehrs-Inspectoren etc.) oder doch in die hdber
bezahlten Stellungen von Rendanten der Hauptkassen gelangen, obgleich
diese Verwaltungsbeamten keine Zeit auf ihre specielle technische
Ausbildung zu verwenden haben, kein Fachstudium zurücklegen müssen
und für deren Vorbildung jetzt nur noch das Einjährigen- Zeugniss Be-
dingung, wenngleich die thatsächliche Schulbildung meist eine höhere ist.
Um späteren Einwänden zu begegnen, möchte ich hier auch die
Frage erörtern, ob ein solcher stufenweiser Beamten-Apparat wie ihn
die Kataster- und landwirthschaftliche Verwaltung für ihre technischen
Beamten haben, bei der Eisenbahnverwaltnng nothwendig ist? Es mag
dabei von vornherein zugegeben werden, dass die speciellen land-
messerischen Arbeiten beim Bau von Eisenbahnen auch von BaniDge-
nieuren und Bautechnikern, ausgeübt werden können. Die grössere
Uebnng und praktische Erfahrung des speciellen Faohtechnikers wird
aber immer dazu führen, in Fällen, in welchen Nivellements etc. in
grösserem Umfange ausgeführt werden, Eisenbahnlandmesser zu verwenden.
Für das weitere Arbeitsgebiet, den Ornnderwerb, die Sicherung
des Orundbesitzes gegen Entwährung durch Erhaltung des Planmaterials
bei der Wirklichkeit können Landmesser nicht entbehrt werden. In
dieser Beziehung sei auf die Domänen- Verwaltung verwiesen, welche
einen in jedem Falle doch abgerundeten Besitz durch BegreniUDg,
Messung und Pläne gegen Entwährung schützt. Dasselbe thun Oross-
grundbesitzer, deren Besitz so umfangreich ist, dass er für ihre Central-
verwaltung nicht zu übersehen ist. Auch sie stellen Landmesser dauernd
für ihre Zwecke an; es sind 12 Landmesser bei deutschen Orossgrund-
besitzern dauernd angestellt.
Wenn für den abgerundeten Besitz der Domänenverwaltnng die
Sicherung des Grundbesitzes erforderlich ist und dazu Landmesser an-
gestellt werden,''so bedarf es wohl keiner weiteren Ausführungen, dass solche
Maassregeln für den sich über nahezu 29 000 km (nach Verstaatlichung
der hessischen Ludwigsbahn voraussichtlich 37 000 km) erstreckenden
schmalen Grundbesitz der Eisenbahnverwaltung dringend geboten sind.
Er nmfasst billigen Boden, er erstreckt sich aber auch auf theuren und in
den Städten auf die höchsten Werthsobjecte, welche in Grund und Boden
überhaupt vorkommen.
Wem aber die Nothwendigkeit von Landmessern in der Eisenbahn-
verwaltnng durch diese Ausführungen nicht genügend erwiesen sein sollte^
dem muss der Umstand genügen, dass eben 300 Landmesser thatsächlich
vorhanden sind, mit denen schliesslich gerechnet werden muss. Sie
würden nicht vorhanden sein, wenn sie nicht nothwendig wären.
Es liegt aber, wenn die Landmesser bei der Eisenbahnverwaltnng noth-
wendig sind, in der Billigkeit, dass dieselben mit den Beamten der Kataster-
Geometer-Yereins zu Dresden am 2. mit 5. August 1896. 577
und landwirthschaftlichen Verwaltung ähnlich gestellt werden. Ob sich
das unter Wahrung des gegenwärtigen Verhältnisses^ d. i. bei angeblicher
Gleichstellung mit d«n mittleren Beamten der Staatseisenbahn -Verwaltung,
verwirklichen lässt, darüber will ich nicht urtheilen. Unter den Fach-
genossen ist die Meinung verbreitet^ dass dies sich nur durch vollständige
Ausscheidung der Landmesser von den übrigen mittleren Beamten der
Staats-Eis.- Verw. erreichen lasse.
Nachtheile, wenn die beregten Maassregeln unterbleiben, werden sich
und haben sich schon herausgestellt. Die jungen Landmesser, welche nach
den neuen, seit 1882 bestehenden Bestimmungen ihre Ausbildung
erhalten haben, melden sich in erster Reihe zum Eintritt in das Kataster,
in'zweiter Reihe zur landwirthschaftlichen Verwaltung und werden sich
zuletzt an die Eisenbahnverwaltung wenden, wenn die Noth der Fach-
Überfüllung sie dazu zwingen wird. Selbst wenn diese Ueberfüllung
bald eintreten sollte, werden sich die jungen Leute das Recht zum
Eintritt durch Vomotirung bei der Katasterverwaltung etc. wahren,
und wenn sie an der Reihe sind, bei der Eisenbahnerwaltung aus-
und dort eintreten, es sei denn, dass sie inzwischen in eine etatsmässige
Stelle bei der Eisenbahn gelangt sind, was nach der Sachlage wenig
wahrscheinlich ist. ••
So liegt denn die Gefahr nahe für die Verwaltung, dass ihr der
Nachwuchs fehlen wird, für den Landmesser, dass er durch die ob-
waltenden Verhältnisse zum Landmesser 2. Ranges herabgedrückt wird.
Die weitere Beurtheilung der Verhältnisse überlasse ich der Be-
sprechung in der verehrten Versammlung; ebenso etwa zu fassende
Beschlüsse ''.
Das Wort nahm zunächst Herr Landmesser P o h 1 i g aus
Düsseldorf: Er sei von einer grösseren Anzahl von Gollegen beauftragt)
ihre Interessen in dieser Sache zu vertreten, da sie selbst am Erscheinen
verhindert seien. Er sei selbst Eisenbahnlandmesser geweseä und könne
daher die Verhältnisse würdigen. Er wolle sich darüber frei aussprechen,
wenn er sich auch nach den Ausführungen des Vorredners kurz fassen
könne. Die Stellung der Eisenbahnlandmesser sei in der That keine
entsprechende; man sclieine dieselben nur als nothwendiges Uebel zu
betrachten, wie etwa einen Arzt, den man auch oft nur rufe, wenn man
sich nicht mehr anders zu helfen wisse. Die Eisenbahnlandm^ssef
verlangten aber Gleichstellung und Gleichberechtigung mit den Collegen
der anderen Verwaltungen und dieses Verlangen sei gewiss nicht un-
berechtigt. Dieselben hätten die vorjährige Initiative des Collegen
Wallraff freudig begrttsst, weil sie gehofft hätten, dass für sie etwas
dabei abfallen würde. Diese Hoffnung sei jetzt zu Grabe getragen,
wenn er auch annehmen müsse, dass sie bald wieder auferstehen werde. Es
möge ja bei der Eisenbahnverwaltung einzelne Collegen geben, die zufrieden
seien und es auch sein könnten. Er sei auch zufrieden gewesen, so
37
578 SteppeB. Bericht über die 20. Hauptversammlang des Deutschen
lange er dort war, weil man ihn eben fttr eine dringende Arbeit gat
habe brauchen können; sobald diese Arbeit aber fertig war^ habe er
gemerkt, dass er gehen könne^ und sei denn auch gegangen. Auch heute
noch befinde sich ein grosser Theil der Eisenbahnlandutesser in recht
raisslicfaer Stellung und Redner bitte daher den Verein, deren berechtigte
Wünsche dadurch anzuerkennen, dass ein Besohlnss gefasst wird, welcher
geeignet ist, den Eisenbahnlandmessern die Gieichberechtigung mit ihren
Oollegen za verschaffen. Dieselben würden dann neuen Lebensmuth
(Rinnen können.
Herrtechn. Eisenbahnaecretair Tasler aus Oharlottenburg erklärt, er
müsse zugeben^ dass ein Theil der bisher gehörten Ausführungen berechtigt
«ei. Von den Vorrednern sei indessen übersehen worden, dass * im
Vorjahre eine Neuordnung in der Eisenbahnverwa;ltung eingetreten sei,
die bisher ziemlich günstige Wirkungen geübt habe und daher von anderen
Staaten bereits nachgeahmt werde. Durch diese Neuordnung ziehe sich
als rother Faden die Absicht, dem einzelnen Beamten eine sehr intensive
aber persönlich verantwortliche Thätigkeit zuzuweisen; dies gelte wie
für die oberen, so auch für die mittleren und unteren Branchen. Auch
bei den Landmessern habe man damit begonnen. Bedner habe als
Eisenbahnlandmesser nur noch mit seinem Referenten zu thun und er
befinde sich wohl dabei. Bei vielen Directionen sei allerdings die Neu-
ordnung nicht recht verstanden worden; aber auf Beschwerde werde
die Centralverwaltung «icher Abhife schaffen. Ein grosser Theil der
Gollegen bei der Eisenbahn sei also mit ihrer Stellung zufrieden und
wo dies nicht der Fall, liege der Fehler bei der einschlägigen Direction.
Es sei ferner beklagt worden, dass die Eisenbahnlandmesser nicht Vor-
stände der technischen Bureaus werden und so die Arbeiten nicht unter
fachmännischer Leitung ständen. Nun sei es Grundsatz, zum Vorstande
des technischen Bureaus den dienstältesten Beamten zumachen; es handle
sich aber zum Theil um Leute, die, wie der Landmesser, vielfachen
Aussendienst haben, und es sei klar, dass sich Missstände ergeben mflssten,
wenn der Vorstand häufig nicht zu Hause sei. Man könne daher den
Landmesser als Bureau vorstand nicht brauchen; es sei das aber keine
persönliche Zurücksetzung, sondern eine sachliche Nothwendigkeit. Der
Landmesser müsse bedenken^ dass seine Arbeiten nicht Selbstzweck, sondern
nur Mittel zum Zweck fttr die Verwaltung seien.
Was die materielle Seite der Frage betreffe, so würde im nächsten
Jahre die Zahl der etatsmässigen Stellen neuerlich erhöht. Durch die
Neuordnung sei allerdings der Anfangsgehalt etwas gemindert worden,
gleichwohl habe sich der wirkliche Gehalt durch günstigere Anrechnung
der Dienstjahre erhöht. Es bestehe also nach dieser Richtung kein Anlass
zur Unzufriedenheit.
Das Verlangen nach Gleichstellung der Eisenbahnlandmesser sei jt
prinzipiell gerechtfertigt und soweit es das sd, werde es iMffentüeh
Geometer- Yerdns zu Dvesden am % mit 5. August 1896. 579
wohlmeinende BeRto&sicfatigaag finden. Aber ein solches Vorgehen müsse
wohl motivirt werden. Redner könne eine solche Motivirung in den
Aasfahrangen desCollegenPohlig ebensowenig erblicken^ wie in den ein-
schlägigon Anslassungen der Zeitschrift des Rheinisch* westfilUschen Vereins.
Herr Stadtgeometer Walraff erklärte, sich ganz knix' fassen zu
wollen, indessen müsse er den Ansfflfarangen seines Vorredners entgegen-
treten : Dass die neueste Organisation einzelnen Beamten grossere Selbst-
ständigkeit gebracht habe, möge zutreffen; bei verschiedenen Kategorien
and insbesondere bei den Eisenbahnlandmessem treffe es aber nicht zu.
Dieselben seien daher ihrer Mehrzahl nach ausserordentlich unzufrieden.
Sie seien dies theils schon vorher gewesen, sofern sich bei der Verstaatlichung
der Privatbahnen ihre Stellung sehr verschlechtert habe; sie seien es
nun in Folge der Reorganisation noch viel mehr. Der nächste Vorgesetzte
der Eisenbahnlandmesser sei ein Bau- oder Maschinenteehniker, dann erst
komme der administrative Vorsteher dazu. Es sei daher auch die
äussere Stellung der Landmesser eine schlechtere geworden. Die Vereins-
mitglieder hätten das grösste Interesse als CoUegen, dass diese SteUang
verbessert werde; in diesem Sinne unterbreitete er der Versammlung den
folgeaiden näher formulirten Antrag:
Die XX. Hauptversammlung des Deutschen Geometer- Vereins wolle
beschliessen, seinen Vorstand zu ersuchen, bei der Egl. Preuss. Staats-
regierung eine Denkschrift einzureichen, worin zum Ausdruck kommen soll:
1) Dass die als techn. Eisenbahnsecretaire angestellien Landmesser
aus der Klasse der Eisenbahnsecretaire ausgesondert werden und
ihnen eia ihrer Thätigkeit entsprechender Titel — Eisenbahnland-
messer — verliehen werde;
2) dass dieselben mit den Landmessani der Katasterverwaltung und
der landwirthsehaftlichen Verwaltung gehfUtlich vollständig gleich
gestellt werden;
3) dass die Annahme und Anstellung der Eisenbahnlandmesser ebenso,
wie dies bei der Kataster- und der landwirthsehaftlichen Verwal-
tung durchgeführt ist, nach Bedürfmss und Dienstalter einheitlich
durch den ganzen preussischen Staat geregelt werde;
4) dass das gesammte Vermessungswesen innerhalb eines Directions^
bezirks einem zu ernennenden Eisenbahu-Vermessungsini^ector
unterstellt werde.
College Reich bemerkt zur faktischen Berichtigung gBgenflber
GoUegen Tasler: Er habe genügend deutlich gesagt, dass nicht die
Gehaltsfrage an sich der 3rund zu den bestehenden Klagen sei, dass
siehi diese vielmehr hauptsäehlieh auf die. äussere Stellung des Eisen-
bahnlandmessers bezögen. Auch dass die Dienstaltersberechnung
wohlthnend gewirkt habe, habe er nicht verschwiegen. Beunruhigend
habe übrigens in letzterer Beziehung wirken müssen^ dass die An-
ondnnngen wegen der Dienstaltersbereehnung erst 10 Monate später
580 Steppes. Bericht Über die ^. Hauptversammlung des Deutschen
ergangen sein^ als die Festsetzung des Anfangsgehaltes, so dass yer-
muthet w«rde, dass erstere nur auf gegebene Anregung erflossen seien.
Im Uebrigen sei es auch bei gleicher Wirkung nicht gleichgiltig, ob
der Anfangsgehalt auf 1800 oder 2100 Mk. festgesetzt sei, weil dadurch
der Eisenbahnlandmesser insofern als zurückgesetzt erscheine, als die
anderen. Gategorien einen Anfangsgehalt von 2100 Mk. beziehen. Herr
Obei'liandmesser Hüser erklärte, das Wort nur deshalb zu ergreifen,
weil in der landwirthschaftlichen Verwaltung eine Umwandlung wie sie
hier angestrebt werde, vor nicht sehr langen Jahren zur Dnrehfttbrang
kam. ..£s sei beklagt worden, dass die Vorgesetzten der Landmesser
keine Fachleute seien. Auch bei den in der landwirthschaftlichen Ver-
waltung beschäftigten Landmessern seien früher derartige Klagen laut
geworden 'und es sei daher diesen Wünschen durch eine entsprechende
Anordnung; des techniscben Dienstes bei den Oeneralcommissionen Rech-
nung, getragen worden. Freude habe aber die neue Einrichtung bisher
nicht, erringt,., weder bei den Leitenden noch bei den Geleiteten. Darauf
wolle er 4ie Eisenbahnlandmesser hinweisen.
Henr Steneiinspector Bauwerker aus Strassburg bestätigt, dass
in den Reichslanden die finanzielle Stellung der Eisenbahnlandmesser
eine günstige sei. . Redner richtet sich hauptsächlich gegen das 2. Examen
der Eisenbahtilandmesser. Dabei würden vielfach Fragen gestellt, die
man in Rücksicht auf die Vorbildung des Landmessers als zu
kleinlich bezeichnen müsse. Es kämen dabei in grosser Zahl auswendig
zu lernende Paragraphen in Frage, deren wörtliche Kenntniss völlig
nutzlos sei. Redner habe daher den Eindruck, dass dieses Examen der
Landmesser unwürdig sei. College Pohlig weist den Vorwurf der
ungenügenden Motivirung zurück. Er habe von vornherein erklärt, dass
und warum er hier nicht mehr auf Detail eingehen wolle. In seinem,
dem Rhein.-westf. Verein, sei aber der Gegenstand seit Jahren sehr
eingehend und energisch behandelt worden.
Der Vorsitzende bemerkte, dass der Gegenstand wohl schon durch
das ausführliche Referat des Herrn Reich genügend motivirt und daher
nicht anzunehmen sei, dass HerrTasler mit seinen Bemerkungen einen
Vorwurf erheben wollte.
Nachdem Schluss der Debatte beantragt und beschlossen war,
wurde der obige Antrag Walraff von der Versammlung einstimmig
angenommen.
Ausserhalb der Tagesordnung war, wie schon frtther berührt, der
nachstehende Antrag des Schlesischen Landmesser- Vereins eingegangen:
Die 20. Hauptversammlung des Deutschen Geometer- Vereins wolle
beschliessen :
1. Behufs Gründung einer Jubiläums-Stiftung wird aus dem Vereins-
vermögen eine Summe von 5000 Mk. zu dem Zwecke abgezweigt,
um hieraus und aus anderen anderweit aufzubringenden Mitteln
Geometer- Vereins zu Dresden am 2. mit 5. August 1896. 581
Einrichtungen zur dauernden üntersttltzung bezw. Yersorgang
hinterbliebener Wittwen und Waisen von Berufagenossen zu treffen.
2. Zur Ausarbeitung des Statuts für diese Stiftung und zur Vorbe-
reitung der nothwendigen Ermittelungen wird eine Commission
von 3 Mitgliedern mit dem Rechte der Ergänzung gewählt^ die
der nächsten Hauptversammlung abgeschlossene Vorschläge vor-
zulegen hat.
Herr Steuerinspector Fuchs referirt über den Antrag^ nachdem er
erklärt hatte^ dass er sich im Hinblick auf die vorgeschrittene Zeit
thnnlichst kurz fassen werde^ wie folgt:
Zunächst müsse er zugestehen^ dass der Antrag^ so wie er gestellt
sei, nicht angenommen werden könne^ weil die Voraussetzung des
Schlesischen Landmesser-Vereins, dass das Vereinsvermögen 10 000 Mk.
betrage, auf einem Irrthum beruhte. Er ziehe diesen Antrag daher
zurück; würde aber gleichwohl die Versammlung bitten, in Erwägung
zu ziehen, ob nicht Einrichtungen zur dauernden Unterstützung von
Wittwen der Vereinsgenossen geschaffen werden könnten und zur näheren
Prüfung dieser Frage schon jetzt eine Commission bestellt werden sollte.
Zu wiederholten Malen hätten sich einzelne Zweigvereine, so auch der
schlesische, um billiges Gehör für nothleidende Wittwen bemüht. Die
CoUegen hätten diesen Gesuchen auch wohlwollende und ergiebige Folge
gegeben, wofür Redner auch bei diesem Anlasse herzlichst danke, aber
auf solchem Wege könne immer nur momentane Hülfe gebracht werden
und nach kurzer Zeit müsse die Sorge um das tägliche Brod neuerlich
einziehen. Es frage sich also, ob nicht Einrichtungen Ar eine dauernde
Hilfe, für die Schaffung neuer Lebensbedingungen möglich seien. Als
unausführbar dürfe ein derartiges Vorgehen schon deshalb nicht be-
zeichnet werden, weil von anderen grösseren Vereinen solche Einrich-
tungen bereits ins Leben gerufen seien. Würde es gelingen, dies auch
im D. G.-V. in die Wege zu leiten, so werde der Verein mit Befrie-
digung auf sein 25 jähriges Stiftungsfest zurückblicken können. Redner
setzt sodann auseinander, dass es sich zunächst um die Einrichtung von
Heimathshäusern handle, wobei aber nicht neue Paläste zu bauen, sondern
vorhandene Landhäuser und Schlösser, wie sie im Osten des Reiches
vielfach um billigsten Preis zu miethen wären, zu benutzen seien. Arbeits-
gelegenheit könne durch geeignete Verbindung mit grösseren Handels-
bezw. Waaren-Häusern leicht beschafft werden. Es seien also keine all-
zugrossen Summen nöthig, um in der Sache einen Anfang zu machen.
Würde beispielsweise durch 3 Jahre der Mitgliederbeitrag von 6 auf
7 Mk. erhöht, so Hessen sich 4200 Mk. gewinnen und das sei vorerst
ausreichend. Den kleinen Beitrag von insgesammt 3 Mk. könne und
werde aber Jeder gewiss gerne für solch edlen Zweck leisten. Redner
beantragt schliesslich, eine Commission zu wählen, welche die Sache
näher zu prüfen und der nächsten Hauptversammlung bestimmte Vor-
schläge zu unterbreiten habe. *
582 Steppes. Bericht über die 20. Hauptversammluog des Deutschen
College Ott sen bemerkt: Die Beweggrtlnde des Schlesischen Land-
messer-Vereins seien gewiss Jedem sympathisch; man müsse sich aber
sagen^ dass die deutschen Landmesser so weitgreifende Pläne nicht
durchführen könnten. Auch sei die Bedürfnissfrage jedenfalls zweifelhaft.
Wenn auch wiederholt Unterstützungen erbeten worden seien, so seien
das doch immer Ausnahmsfälle. Die Lage der Landmesser sei jetzt
eine derartige, dass dieselben in der Regel für ihre Familien selbst
Vorsorge treffen könnten. Aeltere Wittwen in Heimathshäusem zu ver-
sorgen, werde also wohl selten mehr Anlass gegeben sein^ junge Wittwen
aber gingen überhaupt nicht in ein Heimathshaus, weil sie sich dem
Leben und der Aussicht auf Wiederverehelichung nicht völlig entziehen
wollten. Redner beantragt Ablehnung des Vorschlages.
Oberlandmesser Heise giebt bekannt, dass der Gegenstand inner-
halb des Zweigvereines zu Münster besprochen, aber gleichfalls abgelehnt
worden sei. In ausserordentlichen Fällen könne der Verein ohnedem
unterstützend eingreifen.
College Walraff schliesst sich den Ausführungen des Herrn
Ott sen vollständig an und beantragt Uebergang zur Tagesordnung.
Der Uebergang zur Tagesordnung wird mit grosser Mehrheit angenommen.
Zum Schlüsse gab der Vorsitzende das Ergebniss der Neuwahl be-
kannt. Dasselbe war folgendes :
Vorsitzender: Vermessungsdirector Winckel in Altenburg 243 Stimmen
Schriftfahrer u. Redacteur : Steuerrath Steppes in München 241 ^
Cassirer : Oberlandmesser Hüser in Cassel 243 ^
Redacteur: Professor Dr. Jordan in Hannover 220 „
Verschiedene Stimmübertragungen mussten als ungiitig erklärt werden,
weil die betreffenden Stimmzettel dem Schriftfahrer nicht zur Anerkennung
vorgelegt waren. Das Ergebniss ist dadurch nicht erheblich beeinflusst
worden. Die Oewählten erklärten sämmtlich die Annahme der Wa&l.
Herr Eammeringenieur Vogel er giebt der Freude Ausdruck, dass
der Vorsitzende das Opfer, sein Amt beizubehalten, neuerlich zu bringen
bereit sei. Er müsse dabei aber aufmerksam machen, dass nach § 7
der Geschäftsordnung zwar allen übrigen Mitgliedern der Vorstandschaft,
nicht aber dem Vorsitzenden ein festes Berechnungsgeld bewilligt sei.
Er beantrage daher, dem Vorsitzenden das gleiche Berechnungsgeld zu
gewähren, wie dem zweiten Redacteur, um denselben so in die Lage
zu setzen, sich sein mühevolles Amt einigermaassen zu erleichtem.
Nachdem der Vorsitzende die Leitung der Versammlung dem Unter-
fertigten übergeben und sich für die Dauer der Berathung dieses ihn
persönlich berührenden Antrages aus dem Saale entfernt hatte, beantragte
Herr Vermessungsdirector Gerke, die früheren Bestimmungen, wonach
auch dem Vorsitzenden ein festes Berechnungsgeld bewilligt war, wieder
herzustellen. Dem gegenüber machte aber Herr Vogel er geltend, dass
das frühere Berechnungsgeld für die heutigen Verhältnisse zu niedrig
Geometer- Vereins zu Dresden am 2. mit 5. August 1896. 583
sei. Oberlandmesser und Vereinskassirer Hüser gab bekannt, dass der
beantragte höhere Betrag ohne Störung des Gleichgewichts im Vereins-
haushalt geleistet werden könne.
Nachdem Herr Kreisobergeometer Rattin ger Schluss der Debatte
beantragt hatte, wurde der Antrag des Herrn Vogeler, das nach § 7
lit. a dem Schriftführer zustehende Berechnungsgeld auch dem Vor-
sitzenden zu bewilligen, einstimmig angenommen.
Nachdem Vermessungsdirecktor Winckel den Vorsitz wieder über-
nommen und für den eben gefassten Beschluss gedankt hatte, wurde
der geschäftliche Theil der Versammlung geschlossen.
Den üebergang zur weiteren Abwicklung des vergnüglichen Theiles
bildete Nachmittags 3 Uhr der Besuch des mathematischen Salons im
Zwinger, woselbst Herr Professor Pattenhausen die Versammlung mit
einem interessanten Vortrage: „lieber die Geschichte mathematischer
Instrumente" zu erfreuen die Güte hatte.
Nachmittags 5 Uhr fuhr alles mit dem Dampfer nach Loschwitz
und mit der äusserst interessanten Drahtseilbahn auf den Louisenhof,
wo in fröhlichem Beisammensein die herrliche Rundsicht genossen wurde.
Gegen Abend erfolgte die Thalfahrt auf der Drahtseilbahn und die
Vereinigung der Theilnehmer in dem Schillergarten zu Blasewitz. Eine
nicht ganz unerhebliche Zahl von CoUegen soll auf dem Rückwege der
Versuchung erlegen sein, auf der Vogelwiese noch die 'Hand an die
Pulsader des Dresdener Volkslebens zu legen.
Als wir am Mittwoch, den 5. August, erwachten, war es sofort klar,
dass es der Umsicht unseres rührigen Ortsausschusses gelungen war, zu
dem Ausfluge in die sächsische Schweiz den meteorologisch günstigsten
der Versammlungstage auszuwählen. So fuhren denn die Hunderte von
Damen und Herren auf dem prächtig bewimpelten Dampfer elbaufwärts
längs der lachenden Ufer den Bergen zu und bei immer enger sich
schüessenden Ufern mitten in das romantische Gebirgsland. In Wehlen
wurde der Dampfer verlassen und durch den Wehlener und Uttewalder
Grund zu der berühmten Bastei gewandert. Ein herrlicher Rundblick
eröffnete sich hier und ein kurzer Rückfall in die Fachwissenschaft —
Vorführung von Heliotropenlicht — füllte die Pause bis zum Mittags-
mahle. Während desselben gedachte Herr Director Winckel der That-
sache, dass in dem Lande, welches den Verein so gastfreundlich auf-
genommen, politischer Feiertag sei, indem das Wiegenfest der Königin
Carola gefeiert werde. Ihr galt das erste Hoch der Tafelrunde. So-
dann feierte der Berichterstatter den Vorsitzenden V.-D, Winckel, der
nun gerade 20 Jahre an der Spitze des Vereins stehe. Zum Ausdrucke
des Dankes für seine vielen Verdienste wurde ihm ein begeistertes Hoch
geweiht. Die gleiche Begeisterung erweckte dag Hoch, welches Herr
Winckel sodann dem Ortsausschusse brachte, welcher an dem Gelingen
584 Steppes. Bericht über die 20. Hauptversammlung des Deutschen
des schönen Festes das nächste und grösste Verdienst besitze. Herr
Gommissionsrath Michael; culturtechnischer Bath der Generalcommission,
dankte Namens des Ortsausschusses and brachte in längerer, dem
Preise coUegialen Oemeinsinnes gewidmeter Rede sein Hoch dem
Deutschen Geometer- Verein. Herr Renard feierte die Damen und
Herr Stadtgeometer Fleckenstein trank auf ein frohes Wieder-
sehen in Darmstadt. Dazwischen erfreute Herr Hofschauspieler Senff-
Georgi die Versammlung durch den Vortrag eines patriotischen Ge-
dichtes von Felix Dahn, und einer Parodie auf Schiller's Handschuh in
sächsischer Mundart. Bald folgte dann der Aufbruch und die Wanderung
durch die an alpine Touren erinnernden Schwedenlöcher und den Amsel-
grund nach Ratheu; wo am schattigen Eibufer der Dampfer erwartet
wurde. Und nun die Fahrt stromabwärts durch den niederdämmernden
Abend; eine Fahrt, auf deren ganzer Dauer durch das wahrhaft Staunens-
werthe Entgengenkommen der üferbewohner und die Fürsorge der
Dampfer- Gesellschaft und des Ortsausschusses kaum wenige Minuten
vergingen, ohne dass bengalische Lichter^ Schattenspiel am Eönigstein^
Villenbeleuchtung, Raketen und insbesondere ein Brillantfeuerwerk am
städtischen Wasserwerk Bilder von blendendstem Reize hervorzauberten.
Noch ein Abschiedstrunk in Dresden beim Münchener Löwenbräu, dann
wurde das Häuflein der Getreuen immer kleiner und das schöne Fest
ging zu Ende.
Wie vor 22 Jahren ein Dresdener Ortsausschuss die erste in
breiterem Rahmen veranstaltete Versammlung unseres Vereins in
mustergiltigem Verlaufe vorbereitet und durchgeführt hat, so gebührt
dem diesjährigen Ortsausschusse das Verdienst, das 25jährige Wiegen-
fest des Vereins in einer Weise gestaltet zu haben, wie sie würdiger
in ihrem geschäftlichen und liebenswürdiger in ihrem geselligen Theile
nicht gedacht werden konnte.
Ich vermag diesen Bericht nicht zu schli essen, ohne der Fachaus-
stellung zu gedenken, welche von der Ausstellungscommission Herrn
Professor Pattenhausen, Herrn Docent Ehnert und Herrn Präzisions-
mechaniker Hey de zu einer wahren Jubiläums - Ausstellung gestaltet
worden. Es ist nicht möglich, hier auf die einzelnen Ausstellungsgegen-
stände einzugehen; aber es mögen wenigstens die Namen der Aussteller
dem vom Ortsausschüsse herausgegebenen Führer entnommen werden.
Es sind dies:
Staatsbehörden
Königl. Sachs. Centralbureau für Steuervermessung, Dresden.
„ ^ Domainen-Vermessungs- Bureau, Dresden.
^ ^ Eisenbahn -Plankammer des Königl. Finanz -Mini-
steriums, Dresden.
^ „ Forsteinrichtungsanstalt, Dresden.
„ ^ Geologische Land^sanstalt, Leipzig.
„ „ Generalstab, Topogr. Bureau, Dresden.
Geometer- Vereins zu Dresden am 2. mit 5. August 1896. 585
Königl. Sachs. Kreishauptmannschaft Dresden als Oeneralcommission
für Ablösungen und Gemeinheitstheilungen.
Königl. Preuss. Landesaufnahme^ Trigonometrische Abtheilung, Berlin.
Königl. Sachs. Strassenbau - Direction, Dresden.
^ „ Technische Hochschule, Geodätische Sammlung der
Ingenieur- Abtheilung.
„ „ Technische Hochschule, Geodätische Sammlung der
Hochbau - Abtheilung.
„ „ Wasserbau - Direction, Dresden.
Städtische Behörden.
Stadt - Vermessungsamt Altenburg ; Stadt - Vermessungsamt Cassel ;
Stadtbauverwaltung Chemnitz* Stadtrath zu Crimmitschau ; Rath zu
Dresden, Stadt -Vermessungsamt; Rath zu Dresden, Tiefbauamt; Bau -
Deputation zu Hamburg; Stadt -Vermessungsamt Leipzig; Magistrat der
Stadt Magdeburg; Stadtvermessnng Zürich.
Druckereien, Verlagshandlungen.
Craz & Gerlach, Freiberg i. S. ; R. v. Decker's Verlag, Berlin;
Giesecke & Devrient, Leipzig; E. A. Seemann, Leipzig; P. Stankiewicz.
Berlin; J. Straube, Berlin.
Mat he mathisch- mechanische Institute.
G. Coradi, Zürich; Dennert & Pape, Altona; Grünberg & Co.,
Dresden; Hentzschel & Meibuhr, Lieben werda; G. Hey de, Dresden
A. Meissner, Berlin; A. Pessler, Freiberg i. S.; J. Raschke, Glogau
R. Reiss, Liebenwerda; Cl. Rief 1er, München; £d. Sprenger, Berlin
L. Tesdorpf, Stuttgart; M. Tischer, Breslau.
Private.
Vermessungsdirector Gerke, Dresden; verpfl. Geometer Henn
Grossenhain; Landmesser Hofacker, Düsseldorf; Geometer Erayl, Stutt
gart; Geh. Regierungsrath Nagel, Dresden; Ingenieur Pongs, M.- Gladbach
Geh. Hofrath Prof. Dr. Toepler, Dresden; verpfl. Geometer üeberall
Dresden; gepr. Verm. - Ingenieur Wolf, Dresden; Landmesser Szelinski
Nach nun 23 jährigem regelmässigen Besuche der Vereinsversamm
langen glaube ich mein Urtheil tlber die Fachaustellungen, voran die
diesjährige, dahin zusammenfassen zu sollen, dass meines Erachtens
jede Verwaltung ihre Rechnung finden müsste, welche jeweils einem
Theil ihrer Beamten den Besuch der Ausstellungen durch Gewährung
einer entsprechenden Reiseentschädigung ermöglichen würde.
üffing am StaflPelsee, im August 1896. Steppes.
586 ' Personalnachrichten. — Fragekasten. — Fefalerbericfatigungen.
Persofialnachrichteii.
Königreich Prenssen* Finanzministerium. Die Rataster-Inspecto-
ren^ Steuerräthe Simon zu Mersebarg und Pie hi er zu Königs-
berg i. Pr. sind in gleicher Diensteigenschaft nach Koblenz bezw.
Merseburg versetzt.
Die Kataster -Controleure^ Steuer- Inspectoren Bolkenius zu Ahr-
weiler und Eber hart zu Altenkirchen sind in gleicher Diensteigenscliaft
nach Neuwied bezw. Ahrweiler versetzt; desgl. die Kataster - Controleure
Riediger zu Neutomischel und Hermann Krtlger zu Neuhaus a. 0.
nach Altenkirchen bezw. Neutomischel.
Der Kataster -Landmesser Zachariae in Breslau ist zum Kataster-
Controleur in Neuhaus a. 0. bestellt worden.
KSnigreicIl Bayern* Die Stelle eines Vorstandes der Messnngs-
behörde Neunburg v. W. wurde dem Katastergeometer Andreas
Schleussinger in München auf Ansuchen unter Ernennung zum Be-
zirksgeometer 2. Klasse verliehen.
Fragekasteji.
„Sind die fttr die GeneraUCommissions-Landmesser alljähriich etats-
mässig festgestellten Amtskostenentschädigungen, welche denselben haupt-
sächlich nur zur Verzinsung fttr die zur Anschaffung ihrer geometrischen
Instrumente aufgewandten Gelder und für die Kosten der Unterhaltung
dieser Instrumente gewährt werden^ nicht Dienstemolumente im
Sinne des preuss. Pensionsgesetzes^ welche bei d^r Pensionimng
der betreffenden Beamten mit in Anrechnung kommen müssen? Es ist
dabei in Betracht zu ziehen^ dass den Oeneral-Commissions-Landmessern
seitens ihrer Behörde die Verpflichtung auferlegt wird, die theuren
geometrischen Instrumente aus eigenem Vermögen sich anzuschaffen^
während den Katasterbeamten sowie den Eisenbahn-Landmessern alle
nöthigen Instrumente bei Ausübung ihres Dienstes unentgeltlich behörd-
licherseits gestellt werden.^
Fehler-Berichtigungen.
In dem Artikel „lieber Schätzungsgenauigkeit an Nivellir- und Distanz-
scalen^, in Heft 15
Seite 466; Zeile 4 v. o. lies Minimal- anstatt Maximalfehler.
ü a
„ 470 „ 6 V, u. „ ~y^ anstatt -^^.
Nastäiten, den 30. Jali 1896. C. Wagner.
Inhalt.
GrSssere Miitheilungen : Bericht über die 20. Hauptversammlung des Deutschen
Geometer- Vereins zu Dresden am 2. mit 5. August 1896, von Steppes. ^
Personalnachrichten. — Fragekasten. — Fehlerberichtigungen. — Beilage zum Festbe-
richte über die 20. Hauptversammlung.
Verlag von Konrad Wittwer Stattgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Uannover.
iBllttöB p |B|lb£rifttB to W 20. P(inli£niBrfinninliiu0.
glnfpradje
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^ärgermeißers ber „aCten ^adf" in 5)rej56en jur 58^"
grügung 6er ®§etCne^mer bex XX. "^erfcwtmCung 6eö
^euifc^en geometer «^erehtö.
^
Cretet nur näljcr, iDertlje (ßäfte
Un6 fct6 tDtlHommen mir aufs befle!
herein, ^ift Efetten (ßcometer,
2tuf (Eudj ^ot lang gemartet 3^^*^«
3nt Hamen unfrer alten Sta6t
Darf i^ ^in5u noc^ fe^n.:
Die Bürgerf^aft, 6er ZlTagijteat
XDiffen (Eu^ ^oc^ 5U fc^ä^en.
Denn 3^^ b^^i^t 6ie ^aixb^xfta^t
Die IDelt 5U überseugen;
X?or feiner andern IDiffenfdjaft
2Huf je6er f 0 fidj beugen,
IDie por 6er ZlXat^ematifa —
Da giebfs nidft Kniff un6 praftifa.
Den Haum 6es gansen €r6enrun6
©iebt uns 6er (ßeometer
IXlxt fefter Ueberjeugung fun6
©enau aufs Kilometer;
€r weif 6as fleinfte Stücfc^en ^eI6
Der Bauern auf jufin6en,
€s giebt fein ^lecfc^en in 6er H)elt,
Das er nic^t fönnf ergrün6en.
Iln6 bodi, alln)iffen6 ift er nidjt;
Der irret I^euf, 6er morgen —
Cfjat er im 2tmt auc^ feine Pflicht
©iebt's 6oc^ noc^ an6ere Sorgen!
So Zltand/er mif t mit 2td/ un6 H)el?
Den leeren Haum im Portemonaie
Un6 fin6et: juft in 6em Quartal
3ft grof 6er Dürft — 6ie Kaffe fc^mal.
Darübet fe^t man jtc^ tjintücg,
Dodj Ptele ifabtn gröferes P^i) —
IDenn pIö^Kdf fie erfdjau'n mit Schmers
Den Cruginljalt im IDeibertyers —
2tls 2Ttä6djen trar fie fanft un6 jart,
Tils ^vau voxxb fie gan5 an6*rer 2trt:
Der ©eometer mift mit ©raus
Den 2tbftan6 bei6er fersen aus;
VOolfl i^m, fann er's 5um ^kk füljrett,
Den 2tbgrun6 bann yx nipelliren. —
Dodf ^eut' pergeffet alles £ei5;
Un6 roei^t (Eud; %ani 6er ^rd^Iic^teit ;
Denft nic^t: ein Crunf fei £after.
Des 2trcljime6es ^^uberfraft
IDir6 ftc^ üon felbfl ent^üQcn,
£aft ^ift mit IDein un6 (ßerftenfaft
Hur erft öie ißläfer füllen, —
Dann sieljen „Parallelen" ftc^
©etjeimnif poller IDeife,
«Cangenten'' gel?'n pon ©fc^ $u Cifc^
Durc^ l:ieitere ^reun6es=«Kreife!"
5(^aufptelcr am Stabt^Cf^eater in <£ljemniö.
587
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover Steuer-Rath.in München.
^
1896. Heft 19. BaBd XXV.
^ 1. October. »^- —
Ueber die Entwickelung des deutschen Vermessungs-
wesens im 19. Jahrhundert.
Festrede von Professor Jordan zur Feier des 25 jährigen Jubiläums des
Deutschen Geometer- Vereins am 3. August 1896 in Dresden.
An dem Tage, an welchem unser Verein das 25 jährige Jübiiäam
seines Bestehens feiert, geziemt.es sich^ surückzublicken nicht bloss auf
diese 25 Jahre, sondern noch weiter auf 4en Anfang di^eajahri^nnderts,
mit welchem die heutige deutsche wissenGichaftliche Feld- und Land-
messnng ihren Ursprung genommen hat.
Der allgemeine Aufschwung des nationalen Lebens nach den schweren
Kriegen am Schlüsse des vorigen und am Anfang dieses Jahrhunderts
und die lange darauf folgende Friedenszeit, hat, wie vielen anderen
Kulturarbeiten, so auch unserer Wissenschaft den Nährboden bereitet,
auf dem sie als ein fast neues Werk gedeihen und wachsen konnte,
denn alles, was aus dem vorigen Jahrhundert an Karten, Plänen und
geographischen Messungen in Deutschland stammt, komnit gegen die
neuen Werke dieses Jahrhunderts nicht mehr in Betracht.
Wir können diese lange Periode in zwei Epochen eintheilen, die
erste vom Anfang bis zur Mitte, mit Bohnenberger und Soldner als
Führern, kann die süddeutsche, und die zweite, von der Mitte bis heute,
welche an die Namen Gauss, Bessel, Baeyer geknüpft ist, kann
die norddeutsche Epoche genannt werden.
Dass die süddeutschen Staaten vorangingen, ist, abgesehen von den
geodätischen Kräften, auch begreiflich durch die dort trotz der Kriegs-
zeiten früher ruhig gewordenen staatlichen Zustände und zweitens aus
dem Umstände, dass Staaten von mittlerer Grösse der Entwicklung von
Landesvermessungen günstiger zu sein scheinen, als Grossstaaten oder
als ganz kleine Gebiete.
Eine einheitliche Vermessungswissenschaft, wie sie jetzt in aka-
demischen Vorträgen, in Büchern und in Zeitschriften sich heraus-
crystallisirt hat, gab es am Anfange unserer Periode noch nicht; fast
Zeitschrift für Vermessangswesen 1896. Heft 19. 38
588 Jordan, lieber die Entwickelnng des deutschen
in jedem Staate wurde von vorn angefangen, theilweise ursprünglich
nach fremden Mustern, aber bald allenthalben aus eigener Kraft und
wissenschaftlicher Begeisterung. Die wissenschaftlichen Kräfte kamen
aus allen Berufsklassen, aus dem Militär, aus Baukunde, Astronomie,
Mathematik, sogar aus Theologie (Bohnenberger) und Jurisprudenz
(Paschen) und so kam es, dass die deutschen Landesvermessungen das
bunteste Bild der geodätischen Entstehung und Entwicklung bieten, dass
z. B. in einem Lande mit Flurkarten, im anderen Lande mit Topo-
graphie begonnen wurde, dass hier der Winkelmesser, dort der Messtisch,
an anderem Orte der magnetische Compass und die Messkette bevorzugt
wurde u. s. w. und dass heute noch in dem einen Staate etwas als
vorzüglich und unersetzlich gilt, das im anderen Staate abfällig beurtheilt
und bei Seite gesetzt wird. Namentlich hat sich eine geodätische Main-
linie zwischen Süd und Nord, ähnlich wie die frühere politische Main-
linie, gebildet, und im gewissen Sinne bis heute erhalten.
Die Ursprünge unseres Faches sind auf den verschiedensteu Gebieten
zu suchen; dazu gehören namentlich:
1) Kriegswissenschaft zur Truppenführung,
2) Astronomie und wissenschaftliche Erdmessung,
3) Orundsteuerverwaltung und ältere Feldmessung,
4) Bau- und Kultur-Ingenieurwesen.
Wir betrachten diese Zweige zunächst einzeln:
Militärische Anfnahmen.
In fast alien Staaten hat das dringende Bedürfniss von Karten zur
Truppenführung die Topographie mit grundlegenden Triangulirungen in
militärische Hände gebracht; es genügt dazu an die preussische Landes-
aufnahme zu erinnern, welche heute durchaus nicht mehr vorwiegend
militärischen Zwecken dienend, doch noch ganz vom Generalstab geleitet
und von Offizieren und militärischen Beamten ausgeführt wird.
Die Soldaten waren die ersten, welche, von der Noth gedrängt,
Karten machen lernten; und aus ursprünglich rohen Schätzungs- und
Augenmaassaufnahmen hat sich die militärische Topographie im Laufe
der Zeit zu einer Feinheit entwickelt, dass m^n heute unter ^General-
stabskarten^ die besten Karten zu verstehen pflegt, und dass in Preussen
heute noch auch die Civilverwaltungen ihre Bedürfnisse in den Generalstabs-
karten zu befriedigen suchen.
Auch auf wissenschaftlich geodätischem Gebiete glänzen militärische
Namen, z. B. Baeyer, Schreiber, im schönsten Lichte.
Wenn auch die ganze Entwicklung der Militärvermessungen der
letzten Jahrzehnte die Tendenz gezeigt hat, einzelne Theile vom Militär
an die Civilbehörde abzugeben, so ist doch die höchste Leitung der
Topographie und der Kartographie so innig mit der Landeaver-
theidigung verwachsen, dass kein Kriegsminister eines Grossstaates diese
aus der Hand geben wird.
VermessangBweseiis im 19. Jahrhundert. 5g9
Astronomie and Erdmessnng.
Die Erde als Ganzes zu messen^ frflher als Kugel, dann als Ellip-
soid, jetzt als Geoidy ist eine Aufgabe wttrdtg der höchsten Anspannung
aller wissenschaftlichen und technischen Kräfte der Menschheit; and von
den Erdmessern haben auch die Land- und Feldmesser, welche nur
Länder, Städte und Feldmarken als bescheidene Theile der Mutter Erde
messen wollen, einen guten Theil ihrer feineren Messungs- und Rechnungs-
methoden gelernt, indem die grossen Gelehrten, welche zuerst nur die
Erde messen wollten, entweder selbst zur Landmessung übergingen, oder
wenigstens ihre Methode vererbten. So war es aller Orten mit den
Koryphäen unseres Faches, z. B. Snellius, Delambre, Bessel, Gauss.
Als Gauss in der Einsamkeit der Lttneburger Heide die Winkel zu
seiner Göttingen-Altonaer Gradmessung maass, ging seinem mathematischen
Universalgenie alsbald auch der Sinn auf für die landmesserische Seite
dieser Art von Beobachtungen. Auf jenen einsamen Heide-Stationen
sind die Ursprünge zu suchen der beiden mathematisch - geodätischen
Kleinode, welche den Ruhm der deutschen Geodäsie ausmachen, d. i.
die Ausgleichung der Beobachtungsfehler in den Dreiecksnetzen nach der
Methode der kleinsten Quadrate und die conforme Abbildung der krummen
ellipsoidischen Erdoberfläche auf die Kugel und auf die Ebene, sowie
die allgemeine Theorie der krummen Flächen.
Der Erdmessung verdanken wir in Preussen die höchste wissen-
schaftliche geodätische Behörde, das geodätische Institut, dessen Ruhm
und unbestrittene wissenschaftliche Autorität alle Kulturländer der Erde
umfasst; aber die amtlichen Gliederungen des Grossstaates haben es so
gefügt, dass zur Zeit der befruchtende wissenschaftliche Strom nur auf
mittelbarem Wege von der Erdmessung zur Land- und Feldmessung fliesst.
Was die mit der Erdmessnng innig verbundene Astronomie betrifft,
so ist die Schärfe der messenden und rechnenden Methoden zweifellos
von der Astronomie zu uns gekommen, und ähnlich wie im Mittelalter
die Wissenschaft als ancilla theologiae bezeichnet wurde, war es
auch früher z. Th. im Verhältniss zwischen Geodäsie und Astronomie,
und jedenfalls gab es eine Zeit, da man glaubte, scharfes und umfassendes
Zahlenrechnen nur auf Sternwarten lernen zu können, während heute die
Geodäsie der Dreiecksnetze und ähnliches, die beste Schulung für mathe-
matisches Rechnen ist.
Eatastervermessung.
' Es ist ein eigenthümliches Schicksal, dass die genauesten Aufnahmen
die wir heute haben, in welchen jedes Quadratmeter von Grund und
Boden und jede Grenzfurche dargestellt wird, ursprünglich lediglich wegen
der staatlichen Besteuerung des Grundeigenthums unternommen worden
sind, so dass in den meisten Staaten diese wichtigsten Messungen noch
unter dem Finanzministerium stehen, das doch mit Technik und mit
geometrischer Mathematik sonst nichts zu thun hat.
38*
590 Jordan. Ueber die Entwickelnng des deutschen
Die Katastermessungen sind nach Auadelinaiigy Maassstab und Kosten-
aufwand bei weitem die bedeutendsten geworden, sie und die nahe ver-
wandten Flurzusammenlegungen sind der Nährboden ftlr den grossen
Stamm der Feld- und Landmesser tlberhaupt^ namentlich in solchen Staaten
in welchen Topographie und Erdmessung besonders abgezweigt sind. Die
Katastermessungen haben die Messungs- und Rechnungsmethoden für
Kartirung und Flächenbestimmang ausserordentlich ausgebildet^ der wohl-
organisirte Arbeitsbetrieb, das sogenannte Arbeiten ,yom Grossen ins Kleine,
das langjährige Ausfeilen aller kleinen Messungs- und Rechenhülfen hat es
dahin gebracht, dass die hunderttausende von Parcellen in Städten und
Feldmarken so zu sagen fabrikmässig gemessen, berechnet und kartirt
werden, in einer Weise, dass die Kosten gegen die vergleichsweise be-
trachtete Einzelaufnahme aller Parcellen fast verschwindend werden.
Die Katastermessungen sind über ihren ersten Zweck, gerechte
Steuervertheilung, im Laufe der Zeit weit hinausgewachsen. Man hat
gefunden, dass solche grosse Aufnahmen als Grundlage aller anderen
Karten gebraucht werden können, dass sich darauf die besten topo-
graphischen Karten, Vorarbeiten für Strassen- und Eisenbahnbau, Strom-
karten und vieles andere vortrefflich gründen lassen.
Eine wichtige Frage hat sich hieran aus anderem Gebiete ange-
schlossen, die Rechtsfrage mit den örtlichen Versicherungen aller
Grenzmarken und mit der Grundbuchsanlage durch Eintragung aller
ideellen Werthbestimmungen. Man hat gefunden, dass die Kataster-
karten in Verbindung mit dem Grundbuche das beste Mittel zur Rechts-
sicherheit bei Käufen und Hypotheken sind.
Aber ein letztes Ziel, beweiskräftige Grandkarten mit rechts-
kräftigen Grenzzeichnungen und Flächenangaben, sind bis heute frommer
Wunsch geblieben, und ebenso liegt auch die Vermarkung der Grund-
stücke noch im Argen, indem dafür nur in wenigen Staaten die nöthigen
Gesetze bestehen.
Eine letzte Werthsteigerung kann man. den Katasteraufiiahmen
und Flurkarten zu Theil werden lassen, dadarch, dass man dieselben
vervielfältigt und der Oeffentlichkeit übergiebt, wie in den zwei Stamm-
ländern Bayern und Württemberg geschehen ist, und wenn man vollends
wie in Württemberg den letzten Schritt thut, nämlich die Flurkarten
1 : 2500 mit Höhenzahlen und mit Horizontalcurven zu versehen, so hat
man damit eine Universalkarte des Landes, welche den kühnsten Wünschen
genügen muss. (Vergl. Schlebach, Mittheilungen über die Höhenanfnahme
in Württemberg in 1 : 2500 und die Herstellung einer topographischen
Karte in 1:25 000, Zeitschr. f. Verm. 1896, 8. 353—361).
Ingenienr - Messungen.
Mit diesen Flurkartenergänzungen durch Höhenaufnahmen kommen
wir auch zu unserem vierten Theile;
Vermessungswesens im 19. Jahrhundert. 591
Der Feldmesser im gewöhnlichen Sinne lieferte meist nur .Lage-
pläne. Der Strassen-^ Wasser** und Eisenbahnbauer, der Kulturingenieur
etc. misst dazu auch die Höhen, er nivellirt und tachymetrirt.
Das Nivelliren, noch vor 50 Jahren wenig entwickelt und unter-
schätzt, hat namentlich durch den Eisenbahn- und Wasserbau seine
grosse Schärfe praktisch bewiesen, hat das trigonometrische Höhenmessen
grossen Theils verdrängt und ist seit 30 Jahren ein wichtiger Theil
der internationalen Erdmessung geworden. Auch das barometrische
Höhenmessen hat in den letzten Jahrzehnten einen gewaltigen Aufschwung
genommen durch die Erfindung der Federbarometer oder Aneroide;
und eine andere Höhenaufnahmsart ist hiermit zu erwähnen, die so^
genannte Tachymetrie, welche zwar schon älteren Ursprungs ist, aber
auch erst in den letzten Jahrzehnten genügend allseitig gewürdigt und
durch mancherlei Httlfsmittel zur vollen Entwicklung gebracht worden ist.
Diese Messungsarten haben auch Aussicht, die früher aufischliesslich
als Militärangelegenheit betrachtete Herstellung topographischer Karten
in neue Bahnen zu lenken.
Dieses ist ein Ueberblick über die Herkunft und die Gliederung
unserer Wissenschaft im Qanzen, deren Entwickelungsgeschichte in
diesem Jahrhundert in den einzelnen Staaten zu verfolgen wir ver-
suchen wollen:
Die Südstaaten Bayern und Württemberg unter Soldner. und Bohnen-
berger haben die erste Bahn gebrochen, sie haben zusammenhängende
Triangulirungen mit einheitlichen rechtwinkligen Gjoordinaten eingeführt,
ihre Karten im ganzen Lande in 1:5000 und 1:2500 litfaographirt,
feine Instrumente gebaut, eine selbstständige Litteratur hervorgebracht,
kurz ein erstes geodätisches Centrum geschaffen. Baden und Hessen
hatten aus eigener Kraft angefangen, sind aber doch in ihrer weiteren
Entwickelung der süddeutschen Qruppe zuzuzählen. Baden hat den
Ruhm der ersten genauen topographischen Karte mit Horizontalcurven,
und später das Verdienst einer für viele andere Länder mustergültig ge-
wordenen Katastervermessung. Die beiden Hessen glänzen durch früh-
zeitige schöne Topographie.
Der Weg weiter nördlich führt in zwei Länder, Hannover und
Braunschweig, die zwar keine gründlichen und umfassenden Aufnahmen
aber eine geistige geodätische Kraft hervorgebracht, und zur Ent-
wickelang gebracht haben, den grossen G-auss, welcher für die
Theorie der ]^rd- und Landmessung mehr geleistet hat als Jahrhunderte
vor ihm und bis jetzt als ein halbes Jahrhundert nach ihm.
Der Grossstaat Preussen blieb zwar im Ganzen anfänglich zurück,
hat aber in den Rheinlanden schon frühzeitig Katasteraufnahmen ge-
592 Jordan, lieber die Entwickeiuog des deutschen
macht, und in späterer Zeit anch in den Stammlanden zur Weiterentwicklung
der Katastervermessmigen viel beigetragen. Namentlich aber hat
Preussen seinen Theil an der Geodäsie reichlich nachgeholt dnrch die
Bessel - Baeyerschen Werke mit der anschliessenden heutigen Landes-
triangulirung und schliesslich durch die unsterbliche Schaffung der
internationalen Erdmessung.
Das Land Sachsen, das uns heute gastlich aufnimmt^ hat seinen
Tribut geleistet durch die schon in früheren Jahrhunderten bewiesene
Meisterschaft in der Aufnahme und Zeichnung topographischer Karten,
welche ihren Glanzpunkt in der Lehmann^schen Bergschraffirnng gefunden
hat, und in neuester Zeit durch eine Landestriangulirung, welche an
Genauigkeit alles vorher Dagewesene hinter sich gelassen hat.
Mecklenburg hat das Verdienst, das Princip der conformen
Coordinaten- Projection in seiner Landestriangulirung theoretisch und
praktisch erhalten zu haben als einziges deutsches Land.
Oldenburg hat als erster der norddeutschen Staaten einheitliche
sphärische Coordinaten und polygonale Züge eingeführt.
Kurz alle Theilländer unseres Vaterlandes, welche hier unmöglich
alle genannt werden können, haben ihren Theil dazu beigetragen, dass
unser Gesammtvaterland im Besitze einer Summe von Erfahrungen und
Kenntnissen über Landmessung ist, wie kein anderes Land der Erde,
und es liegt hier einer der wenigen Fälle vor, dass unsere sonst so
unglücklich gewirkt habende staatliche Zersplitterung zum Segen
geworden ist.
Neben der vorstehenden Entwickelung von Süd nach Nord besteht
eine zweite eigenthümliche Entwickelungsbewegung von West nach Ost,
die sich an die Instrumente Messstisch und Theodolit und an die poly-
gonalen Züge knüpft.
Der Streit Messtisch - Theodolit, welcher noch in den Anfangs-
jahren unseres Vereins die Geister bewegte, kann jetzt als ausgefochten
gelten zu Gunsten des Winkelmessens und des Rechnens mit sin und cos
wenigstens was eigentlich genaue Messungen für Kataster u. s. w. be-
trifft ; aber zu Anfang des Jahrhunderts lag die Sache gerade umgekehrt.
Für Kataster war in Bayern, Württemberg, Sachsen und für Topographie
auch in Baden und Preussen der Messtisch allmächtig und was heute
als wesentlichstes Element aller genauer Einzelmessungen gilt, die
Theodolit -Polygonalzttge, das wurde etwa 1810 — 1820 im äussersten
Westen geschaffen, in den preussischen Rheinlanden und in Hessen,
und diese Züge eroberten sich allmählich Oldenburg, Baden, Württemberg
Bayern und Altpreussen. Der bayerisch -schwäbische Ruhm an 1820
bis 1840 wird durch die Verspätung in der Einführung der Polygonzflge
wieder beeinträchtigt.
VermeBSungswesens im 19. Jahrhundert. 59g
Coordinaten-Systeme.
Ein wichtiges Element in der Entwickelungsgeschichte unseres Faches
bilden auch die Coordinaten-Systeme.
So lange jede Stadt oder Feldmark lediglich in sich selbst als
Ganzes behandelt und gemessen wurde^ lieferte die Feldmessung zwar
ein Gonglomerat von Einzelplänen aber keine zusammenhängende Landes^^
Vermessung. Die schönsten Proben der Grenzanschlttsse Hess man sich
entgehen^ und die militärischen Topographen hatten ein Recht, auf
solches Stück- und Flickwerk geringschätzend herabzusehen, und die
mathematisch -geodätisch orientirte Generalstabskarte als einziges wissen-
schaftliches Kartenwerk zu preisen.
Sobald man aber anfing, die Stadt- und Gemeindekarten innerhalb
ganzer Länder oder Provinzen triangulatorisch in grosse Coord inaten-
Systeme zu fassen, und dadurch weite Gebiete von Localmessungen
unter sich und mit geographischen Längen und Breiten in Bezug zu
setzen, sind die Feld- und Landmessungen plötzlich um eine hohe
Stufe im wissenschaftlichen Range gestiegen, und allen anderen Messungen
überlegen geworden.
Diesen wichtigen Schritt haben zuerst in consequenter Weise die
deutschen Südstaaten gethan, sie haben dadurch die ersten Verbindungen
zwischen der mathematischen höheren Geodäsie und der niederen Feld-
messung hergestellt.
Ein bayerischer Geodät aus dem Anfang unseres Jahrhunderts,
Soldner, hat hieraus einen Ruhm erworben, der seinen Namen in
inniger Verbindung mit diesen Verhältnissen bis heute erhalten hat^
obgleich Soldner die nach ihm benannten rechtwinkligen Coordinaten
durchaus nicht ursprünglich selbst erfunden, sondern nach französischen
Vorgängen übernommen hat, und obgleich diese Coordinaten durchaus
nicht mehr die besten sind. Aber Soldner und sein schwäbischer Nachbar
Bohnenberger haben die grosse praktische Bedeutung solcher Coordinaten
mit richtigem Bücke erfasst, die mathematische Theorie derselben weiter
entwickelt und auf alle praktischen Fälle angewendet, und die Sache
so ins einzelne ausgearbeitet, dass die süddeutschen Vermessungen sich
schon früh einer Klarheit und Ordnung erfreuten, welche man damals
anderwärts noch nicht kannte.
Bohnenberger's Veröffentlichung hierüber vom Jahre 1826 hat auf
weite Kreise aufklärend und anregend gewirkt.
Baden, welches anfänglich nur ebene Coordinaten gehabt hatte und
auch Hessen haben sich dem Bayerisch- Württemb. Verfahren an-
geschlossen.
Es sind auch zwei Länder zu nennen, welche ebenfalls schon in
den ersten Jahrzehnten des Jahrhunderts solche oder ähnliche Coor-
dinaten hatten, nämlich die preussischen Rheinlande und Oldenburg
aber es sind keine Literaturnachweise dafür vorhanden, und in den
594 Jordan. Ueber die Entwickelang des deutschen
Rheinlanden wurde das Princip der einheitlichen Goordinaten durch
Einführung von Localsystemen wieder gestört^ und musste 1879 wieder
neu eingeführt werden.
Däss die Oldenburger Coordinaten von 1837 dieselben sind, wie
die gleichzeitigen und früheren süddeutschen Coordinaten, davon habe ich
mich durch Nachrechnen der gütigst überlassenen Zahlenwerthe überzeugt;
ob und welche Mustervorgänge etwa in Oldenburg benützt worden sind,
darüber sind keine Nachrichten vorhanden.
In Sachsen sind schon vor der neuen Gradmessungs- und Landes-
vermessungs-Triangulirung; welche ein Soldner'sches Coordinatensystem
eingeführt hat, rechtwinklige, wahrscheinlich ebene Goordinaten in
mancher Art benutzt worden.
Auch in Preussen mit Ausnahme der Rheinlande sind vor der Neu-
regulierung von 1879, soweit die Nachrichten reichen, nur kleine ebene
Goordinatensysteme benutzt worden.
Dagegen ist von 1820 — 1840 in Hannover eine wesentliche Ver-
besserung und Verfeinerung auf diesem Gebiete geliefert worden durch
die conformen Goordinaten von Gauss, der sein ganzes Land hiernach
berechnet hat.
Auch hat ein Schüler von Gauss, der Mecklenburger Paschen, dieses
Princip in anderer Form auch in Mecklenburg zur Anwendung gebracht,
wo es zur Zeit als einziges derartiges System noch besteht.
£s ist nämlich ein eigenthümliches Schicksal, dass das Goordinaten-
werk des grossen Gauss von diesem selbst nicht mehr abgeschlossen
und veröffentlicht, sondern erst 1866 von Schreiber und Wittstein der
Gefahr des Vergessens und Verlorengehens entrissen wurde und dass
es auch nach dieser Veröffentlichung nicht genügend gewürdigt worden ist.
So kam es, dass die geodätische Erbschaft in Hannover nicht
weiter verwerthet wurde, und dass in Preussen 1879 das ältere süd-
deutsche (Soldner^sche) Princip in 40 Katastersystemen eingeführt worden
ist, während die Landesaufnahme seit 1875 ein allgemeines conformes
System über ganz Preussen gelegt hat.
Im Ganzen haben wir in Deutschland heute etwa 50 Goordinatensysteme
als Ergebniss einer hundertjährigen politisch und geodätisch ungleichen
Entwickelung, während, rein mathematisch betrachtet, etwa 10 Systeme
ausreichen würden.
Noch manches könnte zur Entwicklungsgeschichte der Messungs-
und Rechnungsmethoden in den einzelnen Staaten und zur Vergleichnng
ihrer Beiträge zum Ganzen gesagt werden, aber die gerechte Würdigung
aller Vorzüge und Mängel wäre wohl unmöglich.
Nach allem aber ist soviel sicher, dass in unserem Gesammt- Vater-
lande es nur noch einer kritisch ordnenden Hand bedarf, um nach der
Regel „Prüfet Alles und das Beste behaltet^, aus den zerstreuten
Landesvermessungen ein Ideal herauszuschälen, das als theure Errungen-
VermeBsnngswesens im 19. Jahrhundert. 595
Schaft des 19. Jahrhunderts ins nächste, 20. Jahrhundert hinübergebracht
werden mass. Wir wollen am Sehlasse hierauf zarückkommen, inzwischen
aber noch verschiedene Seiten unseres Gegenstandes besonders betrachten :
Die sociale und wissenschaftliche Stellnng der Landmesser.
Ebenßo verschieden wie die Berufsarten und Stände^ aus denen die
ersten Landmesser hervorgegangen sind, waren auch die Stellungen der
Landmesser selbst in der menschlichen Gesellschaft. Der frühere
Offizier, der ehemalige Astronom blieb angesehen, wenn er das Feld-
geschütz oder das Passageninstrument mit dem Messtisch oder mit dem
Feldtheodolit vertauschte, aber die von unten herauf gekommenen
Landmesser im eigentlichen Sinne wurden jahrzehntelang scheel an-
gesehen auch bei den besten Leistungen, und merkwürdig, gerade
unsere Berufsvettern, die Bauingenieure wollten durchaus uns nicht als
Amtsbrüder gelten lassen.
Manches wurde allerdings behördlicherseits gefehlt. Es gab Zeiten,
als man rasch Personal in grosser Zahl brauchte, da wurden gewesene
Messgehülfen und noch weniger geeignete Personen zu Feldmessern
gemacht, nur um rasch Arbeiten fertig zu bringen, welche dann
schliesslich doch nicht von Bestand sein konnten.
Auch den wirklich berufsmässig vorgebildeten Leuten fehlte es
vielfach an den nöthigsten Kenntnissen. Die einfache Volksschule war
oft die Pflanzstätte der Feldmesser, und wenn dazu der Pythagoräische
Lehrsatz und die Flächenberechnungssätze kamen, so war in der Mess-
tisch-Bussolen- und Kettenzeit das mathematische Wissen des Feldmessers
mancher Orten erschöpft. Und so kam es auch, dass mancher im Ver-
waltungsdienst heraufgewachsene Beamte höhere geodätische Entschei-
düngen getroffen hat, der nie in seinem Leben sich mit J^ gequält
hatte. Mancher deutsche Staat hat hohe und höchste Mathematik auf
Lehrstühlen seiner Universitäten und anderer Hochschulen jahrzehnte-
lang vortragen lassen, ohne für die allernächste Anwendung derselben,
nämlich Anwendung auf Landmessung, welche doch die Mutter aller
Mathematik ist, Sorge zu tragen. Landmessung war ein Stiefkind im Staate.
Diese Zeiten sind hinter uns; in allen deutschen Staaten wird unser Fach
mit seinen mathematischen und physikalischen Grundlagen jetzt ebenso
gründlich gelehrt und geprüft wie Baukunde, Maschinenbau u. s. w.
Und doch fehlt hier noch eines: Man hat Landmessungsschnlen
in vielen Staaten vortrefflich ausgerüstet, der einen oder anderen
Anstalt zugetheilt, aber diejenigen Schulen, welche in erster Linie als
Pflanzstätten unseres Faches berufen sind, sind noch mannigfach um
gangen, das sind die technischen Hochschulen! Erst wenn der
Landmesser mit Bauingenieuren, Maschineningenieuren u. s. w. sich auf
der Schule verbrüdert, wenn er nach Vorbildung und Anstellungsbe-
dingungen ein für allemal den Bauingenieuren gleichgestellt sein wird
596 Jordan. Ueber die Entwickelang des deutschen
und gleiche Anwartschaft auf die höchsten Stellen seines Faches haben
wirdy dann erst wird unser langer Ansbildungskampf sein Ziel erreicht
haben.
Amtsthätigkeit nnd freie Wissenschaft.
Ohne amtlichen Auftrag ist praktisches Landmessen in diesem
Jahrhundert nicht mehr möglich. Im vorigen Jahrhundert hat Bohnen-
berger eine trigonometrische Karte von Württemberg privatim gemessen
und buchhändlerisch bezahlt zu machen gesucht, — das ist jetzt aus-
geschlossen, und ohne amtliche Bestellung^ sei es als Lebensberuf, sei
es als Nebenamt; kann Niemand mehr ein wirklicher Geodät werden.
Trotzdem geht geodätische Wissenschaft, namentlich in Verbindung mit
Lehrtliätigkeit, auch neben der Praxis noch her, und sie hat wenigstens
die deductiven Theile, Fehlertheorie, Coordinatensysteme, geodätische
Linie u. s. w. für sich, welche die Praktiker gern den Professoren
überlassen.
Das Zusammenwirken — und manchmal auch das Entgegenwirken
zwischen den Vertretern der Praxis und der Theorie, erinnert lebhaft
auch an das politische Leben, und ich möchte dazu zwei Stellen aus
Treitschkes deutscher Geschichte des 19. Jahrhunderts citiren (V. Theil
S. 229): Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Eichhorn, wurde
1840 Cultminister ; er trat aus einem Amte das von allen seinen Unter-
gebenen unbedingten Gehorsam fordern muss, plötzlich hinüber zu der
Leitung des geistigen Lebens, das seinen eigenen Gesetzen folgt and
vom Staate nur mit schonender Hand gefördert werden kann.
Was hier sich als Gegensatz zeigte, besteht auch bei uns, unbe-
dingter Gehorsam bis zum letzten Formalitäten-Punkte einerseits und
Freiheit der wissenschaftlichen Forschung andererseits, das sind Gegen-
sätze, die beide in ihret Art ihre bestimmte Berechtigung haben.
Ein anderes Analogen giebt ein Gerichtsurtheil von 1843 (Treitschke
V. Band S. 207) über einen bekannten König-sberger Volksmann der
ein freies Wort der Kritik gewagt hatte* Das Tribunal erklärte, mit
der Ehrfurcht vor dem Könige sei freimttthiger Tadel der bestehenden
Einrichtungen wohl vereinbar.
Dieses Wort gilt auch für eine faehwissenschaftliche Vereinigung
wie die unsrige, welche freie Kritik zu einem ihrer Lebenselemente
zählen muss. —
Veptheuung der Vermessungen unter verschiedenen
Behörden.
Je kleiner ein Staat ist, desto besser kann das Zusammenwirken
der verschiedenen geodätischen Factoren sich gestalten, z. B. die zwei
südwestdeutschen Staaten, welche beide jeder in seiner Art Muster-
giltiges hervorgebracht haben, sind hierbei durch die üeb ersichtlichkeit
aller amtlichen Verhältnisse wesentlich unterstützt worden, während im
Vermessungs Wesens im 19. Jahrhundert. 597
Grossstaat, in welchem 5 Ministerien sich in die geodätische Aufgabe
theilen, nothwendig Reibungen entstehen müssen, durch welche mancher
Bruchtheil der Kräfte lahmgelegt wird. Je mehr amtliche „Ressorts^
in Anspruch genommen werden müssen, desto weniger kann das rein
wissenschaftliche Element zur Geltung kommen, und die Vertheilung
der geodätischen Befugnisse wird durch Nebenumstände verschoben.
Als willkürlich herausgegriffenes Beispiel hierfür wollen wir die
m
verschiedenen preussischen Messungen und Berechnungen der Landes-
aufnahme und des Katasters betrachten. Dabei wird kein Süddeutscher
begreifen, warum z. B. die . Funkte III. Ordnung zweierlei Coor-
dinaten haben. Gewöhnlich wird auf diese Frage die Antwort gegeben,
dass die Grösse des Landes im Vergleich mit den Mittel- und Klein-
staaten dieses bedinge und verlange; allein diese Antwort ist nur
mittelbar richtig, denn nicht die Grösse des Landes nach Quadratmeilen
ist der Grund fUr jene Zweiheit, sondern die politische Grösse und die
dadurch bedingte Unabhängigkeit der Ressorts, und wenn die betreffenden
beiden Aufnahmen in einer Hand wären, so würde trotz der Grösse
dee Landes eine Form gefunden werden, dass in II. — 111. Ordnung nur
einheitliche Goordinaten und entsprechende gleiche sonstige Behandlung
bestände; und eine Menge von Doppelarbeiten dieser und ähnlicher Art
könnte erspart werden.
Die Vertheilung der geodätischen Befugnisse im Staate hat Aehn-
lichkeit mit der Vertheilung der politischen Gewalten, beides wurzelt
in Jahrhunderte langen Entwickelungen, persönlichen Verdiensten auf
der einen und anderen Seite und was heute als beste Fnnctionsvertheilung
erscheint, das ist nicht ausschlaggebend neben dem was in Jahrzehnten
und in Menschenaltern geschichtlich geworden ist.
Kosten der Vermessangen.
Die hohe Bedeutung der Vermessungsarbeiten im Staatsorganismus
wird am deutlichsten veranschaulicht durch den Kosteoaufwand, der
zwar nicht genau bekannt ist, aber doch genügend genau geschätzt
werden kann.
Von Preussen wissen wir z. B., dass allein das jährliche Budget der
Landesaufnahme über eine Million beträgt (Gäde, Zeitschr. f. Verm.
1885, S. 242), ferner dass die Erhaltung und Fortführung des Katasters
jährlich mehrere Millionen Mark beansprucht, dass jährlich 200000 Mk.
allein für Erneuerung der Karten und Bücher aufgewendet werden
(Zeitschr. f. Verm. 1895, S. 509). Am genauesten hat ein College aus
Württemberg die jährlichen Vermessungskosten seines Landes ermittelt,
nämlich jährlich rund eine Million Mark bei. 73 Millionen Gesammt-.
aufwand (Steiff, Zeitschr. f. Verm. 1896, S. 267—269).
Dieses mag genügen zu einer summarischen Schätzung für das
deutsche Reich. Württemberg hat 19500 qkm und 2 Millionen Ein-
598 Jordan. lieber die Entwickelang des deatschen
wohner^ das deutsche Reich hat 540000 qkm und rund 50 Millionen
Einwohner. Rechnet man proportional der Fläche^ so kommen 28 Millionen
Mark und proportional der Einwohnerzahl 25 Millionen Mark ftir
unser grosses Gesammtvaterland heraus.
Meine Herren! 25 Millionen Mark schaffen wir jährlich dem Staat
an Werthen — oder 25 Millionen kosten wir den Staat! — wie man
es auffassen will.
Nach einer von dem Landmesser Emelius in Gassei mit grossem
Fleisse hergestellten Statistik hat das deutsche Reich im Ganzen rund
4000 Vermessungsbeamte oder 1 auf 12 500 Einwohner. Schätzt man
die Kosten für einen Beamten an Gehalt und Pensionen einschliesslich
Gehülfen, Reisen^ Instrumente, Bureaus u. s. w. auf 6000 Mark, so
bekommt man 24 Millionen oder wieder nahe das Vorige.
Rechnen wir also rund die stattliche Summe von jährlich 25 Millio-
nen, so lässt sich dazu eine üeberlegung machen: Wenn durch bessere
Gesammtorganisation aller Messungen, Vermeidung von Doppelmessungen,
Einführung besserer Methoden u. s. w. auch nur 4% gespart würden
und das scheint mir zweifellos, dann hätte man 1 Million frei zur
Schaffung solcher staatlicher Einrichtungen, welche aus dem jetzt mehr
oder weniger zersplitterten Werke ein mehr einheitlich gegliedertes und
organisirtes Einheitswerk hervorgehen Hessen.
Zasammenfassniig der Vermessiuigeii.
Damit sind wir auch wieder an dem schon früher berührten Pankte
angelangt, Zusammenfassung der deutschen Landesvermessung in ein
Ganzes mit Ausscheidung des Mangelhaften und Hervorheben des Guten.
Schon vor etwa 40 Jahren hat der wissenschaftlich unsterblich
gewordene General Baeyer den Gedanken einer Centralisation der
preussischen Vermessungen gefasst und mit allen Mitteln seines energischen
Willens verfochten, in der Form, dass er eine preussische Einheitskarte
schaffen wollte, welche alle künftigen Messungen entbehrlich machen sollte.
In dieser Sache hat der Urheber des Gedankens keinen Erfolg errungen,
aber der von ihm aufigesprochene Grundgedanke lebt in der heutigen
Generation von Landmessern noch fort und wird bei jeder sich bietenden
Gelegenheit den Versuch machen, sich in Thaten umzusetzen.
Unser Verein hat schon in seinen ersten Jahren die Erkenntniss
zu Tage gefördert, dass in der staatlichen Organisation der Vermessungen
^vieles nicht ist wie es sein sollte^, und unsere 6. Hauptversammlung
1877 in Frankfurt hat die Kühnheit gehabt, die Gesammtorganisation
des Vermessungswesens im Staate zum Gegenstande einer Berathung zu
machen (Zeitschrift für Vermessungsw. 1877, S. 600). Aber damit ist
der Verein viel zu weit gegangen, und hat auch mit seinen Vorschlägen
nicht den mindesten Erfolg gehabt. Staatliche Einrichtungen können
nicht von aussen reorganisirt werden, und die freie wissenschaftliche
YermessungsweBens im 19. Jahrhundert. 599
Vereinigung von Fachmännern kann nur auf ganz mittelbarem Wege
ihre AniBchanungen zur staatlichen Qeltung bringen (und wird von
direoten Gesetzesvorschlägen sich besser fem zu halten haben).
Am Ende des vorigen Jahres 1895 entstand ein Gerücht von der
Schaffung eines deutschen Eeichs-ErdmessungB-AmteSy in welchem vielleicht
auch die Land- und Feldmessung einen Platz gefunden haben würde,
aber diese Sache ist wieder untergetaucht^ und wenn sie auch später
sicher kommen wird^ ist es doch fraglich, ob wir sie noch erleben werden.
Aber sollen wir deshalb müssig bleiben? Nein wir sollen selbst
Hand anlegen auf allen den Gebieten, welche uns freigegeben sind, und
hier hat unser Verein auch schon Erhebliches geleistet. Die Zusammen-
fassung der in Theorie und Praxis wirkenden Kräfte unseres Faches ist
das Ziel unserer wissenschaftlichen Vereinigung von Anfang an gewesen
und ist es noch. Zahlreiche Fragen sind von uns aufgestellt und gelöst
worden; die erste betraf die wissenschaftliche Ausbildung, über welche
im vorigen Jahre ein Redner gesagt bat, dass der Erlass der neuen
Prttfungsvorschriften im Preussischen Staate das Werk unseres Vereins
ist (Walraff, Zeitschr. f. Verm. 1895, S. 498), der Anstoss dazu wurde
vor 23 Jahren auf unserer Nürnberger Versammlung gegeben, und als
wir damals 1873 in Nürnberg ein Wettmessen mit Latten und Ketten
u. s. w. veranstalteten, sahen viele Norddeutsche zum ersten Male
unsere schwäbischen Messlatten und die Schwaben sahen zum ersten Mal
eine preussische Kette. Das 1st nur eine Kleinigkeit, aber es ist als
kleines Beispiel bezeichnend für die Wirksamkeit unseres Vereins in der
Austauschung und Klärung der Ansichten.
Auch in der wichtigen Frage der Anwendung theoretischer Aus-
gleichungen und Fehlergesetze auf unsere Feld- und Landmessung hat
unser Verein und seine Zeitschrift; durch jahrelang fortgesetzte Erörte.
rungen aufklärend, gewirkt und wenn dieses noch vor wenigen Jahr-
zehnten von den Praktikern abfällig beurtheilte und dann jahrelang
umstrittene Thema heute als ziemlich zu Gunsten der Theoretiker er-
ledigt betrachtet werden kann, so hat unser Verein und seine Zeitschrift
dabei redlich mitgewirkt.
Ebenso war es bei einer in jünster Zeit aus Veranlassung eines
Specialfalles aufgeworfenen Frage nach den Vorzügen oder Nachtheilen
des einen oder anderen Goordinatensystems. Unsere Zeitschrift hat
hierzu so viele praktische Urtheile und theoretische Entwickelungen
unabhängiger Sachverständiger zusammengebracht, dass diese noch vor
kurzem streitige Frage viel reiner und schärfer zum Austrag gebracht
wurde, als wenn z. B. eine Staatsbehörde ihre unterstellten Beamten
zu amtliehen Gutachten aufgefordert hätte.
In vielen solchen grossen und kleinen Fragen ist unser Verein,
seine Zeitschrift und damit zusammenhängende Schriften mit Erfolg
thätig gewesen, so dass wir auch in der Zukunft hoffen dürfen, an ent-
scheidenden Stellen gehört zu werden.
600 Nagel. Ueber die nothwendige Beschaffenheit von Plänen etc.
Wenn wir fest an der Wissenschaft halten, welche unabhängig von
äusseren Rücksichten den richtigen Weg nach dem geodätischen Pole
weist, ebenso wie die Magnettiadel nach dem magnetischen Pole, so
wird der Erfolg nicht ausbleiben.
Unsere noch vor wenigen Jahrsehnten als ABchenbrOdel unter den
technischen Berufsarten geltende Feld- und Landmessung wissenschaftlich
auszugestalten, und zur vollen Anerkennung ihrer staatlichen Bedeutang
zu bringen, das ist unser Ziel, das wir erreichen werden, wenn wir
den Spruch des Dichters Trojan beherzigen:
Ist deine Sache recht und gut.
Kannst du sie getrost dem Himmel überlassen.
Doch wisse, dass auch der nichts für dich thut.
Wenn du versäumst zur rechten Zeit mit anzufassen.
Ueber die nothwendige Beschaffenheit von Plänen, die
als Beweismittel zur Entscheidung von Grenzstreitig-
keiten dienen sollen;
Vortrag gehalten auf der 20. Hauptversammlung des D. G.-V. zu Dresden;
vom Geheimen Begiemngsrath Prof. Dr. Nagel«
Hochgeehrte Versammlung!
Mein Thema passt heute sehr wenig zu der festlichen Stinmiang,
in die uns die geehrten Vorredner durch ihre interessanten Vorträge
versetzt haben. Es wäre angemessener gewesen, Ihnen diese meine
Erfahrungen, die ich als verpflichteter Sachverständiger in geodätischen
Angelegenheiten beim Gericht in längerer Zeit zu sammeln Gelegenheit
gehabt habe, am zweiten Sitzungstage mitzutheilen. Mein Vortrag musste
aber aus äusseren Gründen auf den ersten Tag vorgeschoben werden,
und so sehe ich mich genöthigt, die Herren zunächst um gütige Ent-
schuldigung zu bitten, wenn ich Sie aus der Feststimmung in das all-
tägliche Leben, gleichsam aus der Poesie in die nüchterne Prosa zurück-
führe.
Meine Herren, Sie werden denken und vielleicht auch nicht mit
Unrecht sagen: Das gewählte Thema bietet nichts Neues und ist in
Wort und Schrift schon mannigfach in unserem Vereine, wenu auch unter
anderem Titel, behandelt worden. Bereits im Jahre 1873 hat unser
Herr Steuerrath Stepp es in der zweiten Hauptversammlung zu Nürnberg
die rationelle Vermessung durch Naturmaasse zur Sprache gebracht und
in der 6. Hauptversammlung des Vereins zu Frankfurt a. M. im Jahre
1877 einen ausführlichen Vortrag über die Verbindung des Katasters
mit dem Grundbuchamte, über die Fortsetzung des Vermessungswerks
und über Behördenorganisation im einzelnen gehalten, worauf im
Nagel, lieber die nothwendige Beschaffenheit von Plänen etc. 601
Jahre 1878 der rheinisch-westfälische Zweigverein eine Denkschrift aus-
gearbeitet und der 7. Hauptversammlung in Weimar zur Besprechung
und Erwägung vorgelegt hat^ welche ^^die Sicherung des Orund-
eigenthums durch allgemeine Vermarkung und beweis-
kräftige Orundkarten^ sehr eingehend behandelt und welche die
gesetzlichen Bestimmungen einzelner deutscher Staaten zur Sicherung des
Grund und Bodens aufzählt. Diese Denkschrift will die ünver-
letzlichkeit der Qrundstücke hauptsächlich durch dauernde
Beaufsichtigung, Erneuerung und Ergänzung der Grenz-
zeichen sichern, was selbstverständlich nur in Verbindung mit
einer dem Grundbuche beizugebenden allgemeinen Grund-
karte, welche dem Grundbuche als Unterlage dient, möglich sein dürfte.
Die Denkschrift sagt daher wörtlich: ^Auch die beste Beaufsichtigung
kann nicht verhindern, dass Grenzzeichen durch Zufall oder Willkür,
durch Absicht oder Fahrlässigkeit, endlich durch den Zahn der Zeit be-
schädigt werden oder verloren gehen. Sobald dieser Fall eintritt, ist
die Erneuerung nothwendig geworden und das zuverlässigste, ja das
einzig zuverlässige Mittel ist eine beweiskräftige Grundkarte,
in welcher die Orte der Grenzzeichen durch Zahlen fixirt
sind.'*
Ferner erwähnt die Denkschrift: ^Die Kosten der Herstellung einer
allgemeinen Grundkarte würden aber so erheblich sein, dass für lange
darauf verzichtet werden müsste, wenn es nicht möglich wäre, besteh end e
Einrichtungen zu diesem Zwecke zu benutzen. Solche Einrichtungen
sind aber gegeben in dem Grundsteuer-Kataster.^
Die Denkschrift, wie Herr Steppes kommen also zu der Ansicht,
die ich bereits im Jahre 1876 in der Schrift: „Die Vermessung im
Königreiche Sachsen^ ausgesprochen, dass eine Landesvermessung nicht
bloss für das Grundsteuer-Kataster, welches ja meist nur die Flächen-
inhalte und eine üebersicht der gegenseitigen Lage der Parzellen braucht,
sondern so ausgeführt werden möge, dass sie allen staatswirthschaftlichen
Zwecken gleichmässig dient. Das wird aber nur dann der Fall sein
können, wenn, wie die erwähnte Denkschrift sagt, die gegenseitige
Lage der Punkte durch in der Natur gemessene Maasse be-
stimmt ist, also durch Maasse, die entweder in der Karte eingeschrieben
oder in einer im Archiv niederzulegenden Handzeichnung eingetragen
sind. Eine solche Grundkarte und die gehörige Beaufsichtigung und
Erneuerung der Grenzzeichen würde zur Minderung der Grenzstreitigkeiten
beitragen und wo selbige auftreten, würde jeder dazu berufene Sach-
verständige im Stande sein, sein Gutachten vollständig sicher und in
kürzester Zeit abzugeben. Endlich darf ich nicht zu erwähnen unterlassen,
die Berathung der Somb art* sehen Denkschrift durch unsern Verein
in der 9. Hauptversammlung zu Cassel im Jahre 1880, welche Berathung
in der gefassten Resolution unter II c eine solche Aufnahmemethode
602 Nagel. Ueber die nothwendige Beschafifenheit von Plänen etc.
empfiehlt; welche das ganze Resultat in Zahlen liefert und unter IV eine
möglichst innige Verbindung der Kataster- mit den Qrundbuchverwallungen
dringend wünschenswerth erachtet.
Nun, meine Herren^ es geht aus diesen Aufführungen zur Genüge
hervor^ dass unser Verein dem Ideal einer rationellen Vermessung, dem
Vorbild rationell hergestellter Pl&ne stets nachgestrebt hat. Leider ist
keine Aussicht vorhanden^ dass sich dieses Ideal alsbald in meinem
engeren Vaterlande verwirklichen sollte.
Es war daher auch nicht meine Absicht, meine geehrten Herren,
über die Beschaffenheit dieser Pläne mich besonders auszusprechen, sie
sind ja da, wo bereits rationelle Vermessungen ausgeführt sind und aus-
geführt werden — neuere Landesvermessungen und Stadtvermessungen
— in vorzüglichster Güte vorhanden. Meine Absicht geht vielmehr da-
hin, solche Pläne in das Auge zu fassen, welche nicht nach Natnrmaassen
construirt sind und für welche auch derartige Maasse nicht vorhanden
sind. Diese Pläne müssen nicht allein ganz correct und saaber
gezeichnet sein, sondern auch ein Quadratnetz enthalten, welches mit
grosser Sorgfalt aufgetragen und mit feinen Tuschlinien gezeichnet ist,
um mit Hilfe desselben für Entscheidungen bei Grenzstreitigkeiten die
nöthigen Dimensionen und Flächeninhalte von dem Plane mit der er-
forderlichen Genauigkeit ermitteln zu können. Die Quadrate dieses
Netzes würden Seitenlängen von 2 bis 10 cm zu erhalten haben, in
welchem Falle dieselben den Maassstab auf dem Plane vertreten.
Es ist nämlich eine durchaus falsche Meinung, dass man den ge-
wöhnlich an dem oberen oder unteren Rand des Papiers, auf dem der
Plan sich befindet^ gezeichneten Maassstab zur genauen Ermittlung von
Dimensionen auf dem Plane benutzen könne, von der Ansicht ausgehend,
dass bei der Aenderung des Papiers der Maassstab sich in demselben
Verhältniss ändere, wie die in verschiedenen Richtungen liegenden Maasse
des Plans. Erfahrungsgemäss geht das Papier mit der Zeit, und nament-
lich bei dem etwaigen Abspannen vom Reissbrett, an den Rändern, wo
gewöhnlich der Maassstab sich befindet, mehr ein, als in der Mitte des
Blatts, ja, der Eingang eines rectangularen Blatts ist in diagonaler
Richtung ein ganz anderer, als in der Richtung zu den Blattgrenzen.
Daher ist von einem Plane, welcher bloss mit Maassstab versehen ist,
das Abnehmen von sogenannten genauen Maassen ohne besondere
Vorkehrungen geradezu als unmöglich und unzulässig zu betrachten.
Aber selbst, wenn ein solcher Plan mit einem Quadratnetz versehen
ist, kann man noch nicht daraufrechnen, die Abmessungen mit ausreichender
Genauigkeit zu erhalten. Die Genauigkeit hängt von der Verjüngung
(dem Maassstabe) des Plans und von der Schärfe des Auges ab.
Für jedes Auge giebt es eine Entfernung oder eine Grenze des
Sehwinkels, bei welcher demselben ein gegebener Punkt verschwindet.
Berücksichtigen wir daher, dass ein normales Auge mit einer deutlichen
Nftgd. lieber die nothwen^ge Be»chjiffBiibeit von Plänen ele. gOS
Sehweite zwisoken 21 und 8& em auagestattet^ bei gut^r Bele«ehtuo^ de«
Gegenstttidee einen kleinsten Seh winkel yon etwa 50'' besitzt; so werden
von einer Reihe anf weissem Papier geaeichneter sehwaraer Kreisflächen
mit abnehmenden Durchmesseni diejenigen mit kleineren Durchmessern als
0^053 u. 0,063 mm dem Auge verschwinden. Diese mit der deutlichen
Sehweite e =■ 210 und 250 mm und dem kleinsten Sehwinkel a = 50''
nach der Fonnel c{ =^ 2 e tg -— o berechneten Werthe stimmen nahezu
.2
mit den H artin gesehen Versuchen, welche derselbe wegen Ermittelung
der Entfernungen beim Verschwinden von Kugeln mit gegebenen Durch-
messern bei durchfall&nA«m:.Lichte anstellte, ttberein. Wir werden daher
auch nicht im Stande sein, mit freiem Auge an einen solchen Punkt
auf dem Papiere ein Lineal, einen Maassstab anzulegen oder eine Zirkel-
spitze auf deaaelben einaastellen mit einer grösseren Oenauigkeit als bis
auf etwa 0,05 mn« Wenn wir nun ein Maass von einem Grundrisse
abnekneft, so enthält dasselbe awei Endpunkte, daher kann schon wegen
der nicht ausreichenden Schärfe derAogeu, dasselbe nicht genauer gefasst
werden, als bis auf 2 X 0^05 ss 0,1 mm. . Das wttrde ungefähr die Oe-
nanigkeit sein, bis au weleher höchstens 4ie Abnahme eines Maasses mit
dem Lottgimeter, einem eingetheilten Längenmaassstabe, an welchem sich
eta Schieber oder Dreieck mit Nonius verschiebt, unter den günstigsten
Umständen mit freiem Auge getrieben werden kann. In der Praxis stellt
sieh aber, diese Maaseabnahme noch viel ungünstiger dar, da hier noch
andere. Fehlerquellen auftreten, wOsn s» B. unter Anderm der Fehler im
Ablesen mit dem Nonius gehört. Werden die Maasse mit dein Zirkel
gespannt und von einem Maassstabe abgeleseji, so tritt zu obigen Fehlern
insbesondere die Unsiehertiett der Einführung der Zirkelspitisen auf die
Endpunkte der Linie, wobei auch wieder berficksiehtigt werden muss,
ob diese Zirkelspitzen unter steh parallel sind, also einem Stangenairkel
angehören, oder ob sie, wie beim Handzirkel, schief in 4as Papier an
den Endpuakten der Linie eingeführt werden, sowie die Ablesung des
Maasses am Maassstabe. B^ Anwendung des Anlegemaassstabes haben
wir es aber mit derScbätcung der Intervallen zwischen den Theilpunkten
zu thun. Kann das Maass nicht mit einer Zirkelspannung gefasst werd^,
so wird die Unsicherheit auch noch von der Länge des. Maasses beein-
flusst, während bei Maassen, die mit einer Spannung gefasst werden
können, die Unsicherheit nahe als constant betrachtet werden kann.
Wenn man alle diese Einflüsse berücksichtigt, so kann man wohl sagen,
dass im günstigsten Falle ein Maass von dem Grundrisse nur mit
einer Unsicherheit von 0,2 mm, also höchstens auf 0,2 mm genau mit
den gewöhnlichen Hilfsmitteln bestimmt werden kann.
Darnach lässt sich nun beurtheilen, welche Verjüngung, die ich mit
^r= bezeichnen will, ein Plan haben muss, um auf demselben noch
N
ZettMhf ;fk fUr VernMSSQngBwesea 1896. Heft 19. '3d
604 Nagel, lieber die nothwendige Beschaffenheit von Plänen etc.
a verj. Meter^ welche 0^2 mm messen würden, erkennra^ oder unter-
scheiden zn können. Da aas dieser Bedingung die Oleiehangen
JVverj. Meter ==r 1000 mm und a verj, Meter = 0,2 mm
sich ergeben, so folgt daraus, N= — ^r-r — = 5000 -a.
Sollen also auf dem Plane noch unterschieden oder bestimmt
werden können:
a = 1 cm = OjOl verj. m, so mttsste betragen N=s 50, also die irerj.=i/50 ;
a= 2cm=0,02 „ ^,„ „ „ iV= 100, „ „ „ =i/ioo;
a= 4cm=0,04 „ „,„ „ „ JV= 200, „ „ „ =72005
a=10cm=0,l „ „,n 7) r^ -^= 500, „„ „ =-5^;
a=20cm=0,2 „ «,„ „ „ iV=1000, „ „ r^ = riöö\
u. s. w.
' Nach den Grössen a, welche streng genommen nur zur Beortheilung
der Unsicherheit dienen, mit welcher Dimensionen vom Plane ab-
genommen werden können, lässt sich nun einigermaassen der Genauig-
keitsgrad der mittels des Plans bestimmten Dimensionen beurtheilen.
Auf einem Plane, z. B. in 1/200 ^^^J* kann, wie bemerkt, ein Feldmesser
die Dimensionen nur mit einer Unsicherheit von 4 cm, oder, wie man
sagt, auf 4 cm genau bestimmen. Dabei wird vorausgesetzt, dass der
Plan selbst genau und in correcter Zeichnung ausgeführt ist. Zur
Correctheit des Plans gehört aber, dass die einzelnen in demselben dar-
gestellten Punkte durch feine, regelmässig runde Nadelstiche dargestellt
sind. Denn je grösser der Nadelstich und je unregelmässiger derselbe
ist, desto ungenauer die Maassermittlung. Die Unsicherheit kann im
positiven, aber auch im negativen Sinn« wirken. Bildet z. B. ein Grenz-
zug von 75 m Länge in einer Karte von 1/200 Verj. das Streitobject und
wird der Flächeninhalt dieses Objects von zwei Geometem bestimmt, so
kann der eine diesen^ Flächeninhalt um 75 X 0>04 = 3 qm zu gross, der
andere denselben um eben so viel zu klein finden, ohne dass Einem
oder dem Anderen der Vorwurf der Ungenauigkeit gemacht werden kann.
Die Differenz der beiden Resultate wtirde dann[2 X 3 = 6 qm betragen,
innerhalb welcher die Wahrheit zu suchen sein dürfte. Hat nun der qm
Grund und Boden einen Werth von 100 Mk., so würde diese Un-
sicherheit in der Bestimmung der streitigen Fläche einen' Werth von
600 Mk. haben.
In Sachsen dienen nicht selten Menselblätter der Landesvermessung^
welche bekanntlich nur zu Zwecken der Grundsteuerveranlagung aus*
geführt worden ist, als Beweismittel bei Grenzstreitigkeiten. Wie mir in
einzelnen Fällen bekannt geworden ist, wiesen die Gerichte bald nach
Beendigung der Landesvermessung diese Beweismittel zurück, weil die
Landesvermessung nicht für derartige Zwecke ausgeführt worden sei.
Später ist man nicht mehr so bedenklich gewesen und hat, wohl haupt-
sächlich nach der Umbildung und Neuordnung des Grund- und Hypo-
thekenbuchwesens sogenannte Menselblattcopien als Unterlagen zur Ent-
scheidung von Grenzstreitigkeiten zugelassen. Ich bin der Meinung, dass
Nagel. . üeber die nothwendige Beschaffenheit von Plänen etc. 605
man heute noeh dieselben nicht znlassmi sollte^ namentlich da^ wo der
Grund und Boden einen hohen Werth hat. .Diese Menselblätter sind
entweder in oder ^ oder .^ Verj. aufgenommen. Die von
loJU 21ö{j JOUÜ
denselben abgenommenen Dimensionen würden nach den vorigen Aus-
N
führungen also einer Unsicherheit von a = ^^^y also der Reihe nach
5000
den angeführten Verj. entsprechend 3^6, 50, 40 cm unterworfen sein,
vorausgesetzt, dass das Menselblatt genau genannt werden kann.
Copien von Plänen sind aber, wie Sie, meine Herren, in Folge Ihrer
Erfahrungen am besten beurtheilen werden, viel ungenauer als die Ori-
ginale, daher die Abnahme der Dimensionen von denselben auch noch
viel unsicherer, als obige Abweichungen anzeigen. Nun habe ich aber
in meiner Schrift ^Die Vermessungen im Königreiche Sachsen^ nach-
gewiesen, dass wegen des Zwecks der blossen Inhaltsbestimmung der
Parzellen anfangs bei der Landesvermessung reine Eettenmessung und
nur ausnahmsweise sowie später Messtischmessung angeordnet war, dass
für den Zweck der Einfahrang eines neuen Orundsteuersystems die bei
der Vermessung erlangte Genauigkeit ausreichte, was auch documentirt ist
in dem § 19 des Gesetzes vom 9. September 1843, die Einführung eines
neuen Grundstenersystems betreff., in welchem es heisst: „Beruht der
Irrthum in der Vermessung, so ist derselbe jedoch nur dann zu berück-
sichtig'en, Wenn die Differenz 3% überschreitet^. Selbstverständlich
reicht aber diese Genauigkeit für die Entscheidung über Mein und Dein
nicht aus, weshalb von der Hinausgabe von Menselblattcopien zur Ent-
scheidung von Grenzstreitigkeiten ganz abgesehen werden sollte.
Bei meinen Begutachtungen habe ich mich dem Gericht gegenüber
stets für verpflichtet gehalten, in diesem Sinne vorzugehen^ die mir vor-
gelegten Unterlagen streng zu kritisiren, sie nach dem Befund und
mit Rücksicht auf den beanspruchten Genauigkeitsgrad zurückzuweisen,
oder sie zur Abgabe des Gutachtens zu benützen, soweit diese Unter-
lägen aber in Menselblattcopien von der Landesvermessung bestanden,
meine' auf Erfahrung' beruhende Ansicht über die IJnvollkommenheiten
der Originale derselben ganz unverhohlen auszusprechen und die Copien
zu verwerfen. Zu bedauern ist, dass sich immer noch Sachverständige
bereit finden, auf Grund von Menselblattcopien zur Entscheidung von
Grenzstreitigkeiten und nicht selten der subtilsten Art, beitragen zu wollen,
obgleich sie wissen müssen, dass die Landesvermessung für derartige
Zwecke nicht ausgeführt ist.
Aber nicht allein Copien der Landesmenselblätter, sondern auch
andere zu irgend welchem Zweck angefertigte, namentlich ältere Pläne
werden zur Entscheidung von Grenzstreitigkeiten von Seiten der Parteien
dem Gerichte übergeben. Mir ist ein Fall bekannt, dass bei einer
Grenzstreitigkeit der Kläger als Beweismittel einen alten etwas brüchigen
Plan aus der Tasche brachte mit dem Bemerken, das dieser Plan den
606 Nftgel. Üdber die Mthwcndige B«eoliaitoa^it Ton Pllnen etc.
Gnenuag, der ia d«r Natur nicht Bekr Torhanden, «ondem durch einen
awlern ergetst seiii sollte, richtig enthalten; denn der Plan sei von dem
als zuverlässig bekannten, verpflichteten Feldmessei* L. angefertigt. Den
Namen des letzteren enthielt aber der Plan nicht. In einem Besichtigungs-
termine fragte nun der Richter die Parteien, ob sie die Richtigkeit des
alten Oranszugs a«f dem Plane anerkennten? und der Beklagte, ein in
geometi^iechen Sachen unerfahrener Laie, sprach, da einmal eine Ent-
scheidung getroffen werden müsse und jedenfalls auch im Hinblick darauf,
dass der Plan in den Processacten immer nur als von L. herrührend
aufgeführt worden sei, diese Anerkennung aus. Hierauf wurde vom
Gericht die Ermittelung der streitigen Fläche nach dem Plane einem
Sachverständigen übergeben. Letzterer fühlte sich aber verpflichtet, mit
dem Feldmesser L. in Verbindung zu treten, um zu erfahren, zu welchem
Zwecke und mit welchen Hil&mitteln der Plan angefertigt worden sei.
Dabei ergab es sich, dass der Plan gamkht von L., auch nicht unt^
seiner Leitung und Aufsicht angefertigt sei. Nun prüfte der Sachver-
ständige den Plan und fand die eine nicht streitige Grenze, welche in
der Natur noch als Mauer unzweifelhaft vorhanden war, unrichtig. Ak
der Sachverständige dem Richter von diesen Ergebnissen Mittheiiung
machte, wurde er bedeutet, dass er darnach garnicht gefragt worden sei ;
die Parteien hätten die Grenzlinie auf dem Plane als richtig anerkannt,
und dariiufhin habe der Sachverständige dieFläcbenermittelung auszuführen,
möge der Grenzzug richtig sein oder nicht, möge d^n Plan angefertigt
haben wer wolle. Daraufhin ist nach erfolgter Flächenermittelung das
Urtheil zu Ungunsten des Beklagten erfolgt. Der letztere hat Berufung
eingelegt und hervorgehoben, dass er seine Anerkennung des Plans nur
unter der Voraussetzung abgegeben habe, dass der Plan wirklich von
dem verpfl. Feldmesser L. angefertigt sei. Wie ich Jetzt gehört habe,
ist der Streit durch Vergleich gehoben. Darnach bleibt zwar die ia der
Natur vorhandene Grenzlinie ungeändert, der Beklagte hat aber die
uixgefähr 2000 Mk. betragenden Kosten zu tragen, was er jedenfalls
seiner voreiligen Anerkennung des vorgelegten alten Plans zu verdanken hat.
Dieser Fall veranlasste mich, die Ansicht auszusprechen, dass in
der Praxis nur mit grösster Vorsicht alten Plänen entgegen getreten
werden müsste. Wenn in einem Grenzstreit ein Plan auftaucht, von
dem man nicht sicher ist, dass er von einem als zuverlässig bekannten
Feldmesser angefertigt ist, so sollte, ehe die Anerkennung des Plans
von Seiten der Parteien ausgesprochen wird, stets ei*st das Urtheil eines
Sachverständigen über die Genauigkeit des Plans eingeholt werden,
wobei auch die Ermitteluog des Zwecks, 2U welchem seiner Zeit der
Plan gefertigt ist und die Ermittelung der Hilfsipittel bei Anfertigaog
desselben, eine wesentliche Rolle spielen muss. Insbesondere sollten
auf eine derartige sachverständige Beurtheilung aucli die Richter Iiinzii-
wirken «rerpflichtet sein.
GMiBiig. Beridit ttber die fiavptvenuuninIvBg in Stuttgart. 607
Meine anf Erl&hniiig gegrttnd^n Betrachtungen fahren mich zu
folgendem soBamoienaufaBaenden. Ergebniss :
1) Im Attgemeiaen sind Pläne, welebe durch eine rationelle MoBsnng
entstuiden sind und dalier zoglelefa die gegenseitige Lage der
Pttnkte durchzählen geilen, als Beweismittel bei Grentetreitigkaiten
allen anderen PUtnen vomiBiehen.
2) Werden jedoch Pläne zugeECgen, auf denen 4ie Punkte durch
eingeschriebene Naturmaasse nielkt festgelegt sind, sondern auf
denen die etwa ndthigen Maasse abgegriifien werden müssen, so
sollen dieselben
a. coirect und sauber gezeichnet,
b. mit einem Quadratnetz zur Berücksichtigung des Papier-
eingangs bei Längen- . und Fl^chenbestimmuagen versehen,
c. in einer Verjüngung dargestellt sein, welche dem geforderten
flenauigkeitflgrade ausreidiend entspricfat,
d. den Namen des Geometers und des Zeichners, sowi^
e. die Zeit 4er MeMung und der Anfertigung entiialten.
f. In idlen zweiMhaften Fällen, namenftlich in welchen ein
Plan den Yorgenaimten Anfordeningen nicht enspriefat^ sollten
die Parteien bei Grensetreitigkeiten darauf flatten und auch
rom Eiehter darauf fain unterstützt werden, dass der Plan
von einem Sachverständigen gehörig geprüft wird, bevor
er rou den Betheiligte» als Grundlage zur Eiutscheidung
ttber das Atreitobjeet anevkanait wird.
Mmne eefar ge^rten Herren Fachgenossen, diesee sind meine An-
drehten^ die ich mir, den sächsiseben Verhältilssen entsprechend, durch
mei»e Erfahnrngen gebiUet babe. Sie werden an besten beurth^len,
in wie w^it «olehe auf anderweite Verhältmsse angewendet werden können.
I>a vielleickt in anderen Staaten die Yeriiältniese viel günstiger liegen,
Bo Mute ieh sehr um Entschuldigung, wenn ich Sie mit meinen Erörte-
rmigen gelaagweilt habe.
Bericht Über die. am 5. Mai 1895 in Stuttgart ab-
gehaltene Hau|it¥ers«nfnfanig des Württ. Oberanrts- und
Bezirfcsgeometer-Vereiris.
Der verein TÄMt zur Zelt 40 Mitglieder; hiervon wären anwesend SO;
und muss zum Voraus bemerkt werden, dass in Folge der seit Jabren
im Osnge befindlichen Zusammenlegungen ^ zweier Oberamtsgeometer-
steHen zu (nner Bezirksgeometerstelle die Aitzahl der Hitgiieder stetig
i^nimmt bis a«B «ien un^prfln^ich 64 Od^eramitsgeoraeterstellen eehliesslich
noch 32 Bezirksgeomerterstellen resultiren, wenn nletrt noch kleine
Aenderungen im Ab- oder Zutbeilungsmodus eintreten. Die Oberamts-
geometerstellen hören dann auf, j
608 Gehring. Bericht über die Hauptversammhing in Stattgart.
Im Kalenderjahre 1894 wurde eine Hauptveraammliing nicht ab-
gehalten, weil abgewartet werden wollte, bis die in Awmcht genommene
der Gegenwart entsprechende Umändemng der Ministerial' Verfügung
vom 12. October 1849, auf weleher bisher die Fortführung der Flur-
karten und Primärkataster in der Hauptsadie beruhte, erschienen wäre.
unter dem 1. August 1894 ist nun diese Verfügung aar Aasgabe
gelangt, *) und unter dem 19. Januar 1895 sind mittels Brlasses des
Königl. Steuer -CoUegiums, Abthdlung für directe Steuern, erschienen:
„die Dienstanweisung für die Eatast^fortfährungsbeamten
(Bezirksgeometer)^ ;
femer
und
endlich
„die Anweisung für die Katastergeometer^
„die Anweisung für Felduntergänger^ ,
„die Technische Anweisung fttr die Arbeiten 2nr Erhaltung und
« Fortführung der Flurkarten und Primärkataster ^.
Genannte Verfügungen, Erlasse und Bestimmungen boten überreichen
Stoff zu Erörterungen einer Hauptversammlung, welche, wie eingangs
bemerkt^ am 5. Mai 1895 in Stuttgart stattfand.
Die Tagesordnung führte zunächst auf den Bericht des Vor-
sitzenden über die Thätigkeit des Ausschusses in der
letzten Vereinsperiode.
Als Hauptmomente konnten bezeichnet werden die h. Orts gütigst
gewährte Theilnahme an den Berathungen der Entwürfe zu obgedachter
Ministerial -Verfilgung vom 1. August 1894 und der Technischen An-
weisung vom 19. Januar 1895, — unter Vorsitz des Herrn Obersteuer-
raths Schiebach, Vorstand des Königl. Kataster -Bureaus,: und unter
Anwesenheit der übrigen Herren Vermessungsbeamten dieser h. Stelle.
In Beziehung auf die ökonojnische Stellung der Fortführungsbeamten
wurde eines Bittgesuchs des Ausschusses an die hohe Dienstbehörde
vom 22. Mai 1894 erwähnt: um Verbesserung der Vorrttckungs* Ver-
hältnisse und Erhöhung der Diäten und Reisekostenvergtttung.
Gleichzeitig konnte — erireulicher Weise -:- beigefügt werden,
dass das Bittgesuch b. Orts Berücksichtigung gefunden habe, indem,
wie schon unter dem 1. April den Mitgliedern durch das Vereinsorgan
zur Kenntniss gebracht wurde, im Entwurf des Württ. Haupt finanz -Etats
pro 1895/97, Capitel 124, Neuregulirung vorgesehen sei. (Die be-
ztlgliohen Titel des genannten Capitels werden denn 4uch von den beiden
h. Kammern dem Regierungs- Entwurf entsprechend verabschiedet.)**)
Der zweite Punkt der Tagesordnung war der Besprechung über
die Verfügung der Ministerien der Justiz, des Innern und
*) Vergl. Zeitschrift für Vermessungswesen vom Jahre 1895 S. 48 ff. ; be-
sprochen von Vermessongs-Commissair Steiff Stuttgart«
*) Die Bezüge der Bezirks- und Oberamtsgeometer wurden mittels Erlasses
Königl. Steuer -Collegiums, Abtheilnng für directe Steuern, vom 24. Juli 1895
mit Rückwirkung vom 1. April an neu geregelt. '
Gehring. Bericht übor die Haaptversammlung in Stuttgart. 609
der Finanzen/ betreffend Erhaltung nnd Fortftlhrang der
Flurkarten nnd Primär kataster vom 1. Augast 1894
gewidmet.
Nach dem ron einem AusBchussmitgliede ttbemommenen Referat
worden die einzelnen Paragraphen der neuen Verftigung besprochen,
namentlich gegenüber der nun aufgehobenen Verfügung vom Jahr 1849.
Das infolge dieser Verfügung einzufliln'ende Institut der ^Kataster-
geometer'^ veranlasste eine eingeheofd^e Debatte. Bisher war nämlich
jedem Orundeigenthttmer freigestellt^ die an seinem Grund und Boden
kulturell^ figurell oder inhaltlich vorgenommene Veränderung durch
irgend einen aus der Zahl der öffentlich bestellten Feldmesser geometrisch
aufnehmen und hierüber den vorgeschriebenen Handriss (Grundriss der
Fläche versehen mit den Maasszahlen) und Messurkunde fertigen zu
lassen« Die neue Verfügung bestimmt nun, dass zur Besorgung der soeben
genannten Eatastergeschäfte für jede Gemeinde aus jener Zahl ein zuver-
lässiger Geometer (Katastergeometer) — nöthlgenfalls mehrere — auf-
gestellt werde. Die Au&tellung und Thätigkeit hat die den Gemeinden
vorgesetzte Dienstbehörde zu überwachen.
Durch in Rede stehende Einrichtung soll nicht nur eine einheitlichere^
geordnete Behandlung der Katastergeschäfte erzielt, sondern auch dem
einzelnen . Geometer ermöglicht werden, sich einen sicheren, quasi
officiellen Wirkungskreis zu schaffen.
Als weitere Neuerung von einschneidender Wirkung wurden die
periodischen Grenzbesichtigungen sämmtlicher Theile der Gemeinde-
Markungen bezeichnet und knüpfte sich deshalb an dieselbe lebhafte
Erörterung. Es. wurde geltend gemacht, dass eine durchgreifende Ver-
markungsergänznng sowohl im Interesse der Grundbesitzer als des
Kataster - Vermessungswesens liege.
Zwar konnte man sich nicht verhehlen, dass bei der notorischen
Mangelhaftigkeit des Vermarkungszustandes in vielen Gemeinden des
Landes erhebliche Kosten erwachsen dürften und dass gleichzeitig die
Vermarkung der einzelnen Gewände in systematischer Weise (nach
^Steinlinien^ etc«) vollzogen werden sollte, dass aber auch die hierdurch
vermehrten Kosten reichlich aufgewogen würden durch Ersparniss an
Zeit und Geld bei späterhin nothwendig werdenden Wiederbestimmungen
einzelner Punkte.
Vorgesehen zur Besprechung für den zweiten Punkt der Tages-
ordnung waren noch weiter die obengenannten Erlasse (Dienst-
anweisungen etc.) des Königl. Steuer - Collegiums. Der vorgeschrittenen
Zeit wegen wurde jedoch beschlossen, solche zur nächsten Haupt-
versammlung zurückzustellen.
Im Hinblick auf die Emanation der eingangs erwähnten Verfügungen,
Anweisungen etc., welche zum Theil an Stelle veralteter Vorschriften
treten, zum Theil die in Einzelverfügungen und Erlassen zerstreut
610 Gehring, Beriebt über die HauptTeraAMmlinif in Stattgaii.
•
liegenden Bestimmiingen eodificiren und sattrndn, oder den gegen-
wärtigen Anfordernngen entsprechend mitsammt äem VermeflsiBgs-
dienst neu regeln, fühlte sich der Vorsitzende verpflichtet namens des
Vereins dem Vorstand Königl. Kataster -Bureaus, Herrn Obersteuer-
raih Sehlebaoh^ fttr sein unablässiges Bemfihea in Förderung des Ver-
nressungswesens eine Dankesbezeugung zum Ausdruck au bringen, welche
in der Versammlung einstimmigen Wiederhall fand.
Punkt 3 und 4 der Tagesordnung, Erörierungen ron Vereins-
angelegenheiten und Kassenbericht, wurden noch in mdgliehster
Kttrze abgewandelt. Hetrorgehoben sei hier, dass zeitweise Beschiekung
der Hauptversammlungen des Deutschen Qeometervereins durch einen
Delegirten gewünscht^ gut geheissen und beschlossen wurde, zumal der
Verein schon s^ 10 Jahren als Zweigvercin dem Deutschen Crcometer-
verein angehöre und noch nie bei «ner Versammlung desselben ofll^el)
vertreten war.
Ein nimmer schlummeinder Wünsch, die Bestallung der Bezirks-
geometer als Staätsdiener in vollerem Sinn des Wortes — mit PensioDS-
berechtigung — wurde schliesslich noch bertthrt. In Erwägung jedoch,
dass bei den legislativen Factoren der Gegenwart eine Realinrnng
dieses Wunsches nicht zu erhoffen sein dttrfte, wurde von Veranlassung
weiterer Schritte abgesehen und nur der Ausschuss beauftragt, der
Gardinalbedingung einer sichern Existenz für Staatsdiener stets ein-
gedenk zu sein, in Erinnerung, dass auch die Gemeinde- und Cor-
porationsdiener Württembergs dies Ziel nach mehrjährigen Mtthen erreicht
haben.
Den 5. und letzten Punkt der Tagesordnung bildete endlich die
Wahl einer neuen Vorstandschaft.
Durch Acclamation werden die bisherigen Mitglieder einstimmig
wiedergewählt, nämlich: Vorstand: Bezirksgeometer Gehring m
Reutlingen. Ausschuss : Bezirksgeometer Beutler in G^ppipgen, Bezirks-
geometer Bode in Rottweil, Oberamtsgeometer Hörz in Waiblingen,
Bezirksgeometer Tag in Backnang, Oberamtsgeometer Wendelstein
in Cannstatt (Kassirer) und für ein ausgetretenes Mitglied: Kataster-
Assistent Klemm in Stuttgart (Schriftführer).
Reutlingen, im Winter 1895/96. Gehving.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen : Ueber die Entwickelung des deutschen Vermessungs-
Wesens im 19. Jahrhundert, von Jordan. — Ueber die nothwendige Be-
schaffenheit von Plänen, die als Beweismittel zur Entscheidung von Grenz-
streitigkeiten dienen sollen, von Nagel. — Bericht Über die am 5. Mai 1S95
in Stuttgart abgehaltene Hauptversammlung des Württ. Oberamts- und Besirks-
GeoKMter-Vereins, von Ge bring.
Verlag tod Konrda Wittw«r Stattgart — Druck von Get>rüder Jänecke in Hannoyer.
611
ZEITSCHRIFT FOR VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben Yon
Dr. W. Jordan, und 0- Steppes,
Professor in Hannover Steuer-Rath in München.
■ — -»K ' .
1896. Heft 20. Band XXV.
■>i 15. October. »<- —
Zur graphischen Ausgleichung beim trigonometrischen
Einschneiden von Punkten;
von S. Hammer.
1) Bekanntlich ist in manchen Landmesser-Anweisungen bei der
trigonometrischen Bestimmung von einzelnen Neupunkten durch Vorwärts-
einschneiden von gegebenen Punkten aus oder durch Rückwärts -
einschneiden über gegebene Punkte neben der Ausgleichung nach der
Meth. d. kl. Qu. auch noch die graphische Behandlung dieser Ans-
gleichungs-Aufgaben zugelassen. Man kann heutzutage über die Be-
rechtigung dieser Zulassung für den Landmesser, der häufig Neupunkte
trigonometrisch zu bestimmen hat, verschiedener Ansicht sein; denn die
Ausgleichung nach der Meth. d. kl. Qu. ist bei Anwendung des Rechen-
schiebers und Beachtung gewisser Rechen vortheile so bequem, dass man, im
Gegensatz zu der Mheren Ansicht, diese Methode sei gut, verursache aber zu
viel Rechenarbeit, bekanntlich sagen kann, dass es nicht ganz leicht ist,
graphische Methoden oder sonstige Näherungsmethoden zu finden, die
weniger oder doch nicht mehr Arbeit verursachen, und dass man mit
Jordan die Berechtigung einer solchen Näherungsmethode geradezu
davon abhängig machen kann, dass ihr die eben angedeutete Eigenschaft;
zukomme. Von mehreren der .üblichen^ Methoden lässt sich dies nicht
•»
sagen; ich hoffe, dass man die im Folgenden angegebene nicht ebenfalls
zu ihnen rechnen werde.
Auf der andern Seite sind die graphischen Methoden jedenfalls
nicht als werthlos zu bezeichnen. Denn die Anwendung der Methode
der kl. Qu. auf die uns hier beschäftigenden Ausgleichungs Aufgaben
im Sinne der Praxis setzt eine Uebung im Ansetzen der Yerbesserungs-
gleichungen,*) in der Aufstellung der Normaigleichungen und in der
*) Ich ziehe diesen Ausdruck dem He Im er tischen, allerdings ganz all-
gemein üblich gewordenen und auch etwas kürzern «Fehlergleicnungen*,
besonders für den Anfänger, vor, denn bei dem Wort , Fehler" muss sich
dieser eigentlich immer hinzudenken ^plausibelste*^ (wenn man den Ausdruck
„wahrscheinlichste'' Fehler ganz vermeiden will)^ während vonVerbesserungen
der Beobachtungen zum Zweck ihrer Ausgleichung eher schlechthin gesprocnen
Zeitschrift für Vermessungswesen 1896. Heft 20. 40
6X2 Hammer. Zur graphischen Ausgleichung beim
Aaflosnng der Normalgleichungen voraus^ die nicht In ganz kurzer Zeit
gewonnen werden kann^ selbst wenn sich der Unterricht ganz im Kreis
der mechanischen Abrichtung bewegt; während sich ttber eine graphische
Methode, eben ihrer geometrischen Anschaulichkeit wegen, in sehr kurzer
Zeit genügender Ueberblick gewinnen lässt. Ja, ich glaube kaum einem
Widerspruch zu begegnen, wenn ich sage, dass dem Studirenden
der Geodäsie, der die an sich einfache Anwendung der Methode d. kl.
Qu. auf diese Aufgaben lernt, dringend zu rathen ist, sich neben der
Rechnung (und in Anwendung auf dieselben Beispiele, die er rechnerisch
bearbeitet) diese geometrische Anschaulichkeit der graphischen Methoden
nicht entgehen zu lassen; und dass auch solche praktische Geometer
oder Ingenieure, denen nur gelegentlich einmal eine trigonometrische
Punktbestimmung vorkommt und die also die nOthige üebung im
rechnerischen Verfahren im Allgemeinen nicht haben, sich durch Anwendung
jener geometrischen Methoden nichts vergeben. *)
Soviel zur Rechtfertigung einer abermaligen Mittheilung über ein
graphisches Ausgleichungs verfahren beim trigonometrischen Einschneiden
von Neupunkten.
2) Auffallen der weise wird das nächstliegende Verfahren zum
^graphischen Aufzeichnen der Visirstrahlen^ in der neuern geodätischen
Literatur (mit der sogleich zu nennenden Ausnahme) nicht erwähnt.
Man begnügt sich bei der graphischen Darstellung der gemessenen
Sichten beim Vorwärtseinschneiden mit den beiden bekannten Methoden, von
denen die eine die bei verschiedenen Combinationen der vorhandeneo
Messungen auftretenden Seitendifferenzen benutzt, die andere die Schnitt-
punkte der Zielungen mit Parallelen zu den Achsenrichtungen in der
Umgebung des Näherungspunkts ausrechnet. In beiden Fällen moss
man zu viel logarithmisch rechnen und beraubt sich der hier ganz
ebenso wie bei Anwendung der Methode der kl. Qu. bequemen An-
wendung des Rechenschiebers.
Die neuen, in Württemberg gegebenen Vorschriften (1895) ^betreffend
die Erhaltung und Fortführung der Flurkarteii und Primärkataster^
enthalten im Trig. Form. 6 und in der zugehörigen Anleitung * die Methode
der graphischen Ausgleichung beim Einschalten eines Neupunktes darch
Vorwärtseinschneiden oder durch gleichzeitiges Vorwärts- und Rückwärts-
werden kann. Das Wort F ehl er bleibt dann dem mittleren Fehler der
Beobachtung vom Gewicht t und den m. F. der Resultate vorbehalten.
*) Ich darf hier vielleicht in einer Anmerkung auf den Aufsatz von
Prof. Volkmann über die mechanische Natüranschauung (Himmel und Erde
1893, Novbr. [VI, 2, S. 65]) hinweisen: während z. B. noch Newton auch
solche Resultate, die er analytisch gefunden hatte, anschaulich, synthetisch zu
demonstriren liebte, gewann am Ende des vorigen Jahrhunderts die Analysis,
die Rechnung, besonders unter dem Einfluss von LagrangeV glänzendem
Genie, die Alleinherrschaft, die Anschauung wurde zurückgedrängt; neuer-
dings verlangt aber doch mehr und mehr die Anschauung wieder ihr Recht
Was hier von den Methoden der Mechanik gesagt wird, gilt fast Wort für
Wort auch für einzelne Theile der Geodäsie.
trigonometrischen Einschneiden von Punkten.
613
einschneiden^ die ich aneh hier mittheilen will; ich bin dazu vielleicht
dadurch berechtigt, dass ich einmal diese Methode (Anwendung des
Reciienschiebersauf die graphische Ausgleichnng) im Unterricht seit
länger als einem Jahrzehnt verwende nnd sodann einige Zusätze za der
Methode machen möchte, die mir ihre Verwendbarkeit zn steigern scheinen.
Was das Verfahren selbst angeht, so mag zunächst hier gestattet
sein, aus dem (seit einigen Jahren gedruckten) Uebungsbuch, das ich
bei den geodätischen Uebungen verwende, das Diagramm für die Aus-
gleichungsfigur und die zugehörigen Erläuterungen zu reproduziren.
Die Figur setzt den Maassstab 1:10 voraus, so dass die cm -Linien
Abständen von je 1 dm entsprechen (die üblichen mm -Linien, wie sie
die preussischen und württembergischen Formulare zeigen, halte ich
jedenfalls für trigonometrische Messung auf freiem Felde — und
für andere Punkte kommt die graphische Ausgleichung nicht in Betracht —
für mindestens entbehrlich).
Form. 8. Seite
Graphische Ansgleichnng beim mehrfachen Vorwärts- oder
Rückwärts- oder combinirten Einschneiden.
Zum Punkt Messung s, S
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Rechnung des Näherungspunkts S.
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614 Hammer. Zur graphiflchen Aosgleichung beim
•
VorwSrtseinschneiden. Cq ist der Näherungspunkt (Coord, am be-
quemsten auf den nächsten dm abrunden).
Gemessen: in A der Winkel A zwischen G links und
B rechts.
Berechnet: Ä^=(ÄB) — (Ä Ca)
11- -o woraus: AA = Ä — A,
•0
Zum Eintragen des Strahls AC:
1) Richtungswinkel: (ACq)
(AA)
2) Seitenverschiebung: v = ^^ — 77 — • A Cq (Rechenschieber)
P
nach links oder rechts von A aus gesehen^ je nachdem A Jl +
oder — ist.
Bei combinirtem Einschneiden sind die Rückwärtsschnitte (Winkel-
messungen auf dem zu bestimmenden Punkt) nach dem folgenden
Verfahren einzutragen.
RQckwärtseinschneiden. D^ ist der Näherungspunkt (wie oben).
Gemessen: in D der Winkel zwischen B links
und A rechts; liefert als Bestimmnngslinie fttr D den
Kreis ADB oder für einen kleinen Bereich die Tan-
gente DT.
Berechnet: (AB)\ (D^A), (D^B) und die zu-
gehörigen Entfernungen.
Zum Eintragen des Strahls DT:
1) Richtungswinkel (D^ T) = (D^ B) — Winkel A
= (D,B)-^{(AB)^(ADJ}.
2) Ist A D der Unterschied zwischen dem in D zwischen B
und A gemessenen und dem aus (D^A) — (D^B) be-
rechneten Winkel, so ist
Seitenverschiebung v = - — jA- ' — ^ ^ — nach aussen
P AB
oder innen von A B aus, je nachdem AD — oder + ist.
Beim Yorwärtseinschneiden sowohl als beim Rttckwärtseinschneiden
ist also jede der Linien, die als gemessene Bestimmungslinien für den
Neupunkt vorhanden sind, in die Ausgleichungsfigur einzutragen mit Hilfe
1) ihres Richtungswinkels und
2) der Seitenverschiebung v,
die aus dem Unterschied zwischen dem gemessenen Winkel, der
eben zu der Bestimmungslinie führt und dem mit Hilfe des „Näherungs-
punkt s^ sich ergebenden entsprechenden Winkel, und ferner aus der
Entfernung des Neupunktes
von dem gegebenen Punkt beim Yorwärtseinschneiden,
von den zwei gegebienen Punkten und der Entfernung dieser
unter sich beim Rtlckwärtseinschneiden
trigonometrlBchen Einschneiden von Punkten. 615
einfach zu berechnen ist, und zwar, der obenstehenden Anleitung ent-
sprechend, mit dem Rechenschieber. Diese Querverschiebung v der
Bestimmungslinie ist normal zu der durch den Richtungswinkel ge-
lieferten Richtung vorzunehmen. — Das Eintragen, der Strahlen durch
diese beiden Stttcke, Richtungswinkel und Querverschiebung, ist
bequemer als das Ausrechnen der Schnittpunkte der Strahlen mit
Parallelen zu den Coordinatenachsen in der Gegend des Näherungspunkts,
selbst für den Fall, dass man nicht in der Ausgleichungsfigur selbst den
„Transporteur^ vorräthig hat, sondern den Halbkreis mit verwenden muss
(wie man ihn etwa zum Auftragen von Tachymeterpunkten oder tachy-
metrischen Zügen zur Hand hat).
Es ist zu den Angaben der obigen Erläuterungen etwa noch hinzu-
zufügen, dass die Vorschrift ftlr das Vorwärts einschneiden, wie bei
jedem Ausgleichungsverfahren, brauchbar bleibt, ob auf den gegebenen
Pankten Sätze oder Winkel gemessen sind : in jedem Fall ist eben hier
das Messungsergebniss der Werth des Richtungswinkels des Strahls
nach dem Neupunkt. Bei der Ausgleichung eines rückwärts ein-
geschnittenen Punkts dagegen ist oben zunächst Winkelmessung auf
dem Neupunkt vorausgesetzt und es wird über diese von dem jetzt
allein üblichen Verfahren (der Zusammenfassung aller Zielpunkte in
Sätze) abweichende Voraussetzung unten noch Näheres auszuführen
sein. Ferner ist zu der Angabe: Coordinaten des Näherungspunkts auf
den nächsten dm abrunden^ noch eine Bemerkung zu machen: ich ziehe
diese kleine Verschiebung des Näherungspunktes um ein paar cm, statt
ihn genau so zu behalten^ wie er sich als Schnittpunkt von zwei
Strahlen beim Vorwärtseinschneiden, als Schnittpunkt zweier Kreise
(mit Benutzung von drei gegebenen Punkten) beim Rückwärtseinschneiden
ergiebt, besonders für den in trigonometrischen Rechnungen weniger
Geübten stets vor; man muss zwar im ersten Fall zwei, im zweiten
drei Richtungswinkel mehr rechnen, als wenn man den sechsstellig
berechneten Schnittpunkt auch streng als Näherungspunkt beibehält.
Allein einmal liefert gerade diese Doppelrechnung, wenigstens für einen
Theil der Richtungswinkel eine zumal für den Anfänger willkommene
Controle, und sodann kann man den Näherungspnnkt bei dem von mir
befürworteten Verfahren vollständig genügend fünfstellig rechnen, selbst
für alle Fälle, in denen für die definitive Rechnung unbedingt sechs-
stellig zu rechnen ist. Mit Rücksicht hierauf bedeutet jene Wieder-
holung der Rechnung zweier, bezw. dreier Richtungswinkel keine Mehr-
arbeit, vielmehr das Gegentheil.*)
3) Sodann mag gleich hier zu der angewandten Art des Auf-
tragens der Bestimmungslinien durch Richtung und Qnerverschiebung bei-
^) Gerade entgegengesetzt lauten die Anweisungen in der oben citirten
neuen württembergischen Vorschrift. (Anleitung zum trig. Form. 6, Nr. 33 n. 34.)
616
Hammer« Zur graphischen Ansgleichimg beim
gefügt seil); dass mir dabei ein kleines Parallellineal bequem vor-
gekommen ist; das ich mir früher selbst hergestellt habe and das ich
vor einiger Zeit in besserer (Metall-) Ausführung durch L. Tesdorpf
hier machen Hess (vergl. Fig. 1); es unterscheidet sich von dem ge-
wöhnlichen Parallellineal dadurch, dass man an der Scala A am Ende des
Lineals B die Parallelverschiebung der Ziehkante an C auf 0^1 mm
Fig. 1.
MaassBtab 1 : 3
bequem unmittelbar ablesen kann. (Auf der Unterseite von C ist auf der
Strecke FGy die der Dicke von A, 1 mm, entsprechende Metailstärke
herausgeschnitten; D sind Knöpfe zur Bewegung des Parallellineals C;
EE Vertiefungen zum Einsetzen der Finger der linken Hand, um das
Lineal B in bestimmter Lage festzuhalten; die Stücke B, Ay C sind
auf der Unterfläche (Papierfläche) genau bündig; die Theilahg auf A
beginnt selbstverständlich so, dass die Kante von -C scharf anf 0 zeigt,
wenn C bh B angeschlagen wird. Nebenbei bemerkt liegen bei dem
hier abgebildeten Exemplar des Instrumentchens die Schienen Hj H bei
der Nullstellung von C zu wenig schief, so dass bei einiger Abnutzung
der Gelenke» die genügend parallele Lage der Kante von C gegen die
von B in Frage gestellt sein kann; es ist deshalb das eine der
Scharniere mit einer Corrections Vorrichtung versehen, übrigens wäre ja den
Schienen H auch leicht eine bessere Lage zu geben, wie das an einem
neuem Exemplar des Apparats geschehen ist.)
Der Nutzen eines solchen Parallellineals mit Ablesung oder mit Ein-
stellung der Qnerverschiebung zeigt sich besonders, wenn man sich beim
Eintragen der ßestimmungslinien für den Neupunkt nicht nur auf diese
Linien selbst beschränkt, sondern zu beiden Seiten jeder dieser
Linien die zwei weitern einträgt, die einer bestimmten
runden Veränderung (einem angenommenen m. F.) des ge-
messenen Winkels, für Ausgleichung von trigometrischen
Punkten auf freiem Feld am besten ± 10", entsprechen.
Das Einträgen dieser Geraden, die, um einen kurzen Namen zu haben,
trigonometrischen Einschneiden von Punkten. gX7
für das Folgende stets Nebenlinien heissen mögen; verursacht, da
man die den 10" entsprechende Querverscbiebang ohne weitere Ein-
stellung am Rechenschieber abliest^ keine, irgendwie nennenswerthe
Mehrarbeit; während sie von grossem Nutzen sind; ich halte sie für
eine wesentliche Vervollständigung der bier vorgetragenen Methode der
graphischen Ausgleichung; weil diese an geometrischer Anschaulichkeit
gewinnt: der Werth jeder Bestimmungslinie kommt durch die Nebenlinien
graphisch zum Ausdruck; man kann femer mit ihrer Hülfe insbesondere
auch zum Schluss, nachdem der definitive Punkt gewählt ist; ohne jede
weitere Rechnung die Verbesserung jedes einzelnen gemessenen Winkels
aus der Figur ablesen und sich so auch bei graphischer Ausgleichung
sehr einfach überzeugen; ob der aus der Summe der Quadrate dieser
Verbesserungen zu berechnende m. F. eines gemessenen Winkels ungefähr
mit dem aus der Winkelmessung sich ergebenden oder dort geschätzten
Betrag übereinstimmt; so dass diC; wie üblich; gemachte Voraussetzung
der Fehle]:freiheit der Coordinaten der gegebenen Puhkte gerechtfertigt
war u. s. f. £s ergiebt sich; wie schon angedeutet; durch die Neben-
linien auch Vortheil für die Auswahl des definitiven Punkts selbst; bei
günstiger Lage der Verhältnisse oft in der Art; dass durch die Neben-
linien ein ^em^ der Ausgleichungsfigur geschaffen wird. Leichter als
mit den Bestimmungslinien allein kann die Wahl des ausgeglichenen
Punkts nach Anblick jedenfalls gemacht werden; und diese Auswahl
nach dem Anblick der Bestimnrangslinien, d. h. ohne besondere
Coustruetion zur Bestimmung des anzunehmenden Punkts ist sicher
beim j^aphischen Verfahren allein das Richtige, wie auch Jordan mehr^
fach hervorgehoben hat. (Constructionen *) rühren bekanntlich von
Bertot; d'O.cagne [mehrere]; Genge, Klingatsch u. v. A. her; das.da
uad dort noch vorgetragene Verfahren der Berechnung des zu wählenden
Punktes aus den einzelnen in der Ausgleichungsfigur entstehenden
*) Ich brauche wohl kaum ausdrücklich anzumerken, dass ich trotzdem das
grosse Interesse, das diese Arbeiten beanspruchen können, ebenso wie die
Arbeiten zur graphischen Auflösung von Normalgleichuhgen nebst Bestimmung
der m. F. der Unbekannten (Klingatsch, Puller) vollständig anerkenne ; ich
glaube nur,, dass sie praktisch keine grosse Bedeutung erlangen werden und
können. — Obgleich ich hier keine Bibliographie der graphischen Ausgleichung
geben kann und will (man müsste ja viele Seiten dazu verwenden) seien doch
noch neben den oben genannten bekanntern Arbeiten angefilhrt die des fran-
zösischen Marine -Ingenieurs Matt (an mehreren Orten) und die von H.V allot,
veröffentlicht im I. Band der ^Ahnales de TObservatoire M6t6orologique
da Mont Blanc^ (Paris 1893, S. 145--169) des . bekannten Mont Blanc-Forschers
J. V allot. Eine Arbeit des russischen Obersts Pomeranzew (Graph.
Methode der Auflösung von Normal -Gleichungen mit zwei Unbekannten nebst
Bestimmung der m. F.; mit Anwendungen auf das Vorwärts- und Rlickwärts-
Einschneiden von Punkten), erschienen im Band 52 der Sapiski der
Kriegstopogr. -Abtheüung des russischen Generalstabs (1895; in russ. Sprache)
ist hier ebenjfalls anzuführen.
618
Hammer. Zar graphiBehen Ausgleichung beim
Schnittpunkten [vgl. z. B. Brathuhn, Lehrbuch der praktischen
Markscheidekunst, 2. Aufl. 1894, 8. 216—218, S. 222--224], mit
Annahme von Gewichten für diese Punkte je nach dem günstigen oder
weniger günstigen Schnittwinkel der zwei den Schnittpunkt liefernden
Strahlen, ist willkürlich und dazu noch umständlich).
Im Uebrigen möge nun die Methode an zwei vollständig durch-
geführten Beispielen erläutert werden, wobei zum Vergleich auch die
Auflösungen nach d. Meth. d. kl. Qu. beigesetzt sind«
4) Vorwärtseinschneiden mit graphischer Ausgleichung.
Der Neupnnkt P (Thurm) ist durch Strahlen von den gegebenen Punkten
My E, W, JB, Z aus vorwärts eingeschnitten; es sind gemessen (mit je
4 facher Repetition mit einem kleinen Nonien-Theodolit von 30" Ablesung)
die Winkel (in Wirklichkeit sind mehr Winkel gemessen, die aber hier
wegbleiben) :
in M zwischen P links und D rechts 1 = 129° 38'
T)
E
W
R
Z
D
P
W
s
77
P
R
P
P
T7
2= 82
3== 81
4= 57
5= 37
0"
4 20
12 50
47 50
48 52
77*" 77 ^7777-^ 77
Die Angabe für die 5 gemessenen Winkel ist absichtlidi so, dass
der Neupnnkt P bald als Punkt links, bald als Punkt rechts erscheint.
(In Wirklichkeit wird man, wenn in der That auf jedem Standpunkt
nur Ein gegebener Zielpunkt zu Gebote steht und Repetitionsmessung
angewandt werden soll, den Winkel zwischen diesem Punkt und dem zu
bestimmenden Punkt doppelt messen, den Winkel und sein Implement
messen oder noch besser den Winkel von links nach rechts und dann
von rechts nach links repetiren und das Mittel nehmen ; s. u.) Uebrigens
bringt hier, wie schon oben angedeutet wurde, der Umstand, ob Repetitions-
messung oder Satzmessung angewandt wurde, keinen principiellen Unter-
schied fUr die Ausgleichung hervor.
Die Winkelmessung sei hier derart, dass man den m. P. eines der
angeschriebenen 5 Winkel, nach den Messungszahlen, zu db 10" ge-
schätzt hat.
Die Coordinaten (wie üblich als fehlerfrei anzunehmen) der fest
gegebenen Standpunkte und Zielpunkte sind die folgenden:
X
y
M
E
W
R
Z
+ 38401,05
36713,14
37009,36
39568,28
39988,93
+ 17988,04
19011,30
22475,13
23090,56
17480,92
D
S
37411,08
39772,11
17032,45
20198,39
In der nachstehenden Figur 2 sind diese Punkte aufgetragen und
die gemessenen Winkel angedeutet. Ueber die Rechnungsschärfe des
trigonometrischen Einschneiden von Punkten.
619
Folgenden ist zu sagen, dass, den Coordinatendifferenzen entsprechend,
zwar 6 -stellig gerechnet ist, die 0,1'' aber nicht mitgeführt sind,
sondern überall auf 1'' abgerundet ist, bei der Genauigkeit der Winkel*
messung und für Feld punkte (im Gegensatz zu Stadttriangulirungen)
gewiss ohne weiteres zulässig. Man wird in diesem Falle der verhältniss-
mässig rohern Zielbezeichnung und selbst dauernden Bezeichnung der
Punkte auf freiem Felde doch bei Eleintriangulirungsaufgaben in keinem
Fall schärfer als auf etwa i' messen wollen (wohl aber in vielen Fällen
sich mit b" oder selbst 10", je nach den Entfernungen, begnügen können),
wenn man bedenkt, dass 1" Unterschied in einer Richtung einen Punkt
auf die Entfernung 3000 m um nicht über 1^/2 cm seitlich versetzt.
Fig. 2.
und
{ED) = 289 25 40
iWB) = 13 31 23
UBW) = 193 31 23]
(ZS) = 94 33 42,
erhält hieraus mit Hilfe
Aus den angegebenen Coordinaten berechnet man zunächst die
festen Richtungswinkel (wie oben bemerkt auf 0,5'' genau):
(M D) = 2230 59' 15" . ,. „^, , ,
^ — ^ für die Näherungsrechnung des
Neupunkts auch:
los BW = 3.42027
der oben angeschriebenen gemessenen
Winkel (durch Addition oder Subtraction dieser Winkel, je nachdem P
der Punkt rechts oder der Punkt links ist) die
beobachteten Richtungswinkel der Strahlen
nach dem Neupnnkt P.
(Richtungswinkel vor der Ausgleichung):
(M P) = 94« 21' 15"
(EP) = 11 30 0
(WP) = 292 18 33
(BP) = 251 19 13
(Z P) = 132 22 34.
220
Hammer. Zar graphischen Aasgleichung beim
Mit Benutzung des Dreiecks WBP erhält man (5 -stellig; s. o.) ala
genäherte Goordinaten des zu bestimmenden Punktes!
38298,5 und 19333,7;
diese Zahlen, aber nun scharf auf 1 cm festgehalten (s. oben)^ mögen als
Goordinaten des Näherungspunkts P^ dienen, so dass fiir diesen ist:
x^=-\' 38298,50, ^o = + 19333,70.
Man erhält mit Benutzung dieses Näherangspunkts P^ die
Richtungswinkel der Strahlen nach dem Näherungspunkt P^
(und zugleich die genäherten Entfernungen in km, auf 0,005 genau):
{MP^) = 94° 21' 29" i 1,35 km
{EP,) - 11
29
42
1,62
(WP,) — 292
18
42
3,40
(Ä P,) - 251
19
31
3,70
{ZPo) 132
22
36
1,81
77
77
Bis hierher ist die Rechnung durchaus identisch mit der für die
Anwendung d. Meth. d. kl. Qu. erforderlichen.
Zum graphischen Auftragen der Strahlen nach den Beobachtungen
dient nun also ausser ihren Richtungswinkeln (der Reihe nach 94,4° ; H^^^7
292,3°; 251,3°; 132,4°) die Querverschiebung jedes Strahls, von
Pq aus gerechnet.
Ist Ä einer der gegebenen Festpunkte, von dem aus der Richtungs-
winkel {A P) nach dem Neupunkt beobachtet ist (mittelbar), so ist, wenn
da die Differenz in ":
da" = {äP)- (A P,)
und Sa die genäherte Entfernung AP^^ in Kilometern bedeutet, diese
Querverschiebung für den Strahl (A P)
da
Va =
//
Sa • 10 000 Decimeter
und zwar, von A gegen P gesehen, t;« nach rechts oder links^ je nachdem
do positiv oder negativ ist.
Im vorliegenden Fall sind die Differenzen d und die daraus mit dem
Rechenschieber zu berechnenden Querverschiebungen v [ohne Vor-
zeichen; die Richtung, nach der hin v zu nehmen ist, giebt die Spalte
l (links) oder r (rechts) an, vom gegebenen Punkt gegen den Nenpunkt
hin gesehen] : '
^ = äöHei • 13500 = 0,92 dm
^2 = 2öH6T- 16200 = 1,42
t?3 = = 1,49
1^4 = = 3,23
d, = — 14'
d, = + 18
^3-= — 9
d, = — 18
d, = - 2
77
7)
V,
77
77
l
r
l
l
l
a> • m
gig's
g,8»|
S 2 .2
= = 0,24
Damit lassen sich die Strahlen, zumal mit Hilfe des in 3) be-
schriebenen Instrumentchens, sehr bequem zeichnen; z. B. beim ersten
Strahl, von M aus: Paraliellineal angeklappt, Ziehkante auf die
Richtung (P^ —94,4^) gelegt, J5 festgehalten, Parallellineal auf 0,92 cm
trigonometrischen Einschneiden von Punkten.
621
(Maassstab 1 : 10) der Theilang geöffnet^ Strahl gezogen a. s. f. ; so
entstehen die in der Figur 3 stark gezogenen beobachteten Strahlen.
Fig. 3.
i-
0kl ' fl
''m
«'":>•
Nun sind aber gleichzeitig mit diesen Bestinunungslinien selbst ihre
Nebenlinien in die Figur einzutragen; neben die oben angeschriebene
Reihe der v setzt man nämlich sogleich noch die
Verschiebungjen ftir Xf)" y'n^m^^h. der Reihe nach
10"
77- • 13500 = 0,62 dm
206 265 ' ^^'^^^^ ^^^^
^-—-•16200 = 0,79 ^
206 265 ' "
.-..' ....=,1,65 „
=1,80 „
...^ ..=1,22 „ ,
was man je ohne neue Einstellung des Schiebers erhält^ indem man nur
ausser bei 14, 18, 9; 18, 2 je auch noch bei 10'' (also bei 1) abliest.
So entstehen neben den Bestimmungslinien «i^«— die zugehörigen
Nebenlinien — — der Figur 3; das Eintragen der Nebenlinien ist
mit dem Parallellineal ebenfalls recht bequem; z. B. beim ersten Strahl
622
Hammer. Zar graphischen Ansgleichimg beim
entweder bei Festhaltang des Lineals B aach noch Linien bei
Einstellang des Parallellineals aaf 0;92 + 0,62 = 1,54 cm and
0,92 — 0;62 = 0,30 cm gezogen, oder nach Auftragen des Hauptstrahls,
Parallellitieal angeklappt, mit der Ziehkante an den Strahl gelegt, auf
0,30 cm geöffnet, erste Nebenlinie gezogen, in nnveränderter Oeffhung
mit der Ziehkante an den Strahl gerttckt, zugeklappt und zweite Neben-
linie gezogen. —
Die Auswahl des definitiven Pnnkts — er sei mit P bezeichnet —
ist nun also dem- Vorstehenden gemäss nach Outdünken zu machen,
nicht durch besondere Construction. Der Oesammtheit aller Strahlen
wird am besten ein Pankt entsprechen, fUr den etwa:
Ax== — 0,2 dm, A y = 1,4 dm
ist, so dass also als Goordinaten von P erhalten werden:
P : a; = 38298,48, y = 19333,84.
Es könnte nach dem ersten Anblick scheinen, dass man den Punkt P
besser mit etwas kleinerer Abscisse z. B. A x = — 0,6 oder gar — 0,8 dm
ansetzen sollte, um ihn den untern Strahlen der Figur näher zubringen;
aber die Nebenlinien zeigen, dass mit der Entfernung vonP von dem
Strahl von M das Quadrat dieses 6 äusserst rasch wächst7 während
mit der gleichzeitigen Annäherung an die Strahlen von B und W nur
langsam gewonnen wird.
Es ist ferner beachtenswerth, wie bequem man die Ver-
besserungen der beobachteten Richtungswinkel (der gemessenen
Winkel) mit Hilfe der Nebenlinien ablesen kann, durch Schätzung auf
1" oder 0,5". Man erhält also, wenn S^, S^ ... der Reihe nach die
Verbesserungen sind (Bezeichnung so, weil v schon fttr anderes benutzt),
sehr bequem [V] und kann sich überzeugen, ob m = 1/ ^^ -l von dem
' n — 2
bei der Winkelmessung geschätzten oder berechneten m nicht allzu sehr
abweicht; man hat femer aus jedem gemessenen (Ä P) unmittelbar das
ausgeglichene {AP) ohne Neurechnung.
Im vorliegenden Falle liest man als Verbesserungen § der
gemessenen Richtungswinkel (auf 1'^) ab und erhält daraus als
Quadrate der 8 und als ausgeglichene Richtungswinkel:
8^
Definitire
Richtnngsirinkei der Strahlen nach dem Paikt P
(&ichtQBg8viikeI nach der Anigleichug)
e, + 16"
256
{MP)— 94^ 21'
31"
8^ — + 1
1
{EP)— 11 30
1
83 - -1- 11
121
(TFP)— 292 18
44
0, = -f 14
196
(ÄP) — 251 19
27
8,-5
25
{ZP) = 132 22
29
[6 2] = rund 600.
m
trigonometrischen Einschneiden von Punkten. 623
Zu denVorsdchen der $ ist noch zu bemerken^ dass diese als Ver-
bessernngen der beobachteten Richtungswinkel aus der Figur ab-
gelesen sind; die Verbesserungen der gemessenen Winkel 1 bis 5 sind
dieselben^ haben aber z. Th. andere Vorzeichen^ da P absichtlich bald
als Punkt links^ bald als Punkt rechts genommen ist; die Verbesserungen 5
für die gemessenen Winkel sind der Reihe nach
8, = - 16", 8, = + 1", 8, = - 11", 8, = + 14", 8, = - 5",
80 dass gegen die Vorzeichen-Vertheilung nichts zu sagen ist.
Nachrechnung der Richtungswinkel nach dem Punkt P liefert eine
durchgreifende Probe für die ganze Rechnung und Ausgleichung; sie
zeigt, dass die oben angeschriebenen Richtungswinkel {A P) sämmtlich bis
auf 1" stimmen. Aus [S^] = 600 ergiebt sich ferner, da die Bestimmung
eines Neupunkts in der Coordinatenebene die Ermittelung von zwei un-
bekannten verlangt (Coord.-Corr. vom Näherungspunkt P^ aus), der m. F. der
Gewichtseinheit; d. h. hier eines der gemessenen Winkel, zu
bei der Winkelmessung ist m zu d= 10'' geschätzt worden, so dass die
der Ausgleichung zu Grunde liegenden Annahmen (Fehlerfreiheit der
gegebenen Punkte, Identität der Zielpunkte mit diesen Signalpunkten
u. 8. f.) nicht zu allzu grossem Widerspruch führt. (Es ist noch zu
bemerken, dass die oben ausgewählten 5 Winkel nur einen Theil der
Messungen vorstellen.)
Im ganzen scheint mir die graphische Ausgleichung, so durchgeführt,
etwas kürzer zu sein, als die Meth. d. kl. Qu., die freilich in den
m. F. der Coordinaten sehr WerthvoUes mehr liefert. Das Beispiel ist
absichtlich ausführlich vorgeführt, um vollständige Vergleichung mit
andern graphischen Methoden zu ermöglichen.*)
6) Zusatz. Bevor dasselbe Zahlenbeispiel nach d. Meth. d.
kl. Qu. angedeutet wird, möchte ich kurz darauf aufmerksam machen,
dass es mir für den Anfänger in trigonometrischen Ausgleichungsrech-
nungen kaum eine nützlichere und lohnendere Uebung zu geben scheint,
als die, mit Hilfe der Nebenlinien für eine Anzahl von verschiedenen
Punkten in der Umgebung von P^ und P die 8 abzulesen (nach unmittel-
barem Anblick der Nebenlinien auf 1" oder selbst 0,5" genau), daraus je die
[8^] zu bilden, diese -Zahl zu jedem Punkt zu setzen und sich so Linien
gleicher [8^] oder gleicher m empirisch zu construiren (nach Art der
Höhencurven aus gegebenen Höhenpunkten); er wird finden, dass diese
Linien Ellipsen sind, so dass er auf die ^mittlere Fehlerellipse^ sehr
*) Z. B. mit der in der württemb. Geometer-Schule eingeführten und in
dieser Zdtschr. von Weitbrecht beschriebenen (1890, S. 74—75), die wohl
jetzt nicht mehr in Anwendung ist. Das vorstehende Verfahren ist gewiss um
nichts weniger elementar, aber viel kürzer.
624
Hammer. Zur graphischen Ausgleichung beim
einfach vorbereitet wird, dass die unmittelbare Umgebung von P verhältniss-
massig wenig empfindlich in [$^} oder m ist u. s. f. In der untenstehenden
Figur 4 ist z. B. für etwa 20 Punkte (Schnittpunkte der dm - Goordinaten-
linien) die [$*] gebildet und aus den so entstehenden Zahlen sind die Linien
für [6>] = 900, 1400 und 2000 gezeichnet (m = ± 17", ± 22", ± 26"),
während also im Minimums-Punkt P nach dem vorstehenden [8^] = 600,
Fig! 4.
'^ 'afc-.-.ii.'.-air^""'^
...A-^*
m = i: 14 ist. Man sieht sehr deutlich, dass die Abscisse von P
sogar noch um einige cm grösser hätte angesetzt werden dürfen, als
oben geschehen ist, dass ferner die Abscisse des Punkts besser (etwa
1^/2 mal so gut) bestimmt wird als die Ordinate, wie auch der Anblick
der gemessenen Strahlen in Fig. 3 zeigt u. s. f.
Ich brauche kaum hinzuzufügen, dass diese Zeichnung Fig. 4 nicht
etwa bei der praktischen Durchführung der Methode angefertigt werden
soll, sondern als Anfänger üb u n g zu betrachten ist; übrigens ist die Methode
andern gegenüber auch noch im Vortheil, wenn man für einige
Punkte in der Umgebung der Minimums-Stelle die [8^] vergleicht.
6) Dasselbe Beispiel nach der Meth. d. kl. Qu.
Die vorbereitende Rechniing 'ist ganz genau dieselbe wie die bei
der graphischen Ausgleichung; mit der Annahme:
trigonometrischen Einschneiden von Punkten.
625
X=Xq+x = 38298,50 + x
5^ = yo +y = 19333,70 + y
stellen die schon oben angeschriebenen d die l derVerbesserungsgleichnngen
vor, deren x- und y-Coefficienten man auf eine der bekannten Arten
(Jordan's Tabelle, besondere Rechenschieber u. s. f.) erhält. Man be-
kommt alsCoefficienten der Verbesserungsgleichungen {x und y in dm, l in") :
Nr. des ö
a
•
b
l
1
- 15,2
- 1,1
+ 14
2
~ 2,5
+ 12,4
18
3
+ 5,6
+ 2,3
+ 9
4
+ 5,3
•- 1,8
+ 18
5
- 6,1
5,5
+ 2
und hieraus (mit flüchtiger Rechenschieber-Rechnung) die Normal-
gleichungen:
333 a? 4- 23 y — 34 = 0
23 05 + 193 y — 260 = 0
Die Auflösung, ebenfalls flüchtig mit dem Rechenschieber gemacht, giebt:
m
929.
258
y = + j^= + 1,3 dm = + 0,13 m
^ = +33Ö=+ ö;Odm== +0,00m
und in Uebereinstimmung aus den beiden Rechnungen:
[§2] = [11,2] == 578
Es wird demnach: m = 1/ = db 13,9" und
M^ =
13,9
dm = ± 0,08 m
13,9
^y y 191
1/330
, rJC=+ 38298,50 ±0,08
Im ganzen also {y__^ ^^333 33 ^ ^'^^
dm = =t 0,10 m.
\'f
m=± 14' ,
womit die Ergebnisse der obigen graphischen Auf lösung zu vergleichen sind.
7) Beispiel für Rückwärtseinschneiden mit graphischer
Ausgleichung.
Der Neupunkt W (Signalstein) ist durch folgende 5 Winkel (un-
abhängige Winkel, nicht Richtungen; vgl. darüber unten) zwischen den
gegebenen Punkten J?, G, B und C (Rothenberg, Gablenberg, Berg
Gannstatt; lauter Hochpunkte) rückwärts eingeschnitten:
in W zwischen B links und G rechts = 91» 33' 12"
= 154 13 6
= 62 40 0
= 131 4 30
= 137 22 10
Die Winkelmessung ist so, dass für einen der gleich gut gemessenen
Winkel als m. F. 6" bis 6'' geschätzt wurde.
7)
J.V
7)
77
JLT
77
7)
G
77
77
B
77
7)
G
77
77
C
77
7)
C
77
71
B
77
626
Hammer. Zur graphischen Ausgleichung beim
Die Coordinaten der angezielten Punkte sind:
X
y
B
G
B
C
+29188,02
28644,80
30796,55
31781,93
+ 16014,70
11368,34
11731,96
12810,25
Die nachstehende Skizze, Fig. 5, zeigt diese Punkte und zugleich
die Bestimmungslinien (Kreise); die den 5 gemessenen Winkeln entsprechen.
Die Rechnung soll; wie fttr den vorwärts eingeschnittenen Punkt in 4)
wieder vollständig mitgetheilt werden.
Fig. 5.
Die Rechnung für den Näherungspunkt W^ ist nur ö-stellig ge-
führt, ohne auf 1" in den Winkeln zu achten, da nachher in x^ und y,
auf den nächsten dm abgerundet werden soll. Man muss dann, wie
schon oben angedeutet, zwar auch die Richtungswinkel nach den drei
gegebenen Punkten nochmals rechnen, die eben für den Nähemngs-
punkt . benutzt wurden, hat aber damit eine willkommene Gontrole und
in der 5-stelligen Rechnung für den Näherungspunkt nebst folgender
6 -stelliger Rechnung aller Richtungswinkel im ganzen mindestens nicht
unbequemere Arbeit, als wenn die Näherungsrechnung sogleich 6-stellig
gemacht wird. Die 5-8tellige Rechnung von den Punkten Gy B, C ans
mit Hülfe der Winkel 62° 40' 0" über G B und 68^ 24' 30" über B C
(durch Subtraction gebildet) liefert die Coordinaten:
30813,8, 12421,6.
Nimmt man demnach als Coordinaten des Näherungspunkts W^ die Zahlen:
W,:\x^ = 30813,80, y^ = 12421,60,
so erhält man durch nunmehr 6 -stellige Rechnung, aber wieder mit
Abrundung auf 1" (s. oben bei 4); Max. Fehler 0,5", Max. Fehler in
der D i f f e r e n z zweier Richtungswinkel 1", was hier völlig genügt), folgende:
trigonometrischen Einschneiden von Punkten.
627
Richtungswinkel der Strahlen
vom Näherungspunkt Wq nach
den gegebenen Punkten
(TroÄ) = 1140 20'44"
(]ro(?) = 205 54 4
IWqB) = ^QS 34 2
(TTo 0 = 336 58 47
Genäherte Entfernungen in km
(auf 0,005 km genau)
TroÄ::i;3,94km
TTo 6? ::t; 2,41 „
TTo -5:^0,69 „
TroC-1,05 „
Berechnet man femer ans den gegebenen Coordinaten die festen
Richtungswinkel (die aber nur ganz roh^ etwa auf O^l*^ bekannt zu sein
brauchen) und genäherten Entfernungen zwischen den gegebenen Punkten^
genügend mit 4 -stelligen Logarithmen, so erhält man:
('Jiö;::^263^ 20'
(BB)::^2dO 35
(GB):^ 9 35
(GC):^ 11 34
(CR) p:^ 122 56
i?G:^4,68 km
i?5-4,57 „
6?jB::::2,18 „
GC- 3,20
Ci?-4,77
7)
und hat nun alles, um unmittelbar die Richtungswinkel der
Tangenten zusammenzusetzen, die nach der in 2) angegebenen Vor-
schrift in der Nähe des Neupunkts an die Stelle der Kreisbogen-
bestimmungslinien für diesen Punkt zu treten haben, sowie um mit dem
Rechenschieber die Verschiebungen dieser Tangenten von Näherungs-
punkt TF^ aus nach aussen oder innen (von der Sehne weg oder zur
Sehne hin) zu rechnen.
Man erhält zunächst als Richtungswinkel der einzutragenden
Tangenten (der Reihe der angeschriebenen gemessenen Winkel entsprechend):
Bogen R G \ 56/9
„ RB \ 92,»3
G B 104,^9
GC
CR
die erste dieser Zahlen ist z. B. so entstanden: Richtungswinkel der
Tangente in W^ an den Bogen über R G ist gleich ( TF^ R) minus
Winkel in G zwischen G W^ und G R, also = 114^ 21'— (83^20'
— 25^ 54') =56° 55', und entsprechend für die übrigen Zahlen; es ist
leicht eine allgemein giltige Regel aufzustellen. Ferner ergeben sich die
dem Näherungspunkt TF^ entsprechenden Näherungen ftlr die gemessenen
Winkel (der Reihe der Messungen nach, die erste Zahl also z. B. als
(WqG) — {Wq R) zu bilden) und die Differenzen gegen die gemessenen
Winkel wie folgt:
n
V
171,^3
328, '^4;
Winkel
Winkel im läherungspankt Wq
iwüchci den ugegdiriebeBen Ponkten
Gremessener Winkel
Differenz d
Rl,Gr
G „C„
91« 33' 20'
154 13 18
62 39 58
131 4 43
137 21 57
91" 33' 12"
154 13 6"
62 40 0
131 4 30
137 22 10
8"
12
+ 2
13
+ 13
Zeitschrift für Vermessungswesen 1896. Heft 20.
41
628
Hammer. Zur graphischen Ausgleichung beim
g
das Zeichen der d ist dabei so gewählt^ dass {i} { Hinaus- 1 ®®^®^^°
der Tangente, von der Sehne aus gesehen, bedingt. Damitwerden die Ver-
schiebungen V (in dm) der Reihe nach, mit dem Rechenschieber berechnet:
«^1 =
V,
^3 =
V, =
^5 =
8
206 265
12
206 -i65
3,94 ' 2,41
4,68
3,94 . 0,69
4,57
10000 dm = 0,79 dm
10000 dm = 0,35 dm
= 0,07 dm
= 0,50 dm
= 0,55 dm
Tersdiidioi* fiir
10"
0,99 dm
0,29 „
0,37 „
0,39 ,
0,42
n t
wie die Tabelle zeigt, wird ausser dem v am Rechenschieber jedesmal
auch die Verschiebung für 10", d. h. ausser bei 8, 12... je auch
bei 1 abgelesen.
Man kann damit nun sowohl die Strahlen (Tangenten an die Be-
stimmungslinien) als gleichzeitig die Nebenlinien dieser Strahlen ein-
tragen und erhält folgende Ausgleich nngsfigur 6.
Fig. 6.
>..
' -^ ■■'..,?,
"Üi"'-'',.:.,..,.
''Ill
ok
cm
trigonometrischen Einschneiden von Punkten.
629
Mit Berücksichtigung der Nebenlinien liest man nach Augenmaass
sofort ab, dass die Coordinaten von W^ um 3 cm in der Abscisse, 3 cm
in der Ordinate zu vergrössern sind, um die des endgiltig zu wählenden
Punkts TT zu erhalten, so dass man für den ausgeglichenen Punkt erhält:
W: \ aj = 30813,83, y = 12421,63.
Bequem ist, dass man mit Hilfe der Nebenlinien, ohne die neuen
endgiltigen Richtungswinkel (WR), (1^6?)... rechnen zu müssen, sogleich
die Verbesserungen der gemessenen Winkel durch Schätzung an den
10" - Linien (auf 1" oder 0,5'') ablesen kann. Man erhält, wenn diese
Verbesserungen wieder mit 6 bezeichnet werden, der Reihe (der ge-
messenen Winkel) nach mit BeifUgung der richtigen Vorzeichen:
6, _ + 8"
6, _ 0
63 — — 11
84 +4
6, 5
und somit, zur
Berechnung des
m. F. eines der ge-
messenen Winkel,
der Ausgleichung
gemäss :
ö»
64
0
121
16
25
226 =
•in
woraus, da aus 5 unabhängigen Winkelmessungen zwei Unbekannte (Corr.
an den Näherun gscoordinaten) zu bestimmen waren:
m
-V~^^=yr^=
± 9
5->2 ------ r '^«^^^
was mit der Schätzung bei der Winkelmessung nicht in allzu ungünstigem
Verhältniss steht.
Unbequem ist, dass man nicht auch die Verbesserungen an den
Richtungswinkeln (W^ A), um sie auf (1^-4) zu bringen, unmittelbar
aus der Ausgleichungsfigur ablesen kann (wenn auch nicht gerade viel
mehr der Figur beizufügen ist, um es thun zu können), während man
doch zur weitern Verwerthung der Punktbestimmung gerade diese Richtungs-
winkel {WA) häufig braucht. Wenn man diese definitiven Richtungs-
winkel nach der Ausgleichung rechnet und aus ihnen die ausgeglichenen
Winkel, so erhält man eine völlig durchgreifende Rechenprobe; in der
That stimmen in unserm Fall die so gebildeten 6 überall auf 1" mit
den aus der Figur abgelesenen.
Man sagt in der Regel, die graphische Ausgleichung beim Rück-
wärtseinschneiden entbehre der Anschaulichkeit. Ganz so anschaulich,
wie die Figur beim Vorwärtseinschneiden fällt sie nun hier allerdings
nicht aus; wenn man aber hier die Ausgleichungsfigur stets zusammen
mit der die Lage der Punkte enthaltenden Figur betrachtet (in der die
den gemessenen Winkeln entsprechenden Kreisbögen einzutragen sind),
so ist auch hier noch recht gute Anschaulichkeit vorhanden. Dass
das Verfahren der graphischen Ausgleichungen bei rückwärts einge-
41*
630
Hammer. Zur graphischen Ausgleichung beim
schnittenen Punkten ganz verboten wird; scheint kaum gerechtfertigt
(vergl. z. B. den Aufsatz über den Unterricht in der württemb. Oeom.-Schnie;
d. Zeitschrift 1890; S. 76; wo das Rückwärtseinschneiden als dort überhaupt
nur ausnahmsweise zu gebrauchen angegeben wird; weil die Meth. d.
kl. Qu. nicht angewandt werden könne; ferner die mehrfach eitirte
neue wttrttembergische Eatasteryorschrift; Anleitung zum Trig. Form. 6;
wo die graphische Ausgleichung für rückwärtseingeschnittene Punkte
ganz verboten wird. Vielleicht hat dieses Verbot seinen Grund nur in
dem Verbot der unabhängigen Winkelmessungen zu Gunsten der Satz-
messungen; bekanntlich kann man aber die graphischen Ausgleichungen
auch leicht für den Fall einrichten; dass Richtungsmessungen vorliegen,
vgl. darüber z. B. die oben eitirte Schrift von Klingatsch).
8) Dasselbe Beispiel nach der Meth. d. kl. Qu.
Die vorbereitende Rechnung bis zur Bildung der ( W^ Ä) ist wieder
genau dieselbe wie oben; mit der in 7) gemachten Annahme:
X= x^+x= 30813,80 + X
^=yo+y = 12461;60+y
erhält man, wenn diesmal auf 0;1'' gerechnet wird:
(F;ä) = 114''20'43;8
(ProG^)==205 54 3,9
(^W,B) =2QS 34 1,8
w
F; Ä ^ 3,94 km
W.G:::: 2,41
TTo jB :::: 0,69
W^C:^ 1,05
{W^C)=33Q 58 47,2
und damit folgende Winkel im Näherungspunkt W^,
Vergleichung mit den in TF gemessenen Winkeln:
j)
nebst ihrer
Winkel zwischen
den Punkten
im Näherungs-
punkt TTo
in W gemessen
Differenz = Absolutl
glied der Ver-
besserungsgleich.
B l , G r
9P 33' 20,r
91 ö 33' 12^'
+ 8,1-
•ß 77 » ^ 77
154 13 18,0
154 13 6
+ 12,0
^ 71 » ^ 77
62 39 57,9
62 40 0
- 2,1
^77, ^77
131 4 43,3
131 4 30
+ 13,3
^ 71 y ^ 1)
137 21 56,6
137 22 10
— 13,4
Da im Neupunkt Winkel, nicht Richtungen gemessen sind, so muss
man die Coefficienten a, h der Unbekannten Xy y in den Verbessemngs-
gleichungen als Differenzen zwischen den Coefficienten a\ V bilden,
die für die Richtungen ( W^ Ä) und gemäss den Entfernungen W^ A
gelten; man erhält mit Hülfe der Jordanischen Tabelle der (, t) und
des Rechenschiebers (x, y in dm genommen und die Entfernungen in
Kilometern):
Richtung
a y
{W,G)
+ 4,77 + 2,16
— 3,74 + 7,70
— 29,88 ! + 0,75
— 7,68 —18,08
trigonometrischen Einschneiden von Punkten.
631
und somit als Coefficiententafel für die 5 Verbesserungsgleichungen
der Reihe nach (d. h. der Reihe der gemessenen Winkel nach, wie sie
angeschrieben sind):
a
b
l
— 8,51
+ 5,54
+ 8,1
— 34,65
- 1,41
+ 12,0
— 26,14
— 6,95
~ 2,1
— 3,94
— 25,78
+ 13,3
+ 12,45
+ 20,24
— 13,4
wobei in den a und 6, auch bei Rechnung auf 0,1'' in Z, ohne weiteres
auf 0,1 abgerundet werden darf. Hieraus entstehen die Normalgleichungen :
2129 a;+ 538y— 649 = 0
538 aj + 1155 y— 571=0
und ihre Auflösung mit dem Rechenschieber in der gewöhnlichen Art
giebt:
[II] = 571,
y = +
408
1019
dm = + 0,040 m
aj = -|"
383
1879
dm = + 0,024 m
und in guter Uebereinstimmung beider Eliminationen:
[8'] = [ll'2] = 209.
£s ist demnach
m
M,=
8,35
= V^ = - 8,35"
8,35
|/1879
W:
5-2
dm = d= 0,019 m
My =
1/1019
m = ± 8,4",
dm = ± 0,026 m;
X= + 30813,82 ±0,02
r=+ 12 421,64 it 0,03
womit die Resultate der graphischen Ausgleichung in 7) zu vergleichen
sind. Die Verbesserungen der gemessenen Winkel, nach den Verbesserungs-
gleichungen bestimmt und durch die aus den berechneten definitiven
(ausgeglichenen) Richtungswinkeln (WA) zu bildenden ausgeglichenen
Winkel controlirt, sind, der Reihe der gemessenen Winkel nach und in
genügender uebereinstimmung mit den aus der Figur der graphischen
Ausgleichung abgelesenen Zahlen:
8,6"
8'
ö.--f
24,0
K- +
4,5
20,2
«3--
10,1
102,0
8,-4-
2,2
4,8
Ö5
2,8
7,8
209 =
n
(zufällig) genau wie bei der Elimination aus den Normalgleichungen.
Bemerkt sei noch, dass der Anblick der Kreisbögen in Fig. 5 oder
der Strahlen (Tangenten) in Fig. 6 vermuthen lässt, Abscisse und
Ordinate des Neupunktes werden etwa gleich gut bestimmt sein, wie es
632 Hammer. Znr graphischen Aasgleichung beim
auch die vorstehende rechnerische Ausgleichung ergiebt. Die bei ihr
sich zeigenden geringen m. F. in x und y sind übrigens zufällig (obgleich
die relative Lage der gegebenen Punkte gut bestimmt zu sein scheint;
unter ihnen ist jedenfalls G am wenigsten gut); andere gemessene Winkel
die hier weggelassen sind^ geben ungünstigeres Resultat (die Messungen
sind von Studirenden gemacht). Die amtlichen Coordinaten für den
Punkt W (Euhwasen) weichen von den oben berechneten ziemlich er-
heblich ab; sind aber vielleicht ebenso zutreffend wie diese. Es kam
hier ja nur auf Vorführung der Methode an.
9) Bemerkungen zur Winkelmessung.
In den beiden Zahlenbeispielen sind W i n k e 1 messungen und zwar
Repetitions messungen, keine Sätze gegeben. Und doch ist bekanntlich,
vielfach unter dem Einfluss der preussischen Eatasteranweisung; neuerdings
fast überall die Repetitionsmessung auch in der trigonometrischen
Kleinmessung so gut wie ganz verpönt worden zu Gunsten der
Richtungsmessungen. (In Württemberg sagt die oben citirte nene
Eatastervorschrift; 8. 134: ^Die Winkelmessung zur Bestimmung der
trigonometrischen Punkte ist womöglich nach der Art der satzweisen
Richtungsbeobachtungen auszuführen. Wenn jedoch Richtungsbeob-
achtungen nicht möglich sind, z. B. bei nicht ganz festem Unter-
grund, so können auch Repetitionsbeobachtungen zugelassen werden.^)
Ich glaube, dass die entschiedene Zurückweisung der früher so viel
gebrauchten Repetitionsmessung zu weit geht. Wenn man auch beim
Rückwärtseinschneiden die vollständig symmetrische Satzmessung auf
dem zu bestimmenden Neupunkt im Allgemeinen stets und um so mehr
vorziehen wird, je weniger ungleich die Strecken nach den gegebenen
Punkten sind (wobei aber daran zu erinnern ist, dass man auch hier
gelegentlich, bei Punkten auf Gebäuden, von Fensteröffnungen aus z. B.,
die Satzmessung gar nicht anwenden kann, weil die dabei nothwendigen
Ablesungen gar nicht gemacht werden können), so giebt es doch bei der
trigonometrischen Klein messnng genug Fälle, in denen die Repetitions-
messung nicht nur neben der Satzmessung zugelassen, sondern dieser
vorgezogen werden sollte.
Wenn zunächst nur an die Genauigkeitsverhältnisse nach den zu-
fälligen Fehlern (also ohne Rücksicht auf die einseitigen Fehlerquellen
der Repetitionsmessung) erinnert wird, so ist bekanntlich^ wenn das
Theodolitfernrohr den mittleren Einstellungs- (Ziel) Fehler für einen
Punkt zu ± m, liefert (nach der Vogler 'sehen Regel im Durchschnitt
50"
iWj = ± , wenn v die Vergrösserung des Fernrohrs bedeutet) und
wenn ferner dz m^ der m. F. des Mittels aus den Lesungen an den
zwei Ablesevorrichtungen bezeichnet (= — ■ß=^, wenn m,' der m. F. der
|/2
trigonometrischen Einschneiden von Punkten. 633
Ablesaug an Einem Nonias oder Mikroskop ist), der m. F. des Mittels
aas n-maliger Satzmessang des Winkels zwischen zwei Riebtungen
M, = y^ im] + ml),
der m. F. des aus n-maliger Repetition ohne Zwischenablesungen hervor-
gehenden Winkels aber
«'-^tH+'^>
Die Vergleichung beider Formeln zeigt, dass die Repetition der
Satzmessung bei Messung Eines Winkels, dasselbe Instrument zu beiden
Messungen vorausgesetzt, in Beziehung auf die Genauigkeit bei ^-maliger
Messung überlegen ist (wenn, wie schon angedeutet, vorläufig nur die
unregelmässigen Fehler betrachtet werden) und zwar um so mehr, je
mehr m^ über m^ überwiegt. Dieses Vorwiegen von m^ gegen m^ ist
nun bei allen Nonientheodoliten, besonders den kleinen Instrumenten
zur Detailtriangulirung, stets vorhanden; im Gegensatz zu den Theodoliten
mit Schraubenmikroskop- Ablesung, die neuerdings vielfach auch als k 1 eine
Instrumente mit 13, 15 u. s. w. cm Theilungsdurchmesser gebaut werden
und bei denen sich m^ und m, mehr ins Gleichgewicht bringen lassen,
so dass die Satzmessung statt derRepetitionsmessung gerechtfertigt erscheint.
Bei 30" oder 20" Nonius- Angabe ist m\ vielfach nicht unter 10"
also m, oben zu dz 7" anzunehmen; hat dann dieser Theodolit mit
m. = ± 7" ein 20 fach vergrösserndes Fernrohr, so dass m, =±2,5"
bei mittleren Beleuchtungsverhältnissen gesetzt werden kann, so wäre bei
Messung eines Winkels aus 10 Sätzen mit diesem Instrument der m. F.
= dz 3,5", bei Messung mit 10 maliger Repetition aber ±: 1,8", d. h.
halb so gross.
Und was die Arbeit bei der Messung angeht, so ist die Repetitions-
messung entschieden im Vortheil, da man für beliebig viele Repetitionen
nur 4 Ablesungen und bei n-maliger Repetition 2 n Einstellungen zu
machen hat. Das Vorstehende bezieht sich allerdings zunächst nur auf
die Messung Eines Winkels aus Richtungen oder mit Repetition und bei
mehr als zwei Zielpunkten kann sich die Vergleichung in Beziehung auf
die Arbeit ändern.
Die Anwendung kleiner N o n i e n-Theodolite, bei denen m^ über
m^ beträchtlich überwiegt, wird aber in der trigonometrischen Elein-
messung auf freiem Land wohl stets die Regel bleiben. In der höhern
Geodäsie ist an Theilkreisen der Nonius ganz, bei Theodoliten für
Stadtmessung u. s. f. fast ganz verschwunden. Aber während das
Mikroskop, sei es das feine Schraubenmikroskop oder das nicht ganz
in demselben Maass Beschädigungen ausgesetzte Hensoldfsche oder
Hildebrand'sche Scalenmikroskop, oder endlich die Heyde'sche
Mikrometerschrauben-Einrichtung als Ablese Vorrichtung, für jene feineren
634 Hammer. Zur graphischen Ausgleichung beim
Messungen ganz am Platz ist, wird der alte, weniger genaue, aber
dafür auch keine Jnstirung erfordernde und Beschädigungen bei Trans-
porten auf schlechten Wegen u. s. f. so gut wie nicht ausgesetzte
Nonius bei den kleinen Theodoliten zur Feldmessung seinen Platz
behaupten. Und damit sollte aber hier auch in vielen (nicht in allen)
Fällen die Repetitionsmessung statt der jetzt allein beliebten Satzmessung
gebraucht werden.*)
Der Widerwille gegen die Repetitionsmessung ist bekanntlich schon
zu Zeiten der fast ausschliesslichen Nonienherrschaft (auch an den grossen
Kreisen der höhern Geodäsie) durch den Nachweis einseitiger Fehler-
quellen beim Repetitionstheodolit, besonders durch Struve, zunächst für
die Messungen der höhern Geodäsie, hervorgerufen worden (Astron.
Nachr. Bd. 2 (1824) S. 434, Are du Meridien, Bd. I; vergl. dazu von
neuern Schriften auch Jordan, Triangulirung des Grossherzogthums
Baden (Autogr.) Karlsruhe 1873, und Handbuch der Vermess., 1877,
S. 269; L. Oruls, Discussion sur les M^thodes de r^p^tition et räteration
Gent, 1875; den Appendix 20 des Coast Survey Report für 1876;
Helmert, Zeitschr. für Vermess. 1876, S. 296 und 1877, S. 32; und
vieles Neuere). Diese constanten Fehler sind aber einmal nicht so gross,
dass sie überhaupt für die Winkelmessung der Feld-Kleintriangulirung
irgend in Betracht kämen. Während es sich für die feinsten Winkel-
messungen der Geodäsie um thatsächliche mittlere Winkelfehler von 0,3"
bis 0,5'' handelt, und auch bei Stadttriangulirungen mit ihrer meist feinen
Punktbezeichnung zur Aufstellung der Instrumente und Anzielung der
Punkte die Zehntelsecunde bei den gemessenen Winkeln und in der folgenden
Ausgleichung mitgeführt wird, hat es bei der Genauigkeit, mit der tri-
gonometrische Punkte im freien Feld dauernd bezeichnet sind (und be-
zeichnet zu werden brauchen) und zum Anzielen aufgesteckt werden
meist keinen Sinn, in der Winkelmessungsgenauigkeit über etwa
2", vielfach selbst 5", hinausgehen zu wollen (Unsicherheit in der
Bezeichnung des Standpunktes, besonders bei alten Signalsteiuen;
Unsicherheit in der Stellupg der Zielstange auf einem andern
Feldpunkt, oder z. B. bei einem Hochpunkt: „Helmstange^ des
Kirchthurms so und so, aber wo? an der Blitzableiterspitze, am Knopf, am
Dach, was Lageunterschiede um viele cm bedingen kann). Und für diese
Genauigkeitsstufe können, wie angedeutet, die constanten Fehler der
Repetitionsmessung die bei unsern heutigen Theodoliten mit Central-
*) Ich glaubte an die im Vorstehenden erörterten naheliegenden Dinge
auch bei dieser Gelegenheit wieder erinnern zu sollen, weil man noch da und
dort Bemerkungen liest, die unrichtige Vorstellungen hervorrufen können.
Wenn es z. B. in Schlebach's Geometer-Kalender heisst: „Bei guten Fern-
rohren und halbwegs günstiger Beleuchtung verschwindet der Einstellfehler
gegen den Ablesefehler", so gilt das doch nur für No'nienablesung an kleinen
Instrumenten.
trigonometrischen Einschneiden von Punkten. 635
klemmen statt der frühern Randklemmen nie mehr die 2'' Struve's (1824)^
vielleicht kaum mehr l'\ aach bei kleinen Instrumenten; erreichen^ ganz
vernachlässigt werden. Zudem lassen sich; worauf besonders Jordan
an den o. a. 0. hingewiesen hat, diese constanten Fehlerquellen fast
vollständig unschädlich machen, indem bei jeder Winkelmessung für die
Hälfte der Repetitionen zwischen zwei Zielpunkten der eine davon als
Punkt linkS; für die andere Hälfte als Punkt rechts genommen wird
(nicht im Sinne der Implementsmessung in derselben Richtung; sondern im
Sinne entgegengesetzter Alhidaden- und Limbus - Führung auf demselben
Bogen wie bei der ersten Hälfte der Repetitionen).
Wenn es sich also darum handelt; in einem gegebenen Feldstandpunkt
Ay von dem aus nur Ein weiterer gegebener Zielpunkt D sichtbar ist,
oder von dem aus die zwei weitern gegebenen Punkte D und E sichtbar
sind; die Lage des Strahls AP nach dem Neupunkt P mit einer Ge-
nauigkeit wie der oben angegebenen (2" oder auch nur 5") gegen AD
oder auch A D und A E festzulegen, so ist schwer zu sehen, warum
nicht mindestens ebenso gut als die jetzt allein beliebte oder vorgeschriebene
Satzmessung mit einem 20"-Nonientheodolit zwischen D, Ey P, auch die
unabhängige Messung einiger Winkel D AP, E AP und zur Controle etwa
noch D AE, mit je 4 oder 6 Repetitionen soll angewandt werden können.
Man wird mit der zweiten Art der Messung seinen Zweck doch gewiss
bequemer und rascher erreichen! — Ein oft nicht zu unterschätzender
praktischer Vorzug der Repetitionsmessung wird nirgends gebührend hervor-
gehoben: oft ist ein Zielpunkt nicht sowohl schwer einstellbar, als schwer
auffindbar; bei der Satzmessung, wo man denselben Punkt meist erst nach
längern Pausen wieder aufzusuchen hat, macht sich dies unangenehmer
fühlbar als bei der Repetitionsmessung, wo bei jeder zweiten Zielung
derselbe Punkt wieder einzustellen ist.
Anders liegt die Sache freilich, wenn man bei einem Vorwärtsstrahl
von einem Standpunkt aus zahlreiche gegebene Punkte zur Verfügung
hat und jenen Strahl an alle die Richtungen nach diesen gegebenen
Punkten anbindet; und ferner beim Rückwärtseinschneiden. Eine
Ausnahme auch bei der zuletzt genannten Art der Punktbe*
Stimmung zu Gunsten der Repetitionsmessung ist oben schon hervor-
gehoben; und es ist auch hier ferner für manche Fälle erwünscht,
die Winkel, die schärfere Bestimmung versprechen, auch besser messen
zu können als die andern (z. B. mit Rücksicht auf Vertheilung im
Umkreis und Entfernung der gegebenen Punkte, auf ihre etwa bekannten
Unsicherheiten, u. s. f.).
Im Ganzen sei nochmals betont, däss die W i n k e 1 messung durch Re-
petition mit kleinen No nie ntheodoliten bei der Detailtriangulirung auf
freiem Felde mit Unrecht, so sehr zurückgesetzt wird, wie es jetzt fast immer
geschieht. Es haben sich in den letzten Jahren denn auch mehrere Stimmen
636 Hammer. Zur graphischen Ausgleichung beim Einschneiden von Punkten.
in diesem Sinne vernehmen lassen und ihnen möchte ich mich anschliessen.*)
Für die Arbeit bei der Ausgleichung, zumal für die rechnerische, ist die
Art der Winkelmessung ziemlich gleichgiltig; beim Vorwärtseinschneiden
kommt sie ohnehin für die Ausgleichung so gut wie nicht in Betracht und
auch für das Rtlckwärtseinschneiden kommt es ziemlich auf dasselbe heraus,
ob man bei unabhängigen Winkelmessungen die Ooefficienten der Ver-
bessernngsgleichungen erst als Differenzen aus den für die Richtungen
unmittelbar zu Gebot stehenden Zahlen zu bilden hat, oder, bei Richtungs-
beobachtungen, die Ooefficienten der Verbesserungsgleichung zwar un-
mittelbar erhält, dafür aber, um die zunächst vorhandene dritte Unbekannte
mit dem Ooefficienten 1, die Richtungsverbesserung des ganzen Satzes,
zu eliminiren und so wieder auf Normalgleichungen mit nur zwei Un-
bekannten zu kommen, die Yerbesserungsgleichungen in vollständig
symmetrischer Weise combiniren muss, d. h. von jeder einzelnen Ver-
besserungsgleichung die aas allen gebildete Durchschnittsgleichung
abzuziehen hat.
*) Eine Anmerkung über die Ausführung der Repetitionsmessung mag
auch noch hier stehen. Oft wird noch eine ungerade Repetitionszahl vor-
geschrieben, 3 mal, 5 mal, wobei vorausgesetzt ist, dass die Achsenfehler des
Theodolits alle so genau weggeschafft sind oder dass die Neigungen der
Winkelschenkel so klein sind, dass ein bemerkbarer Einfluss der Achsenfehler
auf die zu beobachtenden Richtungen nicht mehr vorhanden ist. Z. B. heisst
es in dem ^Kalender für Geometer und Eiilturtechniker^ von Schiebach für
1895: „Die Differenz der Schlussablesungen (?) an jedem Nonius wird durch 2n
getheilt und aus denWerthen der verschiedenen Nonien-das Mittel genommen.
Hiezu eignet sich Formular lll, welches bei den württembergischen Kataster-
Vermessungen im Gebrauch ist.** Aber dieses Formular ist a. a. 0. für fünf-
fache Repetition angegeben und erst durch die neue Vorschrift von 1895 ist
aus der württemb. Katastermessung die fünffache Repetition zu Gunsten einer
geraden Anzahl von Repetitionen verschwunden. Besonders „auffallend"
(Weitbrecht in Mittheilungen württ. Geom.- Vereins 1896, Nr. 1, S. 30) sollte
man es also in Württemberg nicht finden, wenn auch Andere „repetitionsweise
Winkelmessung** nur in Finer Femrohrlage machen wollen. Bekannt ist, dass
Bohnenberger fur seine Triangulirung I. 0. sehr verschieden oft; meist
ohne Durchschlagen, repetirt hat. Und unter einer der oben angegebenen Be-
dingungen (sehr kleine Achsenfehler bei nicht kleinen Höhenwinkeln oder un-
bedeutende Neigungen der Ziellinie des Femrohrs selbst bei nicht sehr kleinen
Achsenfehlern) ist in der That die Vervielfältigung der Messung eines Winkels
mit Nonieninstrumenten wichtiger als die Vertheilung der Messungen auf beide
Fernrohrlagen. Nur muss man auch sagen: wenn man bei Richtungsbeobach-
tungen stets beide Fernrohrlagen vorschreiben will, so ist kein Grund vorhanden,
dies bei der Repetitionsmessung nicht ebenso zu machen, also :2 mal (Polygon-
winkel) oder 4 oder 6 mal (Klein-Triangulirung) zu repetiren und nach der
Hälfte der Repetitionen sorgfältig durchzuschlagen.
Bttcherschau. 637
BQcherschau.
Des k. Sachs. Kammerraths W, F, A. v. Schlieben vollständiges Hand- und
Lehrbuch der gesammten Landmesskunst mit besonderer Berücksichtigung der
preuss. Verm. - Vorschriften : Kat. - Anw. VIII u, IX vom 25. October 1881^
Ein Nachschlagebuch für Landmesser, Geometer, Enlturtechniker, In-
genieure, Offiziere, Forstbeamte, Landwirthe und Diejenigen, welche aus
Beruf oder Neigung für praktische Flurvermessung sich interessiren. All-
gemeinverständlich dargestellt und zum Selbstunterricht vollständig neu
bearbeitet und herausgegeben von W. Ca vi lie, Trigonometer, Mitglied
des Deutschen Geometer Vereins, corresp. Mitglied der topogr.- geodätischen
Commission zu Moskau. Neunte vollständig umgearbeitete Auflage.
Band 1: Vorstudien und Instrumentenkunde. Preis brochirt
10 Mark, gebunden 12,50 Mark. Halberstadt und Leipzig. Ernst* sehe,
Verlagsbuchhandlung.
Ein langer Titel, den ich aber schon um deswillen vollständig gebracht
habe, weil ich dem Werke von vornherein das Bedenken entgegen-
stellen muss, dass es sich eine Aufgabe gesteckt, welche zu erfüllen jedem
Verfasser unmöglich gewesen wäre. Der Herr Verfasser selbst — denn
von einem solchen und nicht von einem Herausgeber muss man in Bezug
auf die Bezeichnung als neunte Auflage des v. Schlieben'schen Werkes,
von dem fast nichts mehr übrig geblieben, sprechen — hat die-
jenigen, die angeregt durch das von ihm Gebotene das Bedürfniss nach
Vollkommenerem fühlen, auf die reiche Litteratur an Handbüchern etc.
verwiesen. Und an anderer Stelle der Vorrede ist zu lesen: „Wie aus
dem kleinen Taschenbuch der praktischen Geometrie von Prof. Dr.
W. Jordan zu Hannover durch Erfahrungen und Verbesserungen nach
vier Auflagen ein ganz neues classisches Handbuch der Vermessungs-
kunde hervorging^ welches auf keinem Tische eines Landmessers fehlen
sollte, so hoffe ich, dass, wenn mein Buch lebensfähig ist, die Mitwirkung
meiner Fachgenossen mich in den Stand setzt, es zu einem unentbehr-
lichen Handbuche unseres Gehiifenstandes zu machen.^
Man darf also annehmen, dass der Herr Verfasser selbst das Be-
dürfniss eines weiteren umfassenden Handbuches für Landmesser nicht
für gegeben erachtet hätte. Andererseits fürchte ich aber, dass das
Werk für Gehilfen — um von den verschiedenen, im Titel genannten
Arten von Amateur- Geometrie ganz abzusehen — des Guten viel zu viel
bietet, dass es von diesen nicht verstanden werden kann und auch nicht
verstanden werden will, da man von einem Gehilfen das volle theo-
retische Verständniss aller einzelnen geodätischen Operationen unmöglich
in gleicher Weise, wie vom Landmesser selbst, verlangen kann und bei
zweckmässiger Arbeitstheilung verlangen wird. Und es dtlrfte an diesem
Verhältnisse auch das Bestreben des Herrn Verfassers wenig ändern
können, mathematische und überhaupt theoretische Ableitungen auf einem
Wege zu bringen, der original sein mag, der aber denjenigen, dem die
638 Bücherscbau.
landläufigen elementaren Ableitungen im Laufe der Jahre fremd geworden,
ebenso leicht verwirren; als in seinen Bemühungen fördern kann.
Ich wünsche indessen dem Herrn Verfasser^ der sein Werk neben
einer anstrengenden praktischen Thätigkeit bewältigen musste, und der
Verlagshandlung, die das Werk vortheilhaft ausgestattet hat, dass ich
mich in der Beurtheilung seiner Lebensbedingungen getäuscht haben
möchte. Ich verfehle daher nicht, denjenigen Lesern dieser Zeitschrift,
die sich für das Werk interessiren, ohne es bis jetzt zu kennen, bekannt
zugeben, dass der vorliegende L Band im L Abschnitte: Mathematisches
Repetitorium in 84 Paragraphen (185 Seiten), Algebra, Planimetrie,
Trigonometrie, analytische Geometrie, Rechenhülfsmittel und Rechenproben,
dann Einführung in elementare Ausgleichungen behandelt; femer im
•IL Abschnitte: Vom Bau, Oebrauch und Pflege der Instrumente in
71 Paragraphen (300 Seiten): Einführung in die Instrumentenkunde, In-
strumente zum Messen horizontaler und verticaler Winkel, Distanzmesser
und Tachymeter, Instrumente zum Höhenmessen und Nivelliren, In-
strumente zur Berechnung der Flächen (darunter sehr ausführlich die
Umfahrungsplanimeter nach einer Abhandlung von Coradi), dann In-
strumente zur Eartirung und zum Auftragen des Gemessenen und endlich
einen Anhang: Die Pflege und Oonservirung (warum nicht Erhaltung?)
der Instrumente.
Im Uebrigen muss ich darauf verzichten, auf Einzelheiten des In-
haltes näher einzugehen und den verfügbaren Raum ausschliesslich dazu
benutzen, mich mit dem Herrn Verfasser über einen kurzen Abschnitt
auseinanderzusetzen, der eigentlich garnicht in den vorliegenden ersten
Band gehört: Die Anwendbarkeit des Messtisches. Wenn der Herr Ver-
fasser in der Vorrede sagt, dass es ihm ein Bedürfniss schien, den Mess-
tisch der Vergessenheit zu entreissen und das alte Werkzeug unserer
Väter wieder zu Ehren zu bringen, und dass er sich der Hoffnung hin-
gebe, dass der von ihm im Texte gegebenen Begründung die Anerkennung
der Majorität aller praktischen Geometer zu Theil werde, so bedaure
ich mich zur Minorität der praktischen Geometer schlagen zu müssen.
Ich muss die Auseinandersetzungen über die Verwendbarkeit des Mess-
tisches (S. 296 u. folgd.) für zweideutig und verschwommen erachten.
Soweit es sich um die Thatsache der Behandlung des Messtisches in
einem Handbuche handelt, bedarf er einer Ehrenrettung überhaupt nicht,
da diese Behandlung schon als elementare Grundlage für die Darstellung
der neueren Tachymetrie vernünftiger Weise von Niemanden beanstandet
werden kann. Auch was die praktische Verwerthung des Messtisches
anlangt, so hätte sich der Verfasser nicht auf seinen Aufenthalt auf der
Balkanhalbinsel zu berufen brauchen, um Gesinnungsgenossen zu finden^
welche den Vortheil des Messtisches zur Anfertigung von Uebersichts-
plänen des zu vermessenden Gebietes, sowie zur Aufnahme von schwer
oder nur mit grossen Kosten aufzunehmenden Einzelheiten zum Eintragen
Bücherschau. 639
derselben in Pläne nnd Karten würdigen. Ich wenigstens bin über das
rein continental Europa nicht hinausgekommen^ habe es aber von jeher
für einen im ersten Taumel des damals in Bayern eingetretenen Ueber-
gangs zur Zahlenmethode begangenen Excess gehalten^ dass für die
Münchener Stadtmessung die Einzelheiten des sich stundenlang ohne in-
zwischenliegende Eigenthumsgrenzen hinziehenden englischen Gartens nicht
mit dem Messtische, sondern nach der Zahlenmethode aufgemessen
wurden. (Uebrigens sind auch dies schon Ausnahmsfälle^ bei welchen
im Falle der Ausführung durch geschlossen organisirte Behörden immer
noch der Yortheil des Messtisches verloren gehen kann, wenn die zu
verwendenden Leute denselben nicht genügend kennen.) Zweideutig
. und widerspruchsvoll aber muss ich es finden^ wenn der Verfasser
die Ziffer 2 des § 110 mit den Worten schliesst: ^Erwägt man die«
ungemeine Schwerfälligkeit des Messtischgeräthes, die Vielheit seiner
Theile und die dadurch gesteigerte Wahrscheinlichkeit von Mängeln, die
Belästigung durch das grosse Gewicht, die Sperrigkeit des Messtisches
auf Reisen, den grossen Aufwand für Gehilfen, Träger, sowie die
Schwierigkeit der Unterbringung der Geräthe, das Erforderniss grösserer
Einübung, die stärkere Belästigung, welche schlechte Witterung hervor-
bringt, so wird man die Berechtigung anerkennen müssen der preussischen
Verordnung in § 84, S. 52 der Eatasteranweisung VIII vom 25. October
1881: Die Anwendung des Messtisches ist unbedingt unter-
sagt^ und dann in Ziffer 3 des gleichen Paragraphen den Satz aufstellt:
„Von diesen Polygonpunkten aus lässt sich jedoch unter vielen Um-
ständen eine gute brauchbare und genaue Planzeichnung auf dem Mess-
tisch ausführen, die im Allgemeinen wenig zu wünschen übrig lassen
wird und welche den Vortheil hat, dass die Richtigkeit und Vollständigkeit
der Darstellung des Gemessenen sofort an Ort und Stelle übersehen und
durch den Augenschein geprüft werden kann. In dieser Hinsicht ist
also die Messtischaufnahme der nachträglichen Eartirung einer Zahlen-
aufnahme ebensoweit überlegen, als sie der letzteren gegenüber hin-
sichtlich des Zeitaufwandes und der Kosten im Vortheil zu sein pflegt.^
Die letztere Auslassung ist nicht richtig. Es ist dabei verkannt,
dass die Vortheile einer Messtischaufnahme zum grössten Theil verloren
gehen, wenn sich selbe auf eine Polygonisirung stützt und nicht viel-
mehr schon die Triangulirung letzter Ordnung eben auch mit dem Mess-
tisch graphisch erfolgt. Und was die sofortige Prüfung der Richtigkeit
und Vollständigkeit durch den Augenschein anlangt, so liegen die Ver.
hältnisse — da.Verstösse, die in dem Augenblick, wo sie gemacht, auch
als solche erkannt werden, ausser Betracht bleiben müssen — für beide
Methoden gleich, sobald auch bei der Zahlenmethode die Kartirung am
Orte der Messung erfolgt. Es giebt nun allerdings Behörden, welche in
der vielfach trügerischen Hoffnung auf Ersparnisse die Kartirung einige
hundert Kilometer vom Orte der Messung entfernt vornehmen lassen.
640 Unterricht und Prüfangen.
Aber selbst in diesem Falle ist — vorausgesetzt^ dass die organi-
satorischen Verhältnisse nicht das Verschweigen von Bedenken aus
Kamaraderie oder Rücksicht auf den eigenen Oeldbeutel begünstigen —
bei den heutigen Verkehrsverhältnissen die Nothwendigkeit einer zusammen-
fassenden örtlichen Nachsicht für Anstandsfälle kein nennenswerthes Unglück.
Was aber die Prüfung der Richtigkeit anlangt, so kommen eben bei der
Zahlenmethode bei richtiger Wahl des Eartirungsmaassstabes auch die
kleinsten Schwankungen zur Entdeckung, während beim Messtisthverfahren
nur ganz grobe und augenfällige Verstösse sich bemerklich machen —
es wäre denn, dass das Revisionsverfahren zu einer Ausbildung kommt,
welche es einer gründlichen Messung nach der Zahlenmethode in Bezag
auf Zeit- und Kosten-Aufwand völlig gleichstellt. Bedauerlich bleibt
jene Gegenüberstellung von Messtisch- und Zahlenaufnahme — die sich
vernünftigermaassen niemals begegnen können, da die erstere ausgeschlossen
bleiben muss, wo immer die andere nothwendig ist — , namentlich in
einem Werke, welches auch für Laien und Amateur-Geometer belehrend
wirken soll. Denn diesen muss die Billigkeit natürlich sehr verlockend
sein, während ihnen für den technischen Minderwerth des Messtisch-
verfahrens die klare Einsicht fehlt. Und da noch immer Laien in den
Amtsstuben und Parlamenten über die Herstellung von Vermessungswerken
vielfach mitreden können oder doch wollen, wäre es meines Erachtens
höchste Zeit, dass die Balkanstaaten und die überseeischen Länder endlich
einmal aus dem Spiele gelassen würden und wenigstens die Fachmänner
klipp und klar aussprechen würden, dass in Deutschland, sobald Eigen-
thumsmessungen in Frage stehen, der Vortheil und die Ueberlegenheit
ausschliesslich auf Seite der Zahlenmethode liegen kann.
Schliesslich wird man der Verlagsbuchhandlung die volle Aner-
kennung aussprechen müssen: das Papier ist gut, der Druck hübsch
und übersichtlich und besonders der Druck der Figuren und Abbildangen
recht sauber. Was die Abbildungen selbst betrifft, so ergeht es damit
dem mit der Literatur einigermaassen vertrauten Leser, wie mit einzelnen
Abschnitten des Werkes selbst: man sieht sich unter lauter alten Bekannten.
Steppes,
Unterricht und Prüfungen.
Auszug aus dem Verzeichniss der Vorlesungen an der
Königlichen Landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin N.,
Invalidenstrasse Nr. 42, im Winter-Semester 1896/97.'
1. Landwirthschaft; Forstwirthschaft und Gartenbau.
Geheimer Regierungsrath Professor Dr. Orth: Allgemeiner Acker-
und Pflanzenbau, 1. Theil: Bodenkunde und Entwässerung des Bodeos.
Specieller Acker- und Pflanzenbau, 1. Theil: Futterbau und Getreidebau.
Landwirthschaftliches Seminar, Abtheilung: Pflanzenbau, üebungen zur
Unterricht und Prüfungen. 641
Bodenkunde. Leitung agronomisch-pedologiscber und agrikulturchemischer
Arbeiten im Laboratorium (Uebungen im Untersuchen von Pflanzen, Boden
und Dünger), gemeinsam mit dem Assistenten Dr. Berju. — Geheimer
Regierungsrath, Professor Dr. Werner: Landwirthschaftliche Betriebslehre.
Abriss der landwirthschaftlichen Productionslehre. — Geheimer Rechnungs-
rath, Professor Schotte: Landwirthschaftliche Maschinenkunde. Principien
der Mechanik in Anwendung auf landwirthschaftliche Maschinen. Zeichen-
und Constructionsübungen^ für Landwirthe auch Planzeichnen. — Ober-
förster Kottmeier: Forstbenutzung, Forstschutz.
2. Naturwissenschaften.
a. Physik und Meteorologie. Professor Dr. Börnstein: Experi-
mental-Physik, 1. Theil. Mechanik. Physikalische Uebungen. Wetter-
kunde.
c. Mineralogie, Geologie und Geognosie. Professor Dr. Grüner:
Mineralogie und Gesteinskunde. Bodenkunde und Bonitirung. Uebungen
zur Bodenkunde. Praktische Uebungen im Bestimmen von Mineralien
und Gesteinsärten.
4. Rechts- und Staatswissenschaft.
Professor Dr. Sering: Agrarwesen, Agrarpolitik und Landeskultur-
gesetzgebung in Deutschland. Nationalökonomische Uebungen. Reichs-
und prenssisches Recht, mit besonderer Rücksicht auf die für den Land-
wirth, den Landmesser und Kulturtechniker wichtigen Rechtsverhältnisse.
5. Kulturtechnik.
Geheimer Baurath von Münstermann: Culturtechnik. Entwerfen
kulturtechnischer Anlagen. Kulturtechnisches Seminar. — Meliorations-
Bauinspector Grantz: Wasserbau. (Bautechnisches Seminar.) Brücken-
und Wegebau. Entwerfen wasserbaulicher Anlagen. Landwirthschaftliche
Baulehre.
6. Geodäsie und Mathematik.
Professor Dr. Vogler: Traciren. Grundzüge der Landesvermessung.
Praktische Geometrie. Messübungen, gemeinsam mit Professor Hege-
rn a nn. Geodätisches Seminar. Geodätische Rechenübungen. — Professor
Hegemann: Kartenprojectionen. Uebungen zur Landesvermessung.
Zeichenübungen. — Professor Dr. Reichel: Analytische Geometrie und
Analysis. Darstellende Geometrie. Uebungen zur darstellenden Geo-
metrie. Mathematische Uebungen, bezw. Nachträge. Zeichenübungen
zur darstellenden Geometrie.
Beginn des Winter-Semesters am 16. October, der Vorlesungen
spätestens am 23. October 1896. — Programme sind durch das Secre-
tariat zu erhalten.
Berlin, den 13. Juli 1896.
Der Rector der Königlichen Landwirthschaftlichen Hochschule.
Frank,
642 Vereinsangelegenheiten. — Neae Schriften Über Vermessungswesen.
Vereinsangelegenheiten.
Die Herren Mitglieder werden ersacht^ alle Personalyeränderungen^
als Versetzungen, Beförderungen, Wohnungswechsel etc. dem Unter-
zeichneten gefl. anzeigen zu wollen. Die Benachrichtigung der Buch-
handlnng erfolgt dann durch mich. Nur dadurch können Störungen im
Bezüge der Zeitschrift vermieden werden.
Vom 1. October ab wohne ich Cassel-Wehlheiden, Emilien-
strasse 17. Hüser, Oberlandmesser,
z. Z. Kassirer des Deutschen Geometer -Vereins.
Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
TiUOy A. dsy Tables fondamentales du Magn^tisme terrestre. Repartition
Isanomales, Eph^merides, Variation seculaire. MagnStisme moyen.
St. Petersbourg 1896. gr. in-4. 91 pg* avec atlas de 16 cartes
colorizes. 18 Mark.
EmclideSy Opera omnia. Ediderunt J. L. Heiberg et H. Menge. (In
12 voluminibus.) Vol. VI : Data cum commentario Marini et scholiis
antiquis. Edidit H. Menge. Lipsiae 1896. 8. 6 et 336 pg. c.
figuris. 5 Mark.
Vol.1— V et VII (quantum produit hucusque). 1883—95. 29,60 Mk.
AuwerSy A.^ Catalog von 9789 Sternen zwischen 14 o 50' und 20^ 10'
nördlicher Declination 1855 und Catalog von 372 grösstentheils der
nördlichen Berliner Zone angehörigen Sternen für das Aequinoctinm
1875, nach Zonenbeobachtungen am Pistor'schen Meridiankreise der
Eönigl. Sternwarte zu Berlin in den Jahren 1869 — 74. Heraus-
gegeben V. d. Astronomischen Gesellschaft. Leipzig 1896. gr. 4.
161 u. 367 pg. 30 Mark.
Ebserij «/., Azimut - Tabellen, enthaltend die wahren Richtungen der
Sonne für Intervalle von 10 Zeitminuten zwischen den Breiten-
parallelen von 700 Nord bis 70^ Süd. Hamburg 1896. gr. 8.
8 u. 141 pg. Leinenband. 7,50 Mark.
Günthery S., Grundlehren der mathematischen Geographie und elemen-
taren Astronomie. 4., durchgesehene Auflage. München 1896.
gr. 8. 10 u. 142 pg. m. 2 Sternkarten und 142 Holzschnitten. . 2 Mark.
Inhalt
Grössere Mittheilungen : Zur graphischen Ausgleichung beim trigonometrischen
Einschneiden von Punkten, von Hammer. — BUcherschau. — Unterricht uid
Prüfungen. — Vereinsangelegenheiten. — Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Verlag von Konrad Wittwer Stuttgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
6431
ZEITSCHRIFT FOR VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometer Vereins.
■■ ..... ■ , •. » i .
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover Steuer-Ratb in München.
1896. Heft 21. Band XXV.
— -^ 1. November. *^- —
Ueber das Stangenplanimeter, insbesondere ein Stangen-
planimeter mit Rolle;
von J. Hamann, Egl. Landmesser.
Die Theorie des Stangenplanimeters ist bereits in vorliegender Zeit-
schrift (Jahrgang 1895, Seite 321) von Herrn Professor Dr. C. Runge
eingehend behandelt worden. Für die Bedürfnisse des Praktikers wird
eine einfache, zum Theil auf Anschauung begründete Darstellung, wie
sie im Folgenden gegeben wird, genügen.
Das Planimeter besteht aus einer Stange, in deren einem Ende ein
Fahrstift eingesetzt ist, während das andere zu einer keilförmigen
Schneide, welche mit der Spitze des Fahrstifts in einer Ebene liegt,
herabgebogen ist. Die Gerade, welche durch die Spitze des Fahr-
stifts „i'^ gelegt die Schneide in „S" berührt, soll als Fahrarm definirt
werden. Ihre Länge FS sei der Eür^e wegen mit „i" bezeichnet.
Gemäss dieser Construction gestattet das Instrument Drehungen
um S als Mittelpunkt und geradlinige Bewegungen in der Richtung des
Fahrarms. Jeder vom Fahrstift beschriebene Weg kann daher in einen
rechtwinklig gebrochenen .Zug zerlegt werden, dessen unendlich klein
gedachten Seiten abwechselnd aus Kreisbögen „ß^ von dem Radius l
und geraden, in radialer Richtung ^gelegenen Linien „X^ bestehen,
während die Schneide eine Curve beschreibt, deren Elemente den ein-
zelnen Strecken X gleich und parallel sind. .
Betrachtet man die Anfangslage des Fahrarms für die weiteren
Messungen als Achse, so werden Schneide und Fahrstift bei den gerad-
linigen Bewegungen in der Richtung des Fahrarms ihre normal zur
Achse gemessenen Abstände um gleiche Beträge und in der gleichen
Richtung ändern. Die Grösse und Vorzeichen dieser den Strecken X„
entsprechenden Abstandsänderungen ^a»^ werden bestimmt durch die
Gleichung:
an = \nsin^nj (1)
wo cpn den Winkel darstellt, der von der Achse bezw. ihrer durch die
Schneide gelegten Parallelen zum Fahrarm überführt, und Xn positiv
Zeitschrift für Vermessungsweseii 1896. Heft 21. 42
644
Hamann, lieber das Stangenplanimeter, insbesondere
oder negativ gerechnet werden soll, je nachdem es durch Bewegung
des Instruments in der Richtung Stift-Schneide oder entgeg^gesetzt
entstanden ist.
In der nebenstehenden Figur 1^ in welcher die Anfangslage des
Fahrarms durch die Linie F8 dargestellt ist, wird bei Umfahrung der
Fig. 1.
Fläche V in rechtsläufigem Drehungssinn der Fahrstift den Zug 1^ 2y 3 etc.
beschreiben^ während die Schneide die Curve 1', 2', 3' etc. durchläuft.
Verschiebt man die Schneidencurre parallel der Achse um die Länget,
so dass S mit F zusammenfällt, so schneidet dieselbe den Umring der
Figur in den Punkten 10 und 17. Der Fahrarm liegt also in 10 und 17
der Achse parallel. Da die Werthe sin cp auf dem Wege 1, 10 und
17, 18 wegen der spitzen Form der Winkel cp positiv, auf dem Wege
10, 17 dagegen negativ sind, weil die zugehörigen Winkel cp nahezu 360^
gross werden, da ferner die geradlinigen Bewegungen des Fahrarms auf
der Linie 1, 10 in der Richtung Stift-Schneide, auf dem Wege 10, 19
entgegengesetzt erfolgen, so ergeben sich für a^ bis a^ positive, far a^
dagegen negative Vorzeichen. Für den Schlussabstand a der Schneide
von der Achse besteht mithin folgende Oleichung:
a = a^ + 02 + «3 + «4 + «5 + «6 + «7 — «8 (2)
Zeichnet man die einzelnen Kreisbögen ß weiter aus, bis dieselben
mit der verschobenen Schneidencurve zum Schnitt gelangen, welcher in
den um die Länge l verlegten Ereismittelpunkten 2'', 3^' etc. erfolgen
muss, so wird die Umfahrungsfläche F in eine von der verschobenen
Schneidencurve und dem letzten Kreisbogen begrenzte Fläche J und in
Lamellen Vn zerlegt, welche von je zwei Kreisbögen von gleichem Radius
und von zwei gleichen und parallelen Strecken Xn eingeschlossen werden.
Die Gesammtfläche der Figur Flässt sich mithin als Summe ihrer Theile
darstellen in folgender Gleichung:
V= v^+v^+v^+v^ + v^+v^ +v,—v^+J (3)
ein Stangenplanimeter mit Rolle.
645
In Figur 2 ist eine der Lamellen v^ besonders gezeichnet. Die
Punkte 3' nnd 4' sind mit 'den um die Länge l para^el zur Achse
Fig. 2
3*6
verschobenen Punkten 3" und 4" verbunden. Es entsteht so ein
Parallelogramm 3' 4' 4" 3", dessen Inhalt ^3" sich doppelt durch die
Producte Grundlinie in Höhe bestimmen lässt:
Für den Inhalt der Lamelle V3, in welcher der parallel zum Fahr-
arm gemessene Abstand der Kreisbögen überall =X3 ist, besteht:
Ä = A3
Ä = 0
(5)
Lamelle und Parallelogramm sind also flächengleich, woraus folgt:
Diese Oleichung gilt allgemein:
Vn = OLnl (7)
Ersetzt man in Gleichung (3) die einzelnen Lamellenflächen Vn durch
die Producte a„Z, so besteht in Folge der IJebereinstimmung der Vor-
zeichen von Vn und a^ in den Gleichungen (2) und (3):
F= al + J (8)
oder in Worten: Die Fläche einer Figur wird dargestellt durch das
Product aus dem Schlussabstand der Schneide von der Anfangslage des
Fahrarms in die Länge des letzteren bis auf eine Restfläche <7, deren
Grösse und Vorzeichen von der gewählten Anfangslage abhängen.
In der nachstehenden Figur 3 ist die Anfangslage so gewählt, dass
die Umfahrungsfläche V von der Schneide aus betrachtet hinter dem
42*
646
Hamann. Ucber das Stasgenplanimeter, insbesondere
letzten Kreisbogen, dem ^Schlussbogen^ zu liegen kommt« Es wird
dieses Mal die Bestfläche J von den Kreisbögen doppelt überstrichen,
das Product al schliesst also die Restfläche zweimal in sich ein, so
dass für die Fläche folgende Oleichung angesetzt werden mass:
F= a Z — J (9)
Allgemein lässt sich für das Vorzeichen der Restfläche die Regel
aufstellen: Die Restfläche ist positiv, wenn die Umfahrungsfläche von
der Schneide aus betrachtet vor dem Schlussbogen, negativ wenn sie
hinter demselben liegt.
Eine praktische Yerwerthung dieser Regel bildet das in Figur 4
eingeschlagene Verfahren. Hier ist die Anfangsstellung des Fahrarms
so gewählt, dass die in F auf dem Fahrarm errichtete Normale die
Umfahrungsfläche nahezu halbirt. Es ergeben sich so eine negative
und positive Restfläche „Ji" und ^Jr^y die je einer Hälfte der Um-
fahrungsfläche entsprechen.
^^^
V=al + Ji — Jr (10)
Bei dieser Wahl der Anfangsstellung wird die Differenz Ji — Jr
stets im Verhältniss der Umfahrungsfläche V eine kleine Grösse dar-
stellen, welche, falls eine Zeichnung der Schneidencurve vorliegt, durch
Schätzung oder durch eine Umfahrung mit dem Planimeter ermittelt
werden kann.
Für die geodätische Sammlung unserer Hochschule ist von Herrn
Mechaniker Hamann aus Fried enau ein Stangenplanimeter angefertigt
worden, welches an Stelle der Schneide eine an der Peripherie scharf
geschliffene Stahlrolle führt. Ueber dieser Rolle ist ein Farbkissen
befestigt, welches die Rolle dauernd benetzt, so dass selbstthätig eine
genaue Zeichnung der Schneidencurve erfolgt. Es sind ferner zu beiden
Seiten des Fahrstifts Auslieger angebracht, welche das Aufrechterhalten
des Instruments erleichtern.
Statt des Schlussbogens, welchen das Instrument nicht selbstthätig
zeichnet, wird praktisch die gerade Verbindungslinie „a^ zwischen der
Anfangs- und Endstellung der Schneide eingeführt. Ebenso wird der
ein Stangenplanimeter mit Holle. 647
Abstand a^ dessen Ermittlang an die genaue Zeiehnang der Anfangslage
des Fahranns gebunden ist; dnrch die Gerade 9 ersetzt. An Stelle der
Kestflächen Ji nnd Jr treten sodann neue, von der Sohneidencnrve und
der Verbindungslinie s begrenzte Restfläclien „i^** und ^tV". Zwischen
diesen Flächen besteht die Gleichung:
il — ir + -j =Jl — Jr, (11)
8^
WO in erster Annäherung das von der Geraden s und dem Schluss-
bogen begrenzte Kreissegment darstellt.
Zwischen dem Abstand a und der Länge s lässt sich folgende
Beziehung aufstellen:
a== scos -- = s — --. . . (12)
2 Sr
Setzt man die in Gleichung (11) und (12) fttr J — Jr und a er-
mittelten Werthe in Gleichung (10) ein^ so geht letztere ttber in:
^=«K^-^)+*'-^
(13)
Wird die Anwendung des Stangenplanimeters beschränkt auf Flächen,
1 ,
deren mittlerer Durchmesser — l nicht ttbersteigt, so bedingt die Ver-
3
s'
nachlässigung der Klammergrösse — im Grenzfall eine Ungenauigkeit
24 Z*
1
von der Fläche. Bei grösseren Umfahrungsflächen wird eine
2000
Berechnung des Elammerfaotors erforderlich sein.
Die Bestimmung der Restflächendifferenz ii — ir erübrigt sich bei
kleinen Umfahrungsflächen, wenn die oben angeftlhrte Regel über Wahl
der Anfangsstellung streng beobachtet wird, da sodann eine Schätzung
mit freiem Auge ^V = ii erkennen lässt. Wird eine grössere Genauigkeit
gewünscht, und liegen Umfahrungsflächen von bedeutenderem Umfang
vor, so empfiehlt es sich durch eine Umfahrung den Inhalt der Rest-
figur zu bestimmen. Der sich ergebende Schlussabstand a' ist positiv
oder negativ mit dem bereits gefundenen $ zu vereinen, je nachdem
der positive oder negative Theil der Restfläche überwiegt. Die Flächen-
gleichung lautet sodann:
F= (s ±a')l (14)
Wurde bei Umfahrung der Fläche V die oben angegebene Auf-
stellungsregel beobachtet, so können die aus der Bestimmung der Rest-
figur resultirenden Restflächen „i/** und ^«V'" immer vernachlässigt
werden.
In der Einleitung wurde vorausgesetzt, dass der Fahrstift in die
vergrÖBserte Schneidenebene fällt. Trifft diese Voraussetzung nicht zu,
g48 Hamann, lieber das Stangenplanimeter, insbesondere
bildet also die Linie Fahrstift-Bertthrangspankt mit der Sehneidenebene
den Winkel ^S^, der positiv gerechnet w^den soll, wenn die Verbin-
dungslinie Ton der Schneide aus betrachtet von der Schneidenebene nach
rechts abweicht, so wird die Abstandsänderung
(a) = X sin (cp + B) (15)
Der Schlnssabstand (a) maltiplicirt in die Länge des Fahrarms
ergiebt mithin:
{a)i = l cos & 2 (X sin (p) + 2 sin 8 £ (X cos <p) (16)
In dieser Gleichung stellt das Glied 1 1' (X sin cp) die Samme der
Lamellenflächen üt; dar, während Z2!(Xco8f) ersetzt werden kann durch
(s) ' (») •
l • — - wo — - die Projection der Linie (s) auf die Achse bildet. Glei-
chung (16) geht mithin ttber in:
a Z = H t? • cos S -|~ — • sin 8 (17)
Da fttr die Vorzeichen und die Bestimmung der Bestflächen das-
selbe gilt wie bei einem justirten Instrument, so kann^ wie oben gezeigt^
F = 2v -j" («J^O — («^r) gesetzt werden. Es ergiebt sich demnach:
V= (0)1 -\ — ^-^^ lang h + (Ji) - (Jr) (18)
cos ö 2
oder durch Einführung von («) an Stelle von (a) und (fi) — (iV) für
1 / (sV is) \
V= (8) l - - ( 1 - rr~ - Y, Bin 8) + (ii) - (tV) (19)
COS 8 \ 24k P 21 /
Entsprechend erhält man fttr ein negatives 8:
F= (8) l ^ - (l - ^'- + ^^ sin 8) + dl) - {ir) (20)
COS 8 \ 24 Z' 21 /
Um den Betrag der Schneidenschiefe 8 zu ermitteln^ werden Fahr-
stift und Rolle des Planimeters auf eine gezeichnete Gerade scharf auf-
gestellt. Bei Befahrung dieser Linie wird sich eine Abweichung der
Schneide „^^ zeigen, deren Grösse bestimmt wird durch folgende Reibe:
81 = X, sin 8 + X, sin 8 cos 9, + a, X • y +
___^ ^ (21)
— -V 'N^
a< a.
'2
1
X3 sin 8 cos (p3 + (Oj + a^) X3 - +
«3
1
;^^8m8C0S Cpn + (a, + 0(„_i)) Xn Y
an
wo \n die Theile der befahrenen Geraden und cp^ die Winkel zwischea
Fahrarm und Geraden beim Durchlaufen den Strecke Xn darstellen.
ein Stangenplanimeter mit Rolle. g49
Nimmt man die Strecken Xn gleich gross an und vernachlässigt
man den Factor cos <p; welcher wegen der Kleinheit des Winkels cp
naheza gleich 1 ist, so vereinfacht sich die Reihe zu folgender Form:
91 = w X sin 8 + w (n — 1) — sin 8 (22)
Für ein Planimeter von 200 mm Fahrarmlänge und + 1^ Schneiden-
schiefe ergieht sich nach vorstehender Formel nach Befahrung einer
100 mm langen Strecke eine Abstandsänderung von 2,0 mm Grösse.
Vorstehendes ist nach Entwicklung der Formel darch ein eigens con-
strnirtes Planimeter mit verstellbarer Schneide praktisch bestätigt
worden. Aus dem verhältnissmässig hohen Betrage 91 lässt sich der
Schluss ziehen^ dass ein Instrument, welches beim Befahren einer Geraden
keine Abstandsänderung der Schneide erkennen lässt, nur wenige Minuten
Schneidenschiefe besitzen wird.
Führt man für 8 in Formel (19) einen Winkel von -f 20' Grösse
ein und setzt man s wieder gleich — l, so bedingt die Vernachlässigung
1 / s' s \ 1
des Factors 1 1 — — — - — r: sin 8 1 eine Ungenauigkeit von
cos8 V 2^P 21 / ^ ^ 1500
der Fläche.
Im Folgenden gebe ich die Resultate einiger mit einem 200 mm
langen Stangenplanimeter mit Rolle und Ausliegern ausgeführten Flächen-
bestimmungen von 6 aufgezeichneten unregelmässigen Polygonen. Der
Fahrstift wurde auf einem beliebigen Punkte des Umringes aufgestellt,
sodann wurde die Schneide verschwenkt; bis die im Fahrstift errichtet
gedachte Normale die Umfahrungsfläche schätzungsweise halbirte. Die
Zeichnung der Schneidencurve erfolgte auf einem lose untergeschobenen
Blatt Conceptpapier. Die Strecke s wurde mit den kürzeren Schenkeln
eines Halbirungszirkels abgegriffen, und ihre doppelte Länge auf einem
Transversalmaassstab ermittelt. Den Millimetern der verdoppelten Länge s
entsprechen mithin Quadratcentimeter der Fläche. — Die Restflächen-
differenzen der ersten vier Polygone wurden gleich 0 geschätzt, bei den
letzten beiden Polygonen wurde die Restfigur mit dem Planimeter be-
stimmt. Die aus letzteren Umfahrungen resultirenden Abstände a sind
mit den entsprechenden Vorzeichen zu den nachstehend veröffentlichten
Längen $ bereits hinzugefügt.
Nummer der Fläche. 1 2
^ V v^ o 8'92 16/25
Beobacntmigen 2 « g qc 15 88
beziehmigsw. 945 16,05
2(s± a) 9,03 16,05
in mm 9,03 16,15
9,00 16,10
9,05 16,05
8,98 16,05
arithm. Mittel in qcm 9,026 16,072
B'äblich^l'Ä. ±0,066 ±10,105
3
4
5
6
22,83
38,03
56,33
88,47
23,10
37,75
56,03
88,15
23,15
38,03
56,40
88,60
23,05
38,03
56,22
88,42
22,85
38,13
56,42
88,45
22,93
38,10
56,15
88,30
22,90
38,05
56,00
88,65
22,85
38,12
56,27
88,15
«2,958
38,030
56,228
88,400
: 0,126
± 0,118
± 0,158
± 0,180
0,55 0/0
0,31 0/0
0,26 0/0
0,200/0
650 Jordan. Bestimmiiog der Kordrichtnng.
Im Durchschnitt ergiebt sich ein mittlerer Fehler von etwa 0,5%
der Fläche. Diesem Fehler gegenüber ist die oben angeführte Ver-
1 / «' & . \
nachlässigung des Factors -l 1 — — r; : sin 81 statthaft.
^ ^ cosSV 24:1^ 21 /
Die einfache Form^ sowie der niedrige Preis (15 Mark bei Eckert
und Hamann in Friedenau) des Instruments werden seine Anwendnng
bei FlächenbestimmungcD; bei welchen die oben gewonnene Oenanigkeit
sich als ausreichend erweist, empfehlen. Vor dem einfachen Stangen-
planimeter hat das Instrument in vorliegender Form den Vorzug grösserer
Qenauigkeit, -welcher durch Einführung der Rolle und Auslieger ermög-
licht wurde. Beschränkt man ferner die Anwendung des Instruments
auf kleine Flächen, so kann der Inhalt der Restfigur bei richtiger Wahl
der Anfangsstellung durch Schätzung ermittelt werden. Es genügt mit-
hin eine Umfahrung zur Bestimmung der Fläche V, während bei dem
einfachen Stangenplanimeter eine zweite Umfahrung in entgegengesetzter
Lage erforderlich ist.
Berlin, 8. August 1896.
J, Hamann, Kgl. Landmesser.
Bestimmung der Nordrichtung.
Jede Taschenuhr ein richtiger Coinpass.
Dies klingt wohl etwas unglaublich, ist aber doch thatsächlich
der Fall, wie a^s Nachstehendem hervorgeht. Man legt die ühr
derart horizontal hin, dass der kleine Zeiger nach der Sonne zeigt,
die Mitte zwischen dem kleinen Zeiger und der Zahl 12 des Ziffer-
blattes zeigt nun nach Süden. Steht z. B. der Zeiger um 10 ühr
auf die Sonne gerichtet, so wird Süden in der Richtung der Zahl
11 sein. Diese Gebrauchsweise, die Uhr als Gampass, ist aber so
wenig bekannt, dass selbst Stanley, als man ihn bei seiner Rückkehr
aus Afrika fragte, ob er diese so einfache Methode gekannt habe,
zugestand niemals etwas davon gehört za haben.
* Vorstehende Belehrung haben wir schon mehrfach in Zeitungen
gelesen und nun auch in einer fachwissenschaftlichen Zeitschrift (C.-Z.
f. 0. u. M. 1896, S. 208—209) gefunden, was Veranlassung ist, den
darin liegenden Irrthum aufzuklären, obgleich man eigentlich glauben
sollte, dass schon in den deutschen Volksschulen soviel mathematische
Geographie gelehrt werde, dass solch grobe Irrthümer ausgeschlossen
sein sollten.
Die Sonne bewegt sich mit gleichförmiger Winkelgeschwindigkeit
in einer Ebene rechtwinklig zur Erdachse, man müsste also die ühr
für den fraglichen Zweck nicht horizontal, sondern parallel der
Jordan. Bestimmung der Nordrichtung. g51
Aequator-Ebene, d. h. in einem Punkte mit der Breite 9 um den
Winkel 90° — cp gegen den Horizont geneigt aufstellen und nur im
Nordpol oder Südpol der Erde würde das Verfahren, „welches selbst
Stanley nicht gekannt hat^^ richtig sein.
Ausserdem ist dabei vorausgesetzt; dass die Uhr richtig nach
„wahrer Ortszeit^ geht. Wenn man mit Hülfe der wahren Ortszeit die
Himmelsgegenden bestimmen will^ so muss man^ wenn man nicht etwa
die Schiefstellung der Uhr anwenden will, eine Tabelle der Sonnen-
azimnte haben, wie z. B. eine solche in unserem Buche, Grundzüge der
astronomischen Zeit- und Ortsbestimmung, Berlin 1885, Seite [15] ange-
geben ist. Man findet z. B. unter der Breite <p = 50° am 16. April,
dass die Sonne zu verschiedenen Zeiten folgende Azimute hat:
Tageszeit 0^ 1^ 2^ 3^ 4^^ 5^ 6^
Azimut 0« 23 i 42° 59° 72° 85° 96°
d. h. also Mitte April steht die Sonne um 2 Uhr wahre Zeit im Azimut
42° von Süd nach West, d. h. ungefähr in Süd- West und um 10 Uhr
Vormittags wahre Zeit steht die Sonne ungefähr in Süd-Ost.
unsere Uhren in Deutschland gehen aber aus zwei Gründen nicht
nach wahrer Ortszeit, erstens wegen der Zeitgleichung und zweitens
wegen der Verschiebung der mitteleuropäischen Zeit gegen die Ortszeit.
Wie man ohne Kenntniss der Zeit, z. B. in Afrika, in erster
Näherung durch Beobachtung der aufgehenden und untergehenden Sonne
sich helfen kann, haben wir in der „Anleitung zu wissenschaftlichen
Beobachtungen auf Reisen^, herausgegeben von Neumayer, Berlin 1888,
Band I, Seite 50 — 52 gezeigt.
All dieses soll man bei Jedem als bekannt voraussetzen, der deutsche
Schulen besucht hat, allein der grobe Irrthum der O.-Z. gab Veranlassung,
die Sache hier in unserer Zeitschrift zu behandeln.
Bei dieser Gelegenheit wollen wir auch aus einer von einer könig-
lich preussischen Staatsbehörde herausgegebenen „Anleitung^ von Seite 6
folgende überraschende Stelle wörtlich citiren:
Man kann den Meridian und damit die Nordrichtung leicht
dadurch ermitteln, dass man bei eintretender Dämmerung das
Femrohr eines richtig aufgestellten Winkelinstrumentes nach dem
Polarstem richtet, so dass das Fadenkreuz mit demselben zur
Deckung gelangt. Ueberträgt man durch Niederschlagen des Fem-
rohrs die Richtung der Meridianebene auf die Erde und bezeichnet
diese Richtung durch ^ Stäbe, so bezeichnet die Verbindungslinie
dieser beiden Marken die Nordlinie. J.
652 Heyde. EiD oeaer Theodolit obne KreütheilnDg imd Nonienablesimg.
Ein neuer Theodolit ohne Kreistheilung und
Nonienablesung.
Die Ablesnng tod Kreis- nnd Nonieutheilangen ist immer mit oieht
unbedeutender Anstrengung der Augen verbunden, die insbesondere bei
Städte vennessungen in Hausfluren oder dunklen H&fen ebenso bei Gmben-
vermeaeungen selir unangenebm bemerkbar wird.
Das BedUrfniss nacb dnem Instrument, das diesem Hangel Abhilfe
Bchaffte, war daher schon längst fdlilbar geworden, ohne dass bisher der
Versuch nach irgend einer Richtung dazu gemacht worden wäre.
Von mehreren Seiten zur Conatraotion eines derartigen Instramentes
aufgefordert und angeregt durch die günstige Aufnahme, die meine rer-
einfachte Mikrometerablesung bei Hikroakoptheodoliten etc. fand (die
Einrichtung derselben ist in der Zeitschrilt für Instrumentenkunde Jahr-
gang 8, Mai 1888, beschrieben) glaube ich nunmehr die Losung dieser Auf-
gabe in der weiterhin näher beschriebenen Construction gefunden zu haben.
Mein Augenmerk war
hierbei nicht auf die Con-
struction eines feinen
Winkelmessinstrumentes
gerichtet, sondern auf ein
Instrument, das durch
praktische Einrichtung den
einfachen Nonientheodolit
ersetzen soll und das eu
Tracirungs- und tachy-
metriachen Arbeiten, sowie
fflr Städtevermessungs-
z wecke, Poly go nrermessun-
gen, sowie zu Gruben -
mesBungen am geeignetsten
ist.
Das Instrument weicht
in seinem äusseren wie
inneren Aufbau und der
Anwendung nur durch die
veränderte Winkelablesung
von dem der Nonientheo-
doliten ab.
An Stelle des mit
feiner Theüung versehenen
Kreises, ist nur eine Kreis-
scheibe verwendet worden, die auf ihrem äusaeren Umfange mit 360
Zabneinschnitten der Zahnkranztheilung versehen ist. Letztere ist mit
derselben Genauigkeit wie jede andere feine Theilung hergestellt.
Hammer. TheiluDg fUr Distanzlatten. 653
Die über den Ki^eis hervorragende Alhidade ist imt einem kasten-
förmigen Ansatz versehen; in welchem ein Einleger mit Zahn sieher aber
drehbar gelagert ist. Mittelst Excenterhebel lässt sich dieser Einleger
in die Zahnkranztheilung ein* und ansgobalteD, wobei das Instrument in
einer ganz bestimmten Grad -Kreislage festgestellt wird. Die Stellung
wird an Zahlen direct mit freiem Auge abgelesen.
Das Instrumentenobertheil ist auf einer besonderen Achse, die in
der Alhidadenachse ihre Führung hat, befestigt.
An Stelle der Feinstellungsschraube ist eine solche mit Messtrommel
angebracht und die Gktnghöhe der Schraube so gewählt worden^ dass
eine Umdrehung derselben genau einem Grade der Kreistheilung ent-
spricht. Die Messtrommel ist in 60 Theile, also von Minute zu Minute
Bogen getheilt; von welchen die 0,1' sich leicht und sicher schätzen
lassen.
Die Anwendung des Instrumentes ist folgende: Nach Aufstellung
und Horizontirung desselben wird das anzuvisirende Object im Fernrohr
eingestellt und der Hebel ohne jede Anwendung von Druck umgelegt.
Der Zahn des Einlegers legt sich hierbei durch Federdruck in die Zahn-
kranztheilung ein und stellt das Instrument fest.
Der Einleger vertritt hier die Stelle der Kreisklemme.
Durch das Einlegen verändert sich jedoch die Einstellung des
Fernrohres auf das Object um so viel, als der Winkelwerth noch in
Minuten etc. vom Grade abweicht.
Diese Aenderung wird nun durch die Messschraube eingestellt und
an derselben abgelesen.
Damit nun ein Irrthum in der Winkelbestimmung; der ja immer
plus oder minus 1 Grad betragen würdC; nicht vorkommen kann, ist
eine Einrichtung getroffen, die sofort erkennen lässt, ob die Messschraube
sich in normaler Lage befindet oder nicht.
Fehler, die einen ganzen Grad betragen, dürften jedoch unschwer
in der Rechnung zu finden sein.
Mit dieser Einrichtung versehene Instrumente sind bereits mehrfach
hergestellt worden und haben sich in der Praxis bestens bewährt.
*
Dresden, Septbr. 1896. Gustav Heyde.
Theilung für Distanzlatten.
S. 460 und 461 sagt Herr Ingenieur Wagner, dass sich für
Distanzlatten erfahrungsmässig eine Centimeterlatte am besten bewährt
habe, die man mit 25facher Vergrösserung unter günstigen äussern
Umständen bis etwa 800 m Zielweite benutzen könne und dass ferner
Strichtheilungen für Distanzlatten nicht zu empfehlen seien, dass ins-
besondere die von mir für Distanzlatten angewandte Theilung, bei der
654 Hammer. Theilang für Distanzlatten.
in Folge der derben Striche die Genauigkeit leide, „unter günstigen
Umständen kaum bis 150 m verwendet werden könne^, wie ich selbst
zugeben werde. Ich glaube mit der Annahme nicht fehl zu gehen, dass
Herr Wagner mit den Latten, über die er ungünstig urth^lt, nicht selbst
gearbeitet hat. Die Anwendung dieser Latten hat selbstverständlich
im Vergleich mit jeder Gentimeterlatte eine ganz bewusste Eiubusse
an Genauigkeit der Messung zur Voraussetzung; es müssen also Vorzüge
anderer Art vorhanden sein, die für gewisse Zwecke jene Einbusse
aufwiegen. Ich habe nun die von Herrn Wagner beanstandeten Latten
für Zielweiten bis zu 600 m (mit einem distanzmessenden Femrohr von
etwa 30facher Vergrösserung und mit der Gonstanten 200) verwendet
(ohne dies, schon wegen der Schwierigkeit der Verständigung zwischen
Latte und Instrument gerade empfehlen zu wollen); und bis zu den
Zielweiten, die bei der Gonstanten 100 eine 4 m lange Latte zulässt,
nämlich bis zu 400 m, ist von Allen, denen ich die Halbdecimeter-Strich-
Theilung mit groben Strichen und grosser Bezifferung und die Decimeter-
Feldertheilung ohne Bezifferung (z. B. der prenssischen Landesaufnahme)
vergleichend im Fernrohr gezeigt habe, der ersten der Vorzug gegeben
worden. Anderseits erinnere ich mich kaum, mit dem Fernrohr eines
kleinen Tachymetertheodolits, d. h. mit der Vergrösserung 20 — 25, eine
Ablesung an einer Gentimeterlatte auf 300 m gemacht zu haben und
will es gern Anderen überlassen, das zu empfehlen. — Aber eine
schon mehrfach (u. a. auch hier) ausgesprochene Bitte möchte ich
bei dieser Gelegenheit wiederholen: man sollte die zwei Arten von
Tachymetrie, um die es sich für die Praxis handelt, auch in den Erörte-
rungen über Genauigkeit u. s. f. genügend auseinanderhalten. Der eine
Zweig der Tachymetrie, der z. B. die optische Entfernungsmessung in
die Katasterpraxis einzuführen sucht, will mit Recht eine möglichst der
Genauigkeit der altgewohnten Aufhahmemethoden sich nähernde Ge-
nauigkeit anstreben, auch wenn die Ersparniss an Zeit und Mühe bei
der Arbeit im Vergleich mit der Trennung von Horizontal- und Höhen-
messung und überhaupt mit dem seitherigen Verfahren dadurch weniger
gross wird; der andere Zweig der Tachymetrie aber — man kann ihn
kurz als topographische Tachymetrie bezeichnen und darf ihn ohne
Weiteres den wichtigern von beiden nennen — ordnet mit demselben
Recht der Schnelligkeit und Bequemlichkeit von Messung und Rechnung
von horizontaler Entfernung und Höhe alle andern Rücksichten unter,
bis zu sehr grossem Maass auch die auf Genauigkeit der Messung.
An dem von Herrn Wagner angezogenen Orte habe ich mich aus-
drücklich auf diesen zweiten Zweig der Tachymetrie beschränkt, für den
Erörterungen über Genauigkeit, wenn auch nicht gleichgültig, so doch,
wie gesagt, von untergeordnetem Interesse sind: ob man z. B. ^2000
oder ^/500 oder sogar ^j^^ der Entfernung als m. F. der horizontalen
Entfernung anzunehmen hat, ist für diesen Zweig der Tachymetrie ziem-
Bücherschaa. 655
lieh gleichgültig; nieht gleichgültig aber ist für ihn^ ob die Messung
und Ausrechnung eines Punktes 1/2, 1 oder 2 Min. in Anspruch nimmt,
und nicht gleichgültig wäre, wenn man die von mir empfohlene Latte
nach der offenbar auf Versehen oder Missverständniss beruhenden Angabe
von Herrn Wagner nur bis 150 m Entfernung brauchen könnte.
Ich wiederhole, dass man bei uns in Deutschland viele Erörterun-
gen über Tachymetrie ersparen oder abkürzen könnte, wenn man sich
endlich eiitschliessen wollte, auf die oben angedeutete, in der Sache
begründete Unterscheidung Rücksicht zu nehmen.
August 1896# Prof. Dr. Hammer.
BOcherschau.
Die Kunst des Stabrechnens, Gemeinfassliche und vollständige Anleitung zum
Gebrauche des Rechenstabes auf allen Gebieten des praktischen Rechnens
für den Selbstunterricht u. s. w. von Bernhard K. Esmarch, Ingenieur.
Mit 2 Tafeln und 148 Textfiguren. Leipzig, Ernst G inthers Verlag, 1896.
Preis 4 Mark.
Diese Schrift gibt zuerst eine allgemeine Betrachtung und Theorie
des Stabrechnens, d. h. des Rechnens nach dem graphisch-logarithmischen
Prinzip, Multipliziren, Dividiren, Product dreier Zahlen u. s. w., dann
kaufmännisches Rechnen, Zinsrechnung, Rabattrechnung, Effectenrech-
nung u. s. w. und zum Schluss technisches Rechnen, Quadriren, Kubiren,
Sinus, Cosinus u. s. w.
Am meisten aber hat uns interessirt die Beschreibung eines neuen
englischen Rechenapparates, weichet bezogen werden kann von Aston
& Man der, 25 Old Gompton Street, Soho, W. London, Rechenstab-
und Zeichenbedarfsfabrik, alleinige Erzeuger der Rechenapparate System
Hannyngton, äquivalent Rechenstäben bis zu 10 Meter Länge. Von
dieser Quelle haben wir einen solchen Apparat zum Preis von 42 Mark
bezogen, welcher in nachstehender Zeichnung S. 656 dargestellt wird.
Der obere, Haupttheil dieser Zeichnung enthält in Gitter form oder
Rostform das Rechenbrett selbst mit 9 Scalen von je 61 cm Theilnngs-
länge, also 549 cm Theilung, so dass man zunächst sagen könnte, es
sei das einem gewöhnlichen Rechenschieber von 5,49 Meter Länge ent-
sprechend; doch wird das noch reduzirt, wie nachher anzugeben ist.
Der untere Theil der Zeichnung S. 656 stellt den aus 5 Theil-
Stäben bestehenden ebenfalls rostartig construirten beweglichen Schieber
vor, welcher an verschiedenen Stellen des Haupttheils eingesetzt werden
kann und dadurch die fortgesetzt in einander übergehenden Scalen des
Haupttheils nach Umständen auszunützen gestattet.
Das Ganze ist also ein in Theile zerschnittener und in Parallel-
stücken angeordneter Rechenschieber.
Die beweglichen Scalen sind halb so lang als die festen Scalen
und daher kommt es, dass, wenn man mit der linken Schieberseite über
656
Personalnachrichten.
Hannyngton^s Rechentafel
natürliche Grösse 68 cm lang, 20 cm breit, Tcrkleioerte Darstellung
in Ve do^ natürlichen Grösse,
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äie Mitte des Hauptkörpers nach rechts fährt, das rechte Schieberende
rechts hinausraert, und nach Umständen keine Ablesung mehr gestattet.
Deswegen muss der zweite Stab der Haupttheilung bereits mit der
Ziffer 16 anfangen, welche schon auf der Mitte des ersten Stabes befind-
5
lieh ist u. s. w., d. h. die 5 ersten Stäbe I enthalten nur die —fache
Theilnngslänge eines Stabes von 61 cm oder zusammen 1^525 m und die
nachfolgenden 4 Stäbe von I spielen die Rolle, welche der Verdoppelang
der Theilung eines gewöhnlichen Rechenschiebers zukommt. Da die
Theilungseinheit des gewöhnlichen Schiebers 12^5 cm ist, haben wir also
in dem Hannyngton'schen Rostschieber eine Vergrösserung von
1,525: 0,125 = rund 12, oder da der gewöhnliche Schieber 25 cm lang
ist, kann man auch sagen, der Hannyngton-Rostschieber entspricht einem
gewöhnlichen Schieber von 12X2^cixi = 3 Meter Länge. Auch die
Rechengenauigkeit soll also^ wenn keine Fehlerquellen durch die Ab-
setzungen vorkommen, das 12 fache des gewöhnlichen Rechenschiebers
sein. /.
Personalnachrichten.
Königreich Württemberg. Seine Eönigl. Majestät haben aller
höchst geruht unterm 8. September 1896 den Bezirksgeometer Ströh-
lein in Calw zur Ruhe zu setzen und nhterm 12. October 1896 die
erledigte Bezirksgeometerstelle Calw dem Oberamtsgeometer Hörz in
Waiblingen zu übertragen.
Neue Schriften über VermesBangswesen. 657
Neue Schriften Ober Vermessungswesen.
Handbuch der Vermessungskunde von Dr. W. Jordan, Professor an
der technischen Hochschule zu Hannover. HI. Band, Landesver-
messung und Grundsttge der Erdmessung. 4. verbesserte und er-
weiterte Auflage. Stuttgart 1896. J. B. Metzler^scher Verlag.
20 + 594 + 64 = 678 Seiten 80. Preis 12,80 Mk.
Arbeiten der topographisch - geodätischen Commission der Naturforscher-
gesellschaft. Theil III. Moskau 1895. gr. 4. 31 u* 124 pg. mit
1 Karte. — Russisch. 8 Mark.
Jäderin, £., och lAndeberg, K. Komparationer emellan Sveriges
Meterprototyp och tre Statens Institutioner tillhöriga hufvudlikare
och Normalmatt. Stockholm. (Vet.-Acad. Handl.) 1895. gr. 4.
84 pg. 5 Mark.
Landes -Triangulation, Die Kg. Preussische. Abrisse^ Coordinaten und
Höhen sämmtlicher von der Trigonometrischen Abtheilung der Landes-
aufnahme bestimmten Punkte. Herausgegeben von der Trigonometr.
Abtheilung der Landesaufnahme. Theil XIII: Regierungsbezirk
Potsdam. Berlin 1896. Lex. 8. 9 u. 946 pg. mit 17 Beilagen,
cart. 12 Mark.
Daraus einzeln: Coordinaten u. Höhen sämmtlicher von der
Trigonometr. Abtheilung der Landesaufnahme bestimmten Punkte
im Reg.-Bez. Potsdam. 4 u. 230 pg. cart. 2,50 Mark.
Gt/sin, J.j Ingenieur. Tafeln z. Abstecken von Eisenbahn- u. Strassen-
curven in neuer Theilung (Centesimal - Theilung). 2. Auflage.
148 Seiten 8», solid geb. Preis 4,50 Mk.
— Peripheriewinkel-Tafeln z. Abstecken v. Eisenbahn- und Strassen-
curven in alter Theilung (Sexagesimal-Thlg.). 2. Aufl. 86 Seiten 8^.
geb. Preis 2,30 Mark. Verlag von Gebr. Lttdin, Liestal (Schweiz).
Uebungsbuch für die Anwendung der Ausgleichungsrechnung nach der
Methode der kleinsten Quadrate auf die praktische Qeometrie von
E. Hegemann, Professor an der landwirthschaftlichen Hochschule
in Berlin. Mit 37 Textabbildungen. Berlin 1896. Verlagsbuch-
handlung Paul Parey.
Die Kippregeln, deren Verwendung, Prüfung und Berichtigung. Ein
Leitfaden für die Architekten, Bautechniker, Landmesser etc. ver-
fasst von Dr. Arwed Fuhrmann, ordentlicher Professor an der
technischen Hochschule Dresden. Leipzig 1896. Verlag von E. A.
Seemann. 38 S. klein 8^.
Die Theodolite, ihre Einrichtung, Anwendung, Prüfung und Berich-
tigung. Eine Unterweisung für Architekten, Bautechuiker, Land-
messer u. 8. w. verfasst von Dr. Arwed Fuhrmann, ordentl.
Professor an der technischen Hochschule Dresden. Leipzig 1896.
Verlag von E. A. Seemann. 136 S. klein 8^.
j * ^ I 1* ^->
658 Neue Schriften über Vermessungswesen.
Des Ingenieurs Taschenbuch. Herausgegeben vom akademischen Verein
„Hütte". 16., völlig neu bearbeitete Auflage. 2 Theile. Berlin 1896.
8. 990 und 624 p. mit 2 Tafeln und 1008 Holzschnitten. In
2 Lederbänden. 16 Mark.
Dolezaly E,j Die Anwendung der Photographie in der praktischen Mess-
kunst. Halle 1896. gr. 8. mit 31 Abbildungen. 4 Mark.
Helmert, F. JB., Ergebnisse von Messungen der Intensität der Schwer-
kraft auf der Linie Kolberg-Schneekoppe. (Berlin, Mittheil. Akad.)
1896. gr. 8. 5 p. mit 1 Holzschnitt. 1 Mark.
Lilienthal, R. v., Grundlagen einer Krümmungslehre der Curvenschaaren.
Leipzig 1896. gr. 8. 6 Mark.
Das Vermessungswesen der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Dresden.
Die Triangulationen I.^ II., III. Ordnung, im Auftrage des Rathes
zu Dresden bearbeitet vom Stadt -Vermessungsamt. Mit 3 Tafeln
und 36 in den Text gedruckten Figuren. Dresden 1896, Wilhelm
Bänsch, Verlagsbuchhandlung. 191 Seiten 4^.
Die Königlich Preussische Landes-Triangulation, Hauptdreiecke VIII. Theil.
A. Die Hannoversche Dreieckskette^ B. Das Basisnetz bei Meppen,
C. Das Wesernetz. Gemessen und bearbeitet von der trigono-
metrischen Abtheilung der Landesaufnahme. Mit einer Uebersichts-
tafel und 24 Skizzen. Berlin 1896, im Selbstverläge^ zu beziehen
durch die Königliche Hofbuchhandlung E. S. Mittier u. Sohn,
Kochstrasse 68/71.
Verhandlungen der vom 25. September bis 12. October 1895 in Berlin
abgehaltenen 11. allgemeinen Conferenz der internationalen Erd-
messung und deren permanenten Commission. 1896, Verlag von
Georg Reimer in Berlin.
Rechentafeln, welche die Producte aller Zahlen unter 10 000 in alle
Zahlen bis 100 enthalten und daher die Multiplication und Divi-
sion mit diesen Zahlen ganz ersparen, bei grösseren Zahlen aber
zur Erleichterung und Sicherung der Rechnung dienen. Grosse
Ausgabe, bearbeitet von Lud wig Zimmermann. Lieben wer da
1896. Verlag des technischen Versandtgeschäftes R. Reiss.
Sur l'erreur de refraction dans le nivellement göom^trique par M. Ch.
Lalleman d. Gautiers-Villars et fils. Paris. Quai des Angustins 55.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen : lieber das Stangenplanimeter, insbesondere ein
Stangenplanimeter mit Rolle, von Hamann. — Bestimmung der Nordrichtung,
von Jordan. — Ein neuer Theodolit ohne Kreistheilung und Nonienableaimg,
ven Hey de. — Theilung fUr Distanzlatten, von Hammer. — BQdiersciMiy. —
Personalnaebrieblen. — Neue Schriften Ober Vermessungewesen.
Verlag von Konrad Wittwer Stuttgart — Drack von Gebrüder Jänedce in Hannorer.
ZQTSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN;
Organ des Deutschen Geometervereins. ' '
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Herausgegeben von
, Pr. w;« Jord^aa, ..und 0. Steppesi
Professor in Hannover Steuer-Rath in Mttnchen.
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ISW, Heft 22. Band lÖL^.
16. November, h^ —
t'
nhai— ^^M1— ^M^t^M^^i
Smjth'schen Untersuchungen mit dem Oculürfadeii-
distanzmesser«
Der Ingeniear L. 8. Smith in Wisconsin hat in den Jahren 1892
und 1893 bei der mexikanischen Orenzvermessung nnd im Sommer 1894
in Wisconsin ausgedehnte Versuche über das Zittern der Fernrohrbilder
und den ESinflnsS; den dieses^ sowie die Strahlenbrechung in der Nähe
des Erdbodens auf die Genauigkeit der Messungen mit dem Ocularfaden-
distausmesser austtben, angestellt.
Die Ergebnisse dieser interessanten Untersuchungen sind mitgetheilt
in der Abhandlung: „An experimental study of field methods which will
insure to stadia measurements greatly increased accuracy, by Leonard
Sewal Smith, B. 0. E., Instructor in Engineering. Bulletin of the Uni-
versity of Wisconsin, Engineering Series, Vol. 1, No. 5, Pg. 101 — 145,
June 1895.'' Wir geben hier einen Auszug daraus.
Bei der mexikanischen Grenzvermessung wurde, längs der Grenze
zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko von El Paso^ bis zum
Stillen Ocean, ein Streifen von 700 engl. Meilen Länge und 2,5 engl.
Meilen Breite mit dem Taehymetertheodolit aufgenommen. Die ersten
100 Meilen dieses Gebietes wurden auch mit der Kette gemessen,
während die früher von der Landes- «nd Kttstenvermessung der Ver-
einigten Staaten ausgeführte Triangulirung in Verbindung mit den geo*
graphischen Längen zur Gontrole diente. Schon nach dieser Strecke
zeigte sich die Ueberlegenheit der tachymetrischen Methode nicht nur
hinsichtlich der Schnelligkeit, sondern auch betreffs der Sicherheit gegen
grobe Fehler. Gleichzeitig aber zeigte sich auch, wie die Genamgkeit
der optischen Distanzmessnng von dem Zittern der Fernrohrbilder und
der Strahlenbrechung in der Nähe des Bodens beeinflusst wird. Das
zur Feststellung dieses Einflusses angewandte Beobachtungsverfahren
war folgendes: Die in Centimeter getheilte Latte, deren Hinterseite von
2 m Höhe an noch mit 2,5 bis 10 cm breiten schwarzen und weissen
Streifen, wie in Fig. 1, versehen war, wurde in Abständen von 100
Zeitschrift für Vermessimgswesen ISW. Heft SS. 43
«60
Petzold. Die Smith^schen Untersuchungen
big 150 SkhtHt bis'^sa einer Entfernung von 800 m mit einem Tachy-
tteterfernrofar biddbuchtet. Der mittlere Horisontalfaden wurde jedesmal,
nachdem die Entfernung auf der Vorderseite der Latte abgelesen worden
war, auf denjenigen Streifen der hinteren Lattenseite gebracht^ dessen
Fig. 1.
Fig. 2.
Breite nahezu gleich dem Betrage
war, am welchen das Fernrohrbild
in verticalei* Richtuüg hflpfte.
Später wurde auch die Zahl der
Vibrationen des Bildes in der Minute
mit vermerkt, wobei unter einer
Vibration die Bewegung des mitt-
leren Horizontalfadens von einer
Orenze des genannten Streifens b^s
zur anderen verstanden wird. Die
zeitlichen Bildbewegungen, die am
Rande der Latte. einer Wellenbe-
wegung (Fig. 2) ähneln, wurden, da
sie mehr bei der Horizontalwinkel-
messung als in der Taefaymetrie
UachtheiUg wirken, weniger ^ein-
gehend studirt. Die am ausführ-
liebsten untersuchten verticalen Be-
wegungen des Fernrohrbildes zer^
fallen in zwei Bewegungen, die hier
primäre und seeundäre Vibrationen
genannt und durch naebstehende
Figur 3 erklärt werdeo. / -^
(^h; ) .Die ersten Bewegungen haben . eine ; grössere Aussphlagweite und
ij^wingungsdauer als die zweiten. Die primären Schwingungen scheinen
.weniger, regelmässig zu sein, und.eioen grösseren Einfluss auf die Ge-
iunuigkeitj der optischen Distanzmessung auszuüben als die secundären
fi!(^wipgungen»\ Durch Gurven wird die Schwingungsweite als Function
der ZieJwQite, der Lufttemperatur und der Tageszeit dargestellt, wobei
sich zeigt, dass das Zittern nicht zur ^eit der höchsten Lufttemperatur
.am stärksten ist, sondern dann, wenn der Unterschied zwischen Luft-
: nod Bödentemperatur ein Maximum wird. Dieser Zeitpunkt fällt im
rSommek* in der Regel zwischen 10 und 11 ^ Vormittags. Bei durch
^Wolken gänzlich, bedeckter Sonne geht die für Sonnensehein steile Curve,
N^ie die 'Ausschlagweite des Zitterns als /Function der Ziel weite darstellt,
j|n. eipe, flache Gerade über und nimmt bei theilweiser Sonnenbedeckung
eine Mittellage an. .Wird das Product aus der Zahl der Vibrationen
in der Minute und der Ausschlagweite als Maass des Zitterns angenoa-
: men, so zeigt sich ebenfalls, dass dessen Maximum im Allgemeinen Vor-
cmittagi^ gegen li^ eintritt. Nachmittags nimmt das Zittern längsamer
ab, als es Vormittags zunimmt, bis gegen 6 ^ Abends keine Bewegung
mit dem Ocularfadendistanzmesser. ggj
des Fernrohrbildes mehr wahnonriimea igt Im Sommer zeigt sich j»^6h ein
schnell vorübergehendes NebenmAximam zur Zeit des Sonneuaufgaiigeä'.
Während die durch das Zittern dea Bildes hervorgebraohte filttrang
der Visnr nur einen zufälligen Fehler in der Distanzmessung zur. Folge
hat^ tritt bei Visuren nahe dem Erdboden noch eine andere, : eiöen
systematischen Fehler erzeugende Störupgsuraache auf^ die von Smith,
in Ermangelung eines anderen Namens, Differential-Refraction genannt
wird. Diese Refraction ist der Untersclued der Brechung der durch
den oberen und unteren Fernrohrfaden^henden Ziellinien. , Vor fiönnen-
aufgang ist am Boden dile Dichte der Luft am grössten, später, wird an
dieser Stelle die: Luft durch die de« Boden bestrahlende .S(mne .^m
Fig. 3. meisten erwärmi, ; /was
wiederum eine Verdünn-
ung der Luft zui* Folge
—miliilLWKZ^Ji''"K^^ g^ dass bis Z9 einer
^ ~ " dichte vom Boden an
nach, oben hin ^onimmt.
Innerhalb dieser Höhe^
die ZU verschiedenen Tages- und Jahreszeiten eine verschiedene i^, müssen
die Lichtstrahlen aufwärts gebrochen werdidn, wohingegen bei höheren
Visuren eine Ablenkung nach unten eintritt. Bleiben; nun die 4urch beide
Femrohrf^den gehenden. Ziellinien innerhalb jener Höhe, so wird die
untere stärkor gebrochen als die obere und es ist; weil beide in demselben
Sinne abgelenkt werden^ der Fehler in dem die Entfernung 'darstellen-
den Lattenabschnitte gleich der Differenz der AblenlEungen. . Werden
jedoch beide Ziellinien im entgegengesetzten Sitoe gebrochen^ was bei
der Distanzmessung im Allgemeinen nicht vorkommt, dann ist der Fehler
in. der Lattenablesung gleich, der, Summe der. Ablenkungen. Der Zu-
sammenhang zwischen dor Differential-Refraction und dem Zithern des
Femrohrbildes wurd^ nun für den Sommer in den Jahren 1893.^nd 1394
in einer Luftschicht von 0,5 bis 4 m Höhe über dem £lodeq eingehend
mit untersucht. Hiernach ist das Product aus der Ausschlagweite der
Vibrationen des Fernrohrbildes und ihrer Anzahl in der Minute für Ent-
fernungen von 100, 200, 300 und 400 m als Function der H^he- 4er
Ziellinie über dem Boden durch Curven dargestellt worden.:. Es., zeigt
sich dabei stets, dass für Ziellinien zwischen 4 bis herab zu ^Im Höhe
über dem Boden das Zittern des Bildes langsam zunimmt, nachher aber
innerhalb 1 m und 0,5 m Höhe sehr schnell mit der Annäherung der
Ziellinie an den Boden wächst. Zur Erklärung wird der vom Boden
aufsteigende, erwärmte Luftstrom mit einer si^h durch j.eden leichten
Windstoss verändernden gössen Concay linse yearglichen |ind . dies : noch
durch folgendes Experiment zu bestätigen gesucht : Ein Lanipeplicht
Ifurde unter die Visirlinie zwischen Tachymeter und Latte .gesetzt un,4
■ '^ • "43*. .' ". "' .
662
Petzold. Die Smith*Behen Untemichinigen
•die- Refraction gemessen; nachher wurde das Verfahren bei höherer
Zieltinie wiederholt, woibei sich eine Vermindernng der Strableobrechaiig
zeigte. Bei Annähorang des Lichtes an den Tachymeter nahm die
l^echimg an. £s geht hieraas auch mit henror, dass die primäres
ScUwingangen des Fernrohrbildes darch Brechwrg und Störung der
Strahlen in den. in der Nähe des Tachymeters aofeteigendeB: warmeB
Lnftströmen hervorgebracht werden^, während die aecnndärenSchwingangei
ihre gleiche Ursache in der Nähe der Latte )haben.. Mb weiterer
experimenteller Nackweis der Differential-Refraction oder der^ Zunahnie
4er Strahlenbrechung mit der Annäherung der c^eUmie au den Erdhoden
wurde durch Feldbeobaditungenv deren Ergebnisse in der: fölgeuden
Tafel 1 wiedergegeben sind, geliefert.
Tafel 1.
Hohe Ziellinie | Niedrige
Ziellinie
Wahre
Ent-
fernung
Bemerkungen
. Beobach-
tete
Entfer-
nung
Fehler
•
Beobach-
tete
Entfer-
nung
Fehler
m
487,48
458,57
427,49
396,80
366<,42
335,04
304,66
m
- 0,27
+ 1,31
+ 0,71
+ 0,51
' +0,61
-0,29
-0,18
m
484,46
455,57
424,70
395,01
365,02
332,69
302,97
m
— 3,29
- 1,69
-2,08
— 1,28
-0,79
— 2,64
-rl,87
487,75
457,26
426,78
396,29
365,81
335,33
,304,84
23. August 1894
11h Vormittags.
' Lufittemperatar:
89 ö F. iiii Schatten
102 <> F. in der Sonne.
Sonnenschein
und schwacher Wind.
Sa. 2776,46
+ 2,40
1
+ 115«
der Entf.
2760,42
— 13,64
1
203
der Entf
2774,06
■ •
■
Die in der ersten Spalte aufgeführten Beobachtungen wurden bei
der gewöhnlichen Instrumenthöhe von 1,4 m, diejenigen in der dritten
Spalte bei niedrigem Instrument^ von nur 0,25 Höhe über dem Boden,
erhalten. Die letzten Beobachtungen zeigen einen grossen systeoiatischen
Fehler, während die kleineren Fehler der ersten Beobachtungswerthe
verschiedenes Vorzeichen haben. Das Minuszeichen der Fehler der
zweiten Beobachtungen erklärt sich dadurch, dass beide Strahlen in
demselben Sinne gebrochen werden, der untere jedoch beträchtlich stärker
als der obere. Bei den ersten Beobachtungen tritt zwar auch noch
eine Brechung in demselben Sinne ein, aber der Betrag, um welchen
der untere Strahl stärker als der obere gebröchen wird, ist bereits so
gering, dass die zufälligen Fehler fiberwiegen.
Zur Untersuchung der Abhängigkeit der Differential-Refraction von
der Länge derVisiriinie und der Tageszeit oder, was hier dasselbe ist^
des Einflusses der* Ziel weite und der Tageszeit auf die Genauigkeit der
'Optischen Distanzmessung wurden in den Monaten Juli und August 420
von einander unabhängige Messungen mit dem Distanzmesser auf einer
Biit dem Oculärfadendistanzmesser.
663
Linie von 2217 m Länge aasgefiihrt. Diese von 100 zu 100 Fnss (engl.)
nach genauer Stahlbandivessung mit Majrken versehene Linie bildete
den Umfang eines Vierecks, um, ausser anderen Vortheilen, wegen der
verschiedenen SonnenstrahlHchtungen bessere Mittel werthe zu erlangen.
Von 60,97 bis 609,68 m {200 bis 2000 Fuss engl.) Abstand vom Tachy-
metei^tandpunkto wurde die Latte von 100 zu 100 Fuss beobachtet/
wobei die Entfernungen bis zu 304,84 m mit ganzem und die von 335,33
bis 609,68 m mit halbem Fadenabstande gemessen wurden. DieBeobach-«
tungen wurden für jede Entfernung 7 bis 14 Mal sowohl unter günstigen
atmosphärischen Bedingungen in den Morgen- und Nachmittagsstanden,
als auch unter ungünstigen Verhältnissen in der Zeit von 9 ^ 30 ™ Vor-
mittags bis 2 ^ 30 ™ Nachmittags angestellt. Gleichzeitig wurde jedes-
mal ausser der Tageszeit die Lufttemperatur, die Bewölkung und der
Qrad des Zittems des Fernrohrbildes mit notirt. Die Gesammtergeb-
nisse dieser Beobachtungen sind in den folgenden Tabellen 2 und 3
mit dem wahren Fehler der Summe der Beobachtungen jeder Strecke und
dem durchschnittlichen Fehler jeder einzelnen Beobachtung aufgeführt.
Tafel 2.
BS
Beobachtungszeit 7 bis 9^ Vormitt. und 2^/2 bis 7^ Nachmitt.
Kurze Ziellinien.
Lange Ziellinien.
Wahre
Länge der
beobach-
teten
Strecke
u5
o
u
Wahrer
Fehler der
Summe der
Beobachtun-
gen einer
Strecke
Durch-
schnittl.
Fehler
einer
Beobach-
tung
Wahre
i
Länge der
beobach-
teten
u
TS
«■1
Strecke
Wahrer
Fehler der
Summe der
Beobachtun-
gen einer
Strecke
Durch-
schnitt!.
Fehler
einer
Beobach-
tung
m
60,97
91,45
121,94
152,42
182,91
213,89
243,87
274,36
304,84
14
12
10
12
14
12
14
11
12
Summa
m
+ 0,51
— 0,07
+ 1,10
— 0,04
+ 3.75
+ 1,45
+ 0,20
— 0,02
+ 0,64
110«
1
1545
3
IIOÖ
1
1793
1
623
1
1004
1
3556
1
961
1
870
m
335,33
365,81
396,29
426,78
457,26
487,75
518,23
548,72
579,20
609,68
11
13
10
12
9
12
10
11
9
9
m
+ 1,55
+ 3,36
+ 4.12
+ 3,50
+ 0,40
+ 0,16
+ 7,49
+ 3,30
+ 2,68
+ 1,85
1322
1
866
1
563
1
1153
1
1106
1
1134
1
674
1
1262
1
951
1
878
+ 7,52
Summa
(
+ 28,40
+ 1741/
em
Petzold. I^e Smith'aelien Uutenitchiuigeii etc.
Tafel 3.
B^obaehtungszeit 9 '^ Vormitt. bis 2 ','2^ Nachmitt.
■» t
Kurze Ziellinien.
Lange Ziellinien.
Wabfe
[Läng^der
beobach-
tet^
Strecke
m
et
Wahrer
Fehler der
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Beobachtun-
gen einer
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Dnrcfa-
Bchnittl.
Fehler
einer
Beobach-
- tiinsr
Wahre
i
Länge der
beobadit
(t^ten
u
TS
es'
Strecke
^4
Wahrer
Fehler der
Summe der
Beobachtun-
gen einer
Strecke
Darch-
schmttl.
.Fehler
. , einer
Beobach-
tung
60,97
91,45
121,94
152,42
182,91
21d^9
243,87
274,36
304,84
13
10
13
9
12
10
12
9
13
m
+ 0,07.
-r 1.22
+ 0,54-
- 1,03
+ 2,79
- 3,06
- 2,29
- 7,30
~ 16,01
1029
1
6^2
1
677
1
831
1
625
_1_
4i>2
1
1104
1
338
1
216
m
335,33
865^1
396,2?
426,78
457,2a
487,75
518,23
548,72
579,20
609,68
11
13
9
13
11
12
9
11
8
m
8,89
20,96
16,93
26,09
18,65
30,43
21,58
29,49
23,74
33,03
396
2ü9
194
202
J_
236
184
J_
212
204
J_
171
J_
148
Summa
— 28,01
\ ^55/
Summa
— 229,78
\'~2Ö9'/
Man sieht aus beiden vorstehenden Tabellen deutlich^ dass unter
ungünstigen Luftverhältnissen — bei hüpfenden Fernrohrbildern — auch
die Genauigkeit der optischen Distanzmessung eine beträchtlich geringere
wird jals unter den des Morgens und Nachmittags eintretenden besseren
Umständen. Für Entfernungen über 300 m hinaus nimmt der Fehler
langsamer zu als bei kleineren Entfernungen^ was seine Ursache darin
hat, dass im ersten Falle mit halbem Fadenabstande gemessen wurde,
wobjßi die untere Ziellinie wieder aus dem Bereich der starken Strahlen-
brechung herauskam. Wegen der durch starke und unregel-
mässige Strahlenbrechung in der Nähe des Bodens hervorgebrachten
Fehler in der Distanzmessung sehlägt Smith sogar, trotz der praktiscben
Schwierigkeiten^ die horizontale Lage statt der verticalen Stellung der
Latt6 vor. Der im allgemeinen positive Fehler in Tafel 2 zeigt gegen-
über dem vorherrschend negativen Fehler in der andern Tafel, dass die
Distanzmesserconstante nur für eine bestimmte Strahlenbrechung giU,
für andere atmosphärische Verhältnisse aber nicht mehr richtig ist. Die
Hammer. Diu nemeri Messlatten-Rednctor. 6g5
am weiligsten geeignete Zeit zur Bestimmung dieser Constante ist tier
Mittag. Ueberhaapt sollte die Distanzmesserconstante stets nnter solchen
Umständen bestimmt werden, die im Mittel denjenigen gleich kommen^ unter,
welchen die Feldarbeit mit dem betreffenden Instrumente ausgeführt wird.
Um eine genaue Bestimmung der Distanzmesserconstante zu erlangen^
wurde ihr Werth durch Beobachtungen der Latte in Entfernungen von
100 bis 1100 Fuss (engl.) zu verschiedenen Tageszeiten ermittelt und
von allen Ergebnissen — die in einer Tabelle der am Eingange genannten
Schrift aafgeführt sind — das Mittel genommen. Dies ist zweifellos
das beste Verfahren fUr alle Fälle/ in denen mit dem Di8ta.nzmesser die
grösstmögliche Genauigkeit angestrebt wird. Weitere Beobachtungen
zeigen noch, wie an Stellen mit abwechselndem Sonnenschein und Schatten
— z. B. auf einer von schattenwerfenden Bäumen eingefassten Chaussee —
der Fehler in der Distanzmessung im Allgemeinen grösser ist als bei
ununterbrochenem Sonnenschein.
Es braucht kaum erwähnt zu werden, dass die in den besprochenen
Untersuchungen angefahrten Beobachtungsergebnisse nur Mittelwerthe
für den Sommer des betreffenden Landes sind, da die in Frage stehen-
den Erscheinungen: Zittern des Fernrohrbildes und Strahlenbrechung in
der Nähe des Bodens, noch von vielen Nebenursachen mit abhängen,
wie der JahresZiCit, geographischen Lage, Bodenbeschaffenheit, Vege-
tation, Luftfeuchtigkeit u* a. Ein Verdienst L. S. Smith's ist es, den
immerhin beträchtlichen Einflass der Strahlenbrechung auf die Genauig-
keit der Distanzmessung zahlen massig nachgewiesen und daraus berech-
tigte Schlüsse betreffs der Bestimmung der Distanzmesserconstante gezogen
zu haben. M, Petzold.
Ein neuer Messlatten - Reductor.
Der Bereinigungsfeldmesser bei der wüfttembergischen Centralstelle
für die Land wirthschaft, HerrKrayl, hat eine neue Form des Instruments
zur Ermittelung der Reduction schief liegender Latten auf den Horizont
hergestellt (D. R. 6. M. angemeldet). Auf seinen Wunsch habe ich mit
diesem Instrument, für das der Name Gradbogen nicht mehr passt, weil
gar kein getheilter Bogen mehr vorhanden ist, und für das ich den
Nainen Messlatten -Reductor vorgeschlagen habe, einige Versuche an-
gestellt und gebe hier die Resultate nach kurzer Beschreibung des
sehr handlichen Werkzeugs.
Das Instrument zeichnet sich den seitherigen Setzgradbögen gegenüber
vor allem aus durch bequemere Ablesung, die zugleich von zwei Personen
von beiden Seiten der Messlatte her besorgt werden kann. Sodann ist
(vgl, Fig. 1) die Entfernung der Setzpunkte wesentlich grösser als bei
den seitherigen Constructionen; selbst starker Wind stört ferner nicht
bei der Arbeit, weil die Libelle am Pendel von der Luftbewegung un-
666
Hammer. Ein neaev* Mesalatton-Redactor.
ablkäiigig macht i*^) ; endlieh ist der Apparat für den Tränaport* in' tin Bebr
handliches Format zosammenankhippen (Fig.2): ein Etni ist 4»nlibebrlich,
d» Beschädigungen kaum zu beftlrchten sind, und der Messgehttlfe trügt
das ganz leichte Instrument bequem mit den Messlatten zusammen.
V V V V Y Y Y y
M MAiMr
Wie die Figur 1 zeigt, besteht das aufgestellte Instrument ans
einem leichten Holzrahmen in Form eines gleichschenkligen Dreiecks; in
dessen Spitze an einem Gelenkbolzen B das Pendel P aufgehängt ist. Dieses
hängt sich selbst vertical, so dass bei windstillem Wetter die Ablesung
unmittelbar erfolgen kann. Um aber auch bei windigem Wetter arbeiten
zu können und etwaige Reibungen des Pendels angezeigt zu erhalten,
ist am Pendel bei L eine wenig empfindliche (3') Libelle eingesetzt: wenn
man beim Gebrauch des Lattenreductors stets das Pendel unten erfasst
ui^d die Libelle zum Einspielen bringt, so ist man von der Rich-
*) Ich möchte hier die Anmerkung nicht unterlassen, dass selbstverständlich
die Verwendung einer Libelle auch an andern Gradbögen angeordnet werden
kann, und dass man sich auch bei der Staffelmessung von der Unbequemlichkeit
des Ablothens mit dem Schnurloth unabhängig machen kann. Verf. hat sich
schon vor 15 Jahren einen Ablother mit starrem Loth (wie man heute sagen würde)
zur Verwendung bei Staffelmessungen hergestellt, einfach aus einem starken
prismatischen Stab mit aufgesetzter, wenig empfindlicher Dosenlibelle bestehend,
dessen Kante dann den Anlegepunkt ftlr die folgende Latte bildete.
Hammer. Ein neuer MeBslatten-Bednctor»
667
tigkeit der selbi^tbätigen Wirkung des starren Senkels gams unabhängig*
Die Tkdlnngy auf der die Eeduetion der sehiefen Lattenlänge (5 m)
auf denHoriatfnt an dem Spalt 8p des Pendels abgelesen wird, befindet
sieh (doppelt) auf der Zange Z^ zwiaehen deren beiden Theilen das
Pendel P spielt. Ein Stück dieser TbeUung, um die Bütte (Nullpunkt),
ist in Fig. 3. : im Maassstab 1 : 2 herausgezeichnet. Die Theilung ist
einfach herzustellen: ist L die Länge der Latte, {Ür die der Latten-
reductor bestimmt werden soll (hier X/ = 5 m), so beträgt der Abzug
an L zum Zweck der Reduction der unter dem Winkel a gegen den
Horizont geneigten Latte auf die Horizontale
L — 2/ cos a = 2 L sin* -^r- ;
Fig. 2.
^
6
)
let ferner h der Abstand des Nullpunkts auf der Oberfläche der
TJieilungs-Ebene (auf den das Senkel bei genau horizontal
liegender Latte einspielen soll) vom Oelenkbolzen B, so ist
der Punkt, auf den das Pendel bei der Neigung a der) Latte
einspielt, vom Nullpunkte um A • tg a entfernt. Nach diesen<
beiden Relationen ist die Eintheilung und Bezifferung (Re-
ductionen in Millimetern) der Theilung sehr einfach zu machen.'
Die Setzpunkte A^, A^ des Lattenreductors sind rund 1,2 m
d von einander entfernt, mit Messingblech beschlagen und gegen
das Abgleiten von der Latte durch seitliche Schutzbleche ge-
sichert (bei Seh sichtbar). Bei B befindet sich eine Feder,
die als Arretirung des Pendels dient vor dem Zusammen-
klappen des Apparats. Dieses Zusammenklappen zu der in
Fig. 2 gezeichneten Form und ebenso die Aufstellung zum
Gebrauch aus der Transportform ist wohl aus den Figuren ohne
weitere Beschreibung genügend deutlich; es ist hierbei alles
recht zweckmässig ausgedacht. Die Höhe des aufgestellten
Apparates beträgt rund 1,3 m, die Höhe der Scale über der
Latte 0,7 m.
Beim Gebrauch wird man, wenn die Latten nicht prisma-
tisch sind, sondern wie gewöhnlich gegen das Ende sich
etwas verjüngenden Querschnitt haben und gut gerade ge-
blieben sind, bei etwas beti^chtlicher Neigung nur darauf zu
achten haben, dass der Reductor etwa über der Mitte der
Latte aufgesetzt wird; bei hohl liegender Latte ist die Auf-
setzstelle mit Rücksicht auf die Durchbiegung der Latte zu
wählen. 5 m lange Latten sind nicht zweckmässig prismatisch
JcA. herzustellen, da sie zu schwer werden, wenn man sie ätark
genug machen will (so das» äe z. B. auch beim Staffelmessen genügend
gegen Einschlag gesichert sind); besonders bei Schneidenlatten ziehe
ich gern, eben mit Rücksicht auf das Gewicht, starke 3- oder höchstens
4 m Latten den 5 m- Latten vor. Auf die Vorzüge und Nachtheile ein-
6igg) Hammer. Ein aaaer Measlatton-RddiiGtor.-
faeb. (gerade) abgeschnittener Latten und Schnddenlatten (oder Latten mit
in ilbnlicfaer Weii»e Schürfer bezeichnetem Endpunkt an Stelle einer End-
flilche) bei der Messung mit schief liegenden Latten will ich hier nicht
weiter eingehen, rielmehr auf meinen Aufsatz in den „Mittheilungen
des Wttrttemb. Oeom^-Vereins^ 1894, Nr. 1, 8. 1—12 und den Auftatz
von St ei ff über den Oonser^schen Gradbogen in d. Z., 1893,
S. 242*^249 verweisen. In dem zuerst genannten Aufsatz sind auch
einige Zahlen über die nothwendige Genauigkeit der Nelgnngs-
meesung der Latten zu einem bestimmten Zweck angegeben, femer ist^
daselbst ein älterer Apparat des Verfassers zur Ablesung der Reductionen
beschrieben, der ebenfalls die höchst unbequeme Ablesung an der tief
liegenden Theilung des Gonser'schen und ähnlicher Gradbögen umgeht.
Zu Versuchen mit dem neuen Lattenreductor für 5 m-Latten habe
ich stumpf (gerade) abgeschnittene Latten von der gewöhnlichen
Form (ein Paar mit rundem, ein Paar mit ovalem Querschnitt; beide
gegen das Ende auf etwa 30 mm sich verjüngend) verwendet. Die Ver-
suche hatten Ver^leichung der Messung mit schiefliegenden Latten bei
Anwendung des Reductors mit der Staffelmessung bei nach Augenmaass
horizontal gelegten Latten in Beziehung auf die zur Messung erforder-
liche Zeit und die erreichte Genauigkeit zum Zweck.
. Die Zahlen, vom 18. März ' d. J., (Beobachter meist Assistent
Geometer Heer; zwei Messgehilfen) sind folgende:
4 I
1. Erste Versuchsstrecke. Waldweg, fester unbewachsener für
Staffelmessung günstiger Boden, für den Reductor insofern ungünstiger,
als die schief liegenden Latten vielfach nicht satt auf dem Boden liegen.
Neigungen 8°— 15^ durchschnittlich 10^
Bei den ersten vier der folgenden Messungen sind zwischen Anfangs-
und Endpunkt 4 Zwischenpunkte (gebohrte Pflöcke mit aufgesteckten
Stäben, die beim Ablesen bei der Staffelmessung mit dem Senkel vertical
gerichtet wurden) eingemessen worden: Endpunkte ^ und JP, Zwischen-
punkte B, CyD,E\ bei den beiden letzten Messungen der I. Versachs-
reihe ist aber nur die ganze Länge abgelesen. Die Art der Messung
entspricht in allen Einzelheiten unmittelbar dem in der Praxis Ueblichen.
Im Anfang der Messung (I. a.) ziemlich starker Wind; das Staffel-
messen mit dem Schnurloth (I. b«) wäre, wenn der Wind nicht bis dahin
fast ganz abgeflaut hätte, fast unmöglich gewesen.
a. Mit dem Lattenreductor.
1. Abwärts.
Zeit 12 Min.
AB— 28,19
AC— 53,79
AD== llj21
J^ — 101,59
^F — 126,09
2. Aufwärts.
Zeit 11 Min.
FE— 24,55
FD— 48,17
BC— 72,39
FB— 98,04
2^^=126,29
Mittel 1 und 2
1: ^/^— 126,19.
■
Hammer^ £iii jieaer. MeBslatten-RediietQr.
669
b. . Mit. AbBenkeln (mit zirei Lfttten);- dieselben Latten wie bei a.
1. Abwärts.
Zeit la Min.
c.
AB^ 28,27
AC = 53,87
^Z>= 78,09
^£7 = 101,73
^/'«s 126,31
Mittel Innd 2: ^F= 126,28.
Oanze Strecke ; Lattenreductor; dieselben Latten wie bei a. and b.
2. AafwArts.
FEt^ 24,53
Zeit ld*Min.
FD^ 48,t6
• ■ ' " ' « •
i^ü== 72,37
■-'i ■ . ■' ',
FB:=^ 98,00
_
FA «= 126,25
1. Abwärts. ^F= 126,10
ZeiüllMin.
2. Aufwärts. ' FA = 126,27
Zeit 10 Min.
Mittel 1 und 2: 4jP= 126,18.
d. Ganze Strecke ; S t a f f e 1 m e s s u n g; dieselben Latten wie bei a., b. und c.
1. Abwärts.
Zeit i^OMin;
CM
CO
r«
Od
Vf
Massstab'1:2.
4F= 126,29 2. Aufwärts. /''4 = 126,2S
Zeit 10 Min.:
Mittel 1 und 8: 41^=126,28.
Es sind zu dieser I. Strecke nocb folgende Bemer-
kungen zumachen: Die Messungen a. und b., c. und d.
sind iQSofem unmitteilbar: yergleicbbar, als dieselben
Lattein verwendet sind ; ebenso, sind b. 1 and b. 2.,
d. 1 und d. 2 unmittelbar vergleichbar, nicht aber auch
a. 1 und a. 2, sowie c. 1 und c. 2, weil bei ihnen
in Folge von Umsetzen des Gradbogens ein constanter
Fehler hereinkommt, der zuerst zu eliminiren wäre (bei
jeder Messung der ganzen Strecke ist der Redactor
auf den einzelnen Lattenlagen stets in derselben Lage
\
und Weise aufgesetzt). Was demnach nach Anblick der
obigen Zahlen (ohne auf eine schärfere rechnerische
Discussion der wenigen Resultate einzugehen) die Ge-
nauigkeit der beiderlei Messungen unter den gege-
benen Verhältnissen betrifft, so ist die Verschiedenheit
in Beziehung, auf den unregelmässigen Fehler nicht gross.
Es zeigt sich aber der bekannte Umstand, dass die
Staffelmessung mit nach Augenmaass horizontal gelegten
Latten einer negativen constanten Verbesserung bedarf
(126,28 gegen 126,19 beim Lattenreductor). Verf. pflegt
diese Verbesserung bei der Staffelmessung dadurch her-
zustellen, dass beim Absenkein mit dem Schnurloth ab-
sichtlich eine kräftige Schnur genommen wird, deren
halbe Stärke dann unberücksichtigt bleibt, d. h. den er-
forderlichen Zuschlag zur Lattenlänge vorstellt. —
Bei den hier mitgetheilten Messungen ist der abge-
senkelte Endpunkt jeder Stange (wobei diesmal eine
feine Senkelschnur verwendet wurde) z. Th. durch
670 Hammer. Ein neuer Messlatten- Redactor.
ddn Eindruck der Spitze des faUengelaasenen SenkeU . im Boden, z. TL
(bei za der. soeben angegebenen Bezeichnung wenig' geeignetem Boden,
z. B. Laub u. 8. f.) durch die Schneide des am Senkelpunkt eing^teckten
Taschenmessers bezeichnet. — Was die Bequemlichkeit der Messung
angeht, so ist dieJtfessung mit dem Reductor im Vortheil. In Beziehung
auf die Geschwindigkeit der Messung ist der Unterschied ziemlich
klein (beim Lattenreductor ist in den obigen Zahlen die Zeit zur
Rechnung, d. h. Summirung der R^dnctionen, mit inbegriffen). £s ist
dabei auch nicht zu vergessen, dass man bei Anwendung des Bednctors
bequemer als bei der Stafielmessung mit Einem Messgehilfen aus-
kommt (bei den oben angeschriebenen Staffelmessungen waren, wie schon
angegeben, zwei Messgehilfen verwendet).
. •' ' ' " • ■ . . .
IL Zweite Vtfrsuchsstrecke. Rasenboden. Neigung'auf 90 m Länge
von A aus 0^ bis Z\^, auf dem Rest zwischen 10^ und 15^ Beim
Absenkein Bezeichnung des herabgesenkelten Punkts mit der Messerschneide.
Nur mit Einem Senkel gelothet.
^ a. Mit dem Lattenreductor.
1. Aufwärts. ^B= 107,63
Zeit 8 Min.
2. Abwärts. BA = 107,60
Zeit 7 Min.
Mittel 1 und 2; vlß == 107,615.
b. Absenkein; dieselben Latten wie bei a.
1. Aufwärts. JB= 107,73
Zeit 8 Min.
2. Abwärts. BA = 107,69
Zeit 8 Min.
Mittel 1 und 2: ^B = 107,71.
0. Nochmals mit dem Lattenreductor; dieselben Latten
wie bei a. und b.
1. Aufwärts. ^£=107,66
Zeit 8 Min.
2. Abwärts. BA = 107,60
Zeit 7 Min.
Mittel 1 und 2 : ^ß = 107,63.
Auch hier zeigt sich, dass das Ergebniss der Staffelmessung mit
nach Augenmaass horizontal gelegten Latten jedenfalls etwas zu gross
ißt. In Beziehung auf die Abweichungen zwischen den Messungen
aufwärts und abwärts mit Benutzung des Reductors s. oben (das Werk-
zeug ist in derselben Art, wie dort angegeben, verwendet worden).
Ueberhaupt gelten alle bei 1 gemachten Anmerkungen auch hier. Die
beiden extremen Fehler, die beim Zusammenstossen von stumpf ab-
geschnittenen Latten mit verschiedenen Neigungen zu befürchten sind,
P«TBona)nEuthr[chten. .671
vgl. Pig. i, sind bei der IL Hessang wohl noch etnas sorgfUti^ ver-
miedeB als bei I.
Dieser Anlegefehler ist bakanatlicb cdner
der Hkuptgrttiide der Ueberlegenheit der
Genoitigkeit ron SdineidenUtten oder too
I>atteii, deren Endpunkte in ähnlicher Weise
Fia -# *'" sdiÄrferea Anlegen von Jtfitte gegen
^ Jlitte gestatten, Aber die gerade abge-
schnittenen Latten. Belbet wenn die zwei Schneiden (Fig. 5), die nicht
zu scharf sein dürfen wegen zu leicht vorkommender BeschKdieong
vielmehr zweckmässig mit dem Halbmesser 2 mm abgerundet nnd stark
zn härten sind, am den Betrag d nicht Hitte gegen Hitte liegen, bO ist
der Fehler, wenn a. den NeignngBmittel der nea anEolegenden Latte be-
deutet, (J-sin a, doch jedenfalls viel kleiner, als wenn cfmu ^^^ ganzen
Betrag der Dicke der stampf abgeschnittenen Latte erreichen k&nn.
Znm SehluBs sei der Krayl'sche Lattenreductor, ubei dessen Be-
zugsqnelle Herr Erayl Ansknnft giebt, nochmals bestens empfohlen.
Stuttgart, Harz 1896. Harwmr.
Personalnachrichten.
Der bisherige Leiter des städtischen Yermeasungsweaens in Berlin,
Herr Vermeasungs-Director von Hoegh, ist am I.October d. J. in den
Ruhestand getreten.
Herr von Hoegh ist am 28. November 1838 zu Olttckstadt in
Schleswig- Holstein geboren, nahm an den Orandsteaer-Termeasnngen in
Schlesien und Schleswig-Holstein ^— in den Jahren 1868 — 1675 als
Personal- VoTSteb er — Theil, wurde dann Kataster-Controleur in Kiel
und Übernahm im Jahre 187& die Leitung der Neuvermessung der
Reichsbauptstadt.
672 Neae Schriften über Vennesftiiiigswesen.
Darch seiae Thätigkeit in Berlin isl er in den Kreisen der Fach-
genossen in ganz Deutschland bekannt geworden. Das grossartige Werk,
welches bezüglich seines Umikngs unter den Stadtmessnngen einzig da-
stehen dürfte, ist unter seiner Leitung in musterhafter Weise durch-
geführt, der Abschluss desselben ist in längstens zwei Jahren zu
erwarten.
Seine Gesundheit war seit . Jahren — wohl in Folge der anstren-
genden, geradezu aufreibenden Thätigkeit, zu welcher ihn sein nie
erlahmendes Pflichtgefühl antrieb — sehr angegriÖen. In Folge dessen
ist er genöthigt gewesen, kurz vor Beendigung seines Lebenswerkes in
den wohlverdienten ißahestand zu treten.
Dem Deutschen Geometervereine gehörte von Hoegh seit dessen
Bestehen an. Wenn ihm seine anstrengende dienstliche Thätigkeit und
sein Gesundheitszustand auch nur ausnahmsweise gestatteten, an den
Vereins-Versammlungen theilzunehmen, so hat er die Bestrebungen
unseres Vereins doch stets aufmerksam verfolgt und nach Kräften unter-
stützt. Der fesselnde Vortrag über die Neuvermessung der Stadt Berlin,
den er auf der 17. Hauptversammlung im Jahre 1891 hielt (abgedruckt
in der Zeitschr. f. Verm.- Wesen, Jahrgang 1891, S. 385 ff.) ist gewiss
von allen Vereinsmitgliedern mit dem grössten Interesse gelesen, von
vielen eingehend studirt wqxden. Der Vortrag gibt. Zeugniss ebenso
sehr.voQ dem reichen Wissen, und vKönnen, wie von dem. edlep bescjiei-
.denen Charakter des Vortragende|n, der sein eigenes Wirkisn geringer
darzustellen sucht, um .desto grössere Anerkennung s.einen Mi^rbeitem
auszusprechen. Durch seine Geistes- und Charakter-Eigenschaften hat
Herr von Hoegh sich denn auch die Zuneigung, der ihm nachgeord-
neten Beamten uiid die Hochachtung aller Fac)igenossen in hohem Grade
erworben.
Hoffen wir, dass die wohlverdiente ßuhe ihn von' neuem kräftigen,
und dass er uns und unserer Wissenschaft noch recht lange erhalten
bleiben möge.
Altenburg, im October 1896. L. Winded.
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Studien über .flächentreue Kegelprojectionen von Heinrich Harti,
k. und k. Oberst im militair-geographischen Institute. Separat-
Abdruck aus den Mittheilungen des k. und k. militair-geographischen
Institutes. XV. Band. Wien 1896. Druck von Jobann N. Vernaj
in Wien. G.
Neue Schriften über VermesBungswesen. g78
UntersachungeD über die Anwendung dea pbotogr^mmetrischen Verfah-
rens für topographische Aufpahmen. Bericht an das eidgenössische
toppigr/iphisehe Bureau von M. Bosenmund, Ingenieur. Bern 1896.
Haller'sche Buchdruck erei (Fritz Qaller & Co.). R.
Bapport sur le9 travaux du service du Nivellement g^n^ral de la France
en 4>d95y suivi de deux notes sur le role des erreurs s^rst^matiques
dans les nivellements de precision et sur le degr^ de stability des
piquets employes comme rep^res provisoires dans ces operations,
, ,par Ch. Lallemand, Ingenieur en chef au Corps d^s mines^ Direc-
teur du Service du Nivellement gön^ral de la France, Membre du
Bureau des Longitudes. Extrait des Cpmptes-Rendus de la Onzi^me
Conference gän^rale de TAssociation g^od^sique internationale, tenue
^Berlin ^n octobre 1895. Neuchatel 1896. Imprimerie Attinger
Frires.
Leitfaden der praktischen Physik, mit einem Anhange das absolute
Maasssystem, von Dr. F. Kohlrausch, Präsident der phj^sikalisch-
technischen Reichsanstalt s^u Charlottenburg. 8. Auflage. Leipzig,
B. G. Teubner. Geb. 7 Mk. R.
Veröffentlichung (Jes Eönigl. Preuss. Geodätischen Instituts. Die .Euro-
päische Längen^adm essung. in 52^ Breite von Greenwich bis War-
schau. II. Heft. Geodätische Linien, Parallelbogen und Lothab-
weichungen zwischen Feaghmann und Warschau von A. BÖrscli
und L. Krüger. Berlin 1896. Druck und Verlag von P. Stan-
kiewicz^ Buchdruckerei. G.
Katechismus der Differential- und Integ;ralrechnung von Franz Benot.
Mit 39 Figuren. Leipzig 1896. Verlag von J. J. Weber. Preis
3 Mk. R.
Veröffentlichung des K^nigl. Preussischen Geodätischeii Instiljuts. Be-
Stimmung der Polhöhe und der Intensität der SchwerJ^raft auf
. 22 Stationen von der Ostsee bei Kolberg bis zur Schneekoppe.
Mit 4 Tafeln. Berlin 1896. Druck und .Verlag von P. Stankiewicz*
BuchdruckereL ;
Encyklopädie der Photographie. Heft 22. Die Anwendung der Photo-
graphie in der praktischen Messkunst, von Eduard Dolezal,
P;;ofessor der Geodäsie an der techn. Mittelschule zu Sarajevo. Mit
31 Figuren im Text und auf 3 Tafeln. Halle a. S. 1896. Druck
und Verlag von Wilhelm Knapp. Preis 4 Mk. R.
Die Katastral- Vermessung von Bosnien und der Herzegovina, zunächst
als Studie für alle, die in der praktischen Geodäsie und Geometrie
thätig sind, insbesondere für Ingenieure der. Grundsteuer-Regulirimgs-
Commissionen, von Victor Wessely, k. u. k. Hauptmann , im
Infanterie-Regimente, ForinyAk Nr. 86, ehedem Militär- Geometer
674 Nene Schriften über Yermessungswesen.
und Leiter einer VermesBUng8«Partie bei der Katastml^Vet'iiiewimg
in Bosnien uüd der HerzegOTina. Zweite .üfiVeiftt&derte Auflage,
mit 5 Tafeln. Wien 1896. Spielhagen & Schurich, Verlagsbuch-
handlung I.; Eumpfgasse 7« Preis 4 Mk« R.
'Markoff, A. Differenzenrechnung. Autorisirte deutsche tTebefsetastöig
von T. Friesendorff u. E. Prümm. Mit Vorwort von P. Klein.
Leipzig 1896. gr. 8. 6 Mk.
IngIS Prof.2 Vittore Gattoni. Sulla Divisione dei Terreni, Note ed
esempli Memoria letta alia Associazione dei Geometri di Terra
di LavorO; nelle sedute degli 11 e 14 Gennaio 1896. Caserta
Salvatore Marino. Tip: Editpre Via Municipio 1896. G.
Eempert's Litteratar-Nachweis. 2. Quartal 1806.
Äimo. Observations sur les erreurs caus^es par les variations de tem-
perature dans les instruments g^od^iques. Comptes rendus Vol. 122,
p. 1323.
Stanley. Surveying instruments: Lister^s Inclinometer Theodolite and
Stanley's Gradiometer. A. Engg. Vol. 61, p. 631.
von Geldern, The cyclotomic transit by Adolph Lietz. A. ludustr. and Iron
Vol. 20, p. 263; Engg. News Vol. 35, p. 180.
Puller, Tangenten-Curven-Lineal. Organ 1896, p.. 76.
Berichtigung.
Der Unterze»ehii«te %ed«ttert, ^ass-in-isetfieffl-Aufsatz fl^r- graphische
Ausgleichung (S. 611 ff.) bei den Andeutungen über die Literatur der
Repetitionsmessungs-Fehler (S. 634) unter dem „vielen Neueren" durch
Versehen der Aufsatz von F riebe (d. Z., 1894, S. 333 — 348) nicht
ausdrücklich genannt worden ist. Ich möchte jenes Versehen um so
mehr hier verbessern, weil die genannte Abhandlung, neben der Mit-
theilung dankenswerther eigener Ergebnisse ihres Verfassers, einen guten
historischen Ueberblick gewährt.
Stuttgart, October 1896. Hammer.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Die Smith'schen Untersuchungen mit dem Ooular-
fadendistanzmesser, von Petzold. — Ein neuer Messlatten-Reductor, von
Hammer. — Personalnaoliriclifen. — Neue Sclirlflen Ober VermessungswesM. —
Berlohtigung.
Verla« von Eonrad Witt wer Stuttgart — Druck von Gebrüder Jäneoke in Hannover.
« >» . . '
6/Z5
ZEITSCHRIFT for VERMCSSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometer Vereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan» und 0. Steppes,
Professor in Hannover. Steuer-Rath in Mü/ichen.
— — 'Um
1896. Heft 28. Band XXV.
— --^ 1. DeoezDber. k? ;
lieber die Verschiebungen von Alhidade gegen Limbus
bei den Repetitionstheodoliten französischer Form.
Im Jahrgang 1894 der ^Zeitsohrift £ür Vermessungswesen '^ Heft 11^
Seite 333 u. f. ist eine von dem Königlichen Landmesser Herrn Friebe
verfasste Abhandlung erschienen, betitelt: „üeber das Mitschleppen des
Limbus und verwandte Fehler bei den Repetitionstheodoliten Reichen-
bach'scher Bauart^. In derselben war durch Versuche be wiesen, dass
allem Anschein nach in Folge von Achsenreibung, der Limbus, wenn
die Alhidade gedreht wird, ein wenig mitwandert. Es lag nun nahe,
auch andere Achsensysteme auf diesen Fehler hin zu untersuchen und
besonders geeignet hierfür schieb das sog. „französische" System, bei
welchem eine gegenseitige Berührung v:pa Limbus und Alhidade nicht
stattfindet. Es wurden daher- bei der Firma Max: Hildebrandt in
Freiburg zwei Mikroskoptheodolite dies^^^Construction für die geodätische
Sammlung der Landwirthschaftlichen Hochschule bestellt. Die Bauart
derselben sei in der nachstehenden schema^tischen Figur dargestellt. Die
Alhidade läuft in der Büchse des Dreifusses, der Limbus ausserhalb auf.
derselben. Die Feststellung der Alhidade gegen den Limbus geschieht
durch eine federnde Ringklemme, welG];ie..sich um den Limbus, dicht
unterhalb des Tellers legt und ihr Widerlager an einem Arm der
Alhidade hat. Der Limbus wird festgestellt ebenfalls durch eine um
ihn herumgreifende, federnde Ringklemme, die jedoch dicht über dem
Dreifuss angebracht und mittelst ihrer Feinbewegimg, gegen einen Stift
■. .' • des Dreifüsses festgelegt ist.
^^^^^^^ Die Fernrohre beider Instru-
mente haben eine 30 fache
Vergrösserung, ; Der eine
TheodoMt ist mit Schrjuuben-,
der andere mit Schätzmikro-
skopen ausgerüstet, deren Vergrdsserung . 25fach ist. Der Limbus hat
bei jedem Instrument 17 cm Durchmesser, und ist in 10 Minuten getheilt.
Zeitschrift f&r Vormessungswescn 1896. Heft 23. ^
?z
f
676 Nippa. lieber die Verschiebungen von Alhidade gegen Limbus
Die Trommel des Schranbenmikrpikopes gestattet Ablesungen von 1/2 Se-
cunde zu machen, der kleinste Schätzungsbetmg beim Schätzmikroskop
beträgt 0,05 Minuten. Der mittlere Ablesefehler an einem Schrauben-
mikroskop hat sich aus 160 Beobachtungen zu Ifi*' ergeben, derjenige
des Schätzmikroskops ist nicht bestimmt worden, dürfte aber nur wenig
grösser sein. Das Instrument mit Schätzmikroskopen sollte überhaupt
nur zu •Controlbeobachtungen dienen, da es in Folge der grösseren
Ablesungseinheit (3" gegenüber 0,5") zum Zweck der Untersuchung
kleiner Fehlerbeträge weniger geeignet ist. Die Aufstellung der In-
strumente erfolgte auf dem Beobachtungsthurm der Landwirthschaft-
lichen Hochschule und zwar auf der nach Süden gelegenen steinernen
Fensterbrüstung. Als Zielpunkt wurde die im Innern von Berlin gelegene
Dorotheenkirche benutzt, deren Entfernung 1417 m beträgt. Gegen
Ende der Untersuchung wurde, da die Dorotheenkirche in Folge starker
Rauch, und Staubentwicklung inimer undeutlicher erschien, der Blitzab-
leiter eines etwas näher liegenden Fabrikschornsteins benutzt.
Da es sich zunächst darum handelte, festzustellen, ob überhaupt
beim Repetiren mit diesen Instrumenten einseitige Fehler auftreten,
wurden die Versuche so angestellt, dass ein Winkel von 360^ je 20mal
abwechselnd bei rechtsläufiger und linksläufiger Drehung repetirt wurde.
Nach jeder 10. Petition wurde abgelesen.
Bei der Drehung und Einstellung des Ziels wurde streng darauf
geachtet, dass die Bewegung stetig in demselben Sinne stattfand; es
wurde also vor dem Ziel gehalten, geklemmt und dann durch langsames
Drehen der Mikrometerschraube in derselben Richtung die Feinein-
stellung bewirkt. Beim Klemmen zeigte sich, dass sich das Fernrohr im
Azimut etwas bewegte; und namentlich bei der Limbusklemme war
diese Bewegung so stark, dass man oft die Feineinstellung schon durch
die Elemmung selbst erzielen konnte. Nach den Erfahrungen von Herrn
Professor Dr. Vogler ist dies eine Erscheinung, welche schon oft bei
derartigen federnden Ringklemmen beobachtet worden ist.
Auf diese Weise wurden mit jedem Instrument und in jeder
Drehungsrichtung 200 Repetitiönen ausgeführt, und auf S. 677 und 678
seien die Resultate dieser Beobachtungen gegeben.
Diese Zahlen zeigen aufs deutlichste, dass eine gegenseitige Beein-
flussung der Kreise thatsächlioh stattfindet, und man sieht gleichzeitig,
dass die Ursachen hierfür anderer Natur sein müssen als j diejenigen,
welche beim Reichenbach^schen System die Lageveränderungen hervor-
brachten, denn wenn wirklich die noch vorhandene geringe Reibung der
Alhidadenklemme auf dem Limbus eine drehende Wirkung auf denselben
ausüben würde, so könnte doch der Betrag derselben in den verschie*
denen Drehungsrichtungen nicht so ungemein verschieden sein. Ausser*
dem fällt es noch auf, dass die Werthe, welche in jeder Reihe vorkom-
men, sehr starke Grössenschwankungen aufweisen.
bei den RepelitionBtheodoliten französischer Form.
677
ScliraabeniiiikrMkoptheodolit
Rechtsläufig
Lin
kslä
ufig
Datum
Zeiger I
Zeiger II
1
Dat.
Zeiger I
Zeiger II
1
M
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//
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7./ir.
lOfach
20 fach
040
0 4
942
42
4
42
42,5
4
38
41
4
38
041,4
0 4,0
940,0
- 37,4
~ 24,0
7./II.
10 f.
20 f.
442
56
10
42
57
14
38
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11
38
58
12,5
440,0
456,2
411,9
4-16^
-44,3
10./II.
lOfach
20 fach
818
7 50,5
7 31
20,5
53,5
37
17
49
28
23
54
33
819,6
7 51,8
7 32,2
- 27,8
- 19,6
10.AI
10 f.
20 f.
7 31
45
59
37
47
62
28
43
55
33
47
61
7 32,2
7 45.5
759,2
+ 18,3
+ 13,7
13./n.
lOfach
20 fach
2 27,0
146
113,5
23,0
45
10
31,5
43
19
31,0
46
13
228,1
145,0
113,9
— 43,1
- 31,1
13. /li
10 f.
20f
113,5
040
054
10
40
56
19
44
58
13
42
57,5
113,9
041,5
0 56,4
— 32,4
+ 14,9
12./IV.
'lOfach
20 fach
138
35
42,5
41
39,5
47
43,5
39
46,5
41
35,5
46
140,9
137,2
145,5
- 3,7
+ 8,3
12./1T.
10 f.
20 f.
142,5
52,0
210
47
58
12
46,5
56,5
11
46
55,5
13,5
145,5
155,5
211,6
+ 10,0
+ 15,1
3./V.
lOfach
20fach
0 5
452,5
433
7,5
50,5
37,5
14
57
38
15,5
59
41,5
010,5
454,8
437,5
- 15,7
- 17,3
3./V.
10 f.
20f
217,5
18
16,5
20,5
19,5
17
24
18
15,5
25
20,5
20
2 21,8
219,0
217,2
- 2^
- 1^
3./V.
lOfach
i20fach
216,5
2 8
157
17
10,5
57
15,5
12
62
20
16,5
64
217,2
211,8
160,0
- 5,4
- 11,8
4./V.
10 f.
20 f.
157
215
2 0
57
17
03,5
62
15
4
64
18
2
160,0
216,2
202,4
+ 16,2
-13^
!
. 4./V.
lOfach
i 20 fach
2 0
1 48
136,5
3,5
49
33
4
46
35,5
2
47,5
37
2 2,4
147,6
136,8
- 14,8
- 11,2
4./V.
10 f.
20 f.
136,5
46
40
38
46
40,5
35,5
47
41
37
48
45
136,8
146,8
141,6
+ 10,0
— 5,2
12./V.
lOfach
20 fach
2 16
0,5
143.0
20
6,0
44,0
10,5
2,5
39,5
12
2,5
42,5
214,6
2 2,9
142,2
-11,7
- 20,7
12./ V
10 f.
20 f.
143,0
46,5
26,0
44,0
52,0
32.0
39,5
42,5
20,0
42,5
42,0
17,5
142,2
145,8
123,9
+ 3,6
-21,9
12./V.
lOfach
20fach
1 26
29
27,5
32
34
29
20,0
29,5
22^
17^
30,5
22,0
123,9
130,8
125,2
+ 6,9
— 5,6
13./V
10 f.
20 f.
418
36
33
19,5
36
35
14,0
34
28
16,5
36
28
417,0
4 35,5
431,0
+ 18,5
- 4,5
13./V.
lOfaoh
2()fach
4 33
4 9
3 47
35
11
47
28
5
42
28
4,5
42,5
431,0
4 7,4
344,6
- 23,6
- 223
13. /V
10 f
20f.
347
49
417
47
51,5
17
42
44
10,5
42,5
46
13
3 44,6
3 47,6
414,4
+ 3,0
+ 26,8
1
855,0
933.0
884,5
890,5
900,8
-332,1
1017,0
1075,0
1000,5 1040,5
1083,2
+ 24,d
90
C),8
lOS
ö,2
678 Nippa. lieber die Verschiebangen von AJhidade gegen Limbus
Schätsmikroskoptheodoliäi.
Rechtsläufig
Linksläufig
Datum
Zeiger
Mittel
Fehler
Bemerk.
Datum
Zeiger
Mittel
Fehler
Bemerk.
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4./U.
23>85
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22,95 23,15
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23,50
23,70
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— 0,3
lOfach
22,65
22,85
22,75
— 0,30
20 fach
22,95
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23,05
-0,55
20fach
22,6
22,7
22,65
-0,10
5./U.
21,85
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5./n.
22,4
22,5
22,45
L
lOfach
21,45
21,60
21,52
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lOfach
22,2
22,4
22,30
-0,15
1
20 fach
21,20
21,35
21,28
— 0,24
20fach
21,85
22,05
21,95
-0,35
i
30 fach
20,95
21,10
21,02
— 0,26
1
40fach
21,10
21,25
21,18
+ 0,16
5yn.
lOfach
20fach
21,10
21,25
21,40
21,25
21,45
21,55
21,18
21,35
21,48
+ 0,17
+ 0,13
5./n.
22,65
22,85
22,75
5.AI.
22,65
22,75
22,70
1
10 fach
22,35
22,40
22^
-0,37
lOfach
22,40
22,65
22,52
-0,18
20fach
22,10
22,20
22,15
— 0,23
20fach
22,65
22,85
22,75
+ 0,23
4./V.
5,60
5,55
5,58
4./V.
5,46
5,3
5,38
10 fach
5,55
5,45
5,50
— 0,08
lOfach
5,3
5,1
5,20
-0,18
20 fach
5,45
5,30
5,38
— 0,12
20fach
5,5
•
5,3
5,40
+ 0,20
5./V.
5,50
5,30
5.40
5./V.
5,4
5,25
5,32
lOtach
5,55
5,40
5,48
+ 0,08
lOfach
5,95
5,75
5,85
+ 0,53
20fach
5,40
5,25
5,32
-0,16
20 fach
6,1
5,95
6,02
+ 0,17
5./V.
6,10
5,95
6,02
5./V.
5,75
5,7
5,72
lOfach
5,90
5,80
5,85
— 0,17
lOfach
5,9
5,75
5,82
+ 0,04
20fach
5,75
5,70
5,72
— 0,13
20faoh
5,9
5,7
5,80
-0,02
5./V.
4,65
4.75
4,70
5./V.
3,9
4,1
4,00
1
lOfach
4,25
4,45
4,35
— 0,35
lOfach
4,05
4,15
4,10
+ 0,10
■
20 fach
3,90
4,10
4,00
— 0,35
20fach
3,9
4,0
3,95
-0,15
6./V.
3,90
4,00
3,95
6./V.
3,9
4,1
4,00
•
lOfach
3,70
3,90
3,80
— 0,15
lOfach
4,05
4,2
4,12
+ 0,12
20fach
3,90
4,10
4,00
+ 0,20
20fach
3,55
3,75
3,65
— 0,47
12./V.
7,65
7,80
7,72
12./V.
8,10
8,25
8,18
lOfach
7,25
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20fach
7,65
7,80
7,72
-0,48
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bei den Repetitionstheocloliten französischer Form. 679
Der nSehate Oedanke war nuh^jder, feBtzustelleD; ob diese Abwei-
chungen allein in Folge Drehung der Alhidade erzeugt wurden, oder
ob auch die Liml^usbewegung ihren Theil daran hätte. Zu diesem
Zweck wurde folgende Versuchsreihe angestellt: Der Limbus wurde
geklemmt, das Fernrohr auf ein Ziel gerichtet, die Mikroskope abgelesen,
nach einer vollen. rechtsläufigen Alhidadendrehung das Ziel wieder ein-
gestellt und abgelesen und dasselbe in linksläufigem Sinne ausgeführt;
alsdann wurde der Kreis verstellt und dasselbe Verfahren wiederholt.
In dieser Weise wurden 20 Beobachtungen ausgeführt und fernere 20,
indem die Drehung erst linka und dann rechts erfolgte. Die Beobach-
tungen mit ihren Resultaten seien auf 8. 680 u. 681 gegeben.
Es zeigt sich in dieser Beobachtungsreihe, dass in der That die
Abweichung in Folge rochtaläufiger Drehung der Alhidade bedeutend
grösser ist als bei linksläufigen Der Grund für dieses verschiedene
Verhalten bei entgegengesetzter Drehung kann vielleicht darin liegen,
dass sich die Ringklemme bei rechtsläufiger Drehung an den Limbus
anpresst, während bei linksläufiger Drehung ein selbstthätiges Oeflfnen
derselben erfolgt.
Dieses verschiedene Verhalten würde jedoch nicht der einzige Grund
sein können für die bei den Repetitionea beobachteten Diflferenzen, denn
es stellt sich das Verhältniss der Fehler in unserer Reihe wie
— ^-/"^Q ' =6:1, während es bei den Repetitionsbeobachtungen
etwa 25 : 1 beträgt.
Um nun auch zu ermitteln, ob und eventuell welchen Antheil die
Drehung des Limbus an der gegenseitigen Verschiebung der Kreise hat>
wurde das oben beschriebene Verfahren wiederholt, nur mit dem Unter-
schied, dass jetzt die Alhidade festgeklemmt wurde und die Drehung
durch den Limbus erfolgte. Zunächst wurde wieder in derselben Weise
wie vorher das Ziel jedesmal eingestellt, bis eine Ueberlegung zeigte,
dass dies eigentlich völlig überflüssig sei, da ein Mehr oder Weniger
der Drehung innerhalb ziemlich weiter Grenzen ohne jeden Einfluss auf
die Verschiebung der Kreise gegen einander sein muss, es wurde daher
jetzt nur noch um ungefähr 360^ gedreht. Auf diese Weise war das
Auge des Beobachters nicht mehr während der Drehung in Anspruch
genommen, es konnte das Mikroskop schon vor der Beendigung der
Drehung beobachtet werden. Es zeigte sieh alsdann beim Klemmen
des Limbus eine deutlich wahrnehmbare Verschiebung der Kreise gegen
einander, diese steigerte sich noch, als die Mikrometerschraube ein wenig
gedreht wurde. Nachdem durch wiederholte Beobachtung festgestellt
war, dass diese Erscheinung nicht rein zufällig auftrat, musste das nun-
mehr unbrauchbar gewordene Verfahren aufgegeben und eine neue
Beobachtungsweise eingeführt werden. Dies geschah folgendermaassen :
Es wurde die Alhidade geklemmt und abgelesen, alsdann der Limbus
680 Nippa. Ueber die Verschiebniigeii von Alhidade gegen Limbus
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bei den Repetitionstheodoliten franzöBischer Form.
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14./V. 96
17./V. 96
682 Nippa. lieber die Verschiebungen vonAlhidade gegen Limbus
geklemmt; wiederum abgelesen, dann die Mikrometerschraabe des Limbus
1/2 mal im rechtsläufigen Drehungssinne bewegt und nochmals abgelesen.
Dies Verfahren wurde 10 mal wiederholt und weitere 10 mal mit dem
Unterschied, dass die Drehung der Mikrometerschraube ^/2mal linksläufig
erfolgte.
In Nachstehendem S. (683) seien wiederum die Beobachtungen mit
ihren Besultaten gegeben.
Diese Beträge sind so unerwartet gross, dass eine völlig befrie-
digende Deutung bis jetzt noch nicht gefunden wurde. Die Abweichung
beim Klemmen des Limbus Hesse sich vielleicht noch dadurch erklären,
dass eine Deformation der Limbusachse eintritt, in Folge des starken
Drucks der Ringklemme und diese Deformation auch auf die Alhidaden-
klemme einen Einflnss ausübt. Unerklärlich dagegen bleibt der grosse
Felllerbetrag bei der rechtsläufigen Drehung der Mikrometerschraube,
denn wenn man wirklich ein Zurückbleiben der Alhidade in Folge von
Achsenreibung als Grund annehmen wollte, so müsste doch dieser
Felller wenigstens näherungsweise bei entgegengesetztem Drehungssinn
gleiche Grösse haben.
Nachdem nun diese unerwarteten Fehlerquellen gefunden waren,
lies&en sich auch die grossen Schwankungen der Fehlerbeträge bei den
Repetitionsmessungen erklären, denn wie schon erwähnt, fand ziemlich
häufig die Feineinstellung des Limbus nicht mit seiner Mikrometer-
schraube, sondern allein durch Anziehen der Klemmschraube statt und
dadurch wurde gerade das Auftreten des grössten Fehlers ein zufälliges.
Es lag nun die Vermuthung nahe, dass auch beim Klemmen und
Fcineinstellen der Alhidade ähnliche Fehler auftreten, und um dies zu
constatiren, wurde ausserhalb des Instrumentes ein Mikroskop aufgestellt
und auf die Theilung gerichtet, es Hess sich jedoch trotz vielfacher
Beobachtung irgend welche Abweichung nicht ermitteln.
Die linksläufige Drehung der Limbusmikrometerschraube entspricht
einer rechtsläufigen derjenigen der Alhidade, so dass in der That der
hohe Betrag des bei rechtsläufiger Repetition entstandenen Fehlers
erklärt ist, denn aus den gemachten Beobachtungen ergibt sich, dass bei
lOmaliger Drehung der Fehlbetrag ist
bei der Alhidade — 21
beim Limbus — 16
— 4 (da angenommen wurde,
dass etwa nur zur Hälfte
Summa — 41 der Beobachtungen die
Mikrometerschraube be-
nutzt wurde).
Bei 200 maliger Drehung würde auf diese Weise allerdings sich der
Betrag — 820 ermitteln, während er thatsächlich nur etwa — 330 beträgt,
das Hesse sieh jedoch wohl dadurch erklären, dass eine Fehleranhäufung
in so regelmässiger Weise, wie sie die theoretische Berechnung voraus-
setzt, nicht stattfindet.
bei den Repetitionstheodoliten französischer Form.
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6g4 Hammer. Gesammtverzerrung von Goordinaten.
Anders gestaltet sich jedoch «die Berechnung bei der linkslänfigen
Drehung, theoretisch würde sich ergeben für die lOmalige Drehung
der Alhidade + 3
des Limbus — 15
-h 25 (da wiederum angenommen
a — ; — 5-5 wird, dass nur zur Hälfte bei
öumma + lö den Beobachtungen das Mi-
krometerwerk benutzt wurde)
oder bei 200facher Repetition + 260 gegen -[- 25 der Beobachtung,
diese Differenz iässt sich wie vorher nicht erklären und es bleibt nur
noch übrig anzunehmen, dass entweder ausser den schon ermittelten noch
andere Fehlerquellen vorhanden sind, oder was vielleicht grössere Wahr-
scheinlichkeit hat, dass bei der letzten Beobachtungsserie die Zahl der
Beobachtungen zu gering ist, so dass sich vielleicht gerade einige un-
günstige Werthe zusammengefunden haben. Leider fehlt es an Zeit,
diesen Punkt noch näher zu untersuchen^ soviel jedoch ist wohl durch
alle Beobachtungen festgestellt worden, dass Instrumente der besproche-
nen Bauart für feine Messungen ungeeignet sind und anscheinend haupt-
sächlich in Folge Anwendung des Ringklemmensystems.
Nippa, Königi. Landmesser,
Assistent für Geodäsie an der Landw. Hochschule zu Berlin
Gesammtverzerrung von Coordinaten.
Auf S. 212 d. Zeitschr. schreibt Herr Landmesser Schulze bei
Gelegenheit der interessannten Contro verse über Gauss^sche oder Sold-
ner'sche Coordinaten den Ausdruck:
(1) K=ff {{k, - ly + {k, - ir} V^^'^r dx dy
dem „Memoire sur la Representation des Surfaces^ von Tissot 1881
zu, und dies wird auch von Jordan (S. 214 und S. 215) citiri („dass
nach Tissot das Verhältniss besteht''; „was nun nach Tissot 1881
„Gesammtverzerrung" benannt wird"). Da entsprechende Andeutungen
nun auch in die soeben erschienene 4. Aufl. 1896 des „Handbuchs der
Vermessungskunde, IIL Bd." von Jordan (8. 293 u. sonst) Übergegangen
sind, halte ich es fUr angezeigt, darauf hinzuweisen, dass die Glei-
chung (1) nicht von Tissot herrührt, der sich in seinem Buche nirgends
mit „Integrationen für die linearen Verzerrungselemente" beschäftigt.
Die Gleichung (1) ist vielmehr nach Airy (Philosoph. Magaz., 22. Band,
S. 414, 1861 Decbr.; verbessert von Clarke 1879) oder nach Fiorini
[Projez. delle Carte geografiche 1881, 8.44, Gl. (76)] zu benennen, die
neben Andern (z. B. Jordan, Zeitschr. 1875, 8. 338—340 und 1896,
8. 249—252) sich mit solchen Integrationen beschäftigt haben. Auch der
Unterzeichnete hat in seinem Buch „Ueber die geogr. wichtigsten Karten-
Hammer. Gesammtverzerrung von Coordinaten. 685
proj.^ (1889) diese Integrationen besprochen (S. 82 ff.), mit dem Hin-
weis: ^Man hat schon versehiedene Wege vorgeschlagen, um za einem
Ausdruck für den oder die „Gesammtfehler^ einer Karte za kommen,
ohne dabei eine gewisse Willktlr vermeiden zu können^; er
fuhrt dann die Untersuchung von Mittelwerthen der Verzerrungselemente
in anderer Weise als Fiorini durch (a. a. 0. S. 84—87).
Alle diese Untersuchungen von Airy, Clarke, Fiorini u. A. sind
aber nicht mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Triangulirung,
vielmehr zu ganz andern Zwecken angestellt, und es war nicht richtig,
sie überhaupt in die Discussion über das zweckmässigste Ooordinaten-
system für die Triangulirungspunkte einer Landmessung hereinzuziehen.
Allerdings vermögen die „neueren Theorien^ (Jordan, Handbuch
III. Bd., 4. Aufl. 1896, S. 293); die auf den Tisso tischen Hauptsatz sich
gründen (zu denen aber die Ausdrücke j'^ . . . dxdy nicht unmittelbar
gehören), auch neue Wege zur Vergleichung der Coordinatensysteme der
Landmessung zu zeigen und hier wäre, auch nach allem darüber Vor-
liegenden, noch manches zu thun. Dass aber Ausdrücke von der Form
der obenstehenden Gleichung (1) zu dieser Vergleichung nichts bei-
tragen können, dass insbesondere die Ueberlegenheit der Gauss^schen
Coordinaten über die Soldner^schen für die Kleintriangulirungs-
z wecke (diese für sich allein in^s Auge gefasst) durch sie nicht umge-
stossen werden kann, brauche ich zum Schluss, nach dem Vorstehenden,
kaum nochmals hervorzuheben; wenn auch eine nähere Begründung,
die ich vielleicht später einmal hier zu geben versuchen kann, nicht
ohne Interesse wäre.
Stuttgart, October 1896. Rammer.
Die vorstehende Berichtigung, betreffend die Herkunft der Formeln
von S. 212, ist uns insofern erwünscht, als sie Gelegenheit gibt, unsere
eigenen, schon damals im April d. J. gemachten Bemerkungen hier
nachzutragen.
Dass die Formel für JBl auf S. 212 nicht in dem bekannten Buche
von Tis sot kommt, hatte ich vor Schreibung der kurzen Zeilen
S. 214— 215 durch Nachschlagen erkannt, aber in der damaligen scharfen
Discussion schien es auf eine solche formelle Richtigkeit des Citates
nicht anzukommen, UQd schriftliche und später (Septbr. d. J.) mündliche
Erörterung darüber mit Herrn Schulze hat ergeben, dass auch dieser
das Citat Tissot S. 212 nicht aufrecht erhält, sondern auf ein Versehen
zurückführt. Indess^i bei der Unerheblichkeit der Sache haben wir
nicht öffentlich beric.htigr^ und der Berichtigung von Hammer wird
daher stattgegeben.
Mehr sachlich betrachtet gibt jene Discussion allerdings Veran-
lassung, die Bedeutung aller solcher Integrationen für Triangulirungs- und
Polygonisirungszwecke sehr in den Hintergrund zu stellen, wie ich ja
686 Uhlich. Die Berechnung des aiittleren Fehlers von
auch schon auf S. 215 die Bem§r)(a9g uaohte^ daas jeae ff ., . dxdy
aus Jahrzehnte curttckBegendea ^Lehrjaluren^ stammen.—
Fttr Landkarten -Projektionen behalten jene Fehler «Integrationen
zweifellos ihren Werth^ weil dort von Messungen selbst garnicht die Rede
ist, sondern nur von graphiseher Darstellung der Ifessnngen; was aber
ihre Anwendung auf Geodäsie betriff^ so hatten wir darüber sehen au
S. 249—252 eine Betrachtung geschrieben, aber im Dfock aaf 8. 352
weggelassen (um nicht in dieser Sache zu viel selbst das Wort zu
ergreifen)^ welche nun aber aus Veranlassung der Hammer'schen Einsen-
dung nachgetragen werden mag:
Die Tissofschen Theorien, 1881, in Deutachland mit fast zu viel
Begeisterung aufgenommen, beanspruchen eine Art von erschöpfendem
Kriterium aller Kartendarstellungen zu sein, können aber zunächst in
unserem Falle schon deswegen kaum mitreden, weil bei ihnen im
Vergleich mit den Verzerrungsfehlem die Messungsfehler selbst gleich
Null gelten, was im Feld- und Landmessen nicht angeht, wie wir schon
auf S. 201 dargelegt haben.
Jene Theorien sind nach ihrem Erscheinen 1881 vielfach überschätzt
worden, als ob man nun das praktische Urtheil darüber, welche Art
von Projection für den einzelnen Fall oder den besonderen Kartenzweck
die beste sei, nicht mehr, oder nicht mehr in erster Linie nöthig hätte,
als ob man nur ein Tissot'sches oder sonstiges Doppel-Integral auszu-
werthen brauchte, um eine Kartenprojectionsart gegen eine andere ab-
zuwägen.
Kein Seemann wird sich durch ein solches Integral, das etwa zu
Ungunsten seiner Mercatorkarte spricht, diese rauben lassen^ weil er
weiss, dass er in dieser seine Curse am besten absetzen kann, und dass
in ihnen seine loxodromische Fahrt sich als Gerade darstellt; und ganz
ähnlich verhält es sich in der Beziehung der conformen Projection zur
Triangulirung und Polygonisirung. J.
Berechnung des mittleren Fehlers von Richtungs-
beobachtungen bei vollen Sätzen;
von Paul Uhlich, Professor für Markscheidekunde und Geodäsie an der
Königlichen Berg -Akademie zu Freiberg in Sachsen.
Herr Professor Dr. W. Jordan gibt in seinem Werke: Handbuch
der Vermessungskunde^ 2. Band; 3. Aufl., auf S. 214—217 ein Verfahren
zur Bestimmung des mittleren Richtungsfehlers bei vollen Sätzen. Da
dieses Verfahren etwas umständlicher ist als das folgende in Sachsen
gebräuchliche^ so möge das letztere hier seinen Platz finden. Die Rieh-
RichtuDgsbeobacfatangen bei vollen Sätzen.
687
tigkeit des Verfahrens ist aus den allgemeinen BesseTsehen Gleichungen
für die Ausgleichung von RiehtuDgsbeobachtungen leicht abzuleiten.
Es seien unter Beibehaltung der Jordanischen Bezeichnung die
s Zielpunkte: 1, 2^ 3^ 8 . in O vollen Sätzen beobachtet worden.
Werden diese Beobachtungen auf die Richtung nach dem einen Ziel-
punkt, etwa 1 als NuUrichtung reducirt, so mögen in der Zusammen-
stellung diese Beobachtungswerthe l sein:
Satz
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Dieser Zusammenstellung ist am Fusse gleich die Berechnung der
arithmetischen Mittel x der einzelnen Richtungen, welche die wahr-
scheinlichsten Werthe darstellen, beigefügt.
Bezeichnet man nun ferner die Abweichungen der Einzelbeobach-
tungen vom arithmetischen Mittel mit v und. den entsprechenden Indices,
so erhält man diese v wieder in der Zusammenstellung:
Satz
Zielpunkt
Horizon-
tale
Summe
1
2
3
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II
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Vi — 0
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0
0
0
0
In vorstehender Zusammenstellung sind ausser den verticalen Sum-
men, die nothwendiger Weise bis auf Rechnungsgrössen gleich Null sein
müssen, auch die horizontalen Summen fQr jeden Satz gebildet worden,
688 Uhlich. Die Berechnang des mittleren Fehlers etc.
die mit [vi], [vu], [vq] bezeichnet sind. Die verticale Spalte, die
in der letzten Tabelle für die Nollrichtang der Vollständigkeit halber
mit aufgeführt ist, bleibt selbstverständlich bei der praktischen Aus-
führung der Rechnung weg.
Sind die einzelnen v und [v] gebildet, für welche Bestimmung die
Bechenprobe der Verticalsummen gleich Null vorhanden iet, so ergibt
sich der mittlere Fehler m einer Richtung bekanntlich zu
r^s-i)(G-i)
Die Grösse FF setzt sich nun unter Zugrundelegung der obigen t; und [t?]
zusammen aus:
[FF] = [t;t»]-|[MMj
worin [vv] die Summe der Quadrate der {s — 1) «Cr vorhandenen t?, also:
[vv] = vi^ + vP -t- 4- t;J-i' + v'j
+ to^ + t?ip + + t?jr'' + ^u
+
+ v"^^ -\-vP ^ + v^-^'' + vi
und I [t?] [t?] I die Summe der Quadrate sämmtlieher G vorhandenen
Horizontalsummen [t?], also
[m m] = M' + [t^i/]^ + + \?>gY
darstellt.
Es ist ersichtlich, dass das vorstehende Verfahren kürzer ist, als
das von Professor Dr. W. Jordan angegebene, denn es sind ebenso
wie dort s • (? Quadrate zu bilden, es fällt aber die Verschiebung der
Sätze weg.
Wendet man das Verfahren auf das von Professor Dr. W. Jordan
a. a. 0. S. 214 angeführte Beispiel an, so ergibt such
Standpunkt: Badenstedter Weg.
1. Auf Null reducirte Richtungen:
Satz
Kunst
Martin
Wasserthurm
TOi^esberg
0<> 0'
59 <^ 3'
69 <^ 45'
130^ 43'
I
0,0"
16,8"
51,4''
7,1"
II
0,0
10,0
47^6
7,0
III
0,0
9,4
46,9
8,1
IV
0,0
13,6
48,5
6,0
Summe
0,0"
49,8"
194,4"
28,2"
Anzahl
4
4
4
4
Mittel
0,0"
12,4"
48,6"
7,0"
Personalnachrichten.
689
2. Zasammenstelluug der v und [v]:
Satz
Zielpunkt
Horizontal-
Summe
Martin
Wasser thurm
TOnjesberg
v"
v'"
»•
M
I
- 4,4
2,8
- 0,1
- 7,3
II
+ 2,4
+ 1,0
+ 0,0
+ 3,4
III
+ 3,0
+ 1,7
— 1,1
+ 3,6
IV
Summe
- 1,2
+ 0,1
0,0
+ 1,0
- 0,1
-0,2
- 0,2
-0,4
eraus berechnet sich:
[vv] =49,52
ferner [v][v] — 77,82, s — 4
1 [mm] -19,46
also
[VV] = [vv] — ~Uv] [v]\= 49,52 — 19,45 = 30,07,
wie in dem angezogenen Beispiel auf Seite 217 unter (8) angegeben.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. S. M. der König geruhten dem Eataster-
controleur, Stenerinspector Brunnemann zu Lanban den Rothen Adler-
Orden 4. Kl. zu verleihen.
Finanzministerium. Der Katastercontroleur, Steuerinspector
Klein zu Karden ist nach Andernach versetzt und der Katasterland-
messer Died rieh in Minden zum Katastercontroleur in Karden bestellt
worden. — - Die Katastereontroleure, Steuerinspector Ausner zu Fi^ank-
furt a. 0., Hahn zu Frankenberg und Thiwissen zu Soldin sind in
gleicher Diensteigenschaft nach Schweidnitz bezw. Witzenhausen und
Frankfurt a. 0. versetzt. Die Katasterlandmesser Walther Schäfer
in Bromberg und Wilhelm Schulz in Aachen sind zu Katastercontro-
leuren in Soldin bezw. Frankenberg bestellt worden. — Der Kataster-
controleur; Steuerinspector Trapmann zu Sangerhausen ist als
Katasteraecretair nach Wiesbaden und der Katastercontroleur Meid er
zu Rupp in gleicher Diensteigenschaft nach Sangerhausen versetzt; der
Katasterlandmesser Schütter in Koblenz ist zum Katastercontroleur
in Rupp bestellt worden.
690 Verefnaangelegenheiten.
Ministerium für Land wirthschaft, Domäinen u. Forsten.
Der bisherige Landmesser Vonschott zu Fulda ist zum königl. Ober-
landmesser ernannt worden.
KSnigreich Bayern. S. K. H. der Prinzregent geruhten den
gepr. Qeometer Josef Oberarpbacher zum k. Katastergeometer beim
Katasterbureau zu ernennen.
Finanzministerium. Der gepr. Geometer Wilhelm Strobel
wurde zum Messungsassistenten für den Bezirk der k. Begierung der
Oberpfalz, dann der gepr. Geometer Georg Gutermann fUr den Bezirk
der k. Regierung von Schwaben ernannt.
Die Akademie der Wissenschaften hat den Director des Königlich
Preussischen Geodätischen Instituts Geheimen Regierungsrath Professor
Helm er t zum correspondirenden Mitgliede ernannt.
Königreich Württemberg. Seine Königl. Majestät haben ver-
möge allerhöchster Entschliessung vom 9. November d. J. deü proviso-
rischen Bezirksgeometer Gropper in Horp zum Bezirksgeometer für die
Oberamtsbezirke Horb und Rottenburg mit dem Amtssitz in Horb ernannt.
Vereinsangelegenheiten.
Dem Auftrage der 20. Hauptversammlung des Deutschen Geometer-
Vereins Folge gebend, hat die Vorstandschaft an S. Exe. den Kgl.
preuss. Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten ein Bittgesuch um Ver-
besserung der Lage der. Eisenbahnlandmesser gerichtet, dessen Wortlaut
demnächst in der Zeitschrift für Vermessungswesen veröffentlicht
werden wird.
Hoffen wir, dass demselben der Erfolg nicht fehlen möge.
Die Vorstandschaft des Deutschen Geometer- Vereins.
L. WinckeL
Eine schon am 23. September eingegangene Abhandlung
von Vogeler in Schwerin, betreffend die Frage der conformen Pro-
jection (S. 473 — 478) konnte ans verschiedenen Gründen bis jetzt nicht
zum Abdruck gebracht werden und wird im nächsten Hefte erscheinen,
was auf Wunsch des Einsenders hiermit mitgetheilt wird.
Inhalt
Grtftsere MittheHungsn: Ueber die Verschiebungen von Alhidade gegen
Limbus bei den Repetitionstheodoliten französischer Form, von Nippa. —
Gesammtverzerrung von Coordinaten, von Hammer. — Die Berechnung des
mittleren Fehlers von Richtungsbeobachtungen, von Üblich. — Persosalnaoli-
nachrichten. — Vsrtintangsisgsnheiten.
Verlag von Konrad VlTlttwer Stuttgart — Druck von Gebrüder J&necke in Hannover.
691
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und O. Steppes»
Professor in Hannover Steuer-Rath in München.
^
1896. Heft 24. Band XXV.
^ 15. December. f<-^ —
Vergleichung der mecklenburgischen conformen Kegel -
projection mit der Soldner'schen Projection;
von R. Vogeler, Kammer-Ingenieur.*)
Von der richtigen Beantwortung der Frage, ob Oauss^sche oder
Soldner'sche Coordinaten für Katasterzwecke vortheilhafter seien, wird
die weitere Entwickelung der deutschen Vermessungen so erheblich be-
einflusst, auch ist diese bereits in mehreren deutschen Staaten zur
amtlichen Berathung gestellte Frage eine so wichtige und fundamentale,
dass wir zu den Ausführungen des Herrn Professors Koll auf S. 473
bis 479 d. Zeitschr. nochmals das Wort ergreifen müssen.
Da die in letzter Zeit geführten Erörterungen bereits ergeben
haben, dass allseitig die grossen Vorzüge der conformen Coordinaten
anerkannt werden, so werden wir nur noch beiläufig die Vorzüge dieser
Coordinaten gegenüber den s. g. Soldner^schen Coordinaten berühren;
wir werden aber dje von Herrn Koll auf S. 473 — 478 erwähnten Neben -
umstände noch näher beleuchten:
Zu den Erklärungen des Herrn Koll auf S. 474 müssen wir
zunächst bemerken, dass unserer hohen Behörde bekannt war, dass
unsere Projection, deren Grundgedanke von dem grossen Gauss selbst
herrührt, eine vorzügliche ist. Unsere Behörde wusste dies sowohl aus
den Gutachten der mecklenburgischen Geodäten selbst, als auch aus
Stimmen geodätischer Autoritäten ausserhalb Mecklenburgs, wobei
noch in jüngster Zeit von hochgeschätzter Seite ausgesprochen wurde:
„Die Mecklenburger kann man ja um ihre Projection beneiden."
Bei diesem festbegründeten Urtheil über unsere Projection hätten
wir zwar jede abfällige kritische Bemerkung ignoriren können, aber
wir hielten uns für verpflichtet, der Oeffentlichkeit und unserer hohen
Behörde gegenüber zu zeigen, dass wir auch den Schein jeder abfälligen
Kritik unserer Landesvermessung zurückzuweisen entschlossen sind. In
diesem Sinne wiesen wir, als auf S. 198 von Professor Koll die Be-
merkung gemacht wurde: „dass Mecklenburg etwas grösser sein müsste,
um in dieser Frage ein maassgebendes Beispiel zu sein und dass
Mecklenburg . es sich noch ruhig leisten könne, die grösseren Verzer-
rungsfehler der Gauss'schen Coordinaten in den Kauf zu nehmen.** —
*) Wie schon am Schlüsse des vorigen Heftes S. 690 bemerkt wurde, ist
dieser schon am 23. September eingesandte Artikel aus verschiedenen Gründen
( darunter Verlust einer Postsendung) im Abdruck verzögert worden. D. Red.
Zeitschrift für Vermessnngrswesen 1896. Heft 23. 45
692 Vogeler. Vergleich iing der mecklenburgischen conformen
erstens nack, dass Mecklenburg mit 295 Q.-Meilen fast doppelt so gross
ist^ als ein mittleres Preussisches Coordinatensystem mit nur 158 Q.-
Meilen, und zweitens, dass die unserer Projection zugeschriebenen
^grösseren Verzerrungsfehler" nicht vorhanden sird.
Damit schien uns diese Angelegenheit erledigt, und sie wurde wohl
allgemein als erledigt betrachtet.
Da kam aber 3 Monate später in der Zeitschr. 8. 473 — 478 Herr
Koll zum zweiten Mal mit derselben Behauptung (8. 475), daraufhin
bleibt uns nichts übrig, als auch unsererseits zum zweiten Mal zu sagen :
Mecklenburg hat keine grösseren Verzerrungsfehler, die es sich
gleisten" könnte, es hat keine grösseren Verzerrungsfehler als die
Preussische Katasterprojection, obgleich Mecklenburg fast doppelt so
gross ist als ein mittleres preussisches Katastersystem (vergl. 8. 262).
Es sind die linearen Maximalverzerrungen bei uns geringer und die Ver-
zerrungen in den Richtungen sind in Mecklenburg, wie aus unserer
Tabelle auf 8. 261 hervorgeht, durchschnittlich etwa 5 bis 10 mal so
gering wie in Preussen.
Wir hielten es nicht für nothwendig auf die Ursachen noch genauer
einzugehen, die die Verzerrungsfehler bei unserer Projection so günstig
gestalten. Diese Ursachen, die uns natürlich sehr bekannt sind und
auch Jedem, der die mecklenkurgischen Veröffentlichungen kennt, wer-
den von Koll auf 8. 476 jetzt nachträglich eingehend erörtert, und es
wird hieran die Bemerkung geknüpft, dass man die lineare Maximal-
verzerrung bei der 8oldner'schen Projection durch ein ähnliches Ver-
fahren, wie in Mecklenburg, gleichfalls auf die Hälfte reduciren könnte.
Dies wird von Niemandem bestritten, aber thatsächlich Ist ein solches
Verfahren weder in Preussen noch in einem anderen Staate angewendet
worden. Das maximale Vergrösserungsverhältniss bei Gauss und Soldner
ist überhaupt im Allgemeinen dasselbe, und es besteht nur der Unter-
schied, dass bei letzterer Projection das Vergrösserungsverhältniss nach
verschiedenen lliclitungcn vom cos * a abhängig ist. Es ist daher nur
die Frage zu beantworten, ob dies ^cos^ a" bei den einzelnen Ver-
messungsarbeiten im günstigen oder ungünstigen Sinne wirkt.
In Bezug auf die Längenmessungen haben wir die vorliegende
Frage auf 8. 260 schon genügend erörtert und in Uebereinstimmung
mit unseren Ausführungen hat Herr St ei ff in Stuttgart auf S. 335 die
Frage in demselben Sinne beantwortet. Wir haben daher nur nöthig,
den auf 8.478 nachträglich von Koll aufgestellten Satz zu beleuchten,
dass man im Soldner^schen System die Logarithmen der Abscissennnter-
schiede gerade ebenso einfach reduciren könne wie im Gauss^schen
System die Logarithmen der Seiten. —
Dies ist an sich vollständig richtig, aber es beweist nichts für die
Brauchbarkeit des Soldner'schen Systems, denn bei grossen Ordinaten (y)
Eegelprojection mit der Soldner^schen Projection. 693
kommt man ohne die umständlichen Reduction en der Richtungswinkel
nicht aus.
Es übersieht Herr KoU tiberhaupt einen sehr wichtigen Punkt: Wenn
man nämlich bei der Oauss^schen Projection die Längen der Polygonseiten
überhaupt nicht reducirt^ sondern unbekümmert um die Yerzer-
rungsfehler die Polygonzttge rechnet und die Fehler A y und A x pro-
portional den Abscissen- und Ordinatenunterschieden vertheilt^ so erhält
man alles richtig^ während dies im Soldner^schen System nicht zutrifft.
Beim Gauss^schen System machen sich^ wenn man so verfährt^ die Ver-
zerrungen in unschädlicher Weise gerade so bemerkbar^ als wenn die
Seiten mit Messlatten gemessen wären^ die nicht ihre normale Länge
haben^ und dieser Umstand kann im conformen System durch einen
Constanten Reductionsfactor oder einen constanten Reductionslogarith-
mus für eine ganze Oemarkung berücksichtigt werden. Aber im
Soldner^schen System liegt die Sache ganz anders: Hier gibt es ein
buntes Durcheinander von Widersprüchen und Fehlern^ je nachdem der
Zug von Nord nach Süd^ oder von Ost nach West läuft. Es stellen
sich also hier nicht leicht zu verschmerzende „Schönheitsfehler" (vgl.
S. 479)^ sondern sehr störende und ohne umständliche Reductionen
nicht zu beseitigende Widersprüche ein.
Wir müssen auch noch das^ was KoU auf S. 322 über den durch-
schnittlichen Längenfehler sagt^ als unzutreffend für die Beurtheilung von
Coordinatensystemen bezeichnen. Es kann niemals der durchschnittliche
Verzerrungsfehler der Längen maassgebend sein^ sondern es muss lediglich
der Maximalfehler maassgebend bleiben; denn andernfalls könnte man
mit demselben Rechte auch die amtlichen Fehlergrenzen nach einem
durchschnittlichen Fehler festsetzen. Es ist beispielsweise dem Grund-
stücksbesitzer A vollständig gleichgültig, wie fehlerhaft die Breiten der
Grandstücke desA^B und C zusammen im Durchschnitt sein können;
er will wissen, wie gross der Fehler bei seinem Grundstücke sein kann.
Die allein maassgebenden Maximalfehler sind aber, wie hinreichend be-
kannt ist, bei beiden Projectionen dieselben.
Die Fehlergesetze der Kartenprojectionen haben eben einen deutlich
ausgeprägten Maximalfehler, denn die Fehler wachsen mit dem Abstände
von der Hauptachse, und aus diesem Grunde muss man die Verzerrungen
nach dem Maximalfehler bemessen und nicht nach dem bei unregel-
mässigen Messungsfehlern fast ausschliesslich benutzten mittleren Fehler
oder durchschnittlichen Fehler. Es zeigt sich auch so der kleine schein-
bare Vortheil, dass bei gleichen Maximalfehlern die Soldner'sche Pro-
jection einen kleineren durchschnittlichen Linearfehler hat, als die
conforme Projection, bei Berücksichtigung der vorerwähnten Umstände
in ganz anderem Lichte.
In Bezug auf die erst in zweiter Linie in Betracht kommenden
Flächenverzerrungen ist bekannt^ dass bei der Gauss'schen Projection
45*
694
Vogeler. Vergleichnng der mecklenborgischen conformen
Fig. 1.
^ i>X«:->.^B
die Verzerrung doppelt so gross ist, wie bei der Soldner'schen Projection.
Diese Flächenverzerrungen könnten aber bei Gauss noch viel grösser sein,
ohne dass sie für die Praxis unbequem würden. Wenn man nämlich
die Verzerrungen berücksichtigen will, so hat man nur nöthig, pro-
portional der Grösse der berechneten Flächen sie in Rechnung zu stellen.
Dies ist sehr einfach und bequem. Bei der Soidner'schen Projection
stellt sich die Sache viel unbequemer. Eine proportionale Vertheilung
ist bei dieser Projection nämlich nur dann zulässig, wenn man bei der
Berechnung der Parcellen, deren Breiten im Felde gemessen sind, die
Längen auf der Karte, je nach der Richtung der Parcellen, nach ver-
schiedenen Maassstäben abgreift.
Zur Zurückweisung der von KoU
auf S. 477 d. Z. über die Winkelver-
zerrungen erhobenen Einreden möge ein
einfaches Beispiel dienen:
üeber einer fehlerfreien Linie AB,
Fig. 1, sei ein Punkt Ctriangulirt durch
Messung aller drei Winkel im Dreieck.
■ Der Winkel bei C betrage rund 90®
und die Catheten A C und B C seien
je 1000 Meter lang.
Nach K 0 1 Fs Abhandlung S. 478 ist in Preussen für eine Richtung
IV. Ordnung noch ein Fehler von 25" zulässig, also auf einen Winkel
25 X 2 = 50". Der Winkel in C sei nun um 50" fehlerhaft gemessen,
während der Winkel in A um 30" und der Winkel in B um 20" in
negativem Sinne falsch gemessen seien. Das Dreieck liege fernerhin
einem Abstände von rund 64 km von der aj-Achse eines Soldner'schen
Systems und zwar die Cathete B G in einer Parallelen zur os-Achse.
Es ergiebt sich dann Folgendes: .
Das Dreieck hat eine Fläche von 50 ha. Durch die mangelhafte
Winkelmessung wird die Fläche des Dreiecks um 121 qm fehlerhaft
erhalten. Es ergeben sich für die Lage des Punktes C folgende nicht
unerhebliche Coordinatenfehler : A y = ± 0,097 m und A a; = ±: 0,145 m.
Der Flächenverzerrungsfehler nach der Soldner'schen Projection
beträgt für das Dreieck 25 qm und nach der Gauss'schen 50 qm.
Diese wenigen Zahlen genügen, um zu beweisen, dass die durch
die Triangulirung nach der Preussischen Anweisung YK. in die Flächen
hineingetragenen Fehler schon 2^/2 mal so gross sein können, als die
Verzerrungsfehler der Gauss'schen Projection bei dem grossen Abstände
von sogar 64 km von der Hauptachse.
Wenn man nun weiter berücksichtigt, wie viele Fehlerquellen bei
den Flächenbestimmungen der Gemarkungen oder der einzelnen Par-
cellen ferner in Betracht kommen, wovon wir nur nennen wollen: die
Unsicherheit der Coordinaten der Polygon- und Kleinpunkte und be-
Eegelprojection mit der Soldner'schen Projection. 695
sonders die Fehler in der Aufnahme der Grenzen^ so ist es uns unver-
ständlich, wie Herr Koll dem Flächenverzerrungsfehler bei der Erör-
terung der Vorzüge der beiden fraglichen Projectionen irgendwelche
Bedeutung beilegen kann (vergl. Zeitschr. S. 322). Der grössere Flächen-
verzerrungsfehler der Gauss^schen Projection kommt praktisch garnicht
in Betracht^ und es bleibt ausserdem immer die Möglichkeit, ihn durch
einen proportionalen Zuschlag auf die einfachste Weise zu tilgen^ während
dies bei Soldner^s Projection^ wenn man Feidmaasse und Papiermaasse
mit einander combiniren muss, nicht der Fall ist.
Nun haben wir aber noch die Hauptsache zu betrachten, nämlich
erstens die von Koll auf S. 477 — 478 erhobene Beschuldigung, „wir
hätten den Fehler begangen, Anforderungen an die Genauigkeit zu
stellen, die durch den Zweck der Arbeiten nicht gerechtfertigt sind^,
und ferner zweitens die von Roll hieran geknüpfte Bemerkung, dass
jede unnöthige Steigerung der Genauigkeit unnöthigen Zeit- und Geld-
aufwand bedinge.
Herr Roll könnte mit dieser auf die empfindliche Geldfrage ge-
richteten Beschuldigung bei auftraggebenden Behörden ein williges Ohr
finden, und aus diesem Grunde müssen wir gerade diese Vorwürfe mit
aller Entschiedenheit öffentlich zurückweisen: Wir haben auf S. 260
und 261 durch eine Tabelle den Nachweis geführt, dass die Richtungs-
verzerrungen bei Soldner für Triangulirung IL — IV. Ordnung durch-
schnittlich etwa 5 bis 10 mal so gross sind, wie bei Gauss. Aus dieser
Tabelle geht hervor, dass eine ebene Eleintriangulirung mit einer Ge-
nauigkeit von 2" bis 3' bei der Soldner'schen Projection zur Unmöglichkeit
wird. Dies ist die Hauptsache von dem, was wir sagten und worauf
es bei der Beurtheilung der Vorzüge der beiden Projectionen ankommt.
Diese Hauptsache macht Herr Roll zur Nebensache, indem er sagt, die
grossen Winkelverzerrungen bei Soldner seien nur „Schönheitsfehler"
(S. 477). Unsere weitere nebensächliche Bemerkung, dass die Genauig-
keit einer Triangulirung von 2" bis 3" den heutigen Instrumenten ent-
spreche und durchaus wünschenswerth sei, wird als Hauptsache von
Koll hingestellt, und uns der Vorwurf gemacht, wir stellten ungerecht-
fertigte Anforderungen an die Genauigkeit. Hierzu bemerken wir, dass
durch die unübertreffliche Gauss'sche Projection Niemand gezwungen
wird, Triangulirungen mit einem mittleren Fehler von 2" bis 3" auszu-
führen, aber die Projection lässt die Möglichkeit offen, eine ebene
Triangulirung so genau auszuführen, während [dies bei Soldner nicht
der Fall ist. Im Uebrigen sind wir in der glücklichen Lage, Herrn
Koll mit allen seinen Einreden in Bezug auf Triangulirungsgenauigkeit
und den hiermit verknüpften Zeit- und Geldfragen durch seine eigenen
Worte und früheren ausgesprochenen Ansichten widerlegen zu können:
In seinem Vortrage auf der Bonner Hauptversammlung sagte Herr Roll
696 Vogeler. Vergleichung der mecklenburgischen conform en
dasB man mit den einfachsten Hülfsmitteln vorzügliche Resultate erzielen
könne, wenn nur die Beobachtungsmethoden etc. ^gut durchgebildet"
seien. Man könne beispielsweise mit einem Mikroskop-Theodolit von
13 Centimeter Durchmesser durch 2 malige .Beobachtung einer Richtung
eine Genauigkeit von 2'' erzielen. Wir widersprachen damals in Bonn
und schätzten die Leistungsfähigkeit dieser Instrumente, besonders bei
Berücksichtigung der periodischen Theilungsfehler auf 3" bis 4". Jetzt
wird uns nun von Koll der Vorwurf gemacht, dass wir mit einer Ge-
nauigkeit von 2'' bis 3" ungerechtfertigte Anforderungen stellten, die
unnöthigen Zeit- und Geldaufwand erforderten. In richtiger Schluss-
folgerung müssen wir also annehmen, dass Herr Koll bei Kleintriangu-
lirungen principiell diese kleinen leistungsfähigen Mikroskoptheodoliten
nicht benutzen will. Wie aber bei Benutzung anderer Instrumente eine
Zeit- und Geldersparniss eintritt, bleibt uns unerfindlich, denn weniger
wie einmal in jeder Femrohrlage kann man doch einen Winkel nicht
messen.
Wenn überhaupt die Zeit- und Geldfrage mit der mathematischen
Frage über Coordinatensysteme in Verbindung gebracht wird, so müssen
wir sagen, ein gutes Coordinatensystem kostet nicht mehr, als ein
schlechtes. Dies gilt so lange man in der Ebene triangulirt, sobald
man aber sphärische Glieder berücksichtigen muss, ist das schlechtere
System das theuere; also in dem vorliegenden Falle das Soldner'sche.
Wenn nach Roll die Maximalfehlergrenze der Kataster- An Weisung IX
gleich dem 4 fachen mittleren Fehler gesetzt ist, so kommen wir mit
dem von uns als wünschenswerth bezeichneten mittleren Fehler von
2" bis 3" auf einen noch zulässigen Richtungsfehler von rund 10".
Dies ist nach den heutigen Instrumenten, wie bereits nachgewiesen ist,
keine übertriebene Genauigkeitsforderung. Auf unser oben S. 694 an-
genommenes Beispiel angewendet ergeben sich dann folgende Fehler:
Winkel C = + 20", Winkel A = — 12" und Winkel S = — 8". Hieraus
resultiren Coordinatenfehler von A y = 0,039 m und A x = 0,058 m.
Dies scheinen uns durchaus angemessene und wünschenswerthe Fehler-
grenzen zu sein.
Wir Mecklenburger trianguliren zwar nach unseren eigenen In-
tentionen, aber in Bezug auf die Ausführung und besonders in Bezug
auf den Zeit- und Geldaufwand sind vielfach die preussischen Einrichtungen
für uns vorbildlich geworden. Wir richten uns aber nicht nach der
Anweisung IX der preussischen Katasteranweisung, sondern nach den
langjährigen Erfahrungen und Vorschriften der preussischen Landesauf-
nahme. Dies gilt für die Triangulirung IL und III. Ordnung. Für
Triangulirung IV. Ordnung ist uns die Fehlergrenze von 25" der
preussischen Anweisung IX zu weitgehend, und wir halten eine Grenze
von 10" bis 12" ftlr angemessen. Dies besonders deshalb, weil mit
den heutigen Instrumenten diese Grenze bequem inne zu halten ist.
Kegelprojection mit der Soldner'schen Projection. 697
Wir stehen ausserdem auf dem Standpunkt, dass bei guten Kataster-
triangulirungen mit dieser Genauigkeitsforderung durchaus nichts lieber-
flüssiges erreicht wird^ denn diese grundlegende Genauigkeit soll auf
viele Jahrzehnte den folgenden Operationen zu Gute kommen, bei denen
erfahrungsmässig ohnehin die Fehler lawinenartig sich anhäufen.
Wenn Soldner und Bohnenberger die späteren conformen Theorien
des Meisters Gauss am Anfang des Jahrhunderts schon gekannt hätten, so
ist bei dem praktischen Blick jener Männer anzunehmen, dass sie dann
damals schon die überlegene conforme Projection in ihren Ländern ein-
geführt haben würden, und dann würde auch das preussische Kataster,
dessen Projection von 1879 Nachahmung von Soldner und Bohnenberger
ist, heute im Besitze conformer Coordinaten sein.
Nachdem nunmehr Herr Kammeringenieur Vogel er persönlich in
der Coordinatenfrage das Wort genommen hat, bedaure ich auf die von
Herrn Professor Dr. Jordan auf Seite 478 dieses Bandes abgegebene
Erklärung auch meinerseits zurückkommen zu müssen. Danach müsste
es den Anschein gewinnen, als hätte ich Herrn CoUegen Vogel er die
Möglichkeit einer rechtzeitigen Erwiderung absichtlich abzuschneiden ver-
sucht. Ich muss daher zunächst die thatsächlichen Momente richtig stellen.
Der auf Seite 473 mit 478 abgedruckte Artikel des Herrn Professor KoU
ist von mir schon am 5. Juli (das Heft vom 15. Juli war im Voraus
für die Landmesserordnung bestimmt) Herrn Professor Dr. Jordan zum
Abdrucke zugesandt, von diesem jedoch mit einer Reihe von Redactions-
Bemerkungen am 12. Juli wieder zurückgegeben worden, so dass er
dann allerdings erst am 18. Juli zum zweiten Male in dessen Hände
gelangte. Würde aber das Manuscript sofort von Hannover aus Herrn
Collegen Vogeler übermittelt worden sein, so hätte dieser gewiss eben
so gut seine Gegenbemerkungen sofort selbst anfügen können, wie dies an
seiner Stelle Herr Prof. Dr. Jordan gethan. Dabei muss ich allerdings
noch anfügen, dass ich die auf Seite 473 von mir abgegebene Erklärung
nicht abgegeben hätte, wenn mir bekannt gewesen wäre, dass Herr
Professor Dr. Jordan den Artikel, dessen Redaction er ablehnte,
gleichwohl mit Redactionsbemerkungen versehen werde , nachdem
er sich primär nur die persönlichen Bemerkungen auf Seite 474 unten
vorbehalten hatte. Soviel über die formale Behandlung der Sache.
Vielleicht darf ich noch anfügen, dass ich um so weniger Anlass habe,
die Vertreter der conformen Coordinaten irgendwie zu verkürzen, als
ich selbst der Ansicht bin (wie ich dies auch schon auf der Versammlung
in Bonn angedeutet habe), dass ein Staat erheblichen Umfangs, der
in die Lage kommt, sein Coordinatensystem neu zu wählen, nach dem
heutigen Stande der Frage allen Anlass hat, zu den conformen Coor-
dinaten zu greifen. Dagegen erachte ich allerdings den Minderwerth
der Soldner'schen Coordinaten nicht für so erheblich, dass Staaten, welche
698 Vogeler. Yergleichung der mecklenburgischen conformen
eine auf solche Coordinaten basirte Landesvermessung besitzen^ unbedingt
und ungeachtet der damit verbundenen Weiterungen und sonstigen Nach-
theile nun sofort ihr System umarbeiten müssten. Von diesem letzteren
Gesichtspunkte aus habe ich daher, wie auf Seite 473 bemerkt, es nicht
für billig und nothwendig erachtet, einem Vertheidiger der Soldner'schen
Coordinaten das Wort zu entziehen.
Im Uebrigen sind meines Eraclitens auf Gebieten, welche der
praktischen Verwerthung des Vermessungswesens für die Bevölkerung
ungleich näher liegen, noch sehr erhebliche Schäden und Ungereimtheiten
zu beseitigen. Ich würde es daher, nachdem nunmehr die Coordinaten-
frage genügend geklärt sein dürfte, für eine dankbare Aufgabe auch
für die gelehrteren CoUegen erachten, wenn sie auch diesen Gebieten
wieder einige Aufmerksamkeit und schriftstellerische Thätigkeit zuwenden
würden.
München, 6. November 1896. Steppes.
In dem Wunsche^ die nun schon seit 3/4 Jahren geführte Contro-
verse über conforme und Soldner'sche Coordinaten einem Abschluss ent-
gegenzuführen, wollen wir versuchen, die Sache durch ein Gleichniss
aus der Technik klar zu legen:
Wir denken uns zwei Brückenbausysteme S und G, das erste schon
seit 100 Jahren entdeckt und in zahlreichen bewährten Bauten allen
Ingenieuren bekannt, das zweite G erst seit 30 Jahren veröffentlicht
und nur ganz vereinzelt zur baulichen Ausführung gebracht.
Nun werden bei Gelegenheit eines kleineren Brücken -Neubaus von
den dabei betheiligten Ingenieuren vergleichende Berechnungen angestellt
über die Spannungen, Pressungen u. s. w., welche in den Constructions-
theilen beider Systeme auftreten, und es stellt sich dabei heraus, dass
das neuere System G das feinere und bessere ist. Wird nun Jemand
deswegen auf den Gedanken kommen, alle die älteren nach dem seit
nahe 100 Jahren als bewährt geltenden System S erbauten und längst
dem Verkehr übergebenen Brücken wieder abzubrechen und nach dem
System G neu aufzubauen — ? Wir glauben nicht, dass das Jemand
verlangen wird. Anders läge die Sache, wenn etwa eine Brücke aus
anderen Gründen abgetragen oder umgebaut werden soll, oder wenn
es sich um den Bau von Brücken handelte, die erst im Project auf
dem Papier, in Wirklichkeit aber noch gar nicht vorhanden wären.
Was in solchen Fällen zu geschehen hätte, wollen wir aber auch
nicht in den Bereich unserer Erörterungen ziehen, sondern ruhig den
Bauräthen der betreffenden Staatsbehörden überlassen. Aber was
zweifellos zur Discussion in einer bautechnischen Zeitschrift steht, das
ist in dem angenommenen Falle die freie Aufstellung der mathematischen
Festigkeitstheorien, die Vergleichung der Materialersparnisse oder Ver-
luste in den Fällen G und S, und ähnliches und wo der Fall eines
Kegelprojection mit der Soldner'schen Projection. 699
Neubaus vorliegt; das feste Eintreten für das als besser erkannte System
O. Ganz ans dem Spiele zu lassen ist aber in der freien wissenschaft-
lichen Discussion die Vergleichnng der Abbruchskosten einer alten
Brticke S mit den Vortheilen eines Neubaus nach dem System G, denn
solchen Abbruch wird niemand befürworten ; das Bestehende hat sein Recht.
Kehren wir nun von dem Brücken - Gleichniss zum geodätischen
Coordinatensystem zurück^ so haben wir in Deutschland eine grössere
Zahl von Landesvermessungen seit Menschenaltern nach dem älteren
Soldner 'sehen System zu betrachten; und ebenso wie von den älteren
Brücken werden wir auch hier sagen : Kein Mensch wird die Abschaffung
dieser altehrwürdigen Coordinatensysteme befürworten, wenn nicht noch
andere dringliche Gründe dazu kommen.
Zweitens ist den Praktikern, welche sich nicht auf alle die Dis-
cussionen mit ^ ^ n. s. w. einlassen wollen, zu sagen, dass Winkel-
verzerrungen von 5" — 10", welche den 40 Soldner sehen Systemen des
preussischen Katasters an ihren Grenzen allerdings anhaften, im Osten von
Württemberg und im Nordosten von Baden theilweise noch grösser auch
vernachlässigt worden sind, obgleich die Trigonometer und Polygone-
meter jener Länder wohl sich dessen nicht bewusst gewesen sind.
Aehnlich wird es auch in Preussen bisher sich verhalten haben:
Weil die amtliche Anweisung von jenen 5" — 10" Winkelverzerrung
nicht redet, werden die meisten praktischen Landmesser dieselben auch
nicht gekannt haben.
Aber dass bei Neuanlagen von Coordinatensystemen jene 5" — 10"
eine Rolle spielen, und dass die Geodäten eines Staates mit conformer
Projection sich freuen, solche 5" — 10" Winkelverzerrungen nicht zu
haben, und dass sie nicht umgekehrt es sich gefallen lassen, dass ihr
System abfällig beurtheilt werde, das ist ebenso natürlich.
Auch scheint es uns keinem Zweifel zu unterliegen, dass manche
der im Laufe eines Jahrhunderts erfolgten Anlagen von Coordinaten-
systemen, und auch die vor 17 Jahren erfolgte Neuregulirung der
Preussischen Kataster -Coordinaten, wesentlich anders ausgefallen sein
würde, wenn alle die Gesetze und Wahrheiten, welche die Coordinaten-
erörterungen in unserer Zeitschrift zu Tage gefördert haben, berück-
sichtigt worden wären; und damit können wir auch beruhigt sagen,
wenn im abgelaufenen Jahre unsere Zeitschrift einen erheblichen
Theil ihrer Wirksamkeit der Autklärung einer vor Jahresfrist noch
streitigen und unklaren aber wichtigen Frage gewidmet hat, so hat sie
damit dem Zwecke gedient, für den sie gegründet worden ist; und zum
Schlüsse können wir dazu einen Spruch unseres berühmten schwäbischen
Landsmannes Schickhardt von 1629 anführen:
„Emendationis primus est gradus, errorem detexisse^. J.
700 Petzold. Einige Verauche mit dem SaDguefsohen Tachymotor.
Einige Versuche mit dem Sanguet'schen Tachymeter.
Mit dem auf S. 144—147 d. Zeitechr. beBcfari ebenen, darch Fig. 1
liier noch eiamaf wiedergegebenen Sanguet'schen Tachymeter haben
wir zur Ermittelung der praktisch erreichbaren Genauigkeit am 16. und
17. October d. J. einige Hessrerauche angestellt. Es worden in einer
Geraden bis zu 200 m Entfernung Funkte von 50 zu 50 m Abstand
Fig. 2.
nach genauer Lattenmeesang bezeichnet und auch einnivellirt. Von
jedem Endpunkte dieser 200 m langen Geraden ans machten wir je
4 Beobachtungen nach der in 50, 100, 150 und 200 m Entfernung auf-
gestellten Latte, so dass wir fUr jede dieser Strecken 6 Entfemnngs-
wcrtbe und ebensoviel Hehenuntersohiede erhielten. FUr die 50 und
Petzold. Einige Versuche mit dem Sanguet' sehen Tachymeter. 701
100 m langen Strecken ist die Entfernung sowohl aus vier als aus zwei
Ablesungen bestimmt worden^ während die grösseren Entfernungen nur
durch zwei Ablesungen gemessen wurden.
Die benutzte Latte (Fig. 2) hat eine 2^22 m lange Centimeterthei-
lung^ deren Nullpunkt annähernd 1 m über dem Fusspunkte liegt.
Mittels einer kleinen, an der Rückseite sitzenden Dosenlibelle L kann
die verhältnissmässig leichte Latte mit geringer Mühe genau lothrecht
gehalten werden, wozu auch noch ein Hilfsstab als Strebe mit benutzt
werden kann.
Der Gang der Beobachtungen, der sich in einer etwas anderen
Reihenfolge als in der früheren Beschreibung als praktisch erweist, ist
folgender: Das Fernrohr wird, während der Hebel am tiefsten Knopfe
liegt, auf irgend einen Punkt — am einfachsten, wie bei den vorliegen-
den Beobachtungen geschah, auf den Nullpunkt — der lothrecht gehal-
tenen Latte gerichtet; dann wird der Hebel gegen den nächsten Knopf
gelegt und die Ablesung auf der Latte gemacht. Diese Ablesung in
Centimetern stellt bereits die horizontale Entfernung der Latte von der
Fernrohrdrehachse in Metern dar. Zur Erhöhung der Genauigkeit, sowie
zur Controle können dann noch — bei der angewandten Latte für Ent-
fernungen bis zu 100 m — weitere zwei Ablesungen gemacht werden,
während der Hebel am dritten und vierten Knopfe liegt, was wir auch
bei den 50 und 100 m langen Strecken gethan haben. In diesem Falle
gibt der fünfte Theil der Summe der drei Lattenabschnitte in Centi-
metern die horizontale Entfernung in Metern. In beiden Fällen^ sowohl
bei einer als bei drei Ablesungen, ist hier vorausgesetzt worden, dass
das Fernrohr in der Anfangsstellung — während der Hebel am unteren
Knopfe lag — auf den Nullpunkt der Latte gerichtet war. Ist dies
nicht der Fall, so hat man nur die bei der Anfangsstellung des Fern-
rohres erhaltene Lattenablesung von den übrigen Ablesungen abzuziehen
und mit den Differenzen so zu verfahren wie vorhin mit den directen
Ablesungen. Nachdem die Lattenablesungen gemacht worden sind,
bringt man wieder den Hebel gegen den untersten Knopf und liest
darauf an der Höhenscala die Tangente des Fernrohrneigungswinkels
bis auf 5 Einheiten der 4. Decimalstelle ab. Die Multiplication dieses
Werthes mit der vorhin abgelesenen horizontalen Entfernung, zur Er-
langung des Höhenunterschiedes zwischen dem anvisirten Lattenpunkte
und der horizontalen Fernrohrdrehachse, wird nachher am schnellsten
mit dem in allen Fällen ausreichenden Rechenschieber gemacht. Grössere
Entfernungen können gemessen werden durch Lattenbeobachtungen,
während der Hebel am zweiten und dritten Knopf, oder am dritten und
vierten Knopf liegt. Die Differenz beider Ablesungen (in Metern) gibt
im ersten Falle mit der Constanten 125, im zweiten Falle mit 250 mul-
tiplicift die horizontale Entfernung in Metern. Auf diese Weise ist es
702 Petzold. Einige Versuche mit dem Sangaet^schen Tachymeter.
möglich mit der benutzten Latte noch Entfernungen bis zu 550 m'
zu messen.
Die beobachteten Entfernungswerthe sind in den beiden folgenden
Tabellen I und II zusammengestellt worden.
I.
Eine Einstellung und
drei Ablesungen
IL
Eine Einstellung und eine Ablesung
Wahre EBtfenaif
50m 100m
50m 100m
150 m
200m
BeohaehteteKit-
fenongei.
(Die ente Beeh-
achtiBg ii Ta-
beUe 11 mante
wegen ugeilgen-
deoLattenhalteu
Terworfenveriei. )
m
49,98
49,88
49,80
49,86
49,88
49,94
49,88
49,84
m
99,90
99,64
99,58
99,90
99,76
99,86
99,72
99,84
m
•
49,8
49,7
49,8
49,9
49,8
49,8
49,8
m
99,5
99,5
99,6
99,9
99,8
99,9
99,7
99,6
m
149,3
149,3
149,3
149,3
149,5
149,9
149,9
149,3
m
199,2
199,5
199,5
199,2
199,1
199,0
199,5
200,0
littel
DarchKhuttl.
coDstanter Fehler
littlerer laflU.
Fehler.
49,882
+ 0,118 m
± 5,6 cm
99,775
+ 0,224 m
dz 12,1 cm
49,80
+ 0,20m
± 7,9 cm
99,69
+ 0,31m
± 16,4 cm
149,48
+ 0,52 m
± 27,1cm
199,38
+ 0,62 m
± 31,8 cm
Der constante Fehler ist in beiden Fällen genügend proportional
der Entfernung, was sich hier übrigens auch bei dem zufälligen Fehler
zeigt. Es kommt also für den letzten bei Entfernungen bis zu 200 m
das Quadratwurzelgesetz nicht zum Ausdruck. Bei grösseren Entfer-
nungen verhält sich die Sache jedoch anders, der Fehler wächst dann
rascher. Es ist hierbei noch zu bemerken, dass die Latte während der
Beobachtungen nicht so genau gehalten wurde, wie es die schärfste
Entfernungsmessung mit dem angewandten Instrument erfordert. Der
Lattenhalter war eben zu besonders genauer Arbeit nicht geeignet.
Wird die Latte so genau als möglich ruhig lothrecht gehalten — nament-
lich mit Benutzung einer Strebe — , so erreicht man jedenfalls, wie wir
auch schon aus einigen andern Beobachtungen ersehen haben, nahezu
die doppelte Genauigkeit. Jedoch zur Erlangung eines Urtheils über
die praktische Leistungsfälligkeit eines Instrumentes ist es besser, wenn
es unter Umständen angewandt wird, wie sie im Allgemeinen im Felde
obwalten, was wir hiermit erreicht zu haben glauben. Der constante
Fehler ist nicht allein dem Instrumente zuzuschreiben, denn er hängt
noch mit — abgesehen von dem geringen Lattentheilungsfehler, der
durchschnittlich nur 0,15 mm pro Lattenmeter betrug — von der
Strahlenbrechung ab und wird bei Sonnenschein an heissen Sommer-
mittagen wieder ein anderer sein. Er ist in der genauen Tachymetrie
mit in Rechnung zu nehmen, was leicht durch den Rechenschieber
Bücherschao.
703
bewirkt werden kann, während er in der Landestopographie natürlich
nicht in Betracht kommt.
Die wahren Höhenfehler sind für die verschiedenen Entfernungen
in der folgenden Tabelle zusammengestellt worden.
Entfernung
50m
100 m
150 m
200m
cm
cm
cm
cm
+ 7,2
+ 15,2
+ 1,9
— 6,6
4,5
6,2
1,9
6,6
Wahrer
6,9
5,2
1.9
6,6
7,0
5»2
1,9
6,6
HUhenfehler
9,3
5,1
1,2
7,9
6,7
5,4
0,5
7,9
6,7
5»2
0,5
7,8
6,7
5,2
1.3
7,9
Mittel
+ 6,9
+ 6,5
+ 1,4
-7,2
Hiernach beträgt der durchschnittliche Höhenfehler nur 5,4 cm.
Hinsichtlich der Genauigkeit der Entfernungen und Höhen lässt
daher der Sanguet'sche Tachymeter bei seiner schnellen Handhabung
nichts zu wünschen übrig. Besonders von Vortheil aber erweist er sich
im Hügellande bei der reinen Horizontalaufnahme, weil die horizontale
Entfernung ohne Weiteres auf der Latte abgelesen wird^ ohne dass eine
Reduction, entweder am Instrumente selbst, oder mittels des erst noch
zu messenden Höhenwinkels, auszuführen ist. M. Petzold,
Bücherschau.
Rechentafeln von Ludwig Zimmermann. Grosse Ausgabe. Verlag des Tech-
nischen Versandgeschäfts R. Reiss, Liebenwerda 1896. Preis gebunden 5 Mk
•
Vorliegende grosse Ausgabe der vor Jahresfrist erschienenen
kleinen Rechentafeln desselben Verfassers (vergl. Zeitschr. f. V. 1896,
S. 30—31) verdankt ihre Entstehung einer Anregung des Herrn Prof.
Vogler. Und unumwunden muss man mit letzterem beim Anblick und
noch mehr beim Gebrauch der in handlichem, praktisch gebundenem
Format neu erschienenen Tafeln dem Verfasser das Lob spenden, nicht
nur ein brauchbares, sondern ein vortreffliches Hilfsmittel für den
praktischen Rechner geschaffen zu haben.
Wer die bekannten Crelle^schen Tafeln viel zu handhaben ge-
nöthigt ist, wird diese neue Erscheinung auf dem geodätischen Bücher-
markt mit doppelter Freude begrüssen, weil die dem Volumen nach so
bedeutend kleinere Zimmermann*sche Tafel dennoch bei den alltäg-
704 Bticherschau.
lichen numerischen Berechnungen des Landmessers die schwere^ unhand-
liche und auch in Bezug auf Druck und Papier in vielen Exemplaren
nicht gerade mustergiltige Crelle'sche Tafel nicht nur ersetzen kann,
sondern derselben noch überlegen ist.*)
Die Elemente der Rechnungen des Landmessers sind in den
weitaus meisten Fällen 4- und 5ziffrige Zahlen. Um z. B. das Product
zweier 4ziffrigen Zahlen zu bilden, hat der Rechner aus der Cr elle-
schen Tafel 4 Einzelproducte zu entnehmen und dieselben zu addiren,
oder bei der Entnahme von nur 2 Tafelwerthen noch eine besondere
Multiplication auszuführen. Bei der Verwendung der Zimmermann-
schen Tafel ist die Arbeit mit dem Niederschreiben und der Addition
zweier Tafelproducte erledigt, indem dieselbe auf 200 Seiten unmittelbar
die Producte aller 2- mit allen 4ziffrigen Zahlen in einer höchst über-
sichtlichen Anordnung nach Zeilen und Kolonnen enthält. Eines nur
scheint uns nicht zweckmässig, d. i. die grosse Ziffer 1 vor den letzten
3 Stellen zum Zeichen, dass zur vorhergehenden Ziffer eine Einheit zu
addiren ist. Unseres Erachtens wäre hier die Anwendung der durch
die Logarithmentafeln allgemein eingeführten Zeichen * oder -}- vor
dem Sziffrigen Reste besser gewesen.
Der Gebrauch der Tafel ist in der Einleitung durch so viele Bei-
spiele erläutert, dass wir füglich von weiteren Ausführungen hierüber
absehen können. Nur auf einen Punkt des praktischen Rechnens wollen
wir noch aufmerksam machen.
In der Flächeninhaltsberechnung und bei polygononietri-
schen Rechnungen, bei welchen in erster Linie die Anwendung von
Rechenhilfsmitteln geboten ist, braucht man das Resultat in der Regel
nur bis auf eine bezw. bis auf zwei Dezimalen zu kennen. Daher wird
ein praktischer und überlegender Rechner auch nur so viele Ziffern
niederschreiben, als zur Erreichung des genannten Genauigkeitsgrades
erforderlich ist. Alles Uebrige ist vom Uebel. Bei der Bildung der
Producte wird demnach die Methode der abgekürzten Multiplication an-
zuwenden sein unter fast ausschliesslicher Verwendung der Rechentafel,
wie folgendes Beispiel zeigt.
2 A = 412,37 . 804,16 = 329 681.
1 849.4
56.3
24^
331 611.3
A = 165 806 qm
*) Auch die Rechentafel vom Geh. Oberbaurath Dr. Zimmermann, Preis
gebunden 5 Mark, sei hier noch erwähnt. Dieselbe enthält unmittelbar die
Producte aller 2- und Sziffrigen Zahlen.
Btieherschau. 705
512,48 . sin 51^ 21,3' = 512,48 • 0,78103 = 398.310
1.874
62
15
A y = 400.261 m
Der genaue Werth ist 400,262 m.
Die beiden letzten Producte in vorstehenden Beispielen werden
natürlich durch eine einfache Kopfrechnung ermittelt, da dies bei nur
2 bis 3 Ziffern immer schneller zum Ziele ftlhrt, als ein Ablesen aus
der Tafel. Zur Controle kann man dies ja trotzdem noch thun, wenn
man sich nicht sicher ftlhlt.
Das zweite Beispiel zeigt, dass die Z-Tafel bei polygonometri-
schen Rechnungen — falls man nur eine Tafel der Sinus und Cosinus
bis auf 5 Stellen zur Verfügung hat — selbst die 6 stellige Logarithmen-
tafel zu ersetzen im Stande ist. Hat man die Sinus und Cosinus nur
auf 4 Stellen, so wird das Resultat in der zweiten Decimale schon nicht
mehr sicher sein. Abgesehen von genauen Stadtmessungen, bei welchen
das Mitführen der dritten Decimale zu)- Vermeidung von Fehleranhäufung
durch Abrundung nothwendig und daher 6 stellige logarithmische Rech-
nung am Platze ist, wird eine 4 stellige Tafel der Sinus und Cosinus,
wie Herr Zimmermann sie demnächst veröffentlichen wird, unter allen
Umständen ausreichen.
Den häufig vorkommenden Fall der Inhaltsberechnung eines Drei-
ecks aus den 3 Seiten wollen wir noch mit einigen Worten besprechen.
Die drei Factoren des Radicanden sind in der weitaus grössten
Zahl aller Fälle 4- oder 5ziffrig; demnach wird die Anzahl der für das
Ausziehen der Quadratwurzel zu bildenden Gruppen von je 2 Ziffern
vor dem Komma sein
bei drei 4-ziffrigen Factoren höchstens 3 Gruppen
„ zwei 4- und einem 5-ziffr. Factor 4 „
Da nun bei 2nGruppen des Radicanden die Quadratwurzel bis auf
die erste Stelle vor dem Komma richtig erhalten wird, wenn man aus
den ersten w-Gruppen in bekannter Weise die Wurzel zieht und dann
unter Vernachlässigung der folgenden n-Gruppen die Methode der abge-
kürzten Division anwendet, so wird ein geübter Rechner von vornherein
alles, was unnöthig ist, fortlassen.
Will man bei 2n-Gruppen noch die erste Decimale des Radicanden
erhalten, so sind in der angegebenen Weise die ersten n + 1-Gruppen
zu behandeln.
Bei 2 n -f- 1-Gruppen genügen die ersten w -{- 1, um die Wurzel
bis auf die erste Decimale richtig zu erhalten.
706 Bücherachau.
Zar Erläuterung des Vorstehenden mögen folgende beiden Beispiele
dienen^ welche auch die Verwendung der Z-Tafel in diesem Falle zeigen.
A= V^216,42 . 175,19 • 613,45 = 3 67 71
1120-64
3-50
19.44
613,45 X 3 79 14 .
58
23 12 51
12 88 9
18 9
24 5
36
i
5
K23 25 87 . 4 :
= 4822,73
qm
4822 = 23 23 24
964 ; 2 63 . 4
2 60-3
3.1
Die 7 stellige logarithmische Rechnung gibt 4822,73; also genau
dasselbe Resultat.
]/872,55 . 913,41 • 997,26 = 79 46 58
22 83 . 50
45-65
8-72
997,26 X 79 69 95 • 87
7 87 78 8
6 88 07
9 47
9
4 78
V 7 94 81 21..
= 28192,5 qm
2812 — 7 89 61
562 : 5 20 21
5 17 04
3 17
Die 7stellige logarithmische Rechnung ergibt 28192,4.
Dass die Ausstattung des Werkes, sowohl was Druck als Papier
anbetrifft, eine vortreffliche ist, und hierdurch die Zimmermann'sche
Tafel sich von ähnlichen Tabellenwerken vortheilhaft unterscheidet,
möge zum Schluss noch anerkennend hervorgehoben werden.
Dessau, October 1896. Fr. Schulze.
Unterricht und Prüfungen.
707
«1^
Unterricht und Prüfungen.
Nachweisung derjenigen Landmesser^ welche die Land-
messerpriifang im Frtthjahrstermine 1896 bestanden haben.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
Bezeichnung der
PrUfnngscommission
a. Berufslandmesser.
Aewerdieck, Fr i e dr i chWilhelmChristian
Ahrberg, Friedrich Heinrich Wilhelm
Asteroth, Otto
Bader; Albert Johannes Karl
Bahrs, Amandas Heinrich Christian.
Balcke, Max
Baldamns, Karl Ferdinand Eduard .
BalduS; August
Bartsch, Franz. .
Becker, Karl Adolf Theodor
Beerraann, Paul Albert Johannes ....
Beitlich, Otto
Bengs, Karl Hubert
Bernhardt, Leonard
Bernhardt, Gustav Martin
Bever, Karl
Binde, Wilhelm Theodor Otto
Birr, John
Blobel, Hermann
Block, Emil
Böttcher, Otto
Bomm, Peter Josef Hubert
Brauer, Ludwig
Brems, Georg Friedrich Arend
Brinkmann, Wilhelm August
Brüll, Paul
Büsselberg, Heinrich Friedrich Wilhelm
Buhl, Maximilian Ferdinand Alois..
Bnrbach, Heinrich
Bussilliat, Heinrich
Christoph, Franz Wilhelm Albert . . .
Clement Wilhelm Karl Georg,
Daniel, Johann Jakob
Deventer, Theodor Heinrich
Dreher, Rudolf
Dreyer, Ernst Karl Wilhelm Julius..
Eckert, Max
Englisch, Max Karl Theodor
Esfeld, Josef
Faust, Wilhelm
Fenner, Karl August Ludwig
Feusse, Johann Adolf Friedrich
Zeitschrift für VermessaiiKSwesen 1896. Heft 20.
Poppelsdorf
77
Berlin
Poppelsdorf
Berlin
Poppelsdorf
Berlin
7?
Poppelsdorf
Berlin
Poppelsdorf
'Berlin
Poppelsdorf
Berlin
77
77
7?
Poppelsdorf
Berlin
77
7?
Poppelsdorf
77
7)
7)
7?
77
Berlin
77
7?
Poppelsdorf
7)
Berlin
77
Poppelsdorf
46
708
Unterricht und Prüfungen.
Lau-
fende
Nr.
Namen
Bezeichnung der
PrUfungscommibsion
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
56
58
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
Fiebelkorn, Ferdinand Ludwig MaxFritz
Fiegler, Lothar Friedrich Adolf....
Filitz, Karl
Förster, Kurt
Förster, Franz Maximilian
Forchmann, Hans Max Feodor
Franzen, Bernhard
Freckmann, August Georg
Friesen, Wilhelm Hub ert
Fritzen, Heinrich
Füchte, Kaspar Heinrich
Oawlick, Karl Johannes
Oesse, Friedrich
Graef, Heinrich
Groll, Friedrich
Hachmann. Lorenz Georg Alex
Hahn, Hermann Reinhold
Hanel, Bruno Hildebert
Hanke, F r anz Josef
Hause, Hermann
Heinemann, Friedrich, Christian . . .
Herrmann, Otto Oskar
Heuer, Heinrich Wihelm Albert ...
Hillmer, Johann Wilhelm Rudolf...
Hitzer, Fri edrich Wilhelm
Hoecken, Karl Eugen Robert
Homann, Bernhard
Imand, Jakob Eduard
Jung, Julius , . .
Kanneuberg, Emil Johannes Heinrich
Kasten, Harry
Keiser, Paul
Kessler, Karl Anton
Kirsch, Georg Karl Adolf
Köhn, Otto Hermann Friedrich. . . .
Kraft, Arno Robert Wilhelm
Krahl, Karl Richard
Kttbelstein, Hermann
Lange, Emil Wilhelm Max
Liermann, Max Gustav Berthold ....
Limbach, Friedrich Wilhelm Ernst
Christian
Lindeholz, H ermann Robert . ;
Lohmann, Karl Heinrich Friedrich .
Machleidt Fritz Albert
Mahler, Wilhelm Hubert Otto
Manglowski, Walter August
Mecke,' Bern ward Philipp Heinrich .
Poppeisdorf
Berlin
w
Poppeisdorf
7)
n
n
Berlin
Poppeisdorf
n
Berlin
Poppeisdorf
Berlin
Poppeisdorf
Berlin
Poppeisdorf
Berlin
Poppeisdorf
Berlin
Poppeisdorf
Berlin
n
Poppelsdorf
n
n
Berlin
Poppelsdorf
Berlin
7?
n
Poppelsdorf
n
Berlin
Poppelsdorf
Berlin
Poppelshorf
Berlin
Poppelsdorf
Unterricht und Prüfungen.
709
Bezeichnung der
Prüf ungs CO mmi ssion
90
91
92
93
94
95
96
97
98
99
100
101
102
103
104
105
106
107
108
109
110
111
112
113
114
115
116
117
118
119
120
121
122
123
124
125
126
127
128
129
130
131
132
133
134
135
136
Meincke, Ernst Hans Urich Bruno ..
Moehl, Valentin Heinrich
Möller, Karl Wilhelm
Morels, Josef
Mondwolf, Hermann Karl Ferdinand .
Mühlfeldt, Friedrich
Müller, Wilhelm
Müller, Arthur Otto Hngo
Nagel, Heinrich Friedrich Christian .
Nebelnng, Hermann
Neil, Heinrich Otto Ludwig
Neuendorff, Otto Hermann Hans ....
Neupert, Franz Josef Christoph Fritz
Nitze, Arthur
Noack, Eduard Arnold
Oberstadt, Joseph
Obladen, Franz Berthold August. . . .
Ochs, Karl Heinrich
Patzelt, Hermann
Peters, Georg
Pfennig, Arthur
Pichelt, Wilhelm
Pielmann, Johannes Karl Julius Ludwig
Plate, Albert Ferdinand
Poppe, Erich Hermann Wilhelm....
Pracejus, Emil
Probsthain, Karl Alfred
Przibilla, Karl [
Raczek, Lothar
Radtke, Adolf
Reinecke, Johann Georg Rittel Ernst
August Peter; Premier-Lieutenant a. D.
Reinigen, Peter
Rohde, Hermann
Rudelius, Georg
Runge, Ferdinand Otto Friedrich..
Sardemann, Hermann
Schalt, Friedrich Wilh el m
Scheefeldt, Emil Richard Rudolf
Schenck, Paul Rudolf Josef
Schewior, Georg
Schiller, Robert Gustav Max
Schiwy, Georg Rudolf Franz
Schlüter, Heinrich Wilhelm Julius..
Schmillen, Johann Karl Wilhelm
Schnitt, Richard Otto Emil
Schröder, Christian Heinrich
Schuck, Heinrich
Berlin
7)
Poppelsdorf
7)
Berlin
Poppelsdorf
Berlin
Poppelsdorf
n
Berlin
Poppelsdorf
Berlin
Poppelsdorf
Berlin
77
77
Poppelsdorf
Berlin
77
Poppelsdorf
Berlin
7»
Poppelsdorf
Berlin
77
77
Poppelsdorf
77
Berlin
Poppelsdorf
77
Berlin
77
77
Poppelsdorf
Berlin
77
7?
Poppelsdorf
Berlin
Poppelsdorf
Berlin
710
Unterricht und Prüfungen.
Bezeichnung der
Prüf angscommissi on
137 I Schütz, Ernst Max
138 j Schnitze, Karl Franz Richard
139 j Schulze, Friedrich Wilhelm August.
140 Schulze, Gustav Adolf Wilhelm
141 Schwab, Max
142 Schwalbe, Franz Gustav Otto
143 Schwerdtfeger,E m il FerdinandHermann
144 Seibach, Alfred
145 I Siebert, Andreas
146 Sieck, Karl Julius Heinrich
147 Siekierski, Hermann Franz
148 Siemann, Franz Ernst Eduard
149 Skursky, Erich Karl Bruno
150 : Sonnemann, Paul H
151 \ Spormann, Hans
152 Stern, Reinhard Paul Julius Heinrich
153 Stocksirom, Enno Gerhard
154 j Tenius, Gotthilf Richard
155 j Thomas, Friedrich Karl
156 1 Tiburtius, Benno
157 I Timm, Otto Ernst Eduard
158 Trabert, Joseph
159 Viering, Johannes Friedrich Oliristian
Ludwig
160 Virch, Erich
161 Voss, Maximilian Gerhard Heinrich.
162 Wahlmann, Karl Philipp Heinrich..
163 Wandrey, Hermann Wilhelm Ernst .
1 64 Warmbier, Friedrich Ferdinand Arthur
165 Wehberg, Karl
166 Weidekamp, Konrad Heinrich Fer-
dinand
167 Weitler, August
168 Welke, Karl Albert
169 Wiedfeldt, Johannes Hermann
Friedrich
170 Wilkens, Johann 0 tt o
171 Willems, Jan Reneer
172 Wrede, K arl Gustav Albert
173 Zernikow, Rudolf
174 Ziehm, August Albert
175 Zimmer, Karl Ernst Wilhelm
176 Zirkel, Bernhard Joseph
b. Forstbeamte.
177 Jaenisch, Karl Georg Heinrich, Forst-
assessor
Poppeisdorf
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Kleinere Mittheilung. BUcherschau. 711
Kleinere Mittheilung.
Maassstabverhältnisse der Kataster -Karten in Oesterreich.
Im Mai d. J. haben die Ingenieurkammern der Vereine der beh.
autorisirten Civil - Techniker in Nd. - Oesterreich, Böhmen, Galizien und
Mähren Veranlassung genommen^ an das k. k. Finanzministerium die
Bitte zu richten^ die Katasterkarten der nun aufgenommenen Gemeinden
in den Maassstabsverhältnissen 1:2000^ 1:1000 bezw. 1:500 kartiren
zu lassen.
Wie uns der Vorstand des Vereins der beh. aut. Civil - Techniker
in Nieder-Oesterreich freundlichst mittheilt^ ist demselben nunmehr ein
Schreiben des k. k. Eisenbahn - Ministeriums zugegangen, worin dieses
sich bereit erklärt; das Gesuch der Vereine der besonderen Berücksich-
tigung des k. k. Fin^zministeriums zu empfehlen.
Es darf somit wohl erhofft werden^ dass auch das Finanzministerium
sich der Ueberzeugung von den Vorzügen einfacher Maassstabverhält-
nisse nicht mehr verschliessen wird, and dass auch in Oesterreich in
absehbarer Zeit die früher üblichen unrationellen Maassstäbe von den
öffentlichen Karten verschwinden werden.
BOcherschau.
Leitfaden der praktischen Physik. Mit einem Anhange, das absolute Maasssystem,
von Dr. F. Kohlrausch, Präsident der physikalisch- technischen Reichs-
anstalt in Charlottenburg. Mit in den Text gedruckten Figuren. 8. ver-
mehrte Auflage. Leipzig 1896. Druck und Verlag von B. G. Teubner.
Neben der Mathematik ist Physik die wichtigste Hülfswissenschaft
des Geodäten, und deswegen ist die Empfehlung des vorliegenden Leit-
fadens der Physik in unserer Zeitschrift am Platze.
Was früher eine Eigenthümlichkeit der geodätischen Lehrbücher
war, ein einleitendes Capitel über mittlere Fehler und Fehlerausgleichung^
das finden wir nun auch hier als Einleitung zur PJiysik S. 1 — 22.
u. s. w., ohne Entwicklungen, lediglich Gebrauchsformeln,
bis zur Gauss^schen Auflösung der Normalgleichungen [bh • 1] u. s. w.,
dann Interpolation, Zahlenrechnen, Technisches S. 27, Glas versilbern,
-Schneiden, -Poliren u. s. w. Im Uebrigen wollen wir nur noch die der
Geodäsie verwandten Abschnitte durchgehen, SchwerenbeschleunigungS. 87 :
g = 9,806 (1 — 0,0026 cos 9 — 0,0000002 H)
(Helmert 9,80596 und 0,00265 zur Vergleichung) Barometer S. 94.
Quecksilberausdehnung = 0,000181 für 1 ° C. Capillarität Tab. 15, nach
Mendeläeff und Gutkowsky, wollen wir vergleichen mit einer anderwärts
oft gebrauchten Tafel von Schleiermacher und Delcros:
712
Bücherschan
•
Kuppenhöhe —
1,0 mm.
mm
mm mm
mm
mm
Innerer Röhrendurchmesser 6
7 8
9
10
Capill. nach Mendel^eff 0,78
0,53 0,38
0,28
0,20
„ „ Schleiermacher 1,07
0,76 0,55
0,41
0,30
Differenz 0,29
0,23 0,17
0,13
0,10
Solche Tabellen sind sehr unsicher.
Barometrische Höhenformel S. 96:
h = 18430 (log b^—\ogb^){l+ 0,00367 t)
X (l + 0,0026 cos 2 cp + 0,0000002 ^ + | | (g^ + X"))
Die Constante 18430 enthält die Schwereabnahme für Quecksilber-
gewicht (gilt aber nicht für Aneroidmessungen).
Thermometer S. 100. Wissenschaftlich definirt man die Tempe-
ratur nach der Ausdehnung eines vollkommenen Gases (Wasserstoff),
indem man gleichen Volum- (oder Druck-) zuwachsen des Oases gleiche
Temperaturzuwachse zur Seite stellt. Das Quecksilberthermometer hält
nicht ganz gleichen Schritt mit dem Luftthermometer, weil Quecksilber
und Olas sich nicht gleichmässig ausdehnen. Die physikalisch-technische
Reichsanstalt aicht Thermometer nach dem Luftthermometer, mit Rück-
sicht auf die Depression des Nullpunktes. Es besteht nämlich nach der
Fabrikation der Thermometer wegen der langsamen Zusammenziehung
des geblasenen Glases zunächst ein allmähliches Aufrücken der Fix-
punkte 0^ und 100^ um nahe gleichviel. Das Aufrücken dauert mit
veränderter Geschwindigkeit unter Umständen Jahre lang fort und kann
mehr als 1^ betragen. Durch langes Erwärmen, etwa auf Siedetempe-
ratur, kann man den Process beschleunigen. Dabei besteht eine De-
pression der Einstellungen nach Erwärmungen. Da die Ausdehnung des
Glases nach jeder Erwärmung des Thermometers eine Nachwirkung hat,
welche erst mit der Zeit verschwindet, so lässt jede Erwärmung eine
Erweiterung des Ge&sses (Nachwirkungs-Dilatation) und dadurch einen
tieferen Stand des Quecksilbers, eine nach der Glassorte und der Grösse
und Dauer der Erwärmung verschiedene „Depression des Nullpunktes"
zurück. Derselbe verliert sich anfangs rascher, später langsamer mit
der Zeit, und kann nach längerer stärkerer Erwärmung nach Wochen
noch merkbar sein.
Wird nach V2S**l^^^&6™ Verweilen in siedendem Wasser das Ther-
mometer in Eis gebracht, so nimmt es bald vorübergehend seinen tiefsten
Stand, den „für 100** maximal deprimirten Nullpunkt" an, welcher das
Thermometer ebenso bestimmt charakterisirt, wie der nach langem Ver-
weilen im Eise entstehende Eispunkt; und da der letztere bei Thermo-
metern, welche beträchtlich erwärmt worden waren, lange Zeit zur
Beobachtung beansprucht, so kann die Beobachtung des maximal depri-
mirten Eispunktes vorzuziehen sein, (Näheres Thiesen,'} Scheel, Seil,