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Baia, Google
eog 08. 11.5
HARVARD
COLLEGE
LIBRARY
darzein, GOOgle
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8
Die Erdfunde
Earl Ritter.
Band IX. Klein-Afien.
Theil I.
Mit brei Kupfertafeln.
— — —— — —
Berlin, 1858.
‚Georudt und verlegt
bei ©. Reimer. x
N
Die Erdfunde
im Berhälmiß zur Natur und zur Gefchichte
des Menſchen, ’
ober \
allgemeine
vergleichende ‚Geographie,
fihere Grundlage bes Enbtums und Unterrichts in
phpficalifpen und hiſtoriſchen Wiſſenſchaften
von
Tarl Ritter,
Dr. x. Prof. p. Ord.a.d. Univ. in Berlin, Mtgl.d. Xün. Acad. d Dfenfd- def, Bir
3.2605. ML-Drb. 2.21. m.@ihL, wieb. Drd p.loMörite Briedenstl.; Tommand. 2.RL.».
Suh-Gmient.- ed. Eim. Command. Er-Det.n Grchenla.n. Apl-Bapr. 6
‚D
(2-00. Ratust.;careeip. @r-AR.d.
Bij in Gött., d. Scrienberg Maturf. Gef.3. Grantf.a. M.; ausın. Mitgl.d. Soc. Aslat.
1.66ogr.in Par.,d.Roy. Asiat. Soc. 0fGr.Br.,d.Roy. Geogr.Soo.in&ond.,d.8.Dän.
fd. B.in Kopenhag., wied.R. Gef.f.norb. Aiterthot daf.; Epr.-M.d. Kaiſ. R.Meab.d.
B.in&t.Petertb. u.d.Naturf. Gef.in Mostan, wied. Raif.R.geogr. Gel. in Betertb.n.
b.geogr. Gef. im Frantf.a.R.,d. Goc.d. EB. in Sioch. Correnp.el Asaociö Strangerde
Yacad.Roy. des Inser. etBell.Letr. del’Inst. Imp6rial de Fr., Mitgl.d.8oo. Egypt.
ia Reis, d. New-York Hist. 80c., d.Amer. Eihnolog. Soc., d. Soc. Eihnol in®:
». Coraw. Polytechn. Soc., d. scient. d.Pyren. orlental. in Berpign., d.
Ratırf. — . de Statlst. du Royaume
IR. d.nfch. morgl. Bef., Er. d.Ralf. Head. d. W. in Wien u. d.dort.
%; For. Member of iheRoy- Soc. of Lond.1.iheprom. of Natural Know
ad d.Brdpäolsg.&oc. In Athen, d. Rdn. Baper. Acad. d.EB. in München, ord. ausw. iR.
Lane. &r-M.d. Amer. Wood. b. Rünfeu. ZN. zu Bofon, Maffachufetts, d.Americ.
Geogr. and Stat. Soc.; Corresp. dellimper. e Reale Atoneollal. Firenzeetc.
7
Adtzehnter Theil,
Drittes Bud Weſt-Aſien.
Kleine Afien. Band I.
Zweite ſtark vermehrte und umgearbeitete Ausgabe.
7
S Berlin, 1858.
Gedrudt und verlegt
bei ©. Reimer.
„Citius emergit veritas ex errore, quam ex confusione.”
Baco de form. ealid. Aphor. X.
Vergleichende Cröfunde
des
Halbinſellandes Klein⸗Aſien,
von
Carl Ritter.
Erſter Theil.
— f — — — ——
Berlin, 1858.
Verlag von G. Reimer.
‘ dene, BNOEL, 7. 5”
‚Citius emergit veritas ex errore, quam ex confusione.”
Baco de form. calid. Aphor. X.
Borwort,
Ba dem Erſcheinen dieſes achtzehnten Teiles ber
Allgemeinen vergleichenden Erdkunde, welcher von Weft-
Afien die weftlichfte Gliederung feines Geſtadelandes, nämlich
das Halbinſelland Klein⸗Aſien enthalten wird, iſt nur zu
bemerlen, daß deſſen Darſtellung drei Bände umfaſſen wird,
bie uumittelbar auf einander folgen werben und ſich an bie
fräßer veröffentlichte geographifche Arbeit, welche das Euphrat-
foftem umfaßte (Allgem. Erdk. Th. X. 1843), nämlih an
die Weftfeite des euphratifchen Thalgebietes als deſſen Fort
fegung anfchliegen. Doch bilden biefe drei Bände zugleich,
dem Raturtypus des Landes gemäß, auch ein für ſich völlig
abgeſchloſſenes Werk, welches in ven erften nur kurzen
Paragraphen mit einer plaftifd vergleichenden Ueberficht der
Geſammtbildung der Halbinfel und ihrer Stromgebiete be-
gimnt, die fpäter in allen Hauptpunkten ihre genauere Ergän⸗
png finden wird. Hieraus ergeben fidh von felbft die brei
Hauptgruppen ber nachfolgenden Darftellung, da bie Halbinfel
in ihre drei natürlichen Abtheilungen zerfällt, bie in eben fo
dielen Bänden, zwar in ihrem centralen Zufommenhange, aber
doch gefondert nach ihren Verfchievenheiten und dem jebesina«
vn Vorwort,
ligen Caufalzufammenhange ver ihnen eigenthümlichen Ver—
Hältniffe und Erſcheinungen zu erforfchen find. Da fie auch
drei ganz characteriftifch verſchiedenen Naturgebieten angehören,
und in breierlei verfchiebenen Hiftorifchen Beziehungen zu ihren
Umgebungen von jeher geſtanden haben und noch ftehen, wor-
auf eine blos matertaliftifch compendiarifche Geographie 'gar
feine Rüdficht zu nehmen pflegt, jo mußte bie Anorbnung
des überreichen Materials, das fich in der Gntfaltung ber
geographifchen Verhaͤltniſſe diefes merkwürdigen Länvergebtetes
darbietet, auch eine eigenthümliche von allen frühern Vorgän-
gern verfchtebene werben, bie freilich erft mit Vollendung des
"Ganzen in ihrem großen einflußreichen Zufammenhange in
Klarheit und zum nicht umbebeutenben Gewinn bes europäi-
ſchen Nachbaren Herortreten kanm. Es ift die nördliche
pontiſche Seite der Halbinfel mit ihren zugehörigen Strom-,
Küften- und Ländergebieten, die im erften Bande barzulegen
verſucht ift; dann wird bie ſüdliche eiliciſch-lyeiſche dem
ſyriſch⸗ aghptiſchen Mittelmeere zugelehrte Seite im zweiten
Bande folgen, und bie britte weftliche mit dem archipela-
giſchen munberbar geformten und gegliederten @&eftabe- und
Infel-Gebiete, dem europätfchen und zumal ver Hellenenwelt
zugebehrten, ben Schluß und Uebergang nad Europa im
dritten Bande bilden,
Schon dieſe Weltftellung des äußerften Weftendes von
Aſien, gleichſam der Brüde nach Europa, mit ihren ganz ver⸗
ſchiedenen Naturzuſtänden und verfchtevenen benachbarten Eul-
turwelten zugehörigen und gegenfeitig übergreifenden Haupt ⸗
gruppen, ift von heher Bebentung für ben Entividlungsgang
der Länder und Volker⸗Geſchichten anf ihr, und für bie Ale
Belt überhaupt, und biefe Bebentung wird ſich wol für bie
Zufunft noch fteigern. Denn bie mannigfektigfte Aus ſtatiung
dieſes Bodens in Geſtaltung und Production, ein inhaltreiches
Soon zum Grgehen für civikkfationefühige Menſchengeſchlechter,
Vorwoti. x
hat ſchen reiche Ernten dargeboten in bie Kreife des gefktieten
Bölterlebens, in die Gebiete der Künfte, der Wiſſenſchaft mb
des Weltverfehre; nur feit den legten Sahrhumberten liegt ex
freilich fehr unſcheinbar mehr brache für ven humanen Böhler
fortfepritt, feitvem ftatt ber früheren Sonne nur nad ver
bleiche Halbmond biefen unerfchäpflich veich begahten Boden
mit feinem Salblichte befcheint, der aber mol bald einem Auf⸗
erſtehungstage entgegen geht, ba ihm ficher eine verjüngte
Zulunft, fo Gott will, nicht ganz verfagt fein wird.
Mit dem Hinbli auf eine ſolche Zukunft, wie auf eine
fo rügmliche Vergangenheit, ſchien es ein wiſſenſchaftliches
Bedurfniß, vie bißher faft nur lexicaliſch und elementarifch
behandelte geographifche. Erkenntniß dieſes herrlichen Laud⸗
ſqhaftsgebietes, aus dem reichen Schatze der durch alle Jahr⸗
hunderte fo ſehr zerſtreuten und daher oft wieder verſchwun⸗
denen Kenntniß feiner Theile, im großartigen Zuſammenhange
was dem Staube ver Bergeffenheit hervorzurufen und mit
vem, was bie Gegenwert an reichen Quellen barbet, in ein
Ganzes we möglich zufammenzufafien, mach dem Gefammt- -
umsfange ber klaffiſchen Literatur aller Zeiten und Völler des
Orients und Occidents, in beren Mitte das Halbeilaud einft
wicht ohne Rupuls zur Förberung des Fortſchrittes der fich
segenfeitig befrenadenben Menſchheit geftellt ward. So muß⸗
ten Sage uud Geichichte, alte umb neue Zeit, perfiiche, ara
biſche, griechiſche, römiſche, byzantiniſche, armenifche, türkiſche
web audere Duelfenfchriften, wie die Autoren, Reiſenden, Au⸗
iauare uud Touriſten fo ſorgfältig als möglich mit den tie⸗
fen Forſchern der Gegenwert über Sprachen und Dentmale
alter Art befragd werben, um, nur zu einiger Bollftäntigfeit
des oft noch viel zu wenig Exforfchten zu gelangen.
Ob nun »iefe Lüde im der geographiſchen Wiſſeuſchaft
andy nur ermäherab mehe als zuvor auszufüllen gelungen fein
ung, Jahn win der Veuetheilung ber Kenner ——
a i Vorwort.
derjelben zu überlafſen; weder am Liebe zu ber Sache, an
Imtereffe für die Hohe bisher ungelöft gebliebene Aufgabe,
noch an Mitteln und Anftrengungen, das vorgeftedtte Ziel zu
erreichen, hat es uns gefehlt, und boch erfennen wir nur
in dem Vorliegenden einen erſten Verſuch, unfer Ziel zu erreis
Gen. Bir überlafien es Andern, von dem überſchwenglichen
Reichthum des ſchon Vorhanbenen, von dem vielen Neuen,
was hier bargeboten werben Tonnte, unb von bem angebeit-
teten Cauſalzuſammenhange ber bargelegten Grundverhältniſſe
mit ben baraus bervortretenden natürlichen hiftorifchen und
anderen Folgen, Erſcheinungen und Begebenheiten, wenn ſchon
durch bes etwas mähfelige Stubium, fich felbft zu über«
zeugen.
- Nur das erfte Drittheil von Thatſachen und Verhält⸗
wien Tonnte in biefem erften Bande zur Sprache Tommen,
die folgenden werben wol noch inhaltreichere Reſultate dar⸗
bieten; er enthält ven Berfuch, den hohen antitaurifchen Often
Mllein-Afiens und feine wenig gelannten Gebirgs- und Strom⸗
gebiete, nach Anleitung aller uns befannt gewordenen orien-
talen und oceiventalen Urkunden und Ouellen, zu entwirren.
Anger fo mancher trefflichen europälfcden Beobachtung konnten
auch manche bisher faft unbenutzt gebliebenen türkiſchen, bh-
zantiniſchen und armeniſchen Quellen, wie vie Schriften eines
Enliya Efendi und Hadſchi Chalfa, bie ber fleißigen
armenifchen Geographen, eines Bſheſchkian und Ind ſchid⸗
ſche an und Anderer aus ben Originalſchriften benugt werben,
Die Mithülfe bei deren Ausarbeitung durch unfern in ben
betreffenden orientalifhen Sprachen wohl bewanderten Freund,
Dr. 5. Riepert, machte es möglich, in vielen Puntten, zu-
mal auch in ber Rechtſchreibung ber Namen genauer und
kritiſcher zu Werte zu gegen, und viele in früheren Werten
über Klein-Afien eingeſchlichene Irrthamer zu vermeiben. Bit
feinem Beiftanbe, wie mit Hülfe feiner meiftexhaften Karten
Bet. . =
cenſtruetion biefes Landergebietes Tonnte e® gelingen, bie gegen-
wärtige Arbeit in biefer kritiſch berichtigten Weiſe zur Aus⸗
führung gu bringen, daher wir unferm fehe häffseicpen Collegen
und Mitarbeiter den imigften Dank für die durch ihn ver⸗
mittelte erfreuliche Forderung hier auszuſprechen für unfere
Müct halten.
Der genauefte Nachweis ber gebrudten Quellen, aus
denen wir gefchöpft Haben, hat uns ber fonft nothwendigen
Bolemik gegen bie Arrthumer früherer geographifcher Autoren
überhoben, von benen wir etwa abwichen ımb dadurch auch
Anbere in Stanb fetten, ven Fortſchritt des von uns befolg-
ten Ganges ber Unterſuchung und hiſtoriſchen Entwiclelung
noch grünblicher nachzugehen. Auch die Kandfchriftlichen und
mänblichen uns fo oft mit dem freunblichften Wohlwoilen von
trefflichen Augenzeugen zu Theil gewordenen Belehrungen, nicht
felten reichhaltigen und erheblichen Nachrichten und Beobach-
tungen (wir nennen nur bie Namen ber preußiſchen Officiere
dv. Moltle, v. Binde, v. Fiſcher, v. Mühlbach, dann bie eines
Gattter, Kbler, P. v. Tſchichatſcheff, R. Koch, O. Blau, ©
del, Kotſchy, Schönborn u. A., denen wir auf das bankbarfte
verbunden find) Haben wir jebesmal an ber geeigneten Stelle
bezeichnet, um jedem Forſcher fein oft muͤhſam erworbenes
Unrecht und Verbienft um ben Bortfchritt ber Erkenntniß auch
für wie Nachwelt aufzubewahren, ein Umftanb, ber, wenn er
überall durchzuführen wäre, ber Geſchichte der Wiſſenſchaft
viele Berirrungen erfparen wärbe. Leider waren uns bie
Borfcjungen unfers geehrien Freuudes I. Morbimann oh
richt zegängiih.
Ohne für jetzt Im nothwendigen Tanzen Vorworte noch
über Vauches andere einzugehen, was ſich von Methode und
Dehandlungeweife über bie vorliegende Arbeit fagen ließe, tft
nur zu bemerfen, daß ale ummngänglich zum Verftändniß un⸗
fuer Darfteliung der Gebranch ver großen Ktepertfchen
u Verwoti.
Karte von Klein⸗Afien (Berlin 1844 in 6 Bloit, mit
Memoir 1864), ber einzigen ihrer Art anerkannt klaſſiſchen,
die mit durchgehender Gritil gearbeitet ift, voransgefeit wird.
Ehe eine ſehr erwünfchte berichtigte Ansgabe derfelben erſchei ⸗
nen bürfte, Tann dieſelbe, für eine Ueberſicht, erſetzt werven
durch bie von bemfelben Kartographen im kleineren Mapfabe
bearbeitete, bei D, Reimer 1854 erſchieaene Rarte von Klein-
Aſien in 2 Blatt, fo mie bie noch weiter im Mafiftab
reducirte in einem Blatt, zu beffen Neuen Hanb- Atlas bei
D. Reimer gehörig. Mit Vollendung des britten Bandes von
Kein-Afien wird zu biefer Grofunde auch als Fortſetzung bes
augehörigen, vom 8. Heft an durch H. Kiepert bearbeiteten
Atlas von Afien zu ©. R. allgemeiner Erdl. bei D, Reimer
ein beſonderes, für Klein⸗Aſten ausgenrbeiteies mub mit veiche
haltigen Details ausgeftattetes Kartenheft erfcheinen; nud zu
dem Abſchnitt vom norbäftlichen Pontusgeſtade kann auch ſcheu
das erfte Blatt (Armenien und ben oberen Euphrat enthaktenb),
von ber vierten Lieferung defſelben Atlas von Afim ia
Berlin bei D. Reimer 1854, fo wie bie fo eben erfcheinenve,
durch zwei öftlich anfchliegende Blaͤtier vermehrte neue Bear-
beitung ber beiden öftlichen Sectionen ber großen Kerie von
Nlein · Aſten (Armenien und Kurdiſtan von H. Kiepert in
4 Blatt, Berlin 1868 bei S. Schropp) gute Diewfte leiſten. Wit
fühlen uns bei dieſer Gelegenheit verpflichtet, eimem tur Auslaube
(4 B. Journ. of Roy. Geogr. Sov. of Lond. 1866. Vol.
XXVI. p. LXXIE. aocessions to library) öfters vorlommen-
den Arthume auedrücklich zu widerſprechen, als ob dieſer dest
mit, völfiger Ignorirung bes Autornamens Ktepert wur mit
dem Namen bes Herausgebers C. Ritter aufgeführte Atlas,
möcht das völlig felbftänvige Werk unſeres jüngeren Fteundes
and Mitarbeiters H. Kiepert wäre, bem wir nur unfere vöt⸗
lige Zuftimmung (in Fortſetzung der bereits Beim 1. und 2.
von &. Grimm und H. Mahlmaun beoarbeiteten Sefis bejelge
Vorwori. am
ten Titelfaffung) durch Beiſetzung unſeres Namens als Her»
ansgebet gern und freubig Haben ausfpredhen wollen. Was
nun bie, Hinfichtlich der von unferm Freunde ausſchließlich
vertretenen Rechtſchreibung ber in Klein-Aſien einheimifchen
Ramen diefes Bandes betsifft, jo laſſen wir hierüber H. Kie-
pert in nachfolgender Anmerkung ſich ſelbſt ausſprechen.
Berlin, om 21. December 1857.
Earl Ritter.
Ueber die befolgte Rechtſchreibung ver Namen in Rlein-Afien,
Die türkiſchen und armenifhen Namen, melde neben we
nigen lazifh-georgifchen, kurdiſchen und griechiſchen, heut
zu Tage in dem im Rede ſtehenden Ländergebiet faſt ausſchließlich
herrſchen, find foweit fie entweber in einheimifchen Quellen
überliefert over aber, wie das bei vielen fo häufig ſich wieber-
holenden generifchen Namen nicht ſchwer fällt, etymologifch voll»
lommen gefidert und verftändlich find, nach ven Lauten ihrer
heutigen Ausfprade ver deutfhen Schreibart und Ausſprache
möglichft genau entſprechend umfchrieben, wobei alſo die Buchftaben
i und ch ſtets bie im Deutſchen gewöhnliche Lautgeltung haben (ch je»
doch inmmer nur ben gutturalen Laut, wie im Deutſchen nad) a, o, u);
auch für ven Laut des englifchen j (franzöfifchen dj) ift ver Deutlichteit _
wegen ſtets dſch, für ven im Deutfchen fehlenden, auch im Türkiſchen
und Armenifchen nur felten vorfommenven bes einfachen franzöflichen j
aber ſh gebraudt; die einzige, durch die. Rückſicht auf Deutlichkeit
gerechtfertigte Abweichung vom beutfchen Gebrauch im Anflug an
den englifch + franzöfifchen ift die durchgängige Anwendung von
ſund z für den reſp. ſcharfen und weichen Laut (deutſches ß und ſ);
der im Zürfifchen gar nicht, wohl aber im Armeniſchen erſcheinende
Laut des deutſchen z ift daher, wo er vorfümmt, mit tz bezeichnet.
Unter ven Bofallauten ift nur einer für deutſche Leſer nicht von
ſelbſt verftändlih, das y, welches confequent für den im ber tür«
Eigen Bolalfarmonie dem weichen it gegenüberftehenden harten
an ¶Vorwort.
und bumpfen i⸗Laut gebraucht iſt. Den nach dieſem Syſtem
umſchriebenen und im Tert gewöhnlich gebrauchten Formen find bie
unter den mannigfachften Corruptionen, fowol des verſchiedenen
orthographiſchen Gebrauchs verfihiebener Sprachen, als der unrich⸗
tigen Auffaſſung durch das Ohr, in ven europäifchen Neifeberichten
vorbommenben Formen verfelben Namen zur beigefügt;
nur wo bie richtige Schreibart hypothetiſch blieb ober gar nicht zu
ermitteln war, nehmen bie überlieferten, möglicher Weife oft corrum⸗
pirten Formen ihre Stelle ein, doch wicht ohne daß jedesmal aus⸗
drückllich darauf aufmerkſam gemacht ift. Einzelne, aber gewiß wenige,
auch der aufmerffamften Correctur entgangene Inconfeguenzen aber,
als unter dieſer Fülle der verfchiebenften Namen fait unvermeibliche
Irrthümer wird der gütige Lefer zu entſchuldigen wiffen.
Inhaltsverzeichniß und Blattweifer.
Allgemeine Erdkunde 3. XVII.
Drittes Bud.
Weſt ⸗Aſien.
Die weſtlichen Gliederungen.
Sechſte Abtheilung.
Das Halbinſelland Nlein⸗ Afien oder Anatolien.
Erſter Baud.
$.1. Einleitung. Allgemeine Ueberſicht der plaſtiſchen Ger
Raltungen. ©. 3-11.
Erfter Abſchnitt. Die Gliederung ber ganzen Halbinfel in
"ihren Hauptformen.
Erſtes Kapitel. S. 11-52.
Griänterung-1. Die continentale Oftbegrenzung des Halbinfellandes
von Afia Minor; der Anti⸗Tautus. S. 11—17.
Sriänterung 2. Die Geſtadeketten des Taurusſyſtems; der pontiſche
Gebirgszug und der ciliciſche Taurus. S. 18—26.
Erläuterung 3. Das centrale Plateauland von Klein-Aſien; die
SHauptbaffins feiner Hochebenen. S. 26—40. ’
Erläuterung 4. Die Gefammtgliederung der Halbinfel Afla Minor
im ihrem Weftende, im Parallelismus der Kettenzüge und der Tiefs
ihäler. ©. 10-47.
Erläuterung 5. Die piſidiſch-iſauriſchen alpinen Hochthäfer der drei
großen Alpenfern. S. 47-82.
a Inhaltsverzeichniß.
5. 2. Zweites Kapitel. ©. 52-75.
Allgemeine Ueberfiht der Stromſyſteme in Klein-
Afien. ©. 52.
1. Die ſchleichenden Binnenfläffe und ihre Ergiegungen
durch die Gteppen des centralen Hochlandes in die Flach⸗
fran und Mordße. ©: 53-75.
Zweiter Abſchnitt. Die großen Landſtröme Rlem-Afiens
mit ihren Stromgebieten.
5. 3. Drittes Kapitel.
Die großen poutifhen Stromſyſteme. S. 75—679.
Griänterung 1. Defliche Senkung des Gtromgebietes des Tfhoruf.
©. 71-9.
Biertes Kapitel. Die weſtlichen Senfungen der ponttſchen Strom:
fofteme. ©. 94.
Erläuterung 1. Der Termepstfgal (Zyermedon) ©. 95—104.
Fünftes Kapitel. Das Stromſyſtem der Iris, des Jeſchil Irmat und
des Lycus, des Germeli tſchai, Mefkyt tſchal, oder Fluſſes von
Amaſta. S. 104-190.
ueberſicht. ©. 104-108. .
Erläuterung 1. Die obere Stufe des Iriölaufes von der Duelle bis
Totat. S. 108—133.
Erläuterung 2. Die obers Stufe ded ridlaufes, Tozanly oder Tokat⸗ ſu
(Iris) von Tokat bis Amaſia gegen W. Fortſehung. ©. 133—142.
Erläuterung 3. Die beiden Seitenthäler zum oberen Stufe des Iris—
laufe, in ®. und 6.8. von Amafla, des Tſchykryk⸗ſu und Des
Tfchdierlũt· ſu (Scylar). S. 142—154.
Erläuterung 4. Die Stadt Amafla und thre Denkmale. ©. 154
bie 176.
Grfäuterung 5. Uebergang von der oberen zur mittleren Stufe des
Irioſyſtemo; von Amafia werwärts durch das Terfahans Thal über
Mearfiwan (Phazemon), das Gebiet der Bhazemoniten, über Ladik und
an dem Ger Soghaʒ fit (ver Limne Stiphane) voräber, eftwärte
zum Berein von Jris umd Lycus bei Gunifa, in der alten Phana⸗
vom, zur. ©. 176-190.
$.4. Secqh ſtes Kapitel. Das Stromſyſtem des Iris: der Jeſchil Ir
ma (Iris) und der Germelü Tſchai (Ryrus). Fortfefung. S. 190
bis 236.
Erläuterung 1. Die mittlere Stufe des Syftems; der obere Lauf
des Lycus von feinem Quellarm, nad den Routierd von Tavernier
Supoltsvergeichhiß, mu
(1631), Touxuefort (1701), ®. Dufelev (1812), Fer Porter’(1819)
und Anderen, abwärts bis Karahiſſat und Nikjer. S. 198-+232. .
Erläuterung 2. Der untere Lauf des Jeſchil Irmak:ader Iris, auch
Acpeharfcpembeh: (Tigarfhambn) Eu. S. 232—236. : 1...
8.5. Siebentes Kapitel. Das Stromfyftem des Kyzhl Funk, ded
Halys der Alten. S. 236—285. vr}
ueberſicht. ©. 236—248.
Erläuterung 1. Der obere Lauf des Kyzyl Irmak (Halys). Das
obere Halyas Plateau oder die kappadokiſch⸗pontiſche Hochebene des
Halyb, von feiner Duelle bis Siwas. S. 249-267.
Griänterung 2. Der obere Lauf des Kyzyl Irma Salye). Das
obere Halys: Plateau oder die kappadokiſch⸗pontiſche Hochebene von
Siwas abwärtd bis zur Einmündung des Saryınfal (Melas) im Rors
den von Kaiferieh (Gaefarea). ©. 267—277.
Erläuterung 3. Der obere Rauf des Kyayl Irmak (Halys); das obere
HalyssPlatean oder die kappadokiſch⸗pontiſche Hochebene, von der Eins
mündung des Sarymſak bei Kaiſerieh bis zur Nordwendung des mittlern
Laufes bei Jarapafon. S. 277-285.
8.6. Achtes Kapitel. Das Stromſyſtem des Kyzyl Irmat, des Halys
der Alten; Fortfepung. Mittler Stromlauf von Jarapafon nord
wärts mit dem Zufluß des Delidſche Irmaf von der Oftfgite und
bis Obmandfäyf. ©. 285—290.
Ueberfiht. S. 285—290.
Wriänterung 1. Linkes Uferland des Kyzyl Irmak, von Jarapaſon
weßtwärts über Rewfchehr, den Tatlar-Fluß und den Gebirgepap des
Kodfha Dagh zum großen Salzſee Tatta, nah W. Ainsworths
Binterroute (1839) von D. nach W. ©. 291298.
Erläuterung 2. Diefelbe Route im Sommer von W. nad) D. vom
großen Salgfee über Newſcheht, Ürgüb und Indſcheſu bis Kaiferieh,
nad B. Hamilton (1897). ©. 298-311.
Erläuterung 3. Die Gruppe der Troglodytenlandſchaft mit ihren
-Dentmalen am Sübufer des Hals, von Gäfaren und dem Weſtfuße
des Argaus bis zum Tatlarſu, zumal über Ürgüb und Rewſchehr,
wach des Architecten Gh. Texier Beobachtungen (1833 — 1837).
©. 311-319.
Erläuterung 4. Das rechte Uferland des Kyzyl Irmak in feinem
witiferen Laufe zwiſchen Kaiſerieh (Caeſarea) und Angora (Ancyra)
nach den Hauptſtraßenzügen durch dad Gebirgäland. ©. 319—339.
8.7. Reuntes Kapitel, Das Stromſyſtem des Kyzyl Irmak (Halys).
Fortfegung. Unterer Theil des mittlern Laufs von der Tſcheſchnegit
Kjöprä abwärts bis Damandſchyk. S. 339-396.
Witten Erkunde XVII. b
zu - Zuhaltsverpeiäicig,
Erlänterung 1. Die beiden Duerpaffagen des Halys bei ME Serai
und Kaladſchyk nach Macd. Kinneir und W. Hamilton. S. 339-348.
Erläuterung 2. Das linke Uferland des Halys von Kaladſchyk nord⸗
wärts über Kjanfari (Gangra) und Jekilib bis Oemandſchyk nach
Ainsworth (1837). S. 348—361.
Erläuterung 3. Das rechte Uferland des Halys mit dem Stroms
Taufe feines Zuflufies Delidſche Itmak, von deſſen Quelle bis zu feiner
Einmündung in den Kyzyl Irma, dem Strome von Tſchangri gegens
über. S. 361—366.
Erläuterung 4. Macd. Kinneirs Wege nad Iyagat umd von da
durch das Gebiet des obern Delidſche Irmak nad; Kaiferich (im I.
1813) und I. Brants Routier von Katferich nordwärts nach Iyzgat,
und von da gegen R.D. nach Tofat (1835). S. 366-372.
Erläuterung 5. Die Monumentengruppe in den Umgebungen von
Iyzgat, nah Eh. Texier und W. Hamilton. S. 373—377.
Anmert. Die Felöburgen, Tempel und Welieffenfpturen zu Bo-
ghaz tjdi (Tavia? Pteria?) am Suͤnguͤrlu tſchal in R.B. von
Ihigat, nach Ch. Texiers Entdetung (1834) und Darftellung.
S. 377-396.
1. Die Tempelgruppe wit den Architecturen und Feſtumſchan ⸗
gungen der alten Stadt bei dem Dorfe Boghaz Hi,
2. Die enge Felskluft mit den Sculpturen des großen Bas-
reliefs Jazylykaja, d. i. beſchtiebener Stein.
$. 8. Zehntes Kapitel. Das Stromſyſtem des Kyzyl Itmak (Halys).
Fortfegung. Unterer Lauf von Osmandſchyt bis zum Schwarzen
‚Meere. ©. 397437.
Erläuterung 1. Der Kyzyl Irmak mit feinen Verwerfungen im uns
teren Laufe, und dem Wege von Dsmandfchyt bis Sagt Hamza.
©. 397-405.
Erläuterung 2. "Der Fluß von Tuſija, der Dewrek fat abwärts
518 Hadfhl Hamza. ©. 405408.
Erläuterung 3. Der nördliche Tinte Hauptzufluß zum Kyzyl Irmat,
der Gjot Irmak oder Flug von Kaflamuni (Amnias) über Taſch
Ajopra (Pompejopofis) bis Bojabad. ©. 408122.
Erläuterung 4. Der untere Lauf des Gjöt Irmaf oder blauen
Sluſſes, von Bojabad bis zum Verein mit dem Kyzyl Itmak.
©. 422—426.
Erläuterung 5. Berein beider Fläffe bei Dauran (Tahiran) in der
ſchwarzen Felsſchlucht, Karatepe Boghaz, des unteren Halys, und
deffen Kauf durch die Gazelonitis. &. 427432.
Erläuterung 5. Büdweg über Wezit Ajdprä um ben Tawihan
Dagh nad Osmandſchyt am Halys. ©. 432—437.
Zubaltxverzelchniß. u
59. Eiftes Kapitel. Das Mündungsland bed Kyzyl Irmak oder
Halys; fein Deltagebiet mit den Lagunen, und die Käftenfirede
von Samfun (Amifus) Aber Bafra bis Ginub (Sinope). ©. 437
bis 448.
3. 10. Zwölftes Kapitel. Das Stromfyftem des Sataria, Gangar
rind der Alten. ©. 448—520.
Ucberfiht. ©. 448-458.
Grlänterung 1. Der öffihe Hauptarım des Gatarla, der Fluß von
ngürieh oder Angora (Ancyra) und die Gebirgegruppe von Angora.
©. 458—472,
Grläuterung 2. Die Stadt Angora, Anchra des griechiſch⸗romiſchen
Auterthums. ©. 472—49. .
1. Die alte Ancyra der Griechen, Gafater und Römer. ©. 472
bie 485.
2. Die Türkenfadt Engürich, Angurijah der Araber, Ankura
der Tataten. ©. 485—494.
Erläuterung 3. Die neuere Angora, nach den Berichten enropätfcher
Beobachter. ©. 494—505.
Anmerk. Die Ziegen und Schafpeerden und ihre Hirten im gas
latiſchen Hochlande am obern Sangarius, zumal die Zucht der
Biegen von Angora. ©. 505—520.
8.11. Dreizehntes Kapitel. Das Stromfyftem des Sakaria, Sans
garins der Alten. Zortfegung. Der obere Lauf als Angora-Arm,
mit feinen Zuflüffen bis zum Berein des Peffinus-Arms und durch
die Halmaneh zum Kurbendiftricte, an der Grenze der lycaoniſchen
centralen Hochebene. S. 520-542.
Ucherflt. ©. 520.
Erläuterung 1. Wege von Angdra an der Südſeite des Sangarius
durch das wefiche Galmaneh bis Sevrihiſſar und zum Guͤneſch Dagh
indymon⸗Berg). ©. 521—531.
Erläuterung 2. W. Ainsworths Wanderung über Iſtanos zum Zus
fammenfluß der beiden Angoras, d. 1. Engüriche und Peffinns-Arme
des Safarlas oder Sangarius-Stroms, und von da füds und ſüdoſt⸗
wärts durch die Kurbendiftricte von Haimaneh bis zum Karadſcha
Dagh. ©. 531—542.
5.12. Sierzehntes Kapitel. Mittler Lauf des Safaria, Sanga⸗
rins, in feinem großen Rängenthale von D. nah W. vom Verein
der beiden Hauptarme des Angoras und Peffinuss oder Germas
Armes, durch das galatiſch⸗bithyniſche Plateau und durch die nords
wertihe Bebirgsummallung 518 zu dem nördlichen Querdurchbruche
bei Lefkeh und Gelweh und zum Sabandſcha-⸗Sec. S. 542-569.
u npaltsperzeicpniß.
Erläuterung 1. Die älteren Reiferouten durch den Mittelauf des
Satariafuftems ; nach Busbet, Ewliva Efendi, Tournefort, Paul Lu—
cad, Newbery und Niebuhr. ©. 545—556.
1. A. ©. Busbels Reife von Nicäa nad) Angora im J. 1554..
2. Ewliya Efendi’s Reife von Angora nad) Gonftantinopel im
3. 1648.
3. Pitton de Tourneforts Reife von Angora nad Bruffa im
3. 1701.
4. Paul Lucas Reife von Eskiſchehr nach Angora im J. 1704.
5. John Newbery's des Gngländerd Route im I. 1582 und
Niebuhrs Routier im I. 1766.
Erläuterung 2. Die Durdwanderungen der neueren Zeit auf der
nördfihen Uferfeite des Sakaria, von Angora nad; Lefkeh und Geis
weh zum Sabandfha:-See, nah v. Binde, Scott Warring und Aucher
Gloy. S. 556-568. "
1. v. Bincke's Bericht über das Auffteigen vom Sakaria am
Sabandſcha⸗-See bis nad) Angora im 3. 1838.
2. Routier nad) Scott Warring Im I. 1805.
3. Aucher Eloy's zweimalige Routiers, von Ricka (Ianif) im
I. 1834, und von Nicomedia (Idkimid oder Ismid) im J.
1837 bis 1838 nad; Angora. "
$. 13. Sünfzehntes Kapitel. Der obere Lauf des Gangarins auf
der fünfichen Stufe oder dem lycaoniſch⸗phrygiſchen Hochlande von
Purfat (Tpymbres) oſtwaͤrtz bis Germa an ber Rordivendung der
peſſinuntiſchen Sangarius-Arme. S. 568—649.
Erfäuterung 1. Macd. Kinneirs Weg von B. nad) O., von Eslis
ſcheht (Doryläum) über Seid el Ghazy (PBrymnefius) und Keimat
Zricomia) nad Siwrihiſſar. S. 573—575.
Grlänterung 2. W. Hamiltond Beſuch der Ruinen von Bala Hiffar
Reffinus) ; Weg von Siwrihiſſar gegen S. W. über den Sakaria bei
Tſchandyr nach Aletjan (Dreiftus), Hadſchi Hamza, Hergan Kaleh
(Amorium), nah Afium Kara Hiſſat (Synnada) tm Jahre 1836.
©. 575—587.
Erläuterung 3. Die Ruine von Peffinus gu Baal Hffar nah Ch.
Texiers Gntdedung am Dindymon. Der Tempel der Magna Mater
Deorum, Kybele; die Bergmutter und ihr Eultus. S. 587—597.
Anmerk. Die Gallier in Klein-Aflen. Gafater. Galatia. Gallo-
graͤci. Ihre Einwanderung und ihre Einrichtungen. Des Conſul
En. Manlius Neberfall in Galatien im Jahr 189 v. Chr. ©.
S. 597—610.
Erläuterung 4. Der Lauf des Thymbres, des heutigen Purſak von
feiner Quelle am Murad Dagh (Dindymene Mond) bis zur Mün-
Iah⸗iteverzichutß. m
dung in den Gangarius. Cothalum, die Heutige Ajntahle. S. 610
bis 627.
Erläuterung 5. Die Dſtſeite des Purſak (Thymbres) bis zu den
oberen Sangarinsjuflüffen, dem Alander, dem Seidfluß mit Eetifächr
(Dorylaiım), Seid el Ghazi (Prymmefla) wa den Königegräbern
des altyhrygiſchen Reiche. Die Rerropofe, das fogenannte Grabmal
des aune Midas. ©. 627-649.
Estiſchehr, die alte Stadt Dorylahım.
2. Seid ei Ghagi, die Grabflätte des Helden Seidi Ghagl ei
Batthal, Prynmeſia.
= 3. Die Gruppe der altphrygiſchen Koͤnigsgraͤber im Süden
von Seid el Ghazi; Doghanly die Rerropole, das: Grabmal
des Königs Midas und feine Umgebung.
8.14. Sechbzehntes Kapitel. Der untere Lauf des Gafaria vom
Purſak (Thymbres) und Bedre⸗tſchal oder Gjöf-fu (Gallus) abs
wärts bis zum Schwarzen Meere. S. 650-679.
ueberficht. ©. 650-655.
Grläuterung 1. Ueberblick das untern weſtlichen Uferlandes von den
Satarias und Purſak⸗Flüſſen nady dem Mufifchen Olympus zu, und
der Gliederungen der propontifhen Geſtade, nach dem Koͤnigl. Preuß.
General v. Fiſcher. S. 656—658.
Erläuterung 2. Die ſüdweſtlichen Routiers von Kjutahia über den
Dumanytih Dagh und den obern Lauf des Fluſſes Gallus nach
Nice und Bruffa, nach Olivier, A. Eloh, Busbel. S. 658—662.
1. Dkivierd Weg von Kjutahla nach Richa (1798).
2. Auder Eloy's Route von Bruſſa nah Kjutahia (1835).
3. Paul Lucas Ronte (1704).
4. 9. ©. Busbeks Routier (1554).
“Erläuterung 3. Die Routiers von Soͤgüd über Wezir Chan nah
Xefteh zur untern Galluseinmündung in den Gafaria nad D. v. Rich⸗
ter, Macd. Kinneir, Ch. Fellows und W. M. Leate. ©. 662—687.
Erläuterung 4. Der Sabandſcha-See (Sophon) und feine Ganalifis
rung; die Brüdenäbergänge über den Sangarius und fein unterer
Lauf bis zur Mündung im Schwarzen Meere. S. 667679.
Dritter Abſchnitt. Der pontiſche Kuſtenſtrich Klein-/ Afiens
mit feinen Kuſtenflüffen und Hafenſtädten.
$.15. Stebzehntes Kapitel. Ucherfiht. Das Verhäftniß des pontiſchen
Meerbedens zum Entwiclungsgange des anliegenden Geſtadelandes
KieinsAfiens. ©. 680-898.
em Iehaltsusrzeidneiß.
8 16. Actzehutes Kapitel. Die pontifchen Küftenflüffe Billäus,
Parthenius, Lycus, Hypius, ofhwärts zwiſchen der Saugarius⸗
Ründung und dem Carambis Promontorium. S. 699-750.
Erläuterung 1. Der Filtjas Tſchal (Bilarus) nah feinem Gtroms
fyflem; der äfttige Hauptarm Soghanly⸗ſu mit feinen Buflüflen, der
weftliche Hauptarm, der Bolysfa und ihr Verein bis zur Mündung
bei Filijas (Tieum). S. 699—706.
Erläuterung 2. Die Duerreifen durch das obere Gtromgeblet des
Biltjad von DO. nah W.; von Tſcherches über Hammamly, Baindyr
nad Boly u. f. w., nad) Otter vom Jahre 1743, 3. Morler 1808,
4. Dupre 1808, Macdon. Kinneir 1814 umd Ker Porter 1819.
©. 706-718. J
Erlaͤuterung 3. Die Querreiſe durch das untere Stromgebiet und
‚Mündungsland der Küftenflüffe Lyeus, Billaͤus, Parthenius. Bon
Cretil (deraclea) am Kilidſch fu (Rycus) zum Filtjas (Biläus) nad
Vendſchſchembeh und Tisum. Bon da zum Bartanflug (Barthenius)
nach Bartan und im OrbeirisThafe (Partgenius) aufwärts gegen S. O.
bis Zafaranboly am obern Soghanly fu (Biläus). S. 718—733.
Erläuterung 4. Zafaranboly und der Werein aller oberen Duells
flüffe des Billäus im Thale des Goghaufy fü zu feinem Weftlaufe.
©. 133-741.
Anmerk. Die geographiſche Verbreitung der Safran⸗ Euftur des
Koöxos, Crocus sativus, Zafran der Araber. S. 736—741.
Erläuterung 5. Meberfeigung des Hodjplateans beider Ifleni von
Safaranboly und Kaſtamuni von W. gegen D. auf der Waſſerſcheide
dwiſchen beiden Stromſyſtemen des Billäus und Halye. ©. Tal
bis 743.
Erläuterung 6. Der Küftenfluß Milan fu, Hypius der Alten, mit
feinem Gtromgebiete von Uskub (Prufias) und Dügdfce (Dufac) bie
Attſche Schehr, und der Küftenweg von da bis Crekli (Heracen Bons
fin). S. 743—750.
$. 17. Reunzehntes Kapitel. Die pontiſchen Küftenfädte der weſt⸗
vontiſchen Küftenlinie zwiſchen Gangerius, Halys und Iris.
6. 750-806. [
1. Die weſtpontiſche Küftenlinie zwiſchen Gangarind und Halys:
Cregli, Amaffera, Sinub. ©. 755.
Erläuterung 1. Heraclea Vontita, Penderachia des Mittelalters,
Gregli der Türken oder Benderegli, d. i. Hafen Eregli. ©. 755
Bu
Erläuterung 2. Amaftris, die Safenſtadt, dad Gmporium; Gefamos
die Burg; Amaſſera die Tuͤrkenſtadt. ©. 768773.
haleoverzeihut au
Sriäuterung 3. Sinope (Samape?), die affyrifche und gtiechiſche Co⸗
fnnieftabt, Gineh der heutigen Tärfen. &. 713-194.
Anmerkung. Die Thunfifherei von Ginope und im Pontus.
S. 794 106.
Erläuterung 4. Amiſus, Cotl Samſun die Aeropolts, Samſen die
moderne Stadt der Türken. S. 706 606.
5. 18. Zwanzigſtes Kapitel.
I. Die Küftenftädte der oſtpontiſchen Küſtenlinie zwiſchen Iris und
Tſchoruk. S. 806-852.
ueberficht S. 806-811.
Erläuterung 1. Der pontiſche Küftenweg von Trapezunt über Pla⸗
tana (Hermonaffe), Altſche Kaleh (Cordyle), Gerafus, Kereli Bus
rım (Goralla) nad Tireboli (Tripolis) und Argyria. ©. 811—824.
Erläuterung 2. Der Küftenweg von Tireboli (Tripolis), Charſchu
tſchai und fein Quellgebiet um Gümiſch ana, die Gilbergrube,
©. 824—833.
Erläuterung 3. Wafferfahrt von Tireboli nach Keraſun (Pharnacia)
wand von da zu Rande über Ordu (Cotyora); zu Waſſer um das
Jaſun Burun (Iafontum Promontorium) nah Fatſa (Phatifane),
umd Landweg dur dad Gebiet der alten Chalyber, der heutigen
VEiſenſchmiede, nach Ünieh (Demos) und zum Termeh (Xhermodon)
des alten Amagonenlanded. S. 833—852.
$. 19. Ginundzwanzigfied Kapitel. Trapezus, Trapezunda, Tara⸗
bozan, Trebiſonde. S. 852— 912.
Erläuterung 1. Die griechiſche Golonieftadt Trapezus; Trape⸗
zunda, die Capitale des Kalſerthums Trapezunt der Comnenen.
S. 852—870.
- Erläuterung 2. Tarabuzun bie Türkenſtadt, Drabizon der Armenier,
Xrapezunda der Italiener, Trebifonde der Franzoſen. Ihr commer⸗
cieller Aufſchwung in der Gegenwart. S. 870—898.
Erläuterung 3. Der Fluß von Tarabızun, Sürmel oder Gürmen fu,
Pyzites bei Plinius, Degirmen fu, der Muͤhlenfluß, im untern Laufe,
Matſchuka und Gurmelad die oberen Verzweigungen. Das Höhlens
tloſter der Panagia von Sumelas; der Wallfahrtdort. &.898—912.
$ 20. Zweiundzwanzigſtes Kapitel. Das pontiſche Küftenger
birgoland oͤſtlich von Trapezunt bis zur Mündung des Tſchoruk
bei Batum oder das Land der Lagen. S. 913955.
Griäuterung 1. Die fünf weſtlichen Küftengaue: Jomura, Gürs
mench, Df, Riga und Hemſchin, nad den Berichten der Armenier
amd der neueren Meifenden, vorzüglich K. ir (im Jahre 1843).
©. 913—928.
zu eh⸗· icoeczeithab.
Erläuterung 2. Laziſtan, das eigentliche Laud der Lazen, oder der
öftlichfte Theil des pontifchen Küftengebirgslandes bis zym Tſchoruk.
S. 928—938.
Erläuterung 3. Das untere Thal und die ‚Mündungsebene des
Tſchoruk im Lagiſtan⸗Gaue nach Köler (1842), Koch (1843) und
Guarracino (1844). ©. 938-949.
Erläuterung 4. Die Begetationdverhäftnife des Südoſtwinkels des
Schwarzen Meeres, nah K. Kochs Beobachtungen (im Jahr 1843).
©. 949—955.
$. 21. Dreiundzwanzigftes Kapitel. RKücklick auf den jüngften
Aufſchwung der pontifchen Geſtadewelt von Anatolien in der Mitte
des 3 1857. Rach Dtto Blau. ©. 955987.
Berichtigungen und Zufäge von H. Kiepert. S. 968—1019.
&rfärung der Kupfertafeln. S. 1019—1024.
Klein-Afien
Erfter Band.
Miter Erdkunde XVIL. ‚ >
Drittes Bud.
VReft-Afie n.
Die weſtlichen Gli Gliederungen.
Seqhſte Abtheilung.
Das Halbinſelland Klein-Aſien oder
Anatolien.
Erſter Band,
Erſtes Kapitel.
3.1.
Einleitung.
Allgemeine Ueberſicht der plaſtiſchen Geſtaltungen.
Zum Beſchluß unſerer Betrachtung der weſtlichen Glie⸗
derung des mächtigen Erdtheils Afien, die in dem fühlten
Dalbinfellande Arabien (Erb. Th. XI. und XII. 1846 u. 1847),
in vem Geſtadelande der Sinai-Halbinfel, Paläſtina's und Syriens
| (©. XIV. bis XVI. 1. u. 2. Abth. 1848 bis 1856), fo viel nad) den
ı verhatibenen Quellen möglich, erſchöpfend darzulegen verfucht wurde,
| Bleibt noch Die weftlichfte dieſer Gliederungen Vorder⸗ Aſiens, das
Halbinſelland Klein-Aſien, zu einer genaneren Erforſchung und
| Darfegung feiner geographiſchen Verhältniſſe, ven Fortſchritten der
Gegenwart gemäß, übrig. Dann erſt, wenn and) auf dieſem Gebiete
die ganze Summe der Erfahrungen der hier feit Iahrtaufenden zu-
ſannnenſtrmenden verfchievenartigften, rohen wie civilifizten, Voller ,
füoften und ihrer raſtloſen Thätigkeiten auf Erben, ſich als Reſul-
det im wiſſenſchaftlich georbneten Zuſammenhange und Vereine in
der Gegenwart, wie in Einem Brennpuncte, gleich einem zündenden
Foeus, zufantmenfaffen und überſchauen Läßt, wird die ganze tiefere
Beratung andy diefer irdiſchen Planetenftele, in Bach auf die
4 Klein-Afien, &1.
Vergangenheit und den großgrtigen Entwidlungsgang ber Ge-
ſchichte der Menfhheit, Marer als zuvor hervorleuchten Tönen.
Es wird der ihr recht eigentlich angehörige Erdtheil ver Alten Welt,
Afien ſelbſt, nad) feiner ſchopferiſchen, uranfänglicen, tieferen Bes
ſtimmung für das Erdenleben ver Menſchengeſchlechter in ihrem ge-
meinſchaftlichen Erziehungshaufe, mehr und mehr begriffen werden
tömen, als in einer fo großartigen Weltangelegenheit dem bejchränf-
teren, oft verwirrten und blos einfeitigen Blide des ſich felbft ge-
nügfamen und oberflächlichen Beurtheilers, ohne eine durchdringende
Kenntniß der mitwirkenden Kraft des göttlich georbneten Schau—
platzes der Begebenheiten, dies zu begreifen ober auch nur zu ahnen
möglich fein möchte. Ein Ziel diejer Urt, das uns vorſchwebt, zur
richtigen Erlenntriß der Vergangenheit und zur vorausfichtigen Lei-
tung auch für die Zukunft zu erreichen, ift wol eines Verſuches zur
Ueberwindung ber nicht mühelofen, aber auch reichlich lohnenden Ar«
beit werth, die ſich auf bem Boden Klein-Afiens, wie faft auf feinem
anderen, dem Durchwanderer feiner Oedeneien wie dem Beſteiger ſei⸗
ner Tiefen und Höhen im ſeinem gegenwärtigen noch geknechteten
Zuſtande entgegenthürmt.
Taufende von Jahren haben ſich "Die ausgezeichneten geiſtigen
. Kräfte verſchiedener Cultur-Perioben abgemüht, die Terra incognita
Klein ⸗ Aſiens aus ihrem Dunkel zu befreien, und die falten Schatten
zu verſcheuchen, die bis heute mod einen großen Theil feiner Ober«
‚ flägen und den Eutwicklungsgang feiner Tiefen deden; ja manches
‚Hundert von Jahren mag noch vergehen, ehe die Aufgabe einer
vollendetern Anerkennung feiner Berhältniffe, feiner Beftimmung und
* feiner Darftellung möglich fein wird. Nur auf einen Verſuch in der
Reihe dieſer Beftrebungen kann alfo auch Hier Anſpruch gemacht wer-
den, der aber um fo mehr einem zeitgemäßen Bebürfniß der erreg⸗
ten Gegenwart entfpredjen dürfte, obwol bei jedweder Exfteigung einer
alpinen Höhe ver Rüd⸗, Bor- und Umblid nothwendig ift, um ſich
nicht vom rechten Wege zum Gipfel in das wilde Chaos der Ume
gebungen durch Ablenkung vom Hauptziele zu verirren.
Und bier ift dieſer Umblid um fo nothwendiger geboten, da der
Gegenftand der Erforfhung, feiner Weltftellung nad), für die Schick-
fale der Völlerentwidlungen zu ihrer Entwilderung und Humani=
firung auf dem: Uebergange beider Exbtheile, Afien und Europa, |
auf der Brüde vom Orient zum Occibent, ein eutſcheidender
iſt, ber feit den älteſten trojaniſch-helleniſchen Zeiten bis in die heu⸗
tigen Wirren der Schauplatz eines weit umfoflenben Beltlampfes
uUeberficht. Zr.
jeifchen. ven Dienern bes-Rreuzes und bes Halbmondes,
er nur auf halbem Wege ver Entwilberung flehen geblieben ift.
Die ganze‘ Sphäre der Halbinſel Klein-Aſiens ragt weit aus
den Orient Mittel- und Border-Afiens in die Mitte des Occibents
hiaeim, die Oftpälfte des Mittelländifhen Euftur- Meeres der Alten “
Belt in ein nörbliches und ſüdliches Waſſerbecken theilend, und da-
mit zugleich die laukaſiſch⸗ pontifd » ofteuropäifche von ber
Meile. »ägyptifchen Geſtadewelt auf Iahrtaufenve hinaus in
dem Fortfchritte ihrer hiſtoriſchen Entwidlungen ſcheidend. Sie hängt
aber in ihrem mächtigen Rüden, dem gewaltigen armeniſch⸗tau—
riſchen Gebirgslande, das dicht über. dem weftlichen Steilufer
des quer von Nord nah Süd durchbrechenden Euphratfiromes wilb
und faft unüberfteiglich in feinen hoben Berg» und breiten Plateau⸗
Mafien emporfteigt, nah mit bem innerften Herzen don Mittelaſien,
das bis heute in feiner Wildheit für europãiſche Geſtaltung i in allen
Berhältniffen noch unüberwindlich geblieben, ummittelbar zufammen,
während fie doch mit ihrem weit milder und geglieberter geftafteten
Weſten, gleichfam ihrer dem emropäif—en Boden zugemanbten aflati-
ſchen Gefichtsfeite, dem ihr gegenüber liegenden und verwanbten Erb-
theile Europa, ſoweit es nur möglich mar, ſich nähert, ohne ſich
ihm ſelbſt einzuverleiben.
Keine Symbolik hätte hier ſinnreicher andenten können, was bie
lecale Raturplaftit ſelbſt feit der Erfhaffung unſers Erbballs durch
ihre inhaltreihen Formen über vie höhere Beſtimmung biefer Pla-
retenſtelle ausgeſprochen hat: fie follte zur Brüde ber. Bölter und
ihrer Civiliſation Aus einem der großen Erdtheile in ben andern
dienen, und zur äberall anregenven Förberung ver Ausgleichung ihrer
natürlichen Gegenfäte und Extreme, von Orient und Occibent, die
Bege bahnen hin und Ber, wie her und hin, durch alle Zeiten. Aber
wie wenig hat fie noch die in ihr verfenften Keime eines Weltfort-
ſchrittes entfaltet, wie wenig hat fe noch, durch die Thorkeiten und
Leivenfchaften ver Menſchen gehemmt, ven auf Ihr ausgeftreuten gött-
Ehen Samen und ven in ihr miebergelegten planetarifchen Segen zu
äner Frucht für das Menfchengefchlecht zur Reife bringen können.
Benige Momente glüdficherer hiftorifcher Zeiten find es nur, die, wie
felten heile Lichtblide, aus dem gramen Dunkel ihrer Vergangenheit
uns entgegen glänzen. Möchten die Völker ımb ihre Beherrſcher
zur Abbägung ihrer Schuld fich ſolche, Betrachtungen ſtets gegen-
wärtig erhalten.
Drei mädytige Bodenanſchwellumgen von großer Breite und Länge
6 Kleim ⸗ Aßen. 1.
find es belaunilich, welche den mittlern Erdtheil Aſien füß wong
äußerften Often an bis gegen ven Weſten, alles mas auf und neben
ihnen ſich anlagerte, geſtaltend durchſtreichen, bie turanifche, bie
iranifhe und die wefllichite von ihnen, bie armeniſch Fein“
afiatifhe Erhebungsmaffe der Erdrinde, mit-melher let⸗
teren wir e& hier mur zu thun haben. Da wir bier nur auf pas
von jenen früher ſchon Gefagte zurüchweifen können, fo muß «4
uns doch ſtets gegenwärtig bleiben, daß jene charakteriſtiſche Ober-
flägenbildung in ihrer, was das Wefen betrifft, normales Gefege
mäßigleit auch auf dieſe letztern ver Bodenanſchwellungen fortwirlend
geweſen, und daß auch ihrer demgemäß, wenn ſchon modificirt und
dem Umfange nad) in verkleinertem Maße hervorgetretenen Geftaf-
tung doch immer eine gewifle Analogie mit “jener vorherrſcheud
geblieben ift. Wie aber bei der Metamorphofe der Pflanze die aufe
einander folgenden Entwidlungeftufen fih nie als dieſelben wiever-
holen, fo tritt auch in dam vor unſern Augen ſchon ſcheinbar gefer-
tigten Nebeneinanderliegen der telluriſch organiſirten Maſſen eine
Progreſſion der verſchiedenen Geſtaltungen der Erdräume hervor, die
immer zu neuen Formen und Bedingungen übergehen. Untse ſol-
Gen Bedingungen blüthenreicherer Entfaltung der Erbränme liegt
die Bodenanſchwellung Kleinafiens nahe der Angremung des
noch bedingungsreichern geglieverten Eutopa’s vor unfern
Augen. Iu Europa’s Edindividuum tritt bie nod im Ofen vor⸗
herrſcheud maſſenhaft und aſiatiſch völferhemmende, dort übermie-
gende Anſchwellung ver Erdrinde nach allen drei Dimenfionen, Höhe
Länge und Breite, faft gänzlich zurüd; es bleibe ihm nun bie bei=
den nad Höhe und Länge, aber minder colofjal und mannichfaltie
ger unterbrochen, daſſelbe harakteriftifch geftaltenb, übrig, in welchen
nicht mehr die Maffe, fondern die Form das Uebergewicht für
eine allfeitigere Entwicklung ber Planetenoberfläche gewinnen ſollte.
Alein⸗ Aſien in feiner noch maffigen Bodenanſchwellung nach
Länge wie Breite hat daher noch immer ven Charakter von Mittels
afiens Erhöhungen, nämlich) der twranifdhen und iranifchen Plateau
Ianbf&aften beibehalten, ver aber nicht mehr wie bort eontinental
geblieben, ſoudern mehr in ben maritimen Charakter Vorberafiens
übergeht, dem auch ſchon Syrien und Kaufafien ſich annähert, wel
her aber im auatoliſchen Halbinfellande vollftändiger ausgeprägt er=
ſcheint, und als maritime Plateaulanpfhaft hervortritt, wie
fie fi in dem mannichfaltiger geglieverten Europa nicht gleicher-⸗
maßen wieberholen Tounte. Wie in räumlicher, ſo auch im pla=
u⸗berſht. 7
Ailber Baiceng fol fa zu bi ernapäfäen Bobengfaliungen
den Ubergang bilden,
Bon vie bmasifäe pleteanlandſcheft noch einen Raum von
hunberttanfend Quadratwmeilen, bie iramifche nicht ganz bie Häßfte
u Umfang einwiemmt, fo iR die Meinafiatifce kaum auf ben zehn
ten Theil jenes ungehenern Raumes befhränkt, sind im ähnlicher
Brogreſſien ſchwinden auch ihre abfeluten wie ihre relativen hypſo⸗
werfen Verhältuiſſe, wodurch ihr ein viel milderer Naturtypus zu
geil werben mußte als jenen. Mur an ver Ofkfeite ihrer trape-
pidiſchen, einem laugſeitigen Rechtest von D. nad) W. genäherten Aus-
beitung, in continentalem Zuſammenhange mit ihrem aſiatiſchen
Siawwilande bleibend, wurde fie an ben brei andern Seiten. von ben -
beweglichen Bogen des Meeres umfpült, und dadurch ihr beichränt.
terer-Bänberraum auf dreifachen maritimen Legen zu wechfelfeitigem
Berhehe mit den Gegengeſtaden erweitert: durch das pontifche Meer
wit der wörblichern fcptfifch-flavifchen Welt, vurch das fgrifihe Meer
wit ver füblichen fprifch-phönieifch-ägyptifchen Welt, durch das aͤgai
fe Meer im Wehen mit der helleniſch⸗ europäiſchen Welt. Welche
werboärbigen mamichfaltigen Verhältniffe waren ſchon durch biefe
Beitftellung dem Halbinfellande von feiner Wiege an mitgegeben!
Bird die coloſſalen centralaſiatiſchen Plateaulaudſchaften mit
ihrem Fußgeſtell ſich faſt nur über contimentalere Niederungen in
ik Schwerzugänglicleit erhoben, meiſt hemmenb und abſchreckend
für Radberoölfer, in ihren Umſäumungen wüſte und unentwidelt
für höhere Civiliſation zurüdblieben, warb bie Bodenauſchwelluug
Meinafiens eben durch jene vielgeflaltige maritime Umrändung an»
Fehend für Die Gegenwirkung ber fie umgebenden civilifirten Völler⸗
, giiete, und zu ber früheften Blüthe und Entwidelung ihrer eigenen
Giviifation an ihren Umfänmungen emporgehoben, beren ſie wenig ·
Band im ihrer hiſtoriſch begünftigten Periode fähig ſchien. Eben hier-
derch lonute Kleinaſien einen ganz andern Antheil an ven Phaſen
der allgemeinen Menſchen · usb Cuitur · Geſchichte auf dem Planeten-
made nehmen, als jeme wenn ſchon großartigern, aber mehr in fich
WR ebgeichlofienen Naturtypen des Erdballs; und eben dieſes
Rest ihn auch für die Zutunft feine dauernden Anfprliche auf eine
immer nothwendiger werbenbe tiefese geographiſche Erforfhung.
Wenn wir den peuinſularen Naturtypus Kleinaſiens mit den
anern Halbinfelbilbungen feines Stammerdiheils vergleichen, fo wird
fe am Größe bes Umfauges wol ſeche bis ſiebenmal an man- .
wlfohens tropiſchen wub ſubtropiſchen Naturreichthum aber wel
8 Henke 6. 1.
zehnmal von der grandioſen indiſchen Halbinfel abernoffen. Bam
diefe aber in ihrer Urentwidlung eine eigne Welt geftatten half, die
bben ihrer ſchroffen Eigenthümlichteit wegen nur eine Iocal orienta-
liſche und fir das Allgemeine menſchlicher Bildung mir als eine
tranſitoriſche erſcheinen mußte, in ihrem modernen Zuſtande aber
nur noch in ihrer verfommenen umb geknechteten Berfunfenheit auf«
tritt, fo zeigt ſich anf Heinafiatifchem Boden, bei temporär freilich
ganz gleicher Berfuntenheit in eine ihrer unwürdige Gegenwart
unter ber Despotie des Halbmondes, doch in ihren älteren unb mitt«
leren Zeiten eine wenn auch nicht gleich grandios- indiſch erſcheinende,
doch in ihrer Urentwidlung nidt weniger ebenbürtig auftretenbe
Blütheperiode, bie ebenfalls bei jener, werm ſchon vielfacher ge⸗
fört, aus ihrem eigenen Boben ſich in eigenthümlicher Pracht empor-
hob, aber mit bem, gegen jene großen, Uebergewichte einer ben
eigen Gefegen humaner Entwidlung entgegengereiftere (wie fie bei
den Joniern ſich zeigte) und daher auch eine durch alle Zeiten fort
und fort wirkende Entwidelung zu fein.
Auch die arabiſche —— welche, der anatoliſchen rãum·⸗
lich näher gerückt, ſich bedeutend ausbreitet, hat ihre die orientaliſche
Welt umgeſtaltende Culturperiode gehabt. Sie weicht aber, wie die
indiſche, durch ihre tropiſche Stellung ſehr von der kleinaſiatiſchen
ab, deren Climatik ſchon mehr ver füdeuropäiſchen gleich iſt, und
andy dadurch ans dem Naturcharakter jener beiden ſchon heranstritt,
noch mehr aber durch ihre inneren plaſtiſchen Verhältnifſe. Obwol
and Kleinaſien vorzugsweiſe am dem breiten Raudgebiete feiner
maritimen Umſäumungen ſich zu einer höheren Civiltſation empor-
zuſchwingen im Stande war, wie dies auch bei der arabiſchen Halb»
infel blos in ihrem Geftabelanve ftattfand, fo tft Doch auch die Mitte
Kieinaftens Teineswegs für das Ganze fo leer ausgegangen für ven
Fortſchritt der Geſchichte, wie Dies mit der centralen Wüſte, dem -
hoben Nedſched Arabiens ver Fall gemefen, die durch alle hiſtoriſche
Zeiten für Wöllerfeben geftaltenlos geblieben, während das centrale
Kleinaften wol überall, wenn aud nur zerſtreute, Denkmale feines
feüheften Antheils an ben Höheren Entwidiungen des Menfchen-
geſchlechts aufzuweifen hat, und werm auch in ber Gegenwart ber
centrale bſtliche Gebirgstheil derſelben dem Fluche ver barbariſchen
Nomadenhorden durch die innere Abſchwächung des türkiſchen Regi ·
ments ver Gegenwart noch unterworfen geblieben ift.
Diefer Zuftand der Gegenwart, ver fid auf ähnliche Weiſe
j durch fo mande Jahrhunderte ber Vergangenheit mit mehr oder
Ueberfiht. . 9
weniger Abwechſelungen ver Berhäftsiifie bie in bie fräheften vor ⸗
helleniſchen Zeiten zurüdbatiren läßt, ift denn auch die Urſache der
noch jo geoßen Unvolllommenheit unferer geographiſchen Kenntuiſſe
von biefem Pändergebiete, die, mas deſſen öſtliche Abtheilung be»
trifft, hie und da noch im völlige Unwiſſenheit ausartet, oder mit-
umter auf bloßen Hypothefen berußt, von denen wir uns auch heute
nech nicht ganz frei halfen Formen.
Grunburfade hiervon ift eben die noch übermächtige Bilbung
der tauriſchen Gebirgsletten und Gebirgszüge aller Urt (Erbf. -
%.0. ©. 45 n. f.), die wir ſchon an ben Weſtgrenzen bes arme ⸗
niſchen Hochlandes gegen die Quellen des pontifchen Tſchoruk⸗Fluſſes
(. Ext. TH.X. ©. 272, 369, 409, 742, 815), fo wie im bem
oberen Quellgebiete des Euphrat und an deſſen Durchbrüchen in ſei⸗
nem mittleren Taufe zu durchwandern verſucht haben. Bis zu dem
Eintritt in bie ſyriſche Vorftufe des obern Mefopotamiens wurben
die geographifchen Verhältuifie in ihren Befonverheiten, fo weit fie
zum Steomgebiete des Eupkratlaufs (f. Exof. Th. X. ©. 722—1008)
zab feinen von Weit her ablanfenven Zufläflen aus ben wilden
ängen ber Taneustette gehören, füherhin ſchon fo genan,
ds es die Quellen ber Beobachtung zuließen, beſchrieben, baher
wir hie nur anf jene: Angaben hinweiſen (Tohma-fn in
Meitene; Göl-fn, Kara-fu ımb anbere, |. Erdk. Th. X.
©. B34-864; 889-898; oder Sapfehur bei Aintab, Erdt. Th. XVI.
2 Abth. S. 16901887). Die weftliche Uferfeite des von N. nach
©. quer durchſtrömenden Euphratlaufes wird nur von wenigen, eben
jenen genannten geringern vechten Zuflüffen theilweiſe auf kurze
Streden durchbrochen. Im großen Ganzen genommen erhebt fid-
hier ans dem Tieffpalt des Euphratthales der hohe unb wilbe
Taurns in mächtigen Maſſen und. vielfachen Gebirgsfetten, die -
er bier von ber allgemeinen oſtweſtlichen Hauptrichtung des gan⸗
zu Suflems abweichen, und in einer mehr biagonalen Ber-
ſchiebung einer vorherrſchenden Geſammtrichtung der Hohenzüge
von RD. gegen S. W. folgen, die zugleich eine Waſſerſcheide zwi⸗
ſhen O. und W. bilden.
Die Gebirgszüge in dieſer diagonalen Ausdehnung
ton faſt 42°M. Br. ſüdweſtwärts bis 370 N. Br. und von 59°
654 O. L. v. Ferro bezeichnen für umfere Betrachtungsweiſe die
naturgemäßefte öftliche ungefähre Begrenzung ver Halbinfel
wxiſchen zweien Meeren, der Meeresbucht von Laziſtan bei Batum
au der Mündung des Tſchoruk im Norden bis zur dem inner»
10 Riria-Iften. 8. 1.
8 Winlel des Goif⸗ von Aleraudrette (Issieus sinus) im
übe J
Eine ungefähre Begrenzung fagen wir, weil hier feine ab⸗
folute, weder durd grade Linien ver Natur angemeflen fein wilrde,
noch eine gelriminte willlürlich beftimmende in pofitifer Hinfickt
barüber vorhanden und nur ber ſtete wechſelude hiſtoriſche Gebrauch
bei verſchiedenen Autoren und in verſchiedenen Jahrhunderten hier⸗
über etwa in geographiſchen oder hiſtoriſchen Schriften maßgebend
fein könnte. Selbſt kein ethnographiſcher Eintheilingsgrund fo wenig,
wie ein politifcher, Tönnte hier als geltend feftgehalten werden, da
von jeher nomabifche Völlerhorden, wie aud) heute noch die Raub⸗
horden Zurlomanen, Kurven und der Avſcharen mit ihren Zeltlagern
. alle Ürten jener wechſelnden Begrenzugsanmahuen bin umb ber über-
ſchritien haben.
Bir kounen weder mit den älteften vorhiſtoriſchen Zeiten den
Halya · Fluß, weil er als Grenzfluß des lydiſchen Reiches gegen die
Aſſhrer, Meder und Perſer galt, als eine Oftbegrenzung der Halb«
inſei anfehen, da dann mod; ein gutes Drittheil ihrer Oberfläche
außerhalb dieſer Greüzbeſtimmung übrig bliebe; aber eben jo wenig
mit den Römern das Halbinfelland Kleinaſiens durch die Taurus-
keiten begrenzen, weil dann deſſen pontiſcher Norden zwar mit in-
begriffen i in bie Asia cis Taurum wäre, ihr ciliciſchet Theil, das
Laub trans Taurum am iffifgen Golf aber außerhalb demſelben
liegen bliebe, der jedoch offenbar noch dem Halbinfellande angehört.
ben fo wenig können wir und aber ber mehr gebräuchlich gemor-
. denen mobernern Anficht anfchließen, das Euphratthal in feinem
Querdurchbruche von bem armenijchen Norben zum ſyriſchen Süden
als die natürliche Oftbegrenzung von Aſia Minor anzufehen: denn
Flußthaͤler find keine natürlichen Scheivungen, ſondern vereinigende
Naturfröme, und nur unhiſtoriſcher neufränfifher Wahn, in ver
egoiſtiſchen Meinung bis in bie neuefte Zeit feſt gerannt, iſt es,
daß > B. der Rheinfirom von feiner Quelle bis zur Mündung
Frankreich natilrliche Grenze bilde (.... la rögion frangaise....
est limitde a l’est par le Rhin depuis ses bouches jusqu’ à zes
sources) '). Eben fo wenig kann das Waſſerbette des Euphratthales
als eine ſolche Oftgrenze Kleinafiens gelten, wenn ſchon mitunter ein«
jene Landſchaften (wie 3. B. Cappadocien) ihrer politiſchen Grenze nach
') Tispl. Lara, Glopaphie unrel de Malte Bran si. Pur, ‘
1866. T.L 546.
,
Continenteke Dfsegrenungen. 11
ame Veriede hindurch bis zu demſalben ausdedebn erfäeinen, van
dedurch wilrde, wie bei jener Aunchme zu wenig, bei dieſer zu
viel von bem continentalen Zuſammenhange Borderaſiens wit zur
Halbinfelgeftaltung von Ania ‘Minor gezogen fein, eine Benennung,
die feit Juſtinus und Paul Orofius Zeiten im Gegenfag von Asia
uusjor ſich iss Gebrauche bewährt: hat (Justions XV. 4. 1; P, Oro-
za I. 9).
Eine fortgeſchritiene Naturbeobachtung jener Länbergebieke und
dergemãße berichtigte Kartenzeichnung ?) berechtigt uns bei fo man⸗
er Ladenhaftigleit doch Bier zu einer audern, den Moereseinengun⸗
geu wie ben Gebirgezügen und Steomgebieten naturgemaͤßern Öreny-
befimurung zu einer klarern Darſtellung für unſre geographiſchen
Zwede. Nicht die Tiefen ver Flußthäler, ſondern vielmehr die Ur
fprünge und Quellen ver Ströme und ihre Zufläffe vom ven Ge
bitgehohen, aljo die Waſſerſcheiden find es, vie ums als Lines⸗
mente und Anhaltpuncte zur Orientirung in bem Labyrinthe ber
großen Gebirgsʒüge führen können, auf die es uns fürs er ſte bier .
nur zu einer algemeinen Berftändigung ankommt, um mit einiger
Sicherheit in dem Detail ver wahren laudſchaftlichen Verhältniſſe
wes umher bewegen zu, Können, ohne durch fo wechſelnde hypothe⸗
tißche, oder willlürlich angenommene, ober politiſche Benennungen
verführt, Gefahr zu laufen, uns in ihnen a eine unverftändlice
Weiſe zu verirren.
Erläuterunsg 1.
Die continentale Oftbegrenzung bes Halbinſellandes von
Asia Minor; der Anti-Taurus.
Den obern Euphratlauf in feiner Normalrichtun g begleitet,
ungeachtet feiner vielen Aus- und Ginbiegungen und untergeorbnes
tea Abweichungen, bed; im großen Zufammenhange von N.D, gegen
SB., von feiner Duelle oberhalb Erzerum in Armenien an bis
dom Duräbruie bei Rumlala und Biredſchik (f. Exrbl. Th. X. ©. 931
7X. Kievert, Karte von Klein Aflen in 6 Blättern 1844; derſelb.
Karte von-Rlein-Aen-und Sprien in 2 Blättern 1853. Damit iR
vie Bolotoff’fde Karte von 1853, nach den Materialien des ruffi⸗
ſchen Beneralflabes, durch v. Brontfgento, die in manden
Yuncten mad) Beobachtungen oder auch Hypotheſon abweicht und zu
v. Tſchichatſcheffs Asia Minor gehört, critifh zu vergleichen.
12 j glein · Aſten. gt.
de 959) das Dfigehänge bes im gleicher Rormalckhtung ſtreichen ⸗
den tauriſchen Gebirgszugs, ven wir in feiner Waſſerſcheidelinie ale
die natürliche Scheide wand ver Euphratfänder im Often und
der Länbergebiete Klein- Aſiens im Weften anfehen. Alle von die ⸗
ſer tauriſchen Waſſerſcheide oftwärts zur Euphratfentung abftrömen-
den Waſſer eifen in dem einem Cuphrat-Tigrie-Syftem dem indo⸗
perſiſchen Ocean zu; alle weſtwärts von berfelben Waſſerſcheide
abftrömenben Wafler gehören dem Beninfularfyftem ber Hein«-
afiatifden Ländergebiete felbft an; fie eilen alle, aber in ver⸗
fegievenen Syſtemen und Directionen, nur dem großen Baffın bes
Mittelländifhen Meeres entgegen, zu dem ja auch ber Pontus ges
Wirt. . Sie bezeichnen, ihrer untergeordneten Abweichungen ungeachtet,
doch insgefammt im ihrem oberen Laufe innerhalb ber Gebirgszüge
in ihren Rormalbirectionen von NO. nach S. W. aud) die ihnen
entſprechenden, von N.D. gegen S. W. vorherrſchend gerichteten nor«
malen Rängenthäler des ganzen taurifhen Gebirgszuges,
dem fie entftrömen. Diefer, in feinen nördlichen Anfängen von
den Alten Baryadres >) genannt, Tann als armeniſch⸗ponti—
ſches Syſtem bezeichnet werben; nach feinem füblichen Ende am
Issicus sinus wird er der cilicif he Taurus genannt; zwiſchen
beibden Ertremen in der Mitte ift er in feinen Abfällen zum Euphrat=
fnfteme ohne fpeciell bezeichnende Namen geblieben, etwa von der
Landſchaft Melitene am Euphrat, die im feiner Mitte liegt und
welche er gegen Oft überragt, der Taurus von Malatia zu
nennen. Für feine gegen Weſt nech höheren, bis zu 10,000 Fuß
emporfteigenden Gebirgözüge, bie gegen Mlein-Afien abfallen, kam,
als Gegenſatz zu jenem, jeit Strabo's Zeiten ver Name des Anti=-
Taurus ‚(Strabo XI. 521) in Gebrauch, der noch bis hente zu
feiner, wenn ſchon meift fehr unbeftimmbaren.Gefammtbezeih-
nung beibehalten wurbe, .
Diefer lange und breite Gebirgszug befteht aber nicht ans einer,
fondern aus vielen unter ſich meift parallelen Gebirgsglievern und
Kettenzugen, vie als tauriſches Alpenfyftem auch mit ber Nor.
malrichtung der obern Euphratthäler in übereinftimmendem Baral-
lelismus flehen, ver ſich auf richtigerer Kartenzeichnung dem Auge
von felbft darlegt. Da, wo die Flußlaͤufe biefe einzelnen Parallel»
) Nach Jacquets fharffinniger Erklaͤrung gleichbebentend mit dem
menliäroerffgenBarahoatras, b-1. glänzendes if Schnee)
ebirge. .
UndiZuere. 13
Ietken im Norden und ihre Gliederungen in meift mn kurzen Quer-
tfälera durchbrechen, treten ihre untergeorbmeten Abweichungen oft im
Zichad hervor, die aber flet8 wieder dem vorherrſchenden Normalzuge
ber Längenthäler des Geſammtſyſtems ſich unerorduen, bis fie in
ihren unteren Läufen und zumal an ihren Mündungen, wo fie fie zum
Deere ergiehen, ſchen ganz aus jenen Normalrichtungen herausgetreten
for. Auch im Suden ift diefer als Mittelglied zwifchen Nord und
Sud bezeichnete Anti- Taurus ?) feineswegß ein abfolut gefchievenes,
tigenes Gebirgoſyſten, weder in äußerer Geftaltung, noch nad) innerer
geognoſti ſcher Conftruction, ba, wie dies noch Kürzlich durch
xxoguoſtiſche Beobachtung amt Inentität der Conglomerat» und Brec ⸗
cien Mafien derſelben devoniſchen Formatiouen bargethan iſt der cili⸗
ciſche und cappadociſche Taurus (d. i. Anti-Taurus) nur in Einem
Zuſammenhange ſtehen, und nur durch veränderte Normalrich-
tungen von W. nad; O. und von S. W. nah NO. ſich unter-
Dom den oftablaufenben Zufäfien zum Enphratfüfteme außer.
halb des Halbinfellanves war früher die Rebe (vergl. Erb. Th. X.
&.78— 799); hier haben wir nur die weftablaufenden zum
Helbinfellande gehörigen zu erwähnen. Sole Rormalrichtungen
ber unter ſich mehr ober weniger parallellaufenden Thäler auf, der
wehtlichen ober kleinaſiatiſchen Seite des großen Tauruoſhſtems, wo
dieſes fh oftmals and; maffiger in hohen Plateauflachen erhebt,
ſelbſt ſolche entferntere Slußläufe an, welche nicht bles auf
jen Centralletten und Waſſerſcheiden deſſelben ihren Ur⸗
und Verlauf haben, ſondern auch diejenigen, welche ſchon
derſelben, Bergzüge in immer noch wenn auch minder
bezeichneten Längenthälern befpülen; deun biefe werben and
von dem Gefammtparallelismus des ganzen Syſtems, bei
Emporhebung, anf gleiche normale Weife inflyenzirt.
Ein Blid auf die Karte kann uns zur Verauſchaulichung dieſer
in ihren normalen Flußlinien dienen.
1. Der Tſchoruk⸗Fluß entfpringt in Nordweſt des obern
bei Baiburt in N.B. von Erzerum in Ar⸗
menien, durchſtrömt in ber Normalvichtung gegen N.D. das Ge
Eigelanb des armeniſchen Taurus, durch die pontifche Küftentette
im das Schwarze Meer bei Batum, in Oft von Trapezunt (Trapezus).
*) Mömoire sur les Depöts sedimentaires de l’Asie Mincare p. M: P. de
Telihaicheif; Bullet de la Soc. göolog. de Franoe. 2. Ser. VII. 1860;
Eur. 9.8.
f
Hi
SE
14 KieiaAften. 5. 1.
2. Der obere Lauf des Kyzyi Irmak (Halya) eutſpriugt in
EB. des verigen, oderheib Siwas (Sebantia), inmerhefb ſchon mehr
mftohrtE geriikten Vorketten des großen Tauruszugs; ex behaudtet
eeinen parallelen Rormallauf gegen S. W. bie Kaifarich (Caesaren), mo
er am Rordfuf des coloffafen Erdſchiſch (Argaeus Mons), vom Taurus
Auge abgenrängt, feine veränderte Thadirection gegen R.E. nimmt.
9. Zwiſchen ven einander benadjbarten Quellen des Tſchotut
m Rzyl Irmak etfpringt noch ein britter Strom, ber Jeſchil
Im (Lycus), weicher aber mit feinen oberen Zuflüffen ine: wer
uige Meilen weit im Parallelismus der Ketten bleibt, ums dann
aue feinem Langenthale mit einem Durchbruch in das norbweft-
wärts gavendete Querthal eintritt, und fofort mit feinen weſtlichea
Zufnffen (als Iris ver Alten) gegen Samſun (Amis). zum
Meere eilt. ö
4. Das Dſchihan⸗Fluß (Pyramus) iſt &, ver im Sadea
von Siwas, und im geößern ſüdlichen Abſtande vom Kyzhl Irmak
(Halys) ans verfehtedenen obern Pluflänfen im Taurnoſhſtemn ſei⸗
nen Urſprung nimmt. Nach deren Verein zw einem Hauptfitom
folgt Siefer wieder entſchieden der Normalvirection gegen S. W. innet ⸗
hals ver unter ſich parallelen Längenthäler des Taurusſyſteme, bis
za feiner Einmündung in den Golf von Alexandrette (Issicus sinus).
Die obern Duellarme diefes Dſchihan weichen in ben vielen Quet ⸗
durd brüchen ihrer Bidzadthäler (wie wir fie bis jet allerdings te
wolltommmer Weile in unſern Karten eingetragen finden) allem
dings mehr als die früher genannten von der allgemeinen Normal -
ißtung des ganzen Syſtems ab; aber fie Tehren, nach dielfacher
GStörang verfelben in ihrem obern Laufe, doch im mittlerh und un ⸗
teen Laufe ihtes Entwiglungsganges nad; ber ciliciſchen Kaſtenland⸗
Haft wieder in den Mormalzug des Parallelismus zuruck ur
Jene Störungen des normalen Laufes dortiger Taurusthaler
gehen aus der zweimaligen weſtlichen Verwerfung ver dortigen großen
Euphratſpalte und deſſen Rudläufigleit gegen den Oſten (unter 89;
ur BEN. Br. im Melitene) hervor, dem dann auch bie tieferu
Einſchnitte der untetgeordneten, aus weiterer weſtlicher Berne hetab ⸗
konnnenden Querthaäler der rechten Euphratzuflüffe, unter denen ver
Tocheaa · ſu ver bedeutendſte iſt, gefolgt find. Die dadurch bebingte
weſtliche Berſchiebung der Waſſerſcheidehbhe bringt aber nur eiue
partielle Unterbrechung und Auseinanderrückung der Normalthäler
hervor, in welcher der Dſchihan weiter ſüdwaͤrts wieder jene Süd-
weſtrichtung annimmt.
auntl· Taurus. . 8
5. In in Weſten fegen vie beiden etwat mehr men PRO,
SS. faft umter fich gleichlaufestven, aber weſtlicher wer-
Thaͤler des‘ Saran-fn (Iarus) und Zamanttasfı,
von threm gemeinſamen Quellgebirge dem Chanzyr Dagh, an,
ſarwãrts des Halys und an der Oftfeite des hohen Erbfchtfch (Ar-
gaens) im allgemeinen Paralleiöuns des Normalzugs der Tanrus-
thaler ihren Lauf gegen den Suden fort, bi fie in der Aımähermng
an bie cilicifhe Meerestüfte oberhalb Adana zu vem Eitten Haupt»
ſtrome als Seihun (Barus) vereint, fi) in das Mittellaͤnwiſche
Derer ergicher.
"Im dreierlei ganz verſchiedenen Abdachungen ſendet diefe Dia»
gonale des Tanrusfyftems, das wir mit größerem Rechte
wegen feiner größeren Ausdehnung nach Länge und Breite auf der
Weſtſelte des Euphtat lieber ein centrales taurifhes Alpen-
gebirgsland im feinem Geſammtumfange neımen moͤchten, ihre Ger
wöfler zur Tiefe. Namlich gegen Oft durch das Eunphratfuftem
zam mefopotamiſchen Stufenlande, gegen ben Rorden vurch die pon-
tifcgen Stremfüftene Tſchoruk, Jeſchil Irmak (Lycus) und
Kyayl Irmak (Halys) zum Schwarzen Meere, und gegen Stv durch
die ciliciſchen Stromfufteme Dſchihan (Pyramus) mm Seihun
(Barus) zum eyprifcien Meere.
Kur an einem Puncte, der durch feine Tage in der Nähe der
dertigen Gebirgspafſage zum Euphratſhſtem Bekannt geworden iſt,
grengen dieſe dteierlei Stromgebiete im ihren Waſſerſcheivehbhen zu-
ſaunuen (unter IR. Br. m 54" O. L. v. F.), im Chanzyr
Da gh *) (Eberbergh ver 5000 (nach W. Aineworih) bis 6000 duß
ib. M. (nach Vſchichatſchef) fi erhebt, und im feinen noch viel
höheren, wilben fühlichen, ſchwerer Aberfteigfichen Berlängerungen
der porallelen Tieffchinchten ımd Hodletten, wehhe das doppelte
Gteomfuften des Sarus durchſtromt, bei den Alten den ſehr unbe
Kinmnten Localnamen Anti-Tanıns erholten hatte. Wir haben
diefe Gefannntbenennung, fo unbeftimmt fie auch ſein mag, dennoch
heibelaften, weil keine neuere vorhanden iſt, utid wir auf dem fetbft
noch fo wenig genau erforſchten Gebiete dadurch Die vielen einzel»
wen titrliſchen Specialbenennungen der untergeorbneten Bergzige ver⸗
meipen, die geogeaphifih faft unfruchtdar file vie Ertenmmiß ves
Ganzen geblieben find. Der Name Anti-Taurns bezeichnet md
wenigftene characteriftifd, die gegen Weſt borzugeweife vorgeſchobene
®) W. kinsworth, Trav. and Research. Vol. I. p. 229.
fe
16 Lein-Hfen. 51.
wab von ben tauriſchen Küftenletten verſchieden mächtige Quer⸗
‚Tette des centralen Taurus, im Oegenjag der weiter in Oft
gegen ven Euphrat abfallenden centralen Taurusketten, die wir des⸗
halb zum Unterſchiede ven euphratenfifhen Taurus genannt
haben, welcher aber ſchon außerhalb ver Halbinfelbilung liegt.
Dem gemeinfamen nörblichen Ende dieſes Anti-Taurus,
nämli dem hydrographiſchen Ceutralknoten des Ehanzir-
Dagh (unter 39° N.-Br.) und feiner unmittelbaren Umgebungen,
eutfließen die Quellbäͤche in dreierlei Abdachungen nad allen
Directionen zu den verſchiedenſten Wafferbeden: Saran Su und
Zamantia-fu gegen Süd zum Seihun (Sarus), wie auch
Churma Su zum Dſchihan (Pyramus) nad) dem cilicifchen Meere.
Dann aber Tohma-fu von Weft gegen Dft nad) Melatich (Ma-
Iatia) zum Euphrat, eben fo wie neben ihm durch nördlicher gele-⸗
gene Querthäler die ihm mehr oder weniger parallelen Zuflüffe, wie
Balytly ‚vom hohen Deliklü Taſch, Kurusfu und Kümer-fu (ober
Tzalta Tſchai) bei Egin, insgefammt zum Euphrat einfallen. Ge-
gen N.W. innerhalb des Halbinfellandes zur dritten Abdachung find
es verſchiedene Gewäfler zum Kyzyl Irmak (Halys), die vom
Auti · Taurus zu diefem Nordſtrom, als kurze linke Zuflüffe feines
oberen Laufes zwiſchen ven Stäbten Siwas (Sebaftia) weſtwärts
bis Raifarieh (Caefarea) aber norpweftwärts zu ihm einlen-
Ten. Unter biefen geringer nennen wir nur ven Fluß von De-
litlu Taſch nah Siwas, ven Chanzir-fu vom genaunten
Hochgebirge gegen N. W. nad) Mandara und ven Sarmufat Su
(ver Melas, gegen N. W., welder früher bei Strabo mit dem ge
gen SD. zum Euphrat fliegenden Tochma- ſu verwechſelt wurde;
Strabo XII. 638) bei Kaifarich vorüber zum Halys.
Es ift beachtenswerth für vie Plaſtik dieſer Gebirgsmitte ver
Halbinfel, daß hier, an der Nordweſtſeite des Anti-Taurus, vor deſſen
unmittelbarem Fuße fi die an 3000 Fuß hohe cappabocifche
Plateauebene des Ceitrallandes fo weit außbreitet, aus deren
Mitte ſich jene ganz ifolirte Kegelgruppe des Rieſen-
gebirges Erdſchiſch (Argaeus) emporhebt, die wie ein ſcheiden ·
der Grenzftein zwifchen die pontijche Gewäſſerabdachung im Norden
und die mebiterrane im Süden tritt, ohne ben geringften Antheil an
den Kettenbildungen des Anti-Taurusfgftems felbft zu nehmen, und
eben fo wenig am deren ber mit dem Pontusgeſtade fortftreichenben
. Paralleljuge. Nidt einmal bie Senkung eines Hauptftcomthales ift
von ihr abhängig geworben: denn das Thal des Halys zieht nur
2 . > Anttı Tairuc 47
wage Stunden fer von ihrer Nordſtraße ungefött. ven O. nad
B. ganz unberührt in feinen Windungen am biefer Gruppe here -
über, als hätte fie bei ihrer evident wulcanifchen Emporſchwellung
der ganzen Hochebene wie bes einzelnen Vulcanlegels gar keinen Eine
von Sawãnmen aufgeſogenen ober gamz vertrocknenden und ver⸗
Bafferläufen gehören. Nicht gleichgaltig fir die Ge
femmtgonftenction dieſer Erdgegend ift wol die Beobachtung, daß
im Rorven der colofjalen Argäus-Gruppe, als hätte in ihrem
Marimum die hebende Gewalt fich erſchöpft gehabt, Feine andere
Bulcanbilvung bis zum Pontus hin durch ven Norb- Taurus zum
Darchbruch gekommen zu fein ſcheint, wol aber.bebeuteude Mani⸗
feflationen verfelben fübmärts von ihr und ſüdweſtwärts hervortre- "
ten. Außer Erbbebenerfjütterung läßt fich eine ſoiche Deanifeftation
von da am am ganzen Weft- und Nordweſt-Fußße des Anti-Taurus
58 zu feinem Auſchlußz an die Siüb-Taurusketten in einer Bulcanı "
reihe verfolgen, vom Argäns bis zum Soghla- Ööl (Trogitis
Lacus), am Maaben-Dagh, im antifen Lande der Haurier, an
Unbunar (Isaura) vorüber. Auf ver Wanderung W. Hamils
ten® derch dieſen Landftrich Tonnte er dieſe merkwaͤrdige Thatſache
beobachten 6). Eine Linie vulcaniſcher Action, ſagt er, zieht
A vom Argäus fünwärts über die alten, freilich ſchon lange er⸗
leſcheuen Vuicangruppen des 9000 Fuß hohen Haffan-Dagh, des
Rarapiha-Dagh, ves Karabunar-Dagh, des 8000 uf hohen
Laradagh bis zum iſauriſchen Alpenfee Trogitis. Strabo fagt,
dab zu feiner Zeit viefer Boden Cappadociens noch an vielen Stellen
Sewer verberge, daß es dort ‚mit Feuergruben ausgefüllte Boden -
Möchen gebe, und des Nachts aus ver Mitte ber Moraſtgegenden
6 weiter Strede Feuerflammen hervorbrechen (Strabo XII. 538).
ie dieſe vorzäglich, wenn andy nicht ganz, ans, Trachytmaſſen
beiieheusben Localitäten und ber große lineare Zufammenhang
dieeſer in Direction md Beſtandtheilen gleihartigen, aus
der Tiefe über die Plateaubildung gleich Infeln emporgehobenen Kegel»
w. Hamion, Roenrebes in Aria Minor etc Lond. 8. 1842. Volle "
p 32%. nf. .
Ruten Crdtunde XVLL. 8
Er aie Men. 5.1.
genppen ſeien tagt W. Hamilton, wicht zu verkıman Bicheiht,
. bemerkt derſelbe einſichtsvolle Wanderer, ſei e8 nach zu gewagt, biefe
Erſcheinung mit ver Bildung und Entſtehung des Taurutgebirgets
in Zuſammeuhang zu bringen, der auf ganz anderen Maſſen, ven
Kalkfteinteiten, gebildet warb. Aber entichieben beſtehe hier doch eim
Vara llelismus diefer Bulcanlinie und ihrer Wetion zw ber gieich⸗
mäßig gegen S. W. fortſchreiteuden Richtuug bes Antitaurns ?)
wid feines Weſt · und Nordweſtabfalles bis zum Maaden⸗Datgh
(bei Siris · Maaden, d. i. ben Bloiminen, ber alten Raura, und venn
Serhla · Ol, Trogitis Lac). Der Antitaucne erhiit varch vief⸗
weflliche plutoniſch· vulcaniſche Umſaumungelinie gegen die ceutrale
Witeammfämilung fin beinuae Begengung .
Erläuterung?
Die Geſtadeketten des Taurwöfgftems; ber pontifhe Gebirge
zug und der cilichiche Taurus.
Der Eoloß des Erdſchiſch (Mrgäns) ſteht ganz außerhalb bes:
tauriſchen Alpeugebirgelandes wie ein mädtiger Pylon am bſtlichen
Eingange eines zweiten, völlig veräsberten Typus des centınlem
Hieinafiatifchen Bodens, bem wir jeboch erft weiter umken genen
durchwandern müflen. Zuver aber haben wir noch bie weſtlichen
Fortfegungen ber Kettengebixge des Taurus-Gpflens, im Güben bes
ciliciſchen, wie im Norden besarmenifch-pontifchen weiter zer
verfolgen, die leineswegs am ben Geſtaden ihre Endſchaft erreichen.
Vielmehr jehen fie in gleich bleibenden Streichnugelinien, wie aus beim
iramifchen Mittelaften, unter fich in ihrem normalen Parallelismns_
des gefammnten Taurudſyſterus von Oft nach Weit wie dort wer-
harreud, bis zum Weſtraude der Halbinfel fort, und auch be find ihre
meritimen Borgebirge, wie ihre infularen durch das ägäifche Meer
fich fortfegenben Gliederungen, noch großen Theils denſelben mer-
malen Streihungsrichtungen unteriverfen. Dem ber centrale Anti-
taurus im der diagonalen abnormen Berfchiebung feine® Güb-
weſtſtreichens lehrt an beiden Norb- uud Glibenden in bie nerninie
Streihungdlinie des ganzen SyRems von O. nach W. mit füi-
”) Analoge Erfheinungen bei den griechiſchen und auftralifchen Relhen⸗
vulcanen der Ianggeftredten Ketteninfeln f. in Leopold v. Buch,
hoſital. Beihreibung d. Ganaripipen Iufeln, Berlin 1825, ©. 853 ff.,
daſſelbe franzöf. Ausgabe, Paris 1836 p. 395 u.f.
Geſtadeketten des Taurusſyſtems. EU} j
u Nettenfurtfägen zurkil. Diefe Käftentetten des nich.
Ehen uud färkichen Taurnszuges fallen febod; beide von dem cen-
trelen Hochlande ver Halbinſel nicht felten in verſchiedenartigen Ter-
illenbiluungen, ſowol im Norden wie im Süden, zu ven Meeres-
feiten hinab, ımb find daher im Ganzen als Handgebirgsfyfteme
des centralen Platenulandes zu betrachten (f. Erdk. TH. IE
Ufen, Einf. S. 37). Obwol das ganze Gebirgeland des Agdifchen
Berres, wie Strabo fagt (Bd. X. 490), von der Stomeftede
Rhodes gegenüber, alfo von Carien mb Lucien, an bis Nord ⸗
ibien und Seythien dem Taurus angehbre, aber doch im verſchie⸗
dene beſondere Theile zerfalle, denen aber nur felten genauer bezeich⸗
wende Sefammtbenenuungen entſprechen: fo werben wir dieſe hier
bexeichneten Geftabezüge unter den gemeinfamen Localbenennungen
des pontiſch⸗bithyniſchen Gebirgsfgftems im Norben ımb
des cilicifch-Iycifhen Taurus im Süden zufammenfafien.
Sie gehen beide vom ben Enden bes Antitaurns aus, jener von
vom Laude Armeniens (Armenia minor), diefer von dem heutigen
Helicher gelegenen Qur diſtan (dem alten Cappadocia und Eatao-
nia) und Itfh-Yli (Cilicien ver Alten). Sie finb beide ein viel-
hoch gegliedertes Aggregat von mannichfach wechſelnden zufammen-
ingenben und wieder unterbrochenen Kettenzügen und Gebirgsgrup⸗
yon, mit vorherrſchender Tendenz des Geſammtparallelismus
in der Richtang von O. nach W.; beibe finden zwar ihr continen-
Anles Ende im agaãiſchen Meere, das aber auch da noch als iſolirte
Sehebunagen in zahlreichen Infelgruppen analoger Urt bie ein-
—— — durch ihre ſehr mannichfaltig geformten
meritimen Fortſerungen nur vieles bereichern und verſchbnern.
ten werben beide tauriſche Küftenfetten, aus
deren höchſt mannichfaltig entwidelter Geſtaltung man nur die Lanb-
vom einförmig continuirlichen, ranpenartig aneinander
jogenannteu Kettenzügen verbannt halten muß, durch ein
R. wach ©. hie und da 40 bis 50, ja bis 60 Meilen breites,
boqhliegend es Plateanland. Die Mitte der Halbinſel
jenen Küſtenketten einnehmend, dehut es ſich aus gegen Weſt
zus Gegend ver geſammten vorderaſiatiſchen Quellgebiete (unter
Meribian des thraciſchen Bosporus), ‚die von da aus fait
tebiemart ig nad) allen Seiten, gegen Norb,-Weft und Süd
weißt mäandriſch zum Marmaras, jonifhen und rhodiſch lhei ⸗
Meere in ben größeren Landſtrömen ihren Ablauf nehmen.
Hiemit konute bie ſo ——— und ſchongegliederte, mildere
82
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‚ErE
20 Klein⸗Afien. $.1.
Gebirgs· umb Thalbildung biefes ber europaiſchen Seite zugewandten
Halbinfellanves erft ihren Anfang nehmen und vorherrſchend mer-
den, welche, ſchon durch ten Glanz altgriechiſcher Eivififetion ver;
herrlicht, in den Jahrhunterten des Mittelalters und im neueren
Zeiten als das weſtliche Drittheil ver ganzen Balbinfel bei Säh-
europäern und Byzantinern, denen es gegen ven Auigang ber Sonne
Tiegt, unter dem fpeciellen Namen Anatolien, oder nach türkiſcher
Auoſprache Anadoly, befamnter geworben ift, als bie ganze Bft-
liche Rüdfeite diefer Asia minor (Ha 1d xuAoduevor Avaro-
Auxdr, in Constantini Porphyrog. de Thematibus ed Bekker. Bonn.
LI p. 13).
de eiliciſch-lyeiſche Taurus nimmt feinen öftlichen An-
fang von ver Meeresfeite aus im innerſten Winfel ver Gebirge ver
Amanustette (Erdk. TH. XVI. 2. ©. 1613), am NRorvende des
Golfs von Aleranbrette (Issicus sinus); feinen Ausgang finvet ex
erſt im Weften am ägdifchen Meere der Sporaden in ben vielfach
zerriflenen und geglieverten Halbinfeln des cariſchen Geftades an
der Sudweſtede des anatoliſchen Feſtlaudes und in ben dortigen
zahlreich vorliegenden Gebirgsinfeln von Mhodos, Kos, Samos
und andern, die feinem gefammten Erhebungsfuftene noch als zer-
firente Gliederungen anzugehören feinen. Seine Längenerftredung
von 54° bis 45° O. 2. v. F. (110 geogr. Meilen in birecter Linie)
ift alfo nicht unbedeutend, entſpricht vollfommen ber Länge des gan-
zen mittelenropäifcden Alpenfuftems vom Montblam bis zum Sem-
ving bei Wien, und ift veffen wechſelnder Ausdehnung in eigner Breite
von 30 bis 35 geogr. Meilen nicht ungleich. Dem es erſtredct fick,
fei e8 im Parallelismns oder in Divergenz feiner Kettengliever and
feiner Gebirgsgruppen, oft von der Küfte an fehr fief ins Land.
Es füllt die Küftenprovingen von IHi=Ili, Tele und Mentefche
(vie antiken Landſchaften Eilicien, Bampbylien, Lycien und
Earien) ganz aus mit einem foahren Alpengebirgelande, das bis
zu feinen wild aufftarrenden, riefigen Schneegipfelreihen hinauf und
in bie tiefen Felsſchlünde feiner Zwiſchenſpalten und Müfte hinab,
bis zu den gegen bie Geſtade des cypriſchen Süftenmeeres ſich fenfen-
den, höchſt romantiſchen und üppig beffeiveten Thalgründen eine
Mannichfaltigkeit der Naturverhäftnifie varbietet, bie als ein mari-
times, der Somnenfeite zugefehrtes Alpengebirgsland viele eigenthim-
liche Schönheiten entfaltet. ‘Die coloffalen vielfach) verzweigten Ge—
birgsrüden und Pils dieſes Tauruszuges fteigen an vielen Stellen
bis zu 8000 und 10,000 Fuß empor; während ihr Gäbfuß von ben
—
Der ciliciſch⸗ lyeiſche Taurus. 2
Wagen des Meeres befpült wird, ſteht ihr Norbfuß dem größeren
Deile mach ſchon auf ven Borftufen des centralen Plateanlandes,
des mit dem vielen Spiegeln ver alpinen Seen, die dieſem Norfuß
au en Saal fen fi) anreihen, ſchon abfolnte Höhen von einigen
1000 Fuß einnimmt.
I zahllofen einzelnen Namen der türkiſchen Gegemmart (mit
dem Namen Dagh, d.i. „Berg“, jeven größern wie Heinern Ge⸗
Bürgätheil begeichwenn) zergliebert fich biefes Alpengebirgéeland, das
aux wenige antike Specialbenenuungen von eihnographifcher ober geo⸗
grephi ſcher Bedeutung aufzuweiſen hat, die wir erſt weiter ımten,
bei Zerlegung in ſeine Hauptmaſſen und Hauptgruppen, nachzuweiſen
haben werben. Aber ſchon hier bei einer blos allgemeinen Ueber-
ichau des Ganzen ift ver abfonderlichen Seitenverzweigung am cili- .
ciſchen Anfange diefes Tauruszuges zu erwähnen, baf er nämlich,
wach ver Borftellung früherer Zeiten, auch an der Oftfeite des iffifchen
Meerbufens als eine füblid) ziehende Kette, nämlich, als das Amanus -
Gebirge, nach Syrien zu überftreichen ſoll. Bei ber leider bis heute
bei aus im ziemlicher Umkenntniß gebliebenen Natur jener bypothe-
tiſch angenommenen Berzweigung, bie im Güben des Dſch ihan
(Pyramus) bei ver Duelle des Sadſchur bei Aintab und ver
Duelle des Ifrin (Ufrenus, bei Choros, Kyrrhos in Cyrrhestica,
ſ. Erdt. Th. XVIR 2. ©. 1613, 1681) in den Amanus, jet :
Alma Dagh genannt, jedoch noch fehr problematifch fortfegen ſoll,
und mit dem Knotenpunct der Waflerjcheive zwifchen dem Euphrat und
iſſiſchen Meerbufen zufammenzufallen ſcheint, haben wir in Obigem
bei dem Nordende der Amanusfette ſchon Alles beigebracht, was ſich
bis jet ohne neuere Erforſchung, vie wir vielleicht denmädft von
einem trefflichen Beobachter zu ‚erwarten haben, dariiber fagen ließ
(Ef. a. a. D. ©. 1807 u. f.).
Ob vie fühlih dem ciliciſchen Taurus init ihm in gleichem Pas
wallel vorliegende große Inſel Cypern mur als ein abgefpaltenes
und vorgefchobenes Glied feines Syftems zu betrachten fein möchte,
kun erft weiter unten nach näherer Unterſuchung zur Sprache ge-
breht werben.
Das pontifh-bithynifche Gebirgefyftem, -gleih dem vor-
hergenaunten, jedoch am Norbrande ver Halbinfel, befleht in
ganz gleichen Tängenzuge wie jener ſüdliche, von mehr als 100
geographiſche Meilen, aus einer Aueinanderreihnng unter ſich mannidh
fah geferuter und geglieverter, aber gegenfeitig unter einander vor⸗
herrſchend paralleler Gebirgsletten, Hoͤhenzüge und Stufenlänber,
a. Riein-ilfien, .1.
nie auch hier weit in das Zauere ber Halbinſel hiucinwichen smile
in noch wahrnehmbarern Terraſſen als ber ciliciſche Taurus much
Süp zu dem nördlichen pontiſchen Geſtade abſtufen. Doch
Peigt er nicht zu hieic wilber abfoluter Gühe am’ Boutus emper
wie ver cilieifche, fondern meift in umtergeorbneten Kühe imeniger
taufend Fuß und in viel fanfterer Form ver Oberflächen; ohne jene
fünespoße Radtpeit und Schroffgeit fteigt er allmähliger, wenn fen
bie und da mit Steilmänden und Steilufern zu vom Schwarzen uub
bishymifchen wie dem Marmara- Meere hinab. Vollſtändiger Lotte
er nad) ben antiken Küſtenlandſchaften, die er von O. nach W. dunch⸗
ſtreift, das pontifchrarmenifche, paphlag oniſch-bithhniſche
und myſiſche Gebirge genannt werben, ba er dieſe Provingen
größtentheil mit feinen Bergzügen fült. Erſt am bithynifcken
Bosporus, Conftantinopel gegenüber, zu Uskudar (Scutari) umb
Kadikbi (Chalcedon), wehlid von Cyzicus am Helleipent, Gal-
lipoli gegenüber, unb zu Alerandria Troas in ber berühmten Ges.
birgegruppe des Ida hat er erft fein weſtlichſtes Cude erreicht, beme
nur noch die Heine gebixgige Iufel Tenedos als faft einfam geblie⸗
benes infulares Küftenglied vorliegt.
Diefe Berſchiedenartiglett der beiden Tauruszüge im Norden
und Süven ver Halbinfel, ſowol nach ihrem Gefaminiverkaiten, als
auch in der Art ber Verteilung ihrer befondern, coutinentalen Grup⸗
pirungen, ift auch in ihren maritimen Begrenzungen ber verſchiedenen
Geſtadelinien, ven Einbuchten und Vorfprüngen, ja in ihrer game
verfchievenartigen Entwidlung ſichtbar. "
Die ganze pontiſche Küftenlinie ver öſtlichen Hälfte des
nörblicen Gebirgsſyſtems (Paryadres), von der Mündung des Tſcho⸗
ruf im armenifchen Gebirge an weſtwärts bis zum weit gegen Moe
(42° N. Br. und53" O. 2. v. F.) vorfpringendem Vorgebirge Iudſche
Burun (Lepte Promontorium) bei Sinub (Sinope), zeichnet ſich
durch eine ganze Reihe Meiner Einbuchtungen aus, von deuen bie
größte," am weiteften geſchwungene mit der von Trebizond (Tma-
pesus) beginnt, bie andern alle aber, wie bie von Karabulas
(Tripolis), Kirefun (Kerasus), Ordu u. f.w. bis Samfan (Ami-
sus) -ımd Sinub (Binope), in minder meiten, aber tiefer im das
deſtland einſchneidenden Bogenlinien folgen. Biwifchen ihnen ſprin ·
‚gen überall eben fo viele öfters flache Berlaud-, mehr noch Vorgebirga -
ſpiden gegen ven Norden vor, weiche biefelben in lauter lleine Bash
tem gegenfeitig von einander abſoudern. Es tritt dies mm als eime
Üelge der aus dem öftlichen maſſigern Bufemmenfange gegen der
Die pociſche Bäftenlinie. 23.
Deſten mei goſonderten Guiederung der in Weſt immer wicher ab»
Inmemmien Schuttmafien gegen das Meer an ihres Minbungen als
Heine Sanb- over Schlanunbanle an, bie füh feit Iahriamfeaden
öfters zu bebentenben Borlandfpigen ausvehnten, unter dena bie
Deltehilvungen des Tichoruf, des Termeh (Thermodon), bes
deſchil Irmet (Iris) und Kyzyl Irmak(Halyı) die bedentend
Pen find. Diefe fo meiſt gleichartig gehilbete Reihe von max feich-
tea Buchten ift mit ühren weiter gegen N.D. gerichteten Oeffaun ·
gen den von daher vorherrſcheud firmifchen laulaſiſchen Nerb- man
Borvof--Winven offen gelegt, welche ihre Rheden. deuen die watilnlid)
geöilbeen jcjügenben Gäfen fchlen, den größten Tfeil des Jahres
Wintarcch — machen und daher nur wenige Ausnahmen ab⸗
die mm fo bedeutender durch ihre Iſolirtheit hervortrean
banten, wie etwa Sinope, Amiſus, Trapezus her Alten, ein gerin⸗
—eä————
anb zu fördern im Stande waren.
Anders iſt die weſtliche Hälfte der nordiſchen Geſtadelinie um
Bergebizge bei Sinope am gegen Weſten bis zum Eintriut des
Eqwarzen Meeres in ven thraciſchen Bosporus gegen Gan-
Rantimopel (taub Boghazi)- geftaltet. Hier ſpringt das ganze
Kaſtenland in maffenyafterer Breite, in eoupacterem Zuſam ⸗
menhange und gleicher nordiſchen Ausdehnung bis gegen das Vor⸗
irge Kercrabeh (Carambis Promoutorium unter 42° N. Br. aub
SID.X. v. F.) zichend vor, und bleibt auch von da weſnwãrts,
ware fen in abwehmenber Breit, doch gleichmäßig in ziemlich ein-
Fszriger Küftenlinie bis zum Eingange des engen Bosporus. Gier’
ichlem bie tiefern Buchten, welche größeren Oaſenbildungen Schut
ben Eounten, der einzige Benber Eregli ( Heraciea Pontice)
muer dem Baba Burum (Acherusia Promontorigm) md im Weſten
da Salaria- (Sangarius-) Mündung ver von Reftee (Calpe) etwa
abgenommen, deren Mängels fchon die Alten derch Kunftmittel
begegueien, die aber längft in Verſall gerathen und nicht wieder ber-
liſche Stürme fügen und ihre gegen N. W. gerichtete Steiltüfte auch
ums ſchlechten Aulergrund ‚bat, lometen fie ebenfalls Feine grüße Ber
deutung erlangen, wie eion Die Dafenbilbungen und glnfligeren
Vufmänbungen ber Weikäße,
IH
24 Klein⸗Afien. 8. 1.
Ganz anders wird ſchon dieſe Einformigteit der Nordtüſte vom
thracifchen Bosporus bis zum Helleſpont ober der Dardauellen ·
ſtraße durch das halbgeſchloſſene Baſſin des Marmara-Meeres
unterbrodyen, defſen Geftave wiederum weittärte geheude vichache
günftigere Gliederungen feiner Geſtadelinie zeigt, bie einer genauern
ſpeeiellen Betrachtung werth ift, melde jedoch ef weiter unten er⸗
folgen kann.
Fur jet liegt uns zunächſt das Characteriſche ver Rüftenfinie
des füblichen Tauruszuges gegen das cypriſche Meer zur Berglei-
ung vor. Hier find es nur drei meift halbkreisförmige, gegen das
Innere der . Halbinfel, alſo norbwärts gerichtete, tiefeinbringenbe
(618 370 N. Br.) großartige Meeresbuchten: bie cilicifche,
‚bie pamphyliſche, die carifche mit ihren größeren Geftabeflächen
von Cilicien mit Adana, und Pamphylien mit Adalia, melde durch
zwei weit vorfpringenbe (bis 36° N. Br.) halbkreisrunde, halbinfel⸗
artige Borlänber unter einander getrennt werben. Es find bie fo be⸗
rühmt gemorbenen alpinen Gebirgslanpfhaften Cilicien und
Lyecien, welche dem ganzen Südgeſtade gegen bie cypriſche Ierfel
hin den Hauptcharacter geben. Denn alle andern Küftengeftaltungen
find nur diefen untergeordnete, in die Hauptverhältniſſe ſich einfü-
gende, örtliche Bormen, die jenen Hauptcharacter nicht änbern, fon-
dern nur mobificisen und ftatt der Monotonie der pontiſchen Nord⸗
geſtade der ganzen großartigen Geſtadeentwicklung dieſer chprifdjen
Seite des: Halbinfellandes einen feltnen Reichthum maritimer Man-
nichfaltigkeiten hinzugefügt haben, zu dem and) das nahe Gegen»
geſtade ver reichlich ausgeftatteten Infel Eypern gehört.
Außer diefer Hanptgeftaftung ift aber noch jene dem Grbßen
umfange nad} geringere Küftenform zu beachten, die ihrer Stellun 8
nad) im äuferften Oftwinfel des Zufanmentreffens ver Norbtäfte
von Syrien mit Cilicien ins Gewicht fällt. Es ift ver Issicus
sinus der Alten, ver Golf von Iskenderun oder Aleratı-
drette der Nenern, der fowol von dieſem Hafenorte (f. Erdkunde
Th. XVII. 2. ©. 1800 u f.), wie bei ben Türken von dem gegen-
überliegenden Hafen bei Ahas, ven Namen der Bai von Ayas
trägt (f. Erdt. a. a. O. S. 1798), und bier nı vorübergehend zu
erwähnen ift, da feine Bedeutung für Land» und Bölfergejchichten
ſchon früher erörtert wurde. Seine mehr gefchloffene Form hat ihm
ven Borzug einer geficherteren Rhede gegeben, melde ven mehrften
ver benachbarten Buchten fehlt; von der Oft- und Rordſeite ge-
währen" bie Bergzüge Schuß, an ber Weſtſeite haben bie ſeit Zahr-
Sngefnne der Halbinfel, 20
Anfenben von dortigen Eitellgebirgen berabgeführten Sumw⸗ſſen
va Gebirgefizime Dſchihan, Seihun umb des melicern Nas ·
‚ Iufemes Terfusetfchai (Cydnus), deren Mändungen fih ein-
anzer fo fehr anmühern, eine nicht unbebentende cilicifche Bor-
ebene um diefen Golf, zumal an veſſen Nordweſtſeite, abgelagert,
bie derch die einft blühennen Vevölleruugen von Tarſus (Terfus)
Ropinheftia (Miffie), Adana, Mallos verherrlicht, zu Cultur⸗
denen geworben, die feit Xenophons und Alerander® Zeiten
RS immer weiter gegen S.D. vorgeſchoben haben, num aber fi
Ihen feit ven tächifchen Zeiten wieder als verwüſtete Landſtriche
reiten. Durch diefen jängern Borfcub der Flußdeltas iſt die
große eificifche Bucht im zwei Meinere Unterabtheilungen von ®
tingerm Umfange verändert worben.
Ben dieſer Fürzeren Ebenenſtrede abgefehen theilt das game
Südgeſtade Kleinafiens vorherrſchend den Character eines Ge:
liegelendes, zu dem ber wilte Tanrus mit ferwen hunbertfäftig
Näft temantiſch zergliederten Gebirgsketten und feinem vorherrſchend
elabſtarzenden Sudfuß oft dicht zur Woge des auſchlagenden Meeres
it, und hier im feinen taufenbfäftigen Einfehnitten, Buchten, da.
fr, Säuporten, Flußthälern und Mündungen größerer und kleinerer
It ein alpines Geftabeland bildet, das bei dem Bergen eines in
der Tiefe meift ſehr fruchtbaren Bodens beſonders noch burd bie
Goanenfeite und die warmen Südwinde begänftigt ift.
Zerherrſchend befigt es daher ein Hödft gedeibliches Fruh-
liagselima, das einen üppigen vurus natürlicher Vegetation und
derchterzengung entfaltet, der ſchon dem ſubtropiſchen ſich mähert,
deſen begleitender Dürre und Sounenbrand in anderen Nachbar-
‚laden aber durch die überall bis in überſemmernde Schmechöhe
uperengenden Pils und Höhenrikden der Taurusfetten vorgebeugt
®, bg fortwährend die Geftabelantfchaften erfrifhen um zu
Mire eitichlen
Zwiſchen diefen weit gegen Süben vorfpringenden alpinen Halb-
ieländern Cilicien und Lycien Ingert ſich bie große halbfreis-
finige pamphyliſche Meeresbucht mit vorherrſchend ebener
kenlandfchaft, Ad alia oder Teke der Türken (Pamphylia), mit
Ger einförmigern hafendrmern Küſtenlinie. Durch ihren mehr offe>
zen, aber zu immer höheren Stufen auffteigenden tereaffirten Boden
M6eibet fie die am 15 bis 20 geogr. Meilen in Oft und Weſt aus-
Gnasterfiegenden ſchwer zugänglichen Gebirgolandſchaften. Sie fonnte
Yaher das Samere der Hakbinfel darch ihre bequemer dahin aufftei-
» Heinen, $ 1.
genden Gebirgbiege wit bem Cühgefobe wieder in Beckiubuug
ſehen aud den durch jene alpinen Gebilde faft abgefäfnittenn Ber
lehr des Geſtades mit dem Binnenlande wieber vermitiche.
Auf der Weſtſeite des Igcifcen alpinen peuinſularen Vorſprun⸗
, auf dem bie hohen Gebirgögruppen des Tachtaly Dagh (So-
Iyma), des At Dagh (Cragus), des Malri Dagh (Antioragus)
über dem Vorgebirge der Sieben Caps (Sacrum Promonteriume)
und andere noch Bis zu 7000 oder 8000 Fuß abfeluter Höhe unpse-
thürmen, bildet die Dritte und weſtlichſte des großes Meertsbuchten
bie carifche, jhren Halbkreis gegen das rhodiſche Küſtennner.
Diefer perätjchecarifche Golf breitet fi vom Cragus und Anti-
cragus oberhalb Makri (Telmissus) in weiter jühmwärts geheuder
Oeffnung über 30 Stunden weit gegen Weit bis zum Alepo Tone
(Promontorium Cynossema) aus. Dieſem liegt- in Weft die Iufel
Symi (Syme) dit vor, im Suden aber nur wenige Stunden fern
gegenüber hie Nordſpitze der großen und fo berühmten Infel Beho-
dus. Der Territorialbefig ber Mhodier. breitete ſich einft auch
über das Geftabeland biefer cariſchen Meeresbucht aus, daher «6
and, ſchon in älteren Zeiten ven beſondern Namen Beräa, bi.
das gegenüberliegende Küftengebiet ber rhodi ſchen Ig«-
fulaner erhielt e). Eine ſelbſtändi ge Bemennung beſſelben zut
Unterſcheidung von ben’weftlichern cari ſchen Golfen, dem dori⸗
ſchen von Symi, dem ceramiſchen von Kos und andern, bie
ſchon vem Weſtgeſtade angehören, war aber in unferer Zeit mach
ven Berichtigungen biefiger Küftengeftaltuggen durch die forige-
ſchrittenen Arbeiten der eugliſchen Admiralität zum Verſtändniß bore
tiger Localitäten ein Bedürfniß geworden. Den ganz beſondern
Reichthum an kleinern Golfen (wie die von Glaueus, Caunus, Pan-
ormus, Physeus u. a.), Vorgebirgen und Halbinſeln, welcher die
Kuſienentwiclung dieſes cariſch⸗rhodiſ chen Geftadelaudes aus-
zeichnet, haben wir erſt ſpäterhin in feinen Einzelheiten hervarge-
heben.
Erläuterung 3
Das centrale Platsanland von Klein-Afien; bie Hauptbaffine
feiner Hochebene.
MNachdem wir mm die Begrenzungen ber Halbinſel alein / Aftene
gegen Oſten, Norden und Süven ihren Hauptlineamenten und weſent ·
.. 9 4 Cramer, Desoripiioe of Asia Mieer. 8. 832. VeL I p 400.
Gentroiee Pleie miland. —
Ehen Gbefknltungen vach, vhne Müdficht auf hiſtoriſch · poliuſche fe
ht wechſelade Namen und willlkürliche Wbgrenzinegen, nur nach ihren
eterverhältniffen uns zur klaren Ueberſicht zu briugen verfacht
haben aud nur Die nothwendigſten Beuennungen alter und nener Zei⸗
en zur Drientizung auf ber Karte beibehielten, lehren wir zu ben
anf der Mitte bes Peninfularfgfiems zurüd, mit
|
if
u
IH
Hin
ä
Krbtheil Curopa in feiner wahren €: iction begreifen
‚ was von Portugal und Spanien am Weſteude anſan⸗
Iren feit ver Straboniſchen noch einfeitigen An⸗
fein organiſches Ganze zu erfaflen möglich. fein
ki fo allen Geographen der Neuzeit gauz wachau ·
herlduunlich geblichtn if. Wie aber dies um f
wir auch überall im Beſondern, wie 3.
SErERRT
el
zT
Fi
Bey eimgefchlagen und wir hoffen nicht ohne Gewinn, ber fich beim
deriſchritt anf europaiſchem ſchon genauer erforfihten Boden erft
in feinem wahren Lichte zeigen dürfte. Auch für viefe weſtlichſte
Gkeverung von Borberafien fellte uns, wie überall, derſelbe For⸗
Ihungögung maßgebend bleiben, ver fich mit den Ergebnifſen sie
ven Pelconifirung felbft veihtfertigen mag.
Wehen Dafienerhehung, dem Einen gemeinfamen Taurus—
Inßem, wie dies ſchon vom Eratofihems aufgefaht wer (Strabo
I 4000 Tu heben ebenen, aber noch viel breiteren um Län
am iranischen Plateanlande. An deſſen Weſtende zwiſchen
ben caspifchen, pontiſchen und iſfiſchen tief eindringenden Golfen
Amt dar norbesufintilde Boden jehod im anders geflnlteter plefli-
B. beim
nuicht beim Cragus amfängt, fordern “ endet, venfelben
28 Klein Alten, 8. 1.
ſcher Entwicklung im caspiſch⸗ ſyriſch - armeniſchen Tricugellande
mit Aderbidſchan und Hocharmenien in der Mitte als colofſabe durch
pintonijche Gewalten wild zerriffene Alpenlandſchaft (vom Buleen
Demawend 13,700 Fuß hoch durch Aderbidſchan bis zum 14,600 8.
hohen Ararat, dem armeniſchen Taurus, bis zum Auti-Taurus) ger
hoben, hervor, fo wie im Tigris- und Euphratſpalt, zahlloſen Rkäften
und tiefen Seeteſſeln dazwiſchen wild eingeftikczt, zerborſten un
darchbrochen 9).
Diefe großartige Uebergangsbildung in ver Geflaltung Berber-
aflens durch eruptive Gewalten hatte indeß hier noch wicht ihr Cxebe
erreicht; es wiederholte ſich eine der irauiſchen analoge Empor
ſchwellung compacter Maſſen der Exbrinde, wie fie bei ber Geſtal⸗
tung des aflatifchen Erdtheils im Allgemeinen fo charalteriſtiſch für
denſelben herbortrat, wenn ſchon hier in beeugtem Maßſtabe und
vielleicht ſchon abgejchtächt, doch immer noch anfehmlic im weiten
und breiten vorherrſcheud ebenen, hohen Blateanlande des cen-
tralen Kleinaſiens.
Diefe anatolifhe Emporfchmwellung behielt dieſelbe Ror-
malare ber iranifchen von O. nad) W., die lleinaſtatiſchen Raud-
gebirge im Norven und Süden blieben im Wefentlichen vem Nor⸗
malzuge, nämlich den analogen Gebirgsbeftanptheilen, paral-
lelen Gruppivungen und Uebereinanderfinfungen nad, ven
iranischen Tauruszügen mit wenigen Differenzen gleich; auch bie
eruptiven, plutonifchen Gewalten blieben hier und da in ber Mitte
zwiſchen beiverfeitigen Ranpgebirgszügen in ihren Oberflächenbildun-
gen fihtbar.. Aber weniger in titawifc nad oben wild umftärzen-
ben ober übereinander aufbauenden vielen Riefenbilvungen, wie dort,
wirkten die kleinaſiatiſchen Aufblähungen aus der Tiefe, wie es
ſcheint, nur allmähliger umd ruhiger fort, die äußere Krufte der Erd⸗
rinde in weiten Flaͤchen oft mit Erdbränden erfüllen nnd mit ihren
Produltionen überfhättenn, aus denen jedoch nur einzelne Bulcan-
genppen, bie fich nod durch Krater fignalificen, Infeln gleich, ans
weiten Hochebenen erhebenb, ſich als ausladende Effen aus der Tiefe
des Hitsheerbes Luft machten, und wenn ſchon ber Boden des Lau-
des viele Jahrhunderte hindutch von zerſtörenden Erdbeben erfcät-
tert ward, doch immer mehr und mehr Ruhe fchafften und biefe _
auch mach umb nach erhielten. Die machtigften Gebilde unter jenen
. nimmt ber 12000 Fuß hohe Erdſchiſch (Argaeus) über vem Meere
) Eidt. Th. I. n. Zeitſcheift für Milgem. Geht. 8b. V- 1855. ©.88--08.
x
“ Centrales Plaleauland. 2—
ein und wie unmitielbar an feinen Fuß fich anabreitenben, ihm ringe
umgebennen Hocebenen (von 3500 bi 4000 Fuß abſoluter
Höhe), die er noch um 8000 Fuß relativ überragt. Bon feiner
wu Soden om br Ka Zamnd m hen
aipimer Gebirgsmelt, am Eingauge zum ebenen weftlichen Eappa-
docien und Lycaonien, vie von ba an ihre horizontalen mei-
teren, einem ausgetrockneten großen Binnenfee. gleichenden Ansbrei-
tingen gewinnen, von benen nur einzelne Heinere Reſte jalziger Seen
um ba übrig geblieben, wer ſchon oben die Rebe, wie von fei
wen vulcaniſchen Manifeintionen gegen S. W. .
bat es allerbings feine Schwierigkeit, bei dem völligen
jeber genaueren Laudesvermeſſung bie Iocalen Umgrenzun-
—* ien des Reliefs dieſer Bodenverhältniſſe anzugeben,
der - Hochebenen als der zwiſchen durchſchreitenden Gebirgs ·
in ihrem wahren Zuſanmmenhange. Auch find bei weitem
alle Gebiete viefes centralen Theiles des Halbinſellandes von
Beobachtern ver neuern Zeit durchreiſet. Die älteren Beſchreiber
lefſen vie Raturverhäftuifie, in plaſtiſcher Beziehung zumal, zu un-
befkiumt, oft gänzlich unbeachtet zur Seite liegen, und bei allem ge»
funzen Raturblick, der ihnen in weſentlichen Hauptpunkten leines⸗
weges fehlt, iſt ihr efichtspunct doch mehr auf Hiſtorie und Po⸗
Bit ihrer Zeit als anf die Natur des Landes gerichtet. Daher
Tonnen ihee Angaben meiſt twegen ber wechſelnden Verhältniffe, vie
® berichten, ohne ohne die dauernden zum Grunde gelegt, zu haben, nur
fetter einen allgemeinen wiſſenſchaftlichen Werth, gewöhnlich nur
eimen teutporclien verübergehenben erlangen.
Bon den vielen Reiſenden ver neueren Zeit find immer nur
wenige eigentliche Forſcher, welche ihre Beobachtungen auf pofitive
Thatſachen gründen Tomaten, wie ein. Beaufort, Ainsworth,
Ehesney, Hamilton, Terier, v. Moltke, Fiſcher, v. Binde,
Kiepert, Schönborn, Tſchichatſchef, Fellows, Spratt,
Forbes, v. Prokeſch und Andere, von beren anferorbentlichen
Bereicherungen ver Erdkunde Kleinaſiens weiter ımten bie Rede fein
wird. Aber die füden dieſer Kunde zwifchen ber: geförberten
Erfeuntuiß, die ſich doch immer nur auf Meine Diftricte oder lange
Reiſelinien und einzelne Punete zu beziehen pflegt, find noch viel
za groß, um dadurch ohne bloße analoge Schüffe und hypothetiſche
Boransfegungen zu Geſammtüberſichten gelangen zu fönnen, die das
ber wie auch die unfrigen einer fortwährenden Berichtigung duch
directe Beobachtung entgegen reifen müſſen. Um fo nothwendiger
|
;
Hi
ıH
20 ein · Aſien s.
4 be für bie Wifnfeef ſan durch die treus Unger
fon Gewonnenen bem noch zu Eriugenden bie Wege zu bafme,
was eben hier umfere Aufgabe fein ſoll. Bei einer Bearbeitung ker
oemaniſchen Geſchichte =) für die neue türtiiche Zeit Sounte foldhe
Lüdenhaftigleit fon nicht ganz umgangen werben, wie viel er
bei einer vergleihenden Geographie ver verfchiebenen Beiten ith,
fo buntſchedig dadurch auch binfichtlih wer Benenuungen ie
Darſtellaug erſcheinen muß, aber dafür am Drienticung in jeher
Hinfiht Gewinn bringen Kann. Wie ſchwierig aber desmed) Die Anfe
gabe bleibt, die mancher Nachſicht bebarf und üfter ſegar muuräglui,
ſehr häufig nur aumäbernd erreicht werben laun, geht aus den Ber
managen ber frferen Gefdihtiteriber bern, Dit bed Dir ale
3 *
wie Lydien, Cappadocien, Carien u. ſ. w.,
nach ven Legionen des Reiches, die dort in ben Beſatungen Ingem,
ober mach den Eparchien; feit der Zerflörung bes Geibhhufifhen
Rehab mad ben Qpualtiabenn, bie A in bie Trümmer befiekem
theilten, die deren Nomen noch forttragen, über welche danu ſpater
dao Nep verſchiedener Saudſchalate, Provinzen und Paſchalils ner
Verweltungegebiete, und damit au alle Namen ber Städte, Fläffe,
Berge, Thäler, Ebenen u. |. im. fi nad und nach in verichiabemen
Sprachen und Sprachformen umgewandelt haben. Da jehech die
teren geographiſchen Verhältuiſſe der Hiſterie uch
Neinafiens ein weit geößenes allgemeines, dauexudes menſchliches Io»
tereffe für die Wiffenfchaft Haben, als die ver bypantimifchen Vergon ·
genheit ober ber noch rohen turliſchen Gegeuwart, und auch Die mehr-
ſten genauerern ſchon bewährten Benenwungen und Üefftclhumngsn
durch ihre Denlmale in ven Beſchreibungen ver Bünker- und Böllen-
Berhältmiffe varbieten, fo konnen in ven Darſtellungen anf vielem
Gebiete der vergleichenden Geographie auch bie älteren claſſiſchen
Benennungen nicht umgangen werben, bie wir daher, mo es thun-
id, fein wirb, ſteis ben mobern gebräuchlichen beifügen, weil do
noch ger nicht durch meuere erfeßt werben, wie benn 3.0. fine
moberne Bezeichnung des ganzen Ghflems des aus bem Alterthum
7 2,7 Banner, is, des Osmantfchen Reiches. 1. 6.38, ns Or.
*) M. Loake,' Asia Minor a. a. O. p. XXIV. a. f.
Ceatrale Hehebenen. 81
Kamen) , bagegen bie moderne Vejeich⸗
man > ©. ven Dagh, jede Art won Bergen und Gebirgen bes
—— in Gebrauch gelommen und daher
dienen Ya. Eben fo iſt es mit ben
A. Briten Tſchai und Su, d. i. Fluß, Dere, Thal,
GE, Ser a.u. m. Auch für Die charalteriſtiſche Bezeichnung jener
har befonbers zu Plateaubildung ober ber con»
tralen Dedebenen, vie Strabo ſchon fehe richtig öpoxddn,
d. i. Berg-Ebenen nannte, ohne fir jedoch im ihren Umgrenzun ⸗
gen genau zu verfolgen, haben wir feine men: biefer Raturform
Benennung erhalten. Er charalteriſirt fie in Rycao«
nien (XIL 568: Askadyar dponddia yuzgd xol ad zul
iseypößeze) mb in Eappabocien durch die Holzlofigkeit
(A: 588: d£sAde, d. i. ligmo carens) web anderwärtd vortrefflich,
in Vheygien durch Ka taket aum euie, das Brandland (Strabo
6, 579: xarasexeuuevn, d. i. combuste); wir Finnen ba«
war bei der allgemeinen Benennung centraler Oxopebien
elzlofer Hocheb enen flchen bleiben und darunter ven nor ⸗
Typus cappodociſcher usb lyeas ·
übungen verſtehen. Dieſer normale Typus weicht
nur durch feine große Erhebung ober feinen völligen
au Wald uud Vanmwuchs von anderen Ebenen ober Thal⸗
des Landes, wie fie z. B. bie tärkiſche Landesſprache heut:
Die bee, ob, fonds und vun glg
und ihre oft ganz emtfchiehen vorhereſchende Horizon-
viefe giebt öfter ein wahrfeeiniches Beugnik, daß
e Seebecen zurückgeführt werden Umte, von
mod jo manche große, ſalzige Flach ſeen als
* fiad, oder im ihren Ueberzügen ſich
und thonige Nieverfäläge von Siäwafier-
1, wieber andere mit Ueberlagerungen von plutoni⸗
, wie Laven, Bimeſteinen, vulcaniſchem Sand und
mit Tuffſchichten und auderen Maffen, oft in bewunderns⸗
Machtiglkeit und Weite, bededt erſcheinen, bie dann nach -
anch wieder an ihren Oberflaͤchen ben ſeltſamſten Geſialtun·
nuterworfen werben lonnten.
Dieſe centralen Hochebenen nehmen ureiſt ſehr große Land ⸗
ftriche des mittleren Halbinſellandes in ſehr verſchiedenen Abſtufungen
vom obſelaten und relativen Höhen ein; im oft ſehr wechfelnden
äfferungen kehren immer wieder in ſich ſelbſt als Binnen⸗
LEN
sts
astenfiopgen
u
f
32 Er = ee 5. 1.
wafjer in ihre mittleren Einſenkungen, fein es Meräfte ober Exen,
zurüch, ohne nach auften zu ben Meeren ſichtbar abzufliefen. Sie
werben Öfters von mäßigen Landrücken, over welligen Wölbungen,
aber auch durch niebrigere over. höhere Bergzüge und Berggruppen
von ‚einander in verfchievene Baſſins unterfchieven und mehr oder
weniger abgegrenzt. Erſt die Zukunft wird durch beftinmtere Landes
aufnahmen zu genauer Ermittelung viefer ſchwieriger wahrnehmebaren
Verhäftkifie gelangen lönnen, mit deren nur vorfänfiger Ermittelung
wir mn bier noch begnügen müfjen.
Schon W. Ainsworth bemerkte, daß dieſe Verhältniſſe ſelbſt
auf ven beſten Vandkarten fi} nur ſchwer unterſcheiden laſſen, fo
entſchieden fie auch dem Wanderer durch dieſelben vor Augen liegen,
und daß nur ein Basrelief von ber plaſtiſchen Vertheilung be
ſelben eine Mare Anſchauung geben könne. Ex nannte dieſe vor über
faſt gänzlich, unbeachteten Formen im Gegenfag der von den ‚Ge
ſtaden an übereinander auffteigenven tauriſchen Stufenländer nach
der Landesmitte zu „eentrales Oberland ohne Ausflug ihrer
Binnengewäffer“ (central uplands without outiets) 12). Er
unterſchied ſchon ungefähr im ver Richtung von Weſt gegen DR
5 folder Dropedien, wie Strabo fie nannte, uud gab ihre
Höhen nach ‘ver Mitte ihrer Ortslagen alfo an:
1. Das centrale Hochland von Bulawadyn (Pelybotus)
und Arfche her (Philomelium) 2700 Fuß P. üb. M.
2. Das centrale Hochland von Konia (Toonium) 2900 &.
8. üb. M. (mac, Tſchichatſcheff 3650 8).
3. Das centrale Hochland von Kotſchhiſſar am großen
Salzſee Tuz⸗ Tſchbllu, 2800. Mb. M. (2000 u. Tick).
4. In SD. von Konia das centrale Hochland von Eregki
(Cybistra) am At Gol, 2600 5. P. üb. M. (3200 n. Tſch.).
5. Das centrale Hochland von Kara Hiffar am See glei—
hen Namens, 300%. P. üb. M. (3700 n. Ti.)
Er fügte noch weiter oftwärts bie analogen, aber höher gehs-
benen Plateaufläcen am Urmia-See in Aderbidſchan (Ervt. TH. IX.
S.%50—1011) und dem Ban-See (ebend. S. 977, Th. X. ©. 297)
hinzu. Auch der Obrift v. Wrontfhente:) hatte diefe Natur-
2) W. Ainsworth, Travels and Researches in Asia Minor. Lond. 8. 1842.
Vol. Il. p. 375. . '?) v. Wrontfchenfo, Klein:Afien, in Schriften des
militoielfhstopographifhen Depots, herausgegeben auf Kalferl. Bes
fehl vom Director des Depots, dem General-Lientenant v. Schubert:
St. Beteröb. 4. Th. III. 1838, in ruſſiſcher Sprache; ſ. ©.46—49.
Centrale Hochebenen. 8
fr aufınerffamer als feine Vorgänger beachtet und in fin a
cialbeſchreibung dieſe Hochebenen in drei Abtheilungen gebracht, die
ala drei, feiner Anſicht nach, eine mittlere Erhebung von 2100 F.
üb M. (300 r. Saſchen) haben follte, deren eine, nach ihm, bie
Gene des großen Salzjeed 150 Meilen, vie zweite, eine füh«
lihere, 180 DMeiten, die britte, eine nordweſtlichere 70 DNMeilen
annehmen foll; da aber feine Grenzbeſtimmungen und Bezeichnum ⸗
gea Schägungen enthalten und zum Theil ganz 'un«
beſtimut bleiben, aber von feinem Nachfolger und Landsmann ge
meuer verfolgt find, fo weiſen wir bier nur im allgemeinen auf fle
8. v. Tſchichatſcheff hat auf feinen wiederholten Wande-
tungen durch bie Hafbinfel dieſe centralen Hochebenen in ihren Aus«
beeitungen und Erhebungen mit größerer Sorgfalt beachtet als feine
Borgänger, fo daß fie fich, wenn auch leineswegs auf eine erichöpfende
Weife, aber doch mit einiger Wahrſcheinlichleit (denn feine Höhen»
Tönnen doch meift nur Annäherungen zur wahren Höhe
fein) in ihrem Berhalten zut Gefammtmafje wenigftens für unſere
allgemeinen Zwede nachweiſen laſſen. Bon ven an 10,000 geogr.
Duadratmeilen ver Gefammtoberfläiche Kleinaſiens, welche etwa der ⸗
fnigen von Frankreich oder Spanien 1%) gerabezu gleich zu adjten
fein mag, möchten biefe Hochebenen etwa ven zehnten Theil in rum⸗
der Summe einnehmen, und zwar in ber breiten Mitte der Halbe
infel, aber im einen vorherrfchenn längeren, weſtlich ſich ausdehnen
dai Laudſtrich, vom Anti-Taurus von SD. gegen N. W., in welcher
Richtung die Rängenaren ber bebeirtenbften dieſer hohen Bafſins fih
antdehnen. Diele laſſen ſich ungefähr 15) in folgender Aufeinanver-
folge aberſehen
Die anSgebeimtefte und füblichfte von allen breitet ſich in um»
melnäßiger oealer Form im S.D. von Eregli (Cybistra, unter
dem Merivion 52° DO. L. v. F.) an 40 bis 50 geogr. Meilen gegen
RB. bis Bulawadyn (Polybotus) gegen Afium Kara hiffar (Syn-
mda, unter 48° D. 2. v. F.) und nörbliher bis Eski ſcheher
Dorylaeum) in N.O. von Kjutahia ans. Nad der berühmten
Sudt in ihrer Mitte Konia (Iconium, der einftigen apitale von
Sxaonien) kann man fie das Plateau von Konia, ober die ly⸗
amifge © Hochebene nennen, weil fie den größten Theil biefer
san Hardt, der Bläcenraum a. ſ. w. Berlin 1853. ©. 17, 47, 50.
P. de Tchihatcheff, Asie Mineure, Description etc. Partie I. 8. Paris
1853. p- 544551; vergleße Sbrontfgento a. a. D. I
Riten Erdkunde XVUL €
7} Kia. 6. 1.
alten Prasing eimmimmt, obwol fie auch mach weiter gaen MI. in
das üffiche Pfengion hinein und gegen S. O- über die Guage Sy
cams hinaus in- die füblichere Provinz Cataenien Hineiwweicht.
re mittlere Breitenausvehnung ven S. W. gegen N.D. mag einige
20 geogr. Meilen betragen; fie läßt fich von Ronia (Iconiam) ge
gu ND. bis Akſerai (Archelais) am Bejas-fu genauer bezeichnen
denn Konia liegt 3650 Fuß üb. M., Akſerai 36523. vach Ih.
oder 4216 F. nach Ainsworth und Hamilton. Zwiſchen beiden
Grenzorten in ©. und N. liegt feine Gegend ver an 8 Puncten
gemeſſenen Ebene eingefenkter, als 3087 3. üb. M. Die mitslere
Anſchwellung diefer ganzen großen Hochebene, nach ber gemeſſeuen
Richtung des Durchſchnitts, würde alſo an 3364 3. P. betragen,
alſo etwa vie Hähe des deutſchen Brodens Haben. Ihre abſolute
Höhe fentt fi gegen Nord, wo bes große Salzſee Tuz
Tigöllü (Tatta Lacus) die Oſtgrenze dieſer lycaoniſchen
Hochebene bezeichnet, mit dem Serfpiegel in feiner ganz fischen
> Ginfenkung ſchon um 600 bis 700 Fuß tiefer hinab, umb ehem fo
flukt die Gefammtfläcde, weun ſchon nur ſehr allmählig, aber glei“
förmig gegen N.W. am Ende nady ihrer Längenaye hin, va Bula-
wabyn nur 27705. üb. M. (nad Tſch, oder 2300 nach Aiusw.)
Afium Kara hifjar (Syanada) 2764 F., das noch nörkliher Eali
ſchehr (Dorylaeum), wo erſt weiterhin wieder Bergletten aufflei«
gen, auch nur noch 2770 5. üb. M. erhaben find, uud alle anderen
Zwiſchenorte bis zum obern Laufe des großen und Beinen Quell⸗
armes des Salaria ⸗Fluſſes (Sangarius) num nech i in’ ähnlichen ge·⸗
ringen abfoluten Höhen vorfonmen.
Segen SD. fleigt dagegen biefe lycaoniſche Hochebene
etwas weniges höher auf, wo fie mit ven Orten Karaman (Le-
zunda) 3700 $. üb. M. und Eregli (Cibystra) 3184 5. Ab. M.
- am Norbabfall des Bulghar Dagh (ver cilicifchen Taurusichten)
ihr Enbe erreichen mag. Bon den vielen Binnenfern, bie ihre Rab»
umgebung auf den verſchiedeuſten Seiten bezeichnet, liegt hier det
Heinere, aber füöftlichfie dieſer hochgelegenen Flachſeen zwiſchen
Eregli und der alten Derbe auch am höchſten. Den Weſtraud
dieſes großen lycaoniſchen Plateaus bezeichnen bie von Karaman
gegen N.W. über Konia und dann noch weiter gegen NK fert-
ftreichenben Berggüge des Sultan Dagh (das. Gebirge in Pre
gia Paroreos, Strabo XII. 577) bis Afium Kara hiffar (Syn-
mada) im öftfihen Phrugien; dann von da gegen N.D. des Emir
Dagh bis zu den Bergzügen an ber Südgrenze ter Provinz
Centvale Hochebenen. 8
Baletia (jet Haimauch) im.Sünen von Engürieh (Angora)
bio zum Nordende des großen Salzſees Toz
Tſhollu im ver Nordoſtecke der alten Lyeaonia. Nur einzelne ifo-
Iizte leicht umgehbare Regel, deren Berggruppen meift wie Iufeln
aus dem weiten an 600 bis 700 Duabratmeilen einnehmenden ein-
Foreigen Flochboden zu bedeutenden Höhen emporftarren, wie ber
Karabſcha Dagh und ber. Kara Dagh zu 7696 F. Meereshöhe
(ap v. Tſch.) in S. O. vom Konia, ober minder bedeutende zu mäßi-
gen Rüden aufſteigende, wie weiter in NW. ver Boz Dagh und
ambere, ober aud nur faſt ummerfüc ſich wölhende Undulationen
unierhrechen nur hier und ba die Monotonie des Geſaunnttypus,
Ser ſich durch dieſe Zwiſchenbildungen in 6 bis 7 nutergeordnete
leinere Baſſius verzweigt.
Tür das Auge des Beſchauers und Wanderers breitet ſich auf
dieſen oft nuabſehbaren gleichförmigen Boden eine troſtloſe Mono ⸗
terie aus, weil nur ſehr wenig Ortſchaften mit wenig Feldbau hier
amgelegt find, dig Dürre des Bodens ihm ein wüſtes Auſehn giebt,
tein Baumwuchs die nadte Ebene unterbricht, die in ber fältern
Sehres zait meift wur von grafenden Heerden und Hirten belebt iſt,
aber bei heraunahender Sommerzeit, wenn der Sonnenſtrahl
her ſchon alles verfengt, bie Höher Tiegenben Weideländer (ihre Jai-
d. i. Sommerfriſchen, wie fie in Tyrol heißen, ober Alpen in
Schweiz) hinaufzichen, fo daß dann auch die dauernde Bevöl⸗
lecuns bis auf die wenigen etwa zurückbleibenden Ortsbewohner hier“
fehlt. Da aber auf dieſem ebenen Boden des weiſt gebirgigen und
wegelofen Rleinafiens doc; bie wenigften Hemmungen fr ven Marſch
der Heere, ver Karawanen und der Laftthiere, wie der Couriere und
aller Reiſenden aus ver europäifchen Türlei von Conftantinopel nad
den täzkifcen Provinzen in Aſien, wie nad Syrien, entgegengette-
tem, uud fie in ver biagonalen Richtung auf ver großen Pilger-
ſteaße nach Wecca liegen: fo find doch zu allen Zeiten die großen
Karamauenfiragen zwiſchen Occident und Orient durch fie hin⸗
Weshgezogen, umb geben ihren Hauptſtationen, wenn auch nur einen
temporaisen Verlehr, doch eine locale hiftorifche Bedeutung. Sie
bilden bie.große Zuglinie ver Bölkerfhaaren buch die Mitte
da Halbinſel. Diefe Hochebene von Konia, welche eben durch
wife Stellnug die am meiſten beſuchte amd belannteſte geworden,
won dar auch ihre Seitenverzweigungen am häufigſten begangen wur«
Dun, iR goer bie größte und berähantefe, aber leiccenege die cin
Bee dieſer Plateoubilvungen.
€2
Pal)
36 alein· Aflen. s. 1.
Zweitens. Das Argäns-Plateau. Ihr in Nordoſten
breitet fih eine zweite, die cappabocifhe Hochebene ans,
welche durch ven Haffan Dagh (Berge ver Gersauritis) und durch
den nörblihern Kodſcha Dagh, welcher das Oftufer des großen
Galzfees Taz Tihdllü (Tatta Lacus) begrenzt, von ihr ger
ſchieden wird. Sie ift eine dem Umfange nad} geringere, mehr freid-
runde Platenuerhebumg, welche in Oft durch bie auffteigenne Wand
des Anti- Taurus und im Norden von dem mittleren Laufe des
Kyzyl Irmak (Halys) begrenzt, aber von befien breitem Zufluffe,
dem Karaſu (Melas ver Alten), doch nur theilweife in ihrer nörd⸗
lichen Senkung durchzogen wird.
Ihre Gefammterhebung ift in mittlerer Höhe gegen 3800 5. P-
üb. Meer, die in ihrem geringen real vom vielleicht 150 geogr.
Quadratmeilen ſchon größere Abwechſelungen ver Oberflächen zeigt,
als jene lyeaoniſche; denn aus ihrer centralen Mitte erhebt ſich ver
eoloffale Erdſchiſch, den ſchon die Alten als Argaeus für ven höch-⸗
ſten Rieſen von Asia Minor anerfannten, obwol fie manches Fabel-
hafte von ihm verfündeten. W. Hamilton, ber ihn im Jahre
1837, ven 29. Juli, zum erſten Male erftiegen hat, maß feine Höhe
auf 12,020 F. B.; v. Tſchi hatſcheff, der zweite fühne Exfleiger
veflelben (am 15. Aug. 1848), fand die Höhe nur 11,823 F. P., fo
daß wir in der Annahme einer runden Summe von 1000 $. wenig
irren werben, durch die er alfo um wenigſtens 8000 Fuß relativ
über die Flache der Hochebene fteil und wild mit feinen Kratern und
Felsgebilven zu dauernden Schneehöhen emporftarrt und daher den
gefeierteften Gebirgsanblid in Klein-Afien darbietet, der von jeher
in diefem Lande Bewunderung erregte.
Im ND. dem Erdſchiſch benachbart zieht ver obere Thal«
lauf des Kyzyl Irmak (Halys) von O. nad W. vorüber.
Zwiſchen ihm und feinem linken von Süden kommenden Zufluffe,
dem Melas, ift e8 nur eine gegen N.D. das Argäus- Plateau bes
grenzenbe geringere Berglette des Sagri Dagh, weldyer biefe cap- -
pabocifche Hochebene vom Halysthale und einer dritten größeren
Hochebene ſcheidet, die wir bas obere Halys-Plateau zum Unter
ſchiede von der vorhergenannten neımen können.
Drittens. Das obere Halys-Plateau. Es liegt dieſe
dritte Hochebene in R.O. des Argäus-Plateans und erftredt fich
vom Sagri Dagh, an beffen öftfichem Fuße Ballas an 3652 F.
#6. d. Meere liegt, dem pontifchen Norboften über Siwas (Bebastia),
8900 nad) Ainsw. 6i8 3763 5. üb. d. Meere nach Tſch. 3640 F. nach
Centrale Hochebenen. 37
Zarier, binans entgegen, als breite hocdhgelegene Thalebene von
Ama gleichem Areal wie bie Argäns-Ebene. Sie wir aber in ihrer
gumen Ausdehnung von RD. gegen S.W. von dem oberen Laufe
des Lyzyl Irmak (Halys) durchſtrömt, mit deffen Zuſammenlauf
feiner verſchiedenen oberſten Onellfiröme in der Umgebung von Si⸗
mes fie ihren Anfang nimmt und daher ale. oberes Halys⸗
Platean, aber auch von ben Provinzen, die fie durchzieht, die cap-
padociſch-pontiſche Hochebene genannt werben kann. Ws
große Einſenkung eines: Stromthales weicht ſie ſchon mehr von bem
normalen, im ſich mehr gefchloffenen Charakter ver früher genannten
Gnförmigen, ganz monotonen Hochebene in ihrer Oberflächenbilduug
ab, doch zeigt fle nach einem Dutzend / an den verſchiedenſten Orten
im ihrer ganzen Ausdehnung von N.O. nah S. W. amgefteliten
Hbhenmeffungen (nach Tſchich.) immer noch eine ziemliche Ueberein- *
ſffimmung ihrer Höhenniveaus, da fie im mittleren Durchſchnitt die
chſolnte Gefammterhebung von 3500 Fuß P. beibehält.
Biertens. Die Hochebene von Malatieh. Noch abe
weihender von der normalen Geftaltung biefer centralen Hochebenen,
ober ihnen doch noch in vieler Dinficht näher verwandt burd) Er-
hebung und Stellung, breitet fi) auch noch oftwärts des Antie
Taurus auf längere Streden ein hohes Tafelland aus, das
zwar fhon außerhalb des von uns enger begrenzten kleinafiatiſchen
Delbinſellandes Tiegt, aber als Webergangsform zum Euphratgebiete
Ner anf dem natürlichen Grenzlande noch beachtet zu werben ver⸗
dent. Es nimmt die Mliche Ausbreitung der alten Provinz Cap
pabecien gegen Melitene, das heutige Malatieh, Hin ein und wirb
im Rorden von Armenia minor, im Süben von Cataonia begrenzt,
den Provinzen, bie öfters zu Asia Minor gezogen werden, auch wol
noch ihren Antheil an biefem Naturtypns haben mögen. Denn faſt
ft dieſes Gebiet noch eine Terra incognita zu nennen, in welches
war ein paar Reiſende erft auf ihrem Durchmarſche (mie W. G.
Browue 17%, v. Moltfe 1838, Winsworth 1839) 2%) einen
fecſenden Blick geworfen und feine bebentenve, meift von Kurden»
Herzüglern aus dem Euphratgebiet unſicher gemachte Hochebene auf
5000 bis 6000 Fuß abfolute Höhe gefchätst haben. Da wir bies
Sit om Tuhmafır und im Diwrifi (Tkpgıen) indeß fhon
fee beſprochen haben (Erbf. Th. X. 1843. ©. 793, 802, 837 bis
6; XT. ©. 144 u. a. D.), fo verweifen wir barauf zuräd, können
") W.6. Browne, Trav. in Afriea and Syria, Lond, 1799. 4. p Miu f.
38 Ktein-Afien. 8. 1.
aber den bort neuerlich erwa geiwonnenen Fortſchritt erft weiter auten
im Befondern berüdfichtigen.
Bänftens. Die galatifhe Hochebene Wenden wir
ums für jegt ned weiter gegen Weſten als jenes cappabe-
eiſch⸗pontiſche Blatean am obern Halys, fo zeigt fi ums noch
eine fünfte jener hohen centralen Blateanbilpungen Klein»
aflens, die galatifhe Hochebene, melde in dem Marimum ihrer
Ausdehnung von SD. gegen NW. mit geringer Ausbreitung von
S. nach N. reicht und als deren Rängenare bie Sehne, melde
vie große Bafbbogen- Krümmung bes Halyslanfes durchziehet, bes
trachtet werben kann. Sie füllt einen bedeutenden Landedtheil auf
ber rechten ober äftlichen Uferfeite bes mittleren Halyslaufes aus
und nimmt einen Theil der antifen Provinz Galatia ein. Mam
hat fie das Bozuk⸗Plateau genannt, weil fie fi an ihren Sfe-
weſtrande an ben Rorboftfuß des Bozuk⸗Gebirges anlehnt, weis
her in einer feiner öftlichen ihm parallelen Gliederungen an der
Sübofifeite Tihitfhat Dagh heißt. Dem einheimifcher Beifen-
den muß eine ſolche Benennung and, gegemärtig bleiben; wir zichen
jedoch für umfre Zwecke flatt obfenrer Localbezeichnungen identiſch⸗
claſſiſche Beneunungen vor, wenn ſich hiſtoriſche Beziehungen an fie
mreihen laſſen, und nermen fie die galatif-pontifhe Hoch-
ebene. Doch if zu bemerken, daß der Name Bozul Deph, vom
Answorth früherhin 17) nur einem ifolirten Granitberg im R.D.
von Kirſchehr gegeben, durch bie ruſſiſche Karte auf’ einen langem
Gebirgozug don eiwa 30 und mehr Stunben Länge von S. O. nach
N. W. ausgedehnt worden iſt.
Der Delidſche Frmak, ein vechter Zufluß zum Halys, den
Alten wie den Neuen laum bekannt geworben, ſcheint bie Mitte
diefer galatifden Hochebene von SD. nach R.W. in ihrer
ganzen Ausdehnung zu burchziehen, bis dahin, wo fie am deſſen
Einmündung zum untern Halyslaufe ihr nordweſtliches Ende ervei⸗
chen mag, während fie in S. O. durch die Gebirgslette bes Al Dagh
in der alten Sargarauſene von ver Siwas - Ebene oder dem eappa-⸗
doeiſch · pontiſchen Plateau des obern Halys geſchieden bleibt. Sie
weicht alſo wie dieſe ebenfalls vom normalen Charalter der früher
genannten völlig horizorftalen, arhloniſchen Konio-Ebene ab, und Küste
auch mit dem Namen bes hochgelegenen Baflins des Delidſche
#7) W. Ainsworth, Journ. etc. in Jouraal of the Roy. Geogt. Soc. of Lond.
vol. X. 9.3. p. 287.
Centrale Hochebenen. bo
Irmal belegt werben. Sie zieht weit nbrdlicher, aber doch in ganz
paralleler Richtung mit dem Konia-Blateny von S. O. gegen RB,
dach wicht in gleichweiter weſtlicher Ausdehnung fort, da bie Inf
Ufergebirge des mittleren Halyslaufes unter 40°N. Br. fie wen
dem weftlichern Gebirgslande Galatia's abſchneidet, beffen Mitte
die berähmse Umgebung von Engürich (Amgora, Ancyra) ein»
unmmt. Anch if fie weniger eine gleichmäßig flache, als vielmcht
fühen vielfach weilige, von mannigfachen Rüden burcchzogene Hodebene,
aber in ber ganzen Mnsbehmung ihrer Mitte doch nirgends
iſolirte Berggtuppen erhalten hat. Es fehlt amd ihrem noch
erforſchten Immern des alten galatifehen Länvergebiets jede
bedentende allgemeiner hervortretende belaunte antife oder moberne
Oanpiſtadt; deſto mertwürbiger finb au ihrem auffeigenden Horb»
IH
geßsäten Ipfommeiriichen Beobachtungen ergiebt ſich vie mittlere
Erhebung dieſes BozulrPlateaus; fie beträgt an deſſen Sie-
spuue cu 00, in der Mit un 2600 unD um Roter m
weniger Fuß üb. M. Es findet alfo auch hier wie in dem
perden Exaeniens eine allgemeine allmählige Sentung der -
maifigen Empsrihwellungen bed Ganzen von Oſt gegen W. und
NE, Reit, doch mit bem Umerſchiede, daß hier bie in ih ger -
ſoleſenen flachen Binzenfeen, die jenes große Konia-Blatean fo ſche
derelterifizen, gänzlid, fehlen, weil bie mehr wellige und Hägelige
emlatiiche Hochebene ihre Wafleransladmgen zu dem fie umlrelfen-
dem Tiefthale des Halys geftattete, der fie insgefammt zu bem
näheren yantifchen und paphlageniſchen Stufenlande nach dem Ner«
ben hinabführen konute. Doch and fon ber iheaoniſche Platean ·
iR aur im feiner füböftlichen größeren Hälfte eine volllommene
Hesiyenialebene wit laum fihtbaren Sentungen, in welcher etwa
bier und da vorkommende Steppenfläfie ohne Ablauf mad außen _
un m —— und Binpenfeen verlieren, ihr nord⸗
welicher Ran iſt jedoch auch ſchon weit ungleichet mit Berghöhen
bejeht und von Thalbildungen durchfurcht, jo daß auch dort bie
abesen Queilfluſſe des Salaria (Sangerius), vie ihm doch noch au ·
wehören, ihren Ablauf in ähnlichen Winbungen wie vie bes Halys
om Norden ihren Ablauf zum Pontus fuchen konnten.
0 Slein-Ufen. 86.1.
Erläuterung &
Die Geſammtgliederung ber Hafbinfel Asia Minor in ihren
Weftende, im Parallelismus ber Kettenzüge und Tiefthäler.
Hier find wir an ven Weflgrenzen ber mafjenhaften Empor
ſchwellungen des centralen Körpers des Halbinfellandes angelangt,
von wo an bie biöherige vorherrſcheude Natur ver Platenngeftaktung
der Oberfläche des Bodens mehr umd mehr verſchwindet mb bie
dritte Hauptform, nämlid bie Gefammtglieberung des
ganzen Weftendes von Asia Minor, in ber bem emropäifeien
Typus mehr analogen und bafelbft vorherrſchenden Naturform der
Edoberflaͤche in voller Entſchiedenheit herbortritt. Wenn bie beiden
erfien Hauptformen fo haraftetiftifh in den Küftentetten des Tau⸗
rus⸗ und pontifchen Küftenfyftems fich zeigen, deren nördliche und
+ fübfiche -Bergzüge durch bie zwifchengelagerte Emporfckwellsng der
centralen Platenuebene weit auseinander gehalten werben, ſo wechſelt
dieſe dritte weſtlichſte Hauptform ihre Oberfläcengeftaltung vollig
dadurch, daß bie bisher vorherrſchende Plateaubildung nicht nur ganz
weichen mußte, ſondern Daß bie bisherige nur theilweiſe Gliederung
ſich in demſelben Parallelismus von O. nad W. durch bie
ganze Breite des Halbinſellandes bis zu deſſen Weſtende
am Meeresgeftabe fortfegt. Nur anf ven Uebergängen von eimer
zur andern Form, von ver maffenhaften zur mehr und mehr
gegliederten, zeigen fih hier und da Störungen und Abweichnm ⸗
gen von biefem weiterhin vorherrfhenben Naturgefeg, dem dort bie
gleiglaufennen Längenaren aller Kettenzüge in ihrer
Erſtarrungsperiode unterworfen waren. Nur in der Abſchwäͤchumng
der enormen von Often her wirlenden plutoniſchen Erhebumgsgewali
des ganzen Taurusſyſtems an deſſen Weftenbe, bie nicht mehr bie
Erdrinde maffig anzufchwellen vermochte, kann das gefammte Ab»
finten derſelben in biefem vorderſten Theile von Asia Minor gefucht
werben, wodurch es ben oceaniſchen Waſſern des Mittelmeeres durch
das nach Norden in die Einſenkung eindringende ägäiſche Meer
und ven Bosporen möglich wurde, bie aſiatiſche vor ber eurvpäi⸗
ſchen Bodenbildung abzuſcheiden, was bei einer gleichmaͤßig fort
ſchreitenden maſſenhaften Emporſchwellung, ohne Rupturen gegen
Weiten, nicht hätte ſtattfinden körnen. In dem europäiſchen
Weſten trat bie compacte Maſſener hebung und Anſchwellung
breiter Stveden der Erdrinde, oder die Plateaubildung faſt gan
Gefammtglieverung feines Weſtendes. 41
zahl; es Younte me die gegliederte Emporhebung in den
gfenberten, mehr. dutch Tiefebenen auseinandergerüdten Erdſpalten
tur) Xettenzäge in ben boppelfeitigen mehr feeiftehenben Haͤums·
Barpathen, helvetifchen Alpenſyftemen weiter faft dis zum außerſten
Behen fortſchreiten (f. Erb: Th. I. S. 35 u. f.). Der Anfang zu
dieſer veränderten Conſtruction wurde ſchon am Weſtende Klein⸗
aſens in Grund gelegt; derm die ganze Breite deſſelben blieb hier
Men gegen vie Öftlihere Emporſchwellung im niedern Nivean
den mehreren 1000 Fuß zurüd, und nur aus ben Klüften ihrer von
D. mh W. aufbrechenden Spalten ‚ver Erdrinde konnte bie Feuereſſe
der Tiefe ihre geſchmolzenen Gefteine als Iange, aber nur ſchmale
— in ihren hunderterlei Formen hervordrängen, die aber nach
iſen Feſtwerden, wenn ſchon mit zahlloſen Unterbrechumgen und
Feiſchen ſchiebungen nachfolgender Kräfte, insgeſammt in der Haupt⸗
richtaug der ‚unter ſich vorherrſcheud parallelen Längen:
aren bis zum Meere, das Ganze in ein labyrinthiſches Gebiet ber
mmuihfachften Gebirgs· und Thallandſchaften umwandeln Tomnten.
As Zengmiß ſolcher genetiſchen Entwiclung ſprechen nicht nur
die ietheſaunnt unter ſich mehr ober weniger gleichlaufenden
ngenaren dortiger Hauptletten, wie bie des Cabmns-, des
Reffogis-, des Tmolus-, des Dlympns-Syftems und an-
dan mit ihren weſtlichen Borgebisgefpigen und vorgelagerten Anfehe,
festen auch vie zwiſchen ihnen unter ſich eben fo parallelen
langen Tiefthäler und Thalfohlen ver großen Hauptſtröme,
we ver Fluß von Mylaſa, der Mäander, der Cayſter, ber
Hermus, der Eaicus und andere, mit ben ihnen an ihren Diän-
tungen entſprechenden von Weſt gegen Oft tief einſchneivenden
Neerecbachten. Und wo biefe Richtung nicht entſchieden ſich aus.
Meicht, wie in ben Thalſpalten des oſtlichern Sangarius, wie
Gen fo im fünkichen Chymbrus, Rhyndaens, Maceſtus,
32 Graniens, übt ſchon der Uebergang zu der vom Cen ⸗
trelboden beginnenden Gliederung des weſtlichen Berglanvgebietes
ine gegen Nord und Nordweſt divergirende Richtung ihren
uflaf in ven Durqhbruchthaͤlern ver bis dahin noch fortfehreiten-
den Serfenkombbilsimg bes Norbianrnöfuftems aus. Und eben fo
wiederholt ſich dieſe ans gleichen Gründen bevingte Diwergenz der Thal»
Welten in ven Ceſtrus⸗, XRanthus- und Calbis- over Indus»
Strömen gegen ©. und S. W. durch bie Mitte ver noch höher ge-
hobenen. Ketten des Südtanruszuges. Die einzige Ausnahme von
dieſem nermalen Weſtſtreichen ver Parallelleten in Borberäflen, bemerlt
—W . Klein: Aſn $ 1.
ſchen W. H. Samilten, 19) marke die mehr ofwärtn Ianbeiuliegenbe
Kette des Murad Da gh (Dindymen), der gegen SD, über Wis
Kara hiſſar (Byaneda) mit der Seite bes Sultan Dagh (Pare-
roos) gleichmäßig, aber auch alt große Wafferfipeipelinie 2
gen N. W. bis zum Ida im Troas fortfege. Durch feine mehr
vorferrfgende diagonale Richtung von SD, en RB.
ſcheidet ex vie Wafferzüge der lycaoniſchen Hochebene von den
Quellen des Männder, uud deſſen parallele Nebenflüffe von Dee
nörbligern des Thymbres, Rhhndaeus und bes peopemtiicdhen
MaceRus; daher ift diefe Iocale Berſchiebung eines Normale
verhaltens auch als geographifge Oftgrenze in der Geſaumm⸗
conſtruction ber bon um am gegen Weſt anbere gerichteten Berge
. düge aub der fie begleitenden Stromthaler wen nicht zu verlamenber
Bedeutung. Sie ift, gleich der Bieguug des Anti-Taurus in DR
aßen, anf bem Uebergang des Bodigebirges zur Sediebase cine
Divergenz vom Normalpuge des Parallelisuns gegen S. W. fe
bier im Weftaflen auf dem Uehergaug compacter Hochebenen um -
Olieverumg von bem voͤrherrſchenden Oſtweſt ⸗Parallelismus
eine Divergenz gegen Nor Wei. Doch iſt dieſe divergirende Ride
tung wicht die einzige Analogie beider fo verichienener Gebirgäfiellsue
gem zu den ihmen zugehörigen Sufiemen. Die Duellen aller ge
nannten, dieſen Wehen Afiens nach den verſchiedenſten Kiuhtungen
durchurcheuden Stromgebiete haben das Gemeinſame, deß fie faß
insgefammt dem — von ber noch compacten Cumor⸗
ſaweluug zu dem gegliederien Terrain eutfpringen und in ihren
Dwellengebieten viel näher beifammen Imgen, als in den fo vielfach
ensermanberlaufenben Thalſenluugen ihrer Mindemgen.
Zuwiſchen dem Meridian 4B und 49° O. 2. v. Ferro, alfo zuie
ſchen dem Mecibien, welder bei Eotiſcheher (Dorylscum) —
Afinm Kara hifjar (Syanada) dem Weſtende der Plateaubilduug
entſpricht, unb bem, welcher bem thraciichen Bosperas naherbeft,
liegt jene etwa 15 bi6 20 Meilen breite Ue bar gengsz oue, vem
deren Weſſeite bie karzen Stufenlänber der Weftthäler des vordern
Asia Minor ihren Anfang nehmen. Auf dieſer Strede der noch theaul⸗
weiſen Hochebenen fangen erſt die tiefer gelegenen Thallandſchaften
an
a heworputeeien.
‚Hier befinden wir und im morbfüblicen Landſtriche zwiſchen
®) Will. J. Hamilton, Researches in Asia Minor, Pontus and Arwenis.
Vol. & Laad. 1842. p. 104.
Die Uebergangszone, das Brandland. 4“
EiMfächer (Dovyiaoum), Kjutahja (Cotyaeum), Afium Korea
hiffer (Syamada), Dimeir (Apamen Cibotus zub Csiaemse),
wider auf ber öffichen Grenge des alien Pürppiens umb Sybimes
an dab Incaonifche and galatifche Suchlanb ſich ausbreitet un im
Raten nen bem alten Milfguicn, im Geben von Pıfibine unb Eur
im Degsengt wirb, wehdhe Inpteren beiberfeitigen Gebiete med) ber.
weiiden Rüfientette angehören, währen ver genannte wÄrblishene
Newikge Sanvestheil mit dem fürlih anliegenden Lydien mm bad
beliadiſche Gebirgoland mit ven Parallellelten u tichen Stroa⸗
here init.
Eule e8 DIoß zufllig fein, def chen auf Diem Gichicte Der
Ichergangszome zweier fo verjchi Dauptoberflachen ·
Hieengen der Trvrinde, melde ver game Waſſer ſche ideknoten
te Rurad und Sultan Dagh fo mekwärdig begeichuet, bei
den da dom der menffigen Höhe zu ber mehr imbiwinmalifichen Cine
Dill des Tieffanbes die Katakekaumene bes Strabo (XII.
M das heit bie große verbrannite Region, bad Braud⸗
land, vorliegt, weiches bie jängfen Erispitenen pnuleanifcher mächtig
udikaher Sebungsgemalten fo amgemfheilidh bis heute nach⸗
weh
Die Katatelanmene nah Girabo,; anf vom Gremfige
xr Wangier, Lydier mb Carier im ver Santiheft Deäcin, üffch
un Genies, ver altem Mäwigtncfben, bed Gröfme, am sberm Laufe
"8 hernus gelogen, ift cr feit 1836 von W. Hamilton mu
Ötridlemd gemamer mwferidt 2%) und mit ihre brei ausgezeichneten
Üukanbergen, Kenteru web Lavafläfien gemeflen (Kaplan Alan
28. 19 Fuß Mb. M., der Bakan bei Meunch, der cin
Bene, ia der Doitte uud ber Rarademit- Bırlcam bei Kala
BAR), Sie iſt als die jüngfte der thatigen Bulanbisungen
h och gebt ihre Wictſamleit auch fihen ie
sehe Zeilen ——
i belannt, obgieidh er, fie {ehr rühtig
ii
—
dhiladelphi a — jet Alaſchehr)
fie Nauern damals noch biters durch Erdbeben zerſpreugt wurden.
dqhche vird von ihm ben Upemea (Oelaenae) an ben Dueten des
”) W. Bamilton-Strickland, Geological Map of the Catacecaumene, in Mem.
8 Ihe Geology of the Western Part of Asia Minor. 4. 1840. Geol.
Tr. IV. Sec. Ser. Hamiltep, Ban Kl
2 Kematen. .1.
Mauder geſagt (Strabo XII. 579), wie von audern Orten. Auch
bie moderne Stadt Kula iſt dort auf demſelben läugſt erfunden,
noch ſchwarzen, vegetationsloſen Lavabo den erbaut, während an
vielen andern Localitaͤten Vorderaſiens ber noch in viel uranfäng ·
lichern Zeiten emporgeſtoßene vulcaniſche ober plutoniſche Boden Zeit
zur Berwitterung gehabt, fo daß ſeine fruchtbare Oberfläche von
reicher Begetation überwuchert werden konnte. Nur auf. biefe
mäoniſche Landſchaft, aus der noch einige 80 ähnliche, mem
ſchon minder hohe Bulcankegel eben fo ſchwarz wie jene (daher ber
moderne Name Karadewit bei Türken, „das Dintenfaß“)
aus dem grauſigen vavagellippe emporragen, iſt bei Strabo bie
fo eigenthümliche Beuennung jenes „Brandlaudes“ beſchränkt.
Sie nimmt jedoch bͤſtlich von Sardes einige Tagereifen von Weit
nach DR ein und bededt eine bedeutende Strede auch von Sfib
—* ein diſſtres mit Schlaclenboden übergogenes Landergebiet,
ver belannten Auvergne (mo Clermont) in Mittelfrankreich oder
dem weniger befannten Llippenlande in Hauran, der Ledfſcha(ſ. Ent.
U. XV. 2. 1861 ©. 869 u. a.), wohl zu vergleichen.
Aber an vielen anderen Stellen des geglieverten weftfichen Srdb-
infellandes treten analoge, ebenfalls plutonifche, nur aus älteren
Bildungsperioben flammende und aus verſchiedenartigen Ge-
ſteinen beftehenve Erdformen hervor, bie eine viel weitere Ber»
breitung einft berartiger, wenn fon umterbrochener, heben der
und nur local wirkſamer Gewalten aus der Tiefe bis an die Ober-
füäie Sr) das ganze vorbere Halbinfeilenb begengen. Theils wegen
ihres weit höheren Alters als jene Lavenzüge, theils wegen ber vers
fehinbenartigen Bermitterumgsfähigfeit ihrer Geſieine konnten ſie fich
meift in fruchtbare Erddecke umwandeln und mit reichen Begetattonen
uüberkleidet culturbar werben, fo daß fe nur geographiſch unterſcheid ·
bar blieben und ſehr verſchiedenartige Oberflächen zeigen. Es find
baſaltiſche, trahytartige, trappartige mb Vorphyr⸗
Gefteine, bie fo verſchieden von ver Kalkfteinkette fid zeigen,
bie meift aus ferunbärem Apenminkaltftein (la Scaglia) beftehen,
ver, wie Forbes ?U) bemerkte, überhaupt die große Kranz⸗
umgebung bes Mittelmeerbedens bifvet. Diefe Kalkftein-
Yetten find e8, welche auch ben ganzen Taurus vorherrſchend charak-
terifiven, welche aber jenen anderen Gefteinen zur Seite in Gruppen
oder am Fuße als ihre wehhrſcheinlichen einft plutoniſchen Hebel und
2°) Spratt u, Forbes, Travels in Lycia, Vol. II. p. 166.
D
Die meiamorphen Marmore. L }
" Imgpfalter ſich zeigen. Den bei ihren Gxiamelpmgtprereiien vor-
herigenden Hirgraden uud Alles in ihrer Nachbarſchaft durchgia
oden Eisfläffen, zumal auf den Lalkſtein und bie Sreivefonmatien
de Taurnskette, wie anf bie Blimmerfchiefer und anbere Veſtaud
fee des Meflogis, Tmolus und anderer Gebirgezüge konnte men
WRetamorphofen in die vielerlei enleren eryſtallinifchen Mar⸗
worarten zufihreiben, die in Symnoda's berühmtefter Barmer
frühen 21) hervortreten, aber von da am and fünmellwärts bis zum
Guyes-Gap und weiterhin durch das ganze WeflnAsia Minor forte
Ihreiten, ja hinüber bis zu den pariſchen und anderen Marmor
ter griechiſchen Inſeln und des Rüftenmeeres fich ausgebreitet haben
mb ben überfehwenglich reichen Schumd zu Tempel und Down
uaten aller Art auf dieſem Boden darboten. Die völlig unge
Wihteten Maflen der Synnada-Marmorberge fand W. Ha-
nilton 2) eutſchieden vingfum von Trachytbergen eingefchloflen,
vocn Heidung und Durchgluhamg fle ihren ccafallisifd) amgeaͤnder ·
zu Charalter in edlere Marmore der ſchoͤuften Arten verdauken.
Fingkamı waren fie von vuleauiſchen einſt glühenden Maſſen um-
widt ab kounten jo aus dem älteren, allgemein durch vie Taurus
tm verbreiteten, fecunbären, gemeinen Mipenfalfftein, wie bie® auch
ki Catara in Palin nach Hoffmanns Beobachtung ber Fall
zweien, umsgefehmsolgen.werren. Ganz gleiches Hervortreten folder
wi Fenerbildung wetamorpfofirter ſchbuer cryſtaluni ſcher Dar
meorten hat W. Hamilton?) in ven jüngfien Lavaſchichten ver
Ruielelaumene, nebſt vielen andern auch aus andern Schiefergebingen
umgenaubelter Gefteine wachgewiefen, welche jeue Metamorphoſen
kmreihed documentiren. Von dem ubrdlichen Enzicns am Mar⸗
wi Meer, ſchon vom mittleren Sangarius bei Sotzüud 4) ums
Üflheher (Dorylaeum) an durch bie ganze Breite ber Helbinfel,
allang den Rhyndacus · und Maceftwsthälen, fühmärts am Miürad
— Dindnon· Berg), weſtwaͤris vorüber zu ber oberen Duelle
6 Herums und Maͤander über vie Zome der mäoniſchen Katake-
kamene weit hinaus, bis zu der jo reichlich md heiß ſprudeluden
Luce von Bambauil · Kaleſſi (Hjerapolis) am Nordfuße des Baba
deth ( Cadums- Gebirge) ſetzt dieſes ımter ben manmichfaltigfien »
") Teiier, Deseription de Vasie Mineure 1833-1837. Vol. I. fol. 1839,
9.129133 u. p. 167—150; Spratt u. Forbes, Trar. in Lycia. 1847.
Vol I. p. 184. ??) W. Hamilton, Trav. and Res, Vol. I. p. 462.
*2 chend. in Vol. U. p.136. **) Ch. Fellow, Journal in Asia Minor.
Uebrrf. bei Scaler Leipz · 1843. p. 66— 88.
“ ö Kiefer. 8. 1.
avheren Ürfdheimungen doch immer gleichartig beebachtete er ap tide
Borlom man zu mäßigen Höhen und zu tiefes Thalers fort, wie
weſtwarts bis zu ber joniſchen Küſte bei Sahrna (am Gipyint) *)
aber Erythea nach Chios hinaus nud ſüdwaͤrts bie über bie Vor ⸗
gebirge von Budrun (Halicarnassus).
Dfme in die ſchwierige Unterſuchung dieſet geognoſtiſchen Ein ⸗
xXlnheiten einzugehen, bie wir den Meiſtern vom Fach und dem Fort⸗
ſchritt der Zeit überlaſſen, iſt es uns jedoch ſchon aus dem bicherigen
Gange ver Besbactung hiareichend Kar, daß wir und ven ber be
Zene des Veberganges an auch in allgemein geogra-
phiſcher Bezichuug auf einem characteriſtiſch von ben Aftligen
zwei Driktheilen der Halbinfel wefentlich verfchienenen Born,
dem durch parallele Kettengebirge und Tiefthäler gegkie-
derten Zieflande des weftlihen Drittheils von Asia
Minor befinven, das eine vemgemäß genz deränberte Laud ·
weten Gebiete gehbet bie Erimwerung daran, daß eben dieſer Teeil
vom Asia Minor berch bie bawerndfien und ſurchtbarſten Erbbehen
vide Zahrhamderte der ülteften Perioden. wie des Mittelallero hiu ⸗
Ruesch exfäpättert wurde, wie ud älmlihe Berrättungen buch Seiser
hiſtoriſchen Auualen anderer Erbräume der alten Welt in dem Maße
668 ia bie fpätere hiſtoriſche Zeit überliefert find. Die fortiegeeitenbe
Pbztonifch hebende Gewalt ſcheiat haher,-wemn ſchen in ehr abge:
ſqwãchaer Gefalt, doch imuter mod, im furchabaren, wenn aid zur
temporären Eatafttephen (wie neuerlich in be Erbbeben der Oltm -
pusfette 1865, in Bruffe) durch bie Naturverkättniffe bedingt,
gleichartig wie vor Yahrtamfenben fortzuwirlen. Die Ummand lan⸗
gen Alteser Formationen durch Feuerbildungen in oft edlere jüngere
Gebirgoarten, die Zerrättungen, VBerwerfungen, Kräm-
mungen ganger Gebirgelager, wie der Tauruskette in Lyecien m. a. O.,
die verſchiedenartigen Hebungen von Geſtadelinien der ganzen Weſt ·
tüfte, die eiczelnen Niveauneränderungen ber Flüſſe, der See⸗
haſen, ver Thalſenkungen, die verſchwindenden Gemäfler in ven
non und Katabothren, bie vielen heißen Quellen
mw ihre Tnffbildungen, bie zehlloſen Bergſürze und Berg-
u) Birickland, on the Geber of the Neighbourhoed of Smyma, in
“ W. Hamilton, Trav. a. a.
Das pifdiſh - hauccw · Hochchal. AN
ſuupe mn ihee Accunuletion von regelloſen Trunnuern ma Con ·
oleweraten, endlich die gewaltigen Auseiuanderſorengungen und Zer ·
trimmerungen zehlloſer mewichlicher Architecturen aus ben hiſtoriſchen
Zeiten der letzien Sahrtauſende find nur begleitende Phnomene,
die bier auf jene Normalverhäftwiffe zwrüchneifen.
Erläuterung d.
Die piſidifch⸗ iſautiſchen alpinen Hochthäler der brei großen
Alpenſeen.
Wenn wir hier bei dem Racblick auf nufere Sefammmtbetrag-
tung. ber drei vorherrſchend großen Sauptmaffen plaftifcher Geftal-
tungen wor Asia Minor ımc vorübergehend daran erinnern, welchen
wichtigen Einfluß auch die geoguoftifchen Berhäftniffe dirrch ihre Ge-
Biungbbeßenbiheite
Aanvfdpaften ud der großen Exdbebenregiom fattfam hervorgeht, fo
Kleikt an zur Ertensteiß des ganyen confiructiven Zufammen«
Janges iefer peninfularen geogeaphifihen Verbaltniſſe, wenn auch
werbäufig, doch noch eine mertwardige Localität Übrig, die zwar, nırc
——— ——— jenen großen Maſſen nur
mie. zueifchengeichoben: exjcheint, aber doch ihees abweichenden Form
au ehem jener —— Bwifenftelleng wegen einer befon-
deren Berüclfigtigung bedan
Bar begreifen fie per der gemeinfamen fie djarafterifirenden
Benennung des pifidiſch⸗ iſanriſchen Hochthales ber drei
sroßen Alpenfeen, welches in geringer Breite wie eine von S. O.
much RB. Innggevehute Gebirgöftuft zifdten ber Ipeaomifchen Heike
dee ia RD. und ber Steilwaud ver ſüdlichen Tauruskette in S. W.
ngsengt erſcheiat. Es iſt durch die brei in gleicher Normallinie
von SD. nad RB. ſich aneinamer reihenden hocliegenden -
Gerthäler audgrzeichuet, ‘tie alle drei von ben hohen Alpengebirgs ·
Wmwfehaften der. jaß wuäberfeiglicen Taurusfetten an ihrer Sur⸗
wehfeite überragt werben umb nur gegen bie Oftfeite im ſchmale
dlechufer ausgehen Bon Güven nach Norden if es zunächft ber
Soghla-Gjädl (Trogitis Lacus) von Ifaurien, der Kerekü ober
Be te
Bei⸗Schehr-Gibl (Caralitis Locus) und ber Egerbir- Gibt
(Pusgusa ? ber fpäteren Zeit) in Bifidien, welcher aber, von bem
Alten wicht erwähnt zu fein ſcheint, obwol er heutzutag ver größte
ver drei ift und an 10 Quadratmeilen Oberfläde zeigt. Im ber
felben Richtung gegen N.W. ſenlen fih ihre fühen Waffer-
fpiegel von SD. nad N.W. in etwas geringeren Höhen hinab,
und entſprechen dabtırd ver Gefammtfenkung der ganzen ana-
toliſchen Halbinfel nach derfelben Richtung. Die zum Theil große
Tiefe ihrer füßen Gewäſſer, ganz verſchieden von ven meift falzigen
feichten Flachſeen des hohen Plateaulandes, verdanfen fie unftreitig
den plöglichen Einftürzen der mehrere 1000 Fuß hohen, fie zur Seite
begleitenden Gebirgäletten, zwiſchen benen fie eingellenunt liegen; es
find das der bis 5000 Fuß hohe Sultan Dagh (Paroreos) im Nerd
und die noch weit wilvern ımb höhern 8000 bis 10,000 Fuß hohen
Gebirgswände der Süb- Taurusletten in S. W. gegen Eilicien uud
Bamphylien. Solche Einftürze ſeven fich aud weiter aus ihrer Eng
Huft gegen S. W. dur die Mitte ver grottenreihen Kalt«
ſteinzüge der Taurusketten fort, die durch ihre Ratabothren
gleich den fubterranen Klüften ver griechiſchen Kaltfteingebirge at
gezeichnet find... Durch fie erhalten auch dieſe Alpenfeen uud viele
der dortigen Gebirgeflüfle, vie zu ben verſchwindenden gehören, ihre
unterirdifhen Abläufe zum cypriſchen Meere, Biele ber bortigen
Küftenflüfle, vie plötzlich aus Grotten und Schluchten am Gh
gehänge der Tauruswande ſchon raufchenb und vollufrig hervortreten,
werben vom Bolfe, und nicht unwahrſcheinlich, für deren vom Hoch⸗
gebirg unter ven Felſen verſchwundene Waflerläufe gehalten; auch
in ven faligen Waſſern des Küftenmeeres treten fie zuweilen erſt
bier und da als füße Quellen aus dem Meeresboden hervor.
Da bie unterirdiſchen Mbzugscanäle manchen Beränberungen,
Berftopfungen, Wechſeln unterworfen fein mögen, fo erlitt fi
daraus ber Vollsſinn bortiger Anwohner das abnorme und felhft
mitunter ganz regelmäßig abwechfelnde Ab- und Zumehmen ver Piveas
jener Seejpiegel, die bald fehr hoch bie öſtlichen Uferebenen über-
fliegen und dann wol, wie ver Trögitis, felbft eimen Ablauf ge
gen Oft zu den Binnenwaflern des Konia-Baffins gewinnen, zu
andern Zeiten aber wieber ſehr tief finken Eönnen, wie am Egerdir-
See und am Caralitis fogar vorhandene Lager vom Muſchel⸗
ſpuren biefe Differenz bis auf 300 Fuß Höhe”) darthun. Diefer
**) W. Hamilton, Research. in Asia Minor. Vol. I. p. 342—350 u. I.
p-478, 482.
Pifdiſch⸗ iſauriſhe alpine Hochthäler. 49
Se, fo geht die Sage, ſoll vor Jahrhunderten ſelbſt ein ganz
trecnes, nur von einen Fluſſe durchzogenes Thal gewefen fein,
woraus fich erffären ließe, weshalb er bei Strabo nicht eimmal ger
nannt wurbe. Er foll erft fpäter durch Verſtopfung entftanden, feit
18 Jahren aber ſchon mieber tief gefunfen fein. Der Trogitis
fol feit Menſchengedenken fogar alle drei, ober auch nach mehreren
Jahren gänzlich verſchwinden, dann 4 bis 6 Jahre gam trocken Liegen,
während weicher Zeit fein fruchtbare Boden, wie ver des Cirknitzer
Sees im den Kramer Alpen, der eben fo von Ratabothren umgeben
iſt, angebaut werben Tann und die ſchönſten Waienernten fiefert,
che ex wieder amzufchwellen pflegt. W. Hamilton traf ort einen
greifen Anwohner, der. während feiner Lebzeit dies Phänomen drei
Mal erlebt hatte; v. Tſchichat ſcheff ſah ven See?) nur völlig
ausgetrodnet liegen. v. Tſchicha tſcheffs Meffungen geben ven
Trogitis 3483, dem Coralis 3541, dem Egervir- See
2670 Fuß Meereshöhe. Der mittlere derſelben, ver 32 Stunden
Umfang bat, fließt, wenn er vollufrig ift, in den ſildlichen Trogitis,
und diefer, werm feine Katabothren durch den Taurus ein Hinderniß
derbieten, in das Konia-Baffin ab. Auch ver höchſt pittoresle Eger-
dirSee mit feinen Berginfeln fol einen Abflug gegen Süden durch
den Meinen Gödeh haben, der dann in den Zaurusflüften verihwin«
vet, deſſen Waſſer aber in Pamphylien wieder hervorbrechen 22). Es
iſt beachtungswerth, daß die breiten öſtlichſten iſauriſchen dieſer
alpinen tiefen, aber hochliegenden Seen gegen die lyeaoniſche Hoch⸗
ebene don Konia noch ganz im Gebiete ver Kalkfleinzone ver Tau⸗
möfetten und ihre dortigen Normalftriches liegen, dagegen ber nord⸗
weftlichfte dieſer Seen, der piſidiſche Egerbir, aber ſchon durch
feine mehr nordweſtlichſte Wendung aus. berfelben herauszutreten
Meint. Er ſchließt ſich daher ſchon mehr ver diagonalen Richtung .
des ihm öftlich anliegenden Sultan Dagh in der Phrygia Paroreios -
und ven Zügen ves Mürad Dagh (Dindymon) an, die wir ald
ven Grenzwall bezeichnet haben, von dem das hohe centrale Pla«
teauland fich zu dem geglieverten Tieflande auf ber plutos
niſch⸗trachytiſchen Uebergangszone hinabneigt, die vom 48°
D.% 2.5. weſtlich hinabſinkt zu ber weit verbreiteten Katafelaus
mene im meitern Sinne mit ihrer Erbbebenregion. Und wirk⸗
ih iſt der Egerbir-See biefem Meridian ſchon ganz nahe gerüdt;
37) P.de Tschichatscheff, Asie Mineure. 1. p. 316. *2) W. Hamilton, Asia
Minor. L p.481.
Ritter Eutunde XV ®
50 Llein-Afen. j & 1.
ex zeigte dicht an feinem Seeufer dem Beobachter die erſten pluto-⸗
niſchen Gebirgslager von Trachytklippen und Grünfteinen, die in
wild verworfenen Windungen bort einporgehoben wol hinreichendes
Zeugniß geben, daß feine Entſtehungsgeſchichte ſchon in die des ana-
tolifchen Weftens eingreife. R
Diefe fo eigenthümlich geformte, wol an 50 Quabr.-Meilen
weit von SD. gegen N. W. ſich ausdehnende höchſt pittoresie Ges
birgetluft mit ven Einftürgen ver Süßwafferfeen und fub-
terreftren Abläufen im Gegenfag ihrer anders geftalteten Um-
gebungen, nach unferen biöherigen freilich zumal auf biefem Gebiete
ſelbſt noch ſehr lückenhaft gebliebenen Beobachtungen, nimmt jedoch
weitwärts eine dem Tauruszuge gemäße Normalrichtung an, entlang
der ganzen Südſeite des Incaonifhen Plateaulandes. Und mit ben
beiden früher bezeichneten in fie einlenkenden Parallelen val⸗
canifher Actionslinien der argäifhen am Anti- Taurus
such Cappadocien, Cataonien, Lycaonien bis Iſaurien und der
pifivifhephrygifchen, durch die mäoniſche Katalekaumene hin-
durch, ſcheint fie Höchft wahrfcpeinlich in ver Tiefe einem zufammen-
haͤngenden großen Ganzen anzugehören, das von Haurien bis Pi-
fivien nur als füblicher Seitenbegleiter des centralen Hebungsmaffios
jeine hier nur anders eigenthümlich geftaltete Oberfläche erhielt, vie
dem ganzen minder hoch gehobenen und allmähliger ſich ſenlenden
nörblihen pontiſchen Stufenlande der Centralmaſſe ver Halbinfel
gänzlich fehlt. Die Einwirkung der bei ihrer. Entftehung noch thä-
tigen plutonifhen Gewalten ſcheint weniger Einfluß auf die im
Süven ihr vorliegende, mehr felbftändig ſchon entwidelte überwie-
gende Maſſe des Süd⸗Tauruszuges haben ausüben Fünnen, als auf
die mehr nordweſtlich fid, uinformenden Oberflädengeftaltungen des
anliegenben Tieflandes, denn vom Ser Egerdir an hört diefe Ab-
lenkung gegen ven Norbweften auf, bie Kettenzüge werden von ba
an vem allgemeinen Parallelimus von D. gegen W. wie-
ver comform, wie denn daſelbſt ſchon die Wafferfüllungen ver Nie-
derungen auch im ben langgeſtreckten Heinen Seen, vem Buldur
See?) in Weit von Baris (Isbarta), dem Adſchi-Tuz⸗Gol
(Ascanius lacus) und anderen ganz in ber Nähe ver Maͤander⸗
Quellen, auf die Einlenkung in diefes Normalverhältniß hinzumeifess
feinen. Und wirklich reicht nur bis zu ihnen an bie äußerſte
?") Defien Höhe giebt Tſchichatſchefs Karte wol zu 2770 Buß, aber der
Tert um 616 &u$ höher auf 3446 $. an; Asie Min. L p. 314.
Pißvifh-aurifge alpine Hoqthaͤler. 51
Beftgrenze, wie ſchon Hamilton bemerkt, die Natur der cen⸗
trafen Hochſeen mit ihren bittern Salzwafjern (daher der Name
Midi-Tuz-Gäl, d.h. bittrer Salzfee), die beim Buldur auch
ſchwefelhaltig find, ber ganz in Bimsſteingeſteine eingelagert zu
fein feheint 0).
Bern ſchon in der Verteilung dieſer fiehengebliebenen Waffer-
behãlter über fo weite Oberflächen gewiſſe Andeutungen über Ge-
fammtoerhäktniffe der ihmen angehörigen plaſtiſchen Geftaltungen ver
Binnenlänber ſich offenbaren, jo läßt ſich voransjegen, daß die lau⸗
fenden Gewäfler ber Stromſyſteme in ihrer geoßen Zahl, in ihren
feitjamen Berzweigumgen, Abläufen nach Gefällen und Durchbrüchen
nicht weniger Aufſchluß zur geographifchen Orientirung in ver Natur
des Ganzen wie der befonderen Räume, die fie durchziehen, var- °
bieten türften, wenn wir ihre wahre Natur und ben Gang ihrer
geſetzmaͤßigen Entwicklung ſchon zu erfennen im Stande wären. Nach
der vorlänfigen Ueberſicht der Gebirge, Plateau- und Thalbildungen
in ihrer Gefammtvertheilmg, fo unvollfommen fie aud bleiben
umfte, gehen wir daher zunächſt zur Betrachtung der Strom«-
ſyſteme über, um aus deren Naturverhältnifien felbft uns in die
Bielgeftaltigfeit ver. labyrinthiſch entfalteten Landſchaft mit größerer
Marheit hineindenlen zu können, als dies aus einer blos topogra-
phiſchen Aufzählung der an einander ober übereinanber gelagerten
Roturgegenftände möglich ift. Yahrtaufende hindurch war es eben
die Befitergreifung dieſer wichtigften Verhältniſſe des fo veich bes
gabten Landes, um welche auch unzählige Kämpfe, Völler und Di-
safien bis heute buhlten, fo daß bei ber vorherrſchend bleibenden
Barbarei ver Zeiten daraus ftatt der Erkenntniß vielmehr Berwil-
derung und Verwirrung, ja zum Theil völlige Unmiffenheit der wid.
tigfien ſolcher Berhältnifie des Halbinſellandes hervorgehen konnten.
Rur allerjüngft erſt durch treffliche, aber für den großen Raum
doch nur von wenigen Beobachtern auf dieſem Gebiete gefördert,
wird es mõglich fein, hier und da beſſer worbereitet als zuvor an
dieſe Darftellung zu gehen, in ver noch viel mehr zu wünſchen übrig
Weißt, als gegeben werben fan. Noch viel mehr muß hier die Ar⸗
mai der gegenwärtigen Erlenutniß ihren Beiſtand aus der claffi-
ſchen Periode des Vergangenheit zu Hülfe rufen, um fr bie Gegen-
wart nur verftänblich werben zu Können.
&) W. Hamilton, Besearches in Asia Minor. L p-494, 602.
" »2
53 * Kleta-Aften. 2.
8.2.
Zweites Kapitel.
Allgemeine Ueberſicht der Stromſyſteme in Klein-
\ B Aſien.
Bon dem großen Stromgebiete des Cuphratſyſtems, deſſen weft- -
liche Waflerfcheibelinie wir in Obigem von ber Quelle des Euphrat
bei Erzerum ſudweſtwärts in dem Zulauf feiner rechten Zufläffe
nachgewieſen haben, breitet ſich weſtwaͤrts das Halbinſelland Mein-
aftens mit ven ihm angehörigen eigenthümlichen Stromgebieten auf
„eine ſehr mannichfaltige Weile aus. Dene Waſſerſcheide bunhzieht
in merhoirbiger Einförmigfeit in großer Diagonale von OND.
gegen W.S.W. von 59° bis 54° O. L. v. F. das Land, und bezeichnet
zugleich die Naturgrenze des Halbinfelgebietes in gleichen
Strede, in einer Ausbehnung von 200 bis 250 geogr. Meilen
Länge. Aber vie Wafferfcheiden bezeichnen zwar überall rela-
tive Hebung über zu beiden Seiten derſelben anliegende Lanb-
ſchaften, aber keineswegs die abfoluten größten Gipfelhöhen; fie find
teineswegs conform dem Maximum ver Gebirgsketten, vie ihnen
zwar hie und da als Grenzfteine dienen Fünnen, deren Längenaren
fie aber auch ſehr oft in diagonalen Richtungen, in Bidzadthälern,
durch Querthäler, auf Quer⸗ und Nebenletten auf- und, abſteigend
überfchreiten. So aud) hier, wo bie höchſten Gebirge, wie ſildwärts
von Erzerum der Bingdl Dagh auf der Oftfeite jener Waffer-
ſcheide und des Euphrats ſelbſt Liegen, im mittleren Zuge derſelben
die hochſten Gipfelgüge ſudwärts des Chanzyr Dagh, als Anti-
taurus, ſich erft längs den Seihun- (Sarus) Thälern auf ihrer
Weitfeite erheben und eben fo nod weiter fübwärts der mächtige
Bulghar Dagh im cificifchen Taurus.
Die Waſſerſcheid elinien find jedoch nur fecunbäre, ben
« primären Erhebungen erft nachfolgende locale Entwidlungen ihrer
Oberflächen, welche mancherlei verſchiedenartigen localen Bebingungen
bei ihrem allmähligen Entftehen ımterworfen waren’), Wie dies
in den großen Hauptlineamenten ver Fall war, fo auch in allen
untergeorbneten. Die Stromgebiete größerer wie Heinerer Art, welche
durch die Wafjerfcheivelinien ihre arealen Begrenzungen erhielten, ſind
>) Erdtunde. 2ie Aufl. Th. 1. 1822. ©. 68; Sr. Hoffmann, Ueberficht
der orogtaphiſchen und geographiſchen Berhältnifie von Norbwet-
Deutjpland. Leipz. 8. 1830. Th.1. ©. 366.
Stromfyieme. j 58
alfo Teine felbftänbigen, ſondern von ber Plaftit des Ganzen ſtets
abhängige Formen. Die alle Stromgebiete durchziehenden Strom ⸗
länfe finv daher keineswegs als ihre urfprünglichen Bildner, als ihre
Begbahmer anzufehen, zu welcher einfeitigen, ober irrigen Borftellung
der fogenannten Waflerfpälung bei waflerreihern Stromfyftemen,
durch deren auftretende Gewalt man nur zu leicht verführt werben
konnte. Dan wird ihnen allerdings auch eine umbildende und aus»
bilbenbe, aber erft nachwirkende Thätigfeit an der Umgeftaltung ihrer
Stromgebiete zugeſtehen müſſen.
Nicht leicht dürfte ein anderes Land dieſe primären und fecun» _
dären Berhältnifie ver Stromſyſteme zu gleicher Anſchaulichkeit brin-
gen Tonnen als Kleinaſien, deſſen primäre Geftaltung fo übermächtig
aus feiner Gefammtconfteuction hervortritt, während bie fecımbären
Nachwirkungen der Stromlänfe durch ihre geringe Wafferfülle ſelbſt
die Ohnmacht ihrer nachfolgenden Einflüſſe gegen bie primären
Grundaulagen darthun. Unter ver noch ungezählten Menge feiner
Rrimenven Waſſer iſt Feind vom erften, zweiten ober auch kaum
vom bitten Range größerer Stromfpfteme, umb. in fo viele
verſchiedene plaftifche Formen die Oberfläche der Halbinfel zerfällt,
in eben fo viele von einander ganz verſchie dene Formen mußten
fh auch Die Stromgebiete und ihre Berzweigungen auseinander
So zerfallen fie ganz natürlich im ganz verſchiedene
Elaffen nach ihren charakteriftifchen Formen, die zwar aud) ſchon
durch die Directionen, die fie nehmen, wie gegen Nord zum PBon-
18, gegen Süd zum Mittel-, gegen Weft zum ägätfchen Meere
wer gegen die centrale Mitte hin, ſich unterſcheiden, woraus
aber teineswegs allein ſchon bie charakteriftiiche Differenz ihrer
Dalerbildung herporgeht.
1. Die fhleihenden Binnenfläffe nnd ihre Ergießun—
gen burd die Steppen bes centralen Hochlandes
in die Flachſeen und Moräfte
Binnenflüffe, Ye feinen fihtbaren Ausflug zum Meere
ſiaden, bilden zunächft den Hauptgegenſatz gegen bie zum Meere ein-
fliegetven Ströme, die man im Contraft von jenen Meerzuflüffe
uennen Tann. Jene Birnenflüffe find, ver Ausdehnung nad
iesgeſammt von’ verhäftnigmäßig kurzem Laufe, fie gehören vor⸗
Figßrecife den centralen Hochebenen an. Denn diejenigen, welche
wferhalb derſelben innerhalb einzelner Thalgebiete der Gebirgs-
uber, wie in ben ſüdweſtlichen Taurusletten etwa, vorfommen und
84 alein · Afien. 2.
in kleinere Bergfeen mänben, wie in Lyeien, Pifivien, Earien, haben
wegen ihrer Geringfügigkeit wenn ſchon manche analogen. Berhält-
niffe, doch nur eine bloß locale Bedeutung, wie fie auch in anberm
Kalffteinfetten wol vorfommen, und werben nur in topographiſcher
Beziehung auf ihre unmittelbare bef—räntte Umgebung beachtene-
werth fein.
Die zahllofen, obwol mitunter weniger beachteten Binnen-
fläffe ves centralen Hodlandes, wenn ſchon in ihrer fäxzeren
individuellen Entwidfung, nehmen doch mit ihren Sormberänberum-
gen und ihren unter ſich allervings ſehr analogen hydrographiſchen
Erſcheinungen ſehr weite Räume ver Exboberflähe ein. Sie ver
dienen in hiftorifper Beziehung als vom ber Natur bezeich-
nete ältefte Communicationslinien ver Bölfer-'und Seereszäge, ‘auf
benen in ben meift wegloſen Exbgebieten bes Halbinfellandes bie
wenigften Hemmungen entgegentraten, nad) eine befondere Aufmerk⸗
ſamteit. Größtentheils ftehen fie mit jenen Flachſeen, ober ven
vielen Moraftboden, welche jene umgeben, oder auch andere horigon-
tale Hochebenen mit ihren meiſt ſalzreichen Sumpflandſchaſten über«
ziehen, in näherer Beziehung und finden in ihnen ihr Ende ober
ihre Auflöfung. Nur von ven Randerhbhungen ver verſchie-
denen Baffins jener Gentralerhebungen laufen ober ſchleichen fie mit
wenigen Ausnahmen ab;.bei ihrem meift fehr geringen Gefälle ſtehen
fie in gewifien Jahreszeiten ganz file; alle verfümmern in ver
heißen Jahreszeit und fehr viele trodnen dann gänzlich auch wol
auf ganze Jahresreihen aus. Mit den Binnenfeen oder Sumpf-
ebenen find. fie in mannichfacher Weiſe verfchtoiftert, bilden meift erft
die ſtehenden Waſſerflächen Mleinerer und größerer Seen, bie ihren
Ausvehnungen nad ſehr großen Abwechſelungen unterworfen find
unb öfters ebenfal® ganz austrodnen, und dann meift cruftallinifche
Salztruſten auf ifrem Schlammgrunde ober an ihren Rändern zu-
‚rüdlaffen. In den minder zugänglichen Sutnpf- und Moraftbopen,
die fi mit Binfen und Schilfen überziehen, ſaugt ver Iodere, oft
ſehr weit verbreitete Boden, einem Schwamme gleich, durch Infile
trationen ober unbelaunte Vertiefungen die Waſſer ſammt ihren Zu-
flüffen alljährlich ein, wie dies mit ven mehrften Schueewaſſern zu.
mal ber argãiſchen Hochebene der Fall ift.
Der größte jener centralen Flachſeen ift ver bei ven Türken
fogenonnte Tuz ⸗Gjblu oder -Tfhöllu,‘das heißt der Sal zſee
ober die Salzwüfte (Tatta lacus), der einen Umfang vom etwa
30 Quadrat.· Meilen (aljo Gmal fo groß wie der Genfer Ser) ein
Binnenfläfle der Salzſeen. 85
memt. Seine Höhe über dem Meere beträgt 2345 Fuß Par. nad
ner Reihe von Ainsworth 3?) angeftellter barometriſcher Beob-
odkungen, ober 2615 8. P. nad v. Tſchich atſchef. Aus feinen
mr wenige hundert Fuß höhern nächſten Umgebungen (Kotſch-
hiffer im O. 2659 Fuß, Kulu Föi in N. 2677 nah Ains—
worth oder 2923 nad) v. Tſchich.; zu Avi in W. 2741 m; Aiusw.,
231 nach v. Tſchichatſch.; Sultan-Ehay in Süd 2727 n. Yinsw.,
3037 nach v. Tſchih.) erhält er mehrere kurze Zuflüfle, die aber
ur aus nahen, im Sommer vertrodnenven Sumpfungen ihm zu
fhleichen. Nur einen ziemlich bedeutenden erhält ex von Siüboft her,
ten Beias⸗Su 3), welcher einige 20 geogr. Meilen weit von einer
Gebirgswand des hier 4000 bis 5000 Fuß hohen Antitaurus, näm-⸗
did vom Weftabfalle des Ala Dagh, buch vie alte Garfauritis
iber Biränihehr (Nazianz) und At Serai-(Arcelais), gegen
RB. vorüber, dem See zur Ebene entgegen’ zieht. Da er vom
Hochgebirge waſſererfüllt, ja reißend herablommt, trodnet er zwar
nicht ans, tritt aber bei Al Serai (3652 Fuß m. Tſch.) in die
große Ebene ein, bie ſich mit ihren weitläuftigen Salzmoräften noch
tiefer hinab fenkt zum großen Salzjee. Dieſer Fluß Bejas
Sn fdeint von Plinius für einen großen Sübarm bes Halys-
Stromes gehalten worben zu fein, deſſen Quelle er weit aus dem
Säven der Halbinfel herfommen läßt (Plin. H. N. VI. 2: Halys
a radieibus Tauri per Cataoniam Cappadociamque decurrens).
Da er ihn beftimmt an Archelais, ber heutigen At Serai *),
vorüber fliefjern laht (ebemb. VI. 3: Cappadocia intus habet Claudü
Caesaris Archeelaidem, quam praeterfluit Halys), fo fieht man ſei-
wen Irrtum vor Augen, ba er deſſen unteren Lauf in’ den großen
Salzſee (Tatta) nicht fannte, ſondern deſſen Lauf hypothetiſch,
fine Direction gemäß, in bie den Alten befanntere Region nörd⸗
id bis zum Großen Halys fortfegen ließ. Diefer grobe Irrthum,
ten alle früheren Geographen ver Halbinfel begingen (mm Arrian
berichtete ihn ſchon, wenn er vom Halys fagte, daß er nicht, wie
Dder odot angebe, von Süben her, fondern vom Aufgang ver Sonne
#2) W. Ainsworth, Journ. in Journal of the Roy. Geogr. Soc. London 1841.
T.X. P.3. 9.299. ®°) W. Hamilton, on the .Geology of Part of
Asia Minor etc, Transact. of the Geol. Soc. of London. Sec. Ser. Vol. .
1840. 4. P.3. p. 587589; deflen Trav. and Res. II. p. 234—238;
P. de Tochichatschef, Asie Mineure. I. p. 320. °*) W. M. Leske, Journal
& a Tour in Asia Minor. 8. Lond. 1824. p. 75; J. A. Cramer, Asia
Minor, II. p. 112.
56 Mein-Afien. 62%
her fließe; Arriani Peripl. Ponti Euxin. Oxon. G. Min. I. p. 16),
verunftaltete auf allen Karten Kleinafiens, von D’Anville bis anf
Rennell, Leake und Cramer, als weftlicer aus dem feruflen
Süden herlommender Hauptarm des Halys, deſſen Topographie und
bieje verzerren mußte, die auh Mannert * noch zu vertheidigen
ſuchte. Erſt durch die jüngften Wanderer in Cappadocien konnte
diefer Irrthum vollftänbig berichtigt werben, wodurch bie centrale
, Topographie der Halbinfel beveutende Fortſchritte gemacht hat. Es
wäre: möglich, daß ‚ver Bejäs-Sn (b.i. das Weißwaffer), ver auch
im smteren Laufe falzig wird, als ein Feiner Salzfluß (Halys,
deſſen Namen aud ſchon Strabo vom Salze herleitet, |. Strabo
XI. 544, 561) von Plintus mit dem großen Halys ver-
wechfelt ober ibentificirt worben wäre; bie Erflärung aber, weiche
man zur Rettung der Anfiht des Plinius hypothetiſch aufge-
Melt hatte, als habe dieſer Strom von Archelais in früheren
Sahrhunderten ven großen Salzfee zwar durchfloſſen und deſſen
Nordausfluß zum Halys abgeleitet, fei aber ſpäter verſtopft wor-
den, ift von Ainsworth’%) ſchon 1839 vollftändig wiberlegt.
Der See war in biefem Yahre, im April, bei hohem Waſſer⸗
ande in feiner größten Ausdehnung; er hatte feine weiteren Um-
gebungen in Marſchen verwandelt, fo daß es ſchwer mar, bie
Grenze zwifchen dem Winterfumpfe und dem Salzrande der Sommer-
zeit, wo er ſtets fehr abgenommen und zuweilen ansgetrodnet er⸗
fcheint, genauer zu bezeichnen. Ainsworth ımreifete den ganzen
See und auch insbeſondere deſſen Nord» und Norwefl-Ende, um bie
Stelle des auch von ihm bypothetifd, angenommenen Nordaus-
flufles zum Halys zu finden. Aber in der ganzen von ihm nivellirten
Configuration der Nordumgebung des Sees fand fid feine Spur
von einem wahrſcheinlichen Ausflufle veffelben, felbft wenn fein
Spiegel auch einft noch höher geftanden haben follte als in ber
Gegenwart, da ihm Bergziige vorliegen. Es konnte alfo fein Ablauf
von ihm zum Halys beftehen. Die Iſolirung des Sees, die falſche
Annahme eines weitlih-fühlichen großen Halysarmes als Ausflug,
ober bie Eriftenz des Bejas Su als einfliegender Binnenftrom zum,
Tatta⸗See, find deninach als wichtige Thatſachen für vie Geographie
der Halbinfel ermittelt.
>) 8. Mannert, Beogr. d. Gr. u. Römer. KleinsAfien VI. 2. S. 455.
”) Mr Annan, Fi in Journey of the Geogr. Soc. of London. 4841.
Binnenfläffe ver Salzfeen. 57°
Zur Zeit ver höchften Wafferfühe, als Ainsworth 7) April
1839 ven ganzen See umreifete, hatte er eine Ränge von 9 bis
10 Meilen von ©. gegen N., und in feiner größten Breite 3'/, Meile
von W. gegen D.; er war nicht tief, fein Schlammboven war
noch mit Salzlagen bededt, welche ven hohen Grab ber Sätti⸗
gung feiner Salziwaffer anzeigten, da fie bei geringerer Saturation
von dem Waſſer aufgelöfet gewefen fein würden. Ex wird von ben
Anwohnern au Adihi-Gjöl, d. i. Bitterfee, genannt. Der
völlige Mangel aller Spur von Pflangenwuche Hört nur da auf,
wo ihm hier ımd da füße Wafler fi nähern. Ainsworth fanb
weder Fiſche, noch Molluslen und feine Muſchelbildung in ihm, ſah
auch leinen Vogel über ihn hinfliegen, hielt aber die Sage, daß der
Bogel, deſſen Flügel zufällig in ben See eintauche, wegen ſchneller
Salgincruftation nicht weiter fliegen fönne, für irrig, da er bemerkte,
daß die an berſchiedenen Stellen in befien Waffer hineingetriebenen
Büffel feinen ſolchen Salzniederſchlag auf ihrem elle mit aus dem
Waſſer herausbrachten. Will. Hamilton fand bei feinem Beſuche
beufelben See im hohen Sommer (12. Juli 1836) ®) in feiner
höchsten Erniedrigung, zum großen Theil troden, wie faft alle feine
Zufläfle ausgevoret: die Oberfläche feiner Ränder war mit einer
diden Salztrufte bebedit, welche feinen meiten Umfang während
der Regenzeit bezeichnet. Die ftarke Berbunftung hatte unftreitig zu
dem höheren Grade ver Salzigleit feiner noch übrigen Waſſer bei⸗
getragen, denn ein hineingeworfenes Stüd Holz warb fogleic mit
Salz incruſtirt, und bie Sage vom Bogelflug jchien ihm daher nicht
umwahrjceinlih. Am See jelbft fah ver Geolog fein Stein-
ſalz anſtehend, aber die rothe Sanpfteinformation, welche ven
ganzen See umgiebt und die Gips- ımb Steinfalz führende
iR, bietet das Material dazu dar. Sie bildet nicht nur die bſtlich
am Ser über Kotfch-hiffar fich erhebenden, die Ebene begren-
gaben Bergzüge, fondern breitet ſich ſehr weit gegen Nord über
das ganze mittlere ſalzreiche Ränbergebiet, das, der Halys durch-
ſſießt, aus, gegen NO. bis Jüz gat zu ben Salzminen von
Zihajantjdi und. gegen NB. bis gegen Angora (f. unten
beim Halte). .
37) Ainsworth 1. c. u. deſſen Trav. and Res. I. p. 195— 197.
®) W. Hamilton, on the Geol. of Part of Asia Minor etc. in Transact.
Geol. Soc, London. Sec. Ser. Vol. V. 1840. 4. P.3. p. 587— 589;
defl. Trav. and Res. Vol. IL p. 234238; P.de Tehihatchef, Aslo
Minenre. I. p. 320.
568686 Kllein-Aften. $. 2.
Mag in vorhifterifchen Zeiten jene weite Region ber Baffins
des centralen Hochlandes, welche durch biefe rothe Sanpftein-
formation mit Steinfalzlagen fo darakteriftiich bezeichnet iſt,
auch einft von einer weit größeren Seefläche, welche das Platenu-
land gleich einem Aralfee einnahm, überdedt geweſen fein, ehe bie
Ausladungen biefer Seeflächen durch die nörblihern Stufenland⸗
ſchaften ihre Durchbrüche fanden, wovon der große Salzfee nur
als ein ſchwacher Ueberreft auf der höchſten centralen Hochebene zu-
rüdgeblieben fein mag: fo fehlt doch gegenwärtig bort jedes andere
Vorkommen ſolcher großen ftehenben Waſſer. Denn in jenem
oberen wie im mittleren Halysplateau ber galatiſchen Hoch-
‚ebenen konnte das Stromgebiet des Kyzyl-Irmalk alle in ven
bortigen ſchon mehr der Form eines Stufenlandes genäherten cen-
tralen Emporhebungen von ihren dort wahrſcheinlich auch einft ftehen-
ven Waffern der Seeflächen befreien und fie mit feinem norbwärts
durchbrechenden Stromlaufe zum Pontus binabführen, woburd das
Stufenland entwäfjert wurde.
“ Weiter im Often aber, im cappabociichen Plateau, welches ber
hohe Argäus überragt, war dies ‚nicht auf gleiche Weife- ver Fall.
Hier ift dieſe hydrographiſche Form der Oberfläche noch auf
halbem Wege in ihrer Entladung ftehen geblieben, indem biefe
Vulean · Gruppe die Hochfläden in zwei Hälften fcheibet, deren nörb=-
Tiche mit geringern Flußläufen zum Halys abfliefen, die füb-
lichern aber theils in Moräſten ober Binnenſeen ftehende Waffen
bilven, aber.je nach den Jahreszeiten fehr vielerlei Wechſeln unter»
worfen zu fein deinen. .
Bom ſchneereichen Argäus ſtrömen feine gefhmolzenen Gee-
waſſer nad) allen Seiten in vielen kurzen, zur Frühlingszeit aber fehr
wafferreichen Bergflüffen in bie Ebene, die zumal an feiner ganzen
Süpfeite 9) Keinen Ablauf durch Bäche finden, fondern unter ven
vielen Schutttrümmern von poröfen Trachyt⸗, Lava» und Ba—
faltmaffen als ſprudelnde Quellen hervortreten, aber in Freisförmig
umfcloffenen Felsräͤndern ftehen bleiben, ober in ihnen unterirbifch
verfinfen, während fie an anderen Stellen hervortreten und über
weite Marfchflächen fi) ausbreiten. Durch diefe Gebiete iſt es ſehr
beſchwerlich hindurchzulommen, daher fie auch felten begangen find.
) W. Ainsworth 1. c. Journ. T. X. P. 3. p. 807; befien Trar. and
Res. ı p. 218— 220; W. . Hamilton, Hesearches in Asia Minor. II.
P-256 u. f.
Binnenfläffe der Schilffümpfe. 30
Auf ver Nord⸗ und Nordweſtſ eite bilden dieſelben Schnee
veſſer weitlãuftige Schilfſümpfe und Moräſte, die auch zeitweis
is Seen anſchwellen, und Sazlyk, d. i. Rohrſumpf, heißen, vie
won zahlreichen Schaaren von Waflervögeln belebt zu fein pflegen.
Ueber dieſe hydrographiſch fo eigenthümlich gebifvete Boben-
landſchaft herrſchte früher eine große Unficherheit, bie auch erft in
fängfter Zeit, zuerfi durch Eolmel Eallier (im Jahre 1830) %),
dann auch daurch Hamilton, v. Binde und Ainsworth als
Angenzengen und Beobachter verbrängt werben konnte. Nach ihnen
etfpringt an ber Norboftfeite des hohen Argäns ein Bad} bei tem
Dorfe Dagh-Razi, (fo bei Yinsworth, wohl richtiger Tamrufun),
der zwilchen dieſem hohen Vulcankegel und feinem öftlichen Bor-
fpwunge, dem niedern Ali Dagh, hindurchfließt, melcher ſich als
Kara- ſu (d. i. Schwarz-Waſſer) gegen Nord nad Kaiſarieh zu
agieht. Deſſen Waſſer wird gewöhnlich, durch Irrigation aufges
beaucht und ſein Bette liegt dann troden; erreicht er aber bei
Waſſerfülle ven Querſtrom Sarmuſakly, fo wird er mit deſſen
Baflern an ver Norbfeite ver Stadt Kaiſarieh (Caesarea) im Ab-
Raube von, etwa 3000 Schritt durch ven großen Sazlyf (Sumpf),
der dadurch feinen Abfluf gewvinnt, unter dem Namen Rara-Su zum
Thale des benachbarten Halys Hinabgeführt und durch diefen zum
Schwarzen Merre. Dieſer Sarmufally- Su entfpringt nur wenige
Meilen im N.O. des Argäus, bei dem gleihmamigen Orte Sar—
mufal, an ver Weſtwand bes dortigen Antitanrus, und fließt direct
gegen Weſt im Norden vonCäfaren vorüber zum Halys, nachdem er
vie Waſſer des Karaſu- und des Sazlyk-Sumpfes in ſich aufge
wonımen. Alle Ausgaben des Strabo (XII. 5888—589) und auch
die jünngft erſt critiſch revidirten Handſchriften *) nennen nur hier den
Melas- Fluß, dar zum Euphrat gegen Oft, alfo direct dem Sar-
uxſak Su entgegen, abfliegen ſoll nach Melitene. Aber bie genanefte
Iscale Erforſchung W. Aiusworths hat gezeigt, daß hier fein fols
der Abfluß vorhanden, daß ver Sarmufally Su, ven Ainsworth
58 zur Quelle verfolgt hat #2), nicht gegen Oft bergan (fliehen
lann, fondern ſich wirklich mit feinen Zubächen gegen Weften zum
*“) Colon. Callier, Rapport 15. Amril 1836 in Bullet. de Ia Soc. Geögr.
Paris. 2.Ser. Tem. V. p. 219; vergl. gerne tm Berghane ftnnalen, Ite
Heike 1839. Br. vun 6.200.212. 1) Strabo ed. G. Kramer,
T. Il. p. 513, Note 8; Strabon, trad. franc.' &d. Coray. Paris. T. IV.
4 Sec. P. p.14. „") W. Ainsworth I. c. T.&. p. 308; Tray. and
60 Alein · Aſien. 8. 2.
Halys entladet. Alſo war Strabo hier offenbar im Irrthum, in
dem ex ben Fluß, den heutigen Tulma-Su (fein Melas), ver von
der Oftfeite des Antitaurus nach Melitene abläuft, mit dem weſt ·
ablaufenden Sarmuſak- Strom zum Halye verwechſelte, der beutzu-
tage an feiner unteren Ausmündung auch Kara⸗Su, d. i, Schwarze
Waſſer Heißt, wie jener Melas, d. i. Schwarzfluß. Dadurch wurde
durch die mittelalterliche Geographie 5i in bie meuefle Zeit ein
Mißverſtaͤndniß über jene Flußlaufe erzeugt (ſ. oben ©. 9), das
trotz der trefflichen Kenntniß feiner Heimath doch mol. Strabo's
Irrthum jelbft, durch Verwechslung beider Schwarzwaſſer -Flüffe
zugeſchrieben werben muß.
. Bon der Sumpfgegend biefes cappabocifchen Melas, dem jetzi⸗
gen Sazlyt, hatte ſich nach Strabo die Sage erhalten, daß ein cap⸗
padociſcher König Ariarathes (wahrſcheinlich der Gte dieſes Na⸗
mens nach Werusdorff) %) durch einer Damm ein großes fichen-
des Waffer aufgeftauet, das in Folge feines Durchbruchs viele Ver⸗
beerungen in ven Ländereien der galatiſchen Cbene bes Halys
verurfacht habe, weshalb derſelbe von den Galatern bei ven Römern
verklagt und zu einer Strafe verurtheilt wurde (Btrabo XII. a. a. D.).
Callier ) Hatte zuerſt am ber Richtigleit der Straboniſchen An-
gabe gegweifelt, Terier %) hatte nach Cälliers bortigem Befuche
den großen Sazlyk, over Sumpf bes Karafu faft troden gefunden,
„aber einen Canal von Menſchenhand vafelbft bemerkt, ven er für
fpäteres Wert als bie Berftopfung durch Ariarathes erkennen mußte.
Er glaubte die Anſicht Strabo's noch rechtfertigen zu Fönnen, indem
er annahın, daß die hier fo häyfigen Erdbeben des Landes durch ihre
oft furchtbaren Erſchütterungen große Beränberungen des Bodens
und Wechſel der Slufläufe nach Strabo's Zeit Hätten bewirlen kön⸗
nen; eine bloße Hypotheſe: denn zu Teriers Zeit war noch weder Die
Duelle des Sarmufally, noch die des Tuchmaſu befannt, Erſt Ains-
worth und v. Binde %) haben das Verbienft, bie Quellen beider
Fluſſe aufgefunden, und dadurch die frühere Streitfenge als Augen-
zeugen und ben Irrthum Strabo’s, wie die Behauptungen fpäterer
Autoren völlig ins Klare gefegt zu haben.
+3) G. Wernsdorfl, de Republica Galatarum. Norimbergae. 4. 1743. p. 156.
**) Callier, Bulletin de la Soc. Geogr. Paris. 2. Ser. 1841. T.XV. p.39—41.
**) Ch. Texier, Descript. de l'Asie Mineure. T. II. p. 64 - 80.
.) 5 And, arasr. Notizen über Kleinafien, in H. Kleperts Memoir.
48 uf. J
‚ Binmenfläffe der Schilffümpfe. 61
Die Norbhäffte des 3 Kegint Pistsans wird alfo nach außen
gan Üirere entwäflert; bei der. Günhälfte if dies aber nicht ver
Gel, wo die zahlreichen kurzen temporären: Flüfſe, die theild vom .
ſchueereichen Ala Dagh (v. i. bunter Berg) am hohen Sübrande aus
©. gegen R. wie diejenigen, die vom Argäus fühwärts abfließen, in
der weiter vorliegenden Ebene fid begegnen und hier auf einem felten
durchgehbaren Boden in den vulcaniſchen Tuffablagerungen und
yoröfen Schuttmaſſen des trachytiſchen Gefteins, wie von einem
ſchwanmnigen Boden #7) ganz, abforbirt werben, ober als Moräfte
am den Oberflächen ftehen bleiben. Aus deren Vertiefungen, vie
‚ kaltes Waſſer einzufangen pflegten, brachen zu Strabo's Zeit oft
viele Stabien weit über den Boden hin, zumal des Nachts, Feuer-
flanmen hervor, welche ihre Zugänge den Cäfarenern ſehr gefahr .
voll machten (Strabo XII. 588). Nur hier und da bfeibt dann auch
wel zeitweife, je nach der Jahreszeit, ein Heinerer over größerer See
Reben, von benen derjenige zwiſchen dem Argäudfegel am befien Süb«
weftfuße, gegen die Stabt Dewelü-Sarahiffar, ver größte und
dawernbfte zu jein ſcheint. Auf v. Tſchichatſchefs Karte ift er
Sivaſch Gjbl genammt, Auch auf des Erzbiſchofs Kyrillos
Larte des Paſchaliks von Konia, im Dahre 1812 in Wien edirt,
iR ein folcher von größerem Umfange eingetragen #). Auf anderen
‚ Karten ift er von Meinerem Umfange, ober. fehlt gänzlich, und ift
a als Sumpfregion angegeben, unftreitig weil feine Oberflächen,
| wie viele andere amalogen Reviere ver hohen Eentralebenen, nad)
den Jahreszeiten vielen hydrogrophiſchen Wechſein unterworfen find.
As W. Hamilton in der Mitte des Sommers (31. Juli) ®)
ven Dft gegen Weſt dieſe Hochebene durchzog, war diefelbe Gegend,
weile im der Winterzeit weit und breit mit Seeflähen beveift zu
ſein pflegt, zur Zeit nur noch von Moräften mit Schilfwälbern, von
vielen Schaaren ver Waſſervögel belebt, überzogen, nur an beren
Uferrande konnte er auf ben abgetrodneten Stellen feinen Weg
fadhen, wo er ven pordfen Boden aus verwittertem Granitgruß und .
Kies, wie bafaltigem und blaſigem Lavageröll beftehend fand, unter
deren Dede doch faft überall noch die ſcheinbar verfunkenen Schnees
wafler aus der Tiefe des Argäusfußes hervordrangen.
Achnliche hydrographiſche Erfcheinungen Bietet auch bie fühweft-
*) P.de Tschichatschef, Asie Mineure. 1. p. 324. **) H. Kiepert, Mem.
über die Eonftruction der Karte von einafen u. ſ. w. Berl. 1854.
6.181. *”) W. Hamilton, Res. IL p. 283.
62 Alein⸗Afien. 6. 2.
Kicjer gelegene große lyeaoniſche Hochebene bas, in threr weiten
Ausdehnung gegen Süben bis Raraman (Lerande) zum Taurus,
gegen Weiten zum Weſtrande des fie an ber Sübfeite begreuzenden
Sultan Dagh und über Bulwadyn (Polybotus) hinaus zu den
Marmorbergen von Synnada (bei Aſium Karahiſſar) zum Oftfuge
des Mürad Dagh (Dindymon). Nur gegen ven Norden wirb
ihre äußerfle gegen bie galatiſche Seite ſich ausdehnende, ſchon mehr
von Hügeln und nieveren Bergen des Emir Dagh durchzogene Hoch-
ebene, von ben oberen Duellläufen bes Heinen und großen Salaria
norbwärts zum Bontus, durch firömende Wafler entiwäflert, vie ſich
insgefammt in dem Hauptthale des großen Satarie-Spftems
(Sangarius) abwärts vereinen.
Bon Bulwadyn (Polybotus) über die Umgebungen von Ak
Schehr (Philomelium) Ilgün, (Vyriaium) bis Ladit (Laodicaen
eombuste) und von da wach Kurzer Unterbrechumg bis Konia (Ieo-
nium) folgt Immer in gleicher Richtung gegen. Süpoft eine Reihe
von geößern Flachſeen und Sumpfebenen, welde ben Südrand der
Hochebenen am Norbfuße des Sultan Dagh (Paroreus) entlang
charalteriſtiſch bezeichnen, in welchem aud alle Binnenflüffe iht Eude
finden. Diefe Binnenflüffe, bald vertnüpfende Zuläufe, bald
Abläufe der Binnenfeen, wenn ſchon insgefammt von geringer Länge
und one alle Wafferfülle, ja oft mur aus außgetrodneten Ühaflex-
betten beſtehend, bezeichnen in gleicher Normalbirectionen von S.D.
gegen N. W. die fanfte allgemeine Einfentung der Plateauebene nach
viefer Richtung. Durch fie wird eine große diagonale Natur«
linie in ber Plaſtik ver centralafiatifchen Halbinfel recht charak-
teriftifdh, bezeichnet, der auch eine hiftorifhe Zuglinie folgen
mußte, nämlich die große biagonale Karamanenfiraße vom
Bosporus nad Syrien, der alle BVölferzüge, Groberer und
Kriegsheere gefotgt ſind zu allen Zeiten, weil hier die wenigſten
Hinderniſſe in dem meiſt wegloſen Gebirgslande ver Halbinfel ſich
vorfinden, und auch das ganze Jahr hindurch das Berürfuiß nad,
Waſſer für die Laftthiere und Menſchenſchaaren beifer befriedigt
werben konnte als auf andern Wegen. Ihr Naturimpuls auf ven
Hergang ver Gefchichten entging ſchon dem Scharfblid eines Strabo
nicht (XIV. 633); ex hat feinen Einfluß ausgeübt durch alle Jahre
hunderte ver antifen wie riftlichen und mohammedaniſchen Zeiten und
ift noch heute die Hauptftraße ver frieblihen Mekkapilger
wie der Kriegs heere.
Nach anderen Richtungen his von ihr abzuweichen Bat immer
z
Seeverbindungen durch Binnenflüffe. 63
feine beſonderen Beſchwerden unb Gefahren, feien ed im Süben
Gebirgellũfte, oder im Norden waſſerloſe Wüſten. Dem Reiſenden
Hamilton %), ver in der Mitte des Sommers vom Bulwadyn
(Polybotus) aus dieſe Ronte ihres großen Umweges halber ver-
weiben wollte, um fein damaliges Ziel, ven großen Salzſee bei
Kodtſch⸗hiſſar (den Tatta lacus) auf birertem Wege gegen Of
derch bie troſtloſe Mitte der lycaoniſchen Hochebene zu erreichen,
wurde dies als ganz impracticabel wiberrathen, weil alle Wafler-
derrãthe im dieſer Richtung fehlen, fo wie die Stationen zur Hufe
schme, da bie Wüfte im diefer Jahreszeit aud von allen Menfchen
verlaſſen ſei. Mag auch der Umſtand zur damaligen Zurüchſchreckung
dem jenem directen Wege beigetragen haben, ven Ainswort h an⸗
füet 1), daß damals die Anwohner der Weſtſeite des großen Salz-
kes, die Kurden, mit venen ver Oftfeite veffelben, ven Turkor
manen, in kriegeriſcher Fehde flanben, wodurch natürlich Die Weg-
tote gefahrvoller werden mußte: fo ift fie doch auch zu feiner
anderen Zeit bequem zugänglich gewefen und ift bis auf wenige
Pancte Terra incognita geblieben. Auch von allen anderen Stationen
jemer diagonalen Straße gelang es nicht, auf einem näheren Wege
gegen Nord dahinwärts abzuweichen, bis nach großen Umwegen ges
gan SD. Konia (Iconium) erreicht war, von wo an Hamilton
auch auf einer Karamanenftraße ſich norbwärts wenden konnte,
weil von ta an das Steppengebiet nach dem großen Salzſee zuerft
wieder wafjerreicher durch Die Bergumgebimg und Durch fefte Anſiedlung
yngängficher zu werben begimt. Doc; mögen zu manden Zeiten
dieſe Streden weniger gefahrvoll zu durchwaudern geweſen fein als
pgemwärtig; wenigſtens zu Taver nier s. Zeiten fcheinen felbft
große Raramanen dieſen diagonalen Weg zurüdgelegt zu haben. Er
felbft zog im Sabre 1647 mit einer folden von Bulwadyn fer
Kreibt Bulawandi) in 10 Tagen zur Norhfeite des großen Salz
fees (Donslag}, von welchem der Paſcha in den 2 Zagereifen von
da eutfensten Couchabor (? ob Kuſchlar⸗tjöi, d. i. Bogeldorf) jähr-
lich einen Ertrag von 24,000 Thaler. ziehe; auch bemerkt er, daß
ie Sultan Lurat (wol Murad IV.) auf feinem Heerezuge nad)
Berfien zur Apkürzung des Weges einen Damm burd ben Se \
(m Jahr 1639) Hatte bauen laſſen ®).
*) W. Hamilton, Res. II, p.186. ») W. Ainswortb, Trav, and Res,
Wh ĩ p.196
®) Jean Bapt. Tavernier, Les six Voyag. en Tarquie etc, Ala Haye 1718.
TL ii. 29-101.
64 u Klein-Aflen. 8. 2.
Die centrale holzloſe Hochebene liegt daher, wie zu
Strabo's Zeit, bis heute wäfte und leer, nur von fireifenden No⸗
mabenhorben ober Raubftämmen durchzogen, eine bauernbe, natlir«
- liche und hiſtoriſche Scheivewand ber Schidſale der Bewohner des
Halbinſellandes und ihrer Begebenheiten im innern Norden und
Süden. Kein beobachtender Reiſender lernte fie näher lennen; bie
aus dem Alterthum dahin verlegten Namen ver Karten bleiben un⸗
beſtimmt. Die wenigen dort heutzutage etwa zur Winterzeit hau-
ſenden Kurden, Turkomanen u. a. ziehen fi mit ver Annäͤherung
des Sommers regelmäßig aus ber ganz waſſerlos geworbenen Steppe
zurück in das nördlicher anliegende, waſſerreichere Hügel- und Berg«
land, gegen bie oberen Zuflüffe des Sataria, Haimanch und
Angora zu, wo fie noch Wafler und Graſung für ihre Heerven
finden fönmen.
Aber aud) die diagonale Karawanenroute von Bulwadyn ; üb»
oftwärts nad, Konia ift regelmäßig nur zur Winterzeit bei Wafler-
vorräthen von großen Karawanen durchzogen, weil in ber heißen
Hälfte des Jahres ihre füßen Quellen und Binnenflüßchen auftrod-
nen, und bie ftehenben meift jalzigen Seen durch ſtarke Verdunſtung
fih im engere Grenzen zurüdziehen; Durft aber bei brennender
Trodenhige auf die Organifation fehr nachtheilig wirkt.
, Sole hydrographiſchen Verhältniſſe Haben feit Kenophons
erſter Beſchreibung 5°) diefer Zuglinien (Xenoph. Cyri Expedit. I.2)
durch bie perfifcherömifce Zeit, durch die byzantiniſche und Kreuze
fahrerperiobe bis heute auf die mohammedaniſcheꝰ*) Gegenmart, ſtets
dieſelben hemmenden Einflüfſſe ausgeübt.
Ein geringer Binnenfluß, von dem Weſtrande ver Hecheben⸗ aus
den Marmorgebirgen von Synnada gegen den Oſten herabfließend,
Atkar-Su, tritt bei Bulwadhn im den großen Horizoutalboden
ein (ver hier 2770 Fuß üb. d. M. liegt nad; v. Tſchichatſch.; 2720 3.
nad Ainsworth), und breitet ſich fogleih im Oſten der Stabt in
weitfäuftige Moräfte aus, die in der Winterzeit mehrere Heine Seen
bilden, deren größter, der Eher Gjöl, perennivend bleibend fol, aber
an Umfang ſehr wechſelt, während bie anderen wieder auszutrodnen
*s) V. Hamilton, Researches in Asia Minor. Vol. II. p. 198—205; dentſche
Ueberf. von Schomburgt, I. &.191—198 Rote. * Mehmed
Eäib,, Iineraire de Constantinople A la Mecqye trad. p. Bianchi im
Recueil de Voy. et Mem. p. la Socieie de Glog. Paris 1825, Til.
4 9 1196.
Seeverbinbungen duch Binnenflüſſe. 68
pflegen. W. Ainsworth6), ver im Herbſt (13. Nov.) hier durch-
309, bounte nur auf einem erhabenen Dammwege, den man einige
Gtumden weit durch die Moräſte aufgeführt Hatte, dieſelben am
Nordfuße des Sultan Dagh entlang umwandern, bis er mehrere
Stunden weiter oftwärts wieber trodnen Schuttboben betreten konnte.
B. Hamilton, ver in heißer Sommermitte (25. Juni), beffelben
Beges Fam, fand denſelben im Winter überflutheten Boden weithin
teoden, größtentheils wüßte, nur hier und da zwifchen fchilfigen zurüd-
gbiebenen feuchten Stellen wenige Aderfelver bebaut, ven Altar
Su mit feiner geringen Feuchte kaum noch zum fehr verengten
Meinen See, dem Eber Göl, bis zum Orte Tſchai fort
ſchleichend. Auf dieſer Ebene zeigten ſich 6°) ihm die erfien Räder-
farren zum Transport ber Salzlaften, wie er fie aud am großen
Salzſee in dortiger Ebene in Gebrauch fand, die aber dem ganzen
Übrigen gebivgigen und faft weglofen Lande ver Halbinfel, wie alles
andere Fuhrwerk, faft gänzlich fremd geblieben find, mo man nur
mit Laftthieren reifen Tann.
Die naſſe Jahreszeit bringt es hier ebenfalls mit fig, daß die
Bafler dann mehr füß, weniger gefalzen ſich zeigen als in der Zeit
der großen Verdumſtung, mo bie meiften' ber etwa noch zurüdblei -
benben Bäche, Seen, Duelle und Brummen meift ganz ungenießbar
werden. Süße Wafferquellen find überhaupt mur fparfam vertheilte
Gaben des Bodens, daher fie oft in weiten Räumen auch nur zu
änzigen permanenten Anfieblungen ımb größeren Wohnorten ſich
ägnen.
Der Heine Eber-See hat feinen äftlichen Waflerauslauf eine
Tagereiſe weiter gegen S.D. in ven Aljhehr- See, ver etwas
gößer an Umfang bleibt, aber ähnlichen Wechſeln nach ven Jahres-
riten unterworfen if. Sein Nivean kann nur um weniges von
jenem niebriger eingefenft fein, obwol es noch nicht gemefjen worben
ir fein ſcheint.
Bon der Sübe und Säboft-Seite erhält er von den Vorhöhen
des Sultan Dagh einige Gebirgäwaffer, bie ſich in ihm verlieren.
Au denſelben Bergabhängen des Sultan Dagh liegt im Süden des
Sees vie bedeutendere Karawanenſtation Akſchehr (Philos
welium ver Alten), nach ver er genannt wird. Er bat Zufluß,
ber Leinen fihtbaren Abfluß; in ver Ueberfluthungsperiobe ber
) W. Ainsworth, Trav. and Res. Lond. 1842. U. 492. sg.
“) W. Hamilton, Res. II. p. 182, 235.
Ritter Exhfunde XVUL. € .
66 Siein-Afen. 2.
Winterzeit ſcheint fein Steppenſee fih in bie noͤrdlich umd · bſtlich am
Tiegeuben Horizontalflächen zu verbreiten, bie ſich dann mit frifchen
Graſungen für bie Viehheerden überziehen, welche aber ven Sommer
hindurch wafferlofen dürren Steppen weichen. . Die Unwirthbarleit
dieſer Steppen hinderte W. Hamilton 57) Ende Juni, aud vom
bier feine directe Route zum großen Salzfee zu nehmen. Nur um
geringe und fparfame Wohnorte, welche hier und da noch füßes ober
dauerndes Waſſer behalten, kaun die Monotonie ver Steppenland-
ſchaft durch ftellenweifen Anbau und Heinere Gartenpflanzungen unter
brochen werben, bie immer nur fparfame Lebensmittel varbieten kön⸗
nen, daher bie Bevölferung hier ftets ſehr zerſtreut bleiben muß.
Ein dritter Steppenfee in verfelben Richtungslinie, eine Tage
zeife gegen S. O. in derſelben fanften Erdfurche, ift ver Il gün bei
der gleichnamigen Station, dem alten Tyriaium 3), welche ſchon
Cyrus dem Yingern während feines bort breitägigen. Aufenthaltes
dazu· diente, fein Kriegsheer zu muftern, wie Xenophon berichtet,
(Xenophon, Cyri Exp. I. c. 2, 14), ehe er auf ber großen Straße
weiter durch Cilicien zum Euphrat fortſchritt. Von ber vorigen
Hochebene ift er nur durch geringe wellige Kreivehügel getzenut, Die
aber, nad) Ainsworth, ven hydrographiſchen Zufammenhang beis
der Sen nicht hindern follen; doch ift fein Zufluß von jener Seite
von ihm gefehen worben. Schon bei Philomelium hatte Strabo
den völligen Horiz ontal boden biefer ganzen Gegend dharakteri-
ſtiſch bezeichnet (1 Aey dv nedim xeıuevn mäca, Strabo XIL 577).
Der Heine See hat zwar fteile, aber nur niebrige Klippemufer, bie
unmittelbar aus feinem Waffer emporfteigen; er ift füß und fifche
reich, ſcheint auch von feinem Sumpfboden gleich bein anderen un-
mittelbar umgeben zu fein. Im fo fern weicht er etwas von ber
Natur ber übrigen flachen Steppenſeen ab; va aber in feiner Nähe
ſehr Heiße zu Bädern benußte Quellen liegen, die in ben dortigen
Ebenen nicht felten durch ihren Kallgehalt, durch ftarke Kalktufibil-
dungen ausgezeichnet find, fo wäre hier wol feine Einengung durch fol-
Gen Tuff-Anwudhs möglih, worüber nur fernere Beobachtung
entjeiven mag. Dieſer Ilgün-See ſcheint ein eigenes Steppen-
baffin mit einem Turzen Zufluß, dem Ilgin Su von Süd, aber
ohne fichtbaren Ausfluß zu fein.
Oeſtlich von ihm wird bie ihn umgebende Horigontalebene von
#7) W. Hamilton 1. c. II. p. 186. °%) J, A-Cramer, Asia Minor
Vol.Il. p. 306.
Se everbindungen buch Binnenflüffe. 7
dem fünlichen Konia⸗Baſſin durch ein niederes Hügelland unterſchie⸗
ben, eben da, wo bie fudöſtlichen Vorhöhen bes nörblihen Cmir
Dagh mit denen ber ſüdlichern Vorhöhen des Sultan Dagh fih
zufommen ſchaaren, und dadurch ben bißherigen Zufammenhang bes
Langenthal der Seereihen gegen die etwas hügelige Umgebung von
2abif (Laodicea catacecaumene, oder combuste ber tin. und
Strabo XIV. 663) unterbredien. Ein Querthal von Süb, aus den
Borgöhen des Sultan Dagh kommend, ſenkt fid) hier in etwas län⸗
gerer Ausbehnung von einigen 20 Stunden direct gegen Nord üher
Alan nach Kululeſſa, in die Mitte der vortigen weiten Sumpfebenen
des centralen lycaoniſchen Steppenbovens in der Richtung gegen den
geoßen Salzfee hin. Dieſer Steppenfluß, ber von ver Natur ber
feäher genannten nur dadurch abweicht, daß er feine Seefläche bildet,
ehe er in die Horizonfalebene abläuft, wird bei Hamilton #) Bul-
fan over Bolafan genannt und fein Endlauf unbeftimmt gelafjen.
& fol nad) ihm ein paar Stunden fern aus Süd in ven Bergen
entjpringen, dann 6 Stunden weit in der Richtung gegen N.O. vie
Steppe durchziehen. Ainsworth überfah ihn ganz, er ſcheint aljo
an ſich in ver Wafferzeit als Fluß unbedeutend zu fein und ift nur
beachtenswerth, weil er Die Bergwafler ver Vorhöhen des Sultan Dagh
tiefer als andere nordwärts in bie fonft völlig unbekannt geblies
bene Steppe hineinführt. v. Tſchich atſchef giebt über ihn ge
nanexe Auskunft: aus 2 Armen entipringend, dem weftlichen Ailan
und einem öftlichen, Kuluke ſſa genannt, am Suleiman Tſchiftlil
vorüber, follen beibe unterhalb des ärmlichen Turkmenenlagers Allan
8012 8. P. üb. M.), alfo ſchon ganz in ver Horigontalfläche, ſich
wieder zu einem Bette vereinen, beren Wafler fi in die Mitte
ber weiteren unzugänglichen Moraſtgegenden verlieren, und wol in
joe Sonsmer, von furchtbaren Mückenſchaaren für Vieh amd Men-
ſchen umſchwärnit, mit aufteodnen und verdunſten mögen.
Im Schutze der hier etwas gegen Norboft vorſpringenden brau⸗
nen und blauen Marmor» und Thonfchiefer-Anhöhen liegt die Station
Ladik, vie ihren antifen Zunamen der „verbrannten“, wol nur
gend einem zufälligen Umſtande verdanlen mag, ber uns unbekannt
geblieben ; denn von Feuerbildungen einer Catacecaumene im geognoſti-⸗
Ken Sinne find, nah Hamiltons ©) Beobachtungen, gar Feine
#9) W. Hamilton, Researches 1.c. II. p. 189; beutfdje Ueberf. II. ©. 391
Kate. *°) W. Hamilton, Researches in Asia Minor. II. p 194.
’ €2
68 - Lein-Aften. 8. 2.
Spuren vorhanden. Er beſtieg deshalb auch bie benachbarten füb-
lichen Berghöhen, von wo aus fein Blick nordwärts die ganz offen
baliegenve, einer Meeresflaͤche gleiche centrale Hochebene ohne alle
Unterbrehung bis in die Landſchaft Haimaneh überſchauen konnte.
"Das große Iycaonifche Baffin ver Hogebene von Konia
(Iconium) macht in unfrer Weberficht ven Beſchluß viefer fo weit
außgebreiteten Form ber hohen Centralebene gegen S. O., mit den-
ſelben fo eigenthümlichen Wechſeln feiner Oberflächen durch Waffer-
Käufe, die ihm hier von zwei Seiten, von S. W. aus dem ciliciſchen
Taurus und von N.D. aus dem Antitaurus, zufliegen, um fi in
‚feinem weit norbwärts ausgebreiteten horizontalen Wüftenboben im
Sümpfe und Seen zu verlieren, ober gänzlich zu verbunften. Da
vie Berghöhen der Randumgebung beveutend und eine große Hälfte
des Jahres mit vielen Schneemaflen bededt find, jo find auch vie
Bergwaffer reichlich vorhanden, die nach dem Innern der Steilmände
abfliegen. Sobald fie aber vie horizontale Ebene erreicht haben,
fehlt ihnen beim Mangel des Gefälles die vegulirte Thalbilbung ;
die Fülle der Winterwaffer überjgüttet die Ebene und verwandelt
fie in große Seeflächen, die dann auch hier gegen bie Sommerzeit
allmählich zu Moräften austrodnen, in deren tiefften Einfenkungen
hier und da zwar Sümpfe ftehen bleiben, die in dem weichen Iode-
ven Boden ſich jedoch ebenfalls meift vertheilen durch Seitendruck
oder Infiltration, fo daß dann durch den alles verbunftenben Sonnen⸗
ſtrahl die weitere Fläche fid in faft unzugänglice dürre vegetationg«
leere Staubwäften verwandelt. Die Moräfte find mit Schwär-⸗
men ber Müden und Stechfliegen bededt, venen ſelbſt die Viehheerden
erliegen würben; bie Horben bortiger Hirtenſtämme, bie einzigen
Anwohner jener Reviere mit ihren Heerden, verlaffen dann biefe
verborrenben Flächen und ziehen ſich auf die fühlern Berghöhen in
ihre Jailas (Sommerfrifchen der Throler, Sermen ober Almen
der Helvetier) für die andere Hälfte des Jahres zurüd. Der in der
Feühlinggjeit nod mit Angern und weiten Orafungen überzogene
Erdboden ift dann ſchnell verwellt, alles ift abgeftorben, menſchen⸗
leer, oͤde, unnahbar geworden; nur bie von ven Wurzeln ſich naͤhren -
den kleinern Nagethiere, wie Steppenratten, Mäuſe, Springhaſen
oder Jerboas, beleben noch mit ihren zahlloſen Schaaren in ihren
ſchattigen Ervhöhlungen die ausgeborrte Erdrinde. Dann ſchleichen
nur hier und ba noch felten Waflerrinnen durch die Ebene: denn vie
mehrſten ihrer flachen Betten find ganz troden gelegt; nur vereingel-
ten feltenen Anfievlungen in ber völlig baumlofen und vegetationd«
Seeverbindungen durch Binnenflüffe. 69
leeren Zrauerwüfte ift noch eine Selbfterhaltung möglich. Der Reis
fende würde baun in ihr nur mit Noth und Gefahr aller Art zu
timpfen haben; meibet fie alfo auch, wo möglich, während ber
Sommerzäit; in der Winterzeit fudht er durch Ummvege zwiſchen ven
BVoflerflächen und Sumpfgegenven feine Stationen zu erreichen. Die
Richtwege find feit Sahrtaufenben durch die Natur feftgeftellt, ba
bie Kunſtarbeit ver Menſchen hier nur. jelten einmal ver Natur zu
Hulfe gekommen iſt.
Dennoch liegen auch Hier einige Culturſtellen, wo Quellen,
Bäche oder Heine Seen fie ermöglichten, over auch auffteigende vul-⸗
cauiſche Berggruppen, die wie Inſeln aus dem weiten Sanbmeer
vafengleich hervortraten, fe begünftigten, über welche dann auch bie
Korawanenftraßen ihre gangbaren Zuglinien erhalten haben.
Die beveutenbfte von dieſen bezeichnet bie Lage der Stadt
Ronia, von welder das fühdftfic fir ſich ziemlich abgegrenzte
Baffin.ver großen Iycaonifhen Hochebene ven beſonderen
Namen des Plateaus von Konia zu erhalten pflegt. Beim "
Eintritt in daſſelbe von Weften her, aus ber nieveren Berggruppe
von Ladik (Laodicea combusta) kann man fi, jagt W. Hamil-
ton), bei deſſen Ueberblick und der fanften Abrundungen feiner
geringen welligen Höhen ves Gevanfens kaum erwehren, daß biefe
„ne längere Zeit hindurch unter Wafler geftanden und einen großen
Gentralfee bilveten, aus welchem vie höheren Berggruppen, meift
vulcauiſcher Art, hier und da gegen die Gebirgsfeite hin wie Infeln
herortraten. Gegentwärtig ift ber meite Boden mit Yalfigem unb
ſandigem Schutt zugededt, mit Ioderen Mafien und Conglomerat
aller Arten von jüngeren Nieberfchlägen überzogen. Wo im Winter
3 bis 4 Fuß hohe Waflerflächen flanden, waren ihre Bodenflächen
im Frühling mit weiten Orasebenen begrünt; Anfang Juli fand
B. Hamilton fie aber ſchon alle in der Sonne verwellt, und an
ihrer Stelle ſtatt der Gewaͤſſer auf ver erhigten Staubebene forte
währenbe Tänfchungen bes durſtenden Wanderers von nur fein»
baren Waflerfpiegeln.” Die Fata Morgana (Werdſcha'nah bei
Berfern, die „Zauberin der Wüften“ ®), „Gazellenpurft”
kei Hindus, „Serab“ Wüftenwaffer ver Araber, ſ. Jeſaias 86, 7)
mit ihren gaufeinven Metamorphofen und ihren taufenbfältigen
Brechungen der Lichtſtrahlen in den unten bunfterfüllten, vor Glut⸗
en) W. Hamilton, Res. in Asia Minor. II. p.195, 212, 235 sq-
*") W. Ouseley, Tray. Lond, 4. TI, p.100, Note 41 1 270.
20 Klein-Afen. 6. 2.
iibe zitternben Luftſchichten dieſes imabſchtaren fanftwelligen Slate
bodens hatte überall ihren Thron aufgeſchlagen. Leiſe Steppen-
Winde trugen bazu bei, dieſe zauberiſchen Phautasmen weit fiber bie
welligen Höhen vor dem Wanderer von Gtrede zu Strede fortze-
wehen, fo daß vertrodnete Anger, Binfenftellen, ſchwarzer Erdboden,
bier und da gelbe Stoppelfelver und andere geringfte Erhöhungen zu
Kiefen über waſſergleichen Luftſchichten umgeftaltet wurben, oder bie
Bulcankegel, umgelehrt gebrochen zu Burgen und Caftellen gewor-
den, leicht Thiere und Menfchen, in die Irre führen. Auch bie ſonſt
wol hier und da waſſergebenden Brunnen der Wüfte find dam ganz
ausgeleert; wo ber durch Hige aufgeborftene nadte Erdboden etwa
noch mit geringer Schlammdecke ver verbunfteten Feuchte, oder mit
Fruchterde überzogen bleibt, wachſen höchſtens noch fparfame Salze
krauter, bittere holzige Abfynthien, dürre Lavendelſtengel, die auch
dem Kameel nur geringe Nahrung bieten, ober wenigen Schaafen
das Leben friften können; bie völlig fchattenlofe Fläche, durch feinen
einzigen Bufch oder Baumwuchs unterbroden, wird zu eier troſt⸗
Iofen, melancholiſchen, unerträglihen Eindve.
Konia (Iconium), einft die berühmte Reſidenz ver Selbfchu-
tidiſchen Sultane und zuvor bie alte Capitale von Lycaonien, if
noch heute eine Hauptftation ber Karawanenzüge am Südweſtende
biefer Hochebene, melde nur wenige 100 Fuß’ über bem gemeinſamen
Nivean liegt (das Nivea der Hochebene 3300 bis 3400 Fuß; Konia
8650 3. P. n. Tſchichatſch.). Deshalb aber behält fie ihre Wafler-
brunnen und Meinen Zubäche von ven umgebenben Höhen, vie ihre
Zrämmerftadt ſammt ihren Mofcheen, Minarets und Pallaſtmauern
noch das ganze Jahr hindurch mit einem gelmenden Kranze von
Gärten ımd Baumpflanzungen ſchmücken, ver um fo erfreuliher an
ber Orenze der Wüſte erſcheint. Schon die nächſte Stunde von ihr
gegen Norb breiten ſich tieferliegende Sımpfebenen und Wafler-
flähen aus (3330 und weiterhin noch tiefer 3225 Fuß P. nad
v. Tſchichatſch.), bis dieſen die nievere Erhebung des Bos Dagh
eine Grenze ſetzt. Im dieſe Sumpfniederung läuft das einzige
bedeutendere Bergwaſſer von Süben über Alibei kjdi (3170 F. P.
v. Tſch.) ©) gegen Norden, an Konia öſtlich voräber, in bie größte
abfallende Einſenkung. Es iſt ver Tſcharſchembe⸗Fluß, über
welchen zwar eine ſchöne große Steinbrüde für die Karawanengüge
“gebaut ift, welche beweift, daß er zu Zeiten ber großen Ueberſchwem ⸗
>) de Tehibstcheff, Asia Minor. I. p. 319.
Seeverbindungen durch Binnenflüffe. 71.
mungen im Winter am Eingauge der Ebene als wilder Gebirge
from nicht zu durchſchreiten ift, aber am 23. October 1847 hatte
aba v. Tſchichatſchefs Durchmarſch gar fein Waller und
folte feit anderthalb Fahren ganz troden geblieben fein. Jene großen
Ueberſchweamungen, bie er zuvor angerichtet, mögen wol in Ber-
binduug "mit ben temporären Ausgießumgen des nur 20 Stunden
weit in S. W. liegenden Soghla Göl (Trogitis) geſtanden haben,
der bei feinen ſiets wechſelnden Niveauflächen, wenn fie überfluthend
werben, durch einen Emiffar gegen NO. ausbricht und, feine Waffer
derch die Thalriune des Tſcharſchembe ergiegend, bie weite Einjen-
ang um Konia in große Seeflächen verwandelt.
Sadoſtwaͤrts von Konia, gegen Karaman (Laranda) und oſt ⸗
wärts gegen Eregli (Cybistra) ſetzt dieſelbe Horizontalebene
mit wenig Abwechslungen ihres Bodens fort; ber jedoch vom ein
gar infelartig in ihm emporftarrenven vulcaniſchen Segelgruppen,
tem Rara Dagh (76% Fuß üb. d. M. nad v. Tſchichatſch.) im
Siden und dem Karabunar (3321 5.) und höheren Karadſcha
Dagh mit einem Salzſee in’ feiner Mitte einige Abwechslung
Ueber die Station Ismil führt die ebene Fläche zwifchen jenen
beiden vulcaniſchen Infelgruppen im Süden und Norben mitten hin⸗
durch am ven äußerſten Oſtrand der Incaonifchen Hochebenen, wo
wieder eine vertieftere Einfentung zu Eregli (Cybistre) ift, bie
&enfalls ihre Waffer in einem Heinen See fammelt. Bon Konia
bis Ismil fand Ainsworth 6) Ende November ven falzreichen
Boden nit Salzkräntern bewachfen, die feinen Kameelen nad) langer
Eutbehrung durd; die Wüſtenſtriche wiever daß erfte nahrhafte Futter
darboten, über das fie mit Begierde herfielen. Es waren auch an
den feuchten Stellen ſchon wiever Binfen, Mefambryanthemen und
Salicornien aufgeſchoſſen. Eine folgende Sumpfſtrede, öftlich von
dem genannten Hirtenborfe, von mehreren Stunden Ausdehnung,
war wie mit einem Regen Heiner Fröſche bebeiit, vie vielen Vögeln
des weiten Marſchbodens einen erwünſchten Schmaus boten. Ein-
xine Hirten hatten ſich mit ihren Heerden ſchon wieder auf den
fangen Grafungen eingefunden. Die Hütten des Dorfes Iomil
hatte man auf trocknen Kieöftellen errichtet; bie Nebel waren über
“) Ainswortb, Trav. and Rei. Vol. Il. p. 66, 71; W. Hamilton, Res. in
As Min: Vol Il, 9.213.
2. Rlein-Afen, &2.
bie Ebene verbreitet, während hie Hochrüden bes Taurus ſich ſchon
mit Schneegipfeln zeigten.
Bon Jsmil fing ber Boden an doch wieber etwas anzufteis
gen; ber verlängerte Fuß der Tauruszüge ſandte ſchon niedre Kalle
ſteinſchichten in die Ebene, aus ber ſich hier und da nur niebrige,
höchſtens 20 Fuß hohe Stufen über das gemeinfame Niveau des
Plateaus erhoben, aber ſogleich veränderte culturbare Oberflächen
und Graſungen zeigten, auf denen zahlreiche Heerben weideten. In⸗
deß blieb das fumpfige Tiefland body noch vorherrſchend bis gegen
Eregli; die von ven füblichen taurifchen Vorbergen herablommen-
ben wenigen norbwärts ziehenden Bergwaſſer find noch immer
Steppenflüffe verjelben Urt, vie, fobald fie bie Ebene erreichen, kaum
noch matt fortfhleihen und fi in den weiten Flachfünpfen ver»
Tieren, welche bie dort etwa noch vorhandenen kleineren Seen auf
allen Seiten umgeben. Cie find wenig befannt, faum ber Ermäh-
nung werth, bie auf den Karten’ verzeichneten meift namenlos und
blos von temporärer Bedeutung. Der Gjöndere Su; welder von
Karaman gegen Norben in mehreren Armen von ver Oftfeite bes
Karadag vorüber zur Ebene zieht, hatte dieſe ſchon gan unter
Waſſer gefegt, als Ainsworth Ende November gegen Eregli
vorzudringen verfuchte. Der Fluß endet im öftlicher Wenbung im
Bektik Gjöl, einem Heinen See, an deſſen Oftende Eregli (Cy-
bistra) Tiegt, 3194 F. üb. d. M., alfo noch volllommen in ber
großen Hochebene. Aber fogleich heben ſich an feiner Oftfeite bie
Zaurusfetten; hier Bulghar Dagh genannt, empor, und von bie
fen, über melde die ciliciſchen Päffe nad; Süden führen, ſtrömen
gegen N. W. ver Oftfeite des Sees auch ein Paar Bergflüfſe zu
derſelben Tiefe hinab, wodurch ber genannte Eregli-See, fo wie bie
ganze weite Umgebung am Oſtrande ber Hochebene ihren Waſſer⸗
Überfluß erhält, der fie fo ſchwer zugänglich gemacht hat. -
Hier ift ver Wendepunct ber großen Karawanenftraße,
bie bisher in einem Zuge von N. W. bis hierher gegen S. O. ihre
Hauptdivection nehmen mußte, und wenn fie von ba nad Syrien
über die ciliciſchen Päffe &) führen fol, am ben beiden Berg.
flüffen aufwärts gegen S.D. buch die Mitte des Bulghar Dagh
die wilde Wand der Taurusletten nad Tarſus und Adana über
fleigen muß. Sol aber ver Nordweg zu dem cappabocifchen Ars
gãus· Plateau nach Kai ſar ieh (Caesarea) oder nach Alferai (Ar-
“) W. Ainswortb, Res. in Asia Min.- Il. p. 72.
Serverbinbungen dur Binnenfüffe. 73
hesis) zum grofen Galgfee eingefäagen werben, fo muß men fi
aorboftwärts über Kenifje Hiffar (Tyana) und Bor nad
‚Rigbe wenden; ober direct norbwärts über Wiranfhehr. (Na—⸗
Farz) nach Alferai vorjchreiten, um von ba auf ber einzig gang«
baren Route, die ſchon Eratofthenes fannte (Strabo XIV. 663),
am Zocma-fu abwärts den Enphrat bei Malatia und von ba
Bagdad zu erreichen. Diefe große Hanptfiraße war es,
melde andy noch zu Edriſi's Zeiten (im 12. Yahrhumbert) 6%) ges
bichen war, bis bie Reſidenz der Seldſchuliden, wie Abulfeda
ſagt, von Cäſarea nad) Konia verlegt ward.
Auf viefen Nor dwegen bleibt man in verfelben, aber etwas
anſteigenden Socebene bis Nigde und Akſerai (Archelais),
Denn von dem Bergrande norböftlic, von Nigde und Keniffe Hiſſar
(Tyana) fenkt ſich noch ein dritter, nicht unbedeutender Steppen-
fluß gegen Süd ebenfalls zum tiefliegenden Bektik Göl bei Exegli
hinab und verwandelt auch biefe ganze Strede in der naffen Jahres«
xit in Sümpfe und Moräfte. Die Quelle dieſes Fluſſes, den
8 Tſchichatſcheff Gümrü Tfchai nennt, Tiegt 4000 Fuß über
dem Meere, daher fein anfänglich bis Nigde gegen S. W. reichender
Lauf, der aber bei Bor in ber Ebene ſchon gleich allen anderen
Steppenflüffen zu ſchleichen beginnt und ſie weit und breit unter
Baffer zu jegen pflegt, wenn bie Schneeſchmelzen vom Hohen Ala-⸗
Dagh ihre überfüllen.
B. Hamilton”), der diefen Weg von Ismil mit nördlichem
Unwege über Kara Bunar zurüdlegte, um veflen Vulcangruppe
mit drei abgeftumpften Kegeln und ihren ziwifchenliegenben Steppens
fee in der Nähe zu fehen, fand ven Ort von falpeterreihem Boden
umgeben, ber fi von ba weit in bie umliegende Ebene ausdehnt
und beventenven Extrag durch feine Ausfuhr nad Eonftantinopel
abwarf; bie bortigen tiefen trachytifchen Crater und bie ausge
Roßenen Lavaftröme ſchienen ihm zu ver jingften Periode bes
dervortretens folder Feuerbildungen auf jener Linie ver vulcani»
ſchen Action (ſ. ob. ©. 17), vie hier von Nord nad) Süd hin»
bu au gehören. “
Die Quellen umher find falzig, daher man hier ans früherer
Gatturperiobe wol Reſte von Aquäducten fieht, bie füßes Waffer
en) Earisi inJomards trad. II, p. 311; Abulfedse Tabul. Geogr. T.XVIL ed.
Beinke, {m Büfhinge Dagayin, '<h.V. 1771. &. 303; W. Ainsworth
in Journal of ihe Roy. Geogr. Soc. London 1841. X, P.3. p. 299.
°)) W. Hamilton, Researches in Asia Minor. Il. p.213.
2 Klein⸗Aſien. 6. 2.
von ber Bergen durch die Sumpfebenen herbei führen ſollten. Dieſe
Gegend Lycaoniens ift es, im welcher fühe Waffer ſchon m
Strabo’8 Zeiten (XII. 568) zu den größten Seltenheiten gehörten,
fo daß man es in jenen Banmlofen, wafjerlofen Steppen norbwärts
Deonium zu Savatra (Soatra bei Strabo, weftlich von Atſerei
und Sultan Chan, im Süden des großen Salzſees) ſogar mur fir
Geldgahlungen erhalten Eonnte. Die Mühe iſt hier auch heute noch
wicht gering, das geniehbare Waffer aus einer Tiefe von 150 bie
“180 Fuß heraufzuziehen, und in ber Gegend von Alferai (Ar-
chelais), ſagt W. Hamilton, ſei vie Tiefe folder Brummen noch
dreimal größer als in ber Nähe von Konia. Im jedem Dorfe
„werbe bafelbft ein eigner Mann angeftellt, der filr hundert Piaſter
monatlichen Solb das Waffer für alle Ortobewohner herauf
nehen habe ©).
Men kann hiernach die Tiefe ver Schuttmaſſen ſchätzeu, welche
jene Hochebene überdeden, unter denen auf den erſten, undurchdring ⸗
baren Thonſchichten andgebreitete Waſſerbecken lagern, vie ſich ans
den verſchwindenden Flufſen, Waſſern und Niederſchlägen an ver
Dberfläche in ver Tiefe anfemmeln and mo fie können, zumal au
der Sudſeite, durch bie Grottenbildungen ver Taurustetten Länge
‚ber ganzen Südküſte fo häufig hervorbrechen. Die weite centrale
Hodjebene ſcheint ihrer allgemeinften Ausbreitung nach von jenen
mähtigen Schichten der braunen ober rothen Sanbftein-
Tager®) mit Gips und Salznieverfhlägen unterteuft
zu werben, melde an faft allen Umrändungen des einftigen großen
hypothetiſchen Eentralfees, von dem fo viele Meine Reſte
zurädgeblieben, vbn ben Taurusvorhöhen im Süden, an beren Nord⸗
abhängen, bis norbwärts an dem Oſtufer bes großen Salzſees (Tatta
lacus) vemfelben feine Grenze fegen, aber noch viel weiter nord
wärts durch Galatien und Cappabocien, das ganze bſtliche Strom-
gebiet des Halys, bis gegen bie pontifchen Geftabe fortftreichen.
Allen Ioderen Schuttansfüllungen der Oberflächen ſcheinen fie zum
Grunde zu liegen, welche nur das Anſehen jüngeren Entftehens
haben, feien e8 ſchlammige Nieverfchläge einft weit verbreiteter Ser
ſtande, over plutonifche Laven, Trachytſande ober vulcaniſche Ge
rolle, ober Süßwaffertuffe, die im ungeheueren Ausdehnungen ver
Flächen fammt Peperiten, Trachyten oder noch anderen jüngeren Bil-
«) W. Hamilton 1.c, Il, p.219. *%) W. Hamilton, Ressarch, in Aria
Minor, Il. p. 236, 293, 306 etc. ?
Die großen pontiſchen Stromſyfteme. 78
horizontaler Schichten in gleichmäßig Wergelagerten Waffen
de lache zudeden. Diele gleichartigen Formationen geben allen
Vinnenſeen, allen Steppenwaffern, ſammt ihren Wechſeln des Aut
khwellens and Verſchwindens, unb der ganzen weit verbreiteten
h ihren ich immer gleichmäßig wieberholenven gleicharfigen
8.3
Drittes Kapitel
Die großen Landſtröme Kleinafiens mit ihren
” Stromgebieten.
Die Lanpfiröme Kleinafiens mit den zwiſchen ihnen mer
auf Mirzere Streden entwidelten Küftenflüffen führen zu ganz
vejöieenen Berhältwiffen des Halbinfefarrdes. Gie zerlegen ſich in
treierlei Elaffen, je nachdem fie norbwärts zum pontifchen
Meere, füdwärts zum cilicifch>cyprifchen ober weſtwärts
gm ägäifhen Meere von einander ganz verſchiedenartige Lande
ſcafien durchziehen. Nicht nur topographiſch und climatiſch treten
fie in dieſen verſchiedenen Regionen hervor, ſondern ihre Syſteme
id auch characteriſtiſch anderer Art, da ihren Formen von einander
Kir abweichende plaſtiſche Bodengeſtaltungen utterliegen, and denen
fie mır ihre Entwidiung gewinnen konnten. Denn bie nordiſchen
Ströme entfprechen ben großen, breiten, terraffirten Stufenlandſchaf⸗
den, die fie durchziehen; der ſüdlichen längeren Stromläufe fir
ur wenige; die meiften find nur kurze, die Seiten durchbrechende,
alpine, feilabfchäffige, ja ſtürzende Küftenflüffe; vie Weftfiröme
durchziehen mu umter ſich parallele, langgeſtredte, fanft abfallende
Ungenthäler, bie fle mit ihren nur untergeordneten Simuofitäten
tar mäandrifchen Schlangenlauf in die fruchtbarften Culturland⸗
ſqaften derwandeln Tomnten. Aber keins dieſer Stromfüfteme ift in
änem größer Theile feines Laufes zu einem befchiffbaren Flnfe ge
werben, und nur felten bieten ihre Uferfeiten bequeme Commumi-
utionsfinien durch bie Ränder bat.
L Die großen pontifden Stromſyſterne.
Bora Chanzyr Dagh (unter 39° N. Br.), faft in der Mitte
des Ofenves von Nleinaſien, im gleichem Abſtande des eiliciſchen
Were im Güben und des poutiſchen im Norden gelegen, haben
76 Alein ⸗Aften. 5.3.
wir in Obigem (f. ob. S. 16) die dreierlei Abbadhnngen ver
Gewäſſer gegen ven Euphrat, gegen das cilicifhe Küften,
meer unb gegen ben Pontus, mit ben Flüſſen, bie ihnen zuge
hören, bezeichnet; nur mit letzteren haben wir uns hier zunädft
näher belannt zu machen, bie andern werben fpäter nachfolgen. So—
gleich zeigt die Karte, daß der Antitaurus’mit dem Chanzyr
Dagh norbwärts zwar feine bis dahin gebräuchliche antite Be
nennung, auch wol bie beftummtere Form eines hochgipfligen Ketten
zuges von Süben her in nörblicher mehrfach auseinandergebreitete
Hochrücen und Hohe Platenumaffen verliert, aber keineswegs feine
Bedeutung als Hochgebirgszug und hohe Waſſerſcheide. Hier
iſt e8, wo biefe nur unter dem veränderten Namen des armeni»
ſchen Taurus gegen N.D. zwiſchen dem oberen Euphratlauf im
Süden und dem Tſchoruk im Norden (f. Kop Dagh, Erdk. Tu. X
©. 741 u. f.) fi bis über Erzerum hinaus zu ver hocharmeniſchen
Maffenerhebung anſchaaren. Aber andy direct gegen Norden, che
der Euphrat feine Oftwenbung von Egin und Ani (Exbf, Th.
797) aufwärts über Ergingen nad) Erzerum nimmt, fpaltet fid en
Nordarm bes Heinarmenifchen Gebirgezugs direct n ordw arts ge
gen Trebiſond (Trapezus) zum Pontus ab und bildet hier bie un«
tergeorbnete Waſſerſcheide zwiſchen ben weftlihen cappa-
docifhen und ven öftlihen Heinarmenifhen zum Pontus
ablaufenden Strömen, unter welchen letzteren der Tſchoruk ber ein ⸗
sige größere von Bedeutung ifl. Diefer Tſchoruk ft der einzige
Hleinaflen noch angehörige pontifche Strom, ber aber im entgegen»
gefesten Sinne ver übrigen von Weft nad) Oft fließt, währen
bie übrigen cappabocifchen Ströme zum Pontus, wie der Termeh
tſcha i (Thermodon), der Germeilistf&hai (Lycus), ver Jeſchil
Irmał (Iris), ver Ryzyl Irmak (Halye), kurz alle insgeſammt ber
geoßen allgemeinen Weftfentung des Halbinfellandes folgen.
Das wilde Gebirgsland dieſes Waflerfcheivezugs iſt dem
Altertum wie ber neueren Zeit wenig befammt geworben; um bie
genannten Quellyöhen heißt dieſes heute im Silden gegen das Nord»
ufer des Euphratlaufes hin Kepan Dagh (ber Scoebifes oder
Styvifes bei Strabo XI. 497, 521, Scordiscos bei Ptolem. V. 6.),
in der nörbfiern Verzweigung näher ber Küſte um bie nörbliden
Quellen des Tſchoruk Gümifh Chane, nad dortigen Silber
" gruben, unb weiter nordwaͤrts gegen ben Pontus hin Kolat Dagh,
was ven Paryadres bei Strabo vollkommen zu entfpreden
ſcheint, der fogt: gegen Norden fpaltet ſich der Taurus in die
Stromgebiet des Tſchoruk. 77
Zweige gegen das füdweſtliche Armenien bin, bie zu dem Scoe⸗
difes mb Paryadres gehören. An- einer anbern Stelle fagt er,
daß Mein-Urmenien von Cappadocien durch ben Scoebifes geſchie-
den werde; ımb von ben Paryadres, melde dem Pontus näher
gerüdt, Meinarmenien von Cappabocien ſcheiden, jagt er, daß fie
ven den wilbeften Gebirgsvölfern, ben Heptacometen, bewohnt mür-
den, bie fie ſchwer zugänglich machten, wie dies auch noch bis heute
der Fall if. Die Armenier, fagt der Kenner armeniſcher Gefdjiche
ten °), haben feinen Namen für diefe Pontuskette vom Tſchoruk
weftwärts gehabt; fie nennen fie meift Gebirge ver Chaldäer
Ehaghdil'h), berühmt feit ältefter Zeit durch ihre Erzminen. Dies
Gebirge, das ſich gegen Often an vie moſchiſchen Gebirge
(Mooxıx& den, XI. 521, XI. 548, 555) anreihe, bemerft Strabo,
fi walbig und reichhaltig (wol an Exzen, meint ex), aber auch fo
sell fteiler und zerriffener Thäler, wie e8 denn auch heute noch eben
fo weglos geblieben, daß es damals dem kriegeriſchen König Mithri-
dates dem Großen zu ſeinem Aſyl diente, wo er ſeine zahlloſen
Burgveſten, Schlupfwinkel und Schatzkammern hatte, aus denen es
dem Pompejus ſo ſchwer wurde ihn nach und nach zu vertreiben.
Obwol ſchon Kenophon auf der Rücklehr mit feinen Zehntauſend
über diefe Gebirge nad) Trapezus hinabftieg (Anab. IV. 7, 21), find
dech dieſe Gegendeu früherhin wenig genau gefannt; was neuerlich
Ainsworth und Hamilton über fie berichteten, ift ſchon in
Edt. Th. X. 740— 746 und 825 nachzuſehen, doch betrifft bie nur
. ine Queerroute durch das obere Tjchorukihal gegen SD. von
Baiburt nah Erzerum.
Erläuterung.
Oeſtliche Senkung des Stromgebietes des Tichoruf,
Der Tſchoöruk⸗Su (Apfarus bei Schlag, Acampfis bei
Iırion, Apforrhus bei Piolemäus, Boas bei Procop) iſt unter
den pontifchen Flüffen zwar nur einer ber geringern, nimmt aber am
Rnoftende der Halbinfel durch feinen entfejiehenen Oftlauf, ber
üyn von allen anderen Flüffen berfelben Halbinfel umterfheidet, feine
ügenfhämliche Stellung ein, wodurch er bei ber Wilbheit und Schwer
Agänglichteit feiner allfeitigen Gebirgsumgebung feine ganze Ans
=) St. Martio, Deser. de Yarmenie. T. I. p. 36.
8 LEleis · Aſen. 8.3.
wohuerſchaft von ber Gemeinſchaft mit ven Vevbllerungen der weſt⸗
ũchen Nahbargebiete zurüchielt und ihre Schiefale vımd) alle Zeiten
hindurch mehr am die der öſtlich wohnenden Völlerſchaften anfchlie-
Ben machte, als an bie des weſtlichern Kleinaſiens. Dieſer Diho-
roth oder Horokh ber Armenier U), Tſchoroch ber Georgier
nach St. Martin, zu Groß- Armenien gehörig, fließt von Baiburt,
feinem Quellengebiete, an durch bie faft unzugänglichen Thäler des
Landes Dail’h, ſcheidet Trebifond und Lazica vom georgiſchen König-
reihe Guria und ergießt fi bei Guniah zum Meere. Diefer
bedeutenden Senkung feines alpinen’ Steomgebieted gegen ben Auf-
gang entipriht feine ganze phyficalifche, climetifche, hiſtoriſche Bes
ſchaffenheit, und „fliegt daſſelbe vielmehr an die Ratur des armer
niſchen und Taufafichen Hochlandes und an beffen Bevälferungen am,
als an bie feiner weſtwärts vorgelagerten, aber von ihm buch hohe
Gehirgsfyfteme fait abgeſchnittenen Landermaſſen pon Asia Minor.
Daher denn auch der Zugang viefes Stromſyſtems von Weften und
Süden her durch alle Jahrtauſende hindurch bis Heute höchſt ſchwie ·
zig geweſen, und gegeuwärtig noch wie zu Kenophons und Strabo's
Zeiten durch barbariſche, ſtets rebellirende Gegirgsſtämme gegen bie
taurtiſche Herrſchaft wie gegen alle Fremdlinge durch ihre feindſelige
Sefinnung ziemlich unnahbar geblieben iſt. Nur an den Mündam⸗
gen Iernten bie Alten die Namen des Fluſſes fennen; feine Quelle
und fein innerer Steomlauf blieb ihnen bis im fpätere Zeiten
unbefannt. Wenn Kenophon mit feinen Zehntafend auch ſchon
auf dem Rückmarſche an deſſen Süpfeite ven Gau Taos ober
Tausgerb (damals Sit ber Tuoyor, zwiſchen Karduchen und
Chalbäern, ſ. Anab. IV. 7. V. 5, 17) durchzog, um am Sübufer des
Gebirgsftromes nach Trapezus (Trebifond) zum Pontus fortzufchrei«
ten, fo blieb doch das ganze Stromgebiet des Tſchoruk bis in bie
legten Jahrzehnde unferer Zeit eine Terra incognita und bie Land⸗
Karte an biefer Stelle ein weißer Fleck: denn ſelbſt in ven beften
Karten des letzten Jahrhunderts von D’Anville, I. Rennell,
Beauchamp, Ainsworth, I. U. Eramer und Anderen Tomte
es nur mit blos hypothetiſchen falſchen Linien durchzogen werden.
Nur weniges wußten die Türken im 17ten Jahrhundert?) davon
anzuführen. Die Lide in der Kenntniß dieſes Steomgebieteg wurde
auch durch ben Eroberungszug ber Auffen 7) 1829 unter Fürſt
?7) St. Martin, Descr. de lärmenie. T. I. p.37,
”) S. Erliya Efendi im Jahr 1647; f. P. IL. p. 187198.
”) uſqaloff, Geſchichte der Peldzüge in ber aflatifgen Türkei 1828 n.
Stromgebiet des ſchorut. w
heelewitſch in das obere Baiburt · Thal nicht ausgefüllt, ſondern erſt
hund} die friedlichen Eutdedungsreiſen eines W. Hamilton (1836),
mal aber von K. Koch ”%) und feinem ſprachforſchenden Gefährten
6. Rofen im Jahre 1843, und zwar im oberen und mittleren
daufe, fo wie burd den gleichzeitigen Beſuch H. Köler's, Dr. med,
am unteren Laufe des Tſchoruk, dem aber bie englifchen Eonfuls-
kobachtungen von 9. Braut 1835. voraugegangen unb Guarracinos
Beobachtungen, 1844, gefolgt waren, von Batum aufwärts bis Ar-
tuin 75). „Darüber find weiter unten die Specialbeſchreibungen nad-
miehen, hier haben wir fürs. erfte nur das allgemeine Verhältniß
des bisher jo unbekannt gebliebenen Stromes anzubeuten, deſſen
Zichnung auf Lieperts Karte von Sleinafien und Kochs Karte
der Zaufafus-Länder nach obigen Materialien zum erften Male mit
Kritik eingetragen werben konnte. \
Der Lauf des Tſchoruk zwiſchen 042° N. Br. ift auf
an einziges großes Längenthal in ver Richtung von W.
nad D. von einigen 30 geogr. Meilen und auf ein kürzere Quer«
thal von etwa der halben Auspehnung von ©. nach N. in directer
Diſtanz eingefchräuft, fo daß die Größe feines Stromgebietes wur
von umtergeorbneter Art bleibt (dem Innthale Tyrols nad Größe,
wie dem Salzburger Alpenland nach plaſtiſcher Geftaltung zunächkt
vergleichbar), aber die 'einfachfte aller Thalconftructionen
in ver Nordhälfte ver Halbinfel Kleinafiens (vie numittel-
baren Küftenflüßchen abgerechnet) zeigt, dabei jedoch ein jelbftftän«
diges maritimes Stromfhftem bildet.
Dieſer Gebirgsſtrom bietet im pontiſchen Stufenlande an deſſen
Auferfter Oſtgrenze gegen bie kaukaſiſchen Landſchaften das ein⸗
fachſte Element einer einfachſten Stufenlandſchaft, zwiſchen
wei hohen alpinen Parallelketten im Süden und Norden
als ſeine Begleiter, dar, von welchen er nur die Nordkette allein zu
4829, aus d. Ruffifchen von Lämmlein. Lelpz. 1838. Th. 1. &.57
u. fo ) €. Ritter, zur Grläuterung ber Karte bes Tfchornfe
Gebietes uebft Kochs Bericht; f. in Verhandlungen der Berlin. Age
demie d. Wiſſenſch. 1843. ©, 301-311, u. Bopps Bericht, ebend.
©. 311323; ©) Ritter, in Monatsberichte der Gefellich. f. Grof.
im Berlin. Rene Folge, Bd. I. 1844. ©. 179—188. ”°) 9. Köler,
Dr. med., geogr. Ratift. Notizen über Batum u. J. w., in Monats
berichte der Gefellfch. für Grdf. in Berlin. Jahrg. IV. 1843. ©. 218
516232, m. ebend. Rene Folge, Bb. II.1845. ©.23-—59; f. 3. Brant,
Jowrney through Part of Armenia and Asia Minor in the year 1635, dw
Journ. ofthe Roy. Geogr. Soc. of London. 1836. Vol. VI. p. 193194;
Fr. Guarracino Notes of an Excursion from Batum to Artuin in Journ.
ebenbaf. Vol. ZV. 1845. P.296—305.
80 Alein ⸗Aflen. . 8.
durchbrechen braucht, um aus feinem hohen, wilden Alpengaue un ⸗
mittelbar bie Küfte des Schwarzen Meeres zu erreichen. Alle an
deren ihm weſtlichern Heinaflatifhen Steomläufe ver großen
pontiſchen Zuflüffe entwideln fi vemfelben Gefege bes ge
fammten pontifhen Stufenlandes gegen ben Norden gemäß; aber
noch außer dem Gegenfat ber allgemeinen weftlihen Senfung
ihrer parallelen Längenthäler find fie von jenen noch harakteriftifch
verſchieden. Denn fie entjpringen alle in zufammengefegteren
Syfiemen aus vielen aneinandergereihten Parallel-
ſtufen, die meift in 2 bis 3 ober 4 Terrafien über- und neben-
einander aus größeren, fern abliegenden Höhen erft ihr Waſſer zu⸗
fammengiegen müffen, um gegen Nord zu demſelben Meere hinab⸗
firdmen zu können. Deshalb konnten fie erſt aus verſchiedenen
Höhen und vielfagern Längenthälern, melde das Nord⸗
gehänge des hohen Central ⸗ Kleinaſiens umgürten, in mehrfach wieder ·
holten kürzern ober längern Querthälern ihre vorgelagerten
niederen tauriſch⸗pontiſchen unter ſich von Oft nach Weft fortziehen«
den Parallelfetten in mannichfaltig verſchiedenen Wbfägen durch⸗
brechen, um das Meer zu erreichen. Dieſelbe Conftruction vor«
herrſchender Längenthäler ift daher allen wetlihern Strom⸗
foftemen gemeinſchaftlich und charakteriſtiſch, die fi von O. nad
W. fenken, wie dem Termeh (Thermodon), Germeili (Lycus),
Tozanly (Iris), Kyzyl Irmal (Halys), Sakaria (Sangarius),
bie alle nur in wieberhoften Zidzadläufen ber furzen Querthäler
gegen Norben vie Onerkette zu durchbrechen haben, ehe fe das Meer
erreichen Können.
Die gegen ven Weften SM leinafiens immer mehr ımb mehr von
der elementaren Hauptnorm abweichenden Stromfsftene find daher
am bie vervielfahten Formen bes einfahen Linear-
ſyſtems des Tſchorukfluſſes auf der Oſtnord -Abdachung des
norbifchen Stufenlandes von Asia Minor. Hierdurch gewinnt der
zuvor ſo ſehr vernachläſſigte Lauf dieſes Stromes in der parallelen
Geſammtgliederung dieſes Taurusſyſtems ein allgemeines In-
tereſſe, weil feine Kenntniß den Schlüffel zum Verſtändniß jener
analogen, aber mehr zufammengefegten Formen ber Strom«
fyfteme darbietet.
Seine oberften Quellarme entfpringen in geringer, nur an 10Mei-
len ſudlich abſtehender Diftanz vom Meere, unter dem Meridian
von Trapgumt (Trapezus) 57° 30’, nörblid, des A0°N. B.; die Mün«
dung Tiegt gegen Oft unter dem Meridian ver Küftenftabt Batum
Steomgebiet des Tſchoruk. 8i
5 O. L. v. Ferr. Vorzuglich zwei Quellarme find es, deren
jeder als ein wilder Gebirgsſtrom von ber weſtlichen unter geord⸗
neten Waſſerſcheide (dem Scoediſes und Paryadres, |. Erdk.
D X. ©. 7%), die 7000 bis 8000 Fuß üb. d. M. ſich erhebt, in
turzem, aber vielfady gekrümmtem Laufe, von N. W. und S. W. her,
8 bis 10 Meilen meift oftwärts verfolgt werben kann, bis ſich beide
ber bortigen Hauptſtadt Baiburt (Erdk. Th. X. 272, 754), Baı-
Bodo» bei Procop, Baipjert ver Armenier (eine ſehr alte Veſte
ter Bagrativen, aus Baibert durch Türken verberbt in Baibort) 7%)
im Norden ganz benachbart zum großen Hauptſtrome vereinigen, ber
man den Namen Tſchoruk führt. Dieſer verfolgt von da an mit
mtergeorbneten Krümmungen, doch in directer Richtung fein großes
tängenthal an 50 Stunden weit gegen O.N.O. bis oberhalb
Artwin. Zwiſchen jenen beiven weftlihen Quellarmen liegen die
Waſſerſcheideketten, welche auch ven weftlihen Stromſyſtemen des
Termeh (Thermodon), Germeili (Lyeus) und anderen ihren Ur«
ſprung geben. Dieſe Ketten der Waſſerſcheide werden von den Tür⸗
ka Gjaur Dagh, d. i. die Berge ber Ungläubigen (d. i. ber Chriſten,
weil dieſe Berge noch jetzt von vielen Armeniern und Griechen
bewohnt find) genannt. Die nördliche Gruppe derſelben nimmt ver
an Metallen (Silber und Kupfer) reihe Gebirgsgau Gümiſch-
!hane ein, ber mit feinen Exzgruben und dem nördlichen Ouelların
im oberen Laufe des Tſchoruk am befannteften geworden war (Erb.
%.X ©.272— 273). Der ſüdliche Quellarm kommt non
Lori, daher Lori fu bei Ker Porter genannt, das ſchon Ta-
dernier auf feinem Marſch von Telat nad; Erzerum paffirte (ev
ſchreibt Lonri) 77), nach ‚Baiburt. Auch Ker Borter ”%) hat biefe
wilbromantifche, durch Raͤuberei gefirdhtete Gegen von Erzerum
06 über bie bortigen eifenfteinreichen Gebirge, bie er mit
Venen von Schweden vergleiht, am Lori⸗ſu bis gegen Lori
(im Jahre 1816) abwärts, befucht, ift dann aber wieder ſüdwe ſt⸗
wärts über Bagdala (Bagdalik bei ihm) und Kalkit Tſchiflitk,
amd von da zum Germeili⸗ tſchai oder dem oberften Quellarm des
Seus fortgewandert (f. Kieperts Karte). Ueber diefen Gebirgsgau
führt der gewöhnlichfte Gebirgsaufſtieg ®) von Trapezunt, den
*) st, Martin, Deser. de ’Ärmen. I. p. 72. 7) J. Baptiste Tavernier,
Les Six Voyages. A la Haye. 8. 1718. T.1. p.17. "*) Ker Por-
ter, Travels in Georgia, Persia etc. Lond. 4. 1822. Vol.II. p.682—8687.
) W. Hamilton, Research. in Asia Minor. Vol, 1. p. 162—172.
Kitter Erdkunde VAN. ð
82 Klein-ARen. 68%
Faß alle früheren Wanderer nahmen, um über ihm und Bal«
burt quer durch das obere Tſchoruk-Thal zum. Euphrat nad
Erzerum vorzubringen (Erdkunde Th. X. ©. 741— 749). Auch
W. Hamilton nahm 1836 viefen Weg non Baiburt aus, an
einem von Südoſt herabfommenven Zuflufle des Tſchoruk, dem
Maffat Tſchai, über die Kupfergruben Tſchalwar aufwärts
fleigend bis zur 6 Stumben fernen Station Maffat, von welder
aus am zweiten Marſchtage vie hohe Waſſerſcheidelette (8,319 Fuß
auf dem Wegpaffe nach Terier, ber benfelben Weg nahm) übe
ftiegen werben mußte, um von da zum Thale des oberen Euphrat
nach Erzerum in Armenien zu gelangen. Diefe hohe Gebirgelette,
welche die Sübbarriere des Tſchorulthales bildet, wird hier Kop
Dagh genannt, und mit ihren Schneehöhen auf 9000 bis 10,000 Fuß
Meereshöhe geſchätzt. Die Lage ber Stadt Baiburt hat Terier
. du 5114 F. P. Meereshühe gemeffen, aber noch ift thnlabwärts tein
Neifender am Hauptſtrom bis Ispir gemanvert; wol aber halte
ſchon W. Hamilton (1836) auf feinem Rückwege von Kars über
Tortum aud) von Ispir in 18 Stunden Zeit das Stromthal aufe
Wwärts fleigend ©) bis Baiburt durchzogen. Von Ispir an be
gann erft K. Kochs Beobachtung des Flußlauſes, da er vom bem
Safenorte Riza (Rhizus) am Pontus die Küſtenkette des Taurns
“überftiegen hatte, und bei Ispir das Ufer des mittleren Tfchoruk
reichte (1843), den er von da thalabwärts bis Pertabrek ver
folgte ®). Schon von Baiburt fließt der Strom mit feinen Win
dungen, aber im Ganzen doch nur wenig gekrümmtem Laufe durch
fein großartiges Längenthal zwiſchen zwei hohen umter fid) par
rallel ſtreichenden Gebirgsletten hin, bie ihn feiner ganzen Länge nach
an ber Nord» und Sübfeite über Pertafrel bis gegen Artwin. hir
begleiten. Die nördliche Kette (Mofhifhes Gebirge), von Koh
gegen 8000 Fuß hoch (von den Einheimiſchen noch viel Höher) ge
ſchätzt, iſt die niebrigere Kette; fie ſcheidet das Tſchorukthal von
. dem Pontus-Geftade, zu welchem von ihrem Norbgehänge nur kurze
Küftenflüffe- ſich wid zum Pontus hingbflürgen. - Ein gemeinſchaft ⸗
licher Name für ihren an 50 Stunden langen Strich von W. nah
D. iſt heutzutage nicht mehr in Gebrauch; nach der Meeresſeite zu
unterfheidet man vie allmähligere Abdachung ihres Gebirgelandes
®) W. Hamilton, Researches in Asia Minor, I. p. 216 —232.
*) 2. Ka, Wanderungen im Drieute während 1843 m. 1844. Melmar
1846. D. ©.33 u. f.
Stromgebiet des Tſchoruk. 83
en die Hafenſtibdte Trebizond, Sürmeneh, Riga, Atina
water verſchiedenen Namen wie Ilek⸗Meadſchid, Aſspir⸗Dagh,
Bemſchin und anderen 82); weiter oftwärte bis zur Mundung des
Tſchoruk liegt das Land der Lazen (Paziftan). Die höchſten Gipfel,
Natſchilebi im Weften, der Katſchkar Dagh im Often nnd ver
Dfimil in der Mitte (an 9000 duß hoc) &), ſturzen ſehr fteil
ab gegen: bie Lanbfeite nad Süden zum Ziefthale bes Tſchoruk,
deſſen Strom fich bicht an ihren Südfuß heramwälzt, daher alle
üre ven Nord herablommenven Zufläfe num kurze Wildbäche des
Geigehizges And. .
Ia dreifach größerem Abſtande als die Nordlette nom Strom-
lauf fixeicht bie noch höhere Südkette als Waſſerſcheide zwi⸗
fen Grat und Tſchoruk, viel tiefer landein gelegen, in gleicher
Ausoehmung an ihm von W. gegen D. vorüber. Hier entfaltet ſich
din veicheres, von vielen Zwiſchengebirgen durchzogenes, pittöwesles "
Üpengelände gegen bie mehrere Tagereifen entfernten Gebirggaue
von Mafſſat, Zortum, Olti und Ardanutſch, über denen fi
der 9000 bis 10,000 Fuß Hohe Kop Dagh und Gjbk Dagh
(Gimmelsgebirge) uud mit noch anderen Namen, vie man unter ver
gmeinfamen Bezihmung der Erzerum-Rette zufammenfaflen
Bunte, mit ihrem Schurereichthum erheben. Nur wenige Hochpäfle
führen über fie nad; Armenien hin, von welchen jener, von Texter
wm 8319 1. gemeffen, &), noch der gangbarſte zu fein ſcheint. Daher
Üud es die Ticoruffläffe ‚von der Südfeite her, welche ihm ven
' göhten Waſſerreichthum zufähren, von denen der bſtlichere, der große
6 weiter Sübferne herlommende Olti Su deshalb auch wahre
ſcheinlich ſchon von Ptolemäus für ven füblicften Quellarm ves
Tpherut gehalten werden fonnte. ud) füllen biefe ben Hauptfleom
we Winterzeit, zumal aber im Frühling zur Zeit ver Schnee
fümnelze, wenn auch nur auf kurze Monate, fo fehr an, daß er dann
ia feines umteren Laufe für Kähne ſchiffbar werden kann. Die
wichere Tpalbilvung und ihre Culturfähigkeit, ihre Erzeugniffe von
Getreibearten, Obſt und Wälvern ber mamichfaltigſten Art, bie
Wirtere Berölteruug und Belebung durch Ortſchaften, Dörfer, Bır- ‚
gen und Bergfpigen geben viefer Sübfeite des Tſchorulthales ein
Uehergemicht über bie beengtere Norbfeite; auch gehört fie durch ihre
üppige Begetation, duch die Mannichfaltigfeit ihrer parkähnlichen
) St Martin, Mem. sur l’Armenie. Vol, I. p. ) K. Koch, Wan⸗
derungen II. &.93. ) Grdf, = x 8. 1150 Nachtrag u. 749.
52
84 Klein Alm 8. 8.
Lanbfchaften, durch ihre malerischen Felsgruppen, Waſſerfälle, Strom⸗
laufe zu ven’ fhönften,. aber wenig befannten Alpenlänbern, denen
nur Sicherheit, und bequeme Wege fehlen, um fie allgemeiner zu-
ganglich zu machen.
Bei Baiburt (unter 40° 13° 30" N. Br. nah Hamiltons
Obfervat.) tritt- ver Tſchoruk durch eine Felsenge, welche das Eaftell
der Stabt beherefcht, wa’ er durch fein beftänbiges Tofen und vie
Ohren betäubendes Rauſchen im türkiſchen Sprichwort ven Namen
„deli“, d. i. des Tollen, erhalten hat, in fein Tiefthal, ein, das
bier von einer Seite des fifchreichen Fluſſes zur andern dur 2 Holz«-
brüden zugängig gemacht if. Bon Gärten und Landſitzen begleitet
zieht ex durch lieblichere Thalgebiete abwärts. Aber bald wird er durch
ſteil abfallende Klippen von neuem verengt. und an ver Stibfeite auch
nicht felten von fumpfigen Ebenen mit Schilf und Buſchwerk, ver
Aufenthalt wilder Eber, unzugänglich; dann wieber durch reichbewal ·
dete dicht heranrückende Sanbftein-, Tracht» und andere bedeutende wor-
gelagerte Gebirgäfetten begrenzt, von denen viele plutonifchen Urfprungs
du fein ſcheinen, ober durch Erbflöge umgeftaltet wurden, ‘gegen pie
Nordſeite hinübergebrängt, welche dann dem Wanderer, ver von Sü-
den über bie Bergſtraße von Erzerum in das Thal des Tſchornk
hinabſteigt, nicht felten den Blick auf die engere Thafluft des Flarf-
bettes jelbit vermehren. Diefen Weg legte W. Humilton auf ver
Süpfeite des Stromes, an beffen unmittelbarem Bette ſelbſt fein
Uferweg vorüberzuführen fcheint, in jener Strecke zweier Tagereifen
von IJspir über Kara Agatſch und Malaffa aufwärts nad
Baiburt (am 23. u. 24. Juni) &) zurüd. Cr fand von den für-
lichſten Zufläffen, dem Maffat-Derefi und dem Tſchair Su (d. h.
Wieſenfluß, deren es mehrere dieſes Namens im Lande giebt), bei
Zepir an aufwärts dieſen Theil des oberen Stromgebietes am
ſtärlſten bevölfert. R .
Baiburt ift nur bie verberbte vulgäre Ausſprache der Türken
von Paipjert ®%) ver Armenier. Der Ort ift die Hauptftabt Des
hochliegenden Talten Gebirgsgaues, der viel Wälver, zumal von
Bahholderbäumen (Juniperus, Kihi der Eingebornen) hat, aber
weber Obftbäume noch Weinbau. Die Stadt hat nad Indſchidſchean
) W, Hamilton 1. c. I. p. 222— 232. .
®*) Indfhivfhpean, Neu s Armenien. S. 95—97, Ueberfegung von
H. Kiepert im Manufer.
Mittler Stromlauf des Tſchoruk. 88
3000 Häufer, die meiſt von: Türken bewohnt ſind, varunter viele
Seidenweber und Goldteppichſticker (Seddjadei), bie mit ihrer Waare
Gun ſtarken Handel treiben. Die Armenier in ihren 4 Quartieren
der Stadt haben 4 Kirchen, die nach St. Michael, ver Mutter Got⸗
18, Surp Iohann und Surp Johannes‘ genannt werben, welde
kttere zur Prälatur in Jspir gehört... Alle Dörfer des ganzen
Games, die von vielen Armeniern und Griechen bewohnt werben, ftehen
unter dieſem Geiftlihen. Zwei Stunden von ver Stabt am Wege
nach dem großen Dorfe Baladjör, gegen Gümiſch-khane zu, in
einer räuberifchen Umgebung, liegen die Ruinen einer einft großen
und bedeutenden Stadt Warzuhan ober Warzyhan, in ver aufer
vielen Trümmern von Mauern auch noch 3 in Stein gewölbte
Kirchen auf dem Selbe ftehen geblieben find. Das genannte Dorf,
son Türken und Armeniern bewohnt, ift groß, reich an Wafler-
‚ gellen und hat ein Klofter Surp Keork, d. i. St. Georg. Nur eine
Stande von ihm entfernt Tiegt ver fehr hohe Berg Ghawuch, über
welchen die Gebirgsſtraße geht, die aber bei Schneewaſſern un.
i Sqhnecfall fo gefährlich zu paffiren if, daß nicht wenig Reiſende
dafelbſt ſchon ihren Tod gefunden haben.
- Im mittleren Stromlaufe von Ipir abwärts bis Pertafrel
meitert ſich das Stromthal zu breiteren Ebenen mit reicheren Be
wäfferngen, welde die Agricılltur von Mais, Hirfe, zumal aber
son Reisfeldern begimftigen; zahlreiche Burgen, Schlöffer, Kir-
den, Ruinen von Oriſchaften aller Art zeigen die früherhin weit
ürkere Bevölkerung auch diefer Gebirgsgane zur Zeit ihrer Blüthe-
Periode unter ben älteren. chriftlichen armenifchen und gruſiniſchen
Beherrſchern, ehe biefe von Mohammedanern und Türkenftänmen
terbrängt wurden, melde, durch fortdauernde Kriege ſolche ſchöne
Ayenlandſchaften verheerten. Viele Hleinere Häuptlinge, Gebirge-
fürften und Lehnsherren (Dere Bei) mit ihren Bafallen hatten
dehrhimderte hindurch ihre Unabhängigfeit mit Hartnädigfeit bis
in die neueften Zeiten vertheibigt, aber nach und nad) mußten fie
er moslemifchen Uebermacht unterliegen und wurben erft neuerlich
za den Paſchaliks geſchlagen. Unftreitig ift in dieſem fruchtreichen,
Äppigen mittleren Thale die arınenifche Abtheilung des Pardizat s⸗
dber, d. h. das Thal der Gärten, im Gegenfag des Bjer-
dats-pher, d,i. das Thal der Feſtungen, zu fuchen, worunter
wel nur die Öftlichern Querthäler gemeint fein können, welche noch
keute alle Berghöhen mit ihren Ruinen ſchmücken. Diefe Abtheilung
wor zur Zeit ber alten armenifchen Könige die geltende, nad; benen
86 Klein ⸗Aſen. §. 8.
erſt dieſe ihre Provinz Taik'h 9), die ſich oſtwärts bis nach Akhal
tſithe in Georgien erſtredte, am Byzauz fiel. Weil aber die alten
Prinzen ber Mamigonier (des Lönigsgeſchlechtas, Erdk. X. 525 u...)
im Tſchorukthal einen Theil ihrer Erbgüter inne hatten uud ſpäter
Die herrſchend geworbenen Georgier fie darin fortwährend hefehdeten,
fo konnte das Tſchorukthal nie zur Ruhe kommen, auch nicht unter
türkiſcher Herrſchaft, die bier nur felten ein Gupremat, das meiſt
ſehr vorübergehend war, erlangen kounte und aud nur ſcheinbar was
Bergvoll zur Annahme des Koran. gebracht hat.
Die kurze Üferfirede des heiten, mittleren Tiefthales von IE pir
bis Pertakrek, das durch feinen Obſtreichthum und feine ſchöne
Begetation ausgezeichnet iſt, wurde von K. Koch am genaueſten be-
ſchrieben &), Die große Sommerhitze des tiefen Keſſelthales zeitigt
die edelſien Früchte; im September war vie größte Hitze ſchon vor⸗
über, doch fland das Thermometer zu Iöpir am Abend noch ZI R.
und flieg am Morgen auf 26°, Mittags bis zu 28°, in Pertakrek
jelbft bis auf 32° und 34%. Anbau von Mais, Hirfe, Banico
(Sorghum Halepense), Reis bietet hier nebft allen Obſtarten
Lebensmittel in Ueberfluß; vie Seitenthäler haben eine ſeltne Fülle
von Aepfeln, Birnen, Pflaumen, Pfirſichen, Apriloſen, wie in ihrer
naturlichen Heimath; rothe, weiße und ſchwarze Maulbecren, Fei⸗
gen, Wallnüffe, Weintrauben, Gurten, Melonen, Arbuſen. Baum⸗
wolle werben hier angebaut. Aber die paradieſiſchen Gefllve dieſes
Tſchorulthales, die durch die Müdenfhwärme, bie peſtilemialiſchen
Miasmen und ſchnelltödtende Fieberanfälle in der warmen Iahres-
zeit leicht ſchaudererregend werden können, mußten bod bald wieder
verlaffen werben, um norbwärts bie heilſamere friſche Luft Ber
Küftenkette mit ihren Alpentriften zu erreichen und an ber Quelle
des Balhar-Su über ven Hochpaß am Katſchkar Dash nad
Atina zum Pontushafen hinab zu fleigen.
Dieſer Baldar-Su, der bedeutendſte unter ben Tinten Se
birgsftrömen, ergießt fi nur wenige Stunden unterhelb Pertatret
zum Tſchoruk; ihm gegenüber ift einer ber bebeutenbften rechten Zu-
flüffe der Tortum-Su, ber von ber Erzerumlette über bie Stabt
Tortum hinab gegen den Norden bei Beſchanget hinzuſtrömt; und
unmittelbar neben ihm abwärts ſendet bon eben daher der Dritte
der größeren ſchneereichen Sühfteome, ber Dlti-Su (aus bem
®)'St. Martin, Dover. de l’Armdnie. T. p. 74.
R Koch Wanterungen 0.0, D. A ©. 4783.
Mittler Stromlauf ves Tfgont, 87
hier Gau Tansyerb, ober Taos, bem armeniſchen Taif’h; daher
Toren, die Kenophon Fennen Ternte) ihm feine Waſſerfülle zu.
Die befven letzteten entipringen in ber Nähe bed Frat ımb
der Ataxes⸗Quellen, den berühmten Städten Erzerum ımb
Xard benechbart, von ben fehneereichen Höhen derfelben Waſſer⸗
Mbehe, von welcher jene beiden großen afiatifhen Ströme nad) dem
dienenlande ihren Urſprung nehmen. Beide Tidoruf-Zufläfle find
Gen dadurch in ihren Thalzugängen am früheften befannt geworben,
mail durch fle auch bie zugaͤnglichern Gebirgspaflagen nach jenem
Groß. Armenien hmfberführen, und baher auch ſchon Ptelemäus
weh den größten derſelben als ſüdlichſten Hauptquellarm feines Ap ·
ferrus mit deſſen eigenem Namen Glaueus belegen konnte.
Ime Seltenthäler der Südſelte, welche Hamilton durch⸗
ianberte, zumal bie von Tortum, gehören nach ihm zu den ſchön⸗
, Ro Gchtweizertgälern mit den wilveften Felsbildungen, zahlteichen
un hohen BWafferfälen (ein vom Obrift Williame bei feiner
daggen Orenzregulitung gemeſſener hatte in 80 Buß Breite einen
iüdligen Beffeftug ven 180 Bub Hife), auf den Godgetingen
; wit Birken, Fichten, Junipernsarten, Berberizen, Cercis bewachfen,
in den reigenbflen Thaͤlern voll Obſtwälder, deren Früchte in ber
Seumerwãrme trefflich gedeihen. Dies beftätigt ber armenifche
Seegtaph In dſchidſchean ®), ver ganz vorzüglich die Pfirfiche,
Birnen und Trauben diefes Tortum ⸗ Gaues rühmt und fagt, daß er
art ON und Wein vom vorzüglicher Güte ganz Erzerum und feine
amfiegenven Landſchaften verfieht. Tortum ift nur ein Flecken von
00 Häufern, deſſen Bewohner, früher armeniſche Chriften, durch
ta Drad der Türken zum Islam übergegangen ſind; 30 Dörfer
teen zu teilen Gebiet; zwifchen ihm unb dem Tſchoruk nennt der
amewiäche" Autor eine Feſtung Wſerk over Fisrik. Auf den
Gipfeir der Sandſteine und Schlefergebirge, deren Schichten von
mocten plutoniſchen Klippen wielfach durchbrochen und in antilli⸗
ze Märkten, Abſtürze und Windungen verdreht wurden, ſagt
Sittiams, hauſen viele Geier und Abler, die eine reiche Fauna
rerentſeden. Die Fallen werben Ispiri-doghan genannt. Doch
af in der Nähe des Tſchoruk, der bei Ispir von dem Caſtell
naleriſch überragt wird, nimmt beffen breiteres Thalgebiet einen
göberen Culturcharalier an, während jene Thäler mehr wie Para»
licſſche Daſenſtellen zwiſchen Wildlandſchaften hervortreten. Jspir,
Zadſchioſchean a. a. O. & 98.
88 Klein-Afen. 8. 3.
don Weinbergen umgeben, hat 900-Häufer nah Judſchidſchean %);
bie meiften Bewohner find Mohammedaner, vod hat fih uur eine
halbe Zagereife ſüdlich des Orts, an ber Seite des fteil abſchüſfigen
Berges Kohanam, in anmuthiger Lage’ ein Kofler Surp Jo—
Hannes erhalten, wo eine Hare Quelle ift und ber Prälat mit erz-
biſchöflicher Würde refivirt. Un ber Kirche ift eine Kapelle unter
einer Kuppel, in ver die Reliquien Johannes des Täufer in einem
Grabe bewahrt werben, das ſehr ſtark bewallfahrtet wird. Eine Haupt
abgabe des Gaues an ven Sultan ift Wachs, davom zu Habfchi
Chalfa's Zeit ihm jährlich 600 Kantar geliefert werben mußten. Im
den vielen ausgehöhlten Bäumen des Landes wird dieſes Wachs
und viel Honig gewonnen.
Zu Hamilton Zeit waren die unabhängigen, räuberifchen
Gebirgsſtämme auf der pontiſchen Küftenkette noch zu gefahrvoll zu
paffiven, um dieſe von ISpir aus zu ven Lazen hinab zu überftei-
gen. Nur 7 Jahre fpäter (1843) gelang es unferm Landsmann
und $reunde, dem Botaniker Profeſſor K. Koch ?), dieſelbe Küften-
fette von Riza der Hafenftabt aufwärts nah Süden zu durch ben
wilden Gebirgsgau Hemſchin in feinen fünf Hauptthälern
mit reihen Alpentriften und Metallgruben bis an bie wilden Gipfel
des. Dſchimil Dagh hinauf und zu dem tiefliegenben ISpir wieder
hinab zu überfteigen, wo er in das Gebiet ver fchon zu Herodots
Zeit bis dahin Handel treibenden Saspiren *) (Herod. I. 104;
IV. 37), die fpätere Syfpiratis oder Hifpiratis (Strabo XI.
503, 530), in ven heutigen Ispir-Gau (Sper, richtiger Shjer der
Armenier, Hunud der Türken) eintrat. Der Name Ispir ift wicht
blos auf diefe Stadt im mittleren Thale beſchränkt, fendem er
wieberholt ſich auch weiter abwärts in Ortönamen im unteren Flaß-
laufe; jetzt zieht ſich dieſer Gan nur 2 Tagereifen am Strome ab-
wärts. ‚Nah Eli Smith 'follen die Bewohner biefer Hemfchin-
Thäler ®), 3000 bis 4000 Familien in 70 bis 80 Dörfchen ver-
theilt, exft feit 200 Jahren dem Islam aus Drud und Verzweiflung
ſich unterworfen haben, um ver Tyrannei und ben Grauſamkeiten
der Türken zu entgehen, aber innerlich noch, was fie früher waren,
0) Judſchidſchean a.a.D. S. 24. N. Koch, Wanderungen a. a. O.
1. ©. 41 — 52. ) €. Ritter, Borhalle S. 129 — 140; deſſen
Erdt. TH. U. Afte Aufl. 1818. ©.922; f. Allg. vergl Erdt. 1838.
Th. VI. ©. 92. Th. X. S.272, 391, 774. ) Eli Smith and
Dwigbt, Researches in Armenia. Lond. 1834. p- 456.
Mitler Stromlauf des Tſchoruk. 80
geblieben fein, ven chriſtlichen Cultus beibehalten haben und uur
äußerlich dem Koran folgen. Ihre Weiber kennen noch feine andere
Sprache als ihre armenifche; and; die Männer folen fih keineswegs
wit den Türken durch bie türkiſche ober arabifhe Sprache des Koran
amalgamirt haben. Diefe Stämme hält ver Mifftonar für das
einzige Beifpiel einer Bewahrung der Selöfftänvigfeit unter ber
Anferen Masle des Moslemismus in biefen Gegenden, ähnlich ven,
Drufen und theilweife den Jeziden im Hauran. Weiter unten in
Folge ver äftlichen Gebirgsnachbaren von Trapezunt wirb noch ein-
mal vom dieſen eigenthümlichen Zuftänven ver dieſer Hafenftabt
näheren Bollöftäumme die Rebe fein. Schon im ten Iahrhunvert
mc Chrifto, im Beſibthum ber Bafhratmifchen armenifchen
Herrfcherfamilie, war, wie Mofes Chorenenfis fagt, das Volt vie-
fer Gebirgegaue von zwei Schülern St. Miesrops #), einem
Leont um Henoch, mit der Lehre des Evangeliums befannt gemacht,
web bis dor dem Ausbruch ber neuen griechifchen Revolution waren
enmenifche umd griechiiche Ehriften hier zahlreicher als Türken.
Bou Bertafrel wurde das Tſchorukthal wieder verlafien und
von K. Koch das pontiſche Gebirge, das an feinen Süpgehängen
bis 5000 Fuß Höhe noch immer Mais, Kom, Obftl, Maulberren
und ambere Früchte zeitigt, bie Thäler des Balchar⸗Su aufwärts
über Kewal an der Oftfeite des Katfchlar Dagh vorüber überftie-
gen 9), um ven Hafenort Atina am Pontus zu erreichen. Der
Balchar ⸗Fluß hat feinen Namen von dem beveutenpften hohen Alpen-
dorje gleicher Benennung‘, das nahe feiner Duelle liegt, die nicht
wit der des Katila ·Su vermechfelt werben darf, welche, vom jener
fübwärts fließend verfhieden, gegen*Dft viel weiter abwärts, umter-
Halb Artwin erft zum Tſchoruk fällt, Zwiſchen ven beiden genann-
ten waflerreichfien linken Zufläfen find alle anderen nur unbedeus
tende kurze Wilvbädke. .
« Das Hanptthal des Tſchoruk von vertatret abwarts bie
Ar twin blieb leider von allen bisherigen Reiſenden unbeſucht, was
-um fo mehr zu bedauern fein mag, da eben hier bei der Nordwen⸗
dung die Querdurchbruche ves Stroms aus feinem Längenthale
durch bie mächtigen Duerletten eine ganz veränderte Landſchaft dar⸗
bieten mäfien. Wahrſchinlich ſtellen ſich hier in ven Felsdefileen
F Neumann, im Allgem. Pr. Staatsanz. 13. Sept. 1829
Kir Bastewitfche DOperationslinie in Afien.
9 K. Kech, Wanderungen a. a. O. I. &.85—118.
oo lein⸗ Afien. 6 . 3.
und ben emgeren Zuſammenſchnlwungen ber Thalllüfte und Uhr
letten fir ven Wanderer ſchwer zu überwinbenbe Hemmungen ent-
gegen, an benen es auch nody unterhalb Artwin nicht fehlt, Diefe
ganze Uferſtrede bleibt daher noch kümftigen Reiſenden zu entdeden
übrig, und mochte wol geognoftifc lehrreiche Auficläffe für die
Conſtrultion der bertigen Maſſengebirge barbieten.
Auch abwärts Artwin, bis wohin die Beobachtung von ver
Meerestüfte aus vorbrang %), behält der Tſchoruk noch lange fein
wildklippiges Stromthal, das nur zur. Winterzeit und zumal im
Grähling, während der Schneeſchmelzen auf ben Hochgebirge, im
April und Mai, Waſſer genug erhält, um eine temporäre Be
fhiffung mit Heinen, nur 20 Fuß langen, mit 2 bis 3 Bootsleutm
bemannten Flachbooten abwärts möglich zu machen. Diefe können
aber nur geringe Laften tragen; wegen ver vielen Klippen und feid-
ten Stellen im Strom fönnen fie zwar thalab gerubert werben, find
aber ſiets in Gefahr, an ben Stromſchaellen durch den reißenden
Lauf unb an ven Seleklippen zu feheitern. Der höchfte Waſfer⸗
Band trägt jedoch vie Laßfähne über alles hinweg und im einer
Tagfahrt hinab bis zur Mündung, während die Fahrt bei ſeichtern
Waſſer ſiets 3 bis 4 vorfichtige Togefahrten erfordert. Nir fein
gelingt es, firomaufwärts vie Boote durch Pferde heraufziehen zu
laffen, und bie Fußpfade zur Seite find nur höchſt beſchwerliche aufe
und abfleigende Bergwege. Im Summer » Halbjahre unterbleibt
daher vie Kahnfahrt ganz und in ber Winterhälfte wird fie auch
"me felten beuutzt; doch Begünftigt fie den Gemerbefleiß und Hanvel
ver. thätigen Einwohner von Artwin, bie viele Färbereien haben
und buch Heßflöße aus den reichen Wälvern des Landes file bie
Schiffswerfte am der Mündung beventenden Gewinn ziehen. "
Wenn bie Breite des Gebirgelanbes ber nordlichen Meeres
ſcheide zwiihen Trapezunt over Riza und dem Tſchoruk⸗Thale an
24 biß 20 Stunben beträgt und fehe hoch bis zu 9000 Fuß Empor
fleigt, fo verengt fie, ſich weiter oftwärts durch ben nordwäͤrts ges
richteten Lauf bes Hauptftroms unterhalb Artwin, von wo an fe
non K. Koch ſüdoſtwärts am Itſchlale-Su bis Botſchcha am
Tſcherul zum veitten Male in ber gamzen Erſtreckung ilberſtiegen
wurde, bis auf 8 Stauden Wegs, und fett ſich bis zu geringer
) . Roc, Wanderungen II. 6.149199; 5. Koeler, Rotkjen wi
rauateberigte, SW. &.219—231, u. nene Bolge Di
is
Der untere Pauf-bes Tſchorut. An
Soba von 2000 Fuß herab. Die mulerifge Lage von Artwin uub
bie Mklich anliegenben waſſerreichen Gebirgegaue von Ardanutſch
(fe Adranutsinm bei Constantin. Porphyr. de Administr. Imp.
@ 44. ed. Bekk. III. p. 206) mit ifress öflichen Zuftäfen zum
Zigeruf,; wie deſſen wilde Seljenufer abwärts bis Botſchcha, bat
Rod, beſchrieben. Unftreitig iſt das große Längen und Tiefthal
des Tſchorul jene fruchtbare obſt · und weinveiche, hinter den Tzanen,
Di den Küſtenanwohnern, wo jet Laziſtan, gelegene romiſche
Vrovinz zu Procopius Zeit, die er fo bezeichnend Mapairyror,
dae Sch luchten thal nennt, in dem die Perferkönige einft Gol-
graben. bebauen lichen, die heutzutage unbelannt find (j. Pracop. de
Bell. Goth. I. 15 ed. Dind. p. 77, 78), obwol vie Gebirge zu bei⸗
den Seiten noch heute au Rupfer, Silber ud anderen Metallen
reich erſcheinen
Abwarts Artwin bleibt ver Tſchorut, ven Dr. @oeler vahim
wörtg 18 Stunden weit bis Batum im Kahme hinabſchiffte, bis in
dis Nähe der Rüfle vorn wilden Gebirgelande begleitet, bis er mu.
wenige Sieben vem waldbededten Meereufer die ſchmale Steanb-
ebene erreichte. In brei Tagen Zeit pflegt die Halpflößerei, nach
Brent, von Artwin abwärtt zur Mündung bewerkſtelligt zu wer-
Den, dach brauchen bie Kühne aufrärts‘8 bis 10 Tagefahriew, tie
laum wegen ber Rapiden und Cataracien zu bemerlftelligen find 9).
Die treypenartig obſtufenden Hippigen Thalftufen find an ihren
Berggehängen wit dichten Ficken, Buchen und Erlenwäldern be
wochſen, durch deren Wipfel und Zweige ſich überall Epheu, wilde
Weinreben und andere Ranfengewächfe hindurchſchlingen; Rho⸗
Robenbrougewähle, Roſen und andere Dornengebüſche überwuchern
den Klippenboden. Bei Betſchcha fand Koch) die Breite des Stro⸗
mas 60 Schritt; Koeler vergli weiter abmärte bie Breite des
gelblichen flets trüben Stromlaufes mit ber Breite ver fähftfchen
Sale in ihrem unteren Laufe, als er im ber. Mitte des Duni,
wur Sommerzeit, ſich hinabrudern ließ, war bie zu beſchwerlichen
Uferpfabe zu meiden, bie er bei dem Hinaufritt vach Artwin hatte
überflimmmen müflen.
Untex den vielen Seitenbächen, vie ihm auch äfter in Cattaden
‚fallen, ſcheint nur sin rechter Zufluß ihn bedeutend zu vergrüßern,
der Adſchare, ber auf ein paar Tagereiſen Ferne non kası Duell»
gebiete des Kur, von Akhalzikhe herab ihm zufließt. Ban ber
1) ). Brest, Jemen. 1. c..in A 6, Jen, of Lendan. Vol. Vi. p. 195.
or Klein-Afien. 6.3.
linken Seite her iſt mm der Itſchkale-Su, ver bei Votſchcha
Bortjchich der ruſſiſchen Karte) in den großen Tſchoruk einmundet,
deachtenowerth. Da von dem pontiſchen Hafenorie Choppa (dem
alten Apfarus bei Arrian, Peripl. Pont. Eux. 7) anf dem näcften
Bergwege, am Choppa-Su aufwärts gegen S. O. und mieber ab-
wärts an jenem Stjchlale-Su%) ver Tſchorut am bequemften
erreicht wurbe, fo ſcheint der Name des Hafenortes und feines
Küftenfluffes (des Apfarus)' auch bei den Alten auf die Benennung
des fo benachbarten großen Hauptfluſſes des heutigen Tſchoruk über-
tragen zu fein, Denn Scylar nennt hier neben dem is Fluß
nur den Apfarus als einen größeren Küftenfluß (Scylax Caryand.,
Peripl. 32), der fein anderer als ver Tſchoruk fein kann. ber
Arrian unterſcheidet ſchon ausprüdlich vom Apfarı 8 den 15 Sta
dien (etwa 1 Stunde) öftlicher in das Meer fließenden Acam pfis,
ver hier wie ber IfiS befchiffbar fei (Arrian. 1. c.). Denfelben Na⸗
men wie Schlar wieverholt aber Ptolemäus (Asia C. VI. fol. 136)
und fcreibt ihn Apforrhus, und bezeichnet den Tſchorukfluß dent⸗
licher als alle Vorgänger. Seine Duelle fest er unter 43°, die
Mündung unter 44° 40° N. Br., und weiß, daß er bei 43° 45‘ N.
Br. aus zwei Hauptarınen zufammenfliekt, die er Lycus und
Glaucus nennt. Unter dem erfleren Namen kann .er nur ben
Hauptfteom bes großen Langenthales verftehen; unter bein Namen
Glaucus aber wol nur ven ſudlichſten Hauptzufluß, den Olti⸗
Su, deſſen Duelle er deshalb in die Breite der Kır- und Euphrat⸗
quelle verlegen konnte (ebend. V. c. 12 fol. 184). Brocaptus hat
den Strom wiederum fpäterhin an der Minbung Acampfis nennen
hören, ein Name, ven er von feinem heftigen Wafferfirome
haben follte, welcher die etwa vorüberfahrenven Schiffe ftets tief in
ven Bontus hineinreiße und deshalb die Vorüberfahrt gefährlich mache
(wol bei Bollfluth zur Winterzeit). Deshalb gäben ihm, ber im
Binnenlande eigentlich Boas heiße (Procopius de Bell, Gothico
IV. 2. ed. Dind. p. 464 Vol. II.) die Küftenenmwohner ven Namen
Acampfis (von Axauıypla, d. i. die Unbeugfamfeit). Bon ben
einheimiſchen Autoren nennt der einzige Aſolik ®), ein armenifcher
Schriftſteller des Mittelalters, ven Namen Akamſis und giebt bie
Duelle dieſes Fluſſes im Lande ver Tailh an.
Wenn aud durch fein ſtarkes Gefälle ſehr reißend und oft
») J. Brant 1. c. Journ. Roy. Geogr. Soc. VI. p. 193.
Indſchiſchean, AltsArmenien. S. 369, nachgewieſen von H. Kiepert.
Mündungsland des Zfihoruf. 93
tofend uud ſchaͤumend, ift doch der Lauf des Fluſſes nirgends ſchr
tief ober breit W), und fällt fein ſteiniges Bett nicht ganz aus, im
welchem ver größere Theil des Jahres überall nadte Felſen und
Ouſeln hervorragen. Erſt abwärts des Anfchara, unterhalb Erget),
wird das Gefälle fanfter, aber nur wenige Stunden fern vom Meere
tritt er ig dag ebene Borland der Küfte ein, bis er die Nähe der
Baht von Batum erreicht, die an feiner Oftfeite ben. beften Hafen
ver Küfte bildet, und früher ſehr wahrſcheinlich einen eigenen Mitn-
vungsarın des Stromes (Bathys genannt, bei Arrian. Peripl. '
Pont. Eux. p. 7) erhielt, ver nad; feiner Berfandung wol der Bucht
feinen Namen bis heute zurückließ. Auch heute fpaltet ſich ter
Tſcheruk noch in Heinere Arme in feinem Mindungslande zwifchen
niederen Geröllinfeln und Sandbaänlen, zwifchen denen große Streden
in Berfumpfungen ftagniren, die von vielm Schlangen, Schild⸗
tröten, Blütegeln belebt, auch theilweife in Reisfelder ver-
wandelt werben, aber in ber heißen Jahreszeit die Luft fehr Fieber
erzeugend, ungefund machen und verpeften, fo daß dann felbft die
Lazen das Ufer verlafien und. auf vie Gebirge ziehen, alle Raufläven
im Hafenorte Batum gefhlofien werben, die Küfte menfchenleer wird
und ſelbſt die Hafenftation während dieſer Zeit für die Schiffe
mannſchaft zu gefahrvoll ift, um da vor Anker liegen zu bleiben (vom
Yuli bis October). Daher mag wol die mobernere türkiſche Be
nenmung dieſes Grenzflufles gegen die kaukaſiſchen Landſchaften:
Tſchorokſu, over nad türkiſcher Schreibart Tſchurukſu, dis
heißt „Faules Waffer“, von dem unteren Laufe des Stromes
nach und nad) auf feinen ganzen oberen Lauf in Gang gekommen
unb übertragen fein, ver zu Procopius Zeiten noch unbefannt ge-
Sieben war, wo man ihn nad) beffen Zeugnig Boas nannte; aber
tie einheimiſche armenifche-und georgiſche Form des Namens ift
Dihorodh (H. Kiepert). Die heutige Küftenftation Batum ?)
unter 41° 40' N. Br. und 41° 35‘ 25 öftl. 2. Gr. liegt am flib-
weſtlichen Ufer einer geräumigen Bai, bie vom Tfhoruf nur durch
ein 2 Stunden breites, ebenes, walbiges Borland, einen Alluvial⸗
boden, oſtwärts abgetrennt ift. Sie gehört, nächſt Sinope, zu
ven gefiderteften Häfen ver Küfte, hat tiefen Ankergrund ımb ift fo
geräumig, daß 80 ver größten Schiffe in ihr flationiven Einen.
100) Koeler, Motizen a, a. D. IV. ©.230. *) ebendaf. I. ©. 27.
*) Roeler a. a. D. 11. ©. 22 u. f. and IK 6.218 u. f.; verglaiche
3. Brant a. a. D. VI. ©.193. .
— Klein-Afen. . 8
Pie Edhiffe finden Aber nur am ihrer umgefunden Meftfeite, bei 1O
bis 80 Fuß vom Ufer, in einer Tiefe vom 15 bis 17 Baden Anker⸗
gemd im Abſtand von 120 bis 150 Fuß; bei 160 bis 180 Faß
Tiefe noch hinreichend geſchützte Station gegen heftige hier voc«
herrſchende Weſtwinde. Der Oftfeite, welde durch Gebirge und
Bald weniger Schu gewähren Tann, bärfen fie ſich Leider nicht zu
fegr nähern; aber eben biefe Oftfeite wihrbe, nad 9. Brunts As
ſicht, wenn da die Hafenſtadt Ebant mürke, eine viel gefundere
Station darbieten als in ihrer gegenwärtigen Bage, und enfecjalb
bes Moräfte u und Misamen Legen.
Biertes Kapitel
Die weſtlichen Senkungen der pontiſchen Strom
ſyſteme.
Unter ben Weſtſenkungen der großen pontiſchen Gteomfyfteme
nimmt ber Jeſchil Irma (Iris) die öftlichfte Stelle, ver Kyrzyl
Irmat (Halys) die zweite bavauf folgende, aber der Größe umb
Bedentung nach bie erſte Stelle, ver Salaria (Sangarius) nimmt
dem Raume nach gegen Weſten die dritte Stellung ein. Doch wir
and noch im Oſten des Jeſchil Irmal ein Termeh⸗tſchai in bie
Karte eingetragen, der bei dem Dertchen Termeh in das poutiſche
Mer einmübet und kein anderer als der in der Amazonenmythe fo
berühmte Thermodon fein lann. ber fein Gtromgebiet ift noch
heute bis auf feine Mündung eine Terra incognita geblieben. Seine
Duelle mag allerdings wol nahe im Weiten auf demſelben Berg-
zuge ber Tſchoruk⸗Quellen im Gebirgsgau Gümiſch-Chane ihren
Urfprung nehmen, und ihr Strom fübmärts bie paryadriſche Küften-
kette von D. nach W., auf ver erften Plateawftufe, im Läugenthale
an ihrem Fuße bin weſtwärts begleiten, bis zum nörblichen Durch-⸗
bruch im kurzen Dwerthale, um an ver Küſtenſtadt Termeh den
nahen Strand zu erreichen. Aber fo fehr ein folder Lauf auch ver
analogen Bildung feiner ſüdlichern Paralleithäler, des Lyxus und
oberen Iris, entfpredien mag, fo ann biefe, wenn ſchon wahrſchein-⸗
liche Analogie feimes Stromlaufes mit feinem weſtlichen Nachbar-⸗
firome erft durch die künftige Beobachtung ermittelt werben, die biß
jetzt gänzlich gefehlt hat. Nur fo viel ſcheint wol ficher zu fein, daß
er ber erfte pontiſche Fluß diefer fo lyſtematiſch großartigen und ’
weftwärtögehenven Terrainausbildung ift, der bier auftritt; deun
Der Termeh⸗iſchai, Thermodon. [2
alle ihm nordwãrts von ber Partabres- Küftenkette belauut gewor⸗
denen zum Meere abfallennen Gewäfler find nur Küftenfläßchen
von lürzeſtem Laufe, bie nur für das Geſtade ſelbſt eine loeale Be⸗
deutung haben, aber feinen. Einfluß auf die weitere Geſtaltung des
taraffirten Binnenlandes der Halbinſel an ihren Norbabfalle aus-
üben. Es find die geringeren, mitunter wilden Vergferdme, bie bei
den Stãdten Trapezunt, Tireboli, Kerafün, Bulaman ma,
welche fi an ihren Mündungen anfievelten,.fih zum Meere. er-
gießen; wo fie an der Geflabelinie dann nur durch diefe Anfieblung
Beachtung verbienen, aber landwärts nur wenige Stunden veichen,
und meift auch ummterfudht blieben, ven einzigen Degirmen«Su,
bi der Fluß von Zrapezunt, etwa ausgenommen, vom ben bei
diefer Stadt die Rede fein wir, meil an ihm das Duellgebiet des
Tſchoruk um Baiburt gewöhnlich aufwärts erftiegen zu werben pflegt.
Erläuterung 1.
Der Termeh⸗tſchai (Thermodon).
- Der Termeh tſchai ift leiver nur an feiner Mündung durch
®. Hamilton bei feiner poutiſchen Küftenveife befucht werben,
ober in das Junere feines oberen mb mittleren Laufe bio auf
' am Querroute Capt. Lwoffs von Nikſar nad Falſa, auf
welher der mittlere Lauf des Termeh⸗tſchai überfegt wurde 19), Me
\ aber wech nicht näher beſchrieben wurde, ift fein neuerer Beobachter
Gngebrangen. Zwar hat auch ber armenifche Patriarch von Antiochta,
, Mocarius, wahrfcheinlich in dem Jahre 1695 benfelben Weg von
Deroe int 3 Tagemarſchen über Argoffinac Rikfar zurüdgelegt, aber
ı ah außer Angabe biejer Station nichts Genaueres darüber angege ⸗
beat). Daher die Karte feinen Lauf auch nur hypothetiſch einzutragen
vermochte, fo ruhmvoll auch dieſer Strom in ber claſſiſchen Zeit durch
die uralte Amazonenſage war, deren kriegeriſches Weibervolt ſchon bei
Hemer (Hias III. 189; VI. 187) als mannerfeindliche Helbinnen er⸗
wähnt wird. Herobot führt fie mit einem ſtythiſchen Namen (Herod.
V. 110: olögnuza, das heiße Münnertöbterinnen) al® die An⸗
wohnerinmen am Thermodon auf, wo fie gehaufet, bis fie nad) ver
0) Rach nünsliger Mitthellung des A v. — f die
Bdlstofffche Karte von Kleinafien. 1 *) The Trasels of Ma-
carws, Patriarch of Antioch. in Araber Grand by F. C. Belfgur,
Translat. fead. Lond. 1836. 4. T. Il. p. 438.
%* alein⸗ Affen. 6.8.
Herkulesſage 19) von ven Hellenen in ver Amazonenſchlacht zu The
mischra am Thermobon befiegt über das Meer zum Tanais ſchiff-
ten, jenfeit des Tanais zu ven ſtythiſchen Sauromaten und dort, oder,
* wie Steabo jagt (XI. 504— 505), in den Kaulaſusbergen bei Gar-
gariern eine neue Heimath fanden. Andy in die Thefeusfage iſt bie
ältefte Vegebenheit ver Amgzonen verflochten und in bie vieler au⸗
deren Völter bis in ben Kaukaſus; immer bleibt jedoch, wie bei den
griechiſchen Tragikern (Aeschylus Prometh. v. 726, 748) und am
deren Dichtern (Apollodor. IH. 5—9), ver Thermobon umb bie
gepriefene Aue Themischra’s ver claffifche Boden ihrer auch
für die Kunftmythologie ruhmvollen und fo weit durch Vorder⸗
afien, vom Kaukaſus bis Smyrna, ja bis nad) Attica (Herod.
IV. 27) verbreiteten Amazonenfage. Sie fließt ſich aber and,
ihrem weſentlichen Inhalte nad, an den wrälteften religiöfen Cultus
(ver Mitra oder Kybele)) der Vorberafiaten überhaupt am, von.
denen das Land an Denkmälern voll ift; daher konnte fie nur eine
jo hohe und allgemeine Bedeutung für die ganze Folgezeit erhaltey,
deren legte Grundgebräuche, wie Strabo (XI. 504) fie bei Garga-
riern überliefert hat, auch heufe noch nicht ganz erloſchen fheinen.
Obwol Strabo in der claſſiſchen Stelle über die Amazonen
(XI. 504) ihre Sage für. volle Fabel erklärt, kann er doch nicht
umbin, das Gebiet, das fie bewohnt haben follten am Thermodon,
beſonders hoch zu preifen, das er als ein in Amaſia ain benachbar-
ten Iris Geborner wol kennen mußte. Da das Wenige, mas wir
im neuerer Zeit vom Termeh-fu erfahren, ven älteren Ausfagen von
dieſem bis jet faft gänzlich unbekannt gebliebenen Stromgebiete nicht
wiberfpricht, fo mag bier vie bedauernswerthe geographifche Lüde
mit ber Ausfage ver Alten auszufüllen verfucht werben, um künftige
Reiſende zur näheren Erforſchung dieſer Erdſtelle anzuregen. Ueber
die fo weit und vielfeitig verbreitete Sage der Amazonen ift vor-
züglich auch die Gefchichte des Alterthums bei M. Dunder ?) nad
äufehen, der bemerkt, daß die wefentliche Grundlage dieſes weit air
gefponnenen Sagentreifes ein in Kleinaſien verbreiteter Kultus fei,
der feine Hauptftätten am Thermodon hatte, wohin,die Griechen bie
Heimat) der Amazonen verjegten.
105) 8, Preller, Griechtſche Mythologie. Bd. II. &.161, 199.
I Er. Erenger, Symbolif und Mythologie. Ite Wnsg. 1840. Th. I.
La Amazone ©, 573—577 u, Rate. ©.671—679.
7 Gedichte des terthums von Mar Dunder. DL. I. 2te Auf.
1855. ©.232—236.
Der Termeh-tfhai, Thermodon. 9”
Herodot nennt den Thermobonfluß, an dem einft bie Ama-
genen, fpäter Syrier (auch Aſſyrier, Leucoſhrier genannt, d. i. Caps
podociet ber fpäteren Zeit) 8) jagen, welche von den Kolchiern die
Beigneivung angenommen haben follten (Herod. II. 104). Da
Herotot jagt, daß er von Themischra bie Sindile bie größte Breite
des Bontus gemeffen habe (Herod. IV. 86), fo muß zu ſeiner Zeit
an der Mündung des Thermobon wohl pontiſche Schiffahrt im Gange
gewefen fein. Aus Xenophons Nüdkehr mit feinem Griechenheer
vom Euphrat an den Pontus ergiebt ſich die ſtrategiſche Bedeutung
der Landſchaft Themischra für die Hiftorie. Drei bedeutende
Etröme hintereinander im Feindes Lande, fagt er, waren hier für
feine Heeresmacht am Geftade Hin nicht ohne befondere Schwierig-
kiten zu ilberſchreiten, daher dieſer Umftand die Heerführer zu dem
Gtfäluß brachte, dieſe gefahrdrohende Marſchroute zu meiden, und
fh von Trapezus, der Colonie der Sinoper, lieber zu Wafler ein-
uhhiffen, als auf dem Landwege in die Heimat zurüczufehren. Der .
Dermodonfluß, fagt Xenophon (Oyri Exped. V. 6, 3.), hatte eine“
Breite von 300 Fuß (3 Plethra), der Iris mar nicht meniger
icwierig zu durchſetzen, der Halys aber 1200 Fuß (2 Stadien) breit,
und noch ein vierter Strom (Parthenius) folgte nad, an beren drei
für ein großes Heer ſchwer zu überwindenden Hinberniffen man da⸗
i gegen an ihren Mündungen leicht vorüber ſchiffen konnte (ebend.
2,1). Schon hieraus wird es Mar, weshalb Cröſus an biefer
natärlichften Grenzwehr feines lydiſchen Reiches der Uebermacht der
Perfer unter Cyrus entgegen Ju treten verfuchte (Herod. I. 75),
und feit ältefter Zeit am der Grenze der Meber und Lyder (Herod.
172) die Ebene am Thermodon durch ihre Schlachtfelder eine fo
zortiale Bedeutung erhalten konnte. Denn bie Mündung bes
Thermodon lag nah Arrian nur 10 Meilen (400 Stadien) voh
ter Mündung tes Iris, und biefer nur 14 Meilen (560 Stadien)
fern von der Mündung bes Halys (Arriani Peripl: Pont. Eux. 16);
— eine natürliche dreifache Verſchanzung gegen die Ueberfälle von
Den Thermodon rühmt Strabo (XII. 548) wegen ber
tihen Bewäflerung feiner Ebene, und auch Apollonius (Argon.
11 366) beftätigt dies, wenn er die Zahl feiner Zufläffe, vieleicht
übertrieben, auf 96 angiebt. Dionyfius (D. Perieg. v. 773—786)
—
") Dionys, Perieget v. 772, und Comment, p. 273, 331, ed. 6. Bill,
Load. 1679.
Ritter Grotunde XVILL. \ ö 6
as Kein ⸗ Aſien. §. 8.
laßt ihn, wie auch den Halys, aus ten armeniſchen Bergen fom-
men, fo daß beider Quellen wol in denſelben öftlichen Bergen be⸗
nachbart Liegen mögen, wonach die hypothetiſche Kartenzeichnung Bei
Kiepert vielleicht den Vorzug vor der ſehr veränderten ver ruſſiſchen
Karie, den oberen Lauf betreffend, erhalten dürfte. Der mittlere
Kauf ſtimmt in beiden Rartenzeichnungen noch ziemlich überein, weil
bier die Querſtraße von Niffar über Avrouſta und Tſchairalankevi
bei von Tſchichatſcheff nach Finbitü und datſa am Pulemon Tfehai,
und die von Nilſar über Sirfis ebenvahin auf Kieperts Karte noch
einigen Anhalt geben konnte. Die Haren Waller (Aevzöv ddp,
b. Dienys. Perieg. v. 774) des Thermodon, die wegen ber kriegeriſchen
Auazonen vem Mars geweiht waren, ergoffen fi zum Pontus. Gr
fol früher Cryſtallus geheißen haben (Plutarchus de Fluv. p. 29),
weil ex jelbft im Sommer ſich mit Eis belegte, was wol durch bie
Ausfage bei Dionyfius veranlagt wurde, daß in feinem Bette Cryſtalle
und blauer Jaspis gefunden wirben, was jedoch aud von Plinius
(H..N. XXXVIL. 37) beftätigt wurbe. Ewlija Effendi !®), der
im Jahre 1648 am Halys und Thermedon vorüber fchiffte, ſpricht
non den außerorbentlich großen und ſchönen Carneolen und an-
beren Evelgefteinen, die am Ufer des unteren Halys. gefunden,
von den Goldſchmieden und anderen Künftlern, zumal aud in Tra-
pequnt, zu den loſtbarſten Schmudſachen, Waffengriffen, Dold;-
gefäßen u. ſ. w. verarbeitet würden, und welche wol auch vom un⸗
teren Thermodon aus den oberen Bergen, wie vom Halys nach dem
Tieflande herabgeſchwemmt werben möchten, und zu biefer frühenen
Sage Beranlaffung, geben fonnten, da ihr Vorkommen vorzüglich
nur auf diefe Gegend befchräntt blieb.
Das Land zwifchen dem Thermodon und bem Iris, entlang
tem Pontusgeſtade, nennt Strabo, nad ver in ihr gelegenen
Stadt, die Themischra-Ebene, ie reichlich bemäffert, ſtets be:
ſeuchtet und grasreich, ungemein fruchtbar fei, daher ihre Bewohner
nichts von Hungersnoth müßten und zumal im Beſitz fehr zahl:
reicher Herden feien. Die Amazonen wurden als vorzügliche Pferde
züchter und Weiterinnen auf der Jagd wie im Kriege geſchilder
(Strabo XI. 504). Diefe jehr fruchtbare Ebene zwiſchen dem um
teren Iris und Thermodon, fagt ver amaſiſche Geograph, werk:
mit Moorhirfe und Hirfe (rjs Aypov xui x&yxoov, Strabı
XI. 547), d. i. mit Panicum und Milium (nad) Plin. H. N
'°®) Elia Efendi, Narrat. of Trav. 1. c. II. p. 39, 48.
Der Termebh⸗ tſchai, Thermodn. 9
7. 8c.10. ed. 8. U.), das heutige Sorghum vulgere und Panicum
wilsceum, bie gemeine Hirſe ver Botaniker 10), bebaut, was
alle nicht Budweigen und Sirfe ber deutſchen Ueberfegung A) bes
ihnen fan. Dies würde einen durchaus dürren Boden vorans«
fepen, was der Angabe Strabo's wiberfpricht, der noch hinzufügt,
daß die Vergfeite der Ebene des Thermobon, d. i. der Rordabfall
tat mäßig hoher pontifcher Kettenzüge, vieles Obſt erzenge. Dieſe
Bergfeite, jagt Strabo, liefert von felbft wildwachſende Baum ⸗
Fägte in Fülle; es find Birnen, Aepfel, Nußarten, Trauben fo
vice, daß u jeder Zeit bie in ben Wald Gehenben reihen Bor-
said finden, da die Früchte entweder noch am Baume hängen, ober
af und unter dem Laube abgefallen liegen, weldes in Menge
" mfgefhättet iſt. Diefer Reichthum von Früchten und Ueberfluß
führt and eine Menge wilder Thiere aller Art nach dieſer The—
wnitchra, welche im Oſten ber Ebene Sidene liegt, bie eben fo veich-
Gi bemäflert, aber weniger fruchtbar war. Dem bier ftiegen land⸗
& bie eifeufteinzeichen Küftenfetten näher am. Bontus auf, weiche
auf von ben berühmten Chalyben (Haligonen bei Homer), den
Berg und Stahle Arbeitern, bewohnt waren, die Strabo zu feiner
Fit Chalpäer nannte (Strabo XII. 549), eben da, wo noch heute
ca Bol der Eiſenſchmiede geblieben ift- ( Erdt. Th. X. 1843.
6.768) 2). Man könnte wol, bei ber völligen Leerheit unferer
Larten in den Länderräumen an bem uns fo unbelannt gebliebenen
Zermch-lnffe, auf den Gedanken fommen, daß Strabo aus Bor-
Gehe für fein Heimathland, zu Amaſia geboren, zu deſſen Gebiet
damals auch bie Lanbfchaft am Thermobon gehörte, ſich zu einigen
übertreibenben Schilberungen berfelben hätte hinreißen laffen. Nach
8. Hamilton leider nur zu ſchnellem Vorüberfluge fheint jedoch
tie Beichaffenheit ber alten Landſchaft Themischra und ihres Steom-
lanfes wol einer größeren Beobachtung als bisher werth zu fein und
im Allgemeinen die älteren Angaben nur zu beftätigen. W. Hamil-
ton hatte auf dem Rilckwege von Trapezunt längs der Küfle des
Meeres, durch die eiſenreichen Küftenorte ver alten Cha-
am Melitfſch⸗tſchai (Oenius), einem Küſtenflüßchen, ven Ort
ieh (Oenoe), im Oſten bes ZTermieh = Fluſſes gelegen, am 16ten
'*) Dr. Era ©. Br Meyer, Brof., — Geläuterungen zu Stra:
bone Geogr. Königeberg. 1852. 8. S. 46-
*) Großfurb, Meberf. 0.1. ©.AT2. "7 W. Haniton, Researches
in Asia Minor. I. p. 211-282; f. Ainsworth, Trav. and Res. Lond.
1R. To. 9 1. B
G2
100 Rein-Afien. $. 3.
Iuli 1836 erreicht, mo die bis dahin bicht am der Küfte hiuſtrei⸗
chende Bergkette plötzlich zurüchveicht und zwiſchen fi und bem
Meere einer breiten Ebene Raum giebt, vie theils bewaldet, theils
mit manmnichfaltigen Obftbaumgruppen bewachſen ift. Er betrat hier
von Dften her die von Strabo fo gerühmte fruchtbare Ebene,
welche der Thermobon und ber Irig in ihrem unteren Laufe reich-
lic) bewäflern. Der Weg von Ünieh weſtwärts durch biefe Ebene
hindurch bis Tiheharfhembeh, am unteren Jeſchil Irmal
(Iris) gelegen, führte in einer Tagereiſe 10 Stunden Weges weit,
von einem Orte zum andern, auf dem man fid hier mehr als zu.
vor von ber Küfte entfernte 213), Man hatte fanbige Streifen, zu-
weilen naffe und fumpfige Ebenen, alle mit Wald- und Obftbäumen
in ihrer natürlichen Wildniß, wie zu Strabo's Zeit, zu durchſetzen;
es waren Sylomoren (mol Ahorn-Arten ?), Eſchen, Eichen, man-
herlei Dorngewächſe; an Obftbäumen konnte man Wepfel, Birnen,
Pflaumen, Trauben, Mispeln und Hafelnife in großer Menge
pflüden. Ein niebriges, weites Borland ift durch die. Schuttführen-
gen, welche die beiben benachbarten Flüſſe feit Jahrtauſenden gegen
den Norben wälzten, als ihr weites Delta vorgefchoben, deſſen Spige
jegt von den Türken Tfchalty-burun einft Heracleum Pro-
montorium genannt wurbe.. Das malbige, oft mit Sümpfen
und Lagunen überbedte Borland nöthigte öfters zu weiten Umwegen,
um durch feine Trümmer hindurch einen Pfad zu finden. Jenſeit
eines kurzen, über ein breites GSteinbette hinweg ziehenden Flüß-
chens Ak⸗tſchai, das jedoch Feine Kühne trägt und fid bald zum
Meere mündet, wird fehr bald der zweite Küftenfluß Melitfch-
tſchai (Beris) erreicht, ber tief zwiſchen fchlammigen Ufern eine
halbe Stunde weiter im Norben zum Meere flieft. Bon num an
wendete man fid) vom Seeufer ganz weg in das reiche, innere, noch
flache Land, deſſen ſchönſte Grafungen, von Wälbern und Ge"
büfchen umkränzt, die au Ammianus Marcellinus (XXIL.8, 19)
vühmte, bie reizenbften Landſchaften barboten; denn bie einzeln
flehenden Baumgruppen, mit Ranfengewäcfen und zumal Trauben
gehängen bis in die Wipfel umhängt, bilveten bie jhönften Grup-
pen. Zu Hochwald erhob ſich erft tiefer landein die Begetation,
wo auch die grünen Ebenen im ſchönſten Blumenſchmuck prangten.
Der Heine Melitf-thaiemußte durchſchritten werben, weil die ein-
sige Holgbrüde eingeriffen war, und num erft wurbe die große,
13) W, Hamilton, Researches in Asia Minor. I. p. 280-283.
Der Termeh⸗tſchat, Thermodon. 101
ganz offene Ebene bes Termehfluffes betreten, in ber fehr viele
Ziehbrunnen zum Behuf der Hirten zu bemerken waren. Denn
die Ebene war von zahlreichen Heerben ber Rinder, Büffel und
Hferde bededt, die zu vielen taufend Std auch in ven umberliegen-
den Wãldern oft verwilbern follen. Anbau zeigte ſich weniger in
dieſem Lande ver Heerben, zumal erft in ver Nähe des Heinen Ortes
Termeh, von einigen 100 Käufern, in welchem ber hier oft ftagni«
neabe Fluß die Spur feines antifen Namens jedoch noch bis heute
erhalten hat. Machonald Kinneir !), ver ſchon im Jahre 1818,
bei feiner pontifchen Küſtenreiſe, dieſen Thermobon bei Termeh auf
einer Brüde paffirt hatte, gab ihm-eine Breite von 74 Schritten.
Dech habe ihm der Strom (Ende Mai) faum zu fließen gefchienen;
dech fei er fifchreich und ergieße fich nur ein Stündchen unterhalb
der Stabt zum Meere. Bon dem dortigen „Donnerftags-
markte” ſoll ber Thermobon-Fluß auch Pentſchſcherembe⸗ſu genannt
werben, im Gegenſatz bes benachbarten Iris, der ven Namen Tjche-
harfhembesfu, d. i. Mittwochs-Waſſer, vom bortigen Mittwochsmarkte
ft 29). -
Dsman Paſcha zu Trebifond war (1836) der Befiger des
gamzen Diftrict® am Thermobon, einer des reichften Crumbeigen-
tümer in Meinafien. Die Gegend war im Wohlſtande. Der Heine
Drt mit Mofcheen und gutem Bazar hatte durch 8 bis 10 Schiffe
des Paſcha zur Ausfuhr feines Feldertrages von "Korn und
Reis bedeutenden Berfehr- mit ver Küſte. Das Vieh am Termeh-
Fuß fand Hamilton ſchöner und größer al das bis dahin am
Pentuögeftade gefehene. Er nennt dieſe Küftenprovinz, welche gegen-
närtig bei den Türten Dſchanik heißt, von ünieh weftwärts über
Samfun bis zum Kyzyl Irmak (Halys) Hinausreihend und vom
Seegeſtade ſüdwaͤrts bis an ben Fuß ver Vergfetten hinziehenb, eine
ter reihften Ebenen ver Welt. Dſchanik follte „ver Gar-
ten“, 16) nämlich von Conftantinopel, diefe Provinz wegen ihres
Oeſtreichthums heißen, mit dem fie die Hauptftabt ſehr reichlich wer-
fieht; aber wol hiſtoriſch begrünbeter mag ihre Etymologie aus
viel früheren Benennungen als Rand der Tzanen ’”), ihrer alten
Bewohner, hergeleitet werben, daher in neueren Zeiten erft Dſchanik⸗
%) Macd. Kinneir, Journ. throngh Asia Kine, Lond. 1818. p. 313.
") 3. ». Hammer, Gedichte des Deman. R. 1. ©.228 Not. 608.
) E. Bore, Correspondance et Men. Paris Tat. 8 T.1. p. 208.
7) 3.0 Sammer aa. D. I. ©,227.
108 Klein⸗ Aſten. s§. 8.
Ii, di. die Heimat der Dfhanen!iB), genannt. Ju Arme ⸗
niſchen ſchreibt Iudſchidſchean diefe Provinz Dſchauig 9).
Das Bölfcen ver Tzanen, ver Sauni, war zwar aufäng ·
lich zu Xenophons Zeit nur auf ven öſtlichen Trapezuntiſchen Ge-
birgswinlel befchräntt, fpäter aber verbreitete ſich unter Kaiſer
Iuftinian dieſer Gefammtname vieler ımter einander gemifchter Ge⸗
birgaftämine als Tyani weftmärts bis zum Promontorium Iaso-
nium aus, und noch fpäter zu der von ZIurıdes bewohnten Fia-
von als Provinz bis zum Halys aus, woraus bie türkiſche Be»
nennung Diehanit- Yli hervorging, bei ben öſtlichen Nachbaren,
den Bberern, Tſchanethi, und ohne Vorſchlag blieb fie als Sau⸗
nethi und mit Gruſier Schreibart in Dſchanethi noch keuntlich
genug. Der moderne Name Dſchanik iſt wol ſchwerlich der von D.
nah W. allmählig verbreitete Name, zu dem ſich die türkiſche Bes
deutung bes Obſtreichthunus bei den neueren Geagraphen 20) hinzu-
gefügt haben fol. Mit viefer Benennung des Dſchanil kam die gamge
Landſchaft durch Osman Paſcha (er ſtarb 1841) und Abdalla Poſcha
aus dem Beſitz ihrer einheimiſchen erblichen Dere Beys (Thalfurſten)
von Trapezumt bis Kaſtamuni und ſüdwärts vom Meere landein
fogar bis Sivas (ſ. Gihan Numa bei Hadschi Chalta II. 402—406)
umter deo Joch der Heben Pforte2t).
Es ift vie Themischrn jeme Landſchaft, vie ſchon Heca-
täus vom Thermoben an fi weſtwärts bis Chadiſia ausbreiten
tieg (Hecataeus Miles. Fragm. ed. Klausen. 8. 1831. p. 148,
5360). St rabo's characteriſtiſche Aupreiſung berfelber ericheiast
demnach wol gerechtfertigt, wenn ſchon von einer Stadt Themiacyra
(Gepoxdgıor), wie von ben beiden anderen im Lande ber Ama-
zonen von Apollonius genannten Stäbten Lyeaſtia (ober Lycaſto bei
Pomp. Mela L 19,9) und Chalybia fich feine Denkmale erhalten
haben (Apollom, Rhod. II. 373), und auch vie Amayomenfage
ſchon von Strabo ſelbſt wie vom ben nachfolgenden Autoren, zumal
von Procopius (de Bell. Gothic. IV.'3), vollſtändig in das Gebiet
der Dichtung verwiefen wird. Schlar aber nannte eine Stadt
Themiscyra (Scylax Caryand., Peripl. 33) ala Sih ven Hellenen;
Herodot lichtete aus ihrem Hafen bie Anker auf der Schiffehet
90), Gallınesayer, Gefite du Ralfesifums: Irapııml. &_ 1827.
a en Ya den en © ©. 2 ix zaiperie
1 om Targpin 8
>) K. Koch, Wanderungen im Bricate. Weimar — \ * «19.
Der Termeh⸗ el, Thermodon. 108
zun Phafio. Zu Mithrivates . Zeit, als Lucullas Heer an ben
Dermodon vorrädte (Pluterch. LucuH. 14), war Themischm noch
ine fehr-tapfer von ihren Bewohnern vertheivigte fefte Stabt; zu
iſter Belagerung. mufite vie römiſche Legien Thürme erbauen,
Dimme anfıserfen und unterirbifche Minen graben, die aber vom
ten Belagerten von oben durchbrochen wurden, um Bären und
Vienenſchwärme hinein zu werfen, wodurch fie die Feinde zum Kid
zuge zu nötbigen fuchten *).
Seitdem ſcheint die Stabt in Verfall gerathen zu fein, ben
Bempen. Mela fagte, wie ſchon Plinius vor ihm (Pomp. Mela I.
19,9): fuit Themiscyriem oppidum. Bon einer Lage verſelben
am Meere ift nicht die Rede, wo fie wol nur ihren Hafenort Hatte;
fie müßte Daher wol fübwärts des jüngeren Termeh Immermrärtg
geegen haben, wo aber die bortige Wildniß, wie Hamilton da⸗
für hielt, Monate Zeit erforbern würde, wenn man ihre etwa nedy
vorhandenen Ueberreſte erforſchen wollte. Indeſſen, bemerkt ex, fei
#8 doch eine merfwürbige Thatſache, daß die Bergzitge, don Venen
die genannten Ströme herablommen, und bie, weiche ben Thermeden
iin, welche ſchon Apollonius (Argon. II 972) „Auekdee”
gemamıt habe, noch heute bei Türken den Namen Mafon Dagp
beibehalten. Kinneir 2) mannte fie ſchon die Yırrazenen- Werge,
vom aicorige Höhen mit even Poleten beivadifen une bier und
da mit Hütten und Dörfern lieblich beftveut feim. Auch Plinine
' ste, ber Thermovon komme von tem Caſtell Pausen (wie
Srabo die ganze Landſchaft oberhalb Sidene und Themiscyra
kamıte, XI. 656), und fließe an den Amazonifhen Bergen
hia (Plin. H. N. VI. 4: „Ammis Thermodon ortus ad castelkum
qwd vocaat Phanaroeam, praetergäe radices Amasonii mon-
te lapsus”. Plinius Angabe vom Urfprung des Thermo-
tem bei dem Caſtell Phamarsen würde ein Irrthum fein, wenn er
dunit bie Vertiefung des Thales bei dene Verein der beiden Flüfſe
ders und eis) in der Phanarda des Strabo bezeichnen wollte;
deher et wahrſcheinlicher iſt, daß fein Caſtell Phanaroen eine ms
{om imbelanut gebliebene Burg im öftlichern Gebirge gegen Kleia ⸗
Anmcuien gewefen fein wir, wo and) Dionys. Perieg. beffen Duelle
in bie armeniſchen Berge verlegte. Zu feiner Zeit, fagt Bro-
’) Agpiasi Alex. de Bell. Nitbridat. 224; ed. Ammided. 9670. m 374.
)R. Kinneit_ a. a. D.
104 „Mein-Afen. 83.
copius (de Bello Gothic. IV. 3, 19) Hätten Hunniſche Boller,
die man Sabiren nenne, am Thermobon gehaufet.
Fünftes Kapitel
Das Stromfpftem des Iris, des Jeſchil-Irmak (d. h.
Grüner Fluß) und des Lyeus, des Germeli tſchai,
Raltyt-fhai oder Fluß von Amafia genannt,
bei Indſchidſchean.
Ueberſicht.
Wenn der Thermodon in der Entwicklung feines einfachen
Stromlaufes noch das Gegenſtück zur Conſtruction des heutigen
Tſchorukſyſtems bilden mag, und ihm auch an Größe ziemlich nahe
tommt, fo tritt das Syſtem des Jeſchil Irmal (ber Grüne
Fluß 12%), im Gegenfag des Rothen Fluſſes, Kyzyl Irmat)
fon im größeren räumlichen Maafftabe unb als ein boppelt-
sufammengefeßtes gegen jenes Stromgebiet hervor, das erſt
wenigſtens in breierlei Stufenlanpfhaften feine Entfaltung
gewinnen Konnte, ehe es im umteren Laufe fi zum Meere ergießen
kann, Diefen Jeſchil Irmal nennt auch ber armeniſche Geograph
Amaſieh-ſuji, d. i. Amaſia-Strom *).
Es find die großen Längenthäler ver oberſten ober ſüd-
lichſten Stufe, welcher ver Tufanlu=fu (ver obere Lauf des Iris
in Galatien) entfpringt und von Oft gegen Weſt durchzieht; dann
der Mittelftufe, weler ver Germeili-tfehai (Lyeus), ver
auch Nikfar-fu beißt, weil er bei Nikfar der Türen (Neocae-
sarea ber Alten) vorüberfliet, und als rechter Zufluß des Haupt-
Mromes am Oſtende des großen Längenthales entipringt, vom O.
gen W. im Parallefismus mit jenem oberen Laufe fließt, bis dieſer
fi im wechſelnden kürzeren Ouerthälern norbwärts über
Amafia und dann norboftwärts bis zur zweiten Mittelftufe Bahn
bricht und im dieſer bei der alten Eupatoria (Magnopolis) in ber
Landfhaft Phanaroea mit dem Lycus vereint. Dann erſt
bredien beibe vereinte Ströme ber oberen und mittleren
Stufe im Querthale, an vefien felfigem Engpaſſe Boghaz-
biffarsfaleh Liegt, durch die unterfte pontifche Küftenfette, und treten
#2*) 4. Brant, Journey in Journal of the Roy. Geogr. Soc. of London.
1836. Vol. VI. p. 187. :) Judſchidſchean, Ren Armenien.
. 6.282, nach Kieperts Ueberſ. Der. .
Stromſyftem des Jeſchil⸗Irmak, der Iris, 106
derch den Mafon Dagh in die unterfie Küftenftufe ver alten
Tgemiscyra ein, um bei Tſcheharſche mbe vorüber ſich durch das
don ihm aufgefchüttete ebene, walbige Delta ven Weg zum ‚Meere
Ai bahnen. Strabo, in Amafia geboren, ein Kemer feines
Heimatlanbes, war wol bazu geeignet, bie ſicherſte Nachricht über
dieſes Stromſyſtem zu geben; doch hat er 8 nur in kurzem Umriß
angeveutet, wo wir ihn gern umftänblic vernommen hätten. Ex fagt
(KO. 556): „Phanaroeag liegt über, d. i. fübwärte, oberhalb
Temiscyra hinaus, und ift ver befte Theil ver pontiſchen Stufen-
mlänber, denn es trägt Oliven und Wein und befigt viele an-
‚ „dere Borzüge. Gegen Dften zieht fid) dig Kette ves Baryabres, -
moegen Weften aber bie Kette des Lithros und Ophlimos (jegt
nDihanit Dagh) hin“. Ob bier noch heute wie damals Del-
bäume wachen, ift uns nicht befannt geworben. Die Ebene
des Zufammenfluffes Phanaroea ift ein Thal vom fehr beträdht-
Über Länge (ein großes Längenthal von O. nad W.) und Breite,
U Armenien (Klein -Armenien) her durchſtrömt der Lykos
(Germeli tſchai) diefe Ebene gegen Weit; aus ven Engpäffen unter
dalb Amaſia aber tritt ber Iris zum Lyeus. An ihrer Bereinigung
in der Ebene baute Pompejus an die Stelle ver von Mithribates
Erpater früher angelegten Eupatoria biefelbe Stabt größer aus
u nannte fie Magnopolis. Der Iris (Strabo XII. 547) hat
fine Quelle noch im Gebiete des Pontus (P. Polemoniacus), fern
im Often, und fliegt von da gegen Weft durch die Stabt Comana
pontica (jest Gümenef) und am’ heutigen Tolat vorüber; ba
weiter gegen Weſt duch bie fruchtbare Ebene Darimonitis
(ie jegige Hochebene Kaz Oma). Hier menbet er ſich zuerft bei vem
m Strabo’8 Zeit ſchon veröbeten Königsfige Gaziura (ober
Sehafopolis, jet Turchal) vorüber gegen Nord (im Duer-
thal); dann wieder oſtwärts, nachdem er von ber linken Geite ben
Schlar und andere Zuflüffe aufgenommen’ hat, an Amaſia (Strabo
XIL 561) vorüber, das in einer tiefen und großen Felſenſchlucht
Ügt und von Natur trefflich befeftigt ift. Nur durch Engpäffe ber
narthäler verläßt ver Iris die Stabt Amafla; dann breitet ſich
fein Thal aber bald wieder in bie weite fegensreihe Ebene
Chilioe om on norbweftwärts ans,-welhe mit ihren fruchtbaren
Gertfegungen die Diftricte Diacopeme und Pimolifene bis
zum Halys fortzieht. Der Strom des Yris folgt ihr aber nicht,
fonbern aus der oberen fun in bie mittlere Stufe, in ‚bie
Panaroea, eintretend und in bie Richtung ihres Längenthales oft»
108 aleinAfen. 8.3.
wärts einfrömenb, kaun er ſich num hier mit dem Lyeus vereinen.
Der alfo Doppelt bereicherte Stromlauf durchbricht num, die Benen-
nung bes. Iris- beibehalten, deun ver Name des rechten Zufluſſes
verſchwindet hier, die nörbfichere pontiſche Duerfette, den Umazonen«
Berg (jegt Mafon Dagh), und erreicht endlich bie -unterfte Stufe
in der Ebene von Themischra, weitwärts unfern des Thermobon
(iegt Termeh) an Tſcheharſchembeh vorüber. und ergieft ſich durch
fein ebenes Borland (das Delta) zum Pontus. — So weit des
Strabo fehr genaue Angabe des Stromlaufes, der auch Plinius
. (VE 4: Iris ſumen deferens Lycum) ımb- Andere im allgemeinen
beifiimmen.
Das genauere ſpecielle Berzeichniß dieſer Flußlaufe iſt ach
ſehr hypothetiſch und auf allen Karten von einander abweichen,
denn noch. fehlt jeve Bermefjung und Aufnahme, ſelbſt an ben
meiften Hauptorten die aftronomifche Ortsbeftimmung, und nur ven
ben wenigen Reiferouten, welche nach verſchiedenen Richtungen biefes
Strougebiet durchſchueiden, konnte die Beobachtung aameiner Rei⸗
ſenden ausgehen.
Das Stufenlaud diefes Stromfyſtems erhebt ſich von vem”
Kuſtengrunde in meiſt dreifachen Stufen, welche durch ben
ormatlauf der Längenthäler bezeichnet werben, zwiſchen denen ſich
aber viele untergeorduete Stufenbildungen einreihen, die duvch ver⸗
ſchtedeue Parallelletten und ihre Verzweigungen vom einander ge
ſchieden find. Bon ver Küſte an gegen Süden 12%) dieſelben empor-
ſteigend, tritt man in bie weiten offenen Längenthäler derſelben ein,
die man sur in fübliher Ferne von ven hohen Gebirgszägen be
geengt fieht, welche mit ben Blateaus gleichlaufen. Nur durch tiefe
Felsdurchbrüche in ben Querthälern, welche nur felten bequeme
Saumpfade zur Seite geftatten, kann man von Stufe zu Stufe bie
Höhen’ erreichen.
Bon den flachen Küftenftreifen fteigen bie Plateauſtufen meiſt
ſteil und ſchroff von ber Meeresfeite her über 2000 bis 3000 duß
hoch empor; nadter Fels pflegt nur in ven Querthälern ſich zu zei⸗
gen. Die Lanvrüden und Kuppen find mit fruchtbarem, quelkreichem
Boben, mit angebauten Thälern ober dicht bewaldeten Höhen bededt,
ans ſchoönen Budenmwälpdern wie im Norbbeutfchland beftchend,
die höchften Felsgrate mit Fichtenarten bewachſen. Nur nahe
220) v. Moltke, geogeaphifihe Notizen über Kleinafien in H. Kieperis
Rem. Beslin 1854. S. 7.
Stromſpſtem des Jefſchil⸗ Jumak, der Itis. 107
dem Müßengrande gegen das Meer zu ſindet mon Cypreffen,
Diiven, Feigen, Rabelbäume, Reben, aber weder Grauaten,
noch Dramgen, noch Palmen, wol aber Maulbeerbaumcnftur,
me > ®. das game ſchoͤne linke Seitenthal des Iris, Chiliocomen
px mittleren Stufe, wo jegt Marſiwan (Phazemon der Alten) bis
Amafla nur Ein Garten von Maulbeerbäumen ift.
So feil die drei Stufenfetten nordwärts zum Meere abfallen,
fo fanft ſeulen fie fich meiſt alkmählig gegen Süden hinab, weil
ie Fuß auf immer höherem Plateaulande ruht. Won der Mittel»
Rufe des BZurfammenflufles vom Iris und Lycus fehlt noch bie
Öähenmeflung, wir ſchaͤen fie auf etwa 1000 Fuß üb: d. M.; von
des oberen Stufe find Meſſungen vorhanden; To kat im Längen»
häle des oberen Iris if m 1677 Fuß üb. d. M- (nad) Aineworth);
ver Mfall der wörblichen Ouerkette zu ihm in Ferne von 2 Meilen
00 Fa; die Erhebung ber Gebirgsfette im Siben des Iris und
von Tolat, nämlich des Tihamly-Bel, ift 5000 Fuß üb. d. M,
mes die Süpgrenze bes Iris- Gebietes vom Halys- Gebiste
lildet un fe viel als Fichten⸗Rücken (Tfham, d.i. Fichte im
Zärhfjen) Heißt”). Mad v. Tſchichatfcheffs Meflwngen liegt
Tokat ⸗ 1600 Fuß üb. d. M.; die Ebene Kaz Oma (Gänfeebene)
weiter abwärts am Iris = 1393 Fuß, Amafia = 1234 Fuß üb,
EM. Die mit Fichtenwald bewachſenen Rüden des Tſchamlybergs
meh Hinsworth genauer zu 4935 Fuß Par., die höchſten Gipfel zu
489 und 938 Fuß höher bis 5874 Fuß; bie Kette beſteht aus Ser«
venlinen web Taltichiefern, Tokat liegt nach ihm 1479 Fuß Par.
d. M. Auch das Caſtell ver Stadt liegt auf einem Glimmer⸗
qeeierfels, darüber Kallſtein mit Petrefacten. Die Ebene mm Iris -
Gag Fuß üb. d. M. Die Seitentetten des Iris fleigen
» feinen beiben Geiten nur zu 2800 Bis zu höchſtens 3000 Fuß
af. Die Duelle des Iris liegt nur wenig füblicher als bie feines
Zuflufies Ly cus, etwa unter 40° N. Br., alfo nur etwa 16 geogr.
Ralen in directem Abſtande vom Pontus. Die Quellen des Lycus
fingen ihm aber an 40 geogr. Meilen weiter im Oſten, weit öͤſtlich
übe Larahiſſar hinaus, und entſpinnen fi erſt auf .venfelben
VLcherſcheidehoͤhen wie ver fübliche Quellarm des Tſchoruk in S. W.
os Baiburt. Bon den Quellen am haben dieſe Waſſer daher eine
*
#) Otter, Voy. en Turquie. Paris 1748. T.II. p.330. Dupre, Voy. 1.
pAS. Ainsworth, Researches in Assyria, Babylomia, Chaldaea. Lond.
8. 1838. p. 287.
18: Melle. 08%
Streche von 70 bis 80 geogr. Meilen zu durchlaufen, ehe fie wie
Mündung zum Meere in ber weftlihern Nähe des Termeheinflufles
zum Pontus erreichen, wodurch das von ihnen bewäflerte Strom-
. gebiet mad} einer ungefähren Schägung eine Ausbehnung von gegen
400 Duabratmeilen erteihen mag. Nur einzelne Stellen der Fluß ⸗
läufe und ver Querftraßen, melde dieſes Gebiet durchſetzen, auf
denen neuere Reiſende ihre Beobachtungen anftellen konnten, find
uns näher bekannt geworben, daher bleiben zwifchen den vielfach
wieberholt beſuchten Ortſchaften und Hauptftationen faft überall in
unfrer Kenntniß große geographiſche Lucken, die erſt durch künftige
Wanderungen ausgefüllt werben Tönnen. Solche Hauptrouten
haben das Material für die Kartenzeichnung gegeben und lafſen alſo
nur theilweiſe Richtigleit zu, und noch viele Wunſche übrig. Die
gewiſſenhafteſte und umſichtigſte Grundlage auf dieſem Gebiete der
Straßenzüge durch ganz Kleinaſien wird belanntlich dem Bearbeiter
der Karte von Klein-Aſien verdankt, der wir hier vorzugeweife fol⸗
gen, da über ihre critifche Bearbeitung auch Recheuſchaft gegeben
if 2%). Gehen wir nun von biefer allgemeinften Ueberſicht zu ven
vorhandenen befonveren Beobachtungen über.
Erläuterung‘. ”
Die obere Stufe des Yrislaufes von der Duelle bis Tofat.
Sie gehört durch die beiden genannten Hauptftäbte, welche
geoßen Karamanenfiraßen zu Hauptftotionen auf dem Wege von
Eonftantinopel nach dem CEuphratlande- dienen, zu ben befuchteften
Landſchaften des inneren Klein-Aſien. Dennoch ift der Stromlanf,
softwärts der Stabt Tofat und an feinem Urfprunge nur wenig er-
mittelt.
Es ift uns fein reifender Augenzeuge befannt, der von-Tofat
im Jristhale über das benachbarte Gumenek (Comana Pontica)
hinaus ben 'oberen Lauf dieſes Fluſſes bis zu beffen Duelle erforſcht
hätte. Nur der Franzoſe Bord auf feiner Wanderung von Siwas
im oberen Halys-Thale, um von da nad Erzerum in Armenien
einzubringen (im Juli 1838), glaubte die Duelle des Iris gefim-
ven zu haben, melde allerbings den Quellen des Halys bei En-
us 92%) 9. Kiepert, Rachweiſung ber zur Couſtruction ber Karte benupien
Duellen, in Megeir a. a. D. &.61— 109.
Obere Stufe des Irislaufes. 100
deres (Audreſe bei Bore), dem alten Nicopolis, nahe liegen wird,
uud auch den Öftlichen Quellſtrömen. des Lycus bei Kara⸗hiſſar ber
uchbert flieht, die nach Strabo alle brei aus Mlein-Armeniens Ge-
birgklande ihren Lauf gegen Weft nehmen. Auch Indſchidſchean
jagt, daß der Amaſia -Fluß im Gebiete von Siwas *) entſpringe.
Bors hatte von Siwas einige Tagereiſen weit ben oberen Lauf
Y 38 Halys bis über das Städtchen Zara. hinaus begleitet, und bei
Luila rin ein hohes rauhes Bergland erreicht, deſſen noch ſchnee-
wihe Gipfelzüge man ihm Köffeh (Koujs Dagh bei Bors) nannte.
& lag im Nord des Halysthales eine Waldzone im fonft baum-
Iofen Hochlaude, aus Pinus und Hainbuchen erwachſen, die 10 Stim-
ben weit fih bis zum Dorf Kurdtaſchi ausdehnte. Bei bie-
ſen Dorfe ergoß ſich ein Bergſtrom, von bem man ihm fngte,
daß er gegen Weft nach Gümenet, Tolat und Amafia fliege.
& alamte ihm -fir ven Quellſtrom des Iris), melder
im oberen Laufe Tufanlu-tjhai heißt. Die griechiſchen und Kr
diſhen Bewohner von Kurdtaſchi hatten ihr Dorf verlafien und
canpirten mit ihren Heerden auf ihrer Jaile (Sommerftation),
deren Höhe von Bord auf 5525 %. Par. üb dv. M. angegeben
wir. Er mußte in ihr übernadten und nennt fie Jaila Hec-
beſche. Es ift nicht unwahrſcheinlich, daß dies ein Hauptquellbach
des Fris war, fo ſchwierig auch ſolche Beſtimmung für einen nur
fädhtig Durchreiſeunden im unbekannten und umwegſamen Lande fein
mag. Denn es gelang ihm von da nach langem Umherirren auch
bei der alten Nicopolis zu Enderes bie Duelle des Halys und
üine Tagereife weiter norböftlic ven ' bekannten Lauf des Lyeus
und feiner Quellftröme zu entdeden, wovon weiter. unter bie Rede
kin wird. Den Ort Enderes nannte Tavernier, ald er (im
Jahre 1631) 31) von Tokat nad) Erzerum ebenfalls hier durchzog,
Adras, während feine übrigen auf derſelben Tour angegebenen
Stationen ſchwierig zu Localifiren ſind. Der Beſuch W. Ains-
worth 32) im oberen Halysthale ſcheint dieſen Angaben nichts zu
atgegnen, obwol fie ziemlich unbeftimmt geblieben. Der englifche
diceConſul 5. Suter, der im October 1838 feinen Weg von.
Eyerum über die Quelle des Germeli⸗tſchai (Lycus) nad) Enderes
”) usfibiöcan, Rlcin-Htmenlen aa. D, '%) Eug. Bars, Corespon-
et Memoires dun Voyage en Orient. Paris 1840. 8. T.1.
* ®) J. Baptiste Tavernier, Les Six Voyages. A la Haye
nenn 3") W. Ainsworth, Trar. and Research.
Lond. 1842. T-Il. p. 10. -
110 i ‚Meinen. 6.3.
zur Quelle des Halys zurädiegte, war, da er ben Strom bei Rara
hifſar (den Lyeus) fitr den Jeſchil Irak (Iris) hiectt 12), noch im
Irrthum begriffen, ver ſchon auf Kieperts Karte feine Berichtigung
gefunden Hat. Bon feinem fonft lehrreichen Routier wirb bei der
Quelle des Lycus umftänblicher die Rebe fein.
Abwaͤrts von biefem Quellbach bes Iris ift fein oberes &e-
birgöthal Bis Gümener völlig terra imcognita geblieben; doch hat
die ruſſiſche Kartenzeichnung von Bolotoff zu v. Tſchichatſchefs Warte
(1853) hier einen ganz veränderten Bogenlauf des oberen Iris hinein-
phanutaſirt, nad) weichem derſelbe fein Parallelthal zwifchen Lycus und
- Halys weitwärts durchſtrömen, fondern von Süden berablonmen
würde. Im Tert fteht, die Quelle liege *) 14 Lieues im Süben
ver Stabt Tolat in geringer Gerne von Yülväs-tichei. Bon dieſem
Hochberge fließt allerdings ein Bach gegen Norden zum Jriethale,
ver aber nicht als Quellſtrom des Hauptfluffes gelten kann. Da
diefer hypothetiſch gezeichnete Zulauf eines oberen Iris aber Teinen
einzigen Beleg in Ortsnamen oder Routier eines Bevabachters als
Gerwährleiftung - enthält, ja müſſen wir ihn als Bore's Wegreute
und auch anderen früheren Angaben völlig widerſprechend Lünftigem
Nachweiſe an Ort umd Stelle Überlaffen. Uebrigens ift es in jenem
Gebiete der drei oberen Stromläufe gegen bie Heinarmenifche Seite
hin nicht leicht ſich zu orientiven in einem hohen, rauhen, nach allen
Seiten von zahlreichen Wafferrinnen und Klüften durchſetzten Boden
ohne Brüdenübergänge, ohne Wegftraßen, mit nad) ben Jahreszeiten
nothwendig wechſelnden, oft halsbrehenden Saumpfaben, wo, wenige
Eulturftellen abgerechnet, oft Tagereifen hintereinander leine Dxt-
ſchaft ſich zeigt, die über dem Erdboden zu erbliden wäre, da hier
ſchon die armeniſche Weife der Bauernanfieblung unter der Erbe
wit platten Terraſſendächern feinen Anfang nimmt, wie fie ſchon
feit Xenophons Zeiten von ihm beim Durchzug durch Armenien
befanmt geworben ift. Das Land hat nur eine fehr dünne Bendl-
terung, bie tür kiſche Sprade ift hier ſchon von ber armeni-
ſchen meift zurüdgevrängt, und wenn es in ber Winterzeit faft um
moglich ift, über bie mit tiefem Schnee belagerte Landſchaft zu reifen,
fo ftehen im Sommer auch die wenigen Ortfchaften leer, denn ben
brennenden Sonnenſtrahl zu vermeiden ziehen alle Gemeinden mit
z
#23) H, Suter, Notes on a Jouraey etc. in Journ. Roy. Geogr. Soc. of
London. T.X. 3. p.436—444. °*) P. de Tehihatchefl, Asie Mi-
neure. Parh 1853. TI. p. 189.
Obere Stufe des Iris⸗Laufes; bie Stadt Tofat. 111
ijren Heerben anf die Sommeralpen ber höchſten Gebirgsrüden, im
ihre Jailas.
Die erſte genauere befannte Localitaͤt im oberen Seisthale iſt
Tokat und feine nächſte Umgebung, weil bier Hauptſtraßen nord-
wirts nah Nikſar zum Lycus und fühmärts nah Siwas
vum Halys Hinburchgehen.
Tofat Tiegt abı Norbabhange des Tſchamlybel, ver bie
weſtliche Verlängerung des armenifchen Kepan Dagh (Scoedises) des
hohen Waſſerſcheidezuges zwiſchen Tſchoruk und Frat, und im Weſt
wiſchen Iris und Halys bildet. Bon Siwas am Halys führt
ver Nordweg in 2 Tagereifen, 15 Poftftunven, über die Station
Rargin (Karkhun bei Ainsworth) und über den 5000 Fuß
hohen Tſchamly Bel fteil hinab, -am weftlichen Gipfel des
Sterndergs Iyldyz-⸗Dagh, (6000 Fuß üb. d. M.) vorüber
in das weite und ſchöne Thal des JIris, ver hier bei ben: Einges
bomen wirllich Jeſchil Irmak, d. i. der Grüne Fluß, heißt ®).
Sen am Hinabweg vom ſüdlichen Bergpaß zur Stadt hin tritt
nem bie größere Lieblichkeit diefer fanfteren Einſenkung gegen bas
hoher gelegene und rauhere Thal des oberen Hälys entgegen. Als
Ainsworth am 10. Juli von da nach Tolat hinabftieg, war in
der {hönen Sommerzeit in den Gärten bes fteilahfallenden Nord⸗
abbanges gegen die Stadt zu die Zeit der Kirfchenreife ſchon
vorüber, aber Aprilofen gab es und viele Gemäfe und Garten»
pflanzen in Fülle.
Die große. Stabt Tokat iſt ſchön, ſelbſt malerifh, nicht dicht
am Strome, fordern in etwas ſüdlichem Abſtande von ihm in einem
felfigen bewalveten Seitenthale erbaut, aus deſſen Mitte nadte Fels-
mafien mit einem alten Caſtell emporragen und viele Weingärten
wit Rebengehängen und anderen Gärten vie Umgegend ſchmücken,
die wit ihren meift zweiftödigen Häufern und Ziegeldächern, mit
ihren reinlichen Straßen, offenem Marktplag und beveutendem Ge-
were ihrer Bewohner eher einer europäiſchen Stadt ähnlich er-
Wheint, als irgend eine andre Ortſchaft im centralen Klein» Aften.
Das ganze Thal des Jeſchil Irmak in ber Umgebung von Tolat
RR voll fchöner Gärten, Landfige und Dörfer. Nah Ainsworth
ahält der Strom feine Wafjer im Often am Urfprung des Tolat-
Tales, wo fich die Ketten des Tſchamly Bel und des Ally Dagh
ſanmenſchaaren; fie fließen gegen Weſt an Gümenet und To-
m) W. Moswortb, Trav. and Res. U. p. 16 — 20.
113 Alein-⸗iſten. 8.
“Tat vorüber zu einer etwas moorigen Ebene, wo unterhalb das
Thal erft eine Nordwendung erhäft.
Nah v. Tſchichatſcheff hat ver Iris bis gegen Gümenet
auf hohem Plateau einen flarken Lauf, wo er erft in das ſchbnere
und fruchtreihere Thal ver Kaz Oma (die alte Darimonitis bei
Strabo) 26), over des Thales von Tofat eintrete; aber er ſcheint
nur ben Zufluß der vom ſüdlichen hohen Berge Iyldyz Dagh für
den wirklichen Hauptſtrom anzufehen.
Tokat ift feine antife Stabt, fie wird erft feit dem Mittel-
alter bei Armenien Jevtogia 7) (b. i. Eudocia) genannt, und ge⸗
“hört wol ven früheren criftlihen Sahrhunderten an, da fle früß-
zeitig ein Biſchofsſitz war, nachdem bie einft fo berühmte Comana
Bontica ihr zur Seite mit ihren Orafelorten durch die Verbrän-
gung des alten Gotzenthums völlig in Unbebeutenheit verfunfen war.
Es ift ſelbſt fehr wahrſcheinlich, daß bie jüngere Fevtogia, deren
Name bei den Türken in Tokat überging, aus arditectonifhen
Trummern ber berühmten Comana Pontica zum Theil ihren erften
Aufbau erhielt, zumal ihr Beftungsberg, der ſich mit dem alten
Caſtell aus dem Thale erhebt. Eudocia und Eudoriane bei
Comana Pontica, Wi Ptol. VI. 3 ed. Bertü ift nur fpäteres
Einfchiebfel, welches noch aus dem griehifhen Texte zuräd«
geblieben 59). .
Gümenef liegt nım eine Stunde im Oſten des heutigen To-
fat, an der Stelle der Comana Pontica, die zu Strabo's
Zeit) noch im hohen Rufe ihrer Orakel ftänd, daher er, deſſen
Familienglieder ſelbſt Theil an jenem Heiligthume hatten, umftänd-
lichere Nachricht darüber giebt, als gewöhnlich feine Art if. Ohne
. Strabo’8 genaue Angabe dieſer Comana, die er bon ber anderen
Comang in Cappadocien ausdrücklich umterſcheidet und ihrer
Lage im Thale am Iris gevenkt, würde fie ſchwer nachzuweiſen ge⸗
wefen fein: denn außer dem Reſt einer Marmorbrüde über den
Iris an der großen Heerftraße nach Armenien und zum Euphrat
und wenigen noch vorhanbenen corinthiſchen Säufenreften find keine
Architecturen von ihr übrig, und nur Kaifermünzen mit ver Legende
KOMANSN bezeichnen ihre ehemalige Stätte, an welche fih aber
ue) A. Cramer, Asia Minor. I. p.305. 8i. Martin, Memeire aur
Yarm. I. p.188; E. Bore, Corresp. I. Mem. p. 357.
3#) Wilberg ed. Ptol. 1. c. fo. 336, Not. ” °°) Sırabo XII. 557—559;
f. Trad. fr. Coray. Parts 1816. T. IV. 2. p. 63— 68.
Obere Stufe des Iris⸗Laufes, Comana Pontica, 118
De fpätere chrittliche Legende augelchut hat, wie ie turtiſche Gage,
dee ein paar bort emporftarrende Felſen „vie Felſen des Bogels
ab des Teufels“ nennt, deren einer durch die Wunderkraft des
Gebets des St. Chrufoftomus aus dem Bette des Iris emporgeho-
den fein foll, um deshalb von ben Armenien heilig gehalten wird.
WAnbfhiofchean, der armeniſche Geograph, giebt uns in feiner Geo-
grophie von Klein ⸗Armenien @) bie wichtige Nachricht, daß der Ort,
den die Türfen Gümenet (oder Gumenel) nennen, bei den Ar-
weniern Gomana heiße umb bie alte Comana Pontica fei. Ob«
gleich nur wenige Türken dort wohnen und die Stabt gänzlich, ver-
* fäwumden fei, werde doch noch das Grab bes Heiligen Ich. Chry-
feflemus bort gezeigt (tm Armenifchen Ostjepjerau), und in bem
tirfiihen Diplom heiße ver Statthalter des Ortes immer Woiwoda
von Gomana.
Diefe einftige Comana Pontica, fagt Strabo, am Kris
' gelegen, war zu feiner Zeit ſtark bevölfert und ein wichtiger Hanbels-
; der Bewohner. beflanben vorzüglic, in Weinbergen (bie gegenwärtig ,
ort vom Meinafien mit Armenien, wohin auch heute noch die birec-
ie Straße nach Exzerum über Gumenet führt. Die Ländereien
auny fehlen); fte felbft lebten in Berweihlichung nur bem Vergnü-
gen und der Simmenlufl. Denn ver Tempel ver Göttin von
Romana, der großen Göttin (der Anaitis), ganz ebenfo eingerichtet
ie der anbere in ber cappabocijchen Romana, wo biefelbe armenifche
Oittin verehrt werde, lockten das ganze Jahr hindurch unzählige
Pilger als Opfernde mit Opfergaben herbei, das berühmte Dralel
Wft zu befragen. Aber an ben Sauptfeſen ‚ver Göttin (ben
Preceflionen, xara rac 2Födous zig Feov bei Strabo) firömte
28 dem ganzen Lande umher viel Volls, Männer und Weiber,
her zuſammen, ihre Gabe zu bringen und als Fanatiſirte dem Cul ⸗
ia6 der Hierodulen zu fröhnen, deren Zahl unter dem Oberpriefter,
Achelaus, von Strabo zu 6000 als leibeigene Tempelbienerinnen
m Iris angegeben wurbe. ben fo viele in ihrem Tempel in
Goppabocia, in dem zu Benafa u. a.m. Ma war ihr einheimiſchert
Bame und Men ver männliche Name verjelben Gottheit, deren.
Witns der ättefte, heiligfte und an Tempeln reichſte in Kleinaſien
war, denen auch große Xänbergebiete geweiht waren. Am nächſten
zur biefe Gottheit der ſhriſchen Aftarte, ver Mondgöttin, verwandt;
Judſchloſchean, Neu-Armenien. ©. 293, m. Kieperts Ueberf. Mier
Ritter Erkunde XVLL.
14 Klein-Aften. 8. 8.
bei Griechen wurde fie auch Artemis und als bewaffnete Aphrodete
genannt, bei Römern Bellona 1), wie Hirtius fie nannte, als
Kriegsgättin, bei Procopius Diana Taurica, bie fliertreibende
(Tavpdno2.os). Die bewaffneten Hierodulen follen die Amazonen
der Griechen geweſen fein ımb ihr Name als Töchter des Kriege-
gottes und der Haymonia felbft eine Dienerin der Ma bezeichnen.
Ihr Sand war den Königen vom Pontus unterthan, aber ber
Dberpriefter von Kömana Pontica genoß ganz gleiche Wirbe wie
der König und erfchien auch bei ven‘jährlic zweimal gefeierten
Hauptfeften mit dem Königsbiabem geihmüdt. Nur das Recht über
* eben und Teb war ihm verfagt. König Mitfridates fehte bie
ganze Bevblierung des Pandes dadurch in Aufruhr #2) gegen feine
Feinde, daß er die Meinung verbreitete, vie Römer kimen nur im
das Laub, biefe geheiligten Tempel zu plänbern; daher wol auch bie
Römer fpäterhin dieſem lasciven Cultus ms politiſchen Rüdfichten
huldigten.
Die Borväter mütterlicher Seite, vos Strabo waren fohhe
Oberpriefter der Ma vom höcften Anfehen im Lande geweſen; als
aber einer von biefen, Philetaeros, das Voll wider die einfallenden
Nömerheere anfgewiegelt hatte und als Rebelle von ihnen über-
wiefen und geſtürzt war, gerieth auch bie ganze fürftlihe Familie
Strabo’s in Verfall und wurde ven Römern verfeindet, bis es
erft fpäterhin einem Oheim feiner Mutter gelang, dem Moapher-
nes, der. fi am König Mithridates filt Beleidigungen Rache zu
nehmen entfhloß, zu deſſen Sturze beizuttagen und 15 Seflungen
des pontiſchen Königs dem Römer Lu cullus auszuliefern, wofür
er aber, wie Strabo bemerkt, von deſſen Nachfolger, Pompeins,
nicht einmal belohnt: wurrbe.
Die hohe Würbe des Pontifer von biefer Comana wurde auch
von Pompeius, als er Herr in Kleinaſien geworben war, an-
erlannt. Er erhob Arhelaus zum Oberpriefter und fügte zu benz
heiligen Tempelgebiete als deſſen Eigenthum noch einen Umtreis von
2 bis 3 Stunden (60 Stabien) hinzu, in welchem ihm alles Bolt
gehorchen mußte, nur durfte er bie Hierobulen des Tempels, wie
dies früher geſchehen fein mag, nicht mehr als Sclavinnen verkau⸗
fen; fie mußten beim Tempel bleiben umd bei dem Orte, beffem
") X. Mannert, Geogr. d. Er. u. Röm. Th. VI. 2. 1801. 6. 476
—8 20. )M. Dunde, Sie. des Altertäums. 1855. TG. L
Oberer Iris⸗Lauf: Tomana Pontica. 145
Walihe abfäwächende Lebenbweiſe Strabo dem eben in ber Daft
Rabt Eorinth vergleicht: Der Buhlerinnen als Dienerinnen bes
Bamttempele, (ver unleuſchen Aphrebite Pandemos, oder Bellong
ki Brocop.) & ) für Gold war eine fo große Zahl, daß viele ber
Ranjleute und Kriegemänner durch fie erfhöpft wurben, und doch
rühmte ſich ein Strabo noch jolcher Verwandtſchaft. Und ber
Möndliche Cultus dauerte auch noch unter Kaifer Auguft und feinen
Radfolgern fort, welche das Territorium bes Bontificates vergrößerten. ,
Dod war hier nicht einmal ver Hauptfig dieſes Gräuels, ſondern
uch ein halbes Dutzend anderer Tempelorte biefer Art neunt
Strabo in Kleinafien unter denen ver zu Eomana in Kap-
rabociens Gebirgsthälern bes Antitaurns,’gegen bie Jul, Cäſar
m delde zog, der berühmtefte ivar, von deſſen barbarifchen- Trieger
tiſchen Bölferfchaften dieſer Cultus ſich wahrſcheinlich einft über bie
anderen Orakelorte wie Zela, Antiochia in Piſidia, Carure
am Maͤander, Cabira und andern Orten hin verbreitet zu haben
Weint (f. unten). Doch ſchon zu Plinius Zeit mag die Stadt
derch vielfache Plünderung ihrer einft dort aufgehäuften großen
Tenyelſchaͤtze und durch bie beftändigen Kriege, im Lande in Verfall
gerafhen fein, denn er nennt fie nicht mehr als Stadt, ſondern blos
«4 einen Dralelort (Plin. H. N. VL 3: Comana nunc Manteium).
Dod muß der Ort eine Zeit lang wieder, wie fon Mannert
Iemerkte, 4), in Aufnahme gelommen fein, va Münzen unter An
keins Pins und Coracalla, die überhaupt ben alten Güpenbienft
uch Möglichleit noch zu ftügen ſuchten, fie Aug. Comana neuuen.
Genauere Nachrichten fehlen über die völlige Zerftörung umb über
den Neubau der wahrſcheinlich aus ihren Trümmern in ver dheiftlich
gewordenen Folgezeit und ihr ganz nahe erbauteh Eudocia (der
Intern Tolat), Jevtogia ber Urmenier, Tolat der, Türken %),
derch welche jene endlich in Vergeſſenheit gerathen mußte. In Hie-
meles Synecd. #6) wirb dieſe Comana am Yris noch Köuara in
ter Eparchie des Pontus Polemoniacus genannt. Nur bie bort ein.
heiniſche armenifche Kirche hat die Erinnerung an biefen Ort, wie
«a8 Inbfhiofcheans Angabe hervorgeht, auf bie Nachwelt gebracht.
7 8. Breler, Griechlſche Mothologie. 1. 8,229; vergl. Br. Grene,
Symbolik. ZH.U. 3te Ausg. 1840. ©.354—358.
“) 8. Mannert, Geogr. a. a. D. VI. ©. re, +) St, Martin,
Min. histor. «& göogr. sur Yärmenie. Paris 1818. T. I. p. 188.
") Spas. Fierol, bei Wesseling In, Antonin. p- 702, Not.
92
116 Mlein-Afen. 5 8.8.
& wird and) in ber Geſchichte von dem berühmten Johannes
Chryſoſtomus, erſtem Biſchof ver Refivenz unter Kaifer Theo-
Philus, und Eudoria, feiner leidenſchaftlichen Nachfolgerin, gefagt, daß
&, aus Cocufſus (f. unten), ald Märtyrer auf vem Transport der
Reife in fein zweites Eril nad; dem Pontus zu Comana 1) im
Jahre 407 ven 14. Septbr. feinen Tod gefunden. Das Anbenten
diefes frommen, großen Kirchenlehrers, den Nea nder ven Reprä-
ſentanten einer vorherrſchend practiſchen chriſtlichen Richtung und
zugleich den größten Repräſentanten des Geiſtes der orientaliſchen
Kirche nennt, der nach zahlloſen Leiden und Verfolgungen mit den
Worten Hiobs „geprieſen ſei Gott für Alles“ auch für die
von ihm erduldeten großen Leiden geſtorben war, konnte nicht im
Dunfel jener Wildniß der fo geächteten Rappabocier *%) des fünften,
Iahrhunderts gänzlich verlöſchen, zumal da bie Kirche bald darauf
felhft, im Jahre 438 unter Theodoſtus II. die Translation von
Chryſoſtomus Gebeinen nah Conftantinopel die Ausſöhnung
mit feiner Lehre feierte. Nach’ dem Patriarchen Macarius ®)
wurden bie Leiche und Reliquien des Chryſoſtomus über Nikſar nach
Denoe (Ünieh) und von da zu Schiff nach Eonftantinopel gebracht.
And) die Legende hat fein Andenten bei dem ummiflenden Bolfe
am Iris in Wunderwirkungen feines Gebetes erhalten, das bie
Felſen aus dem Bette des Fluſſes emporgehoben haben foll, die dort
fo feltfam an ver Höfe ftehen. Zu Taverniers Zeiten (im Jahre
1631) wurbe vafelbft noch file bie vorüberziehenden chriſtlichen
Karawanen, bie ein paar Tage dort Halt machten, Mefje gelefen
.(f. ımten).
Bors, der von Nilfar (Neoesesarea) fübtwärts feinen Weg
nach Tolat verfolgte, erzählt in feiner etwas unſichern Manier, ohne
im geographiſche Details einzugehen, daß er (im ber Nähe von Gü-
menet, daß er jedoch nicht nennt) daſelbſt in ein fehr einfames That
gekommen fei, wo er ein elendes Dorf Ziveret (mahrfcheinlich
Ziaret, d. 5. Pilgerort) von wenigen Tirfen und Armeniern be-
wohnt und das Grab des Joh. Chryſoſt omus gefunden habe °%).
Man zeigte ihm ein elendes Gebäu, das Kloſter genannt, wo man
- Almofen von den armeniſchen Pilgern fammelte, die das Grab ale
"7, A. Meander, Kirchengeſchichte. B.U. 3. &. 1456, und deſſen ber
Seile Schannes Göryfolomus. Berlin 1848. Dh. Sin. 5,
und 1, ©.243. **) Constantinus Phrphyrog. de Thematibus. I.
p. 2122 ed. Bonn. Vol. IN. 1840. *°) The Trar. of Macarias
Le. p.Al. °%) E. Bore, Corresp. ei Men. I, p. 322—324.
Oberer Iris⸗Lauf: Gümenek. 117
eines der Heiligen ihrer Kirche beſuchten. Ex fand auf den Trüm⸗
mern umber griechiſche Reſte von Imferiptionen aus ven Kaifer- '
xiten, und theilt die einer Säule, darauf ber Name Chrysosto-
mos vorkommt, mit. Vielleicht, meinte er, ſei ſie ein Reſt aus
einer fpäter ihm zu Ehren in dieſer Gegend erbauten Kirche, ba im
dortigen Volie das Andenken biefes großen Kirchenlehrers noch
heute fortfebe, wie dies auch fhon TournefortSt) Hei ſeiner Durch-⸗
reife daſelbſt (im Jahre 1701) - aus Armenien nad Tolat erfuhr.
Auf dem Wege von da nah Tokat zu fand er an einem Felſen
viele Grabhöhlen, deren Namen auf den damaligen Kampf zwifchen
Chriſtenthum umd Götzenthum ſich beziehen ließen. Am Iris ſelbſt,
np einſt bie alte Comana in Blüthe und ihr Tempel noch zu Pro-
copius Zeit unter vemfelben Namen, aber in eine chriſtliche
Kirche verwanelt, geſtanden (Procop. de Bello Persico. I. 17. p. 83
ed. Bonn. 1833), haben fid) nur zu ihrem Andenken antite Brüden-
Bogen, einige Sculpturen aus guter Kunſtperiode, der Reſt eines
mit Marmor gepflafterten Canals und mande Sage unter ven Au⸗
wohuern erhalten, Die von Strabo zu feiner Zeit gerühmten
Beingelinde um Comana Pontica waren aus ber jegt nadten und
ören Umgebung gänzlich verſchwunden, und fanden ſich erſt weiter
abwärts wieber in ber Nähe von Tolat.
Genauere Nachricht giebt Hamilton %) von feinem Mari
anf der großen Straße zwiſchen Conftantinopel nad; Armenien, die .
von Nilfar am Lycus nah Tokat am Iris führt, und dauach
in die Karte eingetragen werben konnte. Bon Nikſar (Neocae-
sarea) fübwärts durch die fumpfigen und ungefunden Reisfelver ber
Sycusebene (Colopene) fortſchreitend, zog er öftlich am Dorfe De»
aetſe vorüber, wo das erfte Auffteigen über die Waſſerſcheibeberge
wxiſchen Lycus und Iris beginnt, bie er gegen Weit Kemer Dagh
(Phalacrum), im Often feines Weges Oftap Dagh nennen hörte,
Malerifche Felsllippen erhoben fid hier zu beiden Seiten und über
ihm Hohe Bergfuppen mit Zimmerholzwaldung bewachſen. Die Fel⸗
fen, welche ver wilde Bergſtrom gegen Nord durchzieht, der ganz
gr Irrigation der Gelände verbraucht wirb, find Kalkftein und
Thonſchiefer, der in ftarten Winkeln gegen Süd abfällt. Auf
ver Berghöhe Ing die Waſſerſcheide als Ebene ausgebreitet, auf
*) P. de Tournefort, Relation d'un Voy. du Lerant. Ed. 1718. Amsterd,
4. T. I. LettreXXI. p.173. °*) W. Hamilton, Res. in Asia Minor.
Lp38—35.
118 Klein-Afien. $3.
welcher das Dorf Oktap zwiſchen Maisfeldern und Baumwollm ·
pflauzungen Ing. Von da begann das Hinabſteigen zwiſchen ben
Waldbergen in das Thal des Iris auf einer breiten und vor
trefflich gebahnten Straße, melde als eine der beften auf ber ganzen,
großen Hauptſtraße durch Kleinaſien in Verwunderung feste. Bon
ihr erblidte man gegen &.S.D. ſchon in der Mittagsftunde, nach
dem Abmarfhe von Nikſar, das Thal des Iris, in deſſen Mitte
der Fluß mit dem Namen Tofat-Su, Fluß von Tokat, belegt
wurde, fonft Tozanly-Su (p. i. ftaubiger Fluß) genannt. Aus einer
etwas nörblihern Wendung fließt ex hier gegen S. W. in einer un-
bebauten Ebene, aus welcher er ſich erft feinen Durchbruch gebahnt zu
haben fcheint, um bie Felsfpigen herum, welche dieſe obere unbebaut
gebliebene Gegend von ver unterhalb liegenden Plaine von Güämenet
ſcheidet. Den Strom fand Hamilton hier (am 6ten Aug. 1836) in der
Mitte des Sommers fehr reißend; er trug zahlreiche Laſten Brenn»
holz für die Bewohner von Tofat, viele Holzflößer waren Damit
befchäftigt, e8 von ben feichten Stellen flott zu maden. Ihm wer
dies ein® ber wenigen Beifpiele in Kleinaflen, daß Türfen bie ihnen
dargebotenen Naturfeäfte zu ihrem Vortheil benutzten. Erſt 2 Stun⸗
den Wegs weiter abwärts erreichte er einen turkiſchen Gottegader
mit mehreren griechiſchen Grabfteinen, und auf einem anderen Hügel
nahe am Ufer viele griechifche Architrave, Briefe und andere Mauer⸗
reſte, felbft noch einen beffer erhaltenen quadratiſchen Bau mit 8 bis
9 gemölbten Gemäcern von Badfteinen und unbehauenen Werl-
fräden aufgeführt, die er zwar für jüngere Bauten, aber auf ver
Grundlage einer antifen Stadt halten mußte.
Am Fuße des Hügels erfannte auch er die Reſte jener Brüde
aus der alten Römerzeit, deren zwei äußerfle Bogen noch gut er⸗
halten waren, beren Mitte aber mit einer türkiſchen Holzbrüde über-
dedt war; man nannte fie ihm Gümenkf Köprü, bie Gümenel-
brüde, jene Ortöftelle aber Gümenel, mır eine weichere turkiſche
Ausſprache als Romana, wie fie bei Cramer (I. 309), ver alten
Benennung Romana over Gomana bei Indſchidſchean entſpre ⸗
gender, angeführt warb. Die Ipentität mit der alten Comanı Pon-
tica war aber auch ihm unzweifelhaft.
Auch die oben bezeichneten Felsblbcle Hatte Hamilton nur eine
Biertelftunde im Weften von Gümenel am Wege liegend gettoffen,
mitt welchen ber Aberglaube feit langer Zeit fein Gaufeljpiel treibt;
es waren aber große Mafien Marmor, die von ben oben gleich⸗
artigen Felsbergen heruntergeftürgt und nicht ans bem Bette des
i D
Oberer Iris⸗Lauf; Gümenek. 119
Iris heraufgezaubert waren. Ein Marmorblock von 50 Fuß Höhe
wer zu einer quabratifchen Sammer ausgehöhlt, um 2 alte Gräber
pa bilden, über deren Eingang die rohe Vorſtelluug einer Tempel»
fagabe eingehauen war; wahrfcheinfid, viefelbe, deren auch I. Mo»
vier !9) im Jahre 1808 erwähnt hatte. Bon diefem ifolirt ſtehen⸗
den Fels hat Dufeley (1823) bei feiner Rückreiſe aus Perfien in
Rüdtiger ‚Skizze eine Abzeichnung gegeben, und bemerkt, . daß ber
Haupteingang zu ven Felſenkammern berelben, die man ben
Ehriften zufchreibe, 9 Fuß über dem Boden erhaben liege, und
daß man diefe die Eapelle Sct. Chryſoſtomus *) nannte
Richt umvahrfdeimlid, dem ‚Andenken des großen chriftlichen Mär
yrers geweiht, der mur anderthalb Meilen von der Stadt Komana
autfernt °°) in einer Kirche, in welcher ver Märtyrer Bafılistus ber -
graben war, feinen Tod gefunden hatte. Unfern von biefer Fels·
capelle hatte verfelbe Reiſende vie Einfaffung eines Brunnens bes
weit, an welder reihe Nebenornamente in Sculpturen aus
geier Zeit ſichtbar waren. Wohl aud ein rührendes chriſtliches
Denlmal der großen Verehrung des Heiligen nad) feinem Dahin-
ſcheiden. Die intereflantefle Nachricht von dieſem im ber armenifchen
Kixche von ihrem Patron, dem St. Joh. Chryſoſtomus, aufbewahr ⸗
dem banfbaren Andeulen im biefer oft befuchten Gegend hat gegen
Eube des 17ten Dahrhunderts der Patriarch Macarius von An-
tiochia über feinen dortigen Beſuch von Tolat aus buch feinen
Archidiaconus Paul von Aleppo aufzeichnen laſſen 66). Nach einer
halben Stunde von ber genannten Belscapelle mußte Hamilton
des Bette des Iris durchreiten, melden er (Mitte des Som⸗
mers) doch viel’ Heiner an Wafler fand als ven Lyeus, den er Kurz -
woor bei Nilfar geſehen hatte, und ber bod ben Namen für ven
gaayen Stromlauf bei ben’ Alten bergab, heutzutage aber unterhalb
des Zufanımenfluffes mit dem Germeili⸗tſchai (Lyeus) auch den Na-
men des Jeſchil Irmak trägt. Unfern von da wurde bald das
lleine Seitenthal des Iris erreicht, in deſſen geſchütztem Winfel an
mem Bergſtrome, der ſich nordwärts alsbald durch einen klei⸗
wen See zum Iris ergießt, die Stabt Tokat im einer Enge
ſalucht um ihren Steilfels, das jegige Caftell in ihrer Mitte, er-
) 3. Morier, Jeurn, Lond. 4. 1812. p. 343.
**) W. Ouseley, Travels. —8 4. 1823. Vol. II. p. 486. Plate LXXIX.
Fig9. — Neander, d. H. Johaunes Chryſoſtomas. hr 1, 6.243,
’°) The Travels of Macarius 1. c, transl. by Beiisur. Tom.il. p 441.
‚120 Klein-Afien. &3
baut warb, fo daß man fie, wie fon Tournefort bemertte
(1701) !57), nicht eher zu fehen bekommt, bis man am Eingnp
der Tpalflucht vor ihrem Tore ft.
Procopins nennt nod ben in eine chriſtliche Kirche verwan ⸗
velten Tempel zu Comana, aber der moderne Name Tolat kommt
bei ihm micht vor. Zum erftenmale taucht er ale Tokhat auf
bei dem gelehrten Ebrifi (er ſchtieb um das Jahr 1150 u. Chr.
Geb.) #8), der die Stabt zur Blüthezeit der armenifchen Herrſchaft als
wichtige Handelsſtadt und Station der Karawanen von Melitene
am Euphrat nad Amafia nennt. Er führt die Route über bie
Zwiſchenſtationen Lamalh (Ani) und Erfingen vom oberen Euphrat
bis Tofhat an, von wo noch 2 Tagemärfe nad Amafia. Um
fireitig war diefer Ort den Armeniern viel früher bekannt als ven
Weitenropäern, aber bei Mofes Ehorenenfis kommt er auch
noch nicht vor. Dagegen weiß ſchou Abulfeda (1330'n. Chr. &.)®)
von ihm nach Augenzeugen zu erzählen, vie ihm über Tolats Lage,
2 Tagereifen im Norden von Siwas gelegen, guten Bericht gaben.-
"Die Stadt, fagte ihm fein Berichterftatter, fei am Fuß eines Berged
von rother Erde erbaut und durch eine Meine aber, ſchoͤne Citabelle
‚geist. Im dten Clima gelegen, genieße fie eine mittlere Tem
peratur, wo man weder von Kälte mod von Hitze leide, daher
bie vielen fie umgebenden Gärten viel Obft von vorzüglicher Güte
zeitigen. Zn Timurs Zeit hatte ver unglüdliche osmaniſche Sul
tan Bajazid mit feinem Heere Tokat zum Hauptfig feiner Ber-
theivigung genommen, vie Bergpäſſe befegt und nach allen Seiten
Patrouillen gegen ven Feind ausgeſandt. Dies fagt Ali Yezdi
im Tariffi Timur. Erſt fpäter nahm er feine Maßregel, ven
Mongholen in einer offenen Feldſchlacht zu beflegen. Aus dem
Hanbfchriftlich erhaltenen Hefht Bepefht, Bevtifi, führt W. Oufelen
an, baß erft im Jahre 1475, alfo ein halbes Jahrhundert fpäter, vie
felbe Tocat ®) durch wilde Plünderhorben der Türen zerftört fei,
bie weder Chriften noch Moslemen am Leben liegen, alles mafla-
erirten, bie ganze Stadt, die ans Holz erbaut war, verbrannten,
wobei alle Moſcheen und Altäre untergingen und auch viele Tau⸗
ab
")
Toarnefort, Relat, h F "IL p. 172—175.
b. Jaubert. Paris. 311. 2 Abulfedae Tab. Asize
Mi VI b. Reisfe in — Mag. Th. V. 1771. ©. 305;
Berebe I in Reinandse Mier. W. Ouseley, Trav. T. IL. p. 489;
deſſen Tabula LXXVII.
Dberer Iris⸗Lauf; Tokat, ein Handelscentrum. 121
fend Mannfcripte, bie bort in Bibliotheken aufbewahrt wur.
den, wit zu Grunde gegangen jeien.
Bitt. de Tonrnefort folgte (1701) jener feit Jahrhunder ⸗
ten befichenven großen Saramanenzoute aus Erzerum nach Tolat,
die von ba durch Armenier den Seidenhandel über Amafla na
Saryena und Eonftantinopel in Gang-fegte. Sie kam vom Tigris
und Euphrat über Melitene und durch die armenifcen Lande, die
in inifcher Zeit in großem Flor als Armenia prima und
secunda bi an ven Halys reichten.
Aus jener Periode ftammt die Blüthe und Aufnahme dieſer
Hochterrafle bes Iris, dieſes für die, Communication von D. na
B. ſo günftig gelegenen Längenthales, her, im deſſen Mitte ſich
Zotat zur beveutenbften Hanbelsftabt erhob, und ungenchtet ver fo
oft wechſeluden Bölfer- und Handelsverhältniſſe noch heute von jenem
damals ſchon erworbenen Wohlftande immer noch zehren kann.
Tournefort, nah längerem Aufenthalt in Erzerumt),
wartete daſelbſt bie ſogenannte Tolatkarawane ab, die, meift aus
armeniſchen Kaufleuten beſtehend, vie perſiſche Seide nach Vorder⸗
aflen und Conftantinopel zu verhandeln pflegte und über Tokat,
als vamaliges Handeldcentrum von Mleinafien, wie Tourne-
fort ſich ansbrüdt, ihren Weg nahm. Sein Bericht ift daher fir.
die nähere Keuntniß Iumer-Afiens bei der Sparfamleit der Quellen
vdurch gute Beobachtung lehrreich. Im Zeit von 16 Tagemärfchen er»
reichte vie Karawane, aus 300 Perfonen mit Laftthieren vol Waa⸗
ren beſtehend, von Erzerum in Tokat ihr Ziel. Nach ven erften
8 Tagemaͤrſchen durch das armeniſche Gebirgsland im Stromgebiete
des oberen Euphrat wurde auf wenig bekanntem Pfade über einen
hehen Bergpaß bie Hochebene des Dorfes Curtanos erreicht, in
welcher vielleiht die Station Gardanis ber Karte wieder zu er⸗
lennen fein mag: denn ber nächſte Tagemarſch (24fte Sept.) führte
aa einem rothen Fluſſe bin, der von ver Boluserde, bie ihn
farbte, viefen Nomen erhielt. Es Tann fein anderer als der Du⸗
manlä Dere, d. i. ber obere Lauf bes Lycus, fein, meil an ibm
auf einer Felshohe die Stadt Köjlü hiſſar (Conleifar bei Tour⸗
sefort) amphitheatralifch erbaut war, unter welcher ver blutrothe
Fluß wi vorüber firömte,
Damm, fagt Tournefort, änderte fid die bis dahin hohe,
wilbe, rauhe Landſchaft, denn man hatte ven Waſſerſcheiderücen,
) Tournefort, Relation 1. c. 11. p. 168—172.
132 einen 6.6.
der den Euphrat vom Pontus abſcheidet (f. oben S. 12), übers
ſchritten; bald betrat man wieder, auf das angenehmfte überraſcht,
das ſchöne Thal veffelben rothen Fluſſes (Lycus) vol Obfigärten
und Weinberge, bie ein paar Stunden weit bis Agimurat (bei
Tournefort auch Agimbrat) anhielten. Darin ift die Statiow
Hadſchi Mürad nicht zu verlennen, wo ein fehr ſchön gebaute
Karawanſerai, am Fuß des hohen Berges gelegen, auf dem eine jet
.zerftörte Felſenburg erbaut inar, die Reiſenden aufnahm *). Ju den
Weinbergen, die aber nur mäßigen Ertrag gaben, freute fi der Bo—
tanifer wieder Aprikoſen, Pfirfige und Pflaumenbäume
wachſen zu fehen, bie biher im Gebirgslande gefehlt hatten. .
Am 2öften September wurbe berfelbe zothe Fluß (Lyens)
noch an feinem linken Ufer begleitet. Dani verließ man feinen
mehr nörbliern Lauf und überſtieg die 3 folgenben Tage ven füde
lichern, hohen, mit Nadelholz und Eichen bewachſenen wafjer-
ſcheidenden Bergzug, mitunter auf fehr beſchwerlichen Sumpfe
und Waldwegen, bis man das füblichere Thal des Fluſſes erreichte,
wo ber Tozanlu (womit vielleicht an dieſer Stelle nur ein Heiner
Nebenflug gemeint fein könnte) zum Jris ſich ergießt und im Nor⸗
den von To kat vorüberzieht (die Türken follen diefen, nah Tours
nefort, Caſalmac, wahrſcheinlich verwechſelt mit Kifil- ober
Seſchil Irmal, genannt haben).
Hieraus ergiebt fi, daß dieſelbe Karamanenftrage nur mit
geringen Abweichungen in obigem aud von Bors verfolgt wurde,
Tokat fand Tournefort damalg größer und angenehmer als
Ergeruin; feine zweiftdcdigen Häufer waren mit guten gepflafterten
Straßen amphitheatralifh zu beiden Bergſeiten des Thales unter
2 fleilen Felſen emporgebaut, auf deren jevem ein Heines Caftell
ſtand. Der zahlreichen Quellen ungeachtet, beren jeves ‚Haus und
jeder Garten bie feinigen befigt, hatte doch erſt ganz kürzlich ein
großer Brand die Stabt in Gefahr gebracht, da es an Löſchungs ·
anftalten fehlte. Die Weinberge umher gaben gute Trauben, ihren
Wein nennt Tournefort zu feurig, um gut zu fein. Die Hitze
im engen Thal kaun ſehr heftig werben, ungeachtet der abſolut Hohen
Lage. Man fhägte die Einwohnerzahl (hop damals, wie gewöhn ·
lich, wol zu hoch) auf 20,000 türkiſche Familien, und 300 bis 4000
griechiſche. Die Armenier hatten 7 Kirchen, beſaßen aljo wol das
Uebergewicht gegen die Griechen, bie nach Tournefort nur no eine
) Judſchidſchean, Neu⸗Armenita. S. 296.
Oberer Jeis-Lauf; Tokat, ein Handelscentrum. 128
ſchlechte Eapelle inne hatten, deren Erbauung fie Kaiſer Iuftinian
zaſchrieben, wovon Brocop fpeciell wenigſtens nichts meldete. Nach
Tavernier müffen fie früher beffer mit Kirchen verfehen geweſen
fein. Die Stadt follte 12 Mofcheen mit Minarets und viele tür«
Hide Betorte haben; fie ſtand unter dem Paſcha von Sivas, das
zu 2 Tagereifen füblicher liegt. Die Chriften fahen ven Erzbiſchof
von Niffar (Neocaesarea) als ihren Metropolitan an, da diefe .
Stadt am Lycus einft die Metropole von Cappadocien und die Rer
fivenz des fünften Prälaten nach dem Patriarchen in Conftantinopel
gaveſen war.
Tonrnefort hätte gern das alte Eaftell befucht, in ber Mei⸗
aung, auf dortigen Infcriptionen etwa den antiken Namen ber Stadt
zu finden, was ihm aber von ber Befagung vermehrt wurde. Wenn
ee aud nicht unwahrſcheinlich ift, daß diefes Caftell eines der vielen
von Mithrivates in feinem weiten Reihe erbauten fein mag, fo ift
& doc unwahrfcheinlih, daß hier ſchon eine bedeutende Stabt lag,
da feine in der großen Nähe der Comana Bontica erwähnt wir,
von welcher Mithridates nach der Veflegung im dortigen Schladhte
felde (im Jahre 70 vor Chr. Geb.) zu Tigranes nach Armenien
auf nãchſtem Wege entfloh (Appian. de. Bejl. Mithrid. 227) 1®),
Erſt fpäter mochte die fefte Lage des Ortes, welche mehr Sicherheit
als Comana im freien Felde vor Ueberfällen darbot, ein Aſyl ber
Bebrängten, zumal in der nachfolgenden chriſtlichen Zeit, werben,
in weldyer bie Stabt von einer Eubocia (Jevt ogia der Armenier)
den Namen erhielt, und wahrſcheinlich mit den Trümmern ver alten
Eomana erbaut werben Tonnte.
Auch nad dem fpäteren Verfall des heibnifchen Orakelortes der
Eomana Bontica, veren Tempel ſchon unter Juſtinian in eine
griſtliche Kirche umgewandelt war, ging ber dort einmal herkbmm⸗
liche große Völlerverlehr wahrfcheinlich aud auf die dicht neben ihr
aufblühenne Tolat über, zumal durch die Vegünftigung armeniſch-
criſtlicher Bevölterung in den Zeiten, ba der ganze öftliche Bontus
vom Euphrat über Melitene durch Cappabocien big Sivas an bem
Habs zur großen ormenifcien Herrfihaft gehörte ©). Der Einfinf
18 armeniſchen Handelsverlehrs und feiner Induſtrie ift ſelbſt unter
den nachfolgenden Gewaltherren der Türken daſelbſt bis in fpätere
Zeiten vorherrſchend geificen, wozu bie günftige Lage, tie Tour⸗
"es, Bei Blutatch dm Lucullus 1519. *?) St, Mertin, Men. sur
Tarneaie, I, p.185—193.. B
124 lein ⸗Afen. 5. 8.
nefort und dor ihm ſchon Tavernier angab, nicht wenig beigetragen
und bie hier überall überwiegend ‚verbreitete armeniſche Bevbllerung.
I B. Tavernier fand (im Jahre 1631) 1) dort außer
Türken auch Armenier, Griechen und Juden; um ein fehr ſchönes
Karawanſerai fanden auch viele Hänfer, bie damals an reifenbe
Kaufleute, bie dem Orte zuftrömten, vermiethet wurden, was einen
fo lebhaften Verkehr an, dieſem Orte bezeugte, wie er ihn an kei⸗
nem anberen Orte in Kleinafien vorgefunden. Damals hatten die
Chriſten in Tolat 12 Kirchen mit einem Erzbiſchof mit 7 Suffra-
ganen. Die mehrften Chriften im Orte waren Handwerker, zumal
Schmiede. Die Armenier machten ven größten Theil bortiger
Chriſten aus und waren in einem Umkreiſe von 14 Stunden auch
auf dem Lande in großer Anzahl verbreitet. Dagegen war die Zahl
der griechifchen Chriften nur ‘gering; viele Dörfer lagen im Thale
zerftreut umher: Eine Hauptwaare, damals vorzügliche Einfuhr nach
Indien, wohin Tapernier ging und Geſchäfte machte, war Safran,
ver in großer Menge um Tokat gebaut wurde. Die Einkünfte
dieſes Diftrictes waren eine Domaine ber’ Sultanin Mutter.
Durch Tolat zogen das ganze Jahr hindurch mehr Hanbeld-
larawanen al3 durch einen anderen Ort in Kleinaſien. Der befte
Wein wuchs zwei Stunden‘ fern von der Stadt zu Tſcharkly Kdi
(Charkliqueu bei Tao), in der Nähe von Gümenel, wo die Er»
zerum · Karawanen einen Haltplatz hatten. Die Einwohner des
Ortes, meiſt Chriſten, waren die beſten Lederfärber, ihr blauer
Maroquin war der beſte, wie ber beſte rothe in Bagdad und Diar-
belir, ber beſte gelbe in Moſul und Ninive, ver beſte ſchwarze
damals in Urfa gefertigt wurde. Die jetzt unbelannte Oertlichkeit
von Tſcharkli lag nach Tavernier nur 1000 Schritt fern von
Gümenel, nahe ven dort genannten Felskammern, zu deuen man
damals nod auf 9 Stufen Hinaufftieg, in benen nach der Volls-
anfiht St. Chryſoſtomus als Eremit gelebt haben ſollte. Die
chriſtlichen Kaufleute pflegten hier ſtets einige Raſttage zu halten,
ihre Opfer barzubringen und die Meſſe einiger Geiſtlichen zu hören,
die der Biſchof dort fungiven ließ, aber auch um ſich dort mit gutem
Wein fir ihre fernere Reife zu -verfehen. Das Anvenfen an ven
großen Kirchenvater war alſo damals in lebendigerer Erinnerung ges
blieben, als heutzutage; doch ſcheint es viel wahrſcheinlicher, daß er
#4) Bapt. Tavernier, Les Six Voyage. A la Haye 1718: T.1. p. 13.
Scott Warings, Min. d'un Voy. par Terre, in befien Voy. de linde,
Paris 1813. 8. p. 201, iſt nur Gopie von Tapernier.
r
Oberer Iris⸗Lauf; Tofats Handelsverkehr. . 125
Hier nicht als Eremit lebte, fondern auf dem graufamen Transport
feines Erils als Märtyrer in ter dortigen Kirche, mie dies auch
der Patriarch von Antiochia erzählt, geftorben ift.
Im dem Jahre 1695 6) hatte der Patriarch Macarius bei
feinen armepifchen Glaubensgenoſſen in Tofat eine gaftliche Auf-
nahme gefunden, die ihn gegen bie vielen jübifchen Bewohner da⸗
maliger Zeit in Schug nahmen. Doch z0g er nur im Dunkel ver
Nacht ein, um Fein Auffehen zu erregen. Man fagte ihm, Tofat
habe früher Kokofo geheißen, wie jet ein benachbartes Dorf, in
deni viele Juden wohnten. Im den umliegenden Dörfern von
Tolat wohnten viele Armenier, bei denen mehrere Heiligthümer von
Pilgern beſucht wurden. In der Stadt hatten die Armenier 7 Kit»
Sen und in der Nähe auch einige Klöſter. Auf dem Wege von .
Nitſar nah Tofat Fam er in ver Nähe von Gümenek über das
Dorf Omäla, wo guter Weinbau war und alle Bewohner arme
niſche Winzer. Auf dem Wege fübwärts von Tokat nah Siwas
Übernachtete er in dem Dorfe Paolos (Boulus), wo Chriften wohn.
ten, ımb erreichte von da an einer Stabt Jengi Schehr (d. i. Neuſtadt)
mit heißen Bädern. vorüber die Stadt Siwas. Er lernte Tofat
eine große Marktftadt kennen, die von aller Welt beſucht wurt
& fuäte aber mehr nur die Stationen feiner Glaubensgenoſſen auf.
Zu Tourneforts Zeit (1701) %) erreichten die belabenen
Karawanen von Diarbefir die Station Tolat in 18 Tagen und,
brachten die perfifhen und inbifhen Waaren. Couriere konnten die
Stadt in 12 Tagen erreichen. Die großen Karamanen von Erzerum
legten ihren beſchwerlichen Weg in 16 Tagen zurüd, ‚Sinope er-
reichte man von ba in 6 Tagen, der Reiter in 4, Cäfarea in
6 Tagen, Bruffa in 20, ver Reifer in 15 Tagen, Smyrna in direc⸗
ter Richtung in 27 Tagen; andere Wege führten über Angora in
10 Tagen, und von ba bivecter nach Conftantinopel. Schlechte Wege
und faſt überall Wegeräuber, im Often Kurden, bie aber damals
noch nicht weftlicher über Tolat hinaus vorgedrungen waren und
aut bei Tage raubten, im Welten von Tolat aber Turfomanen,.
die Nachts wie Tags die Reifenden beraubten, Tonnten den Ber-
ihr auf dieſer vielbeſuchten Route doch nicht ganz unterbredhen, da.
er zu gewinnreih war und großen Wohlftand verbreitete. Per-
ſiſche Seide war damals der große Artilel der Durchfuhr ver
7 .
*2) The Travels of Macarius, Patriarch of Antioch. I.c. I. p. 439—444.
**) Tournefort l.c. Relat, p. 174,
126 Klein-Afen, 5.3.
Karawanen, von benen wir durch Tour nef or t Kenntniß erlangen;
denn die 300 Kaufleute feiner Karawane waren meiſt Sei den⸗
händler, welche ihre 6 und mehr Pferde- oder Kameel-Laften mit
Seivenballen: mit ſich führten, deren jeve ihnen beim Verlauf im
Smyrna oder Conftantinopel einen Gewinn von 1000 oder 5000 Scubi
einbrachte, da jede Pferdelaſt 600, jede Kameellaſt 1000 Pfund
Seide betrug, und ber ſehr vortheilhafte Umſatz noch mancherlei au⸗
deren Gewinn mit Rückfrachten von europäiſchen Waaren geſtattete.
Ein anderer Großhandel für Tokat beſtand in ſeiner Verarbeitung
des Kupfers. Das Metall wurde ihm aus den Bergwerken von
Gumiſchkhane, 3 Tagereifey fern von Trebifonb, im Weiten von
Baiburt gelegen, zugeführt; noch ergiebiger und reichlicher aus den
10 Tagereifen fernen Kupfergruben (Costambul) aus der Ge
gend von Angora; es wurde vom Kupferſchmieden in Tolat zu
Keſſeln, Beden, Taſſen, Laternen, Leuchtern und allerlei Gefägen
und Geſchirr verarbeitet, die bis Eonftantinopel und nach Neghpten
ihren ftarten Abſatz fanden. Ein brittes Gewerbe von Beveutung
waren bie Gerbereien zu gelbem und rothem Maroquin; ber erftere
wurde gefärbt mit Fuſtac (nad) Tournefort, ob Morus tinctoria?),
ber zweite mit Krapp (Garance); ver gelbe gehe, fagt Tournefort,
vorzüglich über Samfun zu den Waladyen, der rothe werde ihnen
von Diarbeliv und Karamanien zugeführt. Auch rohe, bunte Tücher
webte man damals für die Moscowiten und Frankreich, wo fie
unter bem Namen Toiles du Levant in Handel famen. Harte
Berfolgungen und Erpreffungen hatte ſchon damals die zahlreiche
inbuftriöfe und wohlhabende armeniſche Vevöllerung von Tokat zu
erdulden, bie durch bie Fortdauer in ben neueren Jahrhunderten
nicht weniger nachtheilig für diefelbe, werben mußte. — So weit bie
Belehrung des franzöfifchen Naturforfches.
Hundert Jahre fpäter hat Dupro (1808) 197), ver cinſichts·
volle Begleiter des Ingenieur-Geographen M. Trezel, deſſen vor-
treffliche Aufnahmen in Kleinaſien leiver immer noch Geheimnig ges
blieben find, feine lehrreichen Mittheilungen über Tokats Handel
veröffentlicht, die mit jenen feines Landsmanus zu vergleichen find.
Der Ort war noch immer der Mittelpunct des großen Kuras
wauenhandels für das ganze mittlere Anatolien geblieben, wo, wie
an feinem anberen Orte, die Karawanen von allen Seiten her fich
verfammelten. Bon Aleppo famen fie in 35 bis 40 Tagen, von
.
*°7) Dupre, Voy. en Perse etc. Paris. 1819. T.I. p. 165.
Oberer Zris-Lauf; Tokat in neuer Zeit, 1297
Roſul in 50 Tagen, vom Bagdad in 2 Monaten an mit ben
Waaren des Orients, Bon Diarbefir in 18 Tagen, wie zu Tourneforts
Zeiten, mit Zengen und Galläpfeln, eben fo wie aus Erzerum in
15 Tagen mit roher ober verarbeiteter perfifcher Ziegenwolle und rohem
Eifen; aber ber Seiventransport hatte ans Perfien eine andere Directere
Wendung über Bagdad und Aleppo durch Syrien genommen. Die
Rohtupferzufuhr war von verſchiedenen Seiten zum Schmelzen und
zur Raffinerie geblieben, aber die Einfuhr europäiſcher Waaren ans
Smtyma in derfelben Karamanenzeit ohne Berbefferungsfortfchritt der
Bege in-30 Tagen hatte bebeutenb zugenommen, zumal durch bie
für die Levante gefertigten leichten hollänbifchen und englifchen Tücher,
die frangöfifchen Seidenfabrilate, durch große Nachfrage nach Zuder,
Drogterien, Duincallerien, Bapier, Eochenille und anderen Luxus⸗
artileln, die über den Hanpthafen Smyena eingeführt wurden, bie
den Fortſchritt einer theilweiſen Civififation im Inmern des Landes
belanden. Auch inlandiſche Producte waren in den Verkehr gelom-
wer, wie rohe Baumwolle zur Berarbeitung über Magnefla aus
bem Ertrag der Agricultur am Hermus; Opium und darbeſtoffe
ans dem Fortſchritte des Anbaues um Afum-Tarahiffar, wo die
Mohn- und Krappeultur in Aufnahme gelommen, Lein und
andere Waaren aus Sinope und bey pontifchen Zufuhr. Die Zahl
der Eimvohner von Tokat wurde anf 60,000 angegeben, darunter
600 armeuiſch· katholiſche, 250 griechiſche und 280 Juden, welche
ledtere, meift Kupfer und Goldſchmiede, zu den ärmften gezählt wur⸗
den, armenifche und türfifche Kaufleute aber zu ven reichen. Zwan⸗
Fg große und Meine Karawanſerais, öfter mit Fremden überfüllt, ,
mit allen Räumen und Kammern Tag und Nacht vermiethet, bes
geugten ven immer noch bedeutenden Verkehr und Wohlftand des
Drtes, deſſen Induſtrie ſich auch durch Leinwand -Webereien, Faͤr⸗
bereien, Bereitung von grünen Maroquins, wie ſehr gut gearbeitete
Lever- und Metallivaaren gehoben hatte. Doch bemerkt der ein
ſichtige englifhe General-Conful‘ Brant ®), ver biefe öftfichen
Lanvfchaften Kleinaſiens genauer kennen lernte, daß bie Per
riede des Großhandels, deſſen Hauptfig einft Tolat gemefen, laͤngſt
doräber fei.
Noch wurde der allgemeine Zoll von Pferden und Kameelen
laſtenweis erhoben, ohne eine geordnete Douane. Die befte Anficht
) }. Brant, Journ. im Journal of the Roy. Geogr. Soc. of Lond. 1836.
Vol. VL. p. 219.
'
128 ein-Afen. $.3.
von ber Stabt giebt Ker Borter 1), ver im Jahre 1818 fie ber
fahte. Dich W. Hamiltons Aufenthalt faſt drei Jahrzehende
fpäter, auf feiner Durchreiſe (im Auguſt 1836), wird manche Bor-
ſtellung von Tolat noch näher berichtigt und vervollftänbigt 70),
- Die Stadt mit ihren platten Dächern und Gartenumgebungen
ift nicht blos in einem Thale eingeengt, ſondern breitet fih in bie
fem nad) 3 bis 4 divergirenden Seitenthälern an beren Höhenfeiten
amphithentralifh aus, und erhält dadurch ein malerifches Anfehen,
das ſchon Tonrnefort zur Abconterfeiung veranlafte.
2. Fraſer ”!), ver zur Blüthezeit der Kirſchen, Birnen, Apris
koſen und Pfirfihbäume (im April) die Gärten ver Stadt und ihre
* Ranbhäufer mit Kiosts befuchte, war entzüdt von ver Schönheit Ver
Thalumgebung Tolats. Doch ift fe durch die Thalenge auch großer
Hige und im Hochſommer bösartigen Fiebern, felbft ber Peft häufig
ausgefegt, unb bie Plage ber Feuersbrünſte kommt hier hinzu, gegen
welche von Seiten des türkiſchen Regiments Teinerlei Vorkehrungen
getroffen werben 7). Bon dem früheren hier gerühmten Pflafter der
Straßen ver Stadt und ihrer Reinlichleit ift durch bie Zerreißun ⸗
gen der Winterftröme feine Spur mehr, und bie Stabt, wie jede
andere tüchifche, ift mit Schlamm und Koth bedeckt, was zum Unger
ſundheit nicht wenig beitragen muß.
Die früherhin hier herfümmliche Angabe 7°) einer Übertriebenen
Anzahl von Bewohnern feste Hamilton herab auf 20,000 und hielt
dafür, Armenier möchten davon etma 1200 bis 1500 Häufer eine
nehmen. Diefe hatten ſich Yürzlich eine ſchöne Kirche in ver Mitte
der Stadt erbaut, ihr Biſchof und feine Glaubensgenofien fprachen
das Berürfniß aus, ftatt eines Milorbo Lieber einen europäiſchen
Haft, d. i. einen Arzt, bei ſich als Gaſt zu begrüßen. Nach Bors
follten die dortigen Tatholifch geworbenen Armenier (1838) 7%) an
ihrem Biſchof Michael einen gelehrten und umfichtigen Prälaten
‚ haben, der bafelbft eine katholiſche Kirche bante-und aud im Kloſter
dortiger Armenier, darin aber nur- wenige junge Diacone ihre
*%) Ker Porter, Trayels in Georgia, Persia etc. 4. Lond. i822. p. 702,
TabulaLXXKVI. °°) W. Hamilton, Researches in Asia Minor. T.L.
p- 351 —356. ”) 1. Baillie Fraser, Trav. .in Koordistan etc.
Lond. 4. 1840. Vol. II. p. 358. *) H, Suter, Vice-Consal,
Notes etc, in Journ, of the R. G. Soc. of London. 1841. Vol. X. P.3.
P-440. 7°) f. Kieperts tabellarifcpe Ueberficht der Gtäbtebevöl
ferang in Klein-Mfien in befien Memoir S. 250.
7%) Bore, Corresp. 1. c. 1. p.314.
Oberer Iris⸗Lauf; Tokat in neuer Zeit, 129
Gdien aöliegen, follen gelehrte Vartabeds bie Wiſſenſchaft cultiviren.
Ba beu wenigen Gtäbien in Sleinafien, wo Judengeme inden
fi halten haben, gehört Tokat, wo fie eine Synagoge befigen.
Die Beftjeite ver Stabt ift von Kalffteinbergen begränzt, von 2 jehr
heilen, foft fenkrechten Pils aus cryftallinifhem Marmor über
auf, der mit Thonfchiefern überlagert ift, vie in großen Tafeln
been, welche man zu Grabfleinen der Türken verwendet, aber
richi zu Architecturen. Bei dem ſchönen und weiten Ueberblid, ven
dieſe Höhe über Die große Stabt mit ihren 15 Mofcheen, Mingrets,
Latawanſerais und vielen anderen Bauten barbietet, mußte die In
dlanz der Türken um fo mehr überrafchen, bie in der Mitte ver
IGönften Marmorgebirge dieſe ganz unbenugt liegen laffen und alle
ihre Bonten nur aus Erde und Luftbadfteinen aufführen, die von
Senze und Witterung fo leicht zerbrödelt werben und in Ruinen
yaallen. Durch das Duartier der Armenier hindurch erſtieg Ha-
nilton ben nördlichſten der Felſen, ver mit den Trümmern eines .
wielalterlichen Caſtells aus ver Byzantiner Zeiten beſetzt ift, das
don den Saracenen wieder überbaut wurde. Unter feinen pittoresfen
Triamern und Yelswänben bemerkte er natürliche und einige künft-
liche Grabhöhlen und Gewölbe, zu beren einer eine merkwürdige
Trgpeuflucht in das Innere bes Berges zu einem Vurgverließ ober
moen Wafjerbehälter führen foll, in das man aber nur durch
deielerleuchtuug gelangen donute. v. Moltke hörte, daß es einen
Wand, ver in die Stadt führe, bilden ſoll. Bon einer anderen
Seite der Felshohe fiel der Blick in das mit Gemüfe und Obft-
irn geigmücte Thal des vorüberziehenden Ris. Die Birnen
wu Tolat haben wegen ihres, Aromas glei den Birnen von Ans .
gexa einen Ruf, der bis Conftantinopel geht aud fie dort fehr her
ht macht. Die Bazare ber Stadt find gut beſetzt, wie auch ver
beeſtan, ein gute Steingebäude; eben fe zeichnen ſich ein paax
übere Moſcheen durch befieren faracenifhen Sihl aus vor den ganz
weinen mobernen Bauten.
Ueber vie Kupferſchnelze in Tolat erkundete Hamilton, baf
We Metall von Kiebban Maaden (f. Allg. Erdk. ZH.X. 721
73, 800, 307 u. a.) am oberen Euphrat, 12 bis 14 Tagemärfce
jmfeit Sivas, im den bortigen Kupfergruben gewonnen und in Tor
lat amgefchnolgen werbe, che man es weiter mac Eonftantinopel
Wafle; zwei Schmelzungen ſei es mterworfen, einmal zu Reini-
ag ans dem (Exze, daS zweitemal zu quadratiſchen Kupferkuchen,
de zur Capitale verfchidt ober am Orte verarbeitet werden. Dabei
Ritter Erdkunde xvin. I
130 . Klein-Afien. 938.
herrſche jevod die größfte Unwiſſenheit. Einige Dahre fpäter 17),
als Ains worth nur flüchtig Tofat berührte, verfichert er, daß die
Berke zu feiner Zeit (1889) durch Öfterreihifche Hüttenlente gut
geführt worben fein. Dod auch v. Moltke 7%), ver nur ein Yahr
früher die Reihe Heiner Schmelzöfen, gleich Badöfen geftaltet, beſah,
wie bie elenden Blafebälge, die von Menſchen im Gang gehalten
werben mußten, da man einen vorüberrauſchenden Bach zu jever
tehnifchen Anwendung unbenugt ließ, fand die Bearbeitung noch in
größter Kindheit. Den Bauern Tiegt die Laſt ohne Vergeltung ob,
, von Ort zu Ort das Kupfer zu transportiren; fie müſſen bie Hol.
Tohlen aus ihren Wäldern zu ben Schmelzhütten unentgeltlich
liefern, ober faft ohne Zahlung; alle Arbeit ift Erpreffung. Obwol
das Gouvernement faft keinen Piafter für das Kupfer ausgiebt, ver-
Taufte es das Kupfer doch die Ole zu 13 Biafter. Fir ihre Frohn ·
dienſte find bie Bauern zwar von Gouvernements-Taren frei, aber
keineswegs von willtührlicen Erpreffungen des Paſchas. Es ſcheint
in ver Benennung der Autoren von Kjebban Maaden, bie am
Euphrat Liegt, aber nur eine Blei» und Silbergrube, keine Kupfer
grube ift (Exbf. X. ©. 801), eine Verwechslung mit den berühmten
Rupfergruben Maaden Kapur bei Arghana am Tigris
flattgefunden zu haben, worüber ſchon früher Auskunft gegeben ift
(j. Allgem. Erdt. Th. X. ©. 913 — 914). Den Ertrag zu Arghana
gab Ainsworth in ber runden Summe von 150,000 Pfd. Kupfer
jährlich an, viefelbe Summe, melde gewöhnlich auch bei ver Ein
fuhr dieſes Metalle in Tofat wieberholt wird. Schon Morier 7)
führte im Jahr 1808 diefe Summe von 100,000 bis 150,000 Pfr.
an, Dr. Salvatori (1815) läßt To kat biefelbe Summe aus Ex
ſtambul und Arghana Maaden beziehen. v. Moltke 7°) führt ride
tiger nur Arghana an, wie auch H. Suter in bemjelben Jahre, ver
feine genaueren Nachrichten über die Kupferſchmelzen erhalten lonute
v. Moltte bemerkt fon, wie er nicht begreife, warum man das
Kupfererz fo weit transportire, ehe man es verſchmelze. Doch ver
muthet er nur aus der Art des ganzen Betriebes, daß dies im Folge
der Hiftorifhen Ueberlieferung aus ben Zeiten der Comana
Pontica nur bei dem älteren Gebrauche fo geblieben; bemm damals
*’#) Ainsworth, Trav. and Res, Le. II. p. 18. ’%) vo. Moltte, Briefe
©. 207. 7) Morier, Jour. Lone. 1812. p. 345; Galvatort, ix
Bundgruben des Drients. 1. ©. 98. ”)y Wolike, Briefe über
Dame aa gebenpeiten in der Türkei, 1835— 1839. Berlin
Oberer Iris⸗Lauf; Tokat in neuer Zeit. 131
werben zahllofe Metallbilver daraus ven Pilgern zum Kaufe dar
gesten, wie etwa die Metallbilver der Goldſchmiede zu Ephefus
wen ber epheſiſchen Diana, deren Induſtriezweig, durch die Lehre des
Apoftel Paulus gefährbet, den bekannten Aufruhr gegen ihn zu
Bege brachte (Apoftelgeih. Cap. 19). Genauere Angaben des Mes
talvertehre' fehlen aber noch überall in Sein-Afien, wenn ſchon
Morier angab, daß Tokat 300 Kupferſchmiedewerkſtätten habe, was
die große Bedeutung dieſes dortigen Gewerbes bezeichnet. Alle An-
gaben lonnen hier nur ungefähre Schägumgen fein...
Eft eine Woche vor Hamiltons Ankunft in Tofat hatte ein
Armenier daſelbſt für 30,000 Piaſter (v. i. 300 Pfo. Sterling) von
der Pforte das Monopol erkauft, exclufiv ven Kaffee zum Ver⸗
branch einzufaufen, zu röften und zu verkaufen, hier und in der gan«
mu Rachbarſchaft, wodurch aller Kaffeehanvel der bisherigen Krämer
init fhien. Man beredinete, daß die Stadt Tolat jährlich
200,000 Ofen Kaffee confumire, von beren jeder der Monopolift
2 Piafter Profit ziehen Konnte 79). ‘
Da Mütefjelim (Statthalter) von Tofat follte jährlich feinem
Palda, der in Sivas refibirt, die Summe von 250,000 Biaftern
(8500 Pfo. Sterling) zahlen für feine Stellung, da alle Stellen im '
unbe verlãuflich waren, jeder Beamte fich ſelbſt bezahlt machte, und
| kiner von ber Regierung beſoldet wurde. Die Stadt zahlte jähr-
' 64 130 Beutel (d. i. 650 Pfo. Sterling) zur Erhaltung ihres
Rayilfana (ihres öffentlichen Gaſthauſes zur freien Herberge der
Fremden), dennoch konnte deſſen Verwalter nicht beftchen wegen des
Wikbraud;s, den viele Hunderte der durchziehenden Conriere und
| Gcäftsträger der Paſchas, wie der Kriegäheere, mit ihren Pferden
davon zu machen pflegten. — Alles nur einzelne Beifpiele willführ-
| Ader-umd umzuverläffiger ähnlicher abminiftativer Zuftände in
der Städten Kleinafiens, die, fo vieler neuern Reformoverſuche un
peqtet, meiftentheils auch heute noch ‚beftehen, und überall einer
Berti ſichern, gründlichern wiſſenſchaftlichen Behandlung auf dieſem
mit wenigen Ausnahmen entgegentreten, wie wir bier dies .
& für'ollemal vorbemerten, bei einer Stabt des Innern, die Ei)
m den befuchteften und befannteren feit Jahrhunderten gehört. Da-
dach daß Tokat, auf der Hanptroute ber großen Militär-
krafe®) von Conftantinopel nach Kharput, der Reſidenz des
”) W, Hamilton, Research, 1. c. I. p. 354. *) 3. Brant a. a. O.
V. Sa; al au Judſchldſchean, NeusArmenien; über Tolat
a. a. 2
92
132 Klein-Afien. j 8. 8.
Oberbefehlshabers der Armeen am Euphrat lag, mußte ſie immermehr
in Verfall gerathen. Durch die Dampfſchiffe auf dem Schwarzen
Meere von Conſtantinopel nach Trapezunt hat der Großhandel
nach Erzerum durch Armenien eine ganz andere Tranfitoftraße
nah Berfien, den Euphratländern und dem Orient genommen, wo«
durch der Landverlehr von ver Refivenz und von Smyrna fehr ab»
geſchwächt werben mußte, da mun Zofat fein großes Waarendepot
mehr abgeben konnte für den Landverlehr mit dem Orient wie zu.
vor. Doc ift die Zeit demungeachtet nicht ohne alle Anregung ge⸗
blieben. H. Suter 18) fand (1838) dort eine große Färberei und
Druderei englifher Mouffeline, in welder 50 Arbeiter beichäftigt
waren. Aus Cäfaren hatte man die Cultur des bei Cäfaren vor»
züglich cultivirten Rhamnus tinetorius, ber die trefflichften Beeren
(yellow berry) zur färberei liefert, nach Tofat in die Weinberge
zu verpflangen verfucht, doch hatte ihr Ertrag nicht diefelbe Güte
geliefert. Uebrigens war die Stadt Öfter mod immer wie zuvor
duch Feuersbrünfte verheert, und durch den Schmuß ber Strafen,
wie ben zu häufigen Genuß des Obftes, im Sommer und Herbft
ſehr böfen Fiebern unterworfen. "Möge es fünftigen Beobachtern
durch längere Stubien als ven bisherigen blos durchfliegenden Tonriften,
und aud) ben gründlichſten, an Ort und Stelle gelingen, genauere
Angaben über dieſe wechfelnven Verhältniffe zu gewinnen, die wir
bier bis jegt nur compilatoriſch vergleichend zufammenftellen Finnen,
um wenigftens einige annähernde Ueberficht zu gewinnen, währenn
umfere Hauptaufgabe bleibt, die bauernden Landesverhältniffe
im Auge zu behalten und näher zu beleuchten.
Zu dem in feinen Ruinen noch vorhandenen Caftell zu Tofat
haben wir nur noch Boré's Bemerkung %) hinzuzufügen, daß ber.
felbe aus den in deſſen zerftörten Feſtungsmauern an ihren Grund»
lagen eingeftürzten vielen Säulenftüden und Marmoren aus ättefter
Zeit die Ueberzeugung gewann, daß die antife Comana Bontica
zu biefen Grunbbauten wol einen weſentlichen Beitrag gegeben
haben möchte. Auf einer ver Säulen las er ven Namen des Kaifers
Marimianus (reg. 235—238 n. Chr.), an andern Inſchriften ſchien
es nicht zu fehlen. Vielleicht daß genauere Forſchungen dereinſt zu
lehrreichern Aufſchluſſen über das Alterthum führen. Die wild zu«
"1 £. Bore, Corresp. I. p.335— 338. °") H. Suter, Notes on a
Journey from Erz Rum to Sias, Tokat etc. to Trebizond, in Journ.
of the Roy. Geogr. Soc. X, 3. p. 440.
Dberer- Jeis-Lauf von Zofat bis Amaſia. 183
fonrmengeftärzten Felſen und Wellergemölbe der Unterbauten, wie
bie Abwehrung ber Titrfen, machte feither jede Unterſuchung jhiwieri»
ger, was gegenwärtig wegzufallen f&eint, va die Trümmer gänzlich
von Bewohnern verlafien find, nicht einmal, mehr zum Staatsge
füngmiß -dienen können, im bem noch die einft in Aeghpten ge
fangenen Neufranken aus ber Napoleonifhen Zeit im Anfange des
Sahrhunderts ſchmachten mußten, und „gegenwärtig nur noch all«
jährlich einmal der Ramazan auf ihnen durch Abſchießung ver Kano-
nen gefeiert wird. Ob einem ber frömmften Kämpfer fir das Evan«
gelium im Orient, dem Miffionav Henry Martyn®), ver auf .
feiner Rücklehr aus Oftindien und Perfien in Tokat am 16tem
October 1812 nad großen Leiden ald Märtyrer unter den Un-
glänbigen feinen Heimgang fand, ein Denkftein auf feinem wenig
befuchten Grabe geſetzt ift, wiflen wir nicht; fein Andenken wird
ven Miffionären unvergeßlich bleiben.
Erläuterung 2.
Die obere Stufe des Hrislaufes oder Tofat-fu (Yris) von
Tofat bis Amaſia gegen W. Fortſetzung.
Bon Totat fließt ber Fris, ver bei dieſer Stabt meift Tofat-fu
wer Tolat Irmak genannt wirb, auch unter dem Namen des
Tozanlı birect eine Strede von 8 Stunden gegen Weſt in ber
ſchr fruchtbaren Ebene hin, melde ſchon Strabo als die Ebene
Darimonitis rähmt, bis her Strom eine kurze nördliche Wen-
dung in einem. engen Ouerthale nimmt, barin Turfhal an ber
Stelle der alten Königsrefidenz Gaziura (and) Sebaftopolis)
Gegt, aber bald wieder weftwärts in die Normalbirection feines
mr etwas norbwärts verſchobenen Längenthales nid Amafla zu
eintritt. Die Landſchaft von Tofat, fagt Inpfhinfhean, hat
gear 10,000 Weinberge, die einen trefflichen Wein liefern, der aus-
führt wir, ſowie edle Obftforten, aber wenig Weizen und Korn-
feüchte; fie muß daher jährlich viel Lebensmittel einführen. Zum
Gebiete der Stadt gehören 190 Dörfer; Wald ift ein Hauptprobuct.
Diefes Thalgebiet ver Kaz⸗Owa (d. i. Gänſe⸗-Ebene) hat
®>) Leben des Mifionars — .Rertyn, ans dem Cugl. von Blums
hardt. Bafel 1825. ©. 42;
.
134 Klein-Aflen. 3
ſchon Tournefort 1%) durchſchritten, der überall Marmorberge
zur Geite beobachtet haben will, die an vielen Stellen durch
Lagen von rothem Bolus gefärbt werben follten; wahrſcheinlich
eine Verwechslung von Yeſchil mit Kyzyl Irmal, denn and
drüchlich bemerlt Ainsworth, daß die fo dharacteriftifche rothe
Farbe des Halysthales am Jristhale fehle, dagegen deſſen Fluß
ven Namen Yeſchil, d. i. der Grüne Fluß, führe Tournefort
zog weſtwaͤrts an Amaſia vorüber, ohne dieſe Stadt zu berühren,
nad Angora. Ainsworth 8), ver die Gegend wol genauer er
forfchte, nennt die gegen 3000 Fuß hohe walbige Bergfette, melde
die Norbfeite des Iris-Thales von Tokat bis Turkhal begleitet,
den Aklo Dag, ein Glimmerſchiefergebirge, ähnlidy dem im
Siüben von Tofat, das fid) aber gegen ven Norden nad) Serpin, ge
gen die untere Stufe des Lyeus zu, bis zur mittlern Höhe von
4000 Fuß erhebe, und durch viele Beimiſchung von Katzengold (fiber:
und golofarbige Glimmerſchuppen) zu ber irrigen Meinung ver-
führte, daß bier reihe Golbminen zw entdecken feien. Auch
Hadſchi Chalfa ) fpricht von ben reihen Golbminen vor alten
Zeiten, die in ver Nähe von Amaſia vorhanden geweſen, wahr
ſcheinlich auf bemfelben Irrthum beruhend, da jeder andere Beweis
dafür fehlt.
Gegen Welt, gegen das Thal nah Turkhal zu, treten hohe
Berge von Thonfchiefer und Dachſchiefer auf,‘ die man aber un⸗
benugt läßt. Das alte Caftell von Turkhal erhebt fid auf einer
Kaltfteinmafje, die dem Glimmerfchiefer auflagert, vie aber das
Thal nicht wie bei. Tofat verengt, fondern aus der Mitte der Ebene
ſich iſolird emporthürmt. Weiterhin weftwärts beftehen bie foger
nannten Turhal-Berge (Keſchan Kalefi, d. i. ver Eaftell«
berg) 87) aus tertiärem Sandſtein und Kalfftein auf Glimmer ⸗
fchiefer gelagert, denen wieder eine erweiterte Ebene folgt, die nad
Amafia führt, an ihrer Sübfeite aber von ähnlich conftruirten Ber
gen begrängt wird.
Ehe ver Fluß dieſe Ebene erreicht, muß er erft einen Engpaß
durchbrechen, innerhalb weldem die Stabt Amafia erbaut ift, über
der ſich an 1000 Fuß hohe Kalkfteinfelfen emporthürmen. Wo ſich
'%*) Tournefort, Letir. 1. c. p.175. *) W. Ainswortb, Researches in
Assyria, Babylonia etc. Und. 8. 1838. P- 289-290. °%) Giban
Numa, Geogr. Orientalis ex Turcico in Latinum versa a, M. Norberg.
1818. Pars II. p. 407—409. ) Otter, Voy. I. c. II. p. 333;
ſ. Judſchidſcheau a. a. D. ©. 205, nach Kleperts Ueberſ. Mer.
Oberer Iris ⸗· Lauf; Turkhal⸗ Caſtell. 135
Etratification berfelben zeigt, fallen diefe Schichten in Winkeln von
X Grad gegen W. und N. W., aber nur an ein Paar Stellen iſt die
Unterlage von Glimmerſchiefer wahrzunehmen.
In der Thalebene folgen wir Hamiltons Lichtvoller Beſchrei⸗
bung feiner Wanderung am Turkhal. Caſtell vorüber, von dem er bie
ſchöne Zeihuung giebt ®); dann Über Zileh nach Amafia.
Bon Tokats Caftellbergen am Fuße derſelben durch reiche
Gärten mit türliſchen Grabftätten hin, auf denen man aber hier
bie heiligen Cypreſſenhaine wie zu Smiyrna oder Conftantinopel
vermißt, tritt man nad ber erſten Viertelſtunde in bie weite
Ebene des Tozanlu oder Tufanlu (Iris) ein, bie nordwärts
zur von den mäßigen Borhöhen des Allo Dagh überragt wirb, in
ſehr weiter wefllicher Ferne aber erſt gefchloffen erjcheint, und am
» Sten Auguft (1838), von einem fonnenklaren Himmel überftrahlt, mit
einer durchſichtigen, aber heißen, gelben Dunftatmosphäre überbedt
war. Die Hite kann in biefer von Bergen auf allen Seiten ein⸗
eeihloffeıen Hochebene ſehr drüclend werben. Nach den erften ber
8 Stunden, die man bis Turfhal zurüdzulegen hatte, wurde eine
Barth des geringen Iriswaſſers durchſchritten (er mar tief, aber
ar 20 Schritt breit®), wo 9. Suter an ihm hinzog, doch im Oc⸗
tober ziemlid, reißen), das in vielen Krümmungen ven Alluvialboben
ber Ebene bewaͤſſert und befruchtet, auf welchem zahllofe Dörfer zu
beiden Seiten den Strom begleiten, bie aber meift nur an den
Deffnungen der Seitenthäler erbaut find, wo zugleich ber Hügel»
boden ber von ben Berghöhen herabgeroliten und verwitterten Schutt»
halven eine ftets größere Fruchtbarkeit als in ber Ebene felbft dar⸗
bietet. Die Südabhänge ber Bergbegleiter des Stroms find nadt,
die Rorvabhänge am linken Ufer aber bebufcht, am Fuße mit Wein«
bergen, Obfigärten und Wohnungen beſetzt. Wahrſcheinlich nahe
dieſer Furth mag der Marktort Tunguz, ein großes Dorf, liegen,
das Ainsworth®) (1839) bei feinem Durchmarſch durch diefe ſtark
beuöfferte und probuctive Ebene nennt, wo weiter abwärts eine
Wohnſtelle Inmurta (v. h. Ei) und noch weiter abwärts ein
anderes Marktvorf, das H. Suter durchzog, (Bazarkdi) in feine
Rarte eingezeichnet wirrde, von dem auch ein ebergang über ben
) W. Hamilton, Researches in Asia Minor etc. T. I. Chapt,'XRL.
2.357365 und Die Tafel Casil of Turkhal; bei Wil, Öusele,
Trar. etc. T. II. p. 491, Anfit von Turfhal. ®) H. Suter,
Notes I.c, p.AA0. *%) Ainsworth, Trar, and Rus. II, p. 23.
„und das Korn wurbe bon Ochſen ausgetreten, denen das Maul wicht
186 Mein-Aften. . 8,
Zris gegen N.W. ſtattfindet. Drei Stunden in Weſt vol Tefat
kam Hamilton zu den Ruinen einer antifen Brüde über ven Iris,
von welcher noch ein Pfeiler aus römiſchem Mauerwerk ftand, bas
Uebrige im jüngerer Zeit hinzugefügt war. Es war (rntezeit
verbunden war, nad) bem allgemeinen im Oriente (5. B. Mofe 26, 4)
herrſchenden Gebraudye; ber unbebaute Boden war von-bem fhönen
KRappernftrauche (Capparis spinosa) überwucert, ber in ſchönſter
Blüthe ftand, deſſen Saamen von den Griechen roh genoflen wird.
Bald jenfeit der Britde wurden ein paar Grabtumuli mit Säulen⸗
teften, Fragmenten und Infchriften gefunden, die wol hier an einer |
einftigen Heerſtraße errichtet fein mochten.
An der Stelle, wo der Iris, nah Strabo's Angabe, bie
fruchtbare Ebene Darimonitis, bie jegige Kaz Owa, verläßt uud
ſich (Strabo XII. 547) zum erftenmale nordwärts wendet, lag bie
hen zu feiner Zeit veröbete pontifhe Königsrefiveng Gaziura;
hier ift e8 aber, wo ber fo ausgezeichnete pyramibale, aus cryſtal-
liniſchem Kaltftein beftehende Schloßberg von Turkhal fih gang
iſolirt zu höchftens 600 Fuß bis zu feiner mit einer Ruine gegier-
ten Kegelſpitze ganz fteil emporhebt. An feinem Fuße liegt der
Heine gleichnamige Ort Turkhal von etwa 800 Häufern zwiſchen
Gärten und Kornfelvern, „bie burch große Wafferräber, welde der
Strom dreht, bemäflert werben. Die Burgruine hat zwar Thore
aus großen Duaberblöden, die aber in jüngerer Zeit überbaut worden.
Im die Burg hinein führen aber aud) hier, wie in Tolat, fubterran-
eingehaune Felfengänge mit Treppenfluchten, zu denen Ha-
milton nad) ven immern Burgen zu an 50 Stufen binabfteigew
Tonnte, wo die Zertrümmermg zu gefahroo war, um fie weiter zu
verfolgen.
Daß dieſe Burg eins ver vielen Schlöffer des Mithrida tes
im Pontus war, wird durch Strabo's Angabe einer dortigen altem
Refivenz ver Könige wahrſcheinlich; auch ſchritt Lucullus direct
gegen biefe Gegend vor, um ben Herrn bes Pontus aus feinem
Hauptbefig zu vertreiben, mas ihm auch durch den Sieg bei ber
benadjbarten Comana Pontica gelang, wo ber Römerfeind nach
Armenien zw Tigranes fliehen mußte (f. oben S. 123). Daher
Hönnte man geneigt fein, deſſen fo überreiche Schatzlammern, die
Appion in Talauria nermt und von Pompeins plandern läßt
(Appian. Bell. Mithrid. 251. ed. Amstelod. 1670. p. 415), in dieſes
faft wwerfteigliche Schloß won Gaziura zu verlegen, mie bies
Oberer Iris⸗Lauf; Turkhal, Zileh (Zela). 137
Hamilton für wahrſcheinlich Hält, ober wie Andere nad} ber Burg
von Tokat, venm beide lagen in Mithrivates Pontus-Reiche 19),
Die Burg zu Eabira, welche Andre mit ihr iventificiren, war
aber eine von ihnen verſchiedene, denn biefe plünberte Lucullus
(Piutarch. Lucull. 18); Talaura aber Pompejus fpäter; denn
Sucullus, der den Mithrivates auf feiner Flucht nach Armenien
verfolgte, kehrte bei Talaura, nad) Plutarch (ebv. 19), wieder um,
die alſo wahrſcheinlich meiter im Often von Comana lag, wo fie
ihrer Lage nad) jedoch bis heute unbekannt geblieben, wenn es nicht
die Cabeira am Lycus (mo jet Neocäfaren, f. unten) far,
welche mehr in ver Nähe ver von Lucullus eroberten Eupatoria
und Amafia lag, von ber auch bei anberen Autoren wahrſcheinlich
gejagt wird, dag Mithridates von diefer Cabeira aus feine Flucht
wach Armenien genommen habe. ®)
Ainswortb, der benfelben Weg am Iris wie Hamilton, nur
ein Jahr fpäter,- verfolgt hatte, flimurt mit ihm barin überein, daß
fi mit dem Eintritt in das Thal von Turlhal der Character der
Landſchaft · am Iris völlig ändert, denn weiterhin wird es in feiner
Mitte zu einem bloßen Sumpfboden mit einigen Seen, daß jenfeit
berfelben aber alle Cultur bes Bobens und alle Ortſchaften aufe
Yiren, und nur ein. großer Boden von Grafungen ſich ausvehnt,
ver zu Diefer Zeit nur ben Kurdenhorden zum Weideplatz biente.
Bien Umſtand ift e8 wol zuzufcweiben, daß’ beide Heifende hier
in feinen abwärts gehenben Wendungen und wahr
durch dieſe Horden auch gefahrvoller werbenven Gebieten,
große Zahl fie dort cämpiven ſahen, verließen und weſtwärts
Seitenthäler fich über Zieh nach Amafia begaben, wodurch
die Zeichnung biefer Streden bes Irisufers auf der Karte nur
wochetiſch bleiben mußte. Auch 5. Suter hatte aus gleichen Grün.
den dieſelbe Ebene verlaffen.
Nur eine halbe Zagereife weſtwärts von ber antilen Gaziura
Begt eine zweite uralte Stadt, Zela, melde ihren antilen Ramen
ia Zileh mmwerkeunder erhalten hat. Auf einer GSteinbrüde bei
Tarthal über den Iris tritt man in ein Seitenthal gegen S. W. ein,
Werfteigt eine niedere Kallſteinlette, und tritt bei bean Dorfe Güxfatfch
wieber in eine veichengebaute, vom Weinbergen nuigebene Thalebene
Hl
Fi
* 4. —e — der eitem Geogt. Bdo. U. 1844. 6, 427 u. fı
” ‚Nemnonis Fragmenta ALIN. m KUN ed. Caro. Mähers, Frag-
meta Historie. Graccor. ed, Paris. &. T. I. p · 549,
— —
138 Alein⸗ Aſien. 3.
ein, in welcher ſich nach 3 Stunden Wegs ein ſchwarzer Berg, mit einer
tirtifchen Feſtung gefrönt, erhebt, an veflen Fuße man bald darauf bie
niebriger liegende bebeutenve Stadt Zileh erblidt, die 2000 moham ⸗
medaniſche Häufer und 150 armenifche 19) haben follte. Die Häufer
find meift zweiftödig, wie in Tofat mit Ziegeldächern; die Haupt»
inbuftrie der Einwohner beftcht in Verarbeitung des Hanfs, ber
im Yristhale viel gebaut wird, zu Seifen und Striden aller Art.
Einen Haupterwerb giebt auch die Baummollmeberei und ein
ſehr ſtark beſuchter Markt im November, ber 14 Tage lang anhält
und von 40,000 bis 50,000. Marktleuten alljährlich befucht werben
fol.) Die gelbe Beere, Rhamnus tinctorius, die man an»
gepflanzt hat, geveiht hier noch weniger als in Tolat. Hamilton
fand im Gouverneur des Orts, Seid Bey, ber ihn gaftlich bes
herbergte, einen jener alten einheimifchen Heinen Landesfürſten ans
ber Zeit ber Feudalmacht, die in früherer Selbftänvigfeit als Va⸗
fallen ver Sultane großes Anfehen befaßen; fein Güterbefig weit
und breit umher, bis Tofat, Siwas und Amafta, brachte ihm große
Reichthümer, und fein Pallaſt war voll des üppigften Luxus aller
Art. Judſchidſchean %) rühmt bie ſtarken und tapfern Be
wohner, meift Türken und armenifhe Kaufleute, dieſes Zileh, die
ohne Furcht vor Räubern die gefährlichften Gegenden zu bereifen
nicht ſcheuen und ven den Raubparteien felbft gefürchtet werben;
aber fie feien auch felbft ein rohes und wildes Volt. Das Caftell
ift auf dem Gipfel eines ganz fteil aus ver Mitte ver Stadt em⸗
porfteigenben und das ganze Thal beherrſchenden Kegels in fpäterer
Zeit, aber auf einer byzantiniſchen Grundmauer aufgebaut, in der
. man ältere Marmore, wie Architrave, Säulenftüde, einige joniſche
Capitäler und ein paar griechiſche Imferiptionen eingefügt, und an
dem Thoreingange große Marmorhlöde liegend vorfindet. Aus die
fem Caftel foll ein Tunnel (für viele alte Mithridatiſche Burgen
Garacteriftifch) mit Treppenflucht in Fels gehauen, wie in ben
ZTolat- und Turhal-Burgen, in das Innere des Berges, binabgehen,
aber zu einer Duelle führen, die aus dem Fels fpringend ein quadra⸗
tiſches Baſſin, aus großen antilen Quadern zufammengefügt, als
Brunnen füllt, an deſſen Grunde ein reißender Strom Maren Waffers
vorüberrauſcht, deſſen Urſprung den Türken unbelannt iſt. Strabo
) Ainsworth 1. c. II. 23; Hamilton 1. c. I. p. 361—362.
JH. Suter, Notes I. c, X. p.44l. °°) Indiglofchean, Ren Arme⸗
nien, "aus dem Armeniſchen über. von H. Kiepert im Mfır. 1856.
Oberer Iris⸗Lauf; die antike Zela. 139
Sagt, diefe Zela fei von Semiramis auf einem Erdwoll (zöre,
Strabo XII. 559—561) erbaut, was auf afſyriſche Gründung beutet,
fomit auf hohes Alter zurückführt. Sole Erdwälle nennt ſchon
Herobot fehr beachtenswerth in Babylon (I. 184). An einer ans
deren Stelle fagt Strabo, daß die runden aufgeworfenen Hügel von
einer Mauer umgeben worden feien, auf denen man ver Anaitis und
ben perfifchen Gottheiten Amanus und Anandatus Atäre zur Au-
betung errichtet habe. Eben vajelbft (XI. 512) hatte er von ben
Satäifhen Feten %) geſprochen, vie zu Zela gefeiert wurben,
und dadurch den richtigſten Aufſchluß über ven Zufammenhang
dieſer politifchreligiöfen Sieges- und Feſtfeier mit ven aus Bac⸗
trien buch Iran von Tempel zu Tempel fortgefchrittenen hiero-
duliſchen Priefterfianten und bamit verbundenen Meffen,
Hanbelsinftitutionen und Hierardien innerafiatiſchen Urs
fprunge® gegeben, vie fich Aber die beiden Comanas, Zila, Beifinus
und andere Dratelorte bis Cyzicus weithin verbreitet hatten. Des-
halb unftreitig waren dieſe Stiftungen von der Achämeniden - Di
naſtie während ihrer langen Herrſchaft in Kleinaſien nicht unter-
drüdt worben, fonbern vielmehr unter ihnen erft jo mächtig gewor-
ven, daß fie auch ihre Selbftänbigkeit noch umter den Meinen lydiſchen,
phrygiſchen, pergameniſchen Reichen bewahren Lonnten, und wenn
ſchon etwas verfümmert und beengt, doch aud noch umter römiſcher
Zwingherrſchaft zu erhalten wußten, fo baß fie ſelbſt von Pom-
pejus und Auguſtus wieder in Aufnahme kommen konuten.
Strabo ſagte, es ſei auf dem Berge ein Tempel der Anaitis
erbaut, welche auch die Armenier anbeteten, bie man aber hier viel
dooter anbete als bei jenen: denn in ihn fuchten ſich alle Be⸗
wohner des Pontuslandes in ihren wichtigften Angelegenheiten Rath
zu holen. Die Einrichtungen | des Tempels waren ganz wie bie in
ven Tempeln zu Comana im Pontus und in Gappabocien, mit
Hierodulen, einem Dralel und einem Bontifer. Im allen Zeiten be»
handelten bie pontifchen Könige dieſe Zela nicht als eine ihnen un⸗
terthänige Stadt, ſondern als einen eigenen Tempelſtaat des den
perfiſchen Göttern ergebenen Pontifer, der den Tempel bewohnte und
des ganze zugehörige Territerium, die Zelitis genannt, beherrſchte,
deſſen Bewohner, meift Hierobulen, feine leibeignen Knechte waren.
Bon einer großen Hofgaltung umgeben hatte ex fehr große Ein-
*) Ir. Chr. Sqhloſſer, Geſch. der Alten Welt. 1. 1. ©.245, Rote.
140 Klein-Afen. © 3.
Tünfte aus dem heiligen Tempelbezirle und befaß große Reichthümer;
doch hatten bie früheren pontifhen Könige die Einkünfte des Pon-
tifer fchon mehrfach verringert. Zu Strabo's Zeit war Pytho⸗
doris bie Beherrſcherin von Zela und ven umgebenben Herrſchaf-
ten. Sie war die Tochter bes pontiſchen Königs Pythodoros, eines
veichen Freundes des Pompejus. Mit Bolemon, Sohn des Phar-
nales, dem leiten Könige des Pontus, vermählt, führte fie nad
deſſen Tove als Wittwe das Regiment fort für ihre unmünbigen
Söhne (Strabo XII. 555). Pompejus hatte das Stabtgebiet durch
verſchiedene Cautone an-ver Grenze von Armenis minor (burd
Culupene und Camifene) erweitert und ver Stabt den Ehrentitel
einer Megalopolis verliehen. Die nachfolgenden Cãſaren vertheilteh
dieſe Territorien wieder, einen Theil an Zela, einen anderen Teil
am andere Tempelhäufer zu Comana, ober an Hänptlinge ver Ga:
latier, bis dieſe Güter wieder an die Römer zurüdfielen.
Bon dem’ alten Glanze dieſer Stabt fand Hamilton nichts
mehr übrig als in dem Haufe des Agas wenige Säulenfragmente
und ein paar erhaltene ſchön cammelirte Säulen. Das eigenthümlich
durch Berggruppen, Engpäfle und Thalweiten geformte Gebiet um
dieſen einft von Pilgerfhaaren und Opferbarbringenven fo belebten
und jest fo vereinfamten Ort, ven Plinius Ziela ſchreibt (Plin.
VI. 4: Civitas Ziela, nobilis clade Triarii et victoria C. Cae-
saris), ift noch duch Sul. Cäfars glänzenden Gieg im Kriege
über ven fühnen empörerifchen Fürflen ver Bosporanen, über Phar-
nakes V., den Sohn Mithrivates des Großen, berühmt, ver jo
ſchnell wie unerwartet, als I. Cäfar aus Aegypten wie berbei-
geflogen war, durch bie einzige Schlacht bei Zela fo beendigt
wurbe (im Jahre 47 vor Chr. ©.), daß Jul. Cäfar die triumphi ⸗
rende Nachricht darüber an ven Senat in Rom feinem Freunde
Amintins mit ven befannten Worten: „Veni, vidi, vici” zu
ſammenfaſſen konnte (f. -Plutarch. in Caj. Jul. Caesar. 50). Uns
Hirtius Panſa ECommentar, der diefe Vegebenheit und aud vie
Kocalität des Schlachtfeldes, auf dem 20 Yahre früher die Romer
einen ſchimpflichen Verluft unter ihrem Feldherrn Triarius, einem
Regaten des Lucullus, durch König Mithrivates hatten erleiden
möüffen, fehr genau befchriehen hat, geht das Eigenthümliche dreſer
Localität des Bodens deutlich hervor. Er fagt aber ausdrüdlich,
daß der Caftellberg, den man nad) Strabo's Ausprud für ein
„tünftlic aufgeworfenes Denkmal der Semiramis halten Tonnte, ein
natürlicher Selsberg fe, der nur dieſen Anſchein hatte (Hir-
j Oberer Zris-Lauf; Wege nah Amaſia. 141
ti Pansae Commentar. de Bello Alexandrino Lib. 1. Cap. 72:
tumulus enim naturalis, velat manu factus, excelsiore undique
Aastigio sustinet murum ete.). Er war von Pharnafes Bor
fahren ſchon und aud; von ihm befeftigt worben; Jul. Cäfar hatte”
ihm aber, feinem Gegner zuvorkommend, eifigft beſetzt und ftaunte
ſelbſt über deſſen Tollfühnkeit, der ihn in diefer Stellung wider
alle Erwartung anzugreifen wagte (ebend. Cap. 75). Das Terrain
des Schlachtfeldes im Nordweſt, eine Halbe Stunde von ver Burg,
mit dem Engpaß, den Hamilton auf feinem Marſche nad; Amafis
durchzog, fand diefer mit Hirtius Beſqhreibung volllommen über-
einſtimmend 17),
Ainsworth hatte früher einmal den directen Weg, die Poft-
frage nad Sonftantinopel, auf ver rechten Uferfeite des Iris über
den Uzun Boghaz (d. i. langer Pag) und ven Ort Ajne over Zue
Bazar (d. i. Spiegelmarkt die Route nad Amaſia zurüdgelegt,
mb bort, wol auf derſelben Route, die auch Dupre kurz beſchreibt ®),
die Ammäherung an biefe Stabt viel malerifcher gefunden, als ven
Bez auf dem Weftufer über Zileh, ben er zum zweiten Male im
dahre 1839 verfolgte, worin ihm Hamilton und auch H. Suter
(1838 im Detober) vorangegangen waren.
H. Suter”) hatte von Zileh vie erften Stunden nordwärts
“am Zilehflüßchen entlang das Thal durch die Weinberge verfolgt,
erreichte dann in 2 Stunden durch nadte Hügel das hohe Wald»
geirge Alty Aghatſch (d. i. Sehsbäume), vefien Hinabſtieg
zum Iris fehr fleil und gefahrvoll war, ver hier viel breiter als
Amor auf beiden waldigen Seiten von fteilen Felsgebirgen eingeengt
if, aber bald indie erweiterte Ebene von Amafia eintritt, vie nahe
den Bergen gut angebaut und im ihrer Mitte mit Maulbeerpflan«
zungen bevedt war. Viele gigantifche Wafjerräver ſchöpften ihr
Waſſer auf beiden Seiten des Fluſſes zur Befruchtung der vielen
Wanlbeergärten, voll Heiner Gartenhäuschen, deren Bewohner mit
der Seivenzucht befchäftigt waren. Der Beg zieht ſich noch lange
durch diefe Gärten bin. bis in bie Nähe ver Stabt Amafia, die‘
nach Hamilton 8 Stunden von Zileh entfernt Tiegt.
Ehe diefe erreicht wurde, mußte Hamilton bei dem Zigeuner-
derfe Akfalar, wo Siebmacher und Bagabunven ſich aufhalten,
20% einmal ben gekrümmten Flußlauf zum rechten’ Ufer hin durch⸗
=) W, Hamiltön 1. c. L p. 362. °%) Dupr6, Voy. en Perse I. c.
p-39. .”°) H. Suter 1. c.; Hamilton I. p. 363.
142 Kiein-Aflen, 5. 8.
ſchreiten, wo nun bie über eine Stunde weite Thalebene in ihrem
ſchönen Anbau und ihrer Fruchtbarleit ven Wohlſtand ihrer Be-
wohner verkündet. Im ihrem fühlihen Theile, jagt Hamilton,
fol der Tſchüterlbkoſu (Schylar-Fluß bei Strabo) von Weft
ber am linfen Ufer ſich in den Iris einmünden. Auf Hamilton
Karte ift er oberhalb Amafla, alfo im Süden ber Stadt, ein-
gezeichnet; vieleicht, fagt ey, entfpringe derfelbe im Hochgebirge ge-
gen Siwas. Ainsworths Karte 2W) hat die Lage nicht beſtimmt,
obgleich er ven Schlar weiter nordwärts angiebt, als fein Weg ihm
führte. Kieperts Karte ift diefer Angabe gefolgt, hat aber noch
einen zweiten ſüdlichern von berfelben Seite einfallenden Zufluß,
Tſchykryk-Su genannt, eingetragen, fo baß das Zigemerborf
Altſalar zwiſchen ven Münbungen beider Zuflüffe in der Mitte zur
liegen kommt. Bejde linken Zuflüffe, vie erſten von Bedeutung,
giebt auch die ruſſiſche Karte, aber beide mit veränderter Stroms
entwidlung, und ven Tihöterlel-Su als falle er erft unter-
halb ver Stabt Amaſia zum Iris ein. Das Nivea des Iris
üegt nah v. Tſchichatfcheff ‘) bei Totat — 1600 Fuß, Bei
Turkhal = 1582, bei Amafia = 1231 Fuß üb. dv. M. Der
Fluß wirde alfo auf diefe Strede 369 Fuß Gefälle haben. Nach
Ainsworth wide das Niveau bei Amafla viel tiefer liegen, er
giebt 9843. Bar. (1048 F. Engl.) an 2).
.
Erläuterung 3.
Die beiden Tinten Seitenthäler zur oberen Stufe des Zrie-
Taufes, in W. und. S. W. von Amaſia, des Tihpkrälefu
und bes Tchöterlät-fu (Schlag).
Die zuvor weniger befannten linken Zufläffe Haben durch fort»
geſetzte Wanderungen einige Berichtigungen erhalten, die auch auf
den neueren Karten von Kiepert eingetragen find ?), während auf
00) Ainsworth, Trav. and Research. in Asia Minor. Vol. II. p. 25.
*) P. de Tehihntcheff, Asie Mineure. I. p. 189. ?) Ainswortk, Bes.
in Assyria, Babyl. etc. p. 20. 5
2) ſ. 9. Kleperts Karte von KleinAfien, Im Maaßſtab Tan 1854,
und in dem neuen Handatlas bei D. Reimer. Heft2, Rt. 27, Blatt
Kleinaflen und Syrien 1855; f. über Kieperts Berichtigung der
sinerartjchen Daellen in deffen Memoir. 1856 S. 91 —93 mebft
den Noten.
Tſchykryk⸗ und Tigöterläl-Zufäffe zum Iris. 143
der früheren Karte von Meinaflen in kr im Jahre 1844 bie
Zeichnung zumal des Tihelerik-fu bei Sulu Serai uch verkürzt
geblieben war. Diefe Zuflüffe haben durch ihre Größe an ſich feine
Bebeutung, birechziehen aber einen Theil des wenig, befannten gala»
tiſchen Laͤndergebietes und verbienen baher genauere Beachtung.
Der Tiäykrptefu, d. i. Rabmafler, den ſchon Badſchi
Chalfa bei Amafia nennt ®), ift buch v. Tſchich atſcheffs Karte
berichtigt worden. Nach ihm Liegt deſſen Duelle 5) nur 5 Stun
den in S. W. von Tokat, aljo am Weftgehänge des Tſchamly
Dagh, der von Sivas norbwärts nach Tofat überfegt wird, auf
der großen und ſchönen Ebene von Artova, bei dem Dorfe
Artova, 3769 Fuß Par. üb. d. Meere. Bon ba fenkt ſich die
genannte Hochebene mit dem Thale, in welchem der Tſchy⸗
iryk ·Su als ein geringer Bach ſüdweſtwärts abflieft, bis zum
Orte Sulu-Serai (3078 F. üb. d. M.). Schon Eonful Brant
hatte (1835) auf feinem Marſche von Dyzgai gegen ND. nach
„Xolat ©) viefer großen und fhönen Ebene, bie er Ard Oma (bie
hintere Ebene) nannte (aber bei Indſchidſchean7) Artik-Owa,
angeblich nad) einem Fürften Urtig-Beg benannt) erwähnt, die von
Heinen Slüffen bewäflert werde und 70 Dörfer enthalte, welche einen
ſehr ergiebigen Aderban treiben; aber er hatte feinen ver darin lie
genden Drte genannt, offenbar ober den Ort Sulu-Serai (d. i.
Waſſerſchloß) paffiren mäflen, war aber abwärts dieſes Ortes. durch
tänberifche Kurdenſtãmme ſehr beſchwert worben, baher vermuthlich
die Eile und Sorgloſigkeit ſeines nur flüchtigen Durchmarſches. Von
Ard · Owa überſtieg er aber nordwaͤrts das wildere Waldgebirge des
Fichtenrückens (Tſchamli-Bel), der ihn durch eine Schlucht
nach Tokat führte. Bon dem oberen Laufe bes Tſchylryk in der
Ebene Ard-Oma ift uns nichts näheres belannt, als daß er hier
überall feiht genug ift, um durchgehbar zu fein. Aber 8 Stunden
unterhalb SulnsSerai wendet fi) ber Strom plöglidy von fei-
nem bisherigen Süpweftlauf gegen N. und N.D., und in vem Mintel
biefes Norddurchbruchs aus feinem Längenthale liegt das Dorf
Yangy (Hangui bei v. Tſch. 2908 F. üb. d. M.), das alfo ſchon
&61 Fuß tiefer als die Duelle liegt und nordwärts nad) Amafia
P. de Tchikatchef, Asie Mineure. I. p. 191—19.
Gikan Numa, Geographia Orientalis ed. M. Norberg. Londini Gotho-
zu suis * 8 iin, w. J. nrant, vn 2 etc 1. c. in
Journ, oc. p2i indſchidſche⸗
—Se ©. 295; Kae
144 Kein-Afen. 63.
Yo '
nod 1524 Fuß Gefälle, alfo wol einen fehr veipenven Lauf haben
mag, da S ſich mır 5 Stunden oberkalb Amaſia bei 1384 F. üb.
d. M. abfeluter Höhe in den Spiegel des Iris eingieft.
Nur ein paar unbedeutende Zufläffe fallen bei Jangy in den
Tſchykryt, deren größerer, obwol er auch überall noch durchgehbar
if, aus dem Süben vom Dorfe Kara Megora herablommt,
welches auf einem Trachyt⸗Plateau 3662 F. üb. d. M. erhaben
liegt. Weſtwärts dieſes Steomlanfes, abwärts bis Amaſia und Big
zum oberen Laufe des Tjhöterlet-Su, ver bei Aladja vorüber
fließt, ift dieſer ziemlich wilde Theil des Landes, der bie Morbfeite
ver alten Provinz Oalatia einnimmt, felbft dem fo unermüdlichen
v. Tſchichatſcheff faft eine völlige Terra incognita geblieben.
Iubeß hat doc) fein Vorgänger, ber ruffifche Obrift, nachherige Ge-
neral Wrontfhento 2%), ver biefe Gegenden in ber Richtung von
Süden nah Norden durchzogen und bafelbft aſtronomiſche Beftim-
mungen gemacht hat, auch einige Aufſchlüſſe über die dortigen Fine
- Hufe gegeben, denen zum Theil auch v. Tfäihatfceff gefolgt il.
Nur wenige Reiſende, welche dieſe Strede in der Richtung des ges
nannten Stromlaufes, ben fie alle namenlos Ließen, einmal durch⸗
zogen haben, gaben verflänpliche Berichte und genauere Angaben über
die verfolgten Wege, weil fie meift zu großen Gefahren derch bie
rauberiſchen Kurven, welche bier zu haufen pflegten, ausgefegt inarem,
und ſich keine Punkte der größeren Anziehungskraft daſelbſt für fle
vorfanden. Zournefort, einer der Wenigen, der hier (1701) hin⸗
durchzog und fübmwärts von Amaſia vorüber den Weg direct zum
Halys und nad) Augora zog, hatte zwar bei dem Ort Geber (auch
Alader) ven genannten Fluß überſchritten, ven er ein Heineres
Waſſer von gleichem Namen nennt, ohne jedoch näheres über ihn
zu berichten; ſeine weiteren Stationen über Omerpaſcha, Site
am oberm Tichöterlefefu, find auch in Kieperts Karte eingetrs·
gen. Eben fo hatte fhon Tavernier !) ein halbes Jahrhundert
vor ihm auf feiner Querroute von Bulwadyn durch die Wüfte
norbiwärts zum geofen Salzſee nach Kotſchhiſſar und von ba über
*0r),Schriften des militärifhetobograpifesen Depots, Herausgegeben auf
Kaiferl. Befehl um FH des Far u Oel ientenant
von Schubert. Gt. Petersburg. 4. An zuffher
" Sprade. &.50—-52. ) Towemefort, Belat. du Lemnt te. 1. c.
IL. p. 176, ꝑ. °) J. B. Tavernier, un Sie Vornası Le T. I.
ꝑp. 103; vergl. 3. Brent, Journey eic. is Jones. of khs Geogr.
Soc. 1836. Vol. VI. p.219. Bor.
Tſchöterlũk⸗Su (Scylar). 145
Mudſchur (Mouchiur) durch viele wilde Turkomannenſtriche bin«
buch zu Jangh (er ſchreibt Jang ou), alfo etwas oberhalb in ber
Wendung des tiefen und reißenden Flüßchens, venfelben auf feinem"
Rorboftwege mit der Karawane durchſchritten, ohne ihn mit Namen
za nennen, von wo er in 4 Tagen durch ein gut bebautes und be»
völfertes Thal den Paß über ven walbigen Tfhamlübel und
dann Tokat erreichte. Doch mußten jene früheren Angaben bei
ihrer Unbeſtimmtheit gewöhnlich unfruchtbar für die Kenntniß des
Landes bleiben. _
Der zweite bier zu erwähnende linle Zufluß zum "Iris ift
verZfchöterlet- over Tihötyriy-Su, ber ſich dicht neben dem
vorigen um weniges nörblicher in den Hauptſtrom eingießt. Er ift
noch eben fo hypothetiſch wie ver vorige in bie Karte eingetragen und
no; non keinem Beobachter in feinem ganzen Laufe unterſucht; aber
doch im einzelnen Berzweigungen feines oberen Laufes berührt, die aber
alle viel weiter aus dem Weſten aus ver Nähe bes Halys ſich entwideln
und ihren vereinigten Lauf gegen Oft und Norboft zu nehmen fcei-
zen, wo fie nur wenig fübli der Stabt Amafla in den Iris ein
mũnden ımb dieſe Einmünbungsftelle fon von Strabo als Sch-
lar· Flu ß bezeichnet wird (Strabo XII. 547). Es ift ver einzige
ven ihm genannte Zufluß, ob er gleich noch andere ambeutet, vie
e aber nicht benennt, wahrſcheinlich weil fie noch ımbebeutenber find.
Der Schlarfluß aber fheint, obwol er bei feiner Einmündung
von feinem Reiſenden beſucht ift, da ſie alle vem Oftufer des Irie-
lanfes entlang gingen, nicht aber von dem Zigeunerdorfe Alſalar,
des an der Sühfeite feiner Einmündung liegt, das Weſtufer ent-
lang nach Amafia wanderten, nicht unbedeutend zu fein. Wenigſtens
fü es drei Hanptzweige, aus denen er zuſammenfließt. Der
fudli chſte verfelben entipringt bei Sarylar ımd Karadſchal,
3461 5. üb. d. M. nad) v. Tſchichatſcheff 21), nur ein paar Stun
ven im Norben ver Berggruppe bei Iyzgat, das noch kürzlich durch
vie Nefivenz feines ſelbſtſtändigen Fürſten, Tſchapwan Oghlu, bes
tähmter geworben war als zuvor. Diefer flieft gegen Nord in ber
Nähe von Aladſcha (3446 F. üb. d. M. nad v. Tſchich.) vorüber,
weshalb er auch diefen Namen Aabfha-Su erhalten mag. Die
Sage dieſes Ortes gehört zu ben wenigen in dieſen Gebieten aftro»
newiſch von W. Hamilton beftimmten, unter 40° 09 Lat. und
4,37 35 D..2. v. Par. .
*) P. de Tehihatchef, Asie Mineure. I. p. 193.
Witten Cutande ZVIL. 8
146 - Klein-fien. 8. 8.
Der dritte Zufluß, der Tſchorumfluß, kommt vom Norden
und vereinigt ſich unterhalb des Aladſcha mit vem Tſchöterlek,
deſſen Einmündung oberhalb Amaſia zum Iris von W. Hamilton
nur aus der ferne gefehen werben konnte 212), wie er aus eimem
engen Thale ſich gegen feinen Hauptfluß ergoß, und ber auf feinem
weiteren Marſche zu deſſen oberen Zuläufen viele Spuren feiner zeit-
weiſen bedeutenden Ueberſchwemmungen im Winter wahrnahm, wo»
durch er ganze Ebenen in feinem unteren Laufe wie in Seen zu
überfluthen pflegte.
General Wrontſchenko's Beſchreibung ®) als Augenzeuge
dieſer bisher wenig befannten Flußläufe, welche mit Tſchichatſcheffes
Angäben meift übereinftimmt, ver nur die Höhenmeflungen Hinzu»
fügte, ift folgende. Der Tſchytryk entfpringt 20 Werft ſudlich von
Tolat aus der Einfattlung der beiden Rüden des Iyldyz Dagh
* (Sternbergs), der die Gipfel des Tſchamly Dash (Fichtenberges)
öftlich des Gebirgspaſſes von Siwas nad Tolat bildet. Cr fließt
gegen W. S. W. in einer ziemlich breiten Hochebene, bie fehr benäl-
tert und gut bebaut ift, zwiſchen ziemlich fteilen Abhängen, und ver⸗
einigt fid) bei dem Dorfe Kjüren (neben Jangy) mit dem vom
. Süven fommenben Kara Magora. In einem Bogen gegen Nord
fliegt er erft in einer Ebene, dann in nicht tiefen Ufern durch eine
ſchmale Schlucht mit Gärten und fällt ſüdlich von Amaſia, nach
einem Lauf von 200 Werften (etwa 30 Meilen), in ven Jeſchil
Iemal.
Sein ſüdlicher Zufluß, der Kara Magora, hat ven Namen
vom Dorfe an feinem Urfprung, bas auf dem Kreuzwege von Iyz=
gat nah Siwas und von Tokat nach Cäfaren liegt; er fließt im
einer tiefen breiten Schlucht mit fteilen Mbhängen, nimmt rechts
noch einen Meinen Zufluß auf und ergießt fi nach 26 Werft
(7 Stunden Lauf) in den Tſchykryk.
Zwei andere Bäche, bie fi zum Tfchöterlü vereinen, eut⸗
fpringen nörbfih vom Iyzgat im Iyloyz Dagh (einem an«
dern als ven ſchon oben ©. 111 bezeichneten Berg biefes Namens).
Sie vereinen ſich nordwärts fließend mit einem zweiten Meines
Fluſſe bei dem Fleden Aladſcha zum Jenidſche-Tſchai (was
) W. Hamilton, Res. in Asia Minor. p. 374.
+) Gen. Wrontſchenko, in den Schriften des milltaͤriſch-topographiſchen
Depots a. a. D. Th. TIL. S. 51. Ans dem Rufflihen überf. vom
Desfanbourg. Met.
Der Tſchorum⸗Su; Tſchorum. 147
Dorf Henidje anf Tſchichatſcheffs Karte Liegt ſüdbfilich vom Aladja).
Diefe zum Aladſcha-Fluß vereint nehmen vom Norden her ben
dritten Zufluß, den Tihorum-Su, auf und fließen, noch
(Each ruffifhen Angaben) mit dem Terikan-Su oder Terhan-Su
von Merfiman aus NW. kommend vereint, als Tſchöterlek
(Scylar) zum ZJeſchil Irmak (?), worüber weiter unten nach⸗
aiehen if.
Der obere Lauf dieſer weſtlichen Zufläffe des Iefhil Irmak
wurde durch W. Hamiltons Entvedungsfahrt von Amafia weite
wärs nah Tſchorum, Karahiffar, Aladſcha bis Iyagat
theilweiſe näher berichtigt und beftätigt.
Tſchorum, das ver Gefanbte A. ©. Busbeck) fon im
Jahre 1554 auf feiner Reife nah Amaſia Chorom genannt und
durchzogen hatte, ohne weiteres von ihm zu fagen, hatten inbeß vor
Hamilton fhon Col. Chesney und W. Ainsworth 15) vom
Reben, von Osmandſchik am Halys aus, aufgefucht in ber fehl
gehlagenen Hoffnung, hier die Lage des alten Tavium zu finden.
Statt der antiquariſchen Entdedung ergab ſich aber eine bis dahin
undelannt gebliebene intereſſante phuficalifche Thatfache, dah nämlich
vie Bafferfheide zwiſchen dem Stromgebiete des Iris und dem
des mittleren Halyslaufes in der Kette bes KBſſeh Dagh (an der
Dfgrenze der alten Landſchaft Ximene) bis dicht an deſſen Oftufer
reiht und nur eine halbe Zagereife von deſſen Bette entfernt liegt.
| Dam ver Fluß von Tihorum (Churum bei Ainsw.) entipringt
dieſet trachytiſchen Gebirgsfette fühmärts und fließt mit feinen
Rebenftrbmen an Tſchorum, Karahiſſar, Aladſcha oftwärts vorüber
m Iris. Die Waſſerſcheide zwifcen beiven großen Strom»
fpRemen ftreicht aljo im Weſt ver genannten Stäbte direct fild-
wärts bis zum Hochgebirge bei Itzgat, und biefer Waſſerſcheide im
Weſten wurden erft die merfwirbigen Ruinen bes gefuchten Tavium
m Boghaz Kidi im Stromgebiete des Halys aufgefunden.
Hamiltons!) Entvedungsfahrt nah Tſchorum und Aladſcha
a ven Duelifizömen des Tſchöterlek⸗Su ging von Amafia
a. Am 15. Auguſt (1836) ging er auf der nächſten Steinbrüde
®) Augeri Gislenii Bosbequii Opera .omnia. Oxford. 1771. 8. Ama-
sum Iter in Epist. I. p. 81. . **) W. Ainsworth, Trav. and Res,
1 p. 101, u. derf. in Lond. Geogr. Journ. | c. IX, p. 261-262.
#y W. Hamilton, Resesrches in Asia Minor eic. Vol.I. p. 31-38;
die Monte f. auf Kipa Kazte.
23
148 Klein-Afien. 8.3.
über den Iris und überftieg die niederen Schieferberge, die von
fenfrechten Trappgängen durchſtohen werben, hinab in bie (bene
Amaſia's, die an 3 Stunven weit fi erfiredt, von Vulcanſand-
Peperit überzogen und mit einigen Trappblöden überftreut ifl. Er
riti auf dem Nordrande der Ebene auf den Anhöhen hin, auf benen
er rechts das Dorf Baghlydſcha, Baglifon bei Busbed, Tiegen Tieg,
und erreichte eine Biertelftunbe in N.W. von da das Dorf Sara.
Die links liegende Ebene hatte, wie viele andere im Rande, beſtimmite
Landmarken, die allen Sinuofitäten berfelben folgten und als die
Uferränder eines einft bier ſtehenden Lanbfees erfcheinen, ver jegt
zwar troden gelegt ift, aber zur Winterzeit nicht felten fo überfluthet
wird, daß man einen anderen Weg als den genannten über bie
Steinbrüde wählen muß. Nach 4 Stimven Wegs wird die Ebene
‚durch eine Bergſchlucht, aus ver ein Heiner Strom zwiſchen gran
und wild emporftarrenden Felsmaſſen . hervortritt, beichloffen und
man überfleigt bie Berghöhe am Dorfe Baindir vorüber nad
Hadſchi Fidi, 12 Stunden fern von Amaſia. Diefer Ort, zu
dem Diftrict von Zileh gehörig, der von deſſem Gouverneur Hadſchi -
toi mit feinen 300 Häufern und 25 zugehörigen Dörfern durch einen
Renegaten, von Geburt ein Europäer, für jährliche 500 Pfd. Ster«
ling (100 Beutel) abhepachtet war, hat nur wenige alte Reſte.
Einige hierher verfchleppte Säulen waren in ben mobernen Wänben
der Häufer eingemauert. Dem Orte liegt Tſchorum noch 6 Stun-
den fern gegen Weſt. Aber anı folgenden Tage, den 16ten Auguft,
wurbe mit Umwegen über einige Dörfer, wie Aurhatkoi (ein
ſicher verfchriebener, aber nicht herzuftellender Name) und anvere, wo
wenige Marmore ſich zeigten, die Weftioute weiter verfolgt bis
zum Dorfe Tekieh, in dem ſchon mehrere alte Architecturrefte mit
Inſchrif ten zu einem ſchönen Karawanſerai verwendet waren und
aud ein Grabmal die Aufmerkſamkeit erregte, das vielleicht wahr-
ſcheinlich aus dem britten Jahrhundert batirt. Es ift dies daſſelbe
Teke Thioi bei. Budbel, wo er ein Derwifchklofter nennt, von
deſſen Mönchen er ſich viele Fabeln von ihrem Heiligen Cheder le
(ichtiger Chyohr- Is) mit dem Drachen erzählen ließ, die nichts
anderes al8 abſurde Verdrehungen der Sage von St. Georg maren.
- Die Schluchten der Schieferberge in Welt von Teich, aus denen
” bie Türken bie Schieferplatten zu ihren Grabfteinen holten, erreichte
man duch lichte Wälder von Zmergeihen, Juniperns mb
Figtenbäume, und durch bie vertrodneten Weiden des Berge
ruckens emporfleigenb, dem bier gegen W.S.W. ein Bad) entriunt,
Die Ruinen von Tſchorum. 149
ver fih zum nahen Halys zu ergiehen fchien. Dann wäre bier ſchon
vie Waſſerſcheide zwifden Iris und Halys und wahrſcheinlich
die Naturgrenze ziwifchen ven älteften Völfergebieten bes Pontus
gegen das Geſtade und bie Galatier nahe dem Binnenlanbe ges
weſen. Aber aus fpäterer Ermittelung ergab ſich, daß die Waffer-
ſcheide erft noch etwas weiter weftwärts nad; bem Halys zu rückt,
da biefer Bach gegen W.S.W. noch im Süben von Tſchorum vor⸗
über vielmehr zum oberen Laufe des Tſchöterlek-Su gehört.
Tſchorum liegt am Oftabhange des Köffeh-Dagh, an Zi-
gen von Gypsbergen hin, welche Hamilton für bie Oftgränge
ter großen Salz“ und Sanbfteinformation erkannte, in welcher bie
wöhtigen Salzſchich ten nievergelagert find, melde einen großen
Theil des” weiten Halys-Baffins berühren, und biefen Strom
ſchon im ven älteften Zeiten feinen Namen, des Salzftromes, zu
Bege brachten. Erft im Weiten des Waſſerſcheidezuges des Köſſeh-
Dagh liegen bie berühmten Steinfalzgruben bei Sari Kamyſch, im
Stromgebiete des Halys, von denen weiter unten die Rebe fein wird.
Tſchorum 217), noch ein Sit fanatifch bigotter Türken (2458 Fuß üb.
d. M. nach v. Tſchichatſcheff gelegen, 2213 n. Ainsworth) hatte
an 2000 Häufer, gute Bazare und eine ſchöne Mofchee, die aber
aft im neuer Zeit durch Tſchapwan Oglu ihre Reftauration er -
halten hatte. Nach deſſen Abfegung erhielt die Stadt einen Paſcha
an ihres bis dahin geweſenen Erbherrn Stelle. Im von Sultan
Suleiman aufgeführten Caftel fah man eine große Menge ver-
Khiedenartiger Säufenzefte eingemauert, und ganze Treppenflucten
als Zugänge zu ben Batterien aus horizontalgelagerten Säulen
mafien aufgebaut, nebft vielen. andern Marmorfteinen und Infchrife
ten, bie aber meift nur Grabſchriften enthielten. Offenbar Trüms
wer einer einft bedeutenden Stabt, vermuthlic einer galatifchen,
teren Naıne aber unbelannt geblieben. Die einen ver Eingebornen
ſagten zwar, dieſe Trümmer habe man erft von einem ſfüdlichern,
Larahiſſar genannten Orte auf vem Wege nad) Aladſcha herbei
teſchleppt; von andern ber Eingebornen hatte jedoch Ainsworth
das Gegentheil gehört, daß nämlich vielmehr antite Marmore erft
ven Tſchorum weggefchleppt worden -feien. Um hierüber. genauer
auf den Grund zu kommen, feste W. Hamilton am folgenten
Tage feinen Weg nad) dem genannten Karahiſſar fort, in der Er»
) V. Hamilton Le. I. p. 378. u
150 Mein-Afien. 8.
wortung, bort vielleicht die Reſte des Längft geſuchten alten Tavinm,
der Haupffefte ver galatifhen Trocmi, aufzufinden, bie ſchon
Lealke's 218) Gonjectur in biefer Gegend, ja zu Tſchorum ſelbſt ge
fucht hatte, das jedoch zu feiner Zeit nody unbeſücht geblieben war.
Da aber in Karahiffar fid) Feine Nefte einer antilen Stabt vor-
fanden, fo Eonnte auch aus ihren Trümmern ver Aufbau zu Tſchorum
nicht ftattgefunben haben; aber bie vielen Grabſchriften mit einge-
hauenen Kreuzen, die man zu Tſchorum vorfand, bemeifen wol bie
nahe Nachbarſchaft einer bedeutenden alten Stadt, vie ſich frühzeitig
zum Chriftenthum befehrt Haben mußte, was um fo intereffanter,
da Galatia, in welcher ober am deren Gränze dieſer Ort gelegen
haben wird, eine der erſten Provinzen von Afla Minor war, bie
zum Chriftentfum überging. Nur im geringer Ferne nordwärts
von Tſchorum entdedte W. Ainsworth19) auf einer bebeutenven
Höhe von 3090 Fuß, auf dem Rüden des vortigen Waſſerſcheide-
zuges zwilchen Iris und Halys unter 40° 37’ n. Lat, wo er an
mehreren Grabkammern vorüberlam, ein Denkmal auf ver Felswand
des Kirk Delim von ungewöhnlich großer Dimenfion, das ihn
ſogleich feiner ganzen Conftruction nad an bie Belöfammern ber
pontifgen Könige in Amafia erinnerte, eben jo glatt bekamen
wie jene, mit einem vieredigen Eingange in das Iunere des Felſen,
darüber mit großen eingehaumen Buchſtaben der Rame IKHZION.
Bon fpäterer Hand waren einige anbre rothe Buchſtaben daneben
und ein rothes Kreuz gemalt, ein Zeichen, daß hier am ver Gräuze
Galatiens frühzeitig das Chriftentfum Eingang gefunden hatte. Die
Gebirgstette des Kirk Delim befteht aus Glimmerſchiefer, mit
exdigen Tradipten und emporgerichteten Kallſteinſchichten, die Darüber
ſich erheben und mit Eichen und Pinuswald bevedt find. Tſchorum
liegt nad) Ainsworths Beobachtung unter 40° 31’ 47" N. Br.,
34° 51° O. L. v. Gr. u. 2213 3. P. üb. M.
Am Iten Tage, den 17. Aug., wurde durch Hamilton ſüdwärts
von Tſchorum (das 2458 F. üb. M. liegt n. Tſchichatſcheff) die dortige
Ebene von gegen 1Y, Stunden Breite und 5 Stunden Ränge, durch-⸗
zogen, welche ver Heine Fluß erft fübwärts durchfließt, bis er fh dann
oſtwaͤrts zu ben anbern Quellflilſſen wendet, die auch oftwärts mit beim
Tihäterlel-Su zufammenfallen. Im ber Ebene hatten Tarko-
*2®) Will, Martin Leake, Journal of Tour in Asia Minor etc. Lond. 8.
1824. p.311. °*) W. Ainswortb, Trav. and Research. I. p. 100
mebft Abbildung; derfelbe in Lond, Geogr. Jaum. I.c» KK. 262.
Tſchorum; Ofäk-Ruinen. 181
manen ihre ſchwarzen Sommerzelte aufgefchlagen, und weideten ihre
warden Schaaf, Ziegen- und Kameelheerven, mit denen fie zur
Binterzeit in ihre zwar tiefer, aber in biefen meftlichen Gegenden
Meinafiens doch ftets ſehr benachbart liegenden Winterbörfer ſich zu⸗
tietzuziehen pflegen, hier jedoch auf den noch immer-über 2200 Fuß
hehen därren Landrüden hinreichendes, wenn ſchon vertrodnetes und
weit dorniges Futter für ihre Heerden finden.
Noch 3 Stunden weiter gegen ©. W. durch die vom einigen
Scieferfelfen mehr verengte Ebne ziehenb, wurde das Dorf Tetich
Hatap erreicht, von welchem aus fi benachbart ein dunkler Verg
wit $wei jeltfamen Spigen, eine ifolirte Trachytmaſſe, aus ber
Mitte einer Ebene, von nievern Anhöhen umgeben, erhob, durch
welhe mehrere Thäler nach verſchiedenen Richtungen ziehen. Der
Gipfel beſteht aus zwei Pils, die gegen 50 bis 100 Fuß aus ein-
aber fiehen, wovon einer ganz unzugänglic, der zweite an 100 Fuß
ang und 20 Fuß breit mit Reften von Mauern und einigen Bogen
umgeben war, ſcheinbar einer alten Feſte, an deren Fuße auch noch
axvere faracenifche Baureſte, wie von einem Chan, einem Babe und
acern Mauern ſich zeigten. Die Türken nannten biefen hoben
Tamahıs Sandſchak Tepe, d.h. Stanbarten- Hügel, ben nad
rer Ansfage einft Sultan Murad durch feine Sofvaten habe
ahohen Lafien, als ex hier Iagerte, um feine Standarten Darauf
m errichten.
Nur eine halbe Stunde von da gegen S.S. W. gegen Kara
Niffar, bei dem Turkomannendorfe Ujuk oder Djät (ev ſchreibt
Gmat) wurde ein ganz anberes Denkmal befuht, das auch ſchon
von dem franzöfifchen Reiſenden Terier (im Jahre 1834) ”) ent-
Weit and abgezeichnet 21) war, als er feine Unterfuchungen in ben”
6 Aenes weiter gegen S. W. liegenden Felsſeulpturen zu Boghaz
tijdi (d. i. Engpaßdorf) beendet hatte Hamilton ſah hier ein
trehes gegen Süd gerichtetes Eingangethor 2°) mit einer noch ſtehen ·
ben maffiven Mauer auf jever Seite. Die 2 Haupffteine, welche
Die Pfoſten des Thores bilden, find gigantiſch bis 12 Fuß hoch.
=) W. Hose, Rapport de M. Texier sur tes Basrelifs pres Bogaz-keuf
en Asie Mineure. 15. May 1815. Journ. d. Savans. 1835. Juin.
p.368— 376. ?') Ch. Texier, Description de l’Asie Mineure faite
Ordre da Gouvernement fr. 1833—1837. Vol. I. 1839. p. 224.
1. ?7) W. Hamilton, Res. 1. c. 1. p. 382— 385 nebft Tab.
Gateway on ancient Temple.
152 Klein-Afien. - % 8.
An der Aufenfeite eines jeden ift eine monftröfe Figur aufgerichtet:
ein befieverter colofjaler Vogelleib mit menſchlichem Lopfe ımb nad
unten mit Beinen, bie in Vogelllauen enden. Die Mauer zu jeder
Seite des. Thorwegs ift 14 Fuß lang, bright daun gegen bie rechte
und linfe Seite ab; fie hat ebenfalls einen graniofen chel opiſ chen
Character, ift aber jet ſehr beſchädigt. Sie führt aber zu einem
im Inneren unter freiem Himmel gebliebenen, eingeſchloſſenen, aber
gepflafterten großen Raume, an vem vie Wände bis zur Höhe von
3 Fuß über dem Pflafter mit rohen, zum Theil fehr verwitterten
Sculpturen bededt find, in denen man noch Abbilder von Kindern
erkennen Tann, die auf Inftrumenten fpielen, 3 Prieſter in langen
Roben gekleidet, einen Widder und einen Oäfen, bie zu einem
Opfer getrieben werben. An der Immenfeite einer ber hohen Ein-
gangsftufen ift ein voppelköpfiger Adler in Stein ausgehauen,
ber an moberne Wappenfchilverei erinnert, aber doch jenen alter»
thümlichen Denkmalen zugehört, ba er auch in ven eben fo ſeltſam
benachbarten Sculpturen von Boghaz-kidi noch volllommner ange
geführt vorkommt 23), wie er ſchon felbft in den Ruinen von Per-
ſepolis wiederholt ſich zeigt, alfo Feinen Grund zur Verdächtigung
bes Alters diefer Sculpturen abgiebt. Innerhalb biefes offenen
Tempelraumes, ver an ähnliche altphönicifche, quadratiſche und offene
Tempelräume an- der nordſyriſchen Küfte von Arados und Tortofa
erinnert ( Erdt. Th. XVII. 1. ©. 851, 855 u. 0. O.), führt ein Gang
von großen Steinen eine Strede weit in das anliegende Dorf, in
dem vor einer Hütte ein großer Duaberftein mit einer feltfamen
unbelannten halenförmigen Infchrift 2%) liegt, bie Terier Fir phry-
giſch hielt, welche Hamilton copirt hat, bie aber bis jegt ıment-
siffert geblieben und auch nur mit der Unterfuchung der benachbarten
weit beveutendern Sculpturen zu Tavia (ober Tavium ber fpäteren
Zeit) im Halysgebiete zu erflären fein werden. Nach dem fo ein»
fichtigen früheften Urtheile unferes verehrten Gönners und Freundes
Hafe in Paris, das er bei vem erften Bericht über biefe nen⸗
entdedtte Gruppe von feltfamen SculptursDentmälern mit Beftimmt-
heit ausſprach, ſchloß verfelbe ſchon, daß fie einer barbariſchen,
aber einheimiſchen Kunſt, älter als alle griechiſche Civiliſa-
tion, dem 7ten Jahrhundert vor Chriſto angehören werde umb
welche erft fpäter durch Römerwaffen auch in jenem fernen. Oc-
35) {, Texier I. c. T.L p. 217 u, Tabul. 78. ?*) M. Hase, Rapport
1. c. p. 376.
Djuf-Ruinen; Aladſcha⸗Ruinen. 153
cident verbreitet und durch ben Chriftianismus fo wie durch lange j
Wechſel des Mittelalters fo mobificirt worben fei, daß ſeitdem ber
Anblid ver Welt ganz verändert worden. Die erfte Hypotheſe
Teriexrs, biefe monunientale Gruppe mit der Geſchichte der Ama»
zonen als eine Themischra, die Hauptftabt der Leucoſyrer, in hiſto⸗
riſche Berbindung zu bringen, hatte fon ©. Kramer-%) gründlich
wiserlegt. Die Art, Thiercolojfe ald Wächter vor die Thore zu
fegen, ift ganz orientalifh und aus Perfepolis wie aus Ninive
hinreichend befannt, jo wie Menfcenköpfe auf Thiere, wie hier zu -
Exyuf, nichts Ungewöhnliches. Genauere Nachforſchungen über die
Umgegend biejer Ruinengruppe und der Nachweis ihres nad H. Kie-
perts Anficht wahrſcheinlich aſſhriſchen Urfprungs ſind jedoch ber
Zukunft vorbehalten.
Bon dieſem Denkmal zu Euyuk nad) Tekieh Hatap zurückgekehrt,
feste Hamilton feine Wanderung (am 18ten Auguſt) durch bie
Thäler und nievrigen Schieferberge, die ebenfalls von Turfomannen
wit ihren Heerben durchſtreift wurden, und zwiſchen einzelnen Ges
hoͤlzen von Eichen und Wachholverbäumen bewachſen ein paar Stun⸗
den weiter gegen ben Süden fort, bis er ven Fluß Aladſcha
Irma erreichte, der theils von Kornfelvern, theils von Sumpfe
böven umgeben zu bem elenven Orte Aladſcha führte, bei welchem
der genannte Fluß ſich ebenfalls. oſtwärts zum Tſchüterlek⸗Su
wenbet und dadurch bem Hauptfluß fo viel Waffer zugeführt wirb,
daß er ſchon als Schlag die Aufmerkſamleit Strabo’s auf ſich
chen mochte. Nur 2 Heine Stunden nörblih vom Aladſcha-Dorfe
am gleichnamigen Fluß wurden von Hamilton etwas fpäter, am
16ten Auguft, noch einige alte Felsgräber aufgefunden, bie hoch
eben im einen Kalkfteinfels eingehauen waren 26). Eine 30 Fuß lange
mad 10 Fuß breite, 16 Fuß hohe Gallerie war als Vorhalle ver
Felsgrãber aus dem Kalkfteinfels gehauen; ihr Dach wurde vom
8 borifchen in rohen Verhäftniffen ausgehauenen Säulen getragen.
Sie war 17 bis 18 Fuß hoch über dem Boden der Felswand aus-
gehauen, und aus dieſer Gallerie gingen die Felslammern nad dem
Immern des Berges ausgearbeitet, umb gehörten unftreitig einem
einſtigen Fürſtengeſchlechte an. Der Fels ftand ganz vereinzelt da
und umher lagen andere zerflörte Grabftätten. Auch wurden noch
®*) Dr. G. Kramer in Bulletino dell Instituto di Corresp. Afcheologica
Nr. UL Marzo 1835. Prim. fogl. p.17. **).f. b. Hamilton, Res.
hc p 402, die Zeichnung des Grabes.
.
154 Mem-Afen. - 6.8.
andere Ruinen in ver Nähe, wie z. B. zu Degirmen⸗kjbi (. i.
Mühlendorf) im Süden von Aladſcha an der Duelle des glei
namigen Zluffes, genannt, die aber, nicht näher befannt geivorben,
nur beweifen, daß bier in ver Nähe von Iysgat eine hiſtoriſch
‚wichtige Localität zu ſuchen iſt, die Hamilton für Tavinm,
ZTerier für Pterium glaubte in Anſpruch nehmen zu können
(j. unten Yäsgat).
Bon Aladſcha fegte Hamilton am 19ten Auguft feinen Weg
noch weiter gegen ven Süben in gleicher Richtung über Seid-Ufu
und ähnliche Schiefergebirge von Serpentinfelfen umgeben fort,
zwiſchen denen noch einmal eim Fluß (mol der füblichfte Arm des
Zicpöterlef) feinen Lauf gegen NO. nahm, und erreichte dann bei
Habak Tepe das Scheivegebirge zwiſchen Iris und Halys, das er
überfteigen mußte, um in 8 Stunden nad Jüsgat am Delidſche
Semak binabzufteigen, ver nordweſtwärts zum Halys fließt, wo wir
veffen Gebiet näher kennen Iernen werben. Denn fir jest kehren
wir ans ben Seitenthälern ver Halyszufläfie nah Amafia, am
Bette des Hauptflufies Iris gelegen, zurüd.
Erläuterung 4
Die Stadt Amafia und ihre Denkmale.
Amafia (Auiosıo, |. Strabo XII. 547, 556, 560), die ber
feftigte am Iris liegende Stabt, nennt Strob o 227) wiederholt feine
Baterftapt und fagt, daß das Gebiet der Aınafener von allen das
größte und fruchtbarfte fei. Sie Tiege, fagt er (ebenb. XIE, 561), im
einem tiefen und großen Thalfeffel von Bergen umgeben, melde ber
Fris durchfließt. Durch die Natur wie durch Fürforge der Dien-
ſchen iſt fie. bewundernswerth fo eingerichtet, daß fie den Bewohnern
zu ihrem lieblichen Aufenthalte und zugleich zu ihrer Bertheidigung
dient. Denn ein hoher, ringsum ſchroffer, gegen ven Strom ab«
ſtürzender Felsberg beherrſcht biefen. Einerſeits zieht eine Mauer
am des Stromes Rande, am welchem bie Stabt erbaut ift, auderer ·
- feit6 eine zweite, bie am beiden Seiten zu ˖ den Gipfeln asffteigt,
deren zwei fin, mit einanber ſchön vereinigt und thurmartig empor»
#27) Strabon, Trad. fr. Paris ed. Coray. 9810. 1. IV. P.3. p. 76; Groß
furd, deutfche Ueberf. Berlin 1831. ZI. 1. ©, AM-500.
Jeis-Lauf, die Stadt Amaſia. 155
Rägend. In biefer Umfaflung liegen bie Balläfte ver Könige
mb ihre Grabflätten. Zwiſchen ven Gipfeln fteigt von beiden
Seiten vom Strome aus, wie von ber Vorſtadt, ein enger Berg«
fattel ober eine Schlucht empor, zu denen man 5 bis 6 Stadien
(dwa 3000 Fuß ?. |. unten bei Hamilton) hinaufzufteigen hat; von
da am erheben “fi die Gipfel aber nod ein Stadium (600 Fuß)
höher umb fo fteil empor, daß fie unüberwindlich vor jebem Angriff
gefihert find. Dort liegen auch bie Waflervorräthe (ödeeia), bie
derch zwei unterirbifh ausgehanene. Canäle (adgıyyes
terumpivar 530) zur innern Stadt geführt werben: ver eine zum
Fluß, der andere zur Bergſchlucht, fo daß es ihr niemals an Waffer
fehlen kann. Ueber ven Iris gehen zwei Brüden, bie eine von
ver Stabt zur Vorſtadt, bie andere führt aber aus ber Vorſtadt
wach aufen; denn am biefer Brücke endet ver hinter dem Felſen Lies
erde Berg. Bon diefem geht num das Flußthal weiter, das an-
finglich nicht Breit ift, aber bald darauf ſich fehr erweitert und das
fo genannte ebene Feld Ehiliocomon (b. h. der Taufend- Orts
ſchaften) bildet, dann in bie ſehr fruchtbaren Landſchaften Diaco⸗
pene und Pimoliſene bis zum Halhs ausgeht. Aus dieſer zwar
ſcht preciſen und durch jüngfte Beobachter vollkommen beftätigten
Beſchreibung, die aber freilich ſehr vieles Specielle zu wünſchen
ibrig läßt, glaubte Mannert®) fließen zu bilrfen; daß Strabo,
der im auderen Pänberbefchreibungen fo reichhaltig, hier aber fo dürftig
ſich zeige, in feiner Jugend, die er wol in ber Vaterſtadt zugebracht,
Äh doch wenig um feine Heimath umd um Geographie befitnmert
haben möchte. Nach Plinius (VI. 3u.4) wird Amafia, das
nad ihm am Iris liegt, von feinem ver bebeutenben Geogra
dhen des Alterthums genannt, aufer Ptolemäus (V. 6. fol.126,
Tab. Cappadoc.), ber fie im inmeren Sande des Pontus Galaticus
führt. Aus Imferiptionen ergiebt ſich nur der Name des Kaiſers
Marc. Anrelius Antoninus ober Commodus, die beide ben
Zitel Germanicus over Sarmaticus führen, deren Name anf einem -
der Thorreſte in Amafia auf einem Architrav 2°) aufgefunden wurde.
Das übrige Dugenb der meift verftämmelten Infchriften aus grie-
Sihdter Zeit, meift auf Privaten ſich beziehend, ift ohne Hiftoriichen
Beth, für die Geſchichte der Stadt. - Steph. Byz: nennt fie nur
7 8. Maunert, Geogr. d. Gr. und Möm. VI. 2. Eleinaſien. ©. 467.
”*) Corpas Inseript. Graec. Vol, HR. fol 429. Nr. 4168," mad; Hamilton,
Research. Il. Inser. Nr. 72.
156 . Rlein-Afen. 6. 8.
als eine Stadt ver Philoſophen, er meint wegen Strabo,
des Stoiferd. Ihre Münzen geben erft feit Domitian zu ihrem
Namen aud) das Bruſtbild ‘ver Kaifer, fo baf fie bis gegen Eude
des erften Jahrhunderts nach Chrifto eine freie Stabt unter der
Romerherrſchaft geblieben zu fein fheint, die zu Juſtinians Zeit aber
fon fo verfallene chriſtliche Kirchen hatte, wie Procopins
(de Aedif. III. 7) fagt, baß Kaifer Yuftinian beren mehrere das
ſelbſt neu berftellen mußte. Auch wird fie in ber Epardie bes
Helenopontus als eine Metropolis genannt, und vom Hiero»
cles mit Zela und anderen Städten aufgeführt >). Zur Byzan⸗
tiner Zeit ®U) gehörte fie zu ven 7 Stäbten der Provinz Cappa-
docia tertia; die armenifchen Gebiete reichten mur bis Siwas am
Halys und Bis Tofat am Iris, aber nicht bis Amaſea ®).
Eorifi3?) if der erſte arabiſche Geograph, der an drei verfchiebes
nen Stellen diefe Stabt Umafea in feinen vielfach, ſich durchkreuzenden
" Karawanenrouten als Station angiebt: auf dem Wege von Oft
nad Welt, von Armenien über Tofat, von Konia, alfo von Süd
nad Nord über Amafia nad) Angora, und von S. O. auf ver ſyri⸗
ſchen Route eben dahin, ein Beweis, daß zu feiner Zeit die Stabt
im Iebhaftem Verkehr ftehen mußte mit ihren Umgebungen. Aber
Abulfeda*) hatte fi ſchon durch Augenzeugen, wie er ſelbſt
fagt, nähere Grkundigung über dieſe Stabt verfhafft. Gie Tiegt
nad) ihm im Lande Rum, im 6ten Clima; er weiß von Reiſenden,
daß fle groß, mit einer Mauer umgeben und von einer Citadelle
vertheibigt war. Sie ift an einem großen Fluſſe erbaut, aus dem
viele und große Schöpfräber ihre Gärten bewäſſern. Sie fei be
rühmt durch ihre Schönheit, durch ihre Wafferfülle, durch ihre Wein
berge und Obftgärten, und als Statt der Philofophen (er meint
auch Strabo). Der an Amafia vorüberziehenre Fluß, ven ex
nit mit Namen nennt, ergieße fih bei Samfım (er fagt irrig
Sinope) zum Schwarzen Meere. Bon Amafea bis Sinope fire
6 Tagereifen, auch foll es bei Amaſea Silbergruben geben (er hatte
30) Wesseling, Hierocl. Synecd. p. 701. >) Constantini Por-
hrs. de Taematibu Li. I 9.21, ed. Imm. Bekk. Bonn, 1840.
l. *?) St. Martin, Nemoire sur la Geogt. de lArmenie {m
— — p. 186 — 188.
®) Edrisi b. Janbert T. II. p. Bin, 312, 313. ’*) Abulfedae Tabul.
Geogr. Tab. XVII. Terra Rum. 6. Reisfe, in Bülhinge Maga. V.
4771. p- 302; nad} Reinaud, Tradac. aus dem arif. God. mitges
ige! in Mfer.
Amaſia, nah arabifhen Autoren. 157
wol von ben Silberminen zu Hadſchi Kidi in N. W. ver Stadt, in
der Nähe von Merfiwan, Nachricht erhalten).
Als Zeitgenoß berichtet Ebn Batuta *) bei feiner Durch⸗
wanderung biefer Stadt Amafia nad) Armenien ungefähr daffelbe, -
(im Jahre 1328) und fügt nur hinzu, daß fie weite Straßen, große
Bazare habe und dem Könige von Irak, gehöre. Doc war fie dar
mals wol den Seldfgutiden untergeben. Bom Sultan Alaeddin
Railobab war fie im Jahre 1213 (nad; Hamd. Cazvini) 9), nad.
anberen Angaben von 1220 bis 1236 new aufgebaut, was auch von
fräteren türtiſchen Geographen wieberholt wurde. Bei ber großen
Berheerung, welche ven größten Theil der Meinafiatifhen Halbinfel
traf, als Timur um das Jahr 1402, nad Belegung Sultan
Bajezeds des Ditomanen auf dem Schlachtfelde bei Angora, fo
zahlloſe Bewohner ver zertrümmerten Städte bes Landes, wie Si
was und ambere, in Maſſe hatte nieverhauen over als Sclaven
wegſchleppen laffen, und auch an Chriften das Land fehr entuölfert
hatte, wiberfland die Befte Amaſia's zwar 7 Monate’”) lang
feiner Belagerung, die er ganz aufzuheben gezwungen war, aber ihre
Umgebung murbe hart mitgenommen. Cine Anzahl mongolifger
Stämme, bie feit Hulafı Khans Eroberung von Berfien aus Iran
anderthalbhundert Jahre hindurch bis an den Iris und Halys vor
gedrungen und in ben weibereichen Ebenen von Eäfaren und Amaſia
in 52 nnabhängigen Horden (Sara Tatari bei Scheriffeddin ges
nannt, ber fie zu 40,000 Haushaltungen ober Zelten angiebt) 3%)
heimiſch geworden und im ben Heeren Bajazeds als tapfere Krieger
gedient hatten, wurben nun, auf Timurs Befehl, durch feine Emirs
und Mirzas mit Gewalt und Lift aus diefem Lande als Coloniften
auf die Oftfeite des Caspiſchen Meeres zu Timurs getiſchen Unter»
thanen verpflangt.
Die Stadt Amaſia, die zu gleicher Zeit nicht wenig gelitten
haben mag, wurbe von Muntenebbi in feinem Gedichte von
der Eroberung Amaſia's durch Seif - ed⸗ dewlet Charſchena
astrum Carsiani) 20) genannt, ein Name, ver uns fonft unbe»
kannt geblieben ift. Ueber bie Wechſel unter dem nachfolgenden
”) Tores d’Ibn Batutah etc. p. Defremery et Sanguinetii.
p.29. —R Daseler, Trav. l.c. TI
”) % Ri hammer, Geſchlchte des Domaniſchen Reit
#®) Scheriffeddin Ali, Histoire de Timur Bet. Trad, p. Pet. de la Croix.
Paris 1722. 8. T. IV. p.69 sq. ) J. v. Hammer, Geſch.
dee Deman. Keichs. I. e Not.
Paris 1854.
158 . Ailein · Aſien. 58.
Beſttz der Osmanen giebt Ainsworth 0) einige Notizen, Bolfän-
bigeres das Meifterwert I. v. Hammers. Im nächſten Jahr⸗
Hunbest erfahren wir Einiges über Amaſia aus ven Gefanbtfchafts-
berichten Auger Busbedco, der als Botſchafter König Ferdinandel,
an Sultan Solimanl. zur Friedensunterhandlung wegen Beilegung
der Hänbel gegen Siebenbürgen nad Conftantinopel gefhidt, aber
den Sultan, der damals mit feinem Kriegsheer in Amafia ver-
weilte, dort in Kleinaſien aufſuchen mußte. Damals begegneten fich
die Gefandten ans Perfien und Deftreih im Yahre 1555 am gläns
zeuden Hoflager des mächtigen Eroberers Soliman. Busbed *)
war über Angora, Tſchorum und Baglidſcha in Amafia eingezo«
gen, bie er bie Hauptſtadt von Cappabocien nennt, wo ver Prinz,
Statthalter dieſer Provinz fein Heerlager hatte und feinen Gerichts-
hof hielt. Amaſia liegt, fagt er, zu beiden Seiten am Ufer des im
der Mitte fie durchſtrömenden Fluſſes Iris, fo daß fie ihrem thea⸗
traliſchen Aufbaue nad) von allen Seiten dem Auge offen vorliege.
Sie werde fo von Bergen umgeben, baß fie nur einen fahrbaren
und gangbaren Aus- und Eingang zu ihr geftatte. Sie ift öfteren
Feuersbrünften unterworfen, die von ben Janitſcharen felbft angelegt
zu werben pflegen, um babei rauben und plünbern zu Lönnen, bie
aber die Branbftiftung ben damals feindlichen perfifchen Spionen
ala Schuld beimaßen. Den höchften Gipfel, ver Amaſia beherrſcht,
wimmt eine feſte Citabelle ein, welde fortwährend durch türkiſche
Truppen befegt ift, die zum Schuß gegen ben Perferfeind, der zu
weilen bis hierher vorbrang, und zur firengen Zucht und zur Bes
herrſchung ver Provinz felbft diene. Auf dieſem Berge find, fagt
Busbeck, gar mande Reſte alter Dentmale, vielleicht felbft ver alten
fappabocifcen Könige, noch übrig. Die -Häufer und Strafen ver
Stabt bieten nichts weniger als ſchöne Architecturen dar, ba fie
meift, wie in Spanien, aus Erbe aufgebaut find, mit platten Erd⸗
. dächern, bie man nad Megenzeiten mit Walzen zu ebenen pflegt,
wozu meiftens Säulenftüde aus alter Zeit gebraucht werben, bie
dazu ſehr bequem find. Da bie Tauſende ver platten Dächer faſt
aller Städte in Rleinafien auf dieſelbe Weife behandelt werben, fo
liegt, darin, fagt ſchon Busbek, ein Hauptgrund fo vieler Zer⸗
*°) Ainsworth, Trar. and Res. .c.’Il. p.28; 3. v. Hammer, Geſch.
nes Dem. Reiche. eRh 1828. Z5.UN. &.327. En 33%; vergl.
Zinteifen, Geiey. des Dsm. Reihe. Th.1Il. 1855. 6. 21.
+) Aug. Gislenii Busbeguii Opera. Oxford. 1771. f. Epistola 1. p.83--93.
Amaſia, nach Eulia Efendt. “ 158
Rirung antiler Sänfengebäube, die feit Iahrtaufenben ihren Schmud
dazu bingeben mußten.
Auf diefen Dächern wird Tag und Nacht in der Sommerzeit
zgebracht. Die Hofhaltung des Sultans und ihr Pomp feste buch
tie babe; verſchwendete Pracht in Verwunderung, und die glänzenven
Feſtſchmãuſe, welche bei dem Friedensſchluß mit dem Schah von
verſien, deſſen Geſandtſchaft zu Ehren, in ven Gärten des Sultans
im Freien am Feſtungsberge gegeben wurden, konnte Busbeck von
der anderen Flußſeite, wenn ſchon nur aus ver Ferne, fehr wohl
beobachten, denn, jagt er wiederholt, bie ganze Stadt fei liberal
iberſchaubar. Obwol es ihm nur gelang, einen halbjährigen Waffen-
ſtilſtaud, aber noch Teinen Frieden abzufchließen, wurde er doch mit
len Ehren im Junius deſſelben Jahres, nad) dreimonatlichem
Aufenthalte, aus Amafia entlaflen, von wo er auf demſelben Wege
ad Eonftantinopel zurüdeilte.
Ewlia Efendi,. der vor dem Jahre 1650 von N. W., von
Marzifan in 8 Stunben die Stabt Amafia befucht hat, giebt von
It unter allen Orientalen vie umſtändlichſte Nachricht, die uns aus
fo guter Quelle, feiner Borurtheile und Mängel an Kritit, wie bei
fa allen Drientalen, ungeachtet, doch vom eigenthümlichem Werth
fein muß 2). Diefe Gebirgsftabt, fügt er, wurde öfter belagert,
aber nie von ven Perfern eingenommen, bis die Seldſchuken kamen
und fpäter Sultan Ilderim (R. i. Bajezid I) ſchöne Silbermünzen
| u dem reinften Silber, das man bort aus drei Minen gewinnt,
wit dem Namen Amaſia ſchlagen ließ. Sie foll von Ferhad er-
* baut fein, und bat viele Kaufleute und Gelehrte zu Bewohnern. Der
Berg um Amafia ift flets im Wolfen gehüllt, nur Mittags Tann
wan die Thürme der Mofcheen und die Dächer ber Häufer’ (von
Reben frei ?) fehen. Die Stadt, ein Pentagon, hat 9060 Schritte
im Umfang und eine fehr feſte Burg, ein Werk Ferhads, mit
| 4 Thürmen und 80 Schießſcharten, von ber ein Felsgang, Tſcha⸗
van Joly genannt, mit 3007 in Fels gehauenen Stufen abwärts
vom Fluß führt. Sie hat gegen Oft 4 eiferne Thore, num mit
WEtüd Heiner Gefchüge befegt, die hinreichend find, weil biefe
deſtung nicht an der Grenze des Reiches liegt. Unter der Burg ift
\ im Höhlengefängniß. Im Fels find 6 wundervolle Grotten, in
dexen bie reichen Einwohner ber Stadt zur Beit. einer Rebellion
“) Hain Eiend, Narratie of Travels in Karo, Asia ete. Trans). from
\ the Tarkisch by 3. v. Hammer. Lond. 4. 1850, Vol.Il. p. 98-101.
160 ’ Riein-Afien, „Es:
ihre Schäge zu ſichern pflegen. Das untere Caſtell ift am Ufer
des Tozanly (Iris) erbaut, der durch die Stabt fließt; es hat
3 Thore. Diefer Tozanly fließt durch den Ferhad⸗Paß in
Amaſia (unten bei Hamiltons Bericht) ein und nimmt-ben Fluß
Tſchykryk auf, welcher ver großen Steinbrüde, die über ihn führt,
gegenüber in ihn einfließt. Er kommt aus dem See Labil in ver
Sulu Dva (b. h. bewäflerte Ebene). Im gemeinen Leben heißt ver
Fuß Tuzanli Yava, und im Sprihwort Heift es: „Tokat
verunreinigt ihn, Amafia trinft ihn“. Derſelbe Fluß
nimmt unter Nigiſſar (Neocaesarea) den Fluß Kerkük (Reltiv, d. i.
Lycus) auf, und ergießt fi, nachdem noch 7 Flüſſe zu ihm getres
ten find, bei Samfun zum Meere; auch treten unterhalb Tſchehar-
ſchembeh noch mehrere Quellen zu ihm. ‚
Die Stabt Amafia ift zu beiden Uferfeiten dieſes Stromes
die Anhöhen hinguf gebaut; die fhöne Brüde, von Bajezid errichtet,
verbindet beide Stabttheile, bie in 48 Quartiere ver Mufelmäuner
und 5 Quartiere der Chriften vertheilt ift, und in allem 5000 Hãu⸗
‚fer zählt, auch mehrere Paläfte, mit 250 Mofcheen, 10 Collegien,
19 Häufern, darin ber Koran vorgelefen wirb, und AO Derwifche
Eonventen, wie vielen Chanen. Der Bezeftan hat 4 Eingänge mit
eiſernen Pforten und ver Bazar ift mit großen Platten gepflaftert.
. Das Serai des Sultans liegt am Ufer des Fluſſes, an dem
viele Mühlen ftehen und große Wafferräver ſich drehen, welche bie
ſchoͤnen Gärten des Sultans bewäflern, die von 50 Gärtnern bes
bient werben, welche als Auszeichnung gelbe Mügen tragen. Die
Amafier find ein gefundes, fröhliches Bolt, von friſcher rother
Geſichtsfarbe, feine gebildete Hofleute, Gelehrte und gute Redner,
Kaufleute und Handwerker; das gemeine Volk ſpricht aber einem
rauhen Dialelt; die Frauen find türkiſche Schönheiten. Bom treffe
lichen Korn, Dardwedſari (?) wird das befte Brot gebaden‘;
40 Sorten Birnen, ſchöne rubinzothe Kirchen, 7 Sorten von Tran
ben und Quitten, bie für Prinzen eingemacht werben, find berühmt,
wie vieles andere Obft, das gute Scherbets (Getränke) giebt. Die
Arbeiter der Baumwollenweber und Schneiver find hier gepriefen,
auch die Gefhäfte ver Confitwriers, ver Barbiere und anderer Ges
werbe find in Flor. Der Winter ift in Amafia milve, das Clima
Hieblich, die Fenſter der Wohnungen daſelbſt werben alle gegen W.
und Nord gerichtet. Das Wafler, das Ferhad vom Berge herab-
leitete, fo baß e8 von Haus zu Haus verbreitet werben konnte, ift
delicids; in der ſchönen Umgebung der Stabt giebt es 70 verihie
Amaſia, nah J. B. Tavernier. 1861
kalt Spagiergänge, bie zu vielen Bilgerftellen führen, über welche
8 eine Menge von Legenben giebt. Mit einer folden allgemein
wiederholten Legende ſchließt ber Efendi feine Erzählung von Amafia.
Nicht zu allen Zeiten der älteften Amaleliter (d. i. der Urväter)
Reg der Tuzanli, fagt er, wie gegenwärtig, durch bie Mitte ber
Stabt, ſondern erft feit ven Zeiten Ferhads, des Liebhabers ber
Shirin, der einft bie Berge wie Käſe durchſchneiden und fo bie
Bafler, wo ex wollte, Hinbundleiten konnte; von ihm ſieht man
ap nod) auf der Weilfeite der Gtabt Amafla viele Kefte feiner
oßertigen Arbeiten. -
Bon dem Standpunkte des Handelsmannes aus hat I. B. Ta⸗
vernier im fiebzehnten Jahrhundert Amaſea wiederholt mit Ras
rawanen beſucht; zum erſtenmale im Jahre 1681 2%), wo er fie von
Ceuſtantinopel aus auf dem gewöhnlichen Wege über Osmandſchik
am Halys erreichte und fie eine große Stadt nannte), bie in einer .
Eifentung am Beigabhange emporgebaut fei, und nur gegen Güben -
auen weiteren Blick auf ein ſchönes Thal geftatte, das vom Tofat-
fafle durchſtrömt werde. Die über ihn führende Holzbrüde ſei fo
fhmal, daß nur drei Menſchen nebeneinander fie überſchreiten Eörmen.
He Waffer zuguführen habe man einft mit ungeheurer Arbeit einen
Camel durch die Felſen hart wie Marmor gehauen. Gegen Oft
lege auf hohem Berge eine Feſtung, vie aber kein anderes als nur
‚ Üftemenwaffer habe. In der Mitte des Berges (wol in deſſen
mittlerer Schlucht ?) fei eine fchöne ‘Duelle und eben daſelbſt fehe
war Felslammern, in benen einige Derwiſche ihren Wohnftg ges
zommen. Die Stadt hatte nur 2 ſchlechte Karmanferais (das
vefiiche Wort für das turkiſche Chan), aber einen fruchtbaren Bo-
den umher, auf welchem guter Wein und bie beften Obftarten in
Ratofien wüchfen. _
Amafia, die durch alle Wechſel ver Zeiten bei fo zahllofen
Stern feit ven älteften Perioven ihren antifen Namen, wie wenige
in Keinafien, bis in bie türkiſche Zeit hinein ganz unveraͤndert bei⸗
bchalten Hat, blieb aud nach türkifcher Unterjohung des Landes
ie großem Anſehn, da fie wiederholt die Reſidenz *) türkiſcher Sul-
ober ihrer pringen als Statthalter wat, und ihre Feftung bei
) Vivien St. Martin, Asie Mineure, in Hist. d. Decouvertes geographiques.
T.DL. 1846. p. 15-23. 3. B. Tarrer, Les Six Voyages.
A la Baye 1718. 8. T.I. p. 9-10. *%) I. v. Hammer, Geld.
«a.D. Il. &.228—230, 342—346; II. 422 uf.
Ritter Grofunde XVII. _ 8
162- Klrin⸗Aſten. 8. 8.
hanſigen Witren und Weicliowen ihnen nicht feiten als füßees
Ast dienen kounte; baher fie ach bei den Lobrednern ver Herriger
öfter mit dem Titel Bagbad-Mumi’s (bie Chaliſenſtadt der
Herrſcher im Abendlande ver Römer) geehrt wurde. Die türkiſchen
Autoren aber, welche, wie {hen U. Busbed fehr rjchtig bemeite,
alle Zeiten und Räume in ihren Berichten mit eiuamber wermißden,
giehen bie autilen Denkmafe der Stadt, deren Nmeen fie nen einer
Pringeffin Amaſia herleiten, in ihren mobermen Sagenkreis, Ieffen
wert die Romane and Liebesgeſchichten Ferhads und Gchieins
ſich zutragen, den Canal der Wafferleitung vom Ferhad nis Mich
anal zu ben Schäfereien feiner Gelichten Schirin durch feine Rieſen
"aus bem Felſen hauen; fie ſchrtiben bie efte alter Banten ben
Pallãſten ihres Jafendiar (die perſtſchen Sagen von BViſatan
nad Amaſia verlegend) zu, bie Gräber altpontifder Küsige ihren
Berfohren, ober als Mohnfiße ihm frommen Heiligen uud Der
wiſchen zu, und rühmen die Gtabt als Aufenthait ihrer Dichter zur
Dichterimen (Mumin und Mihri, @seldhe man bie Sapho ber Di
mauen nannte) und vergleichen mehr. Mer gelehrte and be⸗
rühnite Polyhiſtor ver Tüten, Hadſchi Ehalfa, aus dem Idten
Sahrhunbert (in feinen Dſch ihan Näma, bi. Weltſchau, aus
den Jahren 1629 —1658) ſchreibt in feiner aflatifchen Geogruphie
bie Reſtauratien der Feſtung von. Aumſfia dem Gelofcjufen- Härft
Alaeddin Kaikobad zu und fagt, daß man worbem im den Ber-
gen um Amaſia Gplpgruben bearbeitet habe; ſonſt weiß amd er
nichts beſonderes vom biefer Stabt zu fagen, als daß fie eine fehöme
Moſchee, vom Baiezed erbaut (tichtiger aß einer Kirche umgebaut),
habe, fo wie datßz fie durch gute Bazare, Bäder, Medreſſen nud
Narawauſerai s berühmt ſei ©).
Bei dieſer Armuth an einheimiſchen Berichten, dem auch bie
Waffifer ſind, aefer Strabo, höchſt ſchweigſam über dieſen Ort,
müffen wir aus meiſt an Die Angaben europäiſcher Reiſenden hal
ten, vie ihn nicht felten- befucht haben.
-Zonrnefort, Pocode, Riebuhr Haben Amaſia mt er ⸗
reiht, der Chevalier Otter, der (1748) 7) vom Tolat über Ama ſia
nach Osmandſchil g0g, hat nur wicherholt, was er im Dichihan Nama
gefunden hatte, und eben fo Andere. Der Engländer 9. Morier®),
?**) Gihan Numa, Geographia Orienlalis es Tureico in Latimum versa a
#. Norherg. Lowdini Gothorum. 8. 1818. Pars U. p. 407—409.
+’) M. Otter, Voy. en Turqubs etc. Paris. 8. 1748. T. H. 9. 334—335.
**) 3. Morier, Joursal etc. 3808—1809. Lond. 4. 1812. p. 347 etc.
Amafia, der neuern enopkifhen Reifenden, E68 -
der im Juli 1809 anf feiner Mädreife von perſiſcher Gefanntihaft
Amafia berührte, ſcheint zuerft einige Aufmerkfamteit auf vie Ar⸗
Gehen ver in Fels gehauenen Konigsgräber gerichtet zu haben,
zn degen man ihm auch noch mad) deu Legenden tortiger Chriften
fagte, fie hätten dem heiligen ChryjoRomus in feiner Verbannung
am Aſvl gedient; ſeine Angabe von dortigen Granitjelfen if
aber ig, da nad Ainsworth der Berg nur aus Kalfftein und
Ynmerfhiefern beſteht. Morier hörte von Infcriptionen im
Caſtell, das ihm zu beſuchen abes inoch verwehrt war. Duprs®),
ter ein Jahr fpäter auf feiner perſiſchen Reife (denn beide Völler
Eglands und Frankreichs buhlten damals zur Napolesniichen Zeit
am ben politijchen Velſtand des Schahs von Perfien im Orient)
uch Amafia reifte, janb bie Breite des Iris, ber die Stabt im
me Nord» und Südhälfte tpeilt, 100 bis 108 Zuß; 5 Brüden,
2 von Holz, 3 von Steinen, führten über ihn. Cine der Stein-
bräden war aus behauenen antifen Duadern mit einge
aumertert camellirten Sünlen, Reliefs und anderen Sculpturen mb
WHinen Werkftüden älterer byzautiniſcher Prachtbauten, wahrſcheinlich
ver Bajazed, aufgeführt. Auch die gerühmte, von Sultan Baje-
zid erbaute ſchönſte Moſchee der Stabt hatte ihren Säulenfhmud
108 früherer Zeit erhalten, und machte durch ihre größeren Pläͤte
mb jhönen Platanengruppen, vie fie umgaben, einen angenehmen
kindruck. Mehrere Reſte von anderen Gebäuden aus ber Bye
‚ Katiner und Seldſchuliden Zeit und Spuren aus der Römerperiode
BRarc. Aurels, nah Styl und Fragmenten von Juſchriften zu
xtheilen, erinnerten. ungeahtet des großen Verfalles an vie frühere
vaentung ber Stabt, au deren guem Eingangsthore man noch ihren
üftigen Titel der Metropole entäiffern konnte. Die Berghöhe ger
gu das Weftenve ver Stabt nannte man nach dem türkiſchen Fabel»
keben, ver ihnen als Patron der Stadt galt, Ferhad-Dagh, und
den üftfichens Gipfel des Berges ven Dſchebel Dihigamif®), mit
dem von Byzautinern erbauten Caſtell, das ver Seldſchuliden⸗ Sul
tan Kaikobad reftaurirt haben follte, und viefem gegenüber bie
Rete des Pallaſtes Isfendiars, der einft bie Reſidenz ber Sul
ine gewejen, dann aber Kyzlar Serai, oder ver Weiber-Ballaf,
ꝛaunt wurde, weil die Einkünfte der Stabt und ihres Territoriums
| ter Ehatulle der Sultanin überwielen wurben. Ueber dieſem Kyz⸗
%) Dupre, Vor. en Perse, Paris 1849. T.1. p. 33—39.
”) W. Ainsworth, Res. in Assyria, Babfl. etc. I.c. p.290.,
i . - 22
164° Klein-Afien. . 3.
lar Serai fleigt ein Felſenweg, ſagt W. Yinsworth, im Zia⸗
zad fleil bergan, und, führt von Strecke zu Strede zu großen Halb-
freifen in ven Felswänden, zu benen Eingänge in bie mit großer |
Kunft ausgehauenen Niſchen ober Felskammern führen, vie einſt bei
Strabo die Königsgräfte hießen, von den Türken aber ſchon zu
den Bauten der Citadelle als Kyſchla, bi. Caſerne, gezählt
wurden, bie ſich über ihnen und zur Seite im ihrer mobernen Zer⸗
träimmerung erhebt. Auch dieſe Citabelle follte von ifrem moslemi-
fen Heros Ferh ad und feinen Riefen ausgehauen fein. - ,
Duprs rähmt, außer ver Schönheit ver Lage ımb ven Nature
probuten, Wein, Obft und, gleich feinen Vorgängern, vorzugsweiſe
nod die Seide, melde zu feiner Zeit in Amafia von anfer-
gewöhnlicher Güte in ben weit verbreiteten Maulbeerbaumplantagen
in fo großer Menge gezogen und auch zum Theil verarbeitet wurde,
daß fie den Hauptgegenftanb des Erwerbes ber 20,000 Eimmohner
der Stadt ausmachte. Die Seide von Amafia wurde ber von
Bruffe, obwol fie weniger fein, aber an fonftiger "Güte jene mb
darum auch im Preife überfteigt, im Hanbel zumal nad) dem Schwar ·
zen Meere und zu den Ruſſen vorgezogen, wohin bie meiften &-
porte gingen, fo wie in andere Fabrikorte des Morgenlandes, ein
Hanbel, ver vorzüglich in ven Händen ber Armenier war. Anh
die Kultur des Krapp, Alizari der Türken (Garance, Rubia
tinctorum), follte Amafia beveutenven Ertrag geben.
Die erſte deutliche Darftellung der Rage von Amafia erhiel⸗
ten wir durch bie Aufnahme des Grumbriffes 51) ver Stabt durch
umfern verehrten Gönner und Freund Hm. Obrift von Binde
während feines längeren bortigen Aufenthaltes, durch melde Stra»
bo's umd aller Nachfolgenden Beſchreibungen ihre Aufffärung er-
halten, fo wie durch die Arbeiten. anderer Königl. Preußiſcher Offis
ciere and dem Orient, zumal Herrn v. Moltfe %), dem wir in fo
vieler Hinſicht die wichtigften Belehrungen verbanfen. Kommt mar
von ber Morbiweftfeite durch das Thal von Merfiman nad
Amafia, fo bleibt der Anblick der Stabt bis dicht vor ihr verbor-
gen und erfi-mit ver Umbiegung um bie letzte Felsecke am Strome
eröffnet ſich plöglich dem überrafchten Auge der ganze ſchöne, tiefe
25) Baron v. Binde, Plan von Amafia b. ©. Schropp in Berlin,
1854, zu Kieperts Mem. *) v. Moltte, Briefe über Zus
Mände u. f.w. in ber Tügfel 1835, 1839. Berlin 1841; bie Belfens
"Sammern in Amaſia, &.203—205. _
Amaſia's Königsgrabftätten. 165
Gebirgeleſſel mit der ausgebreiteten großen Stabt, vom Strome
durchrauſcht, mit ihren vielen Kuppeln, Minarets und Wohnungen,
ad allen Seiten von hohen Felswänden umfdloffen, aber im
Schohe von Gärten und Maulbeerbaumwalbumgen, bie fie faft überall
umgeben. Auf ver nörblichen Uferfeite des Stromes thront auf einer.
hervorragenden Klippe das uralte, ſeltſam geftaltete Caſtell und
über ihm an ven fenkrechten glatten Steinwänden an 200 Fuß hoch
' über dem Flußſpiegel erblidt man bie in demſelben kühn und kunſt⸗
reich angebrachten colofjalen Eingänge und Nifchen over Portale zu
den Felska mmern der alten pontiſchen Könige, bie alle Woh-
‚ amgen ber Gegenwart weit überragen und durch ihre Schwerzu ⸗
! gnglichleit wie durch die Einfalt ihrer in die graue Vergangenheit
! yeädweicenben Anlage und bie Müfterien ihres Innern ſchen aus
der Ferne in Verwunderung fegen ®). "
Ws die jeltfamfte Erinnerung an die graue Vorzeit wurden bie
Aiweren Zugänge zu ihren Klippen dennoch mühſam erklommen und
bie ſenkrechte Wand erreicht, in melcher die eine Niſche bis 30 Fuß
Tiefe eingehauen ſich zeigte, in beren Mitte man aber bei ihrer Bes
hung einen coloffalen Felsblod von 25. Fuß Höhe wie ein abge
ionbertes Todtenhaus ftehen ließ, deſſen Mitte wiederum zu einer
Grabeslammer von 15 Fuß im Gevierte ausgehöhlt warb, um bie
finiglichen Xeichen aufzunehmen, deren Sarkophage ober Särge ober
obere Apparate jedoch Längft verſchwunden find. Nur im Boben
der Felslammer zeigt ſich ein Einfchnitt, in welchen die Grabftätte
tinſt eingeſenkt ober eingefugt geweſen. Thüren und auch Fenſter⸗
Öffnungen laſſen ihr ſparſames Licht im dieſe büfteren Kammern
fallen. Solcher eigenthümlichen granbiofen Felsgrotten und Nifchen
in ähnlicher Größe ausgearbeitet zählte man no 5, für ein gan«
168 Rönigsgefchlecht einft durch die mühfamfte Arbeit ausgeführt
and auf einer Seite des Berges nahe beifammen durch Galerien
u Treppen noch immer in Berbinbung ftehend, die mit ihren
Baluftraden in bie Felswände eingehauen fich, wenn ſchon verftüm-
"dt, erhalten konnten. Trotz ihres wenigſtens 2000 Jahre beftchen-
den hohen Alters waren die Lineamente ihrer aus dem härteften
| Gkein gearbeiteten Sculptur noch fo ſcharf erhalten, als wären fie
chen erſt beenbigt worben. Wahrſcheinlich Iagen vor ihren fteilab-
Mäffigen ſchmalen Eingängen erft noch Vorpläge, bie mit Peri«
»)f. die Anficht bei Hamilten T.I. Tombs of the Kings at Amasia;
die Anficht einer Rifche bei v. Moltte, S. 204.
186 Mein-Afen. 6.8.
ſtylen, mit Pfeilern oder Säufen verſchönert, verlleidet nnd derch
Treppenfluchten zugömglicher waren, als hentzutage, bie aber durch
Felsfpaltungen bet Erdbeben over fonft in bie Tefe hinabgeſticz
fein mochten, welche voll vom ihren’ Trümmern liegt, jo daß nur
die Grüfte ſelbſt ſtehen geblieben ohne allen Schmuck, umb daher
auch feinen fhönen Eindruck von der Anfenfeift hinterlaffen, fon⸗
dern mır etwa die Erinnerung am rohere Fornren aͤgyptiſcher ober
altperſiſcher Grüfte in grohem Style eriweden. Nur ihre Gräfe nur
man im ihrer Nähe anflaimen, Die aus ber Tiefe der Stadt geſchen
nicht zu ermeffen ımb zu ſchätzen ifl. Außer ven großen Felslam⸗
mern wurden bei einer zmeiten Veſuche biefer Felsgräber noch
mehrere Heinere Grüfte und mancherlei in bem Fels emgefchnitiene
fümale Gänge entvet, die einft zu Verſchanzungen führten, welche
aber heutzutage unerſteiglich für Fremd wie Feind zu fein ſcheinen.
Aauch mögen auf ber Weftfeite ver Bergmand des Ferhad Dagh
noch ähnliche Grottenwerle fich wiederholen. Der Anblick der tiefer
lſiegenden Citadelle zeigte nnr ein jüngeres zerträmmertes Mad.
werk, aber zum Theil aus altem Material, einen Aufbau, ven mm,
wie fo Vieles im vorderen Mleinaflen, den Genueſern zuſchreibt
Weit ältere Mawerrefte haben ſich auf ven höchflen Kuppen eines
Berges erhalten, vie 20 bis SO Ser hoch ans Duaderfteinen
ohne Mörtel aufeinander gelagert um fo ſcharf zugeſchnitten find,
«88 wären fie polirt gewefen; ein Zeichen fehr hoben Aikertäemb.
Doc find dieſe Hefte wie bie ganze Berggruppe nu die Stunt
fetöft fon von W. Hamilton bei feinem etwas verfängerten Ber-
meiler in Amafia genauer unterſucht, obgleich, wie ex ſelbſi be⸗
merft, wol weit meht Zeit baranf zı verwenden wäre, um eine
volfftäntigere Borſtelkung von diefer wichtigen Pocalität zu erhalten,
mas fünftigen Beobachtern flatt eifigen Dirschfhrge dech vorzüglich
gt empfehlen fein möchte, wobei die Ernte an lehrreichen Sufcripe
tĩonen auch wol ergiebiger fein bärfte, als dies bisher wer Fall gemefen.
Hamiltons Mittheifungen *) erweitern und berichtigen alle
fraheren Angaben anf eime fo lehrreiche Weiſe, daß fle hier ihre
velänbige Aufnahme derdienen um gu fortgejepten Ferfehungen
amgnfeiten umb zu zeigen, mas ſchen hier geſchehen, was alſo med
zu thum Abrig bleibt.
Am Abend des Alten Inlt (1996) traf der Reiſende, won
Zileh und Alfalar kommend, vor dem Eintritt ver Gtabt am
#*) W. Hamilton, Resoerches ia Asla Miner. TomA p. 366-373.
Amafia's Thalzugänge. 487
Ktflefie j me Bafferhebemafchinen mit ihren großen Schaufel«
tiber ven 16 bis 18 Fuß Durchmaſſer am, welche wie in ben ſhei⸗
ideas Stadun am Or ont es (. B. zu Hamah, Erdkunde XVII. 2
31088) uur Befruchtung wer Gelände auch am Iris in Gang
‚oemmen find. Rur eine halbe Stunde vor Ämaſia iſt ver Fluß
zu Felsufer jo eingeengt, daß ver Weg au ber Bergfeite des
nen, d. i. ſũdlichen Ufers ine Fels erſt ausgehauen wurde (jener
ſechade · Paß bei Evliya Gfendi), worauf er feinen Lauf direct von
DR gzegen OR in fanfter füdlicher Krümmung fortfegt. Nm
U Fui höher hinauf fieht man die Refte eines römischen Aquä⸗-
tucts, der mit großer Mühe in den foliven Fels ausgehauen und
in alter Zeit wenigfiens im künſtlichem Canale an ber Felswand
ner fortgeführt wax, aber gegenwärtig unbenutzt lag. Schon Ker
Porter, ver 1818 deſſelben Weges von Turlhal has gelommen war,
nwie biefen Cugpaß, Derbend5s), ven Schlüſſel zum fhöner
Anafiothale, und giebt dem Fels ſpalt, durch dem cr hindurch-
führt, au eine Breite von 4 Fuß, während zu beiden Seiten bie
Aenãude 90 Fuß Hoch ouſteigen. Ans ihm wer ver Aublid des
Leaßethales überrafchen» und ſehr großartig. Diefem Derbend
30 Ihn ein noch engeres oͤßlicher Fels poß vorher, ber leicht
dech eis Thor gaſchloſſen und durch ein paar Mann Wade ver⸗
theitigt werben konnte. Dies iſt unſtreitig bes dem rieſigen Fer-
had zugeichriebene Ferhad-Paf des Evliya. Auch vom Uguä-
tut ſah Ler Porter ebenfalls noch Spuren sc Geite, fo wie einen
tuafgenden Bach fich ven Ser Bergwand herabſtitrzen, ver einf wol,
ta Aquaduct füllen mochte. Die Seenerie dieſes Thales nennt
daſer geiſtreiche Reiſende aufäuglich wild romautiſch und kühn ex-
Inden, weiterhin noch grambios, aber auch lieblich, ſehr fruchtbar, voll
Valogtuppen aub Gärten mit der üppigſten Vegetation. Die Stadt
[OR hatte ex hier eine halbe Stunde entlang zu buschreitem, ehe
dom ihrem Oje zum Weſtende gelangen konnte. Das bald darauf
ouwiterie Thal wWirb wieder zu einer Plaine, anf ber man von ber
Miten ter Südſeite bes Stromes den Aublid des Caſtells ober
der Icropslis auf einem Hohen Fels auf der entgegengeſetzien,
di der Rorbfeite des Steomes erhält, deſſen Ufer, wo man
ds Waffer nur ze Irrigation benugen fonnte, von Gärten ein-
Biest iR, Nach einer Meinen Stunde vom eingeengien Felsufer
ud Kine un feinem, Kunſtwege an durchſchreitet man ſchon die amf der Süb-
>) Kos Porter, Trat. London. 3. 1829. Vol. IL p. 706713; teffen
föne Anficht Nmafan’6 von dieſer Wefeite gegen OP, PlatoLKKRVIL.
168 " Klein⸗Aſien. $. 3.
feite des Stromes weitlänftig ausgebreiteten, aber ſehr engen, ſich
winbenden Gaſſen, die hier liegen, ver bei weiten größere Theil ber
Stabt %), von dem aus man auf ver Norbfeite des Stromes mar
bie entgegenſtehende Felswand mit dem Eaftellberge und darüber
die Felsgrüfte ver alten pontifchen Könige erblidt 7). Im ven
Hauptftraßen der ebenen Stadt, bie man big zum Quartier zu
durchſchreiten hat, ſah man mehrere ältere ſaraceniſche und altchriſt ·
liche Bauten in Ruinen, oder in Moſcheen umgewandelt; eine der⸗
ſelben, die Ker Porter ins Auge fiel, eine urſprünglich chriſtliche
Kirche, von ber noch die Prachtrutne, einſt im ſchönſten altarmeni-
ſchen Style von Ani (am Arares, |. Erdk. X. 398 u. f.) erbaut,
vafteht, ift nur zum Theil zu einer Mofchee verwendet. Solche
Bauten und bie vielen zweiftödigen Steinhäufer, oft in male
riſchen Situationen ſtehend, geben der weitläuftigen Stabt doch ein
viel großartigeres Anfehen, als vie meiften ber übrigen Türken-
ſtädte im Innern barbieten. 3000 bis 4000 Hänfer follen won
Türken, 750 von Armeniern ımb 100 bis 150 von Griechen be⸗
wohnt werben. Das fchledhte Pflafter ver Stabt, die krummen
ſchmutzigen Straßen und die "vorfpringenden Stockwerle verringern
oft das Imtereffe einzelner Bauwerke im Innern der Stadt. ie
vreitägiger Aufenthalt gab Veraulaſſung zu folgenben Bemerkungen,
zumal über bie älteren Denkmale ver Stabt und über ven jeigen
Verlehr ihrer Bewohner.
Da zur Citadelle, in veren Lage ber preußiſche Ingenieur -
Hauptmann v. Mühlbach eine gemiffe Aehnlichleit mit ver Situa-
tion ber Feſtung Ehrenbreitftein am Rhein, nur anf einer weit
größern Höhe gelegen, wahrnahm 5%), fein birecter Weg vom
Flußufer die ſenkrechten Klippen hinaufführte, fo mußte man eimem
bebentenben Umweg gegen Of madjen unb dort auf einem ſich win»
denben Pfade von der Rückſeite (der Norbfeite) zu einem ſchmalen
Bergrüden gelangen, der von Nord gegen Süb läuft und die Acro=
pole mit der Berghöhe gegen die Norbfeite in Verbindung fetst.
Diefer Ummeg, fagt Hamilton, erfläire Strabo’8 Ausfage, daß
man 5 bis 6 Stabien (über 3000 Fuß, alfo nicht ſenkrechte Höhe
etwa), nämlich durch den großen Umweg, fleigen müffe, um zu der
"9 f. Vinde, Plan von Amafta. 7 f. diefe Anflht von Ekb
gegen Nord und Titelblatt bei Hamilton I. Tombe of the Kings
at Amasia; auch bei Dufeley eine Anfcht von —X Seite,
Plate LXXVIIL. 5%) Berlcht aus einem Schreiben, 19. Mär;
1838, von, Eharpnt am @ı t, an Gen.tient, v. A 8
iariiis · PA ii. Sant
Amaſia's Aeropole nah Hamilton, 189
Citebelle zu gelangen. An viefem Wege fanden ſich ein Baar in
de eingegrabene griechiſche kurze Iufhriften ohne Hiftorifche Ber .
bestung ®), vom denen bie eine in Berfen mm voh ausgeführt war.
Kl der Acropole war Hamilton verwundert fo wenige antife
Userbleibfel zu finben; nur Mauern, Thürme und ein unterirdiſcher
Gang zeigten fich, die nur byzantiniſche oder türkiſche Conftructionen
hatten. An ber Höchften Stelle jeboh, die Strabo's Ausſpruch
ton ven Gipfeln „ai xogupai” entfpricht, finb noch bedeutende
Kefle von 2 Thürmen von fehr fhöner Eonftruction, auf die er mit
den Borten: „mrenveymuivaı nayxalws” (vergl. oben ©. 155:
„tharmartig auffteigend“, |. Großkurd ®), over nah Coray:
deux sommets ...... qui sont defendus, on ne peut pas mieux,
par des tours) anfpielt.- -Die xogupai waren leineswegs, fagt
Hamilton, wie aud er anfänglich vermuthet hatte, zwei getrennte
Bance, die durch einen ſchmalen Rücden in Verbindung ftänden,
fabern nur Einer, von welchem aber zwei male Rüden ans
gingen, einer nach Norb, ber andere nach Oft, vom welchen biefer
kegtere ganz fteil gegen ven Strom abſtürzend endet. Die Winkel ber
Banern und Thürme biefes Aufbaues, ven Hamilton für helles
aiſche Conſtruction hielt, fein "bewundernswärbig ausge-
arbeitet; jene Quader nach außen etwas conver, in ber Mitte
3 6i8 4 Zoll vorfpringenb über bie Geitenfugen, alſo ver giblitiſche
altphöniciiche Bauflyl, oder der an der Tempelmauer zu Jeruſalem
ser am Davidsthurme (f. Erdk. Th. XVI. 1. ©. 575 u. a. O.),
die umferer Auficht nad} in bie alleräfteften, wol vorhelleniſchen,
vielleicht perfifchen Zeiten zurädtweifen möchten. Das Mauerwerk
ſegt and) Onfeley, fei ungemein regelmäßig ausgeführt, die Schich-
ten der aufeinanderliegenden Quadern jede anderthalb Fuß hoch 9).
Das Intereffantefte waren Hamilton die unterirdiſch ausge
bannen Gänge over Wafferftollen („ovgeyyes” bei Strabo),
deren Gonftruction ihm denen in andern Caftellen, wie zu Ünich,
Tolat, Turkhal, Zileh gefehenen völlig gleich, die auch mit Trep⸗
Penfindhten verbunden waren, aber in Zweifel ließen, ob fie bios zu
hedrauliſchen Zweden ober auch zu heimlichen Ausfällen aus ven
heſtingen hatten dienen follen. Die eine diefer Anlagen fand er
nicht, gleich ber anbern, im Fels eingehauen, ſondern als ein
WBR
*%) Inser. Nr. 73 u. 74 bei Hamilton; f. in Böckb, Corpus Inser. Graec.
Vol. Il. Fasc. 1. Nr. 4171 u. MTA, fol. 121-122.
9 Bet Strabo Meberf. Th. U. ©. 499, Note 1; f. Strabon,
Tad T.iV. 2. p-7. 9) W, Onsley, Tran. c- vi PA
170° Klein-Ufan. 5.8.
Maunerwerl Über der Erbe fortgeführt, doch gleichſalla ſehr werfindk.
Mitt Fuhrern und Lichtern beſchloß ex im den einem vieſer Gänge
hinab zu fleigew, da mem ihm fügte, bafr er im Grunde zu: einer
Duelle loſtlichen Waffers führe. - Beim Eintritt wurde er ar ihrem
hahern Alter durch ein badffleinartiges Gemäwer einas iıe, ober
fen nach 30 Fuß Tiefe hörte dies auf, uuh er trat mr durch ein
altes, vermeintlich helleniſches Gewäuer in ben eigentlichen Eingang.
Der Hinabweg war entfegkich fleil, die Stufen waren abgenutzt ober
mit Kies ober Schuit aufgefüßlt, fo daß ex 15 bis 20 Stufen mer
fo hinunter ſchurrte. Hier fah er die Seiten des Ganges, wie em
Einganpe, gleichaxtig mit Bläden, jeuen hellexiſchen gleich, im bem-
ſelben Styl aufgebaut. Endlich erreichte er ven Boden bei 300 Taf
Tiefe, wo fh ein Heines Beden won Harem Iakten Waſſer worjune,
umher wait vergleichen, von ihm helleniſch gewanntesn Mauerwack une
geben. Doch ſchien der Gang viel tiefer geweſen und nur mit Stri⸗
wen und Schutt zugefälft zu fen (ob bie ücgeie dwräs bei
Steabo, vom bemen bie zwei dupsppes ensgingen?), Ob etwa auf
Porpejus, des Siegers, Beichl zeuflärt, aid ex im Siege wit bem
Rebellen Arſaces auch andere Caſtelle yerären und ihne, bei
Strabo ebenfalls ücpeis genamien Waſſerbaſſins, am tie
Rinder oder Rebellen, die ihre Aſhle in jolchen Cefiellen ſuchter,
verhungern und verdurſten zu laffen, mit Gteisblöden. verſchatten
Tieh (f. Strabo XL. 560 u. 561)? Der Ges war harler Rakkftein,
aber zuweilen ging die Treppeuflucht auch durch weichere Schieſer⸗
ſchichten, bie durch Mauern unterftügt waren. Die ſubterranen
Gänge zu Ünich und Turlhal, die feüker won Hamilton befucht
waren, hatte er dieſem zu Amaſia ganz gleich gefanen, woraus ex
fie für eben fo autik hielt und für Anlagen gleichartig auf em vie
len aus Mithridatiſchen Zeiten herfismmensen Felſenſchlöffern, die
dieſer zus Sicherung feiner Habe und ſeiner Herrſchaft durch fein
ganzes Reid, hatte errichten laſſen. Der Ausprud, hellenijches Dane
werk, wurde bemmad; wol ſchwerlich ein paſſender Ausdruck für tiefe
weit altern eigenthämlichen Anlagen fein ®).
Unmittelbar unter ber Citadelle, gegen bie fteile Gübfeite
des Berge, wo die berühmten Dentmale der Könige (Busckdue
rise b. Stroke), deren Hamilton b angab, 3 gagen eh,
2 gegen Oft gelegen, zeigte fi} ihm die Steilwand des Felſen, en
dem fie fich befinden, Bänftlic, Behauen und geebuet, mer ihnen
0) 9. Mepert, Node So bh in ber deutſchen Unberf. wen Gamilton,
Amaſia's Acwpole nach Hamilton. 1A
ehe Hafehen zu geben, üblich wie voß eben fo fer ympängliche
gleich einfache grandioſe Grabmal mit ver Zuſchrift Ike jien, zus
Ainowo vth bei Tjehorum emtvekt hatte (ſ. ob. S. 160). Eim Reifer
Meb von eimer ver alten Brüden nahe ver Mitte ver Stadt führt im
Fichad bergan; aber zu ben Chräbern in Weſt lann man nme darch
ben engen Pfad gelangen, ver durch eine enge Grotte gehamen if,
mb entfang. einer offenen Gallerie, vie aus der fenfrechten Felswaca⸗
nbgemeißeft: wurde, von ber man mar eine niedrige Vruſtang zum
Sa fichen lieh. Ben einem ber Grabmonumente zum andern
führen Aunliche enge Fetſengaͤnge mit Treppenflachten hin. Das
nfferntefte viefer Mememente hatte eine Meime Kamımmer, in ber Miite
amd Beljen ansgehöhlt, veffen waffiger Block ringen inch eines
finalen, nur 2 bis 4 Buß breiten Welsgang von vem Felsberge
feHR abgeläft ift, und amd md) oben nicht mit Der Felcdede zu⸗
ſeamenhaegt. So kommt der Felsblock mit der Kammer ſelbſe in
tie Mitte einer großen Grotte zu ſtehen, vie ams ver Ferne geichen
» a8 coleffale Mifche erfiheim. Ber dieſer Grotte eubet der Pfad
Wii, und vies Denkmal ſcheint wie ganz beendigt worden zu fein.
Die andern Felsgraͤber ſind ganz wach demſelben Plane gebazt,
ber Orette Al nol Mahara (richtiger Ajnaly-Magbara, d. i. Cie
ge) gleich die Ker Porter and außerhalb der Stadt ſah;
über fle haben feine Suferiptiomen. Unter ben drei Meimeren Get.
bamotten gegen Oſt find noch bedeutende Reſte von antifem grie=
| difhen Waneriwert, mb em Dmbesthuru im beften heileifchen
So gebaut. Die Mauern lann man auch weiter bew Berg anf
wärs gegen den Zeiten verfolgen, voch hat fie Hamilton it
TOR befucht; mer Obriß v. Moltte hat fie gefehen und kurz bee
itrieben, wonach fie offenbar zu den älteſten Verſcharzungen bes Ber-
8 gehören. Sie find diefelben, melde (dem Strabo van Peri⸗
balob, onen wie Uurfchliehung des Berge meant, imnerheib meiden
de Minigögräber liegen. Verſchieben wer den Grüften find ehmige
Neinere Grotten in einfacherem Styl und Charaeter, div nahe der
Set am Fuße des Berge mit Spuren von Steinbrüchen wahrze
| len find.
Bar Bervolliimbigung ver Kenmtaig dieſer Denkmale Tamm die
Vebeachteng des früher als Hamilten, im Jahr 1819, aus
tun Meinen von Perfepolte zurüdgelehrten Ker Porter Dienem, ben
fe als Weditechiren einer viel älter, worhellenifchen Zeit am
| Mmden mußten, die in wie früheften Aufäuge ber -perfifchen, alſo
ad-vor-mithridatifchen Zeiten zurlcweifet, weshalb wieder ·
. 172 alein⸗Aſien. 6. 3.
holte antiquariſche Forſchungen auf dieſem Gebiete doch höchſt mün-
ſchen dwerth erſcheinen möchten.
Durch die enge Straße von Weſten her in Amaſia eintretend ®),
ging Ker Porter über den Iris auf ber 160 Fuß langen Brücke,
welche er, im claſſiſchen Styl erbaut, entſchieden für dieſelbe hält,
die Strabo als bie in ber inmern Stadt gelegene angab. Durch
das Thor an der Weftfeite ver Stabt hinaus flieg er an dem Fuß
des Caſtellbergs -einen fteilen Pflafterweg hinauf, der hier ımb va
über Felsſtufen führte, um auf ver Acropole die alten Mauerwerle,
Bäder und anderes aufzufuchen. Ex fand an einer mehr nordwärts
geriöhteten Felswand 3, an ver Südwand 2 Felsgräber. Nur durch
ein Felsloch, einft eine Thorverfchanzung, und über Felstreppen er⸗
reichte er die erfte Felsgruft (mol die weſtlichſte, bie aud von Ha⸗
milton beſchrieben). Er maß ſie nach innen 17 bis 18 Fuß tief,
35 Fuß hoc, dann halbkreisrund, 25 Fuß im Umkreis, unter einem
Felsgewölb ftehend, von wo ber Eingang zu Felskammern für Sarko-
" phage geweſen, aber ohne Iufcriptionen. Die zweite Gruft war
wie alle übrigen biefer erſten gleih. Zu allen führte einſt eine im
Fels gehauene prachtvolle Treppenflugt, und das Ganze war nad)
einem ſchönen und großen Plane angelegt, aber fehr verftümmelt
"und faft alles. Schmudes beraubt, „das Innere leer unb vermüftet.
Solcher Grüfte zählte Ker Porter in allem 9 verſchiedene auf,”
von denen er bafür hielt, daß fie in die altperfifchen Zeiten hin»
aufzureichen fchienen. Denn Amafia war eine der reichſten Städte
des innern Pontus, im Lande, das, zur britten Satrapie der Perfer-
Tönige gehörig.(Gerobot III. 90; ſ. Exbf. Th. VII. 1838. ©. 92),
ein halbes Jahrtauſend hindurch unter dem Einfluß mediſcher und
iraniſcher Herrſchaft geſtanden; es wurde erſt ſpaͤter der Sitz eines
eigenen pontiſchen Koönigreichs. Schon vorher mochten bie perſi—⸗
fen Satrapen, als Bajallen des großen Reichs, auch ihre lonig ·
lichen Grüfte bei Berfepolis und Nakſchi Ruftam (Erdk. VII.
©. 23, 829 u. 0. D.), ober zu Telmiffus einzurichten und ause
zuftatten, um ſich zu vereiwigen, verſucht haben; denn großartig und
einfach, gewiſſermaaßen noch roh, zeigen fie ſich gegen alle fpäterm
Denkmale ver helleniſchen Kunſtwelt. Selbſt au andern Stellen
der Nordſeite des Bergs, die uns aber unbelannt geblieben, ver-
meinte Ker Porter in dortigen Denkmalen ſchon die Nahahmun«
gen jener älteften Periobe aus der fpätern Zeit des Mithridates ber
37) Ker Porter, Travels- in Georgia, Persia er London, 4 1822.
Vol. IL. p. 708— 713,
Amaſia zur Türkenzeit. _ 173
werft zu Haben. Defien Leiche fand aber feine Ruheftätte in ben
alten Königögräbern, fondern in Sinope. Vom Feſtungsberge
Amafin’s bedrohte Bompejus zu feiner Zeit alle Könige Vorderaſiens.
Leider ift und von der frühern Geſchichte Amaſia's, außer den
ſchen angeführten Fragmenten, faft gar nichts befannt, und zur By-—
mutiner Zeit, wo vie Stabt öfter als Berbannungsort*) diente,
sber den Statthaltern und Satrapen Gelegenheit zu Empörungen .
im ber Zeit ber Eommenen 66) gab, bis zur Herrfchaft der Seldſchu⸗
Ron und Othmaniden, and nichts für das Allgemeine etwa in
iht kehrreiche vorgefallen und bekannt geworben. Nur aus Brocop
erfahren wir, daß .ımter Kaifer Juſtinian auh Amafia, wie
viele andre Stäpte Meinafiens, durch Erdbeben heimgeſucht worben.
Im dem gegenwärtigen Zuftande, unter dem Türkenregiment,
lonute die Stabt zu feiner großen Auszeihnmg als Provinzialftadt
ames Paſchalils gelangen, deſſen Reſidenz Siwas ift, zumal da
Amafla nur unter feinem Statthalter, einem Müteſſellim, fteht, die
beide fortmährenben Wechſeln unterworfen find, und daher ihr Ge⸗
Bet me ansfaugen, nicht heben. Innerhalb ver Stabtgränze be»
Reben noch 4 Brüden 8) über ven Jris: die oberfte ober tweftlichfte
it von Stein, aber modern; bie te unmittelbar umter ven Gräbern
iR die von Römern erbaute, welche aber theilweife jehr eingefunten
erffeint; vie Zte vemmächft folgende ift von Holz, fle liegt dem
* Wohnfig (Konak) des Statthalter gegenüber, an ber Stelle wo ber
Nis ſich etwas gegen den Norben menbet; bie 4te ift von Stein,
ne Biertelftunde weiter abwärts am Ende der Stadt, und füget
auf die große Landſtraße nach Stambul.
Unterhalb ver Ieteren erweitert fi das Thal wieder mehr,
mad gut u und trägt einträgliche Gärten und Maulbeer⸗
ir ‚ nebft denen im oberen Thale, Amafia zum
Stapelort großer Seivennorräthe machen. Es follen hier jähr-
ih 50,000 Oten Seide (jede Dfe zu 120 Piaſter oder 10 Shill.
6 Denare das Pfund) probueirt werben. Der Conful H. Suter®)
ſent jedoch wol genauer, die jährliche Seivenernte gebe nur, werm
fie gut, 30,000 Dien (d. i. 82,000 Pfd.), wenn fie mittelmäßig,
4,000 Dfen (66,000 Pfb.); aber zumeilen leidet bie Ernte ſehr
buch ungänftiges Wetter und bie Seidenraupen geben dann nicht
®) Leo Diaconus, Histor. VI. 2. ed. C. B. Base. Bonn. p. 96.
*') Nicstas Chon., Bist. Il. 5. p.152, 159 ed. Im. Beikeri. 1835.
) Hamilton, Research. I. c. I. p. . 310 — —373; und v. Binde, Plan
von Amaſia. *”) H. Suter, Notes 1. c, in Journ. of Ihe Roy. Geogr.
Soc, of Löndon, Vol.X, P.3. 442.
474 Alein⸗Aſen 5. 8.
die Hälfte dieſes Ertrags. Die größte Maſſe dieſer Seide komme
auf die große Meſſe nach Zileh, von wo bie größte Quantität nah
Aleppo und Damascus gehe, wenig nach Conftantinopel, nad Eng-
land aber weniger, weil fie für ven engliichen Markt nicht gut genug
ſei, wahrſcheinlich · auch nicht für Frankreid, wohin die ſyriſche Seide
das Uebergewicht erhalten hat (f. Erdk. XVIL 2. im Regiſter, Seide).
AS Anfang beginnenver Iubuftrie, die bei den Türken noch
ſehr im Urgen liegt, führt Hamilton die neue Anlage einer Fih ⸗
mühle am Iris in Amafia an, zur Belleivung der Nizams-Truppen.
Unter ven älteren faracenifchen Gebäuben der Stadt finden ſich
einige Gräber ver erſten exobernden Sultane, eine alte Medreſſe
mit eingemauerten Reſten griechiſcher Marmorfculpturen und Ia-
ſchriften, die allenfalls als einzige Merlwürdigleiten beachtet zu wer-
dem verbienen. Münzen ſcheinen aus vem Alterthum fi nur noch
wenige zu finden, Bücher gar feine; fein einziges Manuſcript war
weber bier noch in Sivas, der Hauptftäbt des Paſchalils, aufzu-
treiben, und ber griechiſche Biſchof in Amaſia verfigerte, es gehe
hier in Amaſia weder Bilder noch Handſchriften. Ja felbit erſt
feit furzem war den Griechen erlaubt worben, für ihre Kinder eine
griechiſche Schule zu errichten, welche damals, aebſt ver in Bafra,
die einzige in biefem Theile von Anatolien war; ja ihnen iſt jogar,
den meiften wenigftens, ihre eigene Sprache unbelannt, da ihr Ge-
brauch von ben türkiſchen Autoritäten verboten war, au das jo fahr
gelnechtete Bolt auch in der Abhängigkeit zu erhalten. Die jüngfte
Zeit hat hier vieleicht auch andere Wege gebahnt, die ugs aber wi
belannt geblieben find.
Bord) kam im Jahre 18377 aus der Thalebene von
N.W. von Marſiwan und trat durch Das enge Defild aus ihr,
dicht am Halys, in das hinter derſelben liegende Thal von Amsafia
ein, Mitte Juni, durch lange Manlbeerbanunpflanzungen, deren weiße
Beeren ſchon reiften, wo bie Seidenzucht in vollem Gange war; des
Bund der trefflichften Seide hatte den Preis von 12 Franken. Ar-
menier waren vollauf mit biefem Gewerbe beicäftigt; in ihren
Häufern. hingen noch coloffale Trauben ver vorigen Emmnte, die ſich
in ber reinen Luft noch lange in voller Güte erhalten. Die Gin-
wohner lebten unter. hartem Drud ves türliſchen Regiments. Auf
den platten Dächern der Häufer Tagen viele, Säulenftüde zum Wal-
zen bemfßt, vie Zeichen vielfadher Zerftörung früherer Marmorbauten,
#6%, E, Bors, ‚Cortespond. ei Mem. 1.c. 1. p. 300.
Amafin’s Vmnge bungen
won denen nur hie und da ſchwache Mefte mb Teine lobere Du ⸗
ſarift fich erhalten zeigte, zumal im ven umherliegenden Gärten und
Beinhergen ber. benachbarten Höhe. An einer dieſer Stellen war
eine Grotte Ainaly zu fehen, 50 Fuß hoch md BO Fuß tief, deren
Oelewände auf das fchönfte polirt waren (daher ver Name, ter fo
nid als fpiggelähniich heißt). Sie war mit Engelbildern und Hei-
figen bemalt, und hatte eine coloffale griechiſche Infdirift, in der
Kiftos zu leſen war, alfo,einft im Beſitz der Chriften; das ganze
hatte noch Zeichen von Pracht. Der Weg zu ihr führte durch das
Dorf Ziaret Foi. Ir ber Nähe folkten noch andre Grabmäler
ans alter Zeit jein, und wiele der Moſcheen Spnren einft chriſtlecher
Lirchen an ich tragen. Armenier waren die Führer Bors’s, bie
ihn and in Säboft ver Stadt zu dem Dorfe Tauria⸗vermiſch
führten, wo antife Reſte fein follten, vie man bis in bie Zeit des
großen Mithrivates hinauf deutete. Das Caſtell in Ruinen über
der Stadt diente nur in feinen graufigen Kellern voll Schlangen
td Ungeziefer zu Staatögefängniflen, und hatte nur ein paar Dann
Behatgung zu feinen Wachtern. Bors’s Beſchreibungen find leider
m confus, um lehrreich zu ſein. Doch ergiebt ſich an6 ihnen, daß
bier aoch ger Manches bisher unmnterfucht geblieben war. -
Noch zum Abſchied von dieſer Stadt benierft Hamilton, daß
® in ihr fehe viele große, weiße Geier gefehen, ‘hie ganz zahm und
Iefrennvet mit ven Wohnungen der Menſchen find, und fir fie bie
Seraße von Aas.reinigen, das bie Türken ſtets auf der Stelle lie⸗
gan laffen, wo das Thier gefallen if. Des Nachts horſten fie im
don Spabten der amnliegenden Welshähen, am Tage laffen fie fih
| uf den Däcen ver Hänfer niever mb warten auf Rahrung, ober
dechen ſich Stunden lang in ihren gewaltigen Kreisſchwingungen
Aber zer Stadt umher. Die Tinten verſcheuchen fie nie md fiören
de wir, fonbern locken fie noch oft durch hingeworfene Biffen in die
Mühe ihrer Wohnungen. Eben fo fand W. Onfeley die Türken
im Zolntäieße mit den Schaaren ber Störde®®) Befremmbet, bie auch
im Band unter dem Sue der Türken fichen.
Ein anderes neuerer Veobachter, der Miſſtonar Badger*),
unter ven Produlten der Gärten des Amafia-Thales aufer
Ya Bein (veffen Prodult Jackſon bei feinem Befndhe im 9.1797
*) W. Owsadey, Taau. LC. Vol. IL. p. 491; Feltem, Lyeia; Leutfäie Ucherf.
v. 3eafer, ©. 57 u... D. Hamilton, Res. I. p. 145; IL, 256 etc.
*) The Nestoriams and their riluals, with the narrztite of’a mission to
Mesopotamia and Coordistan in 1842, London 1852. Yol. I, p. 18,
Hl
126 - aAlein · Aften. 5.8.
dem Xerez ähnlich fand) beſonders die Aepfel, als bie beſten in
ganz Kleinaſien. Er giebt die Zahl der hriftlichen Familien geringer
als feine Vorgänger, zu 500 armenifchen, mit 3 Kirchen unter dem
Biſchof von Tolat, und 15 griechiſchen unter dem Biſchof von Sinope
(Ei Smith im Jahre 1830 zu 600 armenifchen, 125 griechifden)
am; auch follen nach ihm in der Nähe noch drei ganz von Grie-
hen bewohnte Dörfer liegen.
j Erläuterung 5.
Uebergang von der oberen zur mittleren Stufe des grie-
Syſtems; von Amaſia weftwärts durch das Terſachan -Thal
über Merfiwan (Phazemon), das Gebiet ver Phazemoniten,
über Ladik und an bem See Boghaz kidi (ver Limne Stiphane)
borüber, oftwärt® zum Verein von Iris und Lycus
bei Sunifa, in ver alten Phanaroea, zurück.
. Der Iris, welcher bei Amafla nirgends über 75 bis 90 Fuß
„Breite haben joll, und nur felten eine Waffertiefe 0) von 3 Fuß,
meiſtens weniger bat, und beffen meift ſchlammiges, viel Kalltuff
abfegenves und im Sommer warmes Wafler an vielen Stellen zu
durchreiten ift, pflegt nur im Frühjahr feine Ufer hie und va etwas
zu überſchwemmen. (Ex wendet fi) außerhalb der Stabt mehr und
mehr gegen N.D., un nad) einem Lauf von etwa 16 bis 18 Stun-
den feinen größten öſtlichen Zufluß, ben !ycus, unterhalb Sun«
niſa in ber zweiten ober Mittelftufe feines Syſtems zu erreichen.
Aufer den erften zwei um ven legten drei Stunden dieſes Laufe
war aber der ganze Zwiſchenraum längs des Jristhales noch ven
keinem Beobachter (Bors ausgenommen) durchwandert ımb beſchrie ⸗
ben, baher auch die blos punctirte Linie der Karte, „welche nur hi⸗
pothetifch feine Direction bezeichnen kann. Jenes ift um fo auffallen,
der, ba bie beiben genannten Enden des Stromlanfes von unzähligen
Reiſenden auf den zwei Querſtraßen, bie von N.W. nah Conftan-
tinopel, oder von Sinope gegen SD. alljährlich dırcchgogen wur ·
ven, die Zwifchenftrede- aber -von ihnen völlig uuberährt geblieben
iſt; daher es fehr banfenswerth fein würbe, wenn auch nur einer
der vielen Touriften einmal dieſem noch völlig unbelannt gebliebenen
Thalgebiete, welches vielleicht manche Schwierigkeit für den Reifen
den barbieten mag, feine befondere Beachtung zumenben wollte.
*"0) 7, Tehibatcheff, Asie Minenre. I. p. 193; v. Wrontschenko I. c.
TOR. p. 4.
Der Terſchanzuſiuß zum Iris. 177
Uecbings bat E. Bors (1838) ”1) durch feine Wanderung ven
Amafio am Oftufer des Jeſchil Irmak nach ver Taſch ⸗Owa, um die
Ruinen von Magnopolis am Zufammenfluß des Iris und Lycus
arfzufucen, diefen Weg genommen, aber durch feinen Bericht wenig
Beobachtetes über dieſt Thalſtrede mitgetheilt. Ex fagt nur, 2 Stun
den lang folgte er ven Winbungen des Eulturthales des Iris ab»
wirts der Stadt Amafia, mo alles voll Schöpfräver zur Bewäſſe-
ung der Gärten und Culturfelder, voll trefflichen Anbaues und woll
Sngvögel war. Dann trat er bei dem Dorf Zend (Geneh ver
Sorte), wo ein römifcher Meilenftein ſtand, in vie Wilduiß
&n. Ueber dem weſtlichen Berge flieg eim düſteres Gewitter auf.
Bore trat dan mit dem, Dorfe Jergizlü in die Ebene Taſch-
Diva ein, die er aber Taſchabad nennt, zu welder bie Reſte
mr Römerftraße führten, an einem Felsgrabe vorüber nah -
der alten Station E olo&, und über Pida, bei Ptolem. und dem
.„Hn,?) nach Neochfaren (Nilfar). Er felbft wandte ſich (am
A Im) über fette Wieſengründe und reife Weizenfelver zum
Darhbrud des Iris im Boghaz-Hiffar-faleh, unter deſſen
Berein, mit dem Lycus, wo wir ihm, als Nachfolger von Hamiltons
Sferfäungen, weiter unten wieber begegnen werben (f. unten).
Aber vom Laufe des Iris bis dahin fagt er fein Wort. Dagegen
iR das von Amaſia erfe linfe Seitenthal des Iris, welches
von dem Terſchanzufluſſe von Merfiman aus N. W. gegen S. O.
kerablommt, weil es bie bequemfte Berbinbungeftcaße gegen N. W.
mit dem Halys nah Osmandſchyt (Pimolifa?) barbietet, von zahle
fen durchzogen und genauer bekannt; deshalb wir es
audı hier zumächft zu betrachten haben, ehe wir zum Zuſammenfluß
den Iris und Lycus in bie mittlere Stufe fortfchreiten.
Die frühere Kartenzeichnung v. Moltke's läßt den Terfhan-
fx als einen felbftänbigen Fluß von N.W. gegen S.D: etwas
unterhalb Amafia in den Iris fallen, und diefe Angabe ift auch
in der zweiten Kartenzeichuung 5. Kieperts von Kleinaſien heibe-
halten (Karte von Kleinaſien 1844 und das verbefferte Generalblatt
wm derf. 1855). Diefe Angabe wirb auch buch. ven Zert bei
Tſchichatſcheff 23) beftätigt, wo es heißt: biefer Terfhan-fn
kommt ans NE. aus der Umgebung von Habfchisfjdi (den Silber
sic), die 3 bis 4 Stunden weiter in NW. von Merſiwan lie
") E. Bons, Corresp. et Mm. I, p. 312 -316. ") J. A. Cramer,
Asia Minor. I. p. 319. >) v. Tchibatchefl, Asie Mioeure. I. p. 193,
Risen Catande xvin. M
178 Klein-Afien. & 8.
gen, an.13 Stunden in N. W. von Amaſia. Diefer Terſchan⸗ſu
durchzieht die fhöne Ebene Sulu Oma und nimmt 4 Stunden
in R.W. von Amafia bei dem Dorfe Kulukjbi zur linken Seite
den Suſandſchi⸗ ſu auf, der aus ben Norbenven des Ladik⸗Sees
(fein Spiegel 2680 5. P. üb. d. M.) und aus ftagnirenden Sumpfen
ihm in W., dann gegen S. O. abfließt. Die Differenz beider An⸗
gaben ift nur dieſe, daß v. Moltke's Karte venfelben Fluß als Su-
ſatſcham weiter oberhalb, die ruffifche Angabe ihn als Suſandſchy⸗fu
weiter abwärts in ben Terfhan-fu (ober Terchau) einflichen läßt.
Gegen ven Tert bei Tſchichatſcheff Täßt aber die Bolotowſche Karten-
zeichnung nad) der Wrontſchenkoſchen Quelle ven Terſchan (er ſchreibt
Terilan-fu) mit dem untern Laufe des Tſchoterlu⸗ſu ſich nahe ber
Einmündung zum Iris erft vereinen, ehe fie beide in biejen letzteren
einfließen (f. oben ©. 145). Wrontfchento’s Bericht”) nemmt
fogar ven Verein mit dem Tſchokarek ftatt Tſchoterlu, was mr ein
Schreibfehler fein Tann, da diejer viel weiter fübmärts oberhalb
Amaſia einfällt. Diefer Terilan ( Terchan oder. Terſchan), fagt ex,
fei nur ein Heiner Fluß, ver von Merfiwan fonme und mit dem
andern vereint das umtere Thal überſchwemme. Er entipringe im
Buz Dagh (d. i. Eisberg, Buschalan Dagh bei v. Molfte), ver 31825.
P. üb. d. M. ſich erhebe, nahe der fumpfigen Ebene bei dem See
Ladik (Labik Gjöl), er verbinde ſich mit reißenden Bergwaſſern
(nämlic) denen weiter in Weſten entſpringenden, b.i. dem eigentlichen
Zerhan, denn vom Ladik Gjöl kommt nur ber linke Nebenfluß, ver
Suſandſchy) und fließe jo abwärts zum Iris.
Den eigentlichen Terſchan aber läßt die Karte bei v. Moltke wie
bei Tſchichatſcheff von N.W. her über Merfiwan herabfliehen, durch
das fruchtbare Verbinbungsthal, die Sulu Owa (b.i. waſſerreiche
Ebene), welche ſchon Strabo mit ihren Fortfegungen bie » Ebene
der taufend Ortfhaften« (Chiliocoomon), fanmt Diacopene
und Pimolisene (viefe legtere liegt ſchon im Halysgebiete), wegen
ihrer großen Fruchtbarleit und Bevölkerung rühmt.
An deren norbweftlichen Berghöhen Iag aber, wo Phazemon,
die heutige Merfiwan am obern Terſchan, bie von vielen Räubern
und Rebellen bejegte Landſchaft ver Burgen (Phazemonitis),
mit deren Belämpfung, wie mit Saghlium zu Arſaces Zeit, es -nor-
zuglich Pompejus, nad) Beſiegung des großen Mithrivates, noch
befonbers zu thun hatte (j. Strabo XI. 560562). In dieſe
27%) v. Wrouiſchenlo a. a. D. IL ©. 51.
Die Phazemonitis, Merfifan, Ladik. 179
ſcachtbare Ebene reichte noch das Territorium von Strabo's Bater-
Habt, wie er fagt, an 500 Stadien, 25 Stunden, weit hinein; eben
darıım mochte wol biefe fruchtbare Ebene, unter dem Schutze ber
mächtigen Stabt und ber geregelten Verwaltung ihres Territoriums,
fo reichen Anbau und fo ſtarke Bevölkerung haben gewinnen können.
Im diefem unferen Lande, fagt Strabo, find mehr zerftörte
deſtungen als anderwärts umb viele veröbete Landftriche in Folge
des Mithridatiſchen Kriegs; dennoch jehe man überall Bäume, bie
mb da Weibeländer fir Pferde und andere Viehheerden, denn bes
wolnbar jei das Land überall; zwar nad; jener Veflegung am ver⸗
ſchicdene Lanbesfönige verliehen, zu feiner Zeit aber als Provinz
vereinigt mit dem Römerreihe. Was Strabo, von ver Räuber
lendſchaft Phazemonitis feiner Zeit ais characteriſtiſch anführte, hatte .
fh im 17ten Jahrhundert, ald Taverniers Karamane (im I.
1631) 75) non Osmandſchyl am Halys gegen S. O. durch dieſe Land»
Maft zum Thale des Terſchan abwärts nad Amaſia z0g, nicht ger
Isert. Es find vie Gränzgebirge Kartſchal Dagh im Norden
von Tichorum, die hier die Waſſerſcheide zwiſchen Halys und Iris,
tar, Engpäfle ſehr beſchwerliche, wie durch Räuber zu jener Beit
fo gefürchtete Wege bilveten, daß nur eine Escorte von 50 Reitern
biefelbe gegen ſolche Ueberfälle ſchützen konnte, wo eben. hier bie -
kefuchtefte, direc teſte Karamanenftraße ver Kaufleute vom Halys
auch Amaſia und Tofat hindurch z0g.
Ueber viefe Ladik und ihre Umgebungen giebt ver türkiſche
Reiſende Evliya Efeundi bald darauf (1650)7%), wie über bie
damalige Beventung von Merfifan einige lehrreiche Auffchlifle,
Des Eaftell non Ladik, einft von Griechen erbaut, warb von
ven Seldſchuliden ‚erobert und war mit feinen ſchönen Gärten öfter
die Refidenz jener Sultane, in einer fehr gefunden und ſchönen Lage;
Miter als Walf (b. i. Domaine ver Sultanin Mutter) war es frei
vom allen Abgaben, verfiel aber doch zu einer Ruine Die Stabt
wit ihren Gärten hatte 3020 Häufer, 7 Convente, viele Mofcheen,
Bäver, Sitze großer Beziere und 400 Kaufbuden. Das Brot iſt
von vorzüglicher Güte, eben fo berühmt find die hiefigen Kirſchen,
aber Trauben, Zeigen und Melonen fehlen; dagegen hat man bier
von köftlihften Honig, Dagh - Baly, d. i. Berghonig genannt,
der nur an Trefflichleit den von Greta, Adana und Sicilien zu
"9 4. B Tarernier, Les Six Voy. l.c. I. p.9. **) Exliya Efendi,
Narrative I. c. Trad. by 3. v. Hammer. Lond. 1850. T. Il. p. 209-212.
180 Rlein-Afen. 58.
vergleichen ift. Die hier gewebten feinen Baunwollſtoffe find vor
zuglicher als die von Moful und Lefekur (?) in Perfien, Die Quelle
Ballitiafu fließt durch die Stadt und bietet zu lieblichen Spa
ziergängen an ihren Ufern bie Gelegenheit; eine dieſer Quellen ift
fo kalt, daß man mit berfelben Hand nicht 3 Steine hintereinander
herausholen Tann. Beide fliehen in ven Ser. Nur eine und eine
halbe Stunde weiter in Weit von Ladik ift eine fehr heiße Quelle,
deren warmes Bad, zumal zur Zeit ver Kirſchenreife, ſehr ſtark be
fucht ift; der Efendi fand Tauſende von Gäften, vie ihre Genefung
fuchten (das Bad Kawſa ſ. S. 184). In ver Nähe liegen noch mehrere
warme Quellen und auch dicht dabei ganz lalte.
"Der Ladit ⸗See liegt im Often der Stadt; ihm zu umgehen
würde man einen Tag Zeit nöthig haben; 12 Bäche fließen in ihn
ein von allen Seiten und 11 Fischarten werben in ihm- gefangen.
Er ift ohne Ausflug (ein Irrthum). An feinem Ufer liegt ein
nettes Dorf Boghaztjdt, und ein anderes Otuz⸗kjbi, das durch
feine ſchmackhaften Nideln (Cröme, türkiſch Kaimal) berühmt ift,
die man ſchneiden kann wie Käfe, und die elaſtiſch ift wie Gummi.
Nur die Niveln von Bingiöl (ver Taufend- Duelle bei Erzerum)
tommen ihr gleich. Die Stadt Amafla liegt vom hier 7 Stunden
fern gegen Süd, Merfifan 5 Stunden fern gegen S. W.
In neueren Zeiten find hier zwar bie wilveften Selspartien und
Waldungen vorherrſchend 277) geblieben, aber die Wege find doch weit
ſicherer geworben als in früheren Jahrhunderten, zumal ſeitdem die
dortigen metallreichen Bergzüge zu geregelten Bergbauten geführt ha-
ben. Dupre (im 9. 1808) 78), von Osmandſchik lommenb, überftieg
bie Waflerfceivefette, auf deren Höhe Wachtpoften zur Sicherung
ausgeftellt waren, umd am Oftabhange zum Terſchanthale durch-
ſchritt er Berge und Wälder, in denen mancherlei Fortſchritt durch
die Eultur, zumal Juſſuf Pafchas, gewonnen war, bis er das ſchön
angebaute Thal von Merfiman, vie alte Phazemon, erreichte,
welche ven Ausgang aus Oalatia nach Cappadocia Bontica bezeich⸗
net. he er jevod in biefe Stabt eintrat, blieben ihm fühinärte
vie nahen Berge liegen, in denen bei Hadſchi⸗kjdi ein Gilber-
bergmerf bearbeitet wurbe, das unter einem Ma’aben-Emini,
d. i. einem Intendanten ver Minen ftand. x
*") Morier, Journ. 1812 1. c. p. 351; Ker Porter, Trar. Vol.iL. p. 714;
W. Ouseley, Vol. III. p. 497. ”*) Dupre, Vor. em Perse l.c.
pt. ö ° .
Merfifan, Hadſchi⸗kjöi, Silbergrube. 181
Chevalier Otter”) Hatte feiner Zeit (1748) auf dem Wege
md Merfiwan gegen SW. das dortige wilde Scheivegebirge
beſucht, und war von diefer Silbergrube Hadſchi⸗kjdi, welche
beide Orte ſchon Hadſchi Ehalfa®) nannte, ohne ver Silber
grube zu erwähnen, in 6 Stunden Wegs nah Osmandſchyk ge
ritten. Es ift wol biefelbe, weldhe au Ainswortht) Gümifch-
thane, d. 5. Silberhaus, genannt hat, als er bei Ueberfteigung
ter Tawſchan Dagh, von Wefir-föprü nad Osmandſchyt, das Dorf
Loſadſchak erreicht Hatte, in welchem die Kohlenbrenner wohn
tn, welche zu biefem Hüttenwerle die Kohlen zu liefern hatten.
End Eoliya Efendi®?), ver im Jahr 1650 hier bei feinem üeber⸗
gange über das Gebirg einſchneite und 3 Tage raften mußte, weil
viele feiner Begleiter ihre Glieder erfroren hatten, nennt den Ort
Gümüſch-kala (Silber-Eaftell). Er bemerkt, daß der Ort von
den Byzantinern dem Sultan Bajezed freiwillig übergeben wurde,
daher die Einwohner frei von Abgaben geblieben. Der Gruben»
director habe zu feiner’ Zeit 70 Centner Silber am die Hohe Pforte
ajaliefern gehabt, und 1000 Paar Pferdededen für die Marftälle.
bb Sultans. Diefe Silbergrube fei unter ven 70 Silber
graben des türkiſchen Reichs viejenige, welche das meifte eble
Metall liefere. Die Goldſchmiede follen von dem trefflichen Silber
tiefer Grube 100 Dramen Silber mit 10 Dramen Kupfer Iegie
zen, und doch bleibe es noch weiß. und ſchön zum Gepräge ver
aiferfichen Münzen des Großſultans. Es gebe tm Gebirge 7 Adern
Silber, die mit dem Boden täglich fortwachfen (?) und vom ben
Bewohnern der Stabt, die 1000 Häufer haben, bearbeitet werben.
Die Berge um die Stabt beftchen aus großen Schutthalven; vie
Ren liefern Hier einen guten Wein.
Zu Otters Zeit, follen unter den 6000 Einwohnern des Ortes
80 armenifche. Familien gemefen fein, die vorzüglich mit
Soumwollenfpinnereien und Krappfärberei befchäftigt wa-
wa; die Cultur des Krapps fei durch fie bis hieher verbreitet
Bon Merfiman warb am zweiten Tagemarſche durch das
ud) immer fehr fruchtbare Terfhan- Thal die ‚Suln-Dwa
=) Otter, Vog. en Targie, ed. Parls 1748. T.JI. p.340:
’) Gihan Numa ed. M. Norberg. II. p.405 u. 409.
" Ainsworth, „Notes etc. {n Lond. R. Geogr. Journ. 1. c. Vol, IR. pı 260.
) Eriya Efendi, Narret, 1. c. Vol.1l. p. 220. .
182 Rlein-fen. $. 3.
erreicht, ———
dem antilen Namen der Tauſend⸗Dörfer (Chiliooomon), ven
ihr Strabo beilegte, nicht entfpredien würde. \
Seitdem die Dampfihiffahrt auf dem Schwarzen Meere von
Eonftantinopel in Gang gelommen, welche bei Sinope anhält und
auch in Samfun ausladet, hat fi die frühere ftart befuchte
Route der Reifenden von Amafia durch das obere Thal des Ter⸗
ſchan⸗Su über Osmandſchik zum Halys mehr oftwärts und birect
norbwärts über Ladik gewendet, das am linken Zufluffe des
Terſchan (dem Suſatſcham-Su) liegt, welcher aus dem Ladil-⸗Gol
von N.O. und dann gegen Süd ber Sulu -Ebene zufließt. Dem
dieſe Route führt wol directer über Samſun nah Sinope
als jene über Osmandſchik. Diefe neue Route haben ſeitdem
Ainsworth und die preußifchen Officiere eingefchlagen, auch
hat fle 3. Hamilton genauer zum Gegenftande feiner Erforfdhun-
gen geinaht, um von ba gegen ben Often bie mittlere Stufe
des Lyeus zu erreichen, wodurch biefe zuvor gänzlich unbefaunt ges
bliebene Strede des Iris-Stromgebietes und des benachbarten Littos
vale einige wefentliche Erläuterungen gegen früßere Zeiten erlangen
Tonnte.
* Ainsworth?®) flieg aus dem Jristhale von Amafia, beffen
Lage über dem Meere er 984 3. Par. (alfo ein paar hundert Fu
wiedriger als Tſchichatſcheffs Angabe) barometriſch gemeffen hatte,
das Terihan- Thal aufwärts, doch nicht bis nach Merfiwan Hin,
welches ihm eine Meine Stunde zur Linken liegen blieb, da er rechts
ab über nadte Höhen Hinaufftieg, um nad 8 Stunden Wegs bie
Voſtſtation Ladik zu erreichen, wo er wieder Pferde wechſeln konnte.
Am Ladik, wol dem Namen nad eine ber vielen Saodiceen, bie
vn Seleuciven in Borberaflen geftiftet waren, fand er nur einen
geringen Ort mit einer Moſchee und einer griechiſchen Kirche; im
den Sumpfumgebungen aber ven Aufenthalt fehr vieler Blutigel.
Durch Verpachtung diefer Thiere an eine eigene europäiſche Blut-
igel»- Compagnie, die großen Gewinn von ber Einſammlung
zog und Schiffsladungen voll nah Weſteuropa fanbte, hatte das
Gouveruement eine neue Einnahme gewonnen. Ainsworth eikte
aber bald weiter durch die nordwärts ſich erhebenben pontiſchen Ge
* birgögüge, die reichlich mit, Babungen bededt find, veren Einfam-
?*>) Ainsworth, Trav. and Res. ve U. p.28-30; def. Resesrches in
Assyris, Babylonia etc. Lond. 1838." . 21.
Terſchaufluß, Kawſa heiße Quellen. 188
Kiten von ſehr fleißigen aderbauenden Griechen bewohnt wurben, um
in 2 Tagemaͤrſchen Samfun zu erreichen.
Denſelben Weg von Kawſa aus, dem Babe mit ver heißen
Duelle, hatte auch H. Suter &) über die Station Kawak (t. h.
Blotane, die hier vorzüglich gebeihen fol) nah Samſun zurüd-
gelegt, wo er am Berge Mamur Dagh noch 4 Stunden fan
wu Samfun, zum erftenmale ven Anblid des Schwarzen Deeres-
friegel Beim Hinabfteigen zum Küfte genoß.
Bon Samfun lamen aud die preußifhen Dfficiere &)
au raſchen kappadociſchen Bafgängern (Reſchwan ver. Tartaren)
in einem ſcharfen Tagesritt über fleile Höhen, über mehrere
Kiftenflügchen, unter denen der Merd Irmal (d. i. Wiefenfluß,
Lycaſtu s der Alten) bei Kawal ber bebentenbfteift, bie nicht felten durch
itre Aufhwellungen Aufenthalt bringen, ſowie durch dicht bewachfene
Balbberge, die (am 10ten März) kaum erft von ihrer Schneedede
kreit waren, durch die ſchlechteſten Wege noch an demſelben Abend
We Tagrittes in Ladik an, das an der Oſiſeite noch von hohen
Gdmeebesgen überragt wurbe. Der folgende Tag führte auf birec-
tem Bege durch das anfangs breite, dann immer mehr ſich ver
age Thal (offenbar ves Terſchau, obwol es nicht mit Namen
gemamut wurde) nah Amafia.
Lehrreicher ift, was W. Hamilton) außerhalb biefer
weiſt aur eilig durchzogenen Straßenzüge über jene Landſchaft bes
richtet, in der wir ihm auf neuen Wegen über Ladik zum Dristhale
af feiner eigenen und auf H. Kieperts trefflich vervollftänbigten
Lartengeichnnung bequem begleiten Tönnen.
Hamilton Fam vom Norden von Wezir-Föprü (Bizir leupri
kei ihm, dem alten Gazelon), das noch im Gebiete des Halysftftems,
wo wir es mäher kennen lernen werben, liegt, umb überftieg bie
hirgelette ver Waſſerſcheidezüge, welche vom Tſchorum von
Siden gegen N.N.D. in langen Zügen gegen das Pontusgeftabe
des alten Amifus, jet Samfun, bie beide Stromgebiete, ven
Ryyyl Irmal vom Jeſchil Irmak oder Iris, ſcheidet und auch
dat weſtliche Galatien und Paphlagonien bei ven Alten von dem
! hen Pontus trennte. Der Weg von Wezir Löprü nach Lavit
*) B. Suter, Notes ete. in Journ, of the Boy. Geogr. Soc. Lond. Vol. X.
P.3. p. 442. *) Dbr. v. Molite, Briefe über die Türkei
a.0.D. 6.202. ®°) W. Hamilton, Besearches in Asia Minor ete.
u pt. p.350— 340 und in Ueberfegung v. Schomburgl.
184 i Mein-Afen. | 8. 8.
wurde in 8 Stunden zurückgelegt. An ben Meinen rechten, Dem
Halys noch norbwärts zueilenden Seitenflufle wurde eine gute
Stunde gegen Süben aufwärts geftiegen bis zu defien Quellen, wo
viele behauene Duabern und Säulenfragmente die früheren Anfied-
lungen zur Römerzeit beurkundeten, wo jegt nur Waldwildniß ſich
ausbreitet. Ueber eine zweite Höhe, von plutoniſchen Geſteinen, wie
Vorphyren und Trachhten, durchbrochen, und durch wilde Schluch-
ten hindurch wurde ein zweiter Gebirgsfluß, ber deißend dem erſten
nordwãrts zuſtrömt, bie beide oberhalb Bafra zum Halys einfallen,
burchfegt. Er wurde Iſtawlar⸗tſchai genaunt; feine felfigen uud
buntfarbigen Seitenwänbe beftanven aus vulcanifhem Beperin
und verwitterten Trachten von fehr verſchiedener Härte. Auf
dem Gipfel eines der Waldberge, nahe ver Duelle dieſes Fluſſes, wo
ein höchſter Pit Jjau Kaleh (Tauſchan Kaleh bei Ainsworth)
fich emporhebt, ſollten ſich Ruinen befinden, die Hamilton ge⸗
‘neigt war für bie berühmte Feſte des Mithridates, Sagylium,
za halten, welche Bompejus anf jenem ſteilen Felspil mit ihren
Quellen zerftören ließ, um die Straßemräuber jedes Zufluchtsortes
zu berauben (Strabo XU. 660: rd ZayvAror). Von da wurde eine
mehr nievere Bergkette in ein milberes, vom Bergſtrom Kawſa bes
wöäflertes Thal überftiegen, in dem das Dorf Suſandſchi Liegt,
von welchem ver Strom aud den Namen Suſandſchi-ſu erhal
ten hat. Bei diefem Orte liegt das Bad Kaw ſa auf halbem Wege
zwiſchen Wezir-Eöpri umd Ladik. Nur Ruinen im byzantiniſchen
Styl bezeichnen den Gebraud; dieſer Bäder im Mittelalter; 3 griechiſche
im barbarif—hen Styl und roh in bie Mauern eingejanene Juſcrip·
tionen waren nicht zu entziffetn; auch im ſaraceniſchen Styl ſtau-
den Reſte einer ältern Medreſſe von einer einſtigen moslemiſchen
Moncheſecte (Softa, eine Claſſe ver Ulemas), bie aber längſt er⸗
loſchen iſt. Die wenigen Badhütten aus Reiſig, mit Zweigen be
beit, und einige Holzbuden waren nur von wenigen Kranken ans
der Umgegenb befucht, deren naſſe Badkleider zum Trodnen an den
Buſchen umberhingen. Doc waren unter‘ ven etwa :30 Familien
der ärmlicheren Babegäfte aus ver Nachbarſchaft aud einige reiche
Damen aus Tolat und Amaſia. Die Quellen zeigten eine Tem-
peratur von 125° Fahr. = 41° 33’ Reaum. Unfreitig‘ waren bier
die Thermae Phazemoniteram im beren Thale von Phazemon
(Merfiwan) entvedt, welhe Strabo als fo heilfräftig zu feiner
Zeit, wo fie befuchter fein mochten als heut ju Tage, hervorhebt
(Steabo XU. 560: Fegud üdara züv Balnuwrırar), Auch
.
Merfiwan, warme Bäder. 185
Uinsworth 2) hat am.16. Juli 1839 auf femem Nüdwege von
Samfun nad Osmandſchyk am Halys feinen Marſch gegen S. W.
über Kawal in zwei Tagen durch Schlamm« und Waldwege, die er
im Binter für ganz ungangbar erflärt, eine Strede von 13 Stunven
58 zu den warmen Bädern ver Phazemoniten ausgevehnt,
bie er für die größten in Meinafien erflärte. Er ſchreibt den Na-
men des Ortes umgenauer Gozo und giebt hier 3 große Gebänbe
an, die an ben Quellen, vielleicht nach Hamiltons früherm Beſuche,
arichtet waren, meint aber, bie Wärme ver Quellen habe feit alten
aten wie aud in Antiochia's Thermen abgenommen, was je
deh nad) Hamiltons Beobachtung ſchwerlich gegründet erſcheint. Der
Stadt Merfiman, bie er voriibergehend auf dem Weiterwege über
Roazil Aſchhty und durch Räuber gefährliche Waldung nad) Os—
wanbfhyt zum Halys befuchte, gab er wol zu reichlich 3000 arme
wilde und 8000 türkfche Bewohner, und rühmte die Gärten und
erufiuren um biefe Stadt. .
Bon Merzifan, wie Evliya Efendi®®) ven Ort fehreibt,
ht derſelbe, Mitte des 17ten Jahrhunderts, eine nähere Nachricht,
wel er dort in Begleitung eines Truppencorps feines rebelliſchen
Pafha’8 (im I. 1650) mit 4000 Mann feiner Solvaten und alten
Offieeren 10 Tage hindurch eine feltene Gaftfreiheit von der wohl
hebenden Stapt genießen konnte. Er nennt fie eine alte Stab, die
Galtan Bajeziv nen erbaute, am Rande eines Berges Deſchan, vie
damals 4000 Hänfer zählte, 70 Moſcheen, 70 Schulen md mehrere
öfter; auch zählte man dort 20° Babezellen; vie Wände ver Bü-
ber hatte man mit Kalt übertüncht, der durch untergemengten Mo-
ins uud Amber einen Tieblichen Duft verbreitete. (?) Die Wände
weren troden, das Badewaſſer fehr dunkel. Hier wurbe viel Filz
mb blaner, gelber und rother Saffian gearbeitet. Die Einwohner
verleßen im Sommer die Stabt und bezogen die Jailahs auf dem
Berge Deſch an, ver einft an bie Familie Deſchan verliehen :wırrbe,
weide jegt durch Vermiethung feiner Alpenweiden an viele Tau⸗
feste von Rinderheerden ſich fehr. bereichert hat. Weiche Berg.
wer bewäflern die Ländereien, welche ein hundertfältiges Korn als
Extrag geben, ober wenigftens adhtzigfältigen. Die Bergwaffer des
Deihan bewäffern hie Diftricte (Wezir-) Köprü, Kauza in Ladik und
Demaudſchyt. An der Norbfeite des Defchen liegt das Caſtell Ko⸗
dicha Kala’affi gegen Köprü zu, das 5 Stunden fern liegt. Auch viele
*) Aisewortb 1. c. IL, p.33. ) Emliya Efendi 1. c. Il. p. 212.
186 “ Rlein-Ufien. $. 8.
Baumiwollenzeuge wurden in Derfifan gemebt, die an die Bewohner
ver Rrimm anögefüßet wurben. Der Hauptheilige ver Stabt ift ver
" Scheich Virdedeh (d. i. Altvater), der einſt aus Perſien hieher kam und
ein berügmtes Convent füftete, wo viele Wunder geſchahen. Auch
anbere Heilige werben hier verehrt. Don ber Stabt dem Berge,
Deſchan entlang auf dem Wege des 6 Stunden entfernten Köprü
iegt ein Dorf Wegorän, in weihen fehr viele muficalifce Iuftm-
mente aus Holz gearbeitet wurden.
Bon ven Bädern ber alten Phazemoiten zu Rawfa, nad
Ladik find 4 Stunden Wegs. Man überfchreitet bahinwärts nicht
blos ven Suſandſchi⸗Su, fondern norbwärts bald in einem zwei⸗
ten Thale einen weit größeren, ben Sufatiham-Su (auf Bolo-
toffs Karte Sufandji genannt), ber von NO. zum Fluß von
Kawſa einfällt und dann mit viefem nad Amaſia zum Jris
fließt. "Un ihm geht auch eine Strecke die Poſtſtraße nad Sam-
fun entlang. Diefe verließ Hamilton aber bald und wandte
ſich von ihr, die gegen NO. zieht, gegen Südoft durch ein Gei-
tenthal mit dem Dorfe Gjaur-Fidi, über Berge, bie mit jungen
Eichenwaͤldern bededt waren, welche früher dort verbreitete Nadel»
holzwälder verbrängt haben follten. Man näherte ſich hier ver Mitte
eines Gebirgsdiſtrictes voll Eichen, Fähren, wilder Birnen
und Kirfhbaum-Waldung, welher vie Weit- und auch bie
Nordgrenze ber ISriszuflüffe.um feine Waſſerſcheide gegen ven
Halys mie gegen die kurzen pontiſchen Küftenflüfle, die nordwärts
abfließen, bilvet.
Hier wurde eine Heine Ebene betreten, vie früher ein See ge
weſen zu fein ſchien; dann jenfeit ihrer Walbumgebung und ihrer ,
Berghöhe eine zweite Meine Ebene gegen S.O., in welher jenes
Ladik ober Jladik liegt, das nur nod ben Namen einer Stabt
beibehält, weil in’ ihm eine große Moſchee mit 2 Minarets, eine
Dſchamie, ſteht.
Ihr im Süden gegen Amaſia zu ſteigt eine hohe Bergfette des
At Dagh empor, gleich ‚hinter der Stabt aber von S. W. gegen
RD. eine Gebirge von halb ceruftalliniigem weißen Marmor
in ſenkrechten Schichten über braunem, hartem, rhombosdriſch zer⸗
Müftetem Sanpftein, der ohne Petrefacten war. Bu
Die Türken zu Ladik, in 300 Häufern wohnend, hielten ihren
Drt für ſehr alt. Es war jelbft am Zten Auguft daſelbſt ziemlich
friſch umd Feuer im Quartier angenehm, da die Temperatur am
Abend nur auf 59° Fahr. (12° Reaum.), Mittags uur bis zu
Die Stadt Ladil wab ihr Ser. 187
67° Fahr. (16° 56° Kenum.) fich erhob und, was in dieſer Iuhret-
‚at in Aſfien mur hödft felten fich zeigt, ein Heiner Regenſchauer
ciatrat. Die Lage bes Orts nach v. Tſchichatſcheffs Barometer-
neſſung ift 2680 Fuß Par. Die Zeichnung bes Heinen Sees von
Sit dicht am Iris auf der Boloteffſchen Karte ift aber eine gänzlich
verfehfte, der ansbrüdlic gegebenen Wanberung Hamiltons, um
’ hoffen fatifche Reſultate ver ruſſiſche Kartograph fi durchaus mir
; gen kummert, geradezu widerſprechend.
E Bors will auf. feinem Durchmarſch durch Ladik Ruinen
eines octogonen Tempels mit doriſchen Säulen und Grabſtaͤtten ges
funden haben, über bie er aber feinen weiteren Aufſchluß giebt2®).
Der Agha des Ortes ſagte Hamilton, daß 2 Stunden in OR
ber Stadt in derſelben Ebene ein Meiner See liege, Boghazkjbi,
ber fehe-fifchreich fei, am dem ber Weg nad) Suneiſa zum is
wräbergehe; fein Quellfluß fließe „gegen Oft“ in ihn ein, was
damilton glaubte bezweifeln zu milſſen, da er meinte, daß ber See
mer Bet feinen Ausflug habe. Denmod; iſt dieſe Angabe der
Uhrten durch Major v. Binde's Aufnahme U) viefer Gegend vol. .
Innen richtig, da der Bach bei Ladik nad) Dften in ben Ger
ht, der Ser aber nicht nach Weit, fonbern nad Nord feinen Ab-
ff Hat und dann nad; Welt und Süd im Halbfreis fi herum
wendet und den Suſatſcham Tſchai bildet, der auch Terſchan ·Su
aamnt wird. Hiernach ift biefe Stelle ver Karte von Rleinaflen,
velche durch Bolotoffs Karte wieder ganz entftellt wurde, im
Kepttts Karte, welche hier auf v. Vincke's Aufnahme beruht, vice
üger Dargeftellt. -
Am Item Auguſt ſchickte Hamilton 9) feine Bagage gegen
Sb direct nach Amafia, 12 Stunden fern; er felbft aber wanbte
ſqh oftwärts zur näheren Erforſchung der bortigen bis dahin unbelannt
giliehenen Gegend nach Sunifa, zur Mittelftufe des Jrisgebietes.
Bon Ladik ging er oſtwärts um das Südende ber Labil-
Ebene herum, im welcher gutes Aderland und 24 dem Agha zu
Unit zugehörige Dörfer liegen. Zwiſchen dem Unterholz und Ge
„Bike ——e Azalea pontica fehr häufig, wie an den
mnhifdhen Gebirgeabhaͤngen der pontiſchen Kelten um Trapezunt,
wo die berauſchende Kraft des bitteren Honigs aus ihren Blüthen,
Bord, Correspr et Mem. 1. c. I. p. 299. Kieperts Note
"ie 313 ver vᷣeutſch. Ueber. Hamiltons ver Schombnrgf.
16510. °’)w. Hamilton, Bas. 1. c. I. p. 336-340.
188 alein⸗ Aſten. og
ſchon wie zu Xenophons und bei Moſynoeken zu Strabo’s
Zeiten, auch noch in ber Gegenwart ihren Einfluß auf die Geniehen-
den ausübt ?%) (Xenophon. de Exped. IV. 8; Strabo XI. 549).
Nach zwei Meinen Stunden war ber Heine See, der zur linlen Haud
liegen blieb, erreicht, welcher von einen nörblic liegenden Dörfchen
an feinem Ufer ven Namen Boghaz⸗kjdi erhielt. Er ſchien nicht
über 2. bis 27, Stunden Umfang zu haben. Seine Umgebung ift
ſehr ſumpfig und feine Stagnationen mögen daher wol reih an
Blutigeln fein, wie Ainsworth erfuhr. Der Ser embete in
Schilfbinſen und Stagnationen, er fchien früher wol: viel umfang
reicher geweſen, aber theilweiſe zugeſchüttet zu fein. Er ift unftreitig
der beträchtliche Stiphane-See bei Strabo (XII. 560: 7 Ir
Ydvn Aduvn und dabei die Burg Kilagı), über dem einſt die
Burg Kizari ſich erhob, die Pompejus zerftörte, wo audy ein Fönige
liches Luſtſchloß thronte. Strabo fagt ausbrüdlic, daß dieſe Limne
zwiſchen ven Phazemsniten und Phanarda gegen Oft gelegen fei.
Bor Hamiltons Beſuch war man in Berlegenheit ®), biefem See
eine Stelle in der Nähe von Amafla, wo Strabo ihn aufführt,-an
zuweiſen. Bon der Burg wie vom Konigsſchloß find zwar feine
Refte genauer befannt geworben; fie fonnten aber nady Hamilton
wol einft auf dem hohen Kallſteinfels liegen, ver ſich hinter ver
Stadt Ladik erhebt. Die Tabul..Peuting. hatte ben Namen ver
Station wie des Sees Stephana, wie fon” Mannert %) be
merkte, in ber Route zwifchen Amaſia und Sinope erhalten.
Aus dem walbreihen Berge im Süden bes Sees wurde viel
Holz gewonnen und in Sägemühlen verarbeitet;. ein kleinerer Zus
fiuß zum See, der Kirpedſchil, am gleichnamigen Dorfe, wurde
überfchritten und dann biefes fehr eigenthümliche in ſich abgefchlofiene
Thalbeden, das gegen N.W. feinen Ablauf bat und noch zum
Terſchangebiete gehört, verlaflen.
Denn num wurden bie umgebenden Bergzüge mit. ihren. herr-
lien Ulmen, Buchen und Fihten-Waldungen gegen SO.
überftiegen und durchzogen, deren malerifche Wiefengründe mit ven
ſchönſten Baumgruppen ein Bergwafler, ver Sepetlü Su, veid»
lich bewäflert, meldher feinen Lauf gegen SD. zum Iris nimmt
und den ganzen Tagemarſch bis bahin zwiſchen immer pittoresfen
“ Zelaufern verfolgt wurde. Nach ber erften Stunde am Strom ent»
" 5 W. Hamilton, Res, 1. c. 1. p. 159. *) 4. A, Cramer, Deser. of
Asia Minor. 1. p- 301. 9") Dannert, Geogr. d. Or. u. Röm.
26.46. -
Der Sepetlü-Su und fein Thal zum Iris. 189
Img mußte ein Engpaß, der Sepetlü Boghaz paffirt werden,
der fih aus braungrünem Trappgebirge voll eingefpreng-
ter langer Feldſpateryſtalle (mie ver Drachenfels am Rhein
oberhalb Bonn) wild erhebt und als plutoniſch emporgehobener Ger
Kirgeftod einft alle Schichten umher zerträmmert, over verſchoben
and geräumt hat. Weiter abwärts im Thal fallen die Schichten
an S. O., ſtatt daß fie auf ber Seite von Ladik gegen S. W.
falen, alfo hier durch die Emporkebung anticliniſch geworben find.
Kar eine halbe Stunde weiter abwärts wurben bie Dörfer Diftet
ab Sepetlü Fjdi erreicht, welches Iegtere dem Strome den Na-
men giebt. Im biefem Dorfe waren alle Männer abwejend umb
mit der Ernte beicäftigt, nur die Weiber waren zurüdgeblichen.
Hier war es zwar um Mittag wärmer als in vem höher gelegenen
Ladit, denn das Thermometer zeigte auf 22° 67’ Reaum. (83° Fahr.),
über bei einem rauhen Nordoſtwinde nom Pontus her fiel es plötz⸗
4 auf 19°11° Reaum. (75° Fahrh.). .
Am nächften Morgen, ven 4. Auguft, wurde daſſelbe Thal ab-
at SD. gen O. immer am Ufer des Stromes verfolgt, bie
Berge wurden zu beiden Seiten niebriger, das Thal weiter, gut ber.
wäfert und bot reihe Ernten, zumal von Mais, die Bäume waren
(dm Platanen und Wallnuß. Der Strom fließt zulegt gegen
SO. durch einen Engpaß der Berge in das Thal des. Iris; er
werde aber zur rechten verlafien, um durch fanft finfendes der
gelände. gegen Oſt das Dorf Sunifa zu erreichen, das noch auf
‚den Bergrücken liegt, welder die Norbmeftgrenze ver Ebene
bildet, darin der Iris und Lycus 2 Stunden oſtwärts vom
Derfe fi) zu einem Hauptfirom vereinen. Diefen Ort nennt
warft der arabifche Reiſende Ibn BYatuta%) (der Ueberfeger ſchreibt
Ganofa), ter im Jahr 1327 bier die heiligen Männer aus’ ver
Rachlommenſchaft des heiligen Abu'l-Abbas, deren er viele mit Na-
men anführt, bejuchte. Der türkifche Reifende Ewlia Efendi (im
Jahre 1650)%) nennt das Dorf Sontiffa an der Weftgrenze bes
Shiekes von Niffar und giebt ihm 300 Häufer. Auch Hadſchi
Chalfa, der Erdbeſchreiber, fennt Sunifa als Station. der großen
Behftrage”). Auf feinem Wege von da zum Eugpaß des Sepetlü-
In Seili⸗puli bei Ewlia Ejendi), der 10 Stunden vom weitlichen
Üabif entfernt Tiegt, nennt er auf einem hohen Berge an dem Grenz
®) Voyages 1. c. T. I. p.292. **) Erliya Efendi, Narrative of Travels
in Asia etc. trad. by J- v. Hammer, from the Tarkish. Lond. 4. 1850
Vol.lL. p.208—210. °) Gihan Numa, ed. Norberg p. 401.
190 . Klein - Aſien. $.4.
gebiet von Ladik ben Ort Zavadi Tekieſſi mit 200,Hlafern, ber
auf dem Gipfel eines hohen Berges liege und ein berühmtes Der«
viſchkloſter fei, deſſen Ordensglieder alle aus der Familie Des
Propheten ſtammten, mit denen er und fein Paſcha, ven er auf feiner
Neife begleitete, ein großes Feſt feierte, ehe fie nach Ladik hinab⸗
fliegen. Hier liegt aljo die von Strabo fo genau bezeichnete Land-
haft Phanaroea, mo beide Ströme bei ber Stadt Eupatoria zu-
fammenfliegen, ver befte Theil-ver Provinz Pontus, wo die Flle
des Dels und ber befte Wein gewonnen wurde, eine Laudſchaft,
die im Often des Halys lag und zu feiner Zeit nehft ver Belitis
un Degalopai das {Aöne Befitkum dez Pythobris war (Berabo
XI 556, 559, 560).
8. 4.
Scehfes Kapitel
Das Stromfyftem bes Iris: der Jeſchil Irma (Iris)
and ber Öermeili tfhai (Lycus); Fortfegung.
Erläuterung 1.
Die mittlere Stufe des Syſtems; ber obere Lauf des Lycus
von feinem Quellarm, nad ven Routiers von Tavernier
(1631), Tournefort (1701), W. Onfeley (1812)
Ker Borter (1819) und anderen abwärts bis
Kara Hiffar und Nikfer.
Der Berein des Germili tfhai mit dem Iefhil ISrmat
over Wis bei Sunifa in ber heutigen Ebene Taſch Oma, zur
alten Phanaroea Gtrabo’s gehörig, ift dur) Gamilton befamat
geworben, aber die Quelle des Germili tſchai oder Lycus iſt Weber
inalter, noch in neuefler Zeit gemau erforfcht worben, denn feim viel
längerer Lauf tritt erſt viel weiter ans dem Oſten hervor, als die
Duelle des Iris in der Nähe der Halys · Quelle bei Enderes (Nioo-
polis, {. oben S. 109), wo Bord biefe beiben entbeit haben vin
Der Dens tommt wenigftens 8 bi 10 Tagereifen weiter im
Dften von ben armeniſchen Gebirgen in mehreren Haüptquellfträmen
hinab, die ihren Urfprung in ber Nähe ver Sübquellen des Tfcho-
rut und zwar feines fünlichen Lori - Zufluſſes nehmen, nit fehr
Urfprung des Germeili⸗tſchai, Lyeus. 19
fe, eine Tagereiſe weſtwaͤrts von Baiburt, an dem Weftabhange
der Bafferfchgide- Kette, welhe bort am Elmaly Dagh
| (feieng) und. Gümüfe Dagh (Silherberg) von Gib .nah
Korb vorüberzieht, und die Oft» von ben Wet-Strömen fcheidet
Ans Mangel eigner Kenntniß hat es Impfchipfcean%) umterlaffen,
die — Flußläufe nach ihren Quellen genauer zu bezeichnen. Er
| aemt zwar ben Halys bei Siwas, und fagt, der Fluß von Amaſia
‚ (his, Amasia suji) entipringe auch im Gebiete von Siwas und
! Mehe bei Tolat vorüber, umd ber Fluß bei Nigiſar MNeoeaesatea)
heiße Lylos, was armeniſch Kail, d. i. Wolf heiße; aber bei feiner
unftinblichern Beſchreibung des Wiegenlanbes des Halys, ver großen
, Ebene Alſchar ⸗Ova, nennt er zwar die Orte Andrias und Purk
(Enderes und Biurk f. unten), nennt aber nicht den Fluß mit Na«
"men, der hindurchfließt. Im Noten biefer Ebene beſchreibt er
, jr bie Stabt Karahiffer und fagt, ein Fluß fließe von da am
Kilt Hiffer vorüber, doch ohme ihn zu nennen. Der an Rarahiffar
weüberfließenbe Bach foll aber ver Keraun os bei den Alten fein
(Biimins VI. 3, dem der Armenier öfter irrig folgt), ein Fluß ven
Pinins zwar rühınt (est et Ceraunus intus clarus), ohne ihm näher
au bezeichnen, der weder Halys, Lycus, noch Iris fein kann, die Pli-
— zuvor in demſelben Artikel richtig bezeichnet hat (f. unten
. ).
Nur erft in neuern Zeiten ift der Lauf des Germili ober
kycns in feinem obern Laufe, aber nur erft nach und nad,
derch verſchiedene Wanderer aus Armenien nad vem Weſten, fei es
um Lycus, ober zum Iris, ober zum obem Halys befannter ges
morden. Den untern Lauf am BZufammenfluß hat außer Ha-
wilton aud) Yinsworthbefucht; ber Iegtere fagt ganz richtig,
ühme es weiter zu begrünben, der Lyeus, ober Karmeli tſchai
Wihe bei einigen Antoren auch Schorak, und fließe erſt aus zwei
| Sespifteömen zuſammen, welche ſich weiter unterhalb ver hochliegen⸗
im Stadt Kara hiffar vereinigten; ber eine heiße Ova Admiſch,
vr andere Kalkath tſchai (Kalkyt der Karte ift der nörblice:
\ Mm, 'ver nad) Indſchidfcheando), durch das Sandſchal Kaltyt
an —8 mit hundert Dörfern fließt). Hamilton wanderte vom
GSanifa am Lycus oftwärts bis Nikfar (Neocaesarea)W), wo er
‚ den Strom aber wiever verließ !), da er von ba gegen Süd nad
! "h) Jadſch idſchean/ Neu⸗Armenlen. a. a. D. in Kieperts Mier. ©. 287,
296,295, 326. *) 0.0.D. ©.105. °°°) Ainsworth, Trav. and
Res, Le. Il. P.20. ') Ben, Bas, in Ana Kino. 0, 1.2300.
D
198 Klein »Afen. 54.
Tokat zum Iris ging. Dagegen, hat der Eonful Brant (im 9.
1835)?”) feinen Weg von Tokat über Nilfer, und vom da am
Strom des Lycus oftwärts bis Karahiſſar zurüdgelegt, einer
der wenigen neuern Neifenden, von been wir biefe Strede ſtrom ⸗
aufwärts geichilvert erhalten; aber von hier verließ‘ verfelbe den
Strom wieder, ohne ihm weiter aufwärts zu verfolgen, wie früher
Gardanne (1807), und Eli Smith (1830) gethan, ſondern von
ihm nordwãrts über Gümiſch Khaneh feine Reife direct nach Trar
pezunt zurüdzulegen. Alle andern Reiſenden, denen wir bie fpe
ciellen genauern Nachrichten über die oberen Duellflüfle des Lens
verbanfen, wie Tournefort (1701), W. Ouſeley (1812), Ler
Porter (1819), H. Suter (1838) und andere, reifen insgejawzt
den Fluß abwärts, umd fommen auf verſchiedenen Strafenzägen
in fein Stromthal nad) Karahiffar, woburd bie Mentität der
„ oberen Zuflüfle erft ermittelt werben fonnte; ober fie weichen auch
früher ſchon zu ven ſüdlichen, oberen Zuflüffen des Iris und Halys
ab, und laſſen daher, bei dem verſchiedenen Wechfel der Orts« wie
der Fluß-Namen, und der umbeftimmteren Angabe ber Richtung iheer
Wege, noch mande Berichtigung für die Zukunft übrig.
Nur durch Begleitung derſelben auf ihren verſchiedenen Routiers
ift es möglich, zu einer mehr ſicheren Kenntniß bes oberen Lycut⸗
Laufes und feines Thalgebietes zu gelangen.
Am unficherften bleiben die Angaben des älteften, das Thal
aufwärts gehenden Berichterftatterd Tavernier, umb bes jüngften,
Boré's, ven wir ſchon oben big zur vermeintlichen Quelle des Iris
und des Halys bei Enveres begleitet haben, von wo er in das obere
Stromgebiet des Lycus bei Piurk eintrat. Taverniers Route
giebt die Namen fo verändert, daß fie faum wieder zu erkennen finb.
Doc) erreicht er, von Tofat öftlich das Thal des Jris verfolgend, durch
mehrere hohe Gebirgspäfle, zwiſchen venen das Dörfchen Almus nad
einigen Tagen Adr a8, worin Enderes (Nicopolis) leicht wieber zu er-
lennen ift, von wo er aud) in das Gebiet des obern Lyeus übergehen
mußte, um über Lori, das er als Station nennt, zum Cuphrat
nad Erzerum zu gelangen. Zur Vergleihung mit ven nachfolgen-
den Routiers ift diefe Route zuerft zu nennen, obwol fie fartogen-
phiſch kaum zu verfolgen ift.
°%) Jam. Brant, Journ. in Asia Minor, im Journal of Roy. Geogr. Soc.
Lond. 1836. Vol. VI. p. 220-221.
Urfprung des Germilũ⸗tſchai oder Lycus, 193
1 Taverniers Route von Adras (Emderes, Nicopolis)
ad Lori am Südarm des Tſchoruk und Erzerum (1631) 3).
Die damalige Unficherheit ver Wege durch Turkomaniſche oder Ta-
uriſche Raubhorden, wie fie Taver nier nennt, legte die größten
Schwierigkeiten zur Erforſchung des Landes in ven Weg.
Bon dem Dorfe Adras, das damald ganz von Armeniern
bewohnt war, wurde nur zwei Stunben fern das Dorf Aſpidar
amd dann das Dorf Izbeder im Gebirge erreicht (derfelbe Name,
mie das vorige, denn Indſchidſchean *) unterſcheidet zwei Dörfer:
Ober- und Un ter-Adzbedjer, beide von Armeniern bewohnt, und
unmt zwiſchen beiven das Kloſter der h. 12 Apoſtel (Serpotz Arta-
tee Wanlh) als Reſidenz des Biſchofs von Karahiſſar und Evliya
Eendi neunt hier ein armeniſches Dorf Ezbeder) 5), wo bie Kara⸗
wann 1 bis 2 Tage zu vaften pflegten, um einen Zoll von einem
diertel Reichsthaler zu zahlen, alſo wahrſcheinlich an einem Gebirgs-
Ah (Derbend 'ver Türken) gelegen. War die Karawane ſtark genug,
foging fie auch wol ohne Zahlung vorüber, füllte aber hier, wo
aa das märmere Klima und das Rebenland verließ, ihre Schläuche
wit nem fehr guten und wohlfeilen Wein für die übrige Route.
Das Dorf, fagt Tavernier, hatte alle Häufer im bie Felſen
hineingebaut, und auch Treppen führten zu ihnen im Fels hinauf;
aſſo hier fing ſchon die armenifche Bauart ber unterirdiſchen
Dirfer an, wie fie ſchon Kenophon zu feiner Zeit als ſolche an
der Dgrenze der Urmenier vor zwei Jahrtauſenden kennen gelernt
kalte, Bon diefem Grenzborfe paffirte die Karawane eine Holz
keide über einen Fluß, an dem ein Karawanſerey und das Dorf
Zacapa lag. Bielleicht ſchon ein ſüdlicher Arm des Lyeus- Fluſſes;
daſchidſchean nennt noch einen türkiſchen Fleden mit Bergſchloß
Zaghaba oder Zaghapa, anf Oſtende bes Alſchar Ova ober
Gem von Andrias. Es folgte eine fo enge Gebirgskluft, durch
de der Weg hindurchging, daß man an zwei Stellen bie Kameele
\ laden und bie Ballen von Menſchen durchtragen laſſen mußte,
‚ a zu die bahinterliegende Ebene bis zum Fuße eines hohen Ber»
#9 weiter zu ziehen, ver Dikmebel genannt wurbe und das Dorf
af ihm Kurdaga. Von da mußte man drei Fluſſe durchſchreiten,
IR. Tarernier, Les Six Voy. I. c. 1. P.17.° *) MenNirmenien.
6.327 (Isberde in einem feiner Duelle nach unbefaunten Rousler
* ani Rapie'6 Karte). °) Erliya Eiendi, Narrative of Trav. in.Asia etc.
rad, by 3. v. Hammer. Lond. 4. 1850. Voll. p. 105.
Re Exakunde XVUL. - . N
164 en 54.
und 3 Stunben weiter einen vierten, beffeh Wirbiluigekt vrkmal
paffiren waren: einmal durch fein Be Hitkdurd) und darit la
2 Brüden, worauf das Dorf Garmerü erreiit wurbe, offenbir
daſſelbe Germelii, von melden ver Meus feinen heutigen Nntk
führt, von wo nian über Seufmen nad) Furi (Lori) gelatigte, bad
nun ſchon auf der Strafe nad; Erzerum, am füdlien Orielfiufe
des Tiöorut, Befannt ift. .
‚2 ®. Lourneforts Weg von Erzeruni über Lei·
meri nad Kule hifſar uns Hadſchi Mürad, im Lyend·
tbale und von da zur Iris nah Tokat (im Septeulber
1701) ). Tournefort war von Erzerum in niehreren 1
mit feiner Karatvane von Seidenhändlern weitwärts über Maid
thotun (am 17. Sept. 1701) und über ben Euphrat vorge,
zu der Stelle, wo biefer feinen Weſtlauf direct gegen Süd äukerl
Nachdem eine zweite Karamane zur Verſtärkung der erſten Hinfn
geftoßen war, wurbe bei dem Dorfe Apunar (b. i. Meigenbtumn
im türliſchen) auf einen nadten hohen Berg, einen rechten Uferbärg
(de8 Euphrat) emporgeftiegen. . u
„ Am 2. Tage, den 18. Sept, ridie man an mein
ver weitwärts floß (alfo ſchon jenfeits der Waſſerſcheide des €
phrat und Tfhoru), und über einen mif Fichten bewaldeten 8
vor, deſſen fteiler Abhang zu einem engen Thale hinabführte, alt
deffen linker Seite man einige runbe Bogen, vie Reſte eines Kyud
duits bemerkte. Der Fluß, welder von Sikden gegen Norben zuin
Schwarzen Meere fliehen follte (offenbar ein fühlicher Zufluß de
Tſchorui), wurde überſchritten. J
3. Tag. 19. Sept. Gegen N.W. wurde ein aiıdered ſehr enges
Thal durchfetzt; und eine ſchone Ebene erreicht, in der ein ang
nehmer Fluß bei Sukme gegen Weft vorifbeiflog Cie
ſchon ein oberer Zuffuß zuin Lyeus · Quellarme). Jenſeit des ca
zur rechten Seite des Hauptweges, flanbeh zwei alte Säulen; auf
dem Heinften berfelben fland eine unleſerliche griechiſche Infiheift.
Die Furcht vor Näubern Hinderte einen längern Aufenthalt
zu ihrer Entzifferung. Vielleicht, meint Tournefort, bejeich
neten fie. die Page einer antiken Stadt; oder wol wahtlheit
licher mochten es nur römiſche Meilenfteine am jener einft im ven
Xaifergeiten ſehr beſuchten Heerftraße fein. Mad 5); Stumben
so.) Piton de Tournelgrt, „Relation d’uge. Voyage,. dn Levant. Amster-
dam. 4. 1718. Vol. Il. Leure XXI. p. 169173.
Urfprung des Germilü⸗tſchai oder Lyeus. 196)
Want am die Karawane zur Stätion im Dorfe Kermert (it.
Germeli), *
£ Zug. Den 20. Septbr. wurde, nach 7 Stunden Wegs,
darf Betggegenden voll ſchoͤner Fichten ⸗ und Warhholver- (Funi-
peras sabina) Wälder, in deren Engpäſſen durch Räubern unſicher
jenem wurde, das Dorf Sarvoular (Sarylarf) erreicht, wo man
Waſſermelonen baute.
5. Tag. 21. Sept. Auf abfcheulichen Wegen, über ſeht hohe
Berge, Bereit mit Eichen, Eisbeerbänmen, Mofhusweiden, Berbe-
Met, Tamarisken, Zirbenußbäumen.
6. Tag. Am 22. Sept., 8 Stunden weit ging es über fee
fee Felſen aus weißem Marmor, und rothe und weiße Jaspic⸗
Bye, unter deren Fnz ber Fluß Carmili von O. nach W. fließt
A einem elenden Karwanſeraj. Dies ift die erfte Nennung des als
Sermelürtfepai befannten nördlichen amd oberen Queüflußz vet
us, ven fpätere Reiſende auch Kalkyt nennen hörten. Nachts
MA Her ein Hagelſchauet. Tonrnefort erfrente ſich hier der Ent
Wlung einer Meinen Art des Dandelbaumes, veſſen Manveit
Mad pfrcfichertiges hatten, und weniger bittere Kerne, ald bie des
Am aus der Heimat belannten gemeinen Mandelbaumes.
1. Tag. 23. Sept. Beim Ausmarſche mußte ein hoher, nad
ik, ſeht rauher Berg überftiegen werben, ehe man nad) 8 Gtmmeh
Weis iu bie große Ebene bei dem Dorfe Curtano® (Rrtanog bei‘
ubfhiofchean, der zugleich die Ebene genauer als die Alſchehr -Owa
Bädiet) 7) anfam.
8. Tag. 24. Sept. Ueber Berg und Thal, einem Fluß zur
wäten folgend, ver von Boluserde ganz roth gefärbt fid in viefen
Sabungen durch fo gefährliche Feisengen ward, dah die Samm-
Mer ka hindurch kommen konuten. Diefe Defilde führten zum
Üif anderer fehr zackiger Felsberge, auf deren einem bie Stabt
Ealeiſar (Möjlü- Hiffer) amphitheatralifc aufgebaut war, mit
Grit Schloß, unter welchen der blutrothe faft gräßlich ausſehende
Fürß weiter firömte. Hier änderte ſich pföglich bie wilde Landſchaft,
Mr anes der Kiebftäften Thäfer Aflens öffnete fich, mit feinen jchb
Me Weinbergen und Obfigärten, bie 1Y, Stunden weit Bis
Tpttißrat, oder Aginiurat anbielten (richtiger von den türkifchen
Arneniftgen Geogtaphen Hadſchi Mürad Kaleffi geſchrie-⸗
Wen), ehe Meitie Stadt die auf einem Berge, ber Geſtait nach, wie
) Reufirmenien, ©. 328 nach Kiepertd Ueberf.
’ N2
196 Klein⸗Afien. 54
eine eingebrüdte Paftete liegt, am beffen Fuße verfelbe blutrothe
Fluß, was aus Inbhinfhean”®) beftätigt, vorüber zieht. Neben
der Stadt verſchließt einealte Feſtung vie Paffage, und am Fluß mar ein
ſchönes Karamanferai erbaut, wo das Nachtlager genommen wurbe.
\ Der Tag war fehr heiß geweſen; in den Gärten waren viel Pfir-
fie, Aprikofen, Pflaumen und fehr gute Weintrauben;
doch mar es in der Nacht fehr kalt.
9. Tag. Den 25. Sept. zog man in demſelben Thale
3 Stunden weiter, dann aber verließ die Karawane ven Fluß, ber
zur rechten Hand liegen blieb, mo er fid) mehr n ordwärts wendete
und wie man fagte, einem andern Flufſe (nämlich dem Iris) zu
eilte, mit dem er fi in das Schwarze Meer ergieße. Doräber
wollte Tournefort jedoch nichts entſcheiden: denn, fagte er, dich
fei bei der großen Unkenntniß der Reifenden noch zweifelhaft. Nade
folgende Reifen haben vieß aber außer Zweifel gefept.
Tourneforts Karawane wendete ſich aber von da an für
wärts über ein ſehr hohes Gebirge, mit Eichen und Fichten ber
wachen (ver Gemi Beli Dagh), zu dem ber Hinabweg in ein
andres Thal höchft befchwerlich war, das fi am Fuß ber Berge
fehr weit gegen Weften ausbehnte. Dieß konnte fein anderes als
das obere Thal des Iris, ober Fluſſes von Tokat fein (Tozaulu
mennt ihn Tournefors), in welchem auch nad 3 Tagemärfce ver
von zufammen 25 Stunden Wegs die Stabt Tokat erreicht wurde
(f. oben ©. 121).
3. Die große Straße von Erzerum über Kalkyt und
Schiran bis Rarahiffar im obern Thalgebiet des Kalkyt
oder Germeili Tſchai (Lycus) nah den neueren Rei—
fenden: Gardanne und Salvatori (1808), I. Morier
(1809), ®. Onfeley (1812 Aug), Ker Porter (1819 Nob.),
Eli Smith und Dwight (1830), James Baillie Frafer
(1835), H. Suter (1838), auch theilweife bereift von Jan-
bert (1806), 9. €. Alerander (1826), V. Fontanier (18%),
W. Brant (1835), Auch er Eloy (1837). "
Ungeachtet der vielen Namen von Reifenden, welche in biefem
Jahrhundert jenen früherhin nur hie und da einmal berührten Lande
ſtrich durchzogen haben, gehört derſelbe doch bezüglich der Einzelheiten
feiner Oberflädenbilbung, des Zufammenhangs der Flußläufe, no-
mentlich aber der Mafje ver Plateau und Gebirgserhebungen, zu
e) Judſchldſchean a. a. D. p. 328.
Urfprung des Germilü-tfchai oder Lyeus. 197
ben weniger belaunten der Halbinfel; ‚nicht allein daf fein einziger
jener Reifenden Meffungen oder aud nur Schägungen ver Höhen
mitgetheilt hat, — auch über die verfchievenen zum Lycus - Syſtem
gehörigen Zlußläufe vrüden fie ſich meift unbeftimmt und zum Theil
wiberfprechenb aus, — eine natürliche Folge der großartig wilden,
ſchwer überfichtlichen Natur des größtentheils von mächtigen. Wal
dungen bebedten, durch tiefgefpaltene Schluchten zerriffenen Berg
landes mit bünner Bevölferung ımb ſchwachem Verkehr. Dabei
fehlt es noch gänzlich an der ſicherſten Grundlage Harer Einficht in
die topographifchen Verhältniſſe, an einer auch nur annähernd ride
üigen Kartendarftellung 9); eine militärifche Reeognoſcirung der
dauptſtraße ift zwar fchon im Anfang ver betreffenden Periode auf
Ropoleon’8 Befehl, bei Gelegenheit feiner diplomatifchen Miffionen
zum Hofe von Teheran, 18079 ausgeführt worden, durch bie den
Geſandtſchaften beigegebenen Dfficiere Bernard und Trezel, allein
das Detail ihrer Kartenzeichnung, in dem großen Mafftab von
vn 1:86400 außgeführt, ift leider Geheimniß geblieben und nur
agenügend, in allzufleinem Maßſtab von dem franzöſiſchen Karto»
gashen Oberſt Lapie bemigt worben. Auch bie veröffentlichten
Berichte von Mitgliedern der Geſandtſchaft, dem Bruder bes Ge
fahten, Ange de Garbanne und bem Arzt Dr. Salvatori20)
keihränten ſich nur auf kurze Angaben der Stationen ohne viele
nähere Belehrung. Wir find daher weſentlich auf die Berichte der
oben genannten britifchen Reiſenden angewieſen, umter welchen
die mit jenen Franzoſen concurrirenven Geſandtſchaftsreiſen der uns
fen von ver iranifchen Erdkunde her vortheilhaft bekannten For-
Ka Iames Morier und W. Ouſeley (des berühmten Drien-
Aalıften), ſowie des geiftvollen und kunſtgeübten Entveders und Be-
“ füreibeks altperfifcher Monumente, Ker Borter, wie ber Zeit ſo
uud dem Werthe nach. voran fliehen, denen fi dann die übrigen
wit weniger reichhaltigen, immerhin aber nicht zu überfehenden Bei»
* N) Die Zelchnung dee betreffenden Stüde in Kiepert’s Karte von
Alein⸗Aſien, Sect. II. und II. (1841—42) if bei unvollfländigem
Material nach eigenem Geſtaͤndniß des Verf. (Memoir zur Karte,
S. 97) fehr mangelgaft und micht ohne entſchledene Fehler, die, for
weit das ‚andy jeht noch immer unzureichende Material es erlaubte,
An der neuen Ausgabe der öfficen Blätter (Armenien und Kur
Wien, 4 BI. Berlin 1857) verbefiert worden find. ’°) Bundgruben
re 16 Bd. J. 6.00 ff. Mg. Geogr. Ephemer. 3.46. (1815).
198 J Reini. 64
tehgen zur Renntniß der Einzelheiten anteipen. Um nicht dugp
Verfolgung jedes einzelnen Routiers zu häufiger Wiederholung Age
felben Namen und Thatſachen genöthigt zu werben, verſuchen wir
durch Combination aller verhantenen Angaben zu einem Gefanmt-
bilde des alſo durchwanderten Gebirgslandes zu gelangen.
vWon Aſchkala am obern Euphrat, weſtlich von Erzerum, bie
wohin wir unſre Reiſenden bereits auf armeniſchem Gebiete ( Erd⸗
kunde, Bd. X. Drittes Buch, Weft-Afien, ©. 733, 735, 739) begleitet
haben, folgt die Straße noch dem Nordufer des Stromes 6 Stume
den über Schughani mit großem, vom Sultan Murad am Ein
gang ber ſchwierigen Gebirgäpaffage erbauten Chane (Khan Shoggain
bei Ker Porter)311), berüchtigt durch bie hier in ben Felspäſſen im
Grenzgebiet des Erzerum-Pafchalyts lets haufenden Räuberbanden,
non beven ſchreckenerregender Thätigkeit die unzähligen Grabhügel
erſchlagener Reiſender längs der Strafe Zeugniß ablegen. Zwei
bi drei Stunden weiter, bei ver gefährlichften Stelle, dem foges
nannten Teufelsthal (türfifh Scheitan Dereffl), wo auf ſteilem
Felspfade im Ziczadweg die Krümmungen des im Felsbette rau-
ſchenden Fluſſes umgangen werben müffen, wird biefer,. ber nunmehr
‚gegen Süden durchbrechend feinen Lauf nad Erzingian zu fortfe
verlaffen. Den von Perfien nad dem Weiten zurücklehrenden Rei-
fenben erfreut hier, nach ber traurigen Durchwanderung ber über,
baumileeren Hochebenen Armeniens, wieder das erfte Grün ber Wäl-
wer, wie dies unfer verehrter Freund Eli Smith (ver ſchon auf
„feiner Hiureiſe nach der Miffions-Station Urumia im Jahre 1830
denſelben Weg zurüdgelegt hatte) auf feiner Rückreiſe nach Trapes
zunt im Mai 1831 ausdrücklich bemerkt1?).
Die Strafe folgt num einem aus Norbweft kommenden Heinen
Beitenthale des Euphrat ziemlich fteil, über nadte Bergwänbe ‚yıit
‚wereingelten Fichten, hinan umd ‚erreicht nach 2 Stunden. das im
amen hohen Wiefenthal mit einigem Feldbau freundlich gelegene
doch Halb unterirdiſch gebaute Dorf Karakulak (b.i. Schwarzohr),
dem Porter) 70 muhammevanifhe und 20 chriſtlich armeniſche Fa ⸗
milien, Suter!) 20 Jahreſpäͤter nur 50 Familien zu Bewohnern
9) Ber Porter, Travels in Georgia, Persia and Asia Minor. London 1822.
Vol. Il. p. 675. '*) Eli Smith and. Dwight, Missionary Researches.
London 1834..p.444. '?) 0.0. D. p.678. '*) Henry Suter,
Trans * al 6 Trebuond, Notes, Ipyenal of,the .R. Gpagr. Soc, 1840.
ol. X. p- 434. :
Urfprung des Germiläztihai oder Lycus. 1
ich Onfeley!s). und Morier:6) hatten früher in dieſem
he des Gebietes von Erzerum, dem gewöhnlichen Stationd«
ie, ihr zweites Nachtquartier genommmen!?), ven auch ber arme-
ufhe Geograph!8) als eines der gröfieren Dörfer des Gaues
Terdſchan (vergl. Erdt. X. ©. 769) kennt. “
Bon Karalulak wird bald, gegen N.W. ohne merlliche Exhe-
bung einer Gebirgäfette, die hier nur aus relativ niebern, Tahlen
Höhen beftehenbe Waſſerſcheide zwifchen Cuphrat und Tſchoruk, —
Berfiihem Golf und Pontus — überſchritten; ben Namen biefes
Höbenzuges, den er Anfang Juni zwiſchen einzefnen Scmeefleden
fülh geünend fand, Otluk-beli (b. i. begrafter Abhang im tückie
Item) giebt nur Smith an), ver hier auch eine dicht am Wege
tfpringende minerafifhe Duelle mit gelbem Niederſchlag und ges
mölsfen, im Geſchmack aber an die Heilquellen von Saratoga in
Kor-Amerifa erinnernten Waſſer (alfo einen Stahlfäuerling), er-
wöhnt. Der Eifenftein, welder überall auf viefem Wege zu Tage
fegt, erinnerte Porter an feine früheren Reifen in Schweden. Nach
A ſtündiger Bergwanderung fentt ſich der Weg in bie faft 2 Stun
den breite aber baumlofe Thalebene des nach Norden dem Tſchoruk
* Aftrömenben nicht unbebeutenden Lori Su hinab, der weiter norbs
wtlic (nach Porter) ſich mit dem Zufluſſe Sorman oder Sotma
u vereinigen foll, bevor er in bie Ebene don Baiburt eintritt,
Der Name fol richtiger Saman Su, d. i. Strohwaſſer heißen,
die eimige Notiz, die wir aus Jauberts flüdtigem Streifzuge
Köpfen Tonnen, der im Jahre 1806 von Erzerum aus einen Theil
derfelben Straße verfolgte, dann aber nördlich nah Gümiſchlhaneh
u abbog; ungenau fcheint aber feine Angabe, daß ver Samanfu,
dar die — unten näher zu berühtende — Ebene von Tſchiftlik
—— falls nicht ein zweiter Ort dieſes Namens, verſchieden von
iftlit am Kaltgifluffe gemeint iſt ). Cine Stunde in bie Ebene
Yin liegt nad) Porter’ das Dörfchen Buſchti, nod) ', Stunde weiter,
") W. Ouseley, Trav. in various countries of the Esst. London 1823. Vol. III.
p.473. *%) James Morier a Journey through Persia, Armenia and
‘Aria Minor to Constantinople. London 1812. p. 330. 5 die Sta:
den Tolos, 5 Standen vun Lori, 6.68. von Peleril am Bupbrat,
und 18 ©t. von ‚Mala ‚bei Garbanne fheint mit Slefem Drte
mmenzufallen. dfginfcpenn, Ney-Armenien ©. 97.
RRHRBERTER. Pa —EX —* AH Koordistan,
Lontlon 1840. Vol. n. 2348 aber ohne fenauere Loralangabe und
"erfäjeiebeh: Utlugh-Beii. *) Am. Ja » Vozage en Armenice
dem Perse. Pafis 1821. p. 375. .
200 Klein-Afien. $.4.
4516 5 (nad) Ouſeley nur 3) Wegftunden von Rarakulal entfernt, der
Hanptort Lori, nad) dem das ganze Thal’benannt wird, mit 150
Häufern (nad, Suter, 100 Häufer giebt im I. 1807 Gardanne an),
meift von Armeniern bewohnt. Der das Thal von Lori auf ber
Beftfeite einfchliehende Gebirgäzug, von den nach Fraſer's Beobach-
tung?!) hier in großer Menge wachſenden Holzäpfelbäumen Elına
oder Elmaly Dagh (weniger richtig bei Ouſeley Ilmali, bei
Borter Almali) genannt, wurde auf der graben ziemlich, beſchwer -
lichen Strafe von Morier, Dufeley und Fraſer überftiegen; olme
den Namen zu nennen fchilvert auch Smith vie fteilen nadten
Gipfel 3 Stunden von Lori, die Anfang Juni noch ansgevehnte
Schneefelder trugen, als höchſt beſchwerlich; zugleich war biefer
Baß wenigſtens früher als Aufenthalt kurdiſcher Räuber gefürdtet,
daher Ker Porter vorzog, ihn mit weiterem nörblichen Umtvege zu
umgehen, wobei er über weniger hohe mit Zwergeichen und Wach
holder bewalbete Anhöhen in 6 Stunben von Lori, fein brittes
Nachtquartier, das Dorf Bagdaly, im einer tiefen Thalſchlucht
gelegen, erreichte. Ben bier überftieg er dann mit mehr ſüdweſi ⸗
ücher Richtung einen niedrigeren Bergrüden, um ſodann bei dem
Dorfe Sadod das Oſtende der ausgedehnten Fruchtebene von
Tſchiftlit zu betreten; wenn er aber zugleid das Flüßchen vom
Sadac als einen Zufluß des oben ermähnten, dem Tſchoruk zu-
fliegenden Fluſſes von Sorman angiebt, fo ift er offenbar falſch be
richtet; denn Morier, welcher gleihfall® beim Herabfteigen in die
bene ven Ort Savad ermähnt??), nennt ven hier entjpringenven
forellenreihen Fluß, ven ex weiter unten bei Tſchiftlik und Sara-
hiſſar als größern Strom fennen lernte, auch weiterhin den Fluß
von Sadad; es ift alfo offenbar ber Aycus ſelbſt, welcher in feinem
obern Laufe wenigſtens theilweife neben anderen auch mit dieſem
Nomen eines der Quellbäche won ben Einwohnern belegt wird.
Der Name dieſes jest unbedeutenden Dorfes erhält aber ein grö-
Beres Intereffe durch ben von Kiepert?) bemerkten Umftand, da
ex faft genau bie armenifhe Form (Satagh, na heutiger arınes
niſchet Ausfprade Sadagh) des Namens ber aus bem Altertyum
als römiſche Grenzfeſtung in Sllein- Armenien berühmten Stabt
#tı) James Baillie Fraser a winter journey from Constantinople to Teheran.
London 1838. p.241. *") 0.0. D. p.330. Ker Porter II. p. 684.
-Aucd Gardanne in feinem kuürzen Itinerar erwähnt zwifchen Kerfit
und Lori den Plug Sach daf. ) Memoir jur Karte von
KleinAfien. 6. 97. ' "
Urfprung des Germilũ⸗tſchai oder Lyeus. 201
Satala wiedergiebt, welche nach den Entfernlingsangaben der alten
Rinerarier ungefähr in dieſe Gegend gehört?t), und alfo wol mit
Necht bereits von Rennell und Mannert in der unmittelbaren Nach-
barſchaft diefes Ortes gefucht worden ift, nämlich in ven Heften bes
Alterthums, welche fon Tavernier und Tournefort bei dem oben
(6194) erwähnten Dorfe Sukme beobachtet hatten, das nach dem
Zufammenhang der Stinerare ganz in ver Nähe von Sabaf liegen,
muß. Mögen künftige Forſchungen an Ort und Stelle diefen Punkt
von hiftorifchem Intereſſe, was nunmehr nicht ſchwer fallen kann,
#0} ins Reine bringen.
Eli Smith”), ver die Ebene auf einem ſüdlichern Wege als
verter durchzog (fowol auf feinem Wege nach Often im Juni 1830,
als anf dem Rückwege im Mai 1831) fand, daß fie ſich hier in der
fävöffichen Ede, 3 Stunden von Lori, 5 von Germeri, noch weiter
gegen Süden hinaufzieht als breites Thal, durch welches ver Haupt ⸗
welfinß des Lyeus don dem auf der Grenze nad) Erzingjan zu
der 12 Stunden ſüdlich entfernten Stadt am Euphrat) ſich erhe
benden hohen Tſchiman Dagh herabkommt. Diefes Gebirge.
Kant auch Hadſchi Chalfa und aus ihm der Armenier (er fchreibt
& richtiger Tſchemen Daghy, ein zur Hälfte, in dem Worte
Zigemen, d. i. Weiſe, perfifcger over vielmehr Turbifher
Rıme) als eine Sommeralpe der turfomannifchen Hirten auf
der Grenze der Gebirgsebene Kalkyt ober Kelfit 2), zu
weilm auch Kerkit gefchrieben, deren Name Indſchidſchean wol mit
Recht für eine türfifhe Corruption des armenifhen Flußnamens
Reil- Ried, d. i. Wolffluß (alfo ver einheimifhe Name, ven die
Griechen erft in Lytkos überfegten) erflärt, der-fomit erſt vom Fluſſe
af ben Thalgau i in welchem er entfpringt, übertragen wäre. Denn
dem ziemlich im der Mitte der Ebene (5 Stunden von den Quellen
WiSadag, 861810 St. von Lori) gelegenen nicht ganz unbedeutenden
Hazpt- aud Marktorte des Thales, dem fogenannten Kalkyt-
Kiaiftlit, ift er erft als unterſcheidender Beiname beigelegt, da
in der That Tſchiftlik allein, wie bie meiften ver Reiſenden (nad)
aglifher Schreibart Chiflich ihn benennen, eigentlich fein Name,
fondern das allgemeine tůrkiſche Wort file ein Landgut, eine Meierei
i, und, wie in vielen ähnlichen Faͤllen bezeichnet, daß ber Ort ur⸗
®) fogl. Cramer, Asia Minor. Vol. IL. p. 152. ») a.0D.p
Iurfesivfgean, Nen-Armenien. Ueberf. v. Riepert. p. 105. —
fams, Geographia Orientalis ed. M. Norberg. Tom. I. p. 624.
m Blei 54
ſyrünglich nur aus einem Landgute des Agha oder Diſtriltsvorß
beſtanden habe und allmãhlig zum Dorfe erwach jen ſei; daher ET
kei Smith einfach Bafh-Tigiftlit (bi. Haupt-Lanbgit) genanyt
wird. Der Ort, dem Garbanne 120, Suter nur 60 Häufer giebt,
wird auch in ber fürfifhen Geographie als ein Städtchen be
heichnet, und zeichnet fi wenigftens zum Theil burd) erträglich
gebaute fteinerne Häufer aus, während der Reſt und bie fümmtitjen
umljegenben Dorfihaften zum Theil nur aus unterirdiſchen Erbhütten,
des Falten Klimas wegen, beftehen??). Die. Zahl der in der Ebene und
den umliegenden Höhen verteilten, zu dem Sandſchat von Kafkyt
oder Tſchiftlil gehörigen Dörfer wird in ben orientaliſchen Quellen
Hoch auf 100, in den neuern Berichten aber viel geringer, von Smith
zu 60 mit zufammen 1000 Häufern, von Suter nur zu 40 Dörfern
‚mit 6700 Häufern, fänmtlid von ‚Türken bewohnt, angegeben;
- eingelne dieſer Ortſchaften find nad) Lage und Namen bekannt ges
worden durch die ruſſiſchen ‚Specialfarten (moraus fie in die
pertſche Karte übergegangen find) in Folge der Streifzüge der im
Jahr 1829 bis hierher weſtlich vorgedrungenen ruſſtſchen Hear,
wobei fogar vom Capitän Birbin -in Kalfyt Tſchiftlit felbft eine
gſtronomiſche Beobachtung angeftellt wurbe, deren ——
KReſultat — Lat. 40° 8° 2 Long. 39° 10° 23 von Greenwich —
jedoch dem beutfchen Bearbeiter ver Karte als unvereinbar mit nn
ifinerarifchen Daten erwiefen hat?8).
Politiſch fand Kalfyt früher direkt unter Erzerum, dann, um
„1830 unter dem neuerrichteten Pafchalyt von Guͤmiſch —
u Suter's Zeit wieder unter dem Paſcha von Tarabuzun, wie
q leichen Wechſel bei den ſchwankenden Staatseinrichtungen ori
iſcher Reiche alltäglich vorkommen. Ale Beobachter aber ——
"änftimmig den fleifigen Anbau ver fruchtbaren, reicjbewäfferten
‘Hochebene, deren Felder zwiſchen Gruppen von Bappeln und Weid
Thnüch wie in England, forgfältig mit Graben und Heden u
ſchloſſen ſich zeigen, und die Pracht der bie umgebenden 5 he⸗
decenden Walder, aus den mannigfachſten Fruchtbäumen, wie Ariel,
327) Spfer I. c. Fraser, Winter Journey. p. 233. Morier p. 331.
#") Journ. R. Geogt. Soc. of London Vol. VilL p-A1ls 076 Aym
Bulletin de l’Acad. Imp. des Sciences de S. Petersbourg 1 od
Kiepert, Memoir x Karte v. Ricin-ien, 6.97. 0) Smith
a. a. D. p. 4458. Bontanier N a —XRX 2a der ‚im Jahr 1826.
v er * giebt ven ach If glei [8 zu "Tpebigond ge
Bi
urſprung des Germilärtfgei oder Lyeus. 208
Keen, Pollyäffen, Berberipen, überdies aus Eichen, Eihen, Wade
Ioßer und beſonders hodftämmigen Fichten: beſtehend.
Der gewöhnliche Stationsort von etwa 30 Häufern, mit dem
Joſthauſe (Menzi), liegt nur eine Meine Halbe Stunde weftlid von
den Tihiftlit und führt den Namen Germilü ober Germeri
(neriger richtig bei Suter Gemeri geſchrieben), mit welchem eben-
‘ {ls der Kallyt over Lycus-Fluß auch noch in feinem unteren Laufe
benannt wird; und mit Riüdficht auf bie im diefem unteren Laufe -
don mehreren Beobachtern bezeugte vothe Farbe des Waffers (f. oben
8.195), bie er von ben durchfloſſenen Bolusſchichten erhält, möchte die
Kleitung von dem armenifchen Worte garmir, d. i. ro th, nad Kies
pert’8 Vermuthung nicht unwahrſcheinlich fein, fo daß aud) biefer Name
‚ ft vom Fluſſe auf bie anliegende Ortſchaft iberteagen wäre. Doc
wird auch berfelbe, an Germelü nördlich vorbeiftrömenve Fluß, der
hier ctwa 25 Schritt breit fein foll, von Suter mit dem bei ven
Bieten ſo haufigen Namen Karaſu (d.i. Schwarzwaſſer) benannt,
Ape Zweifel nad) dem norböftlichen Quellbache, ven wir durch
Äentanier tennen Ternen. - Denn diefer Reiſende ift Bis jetzt ber
ige: der auf einem ‚von ber großen Poſtſtraße abweichenden nörb«
iferen Wege in die Quellthäler des Lycus gelangte, nämlich von -
i Fre am Tſchorul ‚her; nur 6 Stunden weſtlich von dieſer
Sudt, nachdem er die Ebene (f. oben ©. 84) quer durchſchnitten,
‚Hlangte er bei dem Dorfe Sunnur (vielleiht dem alten ſchon
as Bompeins Geſchichte bekannten Sinoria)®) an einen, aus
um Thale von Süden herkommenden Bach, der fid dann weſtlich
und ben er erft in 2 Stunden breiter Ebene, vem in engern
bis zur Ebene von Tſchiftlik hinab begleitete, Dieß wäre
alfe der entferujefte öftlihe uns befannt gewordene Quellbach des
eus. Das Thalbeden jelbft ſoll nach den Angaben der letztge ⸗
naunten franzöſiſchen Reiſenden aus Muſchellalk, bie umliegenden
Berge aus feſtem gelblichen Kallſtein beftchen.?).
Die folgenden 6 Wegſtunden (mur bei Dufeley 8) führen, wah⸗
red der Fluß fich durch eine Engſchlucht drängt, über mäßige
Baldherge voll der reizendſten Scenerie, die, als Porter durchreiſie,
wmentlich durch lange Züge von Bauholz tragenden Büffeln belebt
werden, in eime ambere hohe Vergebene, bie einen Bezirk des Pa⸗
Ielnle Eygerum „feiiger non ‚Karpbiflar) bildet, unter vem Namen
”) Cramer, Asja Minor. Vol. II. p.152. °') V. Fontanier, Voyages en
— Paris ſc62d. p. 115. 127. \ -
204 Klein-Afen. . 6. 4.
Schlr An (fo ſchreiben wir am richtigſten mit ben Orientalem??)
und Oufeley, Shayran bei Ker Porter, Sheyran bei Morier, She
heran bei Frafer und Smith, Sheran bei Brant”), Cheilan bei
Hommaire de Hell); zu dem 30 bis 40 Dörfer gehören, mit im
ganzen nur etwa 2 bis 300 Häufern, worunter 8 bis 10 griechifche,
fonft nur Türken, deren Artigfeit umb, freundliches Welen übrigens
gerühmt wird; auch hier iſt bei der Höhe ber Lage das Klima noch
fehr rauh, ver Getreivebau auf Gerfte beſchtaͤnkt, ver Winter Lang,
oft 6 Monat anhaltend, ver Schnee auf ber nörblid gegen Trape
zunt hier ſich erhebenden Kette des Gjaur Dagh oft im Yuni noch
in großen Maſſen ausgebreitet, daher die Häufer fat durchaus ım-
terirdiſch ). .
Den Hauptort biefes Diftriftes, immer nur ein unbedeutendes
Dorf von 30 Häufern (na Suter), nennen Dufeley (ver hier Die
Ruinen von zwei armeniſchen Kirchen fand, woraus auf eine grö-
Bere Bedeutung in früherer Zeit zu fließen) und anbere Reiſende
mit gleichem Namen Schiran (Scheran), fpecieller Heißt er bei Brant
und Suter Uleh-Sheran (wohl Ulu- d. i. Groß ⸗Schiran), nud
Aucher Eloy hat daraus durch Mißverſtändniß fogar Ulu- ſchehr
0. i. große Stadt) gemacht. Nur Smith nennt einen andern Na⸗
men, Einst (wohl Ajnekjdi der ruſſiſchen Karte) als Hauptort vom
Schiran; vielleiht daß damals der Sit des Aghas fih in einem
der andern, eben fo ümbebeutenven Dörfer ver Ebene befand. Ein
britteß, im öftfichen Theil der Ebene gelegenes lernte Morier®), ver
die Poftftation Schiran felbft nicht erreichen fonnte, in feinem Nacht»
quartier Karadſcha (Caraja der englifhen Schreibart) keumen,
wahrſcheinlich daſſelbe, weldes unter dem Namen Raratiäai-Föi, als
damaliger Sig des Mubir (Gouverneurs) von Scheilan im Dahr
23%) Fürtifches Verzeichniß der Sandfepafe von Karahiſſar bei Indſchidſchean.
NeusArmenien. ©. 326. In dem Orte Sainla bei Nlerander
(Travels from India to England p. 233), mitten zwiſchen Rarafulaf uud
Tarahilſſar, iR Schiran kaum wieberzuerfennen, eben fo wenig im
Gardanne’s Station Sabactalr, 7 St. von Kerlit, 21 St.
dom Karahifiar, wenn viefelbe nicht vieleicht das In der ruffüfchen
Karte angegebene benachbarte Dorf Sömfer bejelchnet. ?”) Im
Brant’s Routier, Journ. R. Geogr. Soc. Vol. VI. p.223 ſteht richtig
uleh⸗ Sheran;- im Zert S. 220 if Shirvan fo wie bei Suter,
ib. Vol.X. p.435 Sheivän, wohl durch Irrthum des euglifchen
Heransgebers gefegt. ?°) Emith a.c.D. p.31. Guter a.a. D.
\ ”) 0.0.0, p. 332.
Oberer Lauf ven Yorus. "205
1847 von Hommaire de Hell) auf, feiner Duerconte von Trape
mut nach Egin am Euphrat berührt wurde.
Ueber die weitere Wegſtrecke von 15—18 Stunden bis zur
Stadt Karahiſſar find die Berichte noch ungenügender, im Ganzen
' Meint die Gegend wenig bewohnt zu fein, Dörfer werben kaum bie
ud da angegeben und die Beobachtung ſcheint erſchwert zu fein
’ War den alle Höhen überdeckenden dichten Wald, deſſen Pracht und
duftender Blumenfhmud, ſowie die malerifhe Schönheit der Ge
bügßr und Felſenformen und der zahllofen Waſſerſtürze die Reis
fen, namentlich Morier und. Dufeley, die ihr Weg gerade im
Seumer in dieſe Gegenden führte, aber auch Porter (im Spät-
herbſt) nicht genug rühmen können. Im Winter liegt der Schnee hier
gwoaltig hoch, wie zumal Fraſer auf feiner zweiten Reife erfuhr,
no Anfang Mai fand Andjer bie Berggipfel hier jpnechebedt?”).
Der Abſturz von der Hochebene von Schiran nad) dem Thale
wm Korahiffer, über defien Höhenverhältniffe wir leider gar nichts
were erfahren, ſcheint ziemlich, ſtark zu fein; beſonders erſchien
denjenigen Reiſenden, welche, wie Fraſer, Smith und Aucher, ben
Bag von Weften her zurüdlegten, das Anſteigen auf dieſer Strede
lang und beſchwerlich; ohne viel zu irren wird man ven Unterfchied
ad. wenigftens 2000 Fuß fhägen binfen, da bie Platenus von
San und Kalkyt, in ihrer geographiſchen Stellung zwiſchen ben
, anliegenden Hochthälern von Siwas (nahe 4000), Baiburt (über
000) unb Exzerum (über 6000) wol auf eine Höhe von zwifchen
4mmd 5000 Fuß Anſpruch machen dürfen. Die hödfte Berg-
lage, 3%; Stunde von Schiran, 12%, Stunde von Karahifiar,
want Suith (a. a.O.) Fundufli-Bel (richtiger Fonbyffg-bel, d.i.
deſelnuß · Paß). Ueber dies Gebirge brauchte Dufeley*®) von Schi»
am aus 9 Stunden bis zur Wiefenebene Karabeg - iſchair, wo an
cinuu Gebirgsbache das Nachtlager aufgeſchlagen wurde; 1 Stunde
wer gelangte man dann nach dem Dorfe Karadſcha (verſchieden
, om bem nach Morier oben genannten, ein Flüßchen Kara-tſchai er⸗
wöhnt an eben biefer Stelle Porter), dann ftieg man in der Nähe
1 Dafes Alijer (fo bei Dufeleh nad) englifcher Schreibart, daher
WeCbene Alivgiah-ovah an ber betreffenden Stelle in ver Karte zu
'®) Yorage en Turquie ei en Perse. Paris 1855. Tom. I. Part. 11. p. 390.
”) Selm Jtinerar: von Karafifiar 8 Gt. nach Karabourst, 1 6t.
22 Tell, 7 Gt. mach Dulochehri IR wegen Mangels näherer
Beißreibung nicht weiter belehrend. Garbanne hat 8 Gi. vom
Karahiſſar das fleine Dorf Ziel. ?% a.a. D. p.477.
208 alein⸗Aften. . 4.
Brauts Journal, ob Aly ⸗ ſchehr ? oder Aadſcha?) mi ſich vie tatcen
Höhen mit regelmäßig ausſehenden Bergkegeln, vie nam fire kiluct⸗
lich aufgemorfene Hügel Halten konnte, bededt zeigten, weite‘ abwärts
durch Thalſchluchten, die zwiſchen immer gewaltigere nadfte Sets
maſſen führten, deren höchſte Gipfel nur mit Fichtenwald bederki
blieben (nach Fontanier3°9) ſollen die Felſen hier aus Glinmerſchicftr
und Diorit beſtehen); — einer dieſer Felſen zeigte auf feiner Höhe
Reſte von Mauerwerk, welches vie Turken genuefifc uchtren.
Funf Stunden von Karadſcha, noch 4 Stunden von Karahiffar au⸗
fernt, wurde die letzte bedeutende Höhe überſtiegen, welche ben’ Ni
men Müſſellim Dagh führt, angeblich, weil einſt ein türfffißier
Gouverneur (Müſſelim) auf einer Keife mit feiner ganzen Fette
hier in einer durch einen plöglichen Erdſturz gebilveten, jet ıit
Waſſer ausgefüllten Höhlung verſunken fein fol. Auch et⸗
wähnt dieſer Sage unter etwas anderer Form: hier fol es ein
Konig aus dem Weiten geweſen fein, ver vom Trapezunt zum Et⸗
oberung des Landes berbeiziehenb, mit feinem ganzen Heere begraben
wird —; er nennt ben Berg (Muffalim Ovedan, wie er ver Ra⸗
men ſchreibt, muß freilich auf Mißverſtaͤndniß berußen) einen Bevemtäns
den Querzug ber Hauptkette, reich an Alaungruben, außerdem et.
ttaglich durch die Pechſchwelerei ans den ungeheuren Fifhtenftähtnmen.
Der Weg den weltlichen Abhang hinunter zeigte ſich durch Mofl-
fleine And durch die Maſſe ver hervorbrechenden, und Suı
bildenden Quellen ſehr beſchwerlich, doch dafür entfchäbigte die Orof-
artigkeit ver Landſchaft, im ber ſich Felſen über Felſen, Pils abet
Pils in tauſend Zaden zerriſſen bis in die Wollenregion aufſteigeco,
bis in weite Ferne erhoben; dazwiſchen die Engthäter (noch int No⸗
vernber) vom üppigften Grün belebt, von raſchen Bächen burrdjeifk,
von herrlichen Laubwälvern eingefähloffen, und wo fie angebaut find,
üppig fruchtbar. Wontanier %) traf hier (4 Stunden vor Karahtffar)
die Ernte in vollem Gange und, was fonft bei Türten nicht Sitte
iſt, auch bie Frauen dabei im voller Thätigkeit, alle im orbirkte
Seidenſtoffe geffeivet, ein Beweis ver Wohlfeilheit dieſes Materials
in diefen. Gegenden. Auch das Einfommeln des Heues in tiefer
Gegend, das in. Armenien und Perflen völlig vernadjläffigt wied,
erfhien dem aus dem Often zurüdtehrenven Morier als ein Zeichen
beſſeret Culture. Die beiden leiten Wegſtunden vor der Gibt füh-
ven ſchon durch breitere Thalebene, bie unter der Gunſt des wärmern
=) 0.0.0. 9.130. *) a a. D. p. 130.
Oberer euif DE Lyeus. 202
Mad mir dee reichen Beinäfferung durch uhzähtige Qudhlen, dicht
* herrlichen Fruchtgaͤrten und Sommerhäuſern bebaut iſt; Trau-
Un and Vftrſiche vom ausgezeichneter Gute reiften Bier ſchon um
Ede Anguſt; ebenſo rühmt Morier die vortrefflichen Kirfchen.
Dieh Garienthal horte Porter Tamzor nennen, richtiger Tomzara,
Wet uach Indjchidſchean ·i) der Name eines Fledens, 8 St. von der
iſt, meiſt von Armeniern bewohnt, die hier 2 Kirchen und
E Mofter des h. Georg (Surp Keort) haben und viel Flachs zur
Meifuße nad) Trapezumt banen. *
Heßer den Fuß, welcher dieſes Thal von Often her durchſtrbmt,
Ü6 auf einer hölzernen Brüde überſchritten wird, find aber bie
Beächte nicht einig, Gardanne unb- Auchet Eloh nennen ihn den
keilgi (d. i. Kaltyt) ſelbſt, Smith nur einen Nebenfluß des Stro⸗
me von Niffer ®- i. des Lyeus), auch Morier, ohne einen Namen
nennen, nur einen aus N.O. kommenden Gießbach; nur Porter,
ihn als einen großen reißenden Fluß beſchreibt, giebt einen be-
Where Namen an): Dvadmifg-tfgai, wenn anbers biefe
Shlelbart Autorität Hat und nicht auf einem Mißverſtaͤndniß beruht,
Win weiterhin giebt er für denſelben Fluß, als andere Behennungen
A Deri-maund (wohl Degirmen-fu ? d. ĩ. Mühfbaffer) oder Kalfet⸗
an. Es konnte daher immerhin ver Hauptſtrom ſelbſt unter
A localen Namen fein; wenigſtens wäre fonft unerffärlich, daß
| We Ochs, det weiter weftlic immer im Siden ver großen Tofat-
Srije genannt wird, auf ver Strede von Kalfyt bis Karafiffer
FAR an feiner Stelle als paſſirt weder bei Porter, noch in den
ESetn Berichteri angegeberl wird. Ueberhaupt aber bleibt der fpe-
Me Zuſammenhang dieſes ganzen Stromſyſiems nadj den von ung
(tem Berichten und bis zu genanerer Erforſchung immier
and} dunkel, wie denn aud bei den Bewohnern ſelbſt, in Folge
ME geritigen Verkehrs mit den benachbarten Gegenden, barliber
HF onbeftimmte und zum Theil irethümfiche Auftchten, und eine
Meeite Bielnamigleit des vulgären Sprachgebrauchs zu herrfden
} Ni, daher 5. B. Suter‘) den Fluß von Karahiffar geradezu
Hilo Irak nennt, welcher Name ihm nut nad) feiner Ver»
r wi Ant vein Iris im unterften Laufe zufönimt; Fraſer ba:
Kyzyi Itmak, alfo gleichriämig dem Halys, Morier wieder
MerauSu; vaher did} die falſchen Augaben bei Düfeley und Ker
7 Ren Miiienlen, überf. von Klepett. ©. 357. Vi Georgia,
Persia eic, Vol. II. — 0”. rot
208 Klein - Aſlen. 5.4
Porter, nach welchen er mit dem Oberlauf des Termeh-fu ( Ther⸗
mobon) identiſch fein ſoll.
Die von dem ſchwarzen Felſen des Schlopberges benannte Stadt
Karabiffar, zum Unterſchied von, gleichnamigen Städten, befon-
ders von der berühmten Opium- Schwarzburg. (Afijum Kara-hiffar)
im weltlichen Klein-Afien, auch officiel Karahiffari-[hartyi
(8. i. oͤſtliche Schwarzburg) gewöhnlich aber von ven benachbarten
Alaunminen Shabyn- oder Shabb-Hana-Karahiffar (Alam
haus · Schw.) genannt, nennt die von Ewlia®*) berichtete tür
tiſche Sage als. eine von dem Helven Ferhad erbaute Feſte, eime
der zwölf des osmanifchen Reiche, die durch Allah's Macht fo ge-
baut feien, daß fie nicht. von umgebenden Bergen beherricht werben.
Die-Mauern der Citabelle, welche ein Siebeneck bilen, fein 70
Ellen hoch, mit 70 Baftionen und 700 Schießſcharten verjehen, durch
3 fefte Thore geſchloſſen und hinreichend geräumig, um bei Ueber-
fällen den Stabtbewohnern als fihere Zuflucht zu dienen, nur daß
das Waller, weldes nur in Cifternen ſich findet, bei langen Bela-
gerungen nicht außveiche. Ueber einem ber Thore fei ein colofialer
ausgeftopfter Löwe, 45 Spannen lang, mit gewaltigen Augen und
Zähnen zu ſchauen, der einſt fieben Jahre lang die Umgegenb ver»
heert babe. Sonft gebe es in ven Wälvern ver Umgegend Leopar-
ven (?), Luchſe, Schalale, Füchſe, Marder und andere Raubthiere
in folder Zahl, vaß ganze Haufen von räuberifch vom Pontus her
einfallenden Kazaken (er meint wohl Tſcherkeſſen) in ven Wäl-
dern nädtlih von ihnen aufgefreflen worben, fein. Ueber ben
Alaun fagt Ewlia, er werde in fünf« oder fechsedigen Stüden bon
der Geftalt der fogenannten Salomonsfiegel gefunden und jei vom
ven Goldſchmieden, die ihn zur Reinigung bes Silbers bedurften
ſowie von den Aerzten ſehr geſucht.
Saadſchi Chalfa*s) fügt dieſem aus andern uurtiſchen Quellen
die Notiz hinzu, daß die ſchwer zugängliche Feſte nach der Beſie-
gung des Chans der Altojunlu-Turkmanen, Uzun Haffen, zu
deſſen Gebiet fie gehörte, durch Sultan Muhammed IL Ghazi im
» Jahre 1473 erobert worben und ſeitdem von einer türfijchen Gar»
nifon befegt fei, veren Löhnung aus dem Extrage ber nahen Alaun⸗-
gruben (nach Aucher liegen fie 8 Stunden von der Stabt entfernt,
und zwar am ber nach Trapezunt führenden Strafe, alfo im
®*) Erliya Efendi, Narrative. vVol.il. p. 205 f. *) Giban 'Nama od.
Norberg. I. p. 624.
Oberer Lauf des Lyeus; Rarahiffer. 208
RD.) beſtritten werde. Von ben borligen Armeniern weiß
Iurfhibfcpenm‘%), daß fle 400 Familien zählen und zwei Kixchen
&t. Stephan umd heil. Gottesgebärerin (Burp Asduadzadzin) ger
mut, befigen, währenn ein ebenfalls bier reſidirender griechiſcher
biſchof nur eine Meine Gemeinde hat. Seine antiquarifche Angabe
der Soentität mit ber alten Ricopolis, worin er zufällig mit des
ghrten Engländers Cramer‘) Auficht übereiuftimmt, wird frei»
56 durch) Bord’ Infehriftentvestung zu Enderes wiberlegt.
Die emeopäifchen Beobachter fanden das einft fo fele Schloß
in Ruinen, doch in einer, wie es ſchien, umeinnehmbaren Lage, ven
in ſenkrechten ſchwarzen Felſenmaſſen abftürgenven Berg im Norben
er Etabt und des Fluſſes febwend. Ker Porter) wurde dadurch
m die Lage bes Eoinburgher Schloffes, das freilich Yan Halb fo
hech liege, erinnert; über dem Thore jah wenigſtens Garbanne ben "
and font in mittelafterlichen Donumenten dieſer Gegend nicht fel-
men boppellöpfigen Adler eingehauen ftatt des wahrſcheinlich fabel-
haften Löinen bei Ewlia. Die eigentliche Stadt bededt den flacheren
filihen Abhang des Schlofberges gegen den Fluß hin in zerftreuten
— zwifchen Obſtgaͤrten liegender ziemlich wohlgebauter Lehm-
nad) Porter's, Ouſeley's und Suter's Bericht,
ea Smith) im Jahre 1830 fie einen armfeligen ſchmithi ⸗
gen Ort nennt. Nach ven verſchiedenen Erkundigungen, bie letzt⸗
geasmnter Reifenbe über bie Eimwohnerzahl eiszog, follte bie eigent»
ie Stabt 1000 von Türken und 550 von Armeniern (nad) andern
gabe umgefehrt), überbieß 30 von Griechen bemohnte Hänfer, bie
weiter abgebante, bis auf eine Stunde entfernte Borftabt aber
(vieleicht if Hiermit das dben erwähnte Tomzara gemeint?) 500 '
umenifche und nur 70 türkiſche, ober nad) andern vielmehr 50 grie
fe Häufer Haben, wonach bie Gefammtbevölferung fi auf '
1112000 Seelen (zur größeren Hälfte Chriften), die der eigente
hen Stadt auf hochſtend 89000 Seelen berechnen Iaffen würde,
weit auch Gardanne's Angabe (1817) von 2200 Hänfern über
anfimmt. Auch bezweifslte Fontanier, dem 1826 bie Seelenzahl
@f 20000 angegeben wurde, dieſe Angabe als viel zu hoch, ſelbſt
\ rit Einreuung der mäcften Umgebung. Audererſeits muß Ker
*) Rens Armenien, überf. v. Klepert. p- 326. +7) Ceogrephical and
historial a of Asia Minor. Oxford 1832. Vol. II. p. 151.
*%) a.0.D. p. 688. — Morier p. 3. Ouseley p. 479 und Abbil:
dung. Plate LARVIL. *") a.a.D. p. 50.
Ries Cutande xviu O
210 atein ⸗ Afien. 8.4.
Vorter's Schätung zu um 400 Hänfern (alſo etwa 2000 Serien)
wohl auf einem Irrthum beruhen. In neuerer Beit ſcheint, wenn
Brant’s und Suter’8 Angaben’) ans ven Jahren 183538 von
300 Häufern, worumter 500 armenifche und 50 griehifhe, genau
fi, eher wiever eine Zumahme ver Bevbllerung erfolgt zu fein.
Bon öffentlichen Gebäuden werben nur zwei Moſcheen mit Minaren
und jwei Bäder genamut; bie Bazare fand Suter weitläufig ange
legt und gut verfehen mit ven Hanptartifein des Handels viefer
Gegend: einheimifden groben Baumwollenzeugen, ſyriſchen Wollen-
ſtoffen, auch engliſchen Stoffen und Kurzwaaren; überdieß verbraucht
vie hieſige Iuduſtrie eine ſtarke Einfuhr von engliſchem Twiſt zum
Beben und von rohen Calicos zum Färben und Bedrucken; die
Hauptbewegung des Hanbels geht nad; dem näcftgelegenen Hafen
orte des Pontus, dem etwa 20 Stunden entfernten Kirefün, auf
einer Straße, die bisher noch fein Europäer erforfht hat, fo daß
wir über bie nähere Beſchaffenheit ber vie nörbliche Waſſerſcheide
gegen die Küfe bildenden Gebirge vorläufig noch im Dunleln bleiben.
Ans dem fehr kurzen und inhaltarmen Bericht des im Datre
1826 hier flüchtig durcheilenden Pieutenants Alexandersi), ver ven
Ramen der Stabt fehr entfteltt Kellahifſar ſchreibt (vor der Ver⸗
wehfelmg mit Kulehiffar aber ſchützen bie Angabe ver Entfermun-
gen), möge das eine intereffante Factum hier noch angeführt werben,
daß der Reiſende bier viele Kinder mit hellblonden Haaren er-
blidte. Zwar nicht eim folcher fpecieller Zug ber Körperbildung,
wohl aber bie allgemeine Körperjchönheit beider Geſchlechtet, — denn
auch die Frauen gehen hier auf dem Lande, fern von ſonſtiger
ortentaliſcher Burädgezogenheit, faft durchaus unverfchleiert, — um
beſonders ver ofime, männlid; kühne Ausdruck in den Geſichtern sum
des ganzen Geltung ber Männer war im ber ganzen bis hier durch⸗
wenberten Strede auch ſchon vem forgfältigen Beobachter Onfeley 52)
aufgefallen. ö
4 B. Fontanier's und H. Suter’ Querroute von
Rarabiffar darch das fünlihe Nebenthal der Atſchac
Dwa über Enderes zum obern Halys (nad Siwas) 52),
*%) Journ. of the R. Geogr. Soc. of London. Vol. VI. p.220. Vol. X.
p-436. °') James Edward Alezander, Travels from India to Eng-
land. London 1827. 9.23. °*) 0.0.0. p.481. 484.
s3) Victor Fontanier, Voyages en Orient. Paris 1829. p.137”—140.
Heary Suter, Viceconsal at Trehisond, Notes, Jourual of the R. Geogr.
Soc. of London 1841. Vol. X. p. 436437.
.
Das Nebenthal Akſchat Owa am Halys. 211
und E. Bors’s Route von Siwas aufwärts zum obern
Lyen s.
Die von Karahiſſar ſich ſüdweſtlich abzweige
Siwas, welche im ihrer öſtlichen Hälfte noch vın
des Meus führt, und daher am paſſendſten hier be
wuft 1826 von dem franzöfifchen Reifenden Fon
werben, ber inbefien darüber wenig Details mitth
führte ihn drei Stunden weit durch Melonengärt
Veh Fluffes, wo derſelbe ſchon zwiſchen gelbliche D
tritt und von Fels zu Fels eine Zugbrüde hinül
wihrend man im Sommer den nur feihten Flu
delſen zu durchfuhrten pflegt. Dann wurde noch ‚
das ſüdliche Ufer verfolgt und emblic über fichtenbedeckte Berge,
deren Felswände der Reiſende für Porenäentalt mit Serpentin
un Grünſtein abwehjelnd erflärt, das ſchöne, im ver Ebene gele-
gme Dorf Andras, 12 Stunden von Karahiſſar, erreicht.
Einen etwas verfchievenen Weg flug Suter ein; von Kara⸗
hiſar zunächft S. W. längs nadter Hügel wurde erft nad) 2 Stunden
das Flußthal, bier Dumanly Dere (d. i. Nebelthal) genannt,
wit, und der etwa 40 Schritt breite Fluß (ohne Zweifel kein
aber als der Lycus; irrig hält ihn Suter für ven Jeſchil a
mal von Zolat, den alten Iris) im feichter Fuhrt durchſetzt. Dann
ging es in berjelben Hauptrichtung ein aus S. W. kommendes Ne
beithal aufwärts, und mit nur 6 Stunden von Karahiffer (9%, gab
feier Oardanne an, fo wie 10 St. von Anderes nad) Kulehiſſar)
wurde Enderes (Unbras bei Fontanier) erreicht. Dieſer von 50 tür-
Kiden und 150 armenifhen Familien bewohnte große und ſchöne
Det liegt nach Suter am Sübrande der 8 Stunden weit von O.
u W. fi) ausbehnenden Ebene Aſchkar Owaſſh, auf fanfter
Anhöhe, au der Dründung einer Felsſchlucht, aus ver ein Bergſtrom
berabraufcht. Es ift die Reſidenz eines Müteſſellim, deſſen Bezirk
die Ebene und die umliegenden Höhen mit ungefähr Hundert großen
ud wohlgebauten Dörfern umfaßt, die mit ihrem Getreideüberfluß
den Markt von Karahiſſar verfehen (den Anbau und die forgfältige
Benäfferung ver Aprifofenbäume, die vorzüglich ſchöne Früchte Kies
fern, bemerkte hier ſchon Garbanne). Die Bewohner find zum
geiften Theil Armenier, die nad Sontanier in ver Nähe auch
cn Zofter haben, ein kräftiges, arbeitfames und die Unabhängigkeit
(ebenbes Geſchlecht, veifen Jugend nad} der Ernte, den Savoyarben
Delich, die Heimath zu verlaflen, in ven großen Stäbten, befonders
22
2123 Klein-Afen. sa
in der Hauptftabt ven Winter zuzubringen, und ben bort al Trh-
‚ger, Hanblanger over Handwerker erfparten Verdienſt in die Heimath
zurüdzubringen pflegt, daher allgemein hier ziemlicher Wohlftand
und ven Türken gegenüber weniger. Unterwürfigfeit als anberwärts
herrſcht. Diefe ſeltne Erſcheinung einer gemüthlichen und ziemlich abge«
fonderten, für fid glücllich beſtehenden Armenier-Colonie, Iomnte
nur einem beſondern günfſtigen Umſtande ihre Eutſtehung verdanken.
Bir glauben fie in dem beſondern Schutze zu finden, den einſt ihr
Protector, der unternehmende Juſſuf Paſcha, derſelben zur Zeit
der Napoleoniſchen Periode angedeihen ließ, wie wir aus Jauberts
Aufenthalte im Lager des Paſcha zu Enderes ganz zufällig erfahren.
Damals hatte dieſer Paſcha von Armenien, der, wie es ſcheint
im Einverflänbuißg mit den Neufranken, feinen Beiſtaud zu ben
Kriegsplänen Napoleons gegen die Engländer in Indien barbot,
fein Hauptquartier an die Weſtgrenze feines Paſchalyts nah En-
deres verlegt, um von ba feine Herrſchaft zu erweitern. Hier traf
ihn Napoleons geheimer Gefhäftsträger Jaubert (1806)*), von
dem wir die erfte Nadricht über biefe Ebene umd ihre damalige '
Bewohner erhalten. Ex fagt, die Plaine von Enpres fei vol
Dörfer, vie der Pafcha ſehr unterftügte, weil fie vom driftfichen
Armeniern bewohnt waren, bie ihr Land gut bebauten. &8 war
volle Sicherheit im Lande; ihre Kirchen konnten Tag und Nacht
offen ftehen bleiben, fie ftanden im großer Achtung, obwol ihr Im-
neres nur ärmlic war. Die Priefter hielten im vollen Ornat darin
ihten Oottesbienft vor Sonnenaufgang, bie Armenier traten une
barfuß in fie ein; vie Weiber gingen ohne Schleier. Die armeni-
ſchen Bauern, in ihrer patriarhalif—hen Einfalt und guten häus-
lichen Bucht, hatten fih Achtung verſchafft und ihre Kaufleute galten
für klug und redlich im Handel, und waren daher die Financiers
ver Paſchas. Die zahlreiche Bevöllerung bes Träftigen Volks ver
Armenier konnte damals für die Projecte des nad; Iubien begierig
hiuſtarrenden Eroberers allerdings wol als ein wichtiger Moment
für ihn im den Euphratefifchen Gebieten erſcheinen.
Wie lange dieſe fpecielle Gunſt der Ebene Alfchehr zu Theil ger
worben, ift uns unbelannt geblieben, aber ihren Gewinn ſcheint fie
noch bis zur Zeit von Suter's und Bore’s Beſuche erhalten zu
3%) £, Jaubert, Voyage en Armenie et en Perse 1806. Paris 1821.
p- 100-108.
Das Nebenthal, die Ebene von Enveres. 248
Wien, bie vom ben Bewohnern biefes einſamen Thalgebtetes mit
kefenberer Befriebigung ſprachen, als fie beide in demſelben Jahre
(1838) hier durchzogen.
Mit viefen Angaben ftilmmt auch ber armenifche Geograph
Meran), der als Curioſum noch ben wunderlichen Kopfput ber
amenifchen Weiber: eine mit Glasperlen umwundene hohe zuder-
hatformige hölzerne Müte, anführt. Er bezeichnet ven von Suter
gerandıten Namen der Ebene als eine Corruption aus Alichar-
der noch genauer Alſchehr ⸗Owa (Weißftadt-Ebene), wir als frü-
heren Hauptort eine einftige Stabt Akſchehrabad, welche noch in
rmenifchen Hiftorifchen Berichten bes 15. Jahrhunderts erwähnt wurde,
aber jegt nur noch in Ruinen eriftire, während ber bedeutende Flecken
Audrias Andras bei Fontanier, Enderes bei Suter) an ihre
Stelle getreien ſei; im ihrer Umgebung anbere armeniſche Dörfer:
Izbojer, Mihagnog, Krtanog, Arghawie, Purk,
Aghwanis, vom denen uns einige ſchen bei Tavernier und Tour⸗
fort (vgl. ©. 198. 195) begegnet find. Indſchidſchean's Angabe,
deh der Fluß der Ebene von Oſten nad; Weſten und an Kidjlä
Hiffar vorbei fliege, weift ihn ſchon klar als einen Nebenfluß des
®ycus aus, den wir als bei biefem Orte vorbeiftießend weiterhin
Tamm lernen werben. Ausdrücklich aber wird bies beftätigt durch
Bors’$ Angaben, die wir mın erft verftehen Fönnen, während fie
ehee die Grundlage des Suterfhen Berichtes feine genügende Loca-
Äfireng erlauben wilrben.
‚Der frangöftiche Reifende*®) flug den umgelehrten Weg vom
Siwas thalanfwärts em, und berührte, wie wir oben (5.108. 109)
geiehen haben, nachdem er ven obern Halys verlaffen, auf feiner
‚ Begwanberumg durch bie Kurdenjaila's zu Haibeſche auch die am
gie Quelle des Iris oder Tozanly-fu (des Fluffes vom
Telat und Amaſia). Ein bis zwei Tagereiſen weiter (foniel ſich
@8 feinen höchſt vagen Angaben entziffern läßt) gelangte er, nach
leberſteigung gewaltiger Gebirgsmaflen, zu ber 6 Stunden Iangen,
1% Stunden breiten Ebene von Akſcheher, benannt nad) bem im
Michen Theile liegenden Hauptort, unb darin zu dem halb von
Uhrten, halb von Armeniern bewohnten Dorfe Andreffe (Andrias
Indſchidſcheau, Reu-Armenien. p. 327. ®*) E, Bore, Corresp.
et Men. etc. 1.c. I. p. 366; vergl. Ch. Texier, Doseription de ’Asie
Ainenre fie p- Ordre du Gom. 18334857. Paris fl. 1830.
Vol... 9.48.
214 alein⸗Afien. SA.
Bei Neſchtoſchean, Enderes bei Suter), und ganz "nahe babei
zum ganz armenifchen Dorf Pirk (Purk bei Iudſchidſchean) mit
zerſtörter Ummauerung und einzelnen Reften von Thürmen, am
einem ſchwachen Flügen, vem Framat ⸗Su gelegen, ver fi noch
mit zwei flärkeren Zuflüfien Argavıs (vom Dorfe Arghawis bei
Inbſchidſchean) und Beſch Oluk vereint, die mit ihm gegen Nord
4 Stunden weit zu einem größern weſtwärts fließenden Strome,
dem Lycus over Kara fu durch ein tiefes Thal binabfliegen; Doch
babe dieſer große und reißende Rarafu feinen Urfprung erft
4 Tagereifen weiter gegen ven Often in ben Bergen Arme
niens. Da Bord, des Armenifcen mächtig mit ben Einwohnern
ven habe, bie bier ihren Tod gefunden; au Nicotimia hieße
fie (2) am dem Feſte zu Ehren ihrer Märtyrer, das alljährlich ge
feiert werbe. Der große Umfang ber einfigen Berfehangumg biefes
Ortes zeigte feine frühere Beveutung; bie zerflörten Mauern reichten
bis on ben Berg und bie häufigen Marmorblöde, Münzen
um anderes, was ſich darauf vorfand, eine praihtvofle Säule
toscanifcer Orduung umb ſelbſt eime in ber Küche des
hers eingemauerte Infchrift, mit dem Namen Nicopolis (v7
Raunpo(tarm) Bovin xaı zwi (xga)rıorwı dmmı Adgarng
Nıxoroktwg, Bors p. 368) geben Zeugniß, daß hier die früher
xeifelhaft gebliebene Lage?7) ver einfligen Feſte dieſes Namens an
der Örenze von Armenia minor zu fuchen if.
Appian fagt uns, daß ber Sieger dieſe Stabt in Kleinarmte-
nien grünbele (Appian. de Bell. Mithridat. 248. 251 ed. Amstel.
3670. 8. p. 403.415); Procopius (de Aedific. II. 4.258), daß
Inftinian fowol Sebaftia (Siwas) wie Nicopolis, beives ar»
wenifce Stäbte, die ſchon im Verfall gerathen waren, gegen bie
Einfälle ver Perfer, neu aufbaute und befeftigte, mit Lirchen
umb Klöftern verſah und zu Conftantinus Porphyrog. (De
Thematibus I p. 31. 15 et de Administrat. Imp. Cap. 45. p. 205
ed. Bonn.) Zeiten lag fie noch in ver Mitte der Provinz Armenia
Minor, die fi von Neocäfaren (Nilfar) über Nicopolis big
Tephrile (Divrigi) ausbehnte, und war damals nod eine Feftung,
ꝰ) J. A. Cramer, Asia Minor Lc. Il. p. 150.
Das Nebenthal mit der alten Ricopolis; Pjurkh. 215
die ihren eignen Commandanten hatte. Ihre Anlage fcheint, ben
Zerainverhältnifien nad, durch die niedere Waſſerſcheide zwiſchen
dem Halys und Lycus beſtimmt geweſen zu fein, ſtrategiſch
die Eingangspäſſe zu beiden Stromthälern aus dem Weſten
vom Halys nach Armenien zum Euphrat zu beherrſchen.
Dieſe Lage wird durch die Schilderung der Stellung von Nicopolis
om Eingang der Päſſe nach Klein- Armenien im Kriege Iulins
Eifar’s gegen Pharnafes und vem von biefem durch Lift erruugenen
Sieg über Domitius beftätigt (Hirtius de Bello Alexandr. c. 86).
Die Umgebung der Lage durch viele tiefe Steomthäler und Gebirgs-
ſchluchten gab dem verhältnißmäßig bequemen Längenpaffe bei
Ricopofis aus dem Halysthal in das Lycusthal einen beſondern
Werth für firategiiche Zwede, daher auch das Itinerarium Antonini
wieberholt feine Routier8 von ben verſchiedenſten Seiten über Nico-
volis anfzählt. Nah Bafilius) war Nicopolis mit dem bes
aachbarten Colonia am Lycus zu einem Bisthum verbunden.
Erſt noch 4 Tagemärfche (vom veren Inhalt er uns kein
Bort mittheilt!) weiter oſtwärts konnte Bord ben wahren
Quellarm des Lycus erreichen, den er wenigſtens für ken
teihten hielt. Nämlich im obern Thale von Kyzyl Seninfche,
4 Stunden von einem türkiſchen ſtarkbevöllerten Orte, Meliki
Scherif, der zuvor Erzez over Anurgia geheißen haben follte(?),
ford er Reſie eines Forts und eines Marmortempels, und
unter der Treppe im Haufe bes Beis eine Granitfäule, darauf
ber Rame Imp. Vespasiamıs Caes. vorlam (wie es ſcheint eine
Begefänle). Hier erfuhr er auch, daß nod 8 Stunden weiter in
NO. ver erſte Zufluß zum Lycus bei dem Dorfe Kerkid (Kalte
wer Kellid der Karten und des Indſchidſchean) fein follte, und daß
die gewöhnliche Straße 12 Stunden nördlicher als die feinige Liege®9);
die Saramane fei ihr nur daruni früher gefolgt, weil man auf ver
von ihm begangenen etwas fühlicher Igufenden Route, durch bie
zänberifchen Kurden des Stammes Riſchwan zu häufigen Ge
jahren ver Plünberung ausgefegt gewejen fei, deren Raubbanven -
Wien aber erft in neuerer Zeit buch Hafiz Paſcha in Diarbekir
wrädgefchreddt worden, ver verſchiedene ihrer Stämme zu Zucht und
Aufiedlung gebracht Habe.
3 Brit. 227 Sei aa zu. Hierocles —— p 708.
>?) Bone c. L 9.37
216 Hein-Afen. sa
Dies bie wenigen fragmentarifchen Notizen, bie ber Teichtfinmeige
Franzoſe über vie interefiante Wanderung durch ein bis dahin vollig
unbelomates Gebiet mitzutheilen ſich begnügt hat. Eben fo arm am
Thatſachen bleibt das feine Route und, überhaupt den oben Lycus-
‚lauf von N. nad) ©. durchſchneidende Rontier feines Lanbömannes
. Hommaire de Hell®), ver im September 1847 vou Scheilan
(Säiran, vgl. S. 204) über Zadik-kjdi mad Jenidſche, buch
enge Felsthäler und mächtige Fichtenwaͤlder mit rauſchenden Bächen
(varumter der angeblich nad) dem Pontus zufließende Tihat-Suju,
falſch Souron geſchrieben, e8 müßte alſo ein füblicher Lycus- oder
öftlicher Halyszufluß fein), dann über die Dörfhen Kard (Kuxb?)
und Kadi⸗kjbi den Euphrat bei Pahartaſch (Paſchtaſch?) ober-
halb Egin erreichte,
5. Der mittlere Lauf bes Lycus von Karahiffar
bis Nilfar (Neocaesares), nad) ven oben ©. 1%) genaun-
ten Beobahtern (außer Fontanier und Suter) und
Eonful Brant (1835)°%).
Das ganze längs des Lycus noch zu durchwandernde Stufen-
land, gehört nach Brant zu ben wenigft verheerten und immer noch
wohlhabendſten Theilen Klein-Afiens, da es außerhalb bes
Bereich der Wanderungen nomabifcher Kurden liegt, welche fich
füplicher, auf den centralen Hochebenen gegen Welten zu ziehen pfle-
gen. Karahiffer if für die aus Hocharmenien Tommenven ein
Theilungspuult der Straßen: ven von hier fübweftlih über die &e-
birgsſcheide der Halys · Quellen nach Siwas führenden Weg haben
wir jo eben durchwandert, die Hauptſtraße dagegen über Nilfar nach
Tolat behält die weftliche Richtung im Thale des Lyeus ober bes
Kalkytfluſſes (fo nennt ihn hier Oufeley und Porter, Karafu noch
immer Morier, Kyzyl Irmak Fraſer) und zwar auf feinem rechten
“ober nörblichen Ufer bei. Der erfte Theil des Weges von ver Stabt an
(5 Stunden weit nah €. Smith) führt noch im offneren Thale
fort; nach 2, Stunden unter einem ruinengekrönten Felsberge wor»
bei, auf welchem mach der Sage die alte Stabt vor ber Erbauung
des jegigen Karahiſſar gelegen haben fol, dann mit 4 Stunden zum
Dörfpen Arpadſchyker); dann aber beginnt ein. enges Felſenthal
«) Voyage en Turquie et en Perse. Paris 1853. Vol, II. p. 397.
+) J. Brant, Journey through a part of Asia Minor, Journal of the
R. Geogr. Soc. VoL VI. p. 220. *) Dufeley a. a. D. p. 480.
Auch Aucher Hat Arpaghri, wie er ungenau fhreibt, 7 St. von
Karahlſſar, davon 5 St. über Waldhügel, 2 St. bis A. im Biupthale.
Mittler‘ Lauf des Lycus; Kule⸗Hiſſar. 217
vom allerwilbeften Charalter, mit chaotiſch durcheinander geworfenen
gewaltigen Gebirgemaſſen (Trappgebirge nennt fie Fraſer) 8),
darch welches ber hier oft weniger als 40 Fuß breite tofende Steom
fih einen Ausgang gezwängt hat, und veflen Wänbe mehrmals auf
deu ſchlupfrigſten tind beſchwerlichſten Bidzadpfaen überfiegen wer -·
ben müffen; unter ihnen zeichnet ſich beſonders durch ſchwindelude
Hehe die von Ker Porter unter dem Namen Damongaya (richtiger
Damandtaja, d. i. Nebelfels, vgl. ©. 211), erwähnte Felsphramide ans.
Im diefem Engthal, eine Stunde vom Eingang beflelben bei Arpadſchyk
(ach Oufeley, 3 Stunden diesfeit Kulehiſſar nach Morier) fiel bei--
den Reifenben jenfeit des Fluſſes auf ver Sübfeite ein Gebänbe auf, -
welches als Babehaus über eine heiße ftinfende, Quelle (alfo ein
Sthwefelwaſſer) erbaut fein ſollte. Erſt mad einer Länge von
7 Stunden (nach Ouſeley, Morier, Smith, 6 St. nach Anden),
oder 12 Stunden von Karahiſſar, Bffnet ſich biefes Defils wieder
in eine breitere Thalebene und biefen Ausgang beherrſcht, in äh
licher Lage wie bie genannte Stabt, das Dorf und Kaflell Kule-
Hiffer, wie der Name nach der Vulgärausſprache vom ben meiften
Reifenven gefchrieben wird &%), richtiger jedoch, nicht, wie Smith an-
gt Gotlu Hiffar (d. i. himmliſches Schloß), fondern nach Ind⸗
jadchean ) Kidilä-Hiffer, welches -Bauernſchloß · bedenten
wirde, felbft aber wieder nur aus dem urſprünglichen Namen Ko⸗
janla⸗-Hiſſar (Schaf⸗Schloß; wol aber zunächſt benannt von dem
Beinamen des im Mittelalter bier herrſchenden Turkmanenſtam ·
ms UK ojuniu vdom weißen Schafen) verberbt fein foll, daher
de wohl nur auf ſcheinbarer Aehnlichleit der Namen beruhende
MPentification dieſes Ortes mit der alten von Pompejus erbauten
Enlonia in Pontus durch d Anville wenigftens Höchft zweifelhaft
Der Ort, ven Sulten Muhammen II. auf feinem Zug gegen
ven griechiſchen Kaifer von Trapezunt 1459 ber osmanifchen
derrſchaft unterworfen Hatte, mar früher bebentenber; feit«
dem jedoch das auf ber beherrſchenden ſeukrechten Beljenfpige gele-
gene alte Schloß mit feinen vielen theils vieredigen, theils achtedigen
Upürmen wegen des Unabhängigfeitsfinnes der Bewohner, bie darin
dem Juſfuf Paſcha von Tarabuzum ſelbſt Trog boten, vom biefem
) Winter Journey p. 216. **) Gouleyshiffar bei Gardanue, Kus
leg<h. bei Morier_p. 338. Koylash. bei Ker Porter p. 692. Kulls
Pe bei Dnfelen, p- 480. —X bei Smith p. 40. Kooli⸗
Hiflar bei Benfer. "and.
2318 Klein · Aſten. $. 4.
— wenige Jahre vor Morier's Befuch — zerſtört wurde, mır ein
geringes, in Obfigärten voll herrlicher Quellen ganz begrabenes
Dorf mit Chan an ber Brüde bes Fluſſes, dem Gardanne 60,
Ker Borter fogar nur 85 Häufer (darunter 5 armeniſche), Surith
alſo wol mir durch Irrthum 4500 Hänfer, giebt. Beſonders
gebeißen bier herrliche Lirſchen (türk. Kires), und Sauerkirſchen oder
Weich ſeln (Fifchneh), bie Morier hier Ende Juli in voller Reife
fand, obwol auch Hier ver Schnee oft die Hälfte Des Jahres über
liegen ſoll.
Unterhalb des Dorfes eva ',—Y, Stunde entfernt bemerkte
Dufeley ein zweites Felslaſtell, Kara-Kala'a (Schwarzſchloß) oder
Kalaa·aſchagha (unteres Schloß), genannt unb ein drittes folle -
augeblich auf dem eine Stunde entfernten, ſcheinbar unerfteiglichen
Gipfel des „nadten Bergesu (Kuſei Dagh) fih finden. Alle dieſe
Burgbauten, nicht weniger wie bie bereits erwähnten zu Karahiſſar
und Baiburt, und die Schlöffer zu Nikfar, Tolat u. a. werben vom
ver Bollsfage ver türkiihen Einwohner ven Genuefern zugeichrie-
ben und bamit das Anbenken an bie einf auch in dieſen Gegenben
ausgebreitete Macht ver berühmten Handelsrepublik bewahrt. Hir
ſtoriſchen Grund hat jeboh, wie ſchon die häufige Wiederlehr des -
jelben Ausdruds erwarten läßt, jene Sage durchaus nicht, ſondern
bezeichnet bloß ven Charakter der Bauart, inbem die Türken
alle nach Art ver europäiſchen Ritterburgen aus unregelmäßigen
Steinen mit vielem Mörtel aufgeführten mittelalterlihen Bauten,
mögen fie einheimiſchen, byzantiniſchen oder fränkiſchen Urfprungs
fein, mit dem Worte bfchenewis (gennefifch) zu bezeichnen pflegen,
während wenigfiens gelehrte Türken im Gegenjag dazu bie leicht zu
unterſcheidenden Quaderbauten als eski⸗ruͤmi (alt-römijch) oder
jaunani (ioniſch, d. i. griedhifch) benennen?%). Die Lage ver meis
Ren jener Burgen, auf Unhöhen, welhe große, ſchon im Alterthum
gebrauchte Berbindungsftraßen beherrſchen, läßt dagegen vernuthen,
daß ihre urfprünglice Gründung in weit frühere Zeiten gehört,
und daß ber fharffinnige und gelehrte Oufeley 67) wol Recht haben
mag, wenn ex in ihnen eingelne jener zahlveihen Mithridates⸗
Beften fieht, von denen mande zum Schu des neu umterworfenen -
Gebirgslandes von Pompejus nen befeftigt wurden, und beren Her»
ſtellung nad langem Verfall in feindlicher Zeit dann wieber bie
**) Dat Sivest® mänbiger Mitielung ans defen zeföltger Gr
fahrung in Rleinafen. *) Travels Vol, IL p 5)
Mittler Lauf des yons; Myzplofha-Biran. 249
falupe Wösmerherckgaft unter Zuſtinian beichäftigte, aus welcher
Zeit uns Procep's ausführlicher Bericht ®) manche ver Einzelne
men — doch ohne genaue Localaugabe — erhalten hat.
Bei Kulehiffar verläßt die Straße ven Flaß, der jedoch in
fin Bindungen durch enge Felsſpalten immer nahe zur . Seite
Bleibt, und erfteigt in nordweſtlicher Richtung in beſchwerlichen Zid-
yedegen ven Iangen Wöhang (2, Stunden gebrandite Smith in
umgelehrter Richtung abwärts) einen ber hochſten Bergrücken, welcher
eine auferorbentlich umfaſſende Ausficht über jenes Meer von Berg
tipieln uud Wäldern bietet; Einer Dagh nemit ihn Oufeley ®).
Diefe Höhe ſcheint es zu fein, welche Brant ”0) als die bedentendſte
pwiſchen Nikſar umd Sulehiffer auf über 6000 Fuß ſchätzt. Auf
ver Höhe führt ver Weg ſtundenweit ziemlich eben, mit geringer
Gentung nach Weiten, öfters durch angebaute Felder, eudlich ftärder
etwärtE durch Wälder von koloſſalen Fichten, durchſchnitten von
Biefonthälern (das unterfte enge und lauge Hauptthal menut hier Smith:
Baghurfat-Dereffi, d. i. Eingeweide-Thal) überhaupt durch eine
harliche parlartige Scenerie voll der fhönften Eichen, Buchen, Blatanen,
Rußbäumen hinaus in bie fruchtbare doch immer noch hochgelegene
Dalebene des Diſtrilta Is lex Su (fo bei Ouſeley und Morier,
Secoſſar bei Porter, Eslee Soor bei Fraſer)?), 12—13 Stunden
(sur 9 nach Smith) ven Kulehiſſar. Drei Stunden vorher hatte“
Merier hoch an der Geite des füblichen Bergabhanges ein großes
Dei, Kyzyld ſcha-⸗Wiran (d. i. röthliche Ruine, ex ſchreibt Kizil
**) Procop. de Aedife. III. 4. 7. *) 0.0.0. p.48. Gbenfo den
daran folgenden Wald nod eine ganze Tagereife nad; Wellen zn
Giver-Urman (sptiger Ormen, d. i. Wald), beides wol faum ein
vichtiger Name, fondern ein Mißverfländnig, da jenes Wort im Tür:
fifgen „Immerfort“ bedeutet. Der eigentliche Name fheini Melad-
Daghtary zu fein, wenigflen teift die Cage, die Judſchldſcheau
diefem Gebirge anweiſt, im Norden der Ebene atſcheht⸗ Owa. hier
aufammen mit dem wol verſchriebenen Namen ver nur in Gardanue's
Stinerar genannten Station Melem, 2 Stunden weſitch von Kjöilü:
Hifar; und da jener Name wol iventifdh if mis dem des nahen
vontifchen Küßenfluffes Melet-Irmak (dem Melanthius der Alten)
fo könnte, was die Gonfigaration des Gebirhöfuftems.fehr wohl er:
laubt, die Duelle diefes diuffes, den Hamilton (I. p. 267) "einen
bedeutenden Fluß nennt, in jenem Melad:Dagh liegen, fo daß
bie Straße eben hier die Waſſerſcheide die Lycus und Pontus
Bräbet ; ein ein Bingergig für Tante, Önfnfger, ”°) Journ.
R. Geogr. Soc. Vol. VI. p. 220. P.482. Nor. p.340.
Kar Porter Il. p. 698. Fraser, Trav, 2 —X p- 352. Winter
Journey p. 212.
200 Alcin-Aen. 44
Iaveran) 72) bemerkt; bei’ Aeterfu ſelbſt, dem Hauptorte des gleich
namigen Diſtrikts, zeigte ſich nach Duſelen wieder ein auf iſolirter
Felshöhe gelegenes Caſtell, das ein Werk der Gjaurs (Chriſten)
ober fpeciell der Genueſen ſein follte; am Fuße des Berges ſollten
fich übelriechenbe (wohl ſchwefelige) warme Quellen finden. Das
Flußchen, welches in ver Mitte der Thalſenkung, eine halbe Stunde
weſtlich vom Dorfe Islerfu gegen Süben dem Lycus zueilt, bildete
zu Morier'3 Zeit die Weftgrenze des Paſchalyls von Erzerum gegen
das Paſchalyk des Tſchapan ⸗Oghlu von Iyzgat. Bon Kupfer- und
Bleiminen in der Umgegend hörte Fraſer hier erzählen. Die ganze
Thalebene zeigt ſich twohlangebaut mit zahlreichen Dörfern, deren
Hänfer meift aus Banmftämmen reinlich, und oft zielich, mit Sau-
Ienftellungen an der Borerfeite erbaut, und mit überhängenden fla«
den Dächern verfehen find 7); auch die gute innere Einrichtung
md die Freundlichkeit der tärkifhen Bewohner wird von Smith”*)
gerühmt. So das große fhöne Dorf Kutani, 3—A Stunden von
ler, wo Ouſeley iibernachtete (Kötaly bei Smith, der auch ein
griechiſches Dorf von 30 Hänfern in ver Nähe angiebt), und das
nahe "dabei Tiegende Ermeniki (b. i. vdas armeniſche⸗, wol bas
Armari Ker Porters und Irmankdi in Gardanne's Rontier 16%, a.
von Aulehiffer und 12 St. von Nikſar).
Ienfeits des gedachten Thales werben nun bie Bergformen eut ⸗
ſchieden fanfter und bereiten auf ven Uebergang zum unteren Stufen-
lande vor; noch find die Höhen meift unbewaldet, aber fhon zum
Theile angebaut, meift üppiges Weiveland, felten mit ganz nadten
Gipfeln. Ende April fand hier Aucher noch alles ſchneebededt, An-
fang Juni Smith nur noch einzelne Gipfel. Das Dorf Alma
nennt nur Porter, ein andres eine Stunde weiter ober 3 St. von
Ermenlü gelegenes nennt verfelbe Bafhi Chiflik, Oufeley Bos-
chiflik, Aucher Bech⸗Tſchiftlik (ſprich: Beſch- VTjchiftlik, d. i.
die 5 Meiereien, wenn es nicht, der meiſt genaueren Sqreibart
des engliſchen Gelehrten mehr entſprechend Boz⸗Tſch., d. i. die
3") Wohl das Kizilgram in Aucher's Routier 14 Stunden von
Nikfar und 4 Stunden von Ofan, lebteres, welches dann wieder
6 Stunden von Kulehiffar entfernt fein foll, fommt auch bei
Alerander unter dem Namen Afun, mitten ueifien Nilfar und
Karahiffar, 18 St. von jedem, vor. Diefe Namen, ohne nähere
Details, werben nur erwähnt, weil in fo wenig erforfchten Gegens
bem jeder Ortsname einen Bingerzeig zur Anfnfpfaug neuer te
ſachen für fpätere Reifende abgeben fann. *) © die Abbildung
bei Onfeley. ) a. a. O. p 48.
Mittler Lauf: des Lyeus; Mffar, Neocaeſarea. 321
grane, ober gar Baſch⸗ Tſch. d. i. Die obere Meierei heißen fe).
Dann aber folgt nad) weiteren 2 Stunden ver lange Abſtieg über bie
bewalbeten Bergrüden; wie bedeutend biefer fein muß, ſcheint fich
ans dem beträchtlichen Unterſchied in ven ‚Zeitangaben ber Entfer-
umg zu ergeben, je nachdem die Reife von O. nach W. abwärts
gemacht wurde, wie von Morier mit 7, von Onfeley und Fraſer
wit 8 Stunben von Iölerfu nach Nikſar, — oder aber aufwärts
von W. nad) D., wozu von Nikſar am Gardanne bis Irmankdi 12,
dreſer bis Ielerfu 12, Smith bis Rotaly 19, Auder bis Aipil-
wiran 14 Stunden gebrauchte; danach ſcheint es allervings, daß
a6 Thal von Ialerfu beträchtlich über dem tiefeingefchnittenen und
ben deswegen wahrſcheinlich in dieſer Gegend ſchwer zugänglichen
und von der Straße umgangenen Lyensbette liegt, gewiß auch noch
Höher als bie weit üßlicher, aber im Cpalt bes Hauptthals jet
gelegenen Thaͤler von Karahiſſar und Kulehiffar.. Nun aber, vie
besten 34 Stunden vor Nikfar, tritt ver fi fteil hinabſenlende
Beg wieder in die Mitte ver herrlichſten, von Oufeley und Smith
anf ihrer Sommerreife in den glühenbften Farben geſchilderten Laub-
gewälbe, durchſchuitten von den lieblichſten bachdurchrauſchten Wier
ſmaten voll duftender Blumenteppiche, zwiſchen denen Gruppen
nierlicher Sommerhäufer an ven Berghängen, umgeben von Pflan-
gungen des herrlichſten Obftes eine reizende immer wechſelnde Land ·
Khaft bildeten unb die Nähe eines größeren Culturmittelpunktes
vertündeten: denn als folder darf filr das untere Lycusthal Ritfar
an noch in feinem jegigen verfallenen Zuſtande gelten.
Diele alte Neocaefaren Ionnte, wie ſchon ihr Name auzeigt,
von den Geographen bes Begiuns ver Kaiferzeit, Strabon, noch
richt genaunt Werben; zuerft erwähnen fie Solinus c. 47 und Pli«
xins VI. 3. als eine Stabt des Pontus am Lycns, ber hier Cap⸗
Yabecien von Klein Armenien ſcheide; dann Ptolemäus V. 6. als
em Stadt des Pontus Polemoniacns, ebenfo der gelehrte Sclave
Raifer Trajaus, Phlegon von Zralles7s) und zu Valens Zeit (im
Iohre 368) Ammianus Marcellinns XXVII. 13. 9 als notissima
wbs Ponti Polemoniaci, die einem flüchtigen Prinzen als anftän-
iger Aufenthaltsort angewiefen werben konnte. Im den chriſtlichen
dehrhunderten wirb fie auf Münzen und in officiellen Docamen-
tm?) als Metropolis genannt; zugleich Bifchofsfig, ift fie in ber
"*) Bei Steph. Byzaat, », v. Neoxasaägeıe. Hieroclis Synecdemus
ed. Wesseling, 9.702. Notit, Diguit. ed. E. Böcking I. p 149.
22 ein · ißen. 8. 4.
irchengeſchichte darch das im Jahre 14 hier gehaltene Concil ber
lannt, noch mehr als Heimath des gejeierten Gregorins Thau⸗
matnrgo8?7”), der daher auch bei ven Kirchenvätern ber Pentifche
Gregorius heißt. Nad) Paulus Diacomıs (Hist. Misc. XI) uud
Theodorus Lector (bei Photins) wurde Neocaeſarea unter Kaiſer
Anuaſtaſtus gleichzeitig mit der ſyriſchen Antiodie (f. CExbl.
XVII. 2. ©. 1156) durch ein furchtberes Erbbeben jerfldrt. Ian
14. Zahrhundert ermähnt fie Hamdullah Kazwini wegen ihrer
Höchft emträglichen Obfigärten, als deren vorgägficifies Probuit
der armeniſche Geograph?®) eben jo wie Morier die BG
lich geoßen und fügen Kirſchen, Smith aud Birnen, Geigen, Gr⸗
naten u. ſ. w. rühmt,
Evliya Efendi ”) nennt im 11. Jahrhundert (tm J. 1088),
Rigiffer die Refidenz der Familie Damſcheid, die frühere Kirche fei
in eine Moſchee umgewanbelt, zu feiner Zeit habe bie Stabt 2700
Häufer, und ein warmes Schwefeibad, das im Juli häufig sen
Kronen befugt werde. Man zihle 70- Schul, 7 Mößer, viele
Mühlen und Schöpfräver und 500 Kaufläden im Orte, wo es fehr
viele Schuſter gebe. Unter ven bortigen Gartenfrüdten ſeien die
Granaten am berühmteften, welde vie Größe eines Maunstopfes
erreichen und bis zu 1 Dfa an Gewicht haben.
Bon ben neueren Reiſenden, welche die Stadt beſucht haben,
bemerkte Gatbaune vorzüglich den Reis-, Del- und Seidenben in
‚er Umgegenb, die beitifchen Reifenden®) bie für ben aus Armessien
kommenden, au die wiebrigen Häufer mit flachen Dädern gewöhnten
Reifenden auffallende Bauart, ver fat 34 Stod hohen, und bie
auf das unterfte, die Ställe enthaltenbe fleinerne Stockwerk gazız
aus Holz ober wenigftens aus Fachwerk aufgeführten, vft mit —
tilen gezierten mit Ziegeln gebeten Häͤufer ver weitlaͤufigen, viele
Gärten einſchließenden Stadt, von ber eine ſteinerne Brüde auf ber
großen Tolat- Strafe jädlich über den Lycus führt. dire Impuftrie
beſchränlt fi auf einige Eifenwaaren, die Zahl der Häufer geb
man Garbanne 1807 zu 1100, Brant 1885 zu 1000, Smith im
Dahre 1880 nur zu 800 am, darunter 120 armeniſche and 60 grie-
qhiſche, vom denen 40 griechifche eine eigene Vorſtadt bilden. Auf eisen:
Berſpruug der Berge im Norden der Stadt, ans deren Mitte zjpei
m Vita Greg. Th. p. 537. Socrates IV. 27. Sozomenus VII. 27.
19, Siöiferan @.D. p.295. ’) Exliya Efendi, Narrat.
B. p 102. *%) Morier 9.42. Kor Porter 9.300. Onseley
Fr Fraser, witter 209. Alstander I. c.p. 235.
. Mittler Lauf des Lycus; Nikſar, Neocaeſarea. 228
Bache dem Lycus zweilen, liegt vie weitläufige Citadelle mit faxen
Mauern und Thärmen in faracenifhem Styl erbaut; in verfelben
befinden ſich (nad Smith)®!) auch die Bazare, und barüber erhebt ,
fich auf einem höheren Berguorfprunge eim zweites, aber zexflörtes
Schloß, nach Brant’s Meinung eben fo gut wie bie umtere Stabt-
maner ein römiſches Bauwerk. Auch Hamilton®) ver in dem
wtern Caſtell Bauten der verichievenften Beiten, größtentheils aber
modern türkifche erblickte, wie denn aud) in die Grundmauern viele
Duaberftäde, zuweilen mit Imfchriften, von älteren Gebäuben ver-
mauert fid, zeigten, bemerft auf vem Gipfel des Schloßberges eine
mise Ruine mit drei Bogen, und in ber Nähe Reſte einer
Bafferleitung, die einft das Caſtell mit Wafler verforgte und noch
jest, an ben zerflärten Stellen durch hölzerne Röhren ausgeflidt,
benagt wird. In der Stabt felbft zeigten mehrere Mofcheen noch
Reſte geſchmackvollerer ſaraceniſcher Arditectur. Ueber die Lage
der Stadt felbft giebt dieſer neuefte gründliche Beobachter noch die
Auskunft, daß fie auf dem durch die Giehbäde ans ven nörblichen
Bergen vorgefhobenen Gerölle von Trapp und andern plutouiſchen
Gefleinen erhaut ift, welches hier eine Erhöhung in ver flachen und
teilmeife fumpfigen, daher ftarf mit Mais und Reis bebauten Thal
bene bilde, deren einfliger Zuſtand als Geebeden ſich noch deutlich
wahrnehmen lafie. Bei jeinem vorhergehenden Beſuche der Kuſte
giebt derſelbe den norböftlich von Nikſar gelegenen Hafen von Fatfa
(das alte Phatifane neben ver Königsftadt Polemonium au ber -
Mündung des Ylufies Sivenus) als bie jegt im gewöhnlichen
Gebrauch befindliche Scala von Nikfar an; die Straße zwiſchen
beiven Orten durch dichtes Walbgebirge fol 10 Stunden lang
fen®); womit des auf General Bolotoffs Karte eingetragene Rou-
tier des ruſſiſchen Capitäus Lwoff, des erften ven wir hier als
Erforſcher kennen und dem ganz kürzlich fein Landemann P. v.
Tſqh icha tſcheff gefolgt iſt, nahe übereinſtimmt. Dieſer ziemlich
aufjallende Gang des Verlehrs erhält einiges Licht aus älterem
hiſteriſchen Zuſammenhang, wenn wir hören, daß Pythodoris,
Wittwe des legten Königs von Pontus, Polemon, des Grünvers
von Polemenium, ihre Refidenz von da nad Kabira, Iris und
Scas verlegte, welches Mannert®) wol mit guten Gründen für
®) 0.0.D. p.46. 9) W.3. Hamilton, Researches etc, Vol.l. p. 346.
*) W. Hamilton Researches. Vol. I. P.270. *) Sg. 'd. Gr.
u. Röm. Bd. VI. Ih.2. p. 473. .
224 Hein -Afien. .4
identiſch mit dem fpäteren Neocaefaren erflätt hat, wie bem
diefe Stadt and) Hauptſtadt des Pontus Polemoniacus als rimis
fer Provinz blieb, ſowie fpäterhin wieder Polemonium als Bir
ſchoffitz der Eparchie von Neocaefaren genannt wirb.
6. Die unterfie Stufe des Lycus-Thales bis zu
feiner Bereinigung mit dem Iris in der Ebene Phana-
roea (jest Taſchowa) nah W. Hamilton's Wanderung
von Suniſa über Boghaz-Hiſſar-Kaleh, Horek und
Kütſchüt Kowera nah Nikſar, 4. und 5. Auguſt 1836°%).
Der treffliche Beobachter, den wir oben (ſ. S. 189) auf ſeiner
Wanderung‘ 6i8 Suniſa begleitet haben, fand hier nichts von ben
Ruinen, wovon man ihm erzählt hatte und ſetzte daher feinen eg
oſtwarts zum Zufammenfluß ber beiden Ströme fort, durch vie
Ebene, über ver ſich nörblich eine Klippenmauer von vermwitternbem
Trachyt erhebt, rechts die Verlängerung ver Berge, welche ven Säb-
vand bes Sepetlü-Thales bilden. Im nievern Marfchboden, zur
echten Hand, hinunter wucherte die wilde Rebe und umranfte
die Mnotigen Glieder der Weivenbäume, Tamarisfen und Agnıs
Eaftus; auf trodneren Lanbftrichen waren wilde Birnbäume anf
gefäffen. j
Hier war man alfo in die Ebene Phanaroea's eingetre⸗
ten, von der Strabo fagte, daß fie ven beften Theil des Bontie
ſchen Landes einnehme, reih an Del und gutem Wein fe
(&uıögporog dorı xul evoıwog, XU. 556). Aber gegenwärtig made
fen hier Yeine Oliven mehr, weder wild noch cultivirt, und auf einer
hochliegenden Bergftufe, von ber wir jedoch leider gar feine Hbhen ⸗
mefjung erhalten haben, bie wir auf anberthalb 100 Fuß niedriger
als Amafta, alfo etwa auf 1000 Fuß abfolute Höhe geſchätzt haben,
war e8 ſchwerlich zu erwarten, daß bei eintretender Winterlälte hier
die Olivencultur hätte vorzugsweiſe gedeihen Tönnen.
Die weite vorliegende Ebene, melde damals (1887) dem
Dere Ben, Hadſchi Oglır, einem ver alten einheimiſchen Landesherru
von Mel, ver im Horek reſidirte, gehörte, warb gewöhnlid
Taſch Owa genannt, obgleich dieß nur einer der vier Cantone
iR, in welche die Ebene zerfällt: nämlich in Horek, Taſch Owa,
- Sonnifa und Caraioka, die in Inbfcivfcheans®) Verzeichniß der
Aemter (Kadylyls) des Paſchalyks Siwas mit richtigerer Schreibart
?%) W. Hamilton Researches. Vol.I. p. 284. 348. *) Neu⸗Armenlen
pP: 284.
Unterer Lauf des yes; Phanaroen. W
U Sumifa, Ira, Taſchabad und Karajala anfgeflühet werden.
Die ganze Ebene im Verein beider Ströme war von der Hühe bei”
Samiſa gut zu überfehen, und zeigte nirgends Gruppen von Ruinen
früherer Städte, wie Eupatoria ober Magnopolis, die hier
kei den Alten angegeben werben; auch konuten bie Eingeborenen
fine nennen als die von Boghaz Hiffar Kaleh, welche fih
über nicht eimmal als ſolche bemährten.
Da es bisher an guter Orientirung in biefer Cyan gefehlt
kette, fo waren die Diftanzangaben willlommen, die Hamilton
von feinem umfichtigen Wirthe in Sumnifa erhielt, und zum Karten«
eutwurf benutzen konnte, zu dem fie gut ftimmten. Leider hinberte
ijn der trübe Himmel, zur genaueren Beftimmung felbft eine Gon-
uahöhe zu nehmen. Die Diftanzangaben waren aber,.von Sunniſa
an gerechnet, nad; allen umliegenden Orten folgenve: nach Amafia
12 Stunden; nad Nikfar gegen Oft 12; nah Horek 4; nach
Tolat 14; nad Samfun gegen N. 24; nad Tſcheharſchem⸗
beh 18; nach Taſch Owa 4 Stunden.
Beim Hinabſteigen zum Ufer des Iris war es erſt nach mühe
ſamem Suchen möglich, eine Stelle zum Durchreiten duch den Ging
oberhalb des Zuſammenfluſſes mit dem Lycus zu finden; Bam
mußte auch des Lyeus burchfegt werben, der von ©:D. kam, um
im vereinigten, aber verengten Thale beider zum Boghaz Hiffar -
Laleh hinaufzufteigen. Dies geſchah auch; das Kalch, oder Ea-
el, liegt auf einem feften, ifolixten Berge in der Mitte des Thales,
a welchem ein fteiler Weg hinaufführt; es konnte von feinem hohen
Ülter fein. Unterhalb des Vereins beider Flüſſe zeigten Hefte von
Pfeilern die Lage einer alten Brüde, die am Eingange des Paffes
ebant war, umb hier möchte man, nad Strabo's Angabe, einige
Ruinen von Eupatoria over Magnopolis erwarten, bie dort
ebant waren. Seine Beichreibung ber Landſchaft fand Hamilton '
ſcht correct, aber er fah feine Trümmer mehr; nur auf der Weg
rede, die er etwas abwärts des Stromes verfolgte, und melde
über dem Steome hängt, zeigten fi) an vielen Stellen die Spuren
tines aus dein Felſen gehauenen Kunſtweges. Strabo (XII. 566)
fügte: An der Bereinigung beiver Fluſſe ift eine Stadt erbaut,
melde der erſte Gründer, Mithridates Eupator,.nad ſich Eu-
"patoria nannte; Pompejus aber, ber fie nur halbvollenvet
"erfand, gab ihr Bewohner und Land, und nannte fie Magno-
olis Sie liegt mitten im einer Ebene. An der Bergfeite des
"Jargabres ſelbſt, Jagt er, liege, jeod 150 Stadien füpficher (etwa
Bitter Cutunde xviu. ®
EZ Klein Afen. $.4.
“7 Stunden) von Moguspolis, vie Sabira (Kußeıgn), vie Lü-
migsrefideng bed Mithridates, mit ihren Waflermühlen und
nXhiergärten in ber Nähe ver Jagden mb Bergwerle. Daſelbn
aliege auch das fo genannte Eänon Chorion. Das neue
Sqhloß fei eine Feſte auf fleilen Felſen, nicht volle 200 Ste
dies (8 Stunden) fern von Eabira, auf deſſen Gipfel eine anf
wwallende Quelle, am Fuße ein Fluß und eine Bergſchlucht befinblig,
fo daß dies Schloß wegen feiner Höhe ſelbſt umeinnehmbar fe.
Ee if trefflih von Mauern umgeben, aufer wo biefe von ben
«Bimern eingerifien wurden. Die ganze Umgebung ift fo vos
Waldung bebeiit, fo bergig und waſſerarm, daß man nicht in ber
«Mähe lageru kann, als nur erſt 120 Stabien (6 Stunden) extfant
wbom bo, In biefer Feſte bewahrte Mithridates feine größten
Neſtbarkeiten auf, die, von Pompejus geraubt unb dem Jupiter
geweiht, im Tempel des Capitoliums aufbewahrt find.
„Diefes ganze Gebiet bet, führt Strabo fort, Vothe-
"boriß, bie aud bie Zelitis und Megalopolitis beherrfcht. Cabire
maber, welches Pompejus zur Stabt machte und Diospolis
smanute, hat fie weiter ausgebaut und zu Ehren ihres Beichügens,
auch Auguſtus, Sebafte (Zeßaorj) genannt, fe auch zu Ihrer
mRefinenz gentacht. Hier mar ein Heiligihum des Men in einem
myas Stadt gehörigen Fleclen, zu dem ein großts Tempelgebiet ge
ebbrte, mit Hierobulen und Oberprieftern, eben fo heilig, wie
Va⸗ zu Gomanc. Da bei dieſem Tempel wurden im Lande die
wbeiligfien Eide von ven Königen geſchworen. —
And; Mannon??”) nennt Enpatoria als Feſie, welche Lucas
belagerte, durch Lift einnahm und fie daun zerflörte. Da von allen
viefen Localitäten ſich feine Monumente und Iufcriptionen erhalten
Saken, aud bas Sand vielleidit noch nicht allfeitig genngfam erforfät
iR, um’ zu entſchiedener ErHärung biefer Stelle zu fommen, and
vie Ramenweränderungen manche Unficherheit zurüdiafien, jo tanzten
verſchiadene Meimungen®®) über dieſe Tocalitäten entftehen, zumel
de der hier liegende Hauptort, Nilfar, ver ſchon von Ptole⸗
maus und Plinius Neocaefaren genannt wurde, von Strabo
ger nicht erwähnt wird, weil er unftreitig erſt in fpäterer Kaiſer ⸗
087) Fongmenta Hlistoricor. graecor. ed. Carol, Müllerus. Paris. 4, 1849.
uU. 2500. 40) Banner, 0 dr. u.8. v1. 3.6 47;
. 4. ', Mei IL. p. ;_u® er, Haudbach a...
Di. 6.7. dee
. Iris⸗ und Lyeus· Vereia; Magnopolis. 337
it audere zu Strabo's Zeiten gebräͤuchliche Namen verbsängt hat,
ver Pythodoriſche Name Sebafte und Sebaftopolis aber auch
auf benachbarte Ortſchaften wie Gaziura am Iris und Sivas am
Halys übertragen war. Die Cabira Diospolis, welche nad
Strabo auch den Ehrennamen Sebafte hatte, hielt Mannert
dafür, werbe, um mit andern gleichnamigen Stäbten nicht verwechfelt
ja werben, zur Unterſcheidung ben Geſchlechtanamen Caeſarea ange
nommen haben, und zur Unterſcheidung von andern Schwefterftänten
dieſes Namens die Neue Caeſarea genannt worden fein. Hieraus
afläre fi dann, va Kabira und Neocaefarea einerlei Orte
fein, bie fonderbare Erfcheinung, daß da, wo alle Nachricht von
jener abreiße, biefe anfange, wie dies ſchon bei Plinius und Ptole-
mãus fo bald nach Strabo ver Fall fei, genannt zu werben.
Bors®), der von Amaſia am Oftufer des Iris in bie von ihm
Tafhowar (Taf) Oma) genannte Ebene am Verein vom Iris
and Lycus eingetreten war, kounte nur wenig mehr ans alten
Zeiten auffinden; er belegt die Burg Boghaz Hiſſar Kalch mit den
Romen Jeni Scheher Kaleffi (Feftung ver Neuen Stabt). ‚Ueber
fette Wieſen und zwiſchen Weizenfelvern in ver durchzogenen Ebene
eneichte er nad) einer Stunde die Querlette, welche dem Iris nur
einen engen Durchbruch geftattet, wo bie Reſte ver Römerbrüde zu
dem alten Gaftell führten. Jenſeit diefer Telsenge, des Boghaz,
eröffnete ſich ein weites, jchönes Baſſin voll hoher Grajungen, von
Cicaden durchſchwirrt, das er den Anfang der Plaine von Mag-
nopolis nennt; jegt ohne Dorſſchaften, nur von Nomaden bes
wohnt, die aber, um biefe Zeit (Ende Juni) ſchon auf ihre Gebirgs-
weiren mit ihren Heerben in bie Jailas gezogen waren. Der Boden
xigte bei einem paar Hütten, Iolatf han Tſchiftlik genannt, die
hfte Fruchtbarleit. Der Weg nad) Kavak führte, wol auf frür
herr Römerftrafie, an einem Meilenjtein mit Infcription vorüber,
Beim Dorje Kavak(Ravac bei Bors ift Drudiehler), wo ein türkiſcher
Sawctus verehrt wird, wo 3 Quellen hervorfprubeln und ein Haufen
alter, weißer Marmorblöde liegt, ſchien ver Ueberrefteiner alten Stadt .
iu liegen, vie an der Weſtſeite im Winkel des Zufammenlaufes beider
Füffe erbaut war, wo auch die Brüdenpfeiler von 5 maffiv erbauten
Bogen ſtehen blieben, deren jeder 30 Fuß in Spannung zeigte, ein
Kömerbau. Die ganze Brüde mußte wol eine Breite vom
0 Fuß haben. Alles übrige Ing in Trümmern, und nur türkiſche
#) E. Bore, Cortesp. et Mem, I. p. 316—321.
2
u alein⸗iten. 6.4.
Grabſteine bedeckten hie und da den Schuttboden. Ein Caſtell
zeigte fich in günftiger Lage gegen Weſt. Der Strom war hier zur
Bedeutung gelangt, auch fegt er von bier feinen Lauf direct gegen
Norden fort. Er umfliegt im Halbkreis dann, in eine yelswand
tief eingebettet, ven Schloßberg, bem auf ver anbern Seite ge
genüber- ein wilver Bergſtrom aus einer Felsſchlucht wie aus einen
dunklen Grabe hervorſtürzt. Vor 10 Yahren fah es hier anders
aus, ein Erdbeben hatte große Zerftörungen angerichtet, und nur
7 Erphütten hatten ſich am Aufßenrande des Caftells wieder ange „
baut, das nun Jeni Scheher Kaleffi (Neuftadt-Burg) genau
wurde. Bord will, darin noch Erinnerungen aus Pompejus
‚ Zeiten gefunben haben, obwol feine Infcripfionen zu finden woren
und die aufgefegten Matıern alle aus byzantiniſcher umb titrkiſchet
Periode herrührten. Diefe Feſte, fagt er, lag 12 Stunden fern von
Amaſia. Ueber ven Heinen Ort Erek (bei Bord, Horek bei Ha-
milton), wo armenifche Töpfereien und Ziegeleien, ging e#4
zuerſt 3 Stunden bſtlich durch die Ebene, dann mit ‚fübtiher Bar
dung den Bergen zu nach dem Dorfe Buhama, wo ein paar grie
chiſche und lateiniſche Infchriften, 1 Stunde weiter zum Dorfe Labit,
mo ein paar ſchlechte byzantiniſche Sculpturen gefunden wurden,
weiter über einen hohen bewaldeten Bergrüden, ven Bore al vie
fübfiche Waldgrenze gegen bie holzarmen inneren Plateaus bezeichnet,
mit 2 Stunden zum Dorfe Eftin, endlich mit noch 3 Stunden in
die von Nikfar kommende Straße, die von hier noch 3%, St. weite
über Ziaret und Comana nad) Tofat (f. oben ©. 116) verfolgt wurde.
Hamilton, ber von ben Brückenreſten am Fris ˖ wieder zum
Lyeus zurüdfehrte, und deſſen Furth kreuzte, fette feine Wande⸗
zung gegen S.S.D. 4%, Stunden weit fort, bis zur Kaſſaba von
Horek, um fi dahinwärts nad; Ruinen zur Beftimmung antiter
Localitäten umzufehen?®), die er aber nicht fanb, fonbern nur am
Ufer des Fluſſes und aus ben dortigen Sämpfen einige Pelilane
aus ihrer Ruhe aufſcheuchte. — Aus der großen Berfchievenartigfeit
der Abftufungen des Bodens in ver Ebene, bie ſich gegen Sid in
Abfügen erhebt, wurbe es vem Wanderer ſehr wahrſcheinlich, daß
fowol Iris wie Lyeus in früheren Zeiten durch andre Betten
als in ben heutigen ihren Lauf genommen haben mußten, und daß
ver Verein beider in früherer Zeit weiter gegen ven Süden lag
als Heutzutage. Dadurch würde fi bie Bloßlegung und große
\
3°°) W. Hamilton, Researches 1. c. I. p. 343.
Oſtgrenze der Ebene von Nikfar. 28
Berlafienheit des nörblichen Theiles ver Ebene in ven legten Jahr
hunderten und das völlige Verſchwundenſein aller Spuren ver Stabt
Eupatoria erflären. Zahlreiche Kiesbetten und Sandſtreden zeigten
fih im horizontaler Lage von N. und N.D. als Grenzen ver Ebene
her; es find bie Schuttmaffen, die von ben benachbarten Anhöhen,
headgeführt und den Mündungen ber größeren Thäler gegenüber
ds geſonderte Hügelreihen- abgelagert wurden. Der Gefammtüber-
blid führte zu der Uebergeugung, daß die ganze horizontale
Ebene, noch heute von hohen Bergen umgeben, einft von einem
großen Ser bedect war, ehe biefer feinen Durchbruch durch ven
Egpaß unter Boghaz Hiffer Kaleh zur untern Küſtenſtufe von
Tiheharfepembeh gewinnen konnte. Die Türken jelbft haben dieſe
Sage von einem See, der hier einft von großen Schiffen befahren
worden fei. Bon Horek (Srak), das gutes Aderlanb hat, ſette
Hamilton am 5. Auguft feine Wanderung 2 Stünbchen weiter oſt⸗
wärts über die Ebene fort, in welcher auch viel Tabak gebaut wir,
mb erreichte die natürliche Oftgrenze ber alten Phanaroea, da man
einen felfigen Bergrügen hinauffteigen mußte, weldjer bie öftlihere
Ebene Nilſars von der weftlicher gelegenen tiefern Ebene ſcheidet,
darch welchen Felspaß ber Lycus ſich feinen Weg erringen mußte,
& fließt oberhalb deſſelben im ſich ſchlaͤngelndem Laufe zwifchen flei-
Im, bewalbeten Ufern hin, bie mit Fichten und Eichenwald bevedt,
wie mit Arbutus, Andrachne, Kornellirſche und andern ſchönen
Strauchgewãchſen geſchmückt ſind. Der Weg führte mehrere Miles -
in O. gen ſüdlicher Richtung längs des ſüdlichen Flußufers auf
‚ mens ſchmalen Pfade hin, ver in bie überhängenben Felſen einger
heuen war. Die Höhen beſtanden vorzüglich aus Kalkftein, doch
| mgten am mehreren Stellen auch Trapp» und plutonifche Zellen
auypor, bie wahrſcheinliche Urfache ver Emporhebung und Abgerifien-
keit des Bergrüdens, welcher die Bergverzweigungen bes Barkabres.
in RO. auf ber rechten Geite des Lycus mit den Bergzügen ber
linlen Uferfeite vefjelben verbinden mochte (vem Kemer Dagh), bie
weiter weſtwaͤrts bis Amafla ftreihen (mo der Ferhad Dagh, wel
Sthrus und Ophlimus der Alten), ‘und ben Iris nöthigten, ber
weiter weftwärts gehenben Biegung zu folgen, ehe biefer Fluß um-
techalb Amaſia wieder oftwärts zum ‚Berein mit dem Lycue
feinen Durchbruch finben Tonnte.
Hamilton verließ nach 2, Stunden Weges: von Horek das
Bett des Lycusfluſſes, wo diefer durch eine fteile, abſchüſſige Schlucht
frömt, um vie Kalkſteinhügel feiner linlen Uferſeite zu erſteigen,
280 . Klein-Afien. $.4.
deren verſchobene Schichtung fehr deutlich zu fehen war. Er über
ſchritt eine Weihe von Hilgeln und tiefen, zum Theil bewalveten
Schluchten, bis ihm das Dorf Kütſchük (d. i. Mein) Kowera zur
Binfen lag, während ſich zur Rechten ein Hügel mit den Nrrimen
eines viel’größern Dorfes erhob. Hier ſuchte Hamilton am ber
nad) Strabo's Angabe dazu geeignetften Stelle Spuren ver alten
Eabira aufzufinden, aber vergeblich; mir der Name des Dorfes
Rowera überrafchte ihn, als eine nicht unwahrſcheinliche moberne
Berſtümmelung des alten Cabira (Kußeıgu). -Bielleiht, daß es
einem nachfolgenden Wanderer body noch glüden bikrfte, das Eigen
thümliche der antifen Localität einmal in ver Umgebung ansflubig
zu machen.
Nach einer Meinen Stunde ftieg Hamilton in bie Ebene von
Nikſar hinab, und überſchritt gleich darauf bie hohe fteinerne, ohne
Bruſtwehr, von Türken aber mit antifen eingermmrerten- Werfftäden
aufgebaute Brüde über ven Lyeus, von beren einem Marmorblode
anch Inſchriften von ihm copirt wurden, bie, wie fih ans ber Form
der Buchftaben ergab, im ber Zeit nach ber Eroberung ber Römer
eingegraben waren. Bon ber Brüde wurde die Ebene gegen SD.
nach Nilfar Hin an bem rechten Ufer des Lycus entlang durch-
ſchritten; in halber Stunde Entfernung von beffen Ufer an der anfe
fleigenden Vergfette, an welcher bie Stabt emporgebaut ift, bezeichnet
die Cultur auf ihren Abbachungen deutlich bie Ausdehnung der ein
figen Säfwafferablagerung und des von den Bergen herabgeftärzten
Geröfles, welches alle Einbuchtungen der Thäler erfüllte. Die
Zürlen, in ihren fabelhaften Uebertreibungen, wollten ſogar auf dem
benachbarten Bergrüden noch die eifernen Ringe in ven Felswän⸗
den sorgefimben haben, an welche bie Seeſchiffe gebunden wurden
zur Zeit des höhern Wafferftanbes, wo and Zulkarnein Tem
Sawarzen Meer mit feinem Woltenhimmel (dem Bontus) feinen
Durchbruch im Eanal von Stambul ımd der Straße von Gallipoli
zum Beifen Meere, dem ägäiſchen Meere mit dem heiten
Himmel, gegraben habe. Schon Hadſchi Chalfa) giebt Biefe
Sage, der er noch Hinzufügt, daß man diefe ungeheuern Ringe an
ehnigen Stellen in ven Felſen der Djanikberge vorfinde, mo auch
einige Säulen und Menſchenfiguren in Stein gehauen feien; eine
noch näher zu erforſchende Localität, deren Notiz Otter, mahr-
* 3°") Gihan Numa bei N. Norberg I.c. Il. p. 411; Otter, Voy. en Turquie etc.
"Maris 1748. H. 330, 344. f ”
Das Caenon Gorion des Mithrivates. 281
Meintid) als ihm zu abfrrb erfeheinenb, nur unwellftäubig wie» . .
wgehen bat.
Ueber die Rage des Mithridatiſchen Eaenon Chorion, bes
Reuen Schloſſes, fonmten vie Bewohner von Nikſat leinen ge
men Aufſchluß geben. Hamilton”) hatte früher näher am ver
vertifchen Küfte, weil Strabo die Lage am bem Parvadreaberge
angiebt, im Lande ber alten Chalyber, nahe Ünich (Oenos) ei
ſelche werimthet, jevod auf eime ſalſche Schreibart yes Namens
Deuse etymologiſch geftüßt, da in ber Tab. Peuting. irrig ·Coeae ·
Rott des richtigen Denos fteht, das heutige Unieh; alſo om
hümeichende Gründe. Hier, in Nilfar, nannte ihm fein Wirth
auf der. Straße von Niffar, an 14 Stunden fern nad Sivas, einen
werhwürdig hohen ſenkrechten Felſen, den Iyloyz Taf, d. i.
Sternenfels, ver faſt umzugängli, von veffen Gipfel ein Bad
berime, und an deſſen Fuß ein Fluß vorüberſtröme, was ihm’ der
Beſchreibung Strabo’8 befier filr jene Ortslage zu entſprychen fchien.
Bad Mudſaudſchean ) Hat diefen Iyldyz Dagh, ven die Arme
ner Asdjeghig Ljarn, ven Sternberg, nennen, 6 Stunden von Stwns
entfernt ſiegend, auf ümliche Weile als einm fharfipigigen Haken
Belsberg mit Sommerweiden beſchrieben, doch ohue Alterthumer
befeluft zu erwhnen. Selbſt ber angegebenen Entfernung nad,
meint Hamilten, fimmt ex mit Cabira überein, wilrde aber, wie ſich
a8 v. Binde'S Mufnahıne deffelhen Sul Tafd) ergiebt, weht
30 Gtabien von Nifar entfernt liegen, fonbern 800, alſo viel
femer als Strabo's Angabe. Daher vie Localifrung biefer wech
pe ——— u Tel De
Fler und Agrienktur reihen Ebene volllommen beherrſcheud.
Der Wang zur Ebene, die ver Fluß in zwei Arme gegen S. W.
dechſtrht, ift ganz mit wohlbemäfierten Gärten bededt; wird der
Grm vurchſetzt, der bequem zu durchreiten war, fo breiten ſich
W. 3. Hamilton, Ressarches 1. «. I. p. 274 u. 348; vergl. Riepenie
Moten in der Ueberſ. ©. 508 u. 510 zu © 258 n. 323 der Ueberf.
9) Garfiifären 0.0.0. 6.208. *) Chr. Gelarian, Node
Orbis Antig, Vol, H. p. 332.
ww . alein · aften. 64
am füblichen Tinten Ufer veffelben ftundenweit im der ſumpfigen
Ebene viele Reisfelder aus, vie guten Ertrag geben, aber bie
Luft ungefund machen und Fieber erzeugen. Bei ver Kornernte
* war bier die Dreſchſchlei fe, mit Rufen und ſcharfen Feuerſteinen
gerichtet, in Gebraudy, wie fie auch in anbern Theilen des Orients
(of. XV. 2. S. 1699), zumal in Syrien und auch aus Years
41, 15 befamt ift.
Bon Nikfar nahm Hamilton?) feinen Südweg über den Kemer
Dagh und Gümenet (Comana) nad; Tokat, das and Stuben
erreichte (f. oben ©. 117).
Erläuterung 2.
Der untere Lauf des Jeſchil Irmak ober Iris, auch
. Ticheharfchembeh- Su.
W. Hamilton%) war e auffallend, baß der kleinere, offenber
minder waſſerreiche Fluß als der Flug von Nifar, nämlich ver
Fluß von Amaſia, den Namen Iris beibehielt bei ven Alten, wie
bei ben Neuern ven bes Jeſchil Irmal, da doch der Meus, ober
ver heutige Germilü tſchai, ihm als ber bedeuten dere Haupt
ſtrom des ganzen Syſtems erſchien, der allerdings auch aus viel
weiterer üftlicher armeniſcher Ferne herbeiftrömt, als jener. Nur
dies alte Herlommen bat un veranlagt, ben antifen Namen bes
ganzen Syſtems in ver Bebeutung "des Jrisſyſtems in unfrer Dar-
legung beizubehalten. .
Der Durhbrud des Iris unterhalb ber Engkluft der jer-
flörten Brüdenpfeiler und bes Boghaz Hilfar Kaleh if om
keinem Wanderer beſucht, von feinem Geographen alter oder neuer
Zeit befchrieben; er iſt auf ver Karte nur hypothetiſch eingetragen,
und bie ganze Thalſtrecke ift eine Terra incognita geblieben. Sie
mag llippig, unbeſchiffbar, ſchwer zugängig fein; wir wiffen gar
nichts davon zu fagen, als daß hier bie’ Kette des Paryadres,
wie Strabo noch ben Querzug bei Niffar nannte, ſammt der
weiter nordwaͤrts vorgelagerten pontiſcher Querkette, dem Mafon
Dagh, die wir ſchon früher nannten, einſt durchbrochen werben
mußte, damit der Strom in die Küftenebene von Themiscyra eine
treten Tonnte, wo wir fein weit vorgefchobenes Mundungsland auf
- 3%) Hamilton l. c. I, p. 344. ®%) ebend. L.p. 361.
Mundarhelan des Zeielauſe. 2988
ber’ Weſtſeite des Ter meh ¶ hermiodon), von vaſchiedeuen fä-
wer Arme durchzogen, fchon in tem Deltaboven des Tſchalty
Burun (Heracleum Promontorium) fennen gelernt haben
(1. oben S. 100). Auch ver Lage der Stabt Tſcheharſchembeh,
oberhalb ver Gabelung ber untern verſchiedenen Deltaarme des
- is iſt gedacht worden, und ber ſehr gerühmten Fruchtbarkeit
der dortigen Küftenebene wie ihrer guten Agricultur unter ver Herr⸗
ſchaft ihres damaligen Beſitzers des Osman Paſcha, eines der
reichſten Güterbefiger in ber Halbinfe. Der Name Tſchehar⸗
ſchembeh, vulgär ausgefproden Tſcharſchamba N), das perſiſche,
von ben Türken aufgenommene Wort für Mittwoch, hat als häu⸗
fig vorkommender Ortsname (wie das amaloge Pendſchſchembeh,
vulgaͤr Perſchembe, d. i. Donnerſtag) bie Bedeutung eines grö⸗
bern Marktortes, wo auch außer dem eigentlichen Bazartage (dem
drifllicgen Sonntag) an dem bezeichneten Wochentage Markt gehal-
tem wird. Nur von Weften nad Often führt die eine nordiſche
Bontusftrage am Meere bin, eine zweite, die Binnenftraße
von Conftantinopel, aber tiefer lanbein, über Amafia,
quer über den Münbungsboven bes Iris, bei der genannten Delta-
Rabt, ober oberhalb des Lycusvereins mit dem Iris, bei Amafia,
auf ben großen Hauptftraßen vorüber; zwiſchen beiden ift
vie Querftraße von Sumifa nad Nikfar Feine ber großen Han-
deleſtraßen, welche Kaufleute, Raramanen oder Tatarencouriere des
Gouvernements zu nehmen pflegen; fie wurde nur aus wiſſen⸗
ſchaftlich em Intereſſe von Hamilton verfolgt. Daher bie völ-
lige Unwiſſenheit über ven untern Verlauf des Stroms, venn Nie
manb wagt es leicht, die Hanptftraßen zu verlafien und ſich bei
em fo oft unfihern Zuftande Kleinaſiens auf gefahrvolle Neben-
routen zu begeben.
Tournefort®) hatte ven Strom, als er (im 9. 1700) an
feiner Mündung vorüber ſchiffte (ebenſo wie Jadjon im I. 1797
u Tolat), Kaſalmak nennen hören, wahrſcheinlich eine verderbte Aus-
Wrade für Kaz Irmal, d. i. der Fluß der Ebene Kaz-Dwa (f. oben
6.101). Erſt Kinneir®), ver zu Lande von Samfun nad
Trapezunt reifte, um die Landwege für Armerzüge dahinwärts
lennen zu lernen (zur Napoleoniſchen Zeit im J. 1814), kam am
” Sin, Note zu Hamiltons Reife. Ueberf. von Schomburgf. a
®®) Tonrnefort, Relation dan Yoy. du Levant. II.
—X * &. 95. °°) Nacd, Kinneir, Journey throngh Asia Minor
wie. Lond, 1818, p.310— 311.
224 alein ⸗ Aftean. 5.4.
24. Mai in 8 Stunden Wegs vom Golf vom Samſun (Wniint)
durch das flache Küſtenland, das er noch zu Phanaroea gehörig hie,
zur Stadt Tſcheharſchembeh am Jeſchil Irmak (er ſchreibt
ihn Jelil), ber den ihn eine Brüde von 250 Schritt Breite Hin-
twegfährte. Er fand auf dem Wege dahin zwar viel Moraſtboden,
aber audy wilde Wälder von Eichen, Eichen, Sycomoren, Wallnäfien,
und freute fih ver wilden Feigen und Myrthen, die nicht bios
Buſche bilveten, fondern Bäume, die mit Rebengeflehten und Tram
ben bededt waren. ‘Auf ven Aedern war trefflicher Aderboven, wo
Weizen, Gerfte, Mais und ſchöner Flachs gewonnen wurde. Die
Stadt lag ganz in Gärten und follte 600 Familien haben, daten
50 griechiſche und 50 armeniſche. Bom Fluß giebt er enfer j je
Breite der Brilde feine weitere Nachricht.
BD. Hamilton), ver von Termeh am Thermobon, alle
von OR zum umtern Iris am, den er hier auch Tokatly-Su,
ven Fluß von Tolat, wie ven grünen Fluß, Jeſchil Irmal, aber
auch ven Tſcheharſchembeh⸗-fu nad der Uferftabt nennen Hört,
fand in der Annäherung zu ihm. ein ungemein cultivirtes Lab;
alles verlümbete die Anmäherımg am das Gebiet eines reichen Güte
beſitzers, ber feinen Boden zu verwalten verfteht. Es war Damen
Vaſcha von Trapezunt, ber feinen großen Guterſchatz ans ver
Erbſchaft feines Vaters Suleiman Paſcha beſaß, eines der alten ein-
heimiſchen Dere Beys, oder Landesfürften, der über 300 Tfhiftkte,
d. i. große Güter mit Meiereien, beſitzen follte. Die Stabt war
ganz in Gärten gehüllt, und die Ebene unıher eine ber fruchtbarſten
vie durch Ueberflug an Korn, Mais, Flachs gefegnet war, durch
ſchönſte Hochwaldungen von Eichen, Ulmen und anbern Baumarten.
Auch Hamilton fand den vereinten Strom, über melden bie lange,
aber fehr ſchmale Brüde führt, fehr breit und ſcheinbar anch fehe
tief. Cr hatte durz vorher erft das Land weit überfäftentmt, und
einen Theil ver Brüde eingeriffen; fein Waſſer war ſchlammig mad
ſchmutzig gelb, aber es follte fehr fichreich fein. An feiner Min
dung wurden Störe gefangen, nicht von Türken, bie ſich nicht
damit abgeben, fonbern von Nachkömmlingen ruſſiſcher und koſali-
ſcher Flüchtlinge, die fih an 50 Jahre zuvor ans ihrer Heimath
emancipirt und fowol an der Donau wie hier am Fris amgeficckt
hatten; ob fie die Caviarbereitung hier mitgebracht, wird nicht
geſagt; fonft aber waren nur Griechen bie einzigen Fiſcher am
#°®) W. Hamilton, Research. 1. c. I. p. 283-2286.
Mündungsland der Iris; Tſcheharſchembeh. 285
vontus. Auch an anderm Wild, wie Faſanen, Reben, Hir-
ſchen und wilden Schweinen follen dit umgebenden Waldungen
am mmtern Iris Üeberflu haben, und jelbft wilde, wol erft ver⸗
werte Heerden von Büffeln, Rindern und Pferden ſich vorfinden,
die man bie zum Termeh und Melitſch Tſchai zu jagen pflegt.
Rod Hamiltort ſollen nur wenig tintifhe Familien in Tſchehar-
fihenbeh leben; aber 200 armeniſche und. 160 griechiſche, die viel
Seidenzucht treiben, umb viele feine Seide in den Handel bringen, -
der aber durch zu große Taren an das Gouvernement viel zu fehr
weorädt ift, um blähenden Verkehr zu erzeugen. Sie haben einen
Biſchof, und eine armeniſche Kirche, in der fie am 17. Duli das
dohannisfeſt lange vor. Somenaufgang mit wildem Geſchrei und
rn, mit Singen und Schießen zu feiern begannen. Osman
Bafha, ver damals hier in größtem Hofftaat reſidirte, mit feinem
Harem, feinen Sclaven, Leibarzt und Dienerſchaft im größten Luxus
lebte, hatte feinen Sohn zum Mutfellim zu feiner Stellvertretung
im Orte gemacht, wenn ihn feine Gefchäfte nach feinem Paſchaſitze
Trapezunt riefen. Er war der Sohn Suleimans im Dſchauik
eines Dere Beys, der um feiner Selbfterhaltmg willen das Haus
des wächtigen Dere Bey Tſchapan Oghlu's in Jusgat mit
Beiftand von Sultan Mahmeds argliftiger Politik vernichtete, ſich
ſelbſt aber an deſſen Stelle gefegt hatte, und nun mit viel ärgerer
. Habfucht das Volk drückte und das Land ausfog. Ex wechſelte mit
feiner Refivenz am Termeh und in Trapezunt, wo er für ven
reichſten Mann im Lande galt. Sein Leibarzt, ein Dr. Giov. Rutzeri,
gab fowol Hamilton, wie Fallmerayer dieſelben Specialnach-
richten vom feinen ungehenern Reichthümern und Erpreffungen, die
Beide fo übereinftimmenb mitgeteilt haben. Er flarb im 9. 1841;
ab ift von dem Fragmentiften genau daracteriftrt 1). Seinen Nach⸗
folger als Paſcha von Trapezunt, Abdulla Paſcha, einen fana-
tikgen Derwiſch, lernte K. Koch im 9. 1843 bei feiner Durchreiſe
fenten. Im Weſten bes Iris, in geringer Ferne, eine Stunde von
der Stadt, wo das Land ein parkähnliches Unfehen gewinnt, Tiegt
ger Seite am Wege ein Heiner See, der Türmen Bohari GI,
von hohen Ulmenwaldern begränzt, beren Wipfel von Rebengehän-
ger umrankt werben, bie in üppiger Fülle mit ihren Guirlanden
88 auf den Boden maleriſch herabhängen. Diefer See ergießt
feinen finen Emiffer zum eis, von dem feine Spur vorhanden, ab er
Ye, Brogm. uns dem Dis. 1 6.281200.
286 Mein-Afen. 5. 5.
je zur Beſchiffung benutzt wurde. Dagegen ſcheint ber fandweg*@)
gegen N.B. nah Samjun (Umifus) über mehrere Heinere Kir
fenfläfe, deren einer dem Chadiſius der Alten bei Marcian ent»
ſprechen mag, durch fehr abwechfelnden Boden von Sumpf;
augebauten Uedern, bichten Waldungen, darin Bären, Wölfe umb
Dachſe haufen, aber auch zahlreiche Rinderheerden ihre Nahrung
finden, und dann wieber über trodnere Hügelfelber, auf deuen vor⸗
züglich guter Tabak gebaut wird, einft viel gangbarer gewejen zu
fein, als gegenwärtig, da Spuren von fünfliden Dammmwegen
ſich da auf längere Stuede verfolgen laſſen, bie wol ben eiffligen
geößern Verkehr dieſes untern Frislaufes mit der großen Küftew-
Habt zur Römerzeit bezeugen möchten. ' .
8.5.
Siebentes Kapitel.
Das Stromfyftem des Kyzyl Irmal, des Halys
der Alten
\ . Ueberfidt.
Die ältefte Erwähnung des beveutenbften Fluffes Kleinaſiens,
des Halys, mochte einft bei Hecataeus von Milet, dem Bor«
‚ gänger von Herobot, in feinem Bude „meplodog yüs, Acta”, zu
finden gewefen fein, wie wir aus bem fon alten Streit über die
Herlunft des trojaniſchen bei Homer erwähnten Hülfsvolles, der
Halizonier (N. II. 856 „Fern von Alybe her, wo bes
glänzenden Silbers Gebiet ift«), wiſſen, deren Site bei dem
Thalybern, auf der Oftfeite des Halys, von Strabo mit Eifer
vertheibigt werben, gegen Apollodorus unb fpätere Annahmen
(Steabo XI. 552). Denn Helataeus?) berichtete genau über
die pontiſche Norblüfte von Kleinaſien; aber leider hat ſich in feinem
Fragmenten leine Nachricht über ven bortigen Hauptſtrom, ben
-Halys, erhalten, wenn er ſchon von Chalybern, von Thermodon,
) W. Hamilton, Researches I. c. Vol.i. p. 287—289. ?) Hecataei
Nilesii Fragmsate ed..X. H, Clausen, Berol. 1831. 8. p 90. 106.
Das Steomfpftem des Kyzyl Irmak; Halys. 287
don Chadiſia, Amifas und ven Leucofirern in den Umgebungen des
Stromes fpricht, den er unſtreitig beffer als andere feiner Lanbs-
lente Tenmen mußte. Der erfle aber, dem wir Ichrreihe Angaben ,
Über den Halys verdanken, ift Herodot. Der Halys, fagt er
(. 72), wor einft die Gränze zwiſchen ver.mebifchen Herr- .
{haft und ver lydiſchen; ver Fluß ſtrömt ans den armeniſchen
Gebirgen durch der Kiliter Land; dann hat er die Matiener zur
rechten, die Phrygier zur linken Seite feines Laufes. Nachdem
a am biefen vorbeigeftrömt ift, fließt er aufwärts gegen Mitter-
unht (6fw ürw mgös Boy ävsor): umı fheibet reits die
Syro⸗Kappadokier, links aber die Baphlagonier. So
durchſchneidet der Halys · Fluß faft das ganze untere, d. i. weſtliche
Afien (Tü xurw im Gegenſatz der Tuͤ drw) von dem Lande
Cypris gegenüber, norbwärts bis zum Eurinus Pontus. So bleibt
dem Ganzen ein ſchmaler Landrüden (adyr), eine Landenge, zu
deren Durchwanderung ein gutgerlftefer Sußgänger fünf Tagereifen
gebraucht.
Die armeniſchen Berge bei Herodot find bie weſtliche Fort⸗
ſehung des Scoediſes, welcher im Norden des Antitaurus Armenia
Minor in Nordweſt, als Waſſerſcheide zwiſchen Euphrats rechten
mb ben. linken oder füblichen Zufllifſen des yeus und Iris, gegen
Ber fi im Kara Bel, Köffeh und Tſchamly Dagh verzweigt, -
wwiſchen deren öflien Thalwinkel die Duelle des Halys ober-
halb Siwas zu liegen kommt. Daß der Halys früher das me»
diſche und das lydiſche Neich fhieb, geht aus ver Nachfolge
des Eyrus im mediſchen Reiche hervor, der dann aud zum Halys
vorbrang, und nad) ber fiegreichen Schlacht gegen Croeſus auch das
lydiſche Reich in Beſitz nehmen konnte (Herob. I. 75). Derfelbe
Strom hat auch in ven fpätern Jahrhunderten immer noch als
vblterfheidender Strom, zwiſchen afiatiſch heimifchen Bevöl-
ferungen in Often und denen im Weiten, hie wichtigſte ethn ogra⸗
phifhe Bedeutung beibehalten, wo er zumeift "auch die Gaupte
grenze für den Auflug weſtlicher älterer europäiſcher Co—
lonifation in Kleinaflen fo wie durch das ganze Mittelalter
gehtichen ift.
Der Fluß, fagt Herodot, zog aus den armenifchen Bergen
durch das Land der Kiliker, nicht der Eilicier im Süven an
der Küßte des iffifchen Meerbuſens, fondern ber Cilicier, deren ein
Stamm in Rappadocien wohnte, die fhon D’Anville in bie
Umgebung des Argaeıs und an den Halys im feiner Karte einttug,
2 Mensen. 5.
wo fie au Leuco⸗Syrer, bie hellfaxbigen, im Gegenſat ber
bräunlichen Syrer im Süben bes Taurus genannt wurden, aber
dem großen weitverbreiteten aramäijchen Bollsftamme angehörten.
Im obern Laufe ſcheidet der Strom alfo Feine Bölkerftänme, da
er durch die Mitte des Kilifer-Bolls hindurchſtrömt, aber weiter
weitwärts ſcheidet er fhon®*) die Matiener und bie Phrygier,
bie damals bis an die Cappabocier reichten, umb noch weiter, wo ex
weftwärts (r& xarw, d. i hinabwärts, weil nach Herodot
gegen N.D. alles Sand gegen ven Taurus, ven Pontus und Tanais,
Ta ävw, hinauffteigt) das Land vom pontifhen Hodlande
abſcheidet und ſich gegen Nord wendet, ſcheidet ex die Syro⸗
Cappadoken, alſo denſelben Volloſtamm nur unter anderm Na
men, von den weſtlichen Paphlagoniern. So läßt ihn Herodot
in den Pontus einfließen.
Da Herodot fo genau den Lauf dieſes Stroms beſchreibt, fo
tönnen wir ihm ben Irrthum nicht zumuthen, den fpäter erſt Pli«
nins über einen vermeintlichen Sübarm des Halys aus ben
cataoniſchen Laudſchaften (Archelais, quam praeterfluit Halys etc.
f. ob. ©. 55) verbreitet hat, und eben jo wenig den ſpätern Schluß
der mobernen Geographen, als laſſe er ven Hauptarm ſelbſt vom
ven ſüdlichen Ciliciern berfommen, und, wie Mannert bafür
hielt ), daß feine Angabe der 5 Tagemärfche auf den Lauf bes
Halys von feiner Nordwerdung bis zur Mündung zu beziehen fei.
Dies wiberfpricht geradezu feinen Worten. Denn wenn er im An
fang des Paragraphen den Halys aus dem Berge von Armenien
im Norboften herablommen läßt, fo kann er ihm nicht fpäter vom
ciliciſchen Süben herleiten, und wenn er ben adyr» (d. i. ein Hals,
alſo Landrüden), der in 5 Tagen durchwandert werben könne, als
die übrige Breite des Landes bezeichnet, jo Tann damit weder bie
‚Breite entlang des ganzen Stromlaufes bezeichnet werben, denn das
Wort bezeichnet nur einen troden liegenden Nüden ober led, dem
zu beiden Seiten Waſſer liegen, nod die ganze "Breite der Halb-
infel von Meer zu Meer, fonbern bier den Landrüden vom cilice
e fen Meere im Süden bis zur Norbwenbung des Halys, eine
"Strede, die vom iſſiſchen Meerbufen divelt bis zum Halys, bei
Caeſarea, wol einem foldren Maaße entiprechen Könnte, aber leines
#04) Mannert, Geogt. d. Br. u. Röm. V.2. ©.152. 9 Manuerl,
@rogr. d. &r. u. Röm, VI.2. ©.453f.; vergl. Bachr, Beredad
Halic. Musae. 2. Ed, 1856. Vol. I. p. 160 Not.
Das Stromfgflem des Kyzyl Irmak; Halys. 999
wege damit gemeint fein kennie, daß bie. ganze Halbinſel nur durch
au fo engen Iſthmus mit dem dahinterliegenden Aſien zufam-
menhänge. Nach Herodot finden wir eine bloße Erwähnung bes
Halys bei feiner Mündung in ber dem Skylax von Karyanda zu-
geiepriebenen Küftenbefchreibung (megımAoög), welche man jet mit
Recht in Philipps von Macevonien Zeitalter jegt. ©)
Strabo kannte ſehr gut ven Urfprung des Halys in Große
Cappadocien in der Laudſchaft Camiſene nahe der pontifhen
Landſchaft (XI. 544. 546); mit Herobot übereinftimmend fagt er,
derſelbe fließe erſt eine große Strede von Oſt nach Weft, dauu
af, fih von Süd nad Norven wendend, durch das Land ver Ga-
later, die dahin eingewandert im öſtlichen Phrygien eingezogen
waren, und tremmte alfo eben dieſe Galater und weiterhin bie
Baphlagonier in Weften von den Lencofgrern auf feiner Oftfeite,
daher er ben Halys zu feiner Zeit die Oſtgränze ver, Baphla-
genier nennt, fo wie ben Grenzfluß zwiſchen dem mediterranen
Lande und dem pontifchen Küftenlanbe bis gegen Bithynien bin.
Daher denn die Römer danach ihre pontiſche Provinz bis zu ihm,
d.h. zu feinem oberen Laufe ausvehnten, und auch wol noch etwas
deräber- hinaus ( Strabo XI. 544). Bei Strabo’s Vorgange
maß es um fo auffallenber fein, daß man durch die ganze folgende
Zet der Angabe des Plinius mehr Glauben geſchenlt Hat als feinen.
Borgängern, und ihn aus dem fünlihen Dritttheile ver Halb⸗
iaſel am Taurus entjpringen ließ, und ihn mit dem falzigen
Binnerfluß Bejas-fu iventificirte, der doch in dem Tatta-See fein
Exde findet. Strabo hatte ſchon das fo Charakteriftifce biefer
Rervflüffe hervorgehoben, daß fie eben nicht’ aus dem ceutralen
Innern der Halbinfel kamen, und kommen konnten, ba fie nur ihre
Getwidlung ven nordlichen Stufenlandſchaften verbanfen Können,
5 if auffallend, vap Ptolemäus die Mündung ver Flüſſe
Iris, Thermodon und des Halys in Galatia wol angiebt,
aber die Duelle des Halys nicht beftimmt hat, obwol er vie Quellen
de Iris fo wie bie des Thermobon einander ganz benachbart,
die erſte unter 68° Long. und 41° Yat., die letztere unter 68° 30°
Lang. 42° 30° Sat. einträgt, und ſogar die zweimalige Wendung
des Frislanfes bezeichnet, während er nur die einmalige Wendung
des Halys angiebt, den er aber nicht Halys, fondern Alys
') Babe, Heine bier. zpblotng, Sortiſten. Ulert, @eogr. d. Gr.
u. Rom. I. ©.56 u. 285—29
240 Nlein-Aften. 8. 5.
(Arvog noranod 2xßoral, Ptol. ed. Wilberg p. 327) färeibt“er).
Die Schreibart AAvg und AArg wechſelt bei verfchiebenen Autoren
des Alterthums, doch ſtimmen alle, wie jhen Strabo (XII. 544
u. 561) in ber Etymologie überein, biefen Namen von dem aller-
dings ſehr falzreichen Boden herzuleiten, ven ver Halys durchzieht;
und mit Recht, da, wie Kiepert bemerkt, die Schreibart ohne Spi⸗
ritus, Alys, der armeniſchen Form des Wortes für Salz,
nãmlich al (agh) noch genauer entſpricht, die alten Sprachen Phry⸗
giens und des innern Cappadocien aber mit ber armeniſchen ver-
wanbt waren. Und bie fehr weit verbreitete rothe Sanpftein-
formation im Meinaflatifhen Norven Cappabociens ift in ber
That and von den neuern Beobachtern als eine fehr viel Salz
führende anerfannt, und Strabo leitet ven Ramen insbefonbre vom
ver reihen Steinfalzgrube in Rimene ber; doch kommen viele
. Salggruben von feiner Quelle bis gegen feine Münbung vor. -
Die Auflöfung des farbigen Theiles diefer Formation giebt
dem Strome feine rothe und rothgelbe Färbung, melde er den
von ihm mit fortgeführten Schlammtheilen verbantt, weshalb vie
Tarken ifn Kyzyl ⸗Irmak, d. i. den Rothen Fluß nennen.
Daß der antife Name des Stromes ſich aber lange Jahrhuunderte
hindurch bis in das Mittelalter erhalten und exft fpät feine moderne
turtiſche Benennung erhalten hat, beweifet der arabiſche Geograph
Evrifi®), der im 12. Jahrhundert, auf der Küftenroute von Si-
nope am Pontus entlang, ihn nod mit feinem berühmten autiken
Nomen »Alis aufführt, der damals alfo noch von leinem andern
verbrängt war. Auch die Armenier nennen ihn Alis). Die
Salzgrube in Ximene (beivem heutigen Tfhajankoi auf bem
Dftufer des Halys) im galatifhen Gebiete nennt Strabo ine
befondre (XII. 561), nad} denen der Strom feinen Namen erhalten
haben follte; aber ihnen gegenüber auf ver linken Uferfeite liegen im
Baphlagonien eben fo reiche bei dem Stäbthen Gangra (Ran-
Bari, dem heutigen Tſchangri), dad Strabo wol nennt (XI. 562),
jedoch ohne feiner reihen Steinfagruben zu erwähnen, obwol er
grade aus biefen Gegenden manche geologiſche Merkwürdigleiten,
nach Eudorxus Berichten, anführt, wie Fiſchverſteinernugen,
. eiol. ed. P. Berin L. Y. 4. fol, 122 u. 6. lol. 125. ) Edriib.
Jaubert. Ed. Paris 1840. II. p. 393. °) Eur. Auraiäien, an
gem. — Afen. Benedig 1811. C4.1. 7 in
ieperte Mi
Das Steomfpftem des Kyzyl Zumal; Halys. 241
die man dort fände, und bie Sandaral»Gruben, deren Mineral
(votjes Arſenilerz, Realgar)!) in Pimolifene von Verbrechern her
ausgearbeitet were. Aber nicht blos hier gegen das Minbunge«
land des Halys, ſondern auch bis hinauf in fein oberes Quell⸗
‚ gebiettr) iſt die Fülle des Salzes verbreitet, das auch die Urſache
des Borlommens jo vieler falziger Seen und Bäche anf dem cm
' tler Hochlande fein muß, von befien Norbgehänge ber Halys
feinen Ablauf nimmt. In Siwas, fagt fon Otter, trinfe man
das Wafler des Halys nicht wegen feiner Salzigkeit, ba man
das Brunmenwafier vemfelben vorziehe 12).
Die Quellen des Halys liegen wirklich hochſtens einen
Breitengrad ſüdlich von der pontiſchen Küſte bei Keraſun (Cerasus),
alſo nur etwa im nörblichen Fünftheil ver ganzen Breite der Halle
infel, während ber Strom fetöft, in großem weftwärtd gelrämm-
tem Haldfreisbogen, einen Lauf von wenigſtens anderthalbhundert
geographiſchen Meilen zuruicknulegen hat, che ex feine Dinbung am:
techalb Bafira (unter 40° 40 N.Br.), alfo nicht viel weiter nord⸗
wörts als feine Duelle, am Pontus erreichen fann. Der birelte
Abſtand feiner Duelle von der Mündung beträgt daher nur au
O geogr. Meilen, fein Bogenlauf hat alfo über das Dreifache
jews direlten Abftands zu bucchziehen, der ſich wie bie Linie einer
Sehne zur Bogenkrümme verhält, und daher das große Areal
feines Stromgebietes"), aus dem ihm wegen des Raumes
wol eine große Waflerfülle zufließen könnte, wenn Quellenreichthum
an Character feiner Bobenverhältniffe und feiner vielen Zufläffe
wär, was aber weniger ber Fall zu fein fcheint: denn aller Eigen
Ansvehnung nach fehlt dem Halys dennoch das Weſentliche, bie
Bafferfülle, um ein [hiffbarer Strom zu fein. "
Das Areal des Halysſyſtems ift uns nicht genau befamıt,
wir ſchãtzen es annähernd auf 1600 bi 1800 Ouabratmeilen, etwa
anf den fechften Theil des Fläͤchenraums ver ganzen Halbinſel.
Ban die Stromentwidiung .alfo etwa viefelbe Zahl ver Meilen»
linge,.wie ber mitteleuropäiſche Strom, die Weichfel, einnimmt,
fo bewäffert ver Halys bod nur etwa halb fo viel Areal als bie
Beihfel (deren Stromgebiet 3500 Duabratmeilen Hält). Das Areal
=) Hausınaun, Handbuch der Mineralogie. Bd. I. 1847. Th. 1. p. 151.
) J. Brant, Journal of the Lond. Roy. Geogr. Soc. VII. 1838. p. 214.
*) Otter, Voy. en Turquie 1. c. Vol. il. p.324. 2) Ph. Buache, .
Easay d'un Parallele des Fleuves de Europe. Paris. de Pace
demie de 1752.
Riten Cidtunde xviu. O
BR. - Rein - Aflen. §. 5.
des Halye ſoſenus iſt zwar faſt doppelt größer, als das der deſchen
Befer (880 Quadratmeilen), die and an Stromentwidlung faR
‚am die Sälfte Hinter feiner Länge zurüdkleist, aber Feist mit ie
iſt er nicht zu vergleichen, und noch weniger in biefer Hinſicht mit
Dber, Elbe, Rhein oder Donau. Seiner weit größeren Di.
wenfisnsverhäßtwiffe ungenditet bleibt ver Halys doch binfihtih
der Wafferfülle weit hinter ver Wefer zurüd, vie umter ben beit
ſchen Stefmen doch nur von dritter Größe ift, wie hinter fo man
Wen andern, ihm in. gleicher Hinficht eiwa vergleichbaren mitte:
europaiſchen Flüſſen. Schon vom Zufammenfinß der Fulda und
Werra ift die Weſer über 40 Meilen Wegs abwärts jchiffbar,
da von Hannboeriſch Minden und Hameln ſchon Dampfboote anf-
wand abfahren, welter abwärts von Bremen große Rapfaiffe m bie
Brsmerlehe, dann im Bremerhafen Fregatten einfegeln, web
vie. freie Stadt Bremen über zweihundert Seeſchiffe für ocea
mitche Weitfahesen in ihren Häfen herbergt. Solche hydrographiſ
Berhättnifie fehlen dem Balys, ver in biefer Benflht nur eim tebter
Strom za nennen ift, dem von Natur bie Bedingungen zu jenen
wuregenden Flußleben verſagt waren.
Die Weſer wie alle ihre gleichiegenden Wafferrinnen find ben
vorhervſchenden Feuchte bringenben oceaniſchen Nordweſtwinden Aber
die Hälfte des Dahres ausgefegt, bie ihr weites Riederland mit
Waofferfülle fättigen. Ihre Queliwaſſer aus den Gebirgeuemgebumgen,
mean fon von mäßiger Mühe, find doch gahlreich, Die Betten ip
Furtafe vollufrig, fie fließen über fetten vegetatiomsreichen Beben eb,
in dem fie nicht austrodnen, und Meeresfluthen ftanen ſie auf
Der Halys iR fein fhiffbarer Strom, weder im oben,
mittlern, noch untern Laufe, feine Quellen wie feine Zufläfie fix
gungen Weihfeln unterworfen; fie durchziehen einen oft nadten, vo
getotiongleeren Boden, entipringen großentheils juraartigen Kallftein-
zagen, die durch ihre Schichtenftellungen und Gpaltungen überel
anf der Erde (wie im Zura, Apennin, Libanen u. a.) zu den
quellenäzmern Gebirgen gehören, verlaufen ſich mit ihren Bufläffen
über bie weitverbreiteten falzreichen Lager der vothbraunen Sand⸗
Keinformätion mit ihren Gypsbeiten, in welche bie fliefzenden Waffer
leicht einfiltriren, oft abnehmen ftatt zuzunehmen, und and, im ihrem
unten Laufe ſelten ein erbreicheres Nieverland bis zur Meeresluſte
exreichen. Die allgemeinen climatiſchen Stellungen wie bie Com
fieuctionsnerpältuiffe tragen noch mehr zur Characheriſtik des Halte
foftems das ihrige bei, wodurch aud feine Nachbarſyſtene Iris
Das Steomfpfiem des Mpapl Irmak; Halye. 248
wi Salaria denſelben gleichen, waſſerarmen Trocentypus bes
ntralen und norbweftlichen Kleinafiens theilen. b
Meteorifche Nieverfchläge find die Haupturfage ver Quellen-
bildung; wo biefe, wie im vorherrſchend trodenen Elima ber
terberafiatifchen (tranifchen, fyrifchen, anatolifchen) Eontinente fehlen,
R auch fein großer Quellenreichthum zu erwarten, wenn micht ber
fendre Umſtände (wie die ſchneereichen Hochgebirge und Wollenträger
Armeniens, wo- die Euphratquellen liegen) hinzutreten. Klein⸗
aſien gehört aber feiner theilmeifen Wafjerumgebungen ungeachtet
uch ganz zu jenem vorherrſchenden Continentalclima des großen
aflatifchen Continents. gwiſchen den krocknen Steppen Gibrulands
in Norden jenſeits, des nebeligen Pontus und dem faft regenlofen
Aegypten in Süben, dem regenarmen Syhrien zur Seite, Im es
and) von ben oceanifchen Wollenmeeren ber Weftwinbe nicht erreicht
werben, bie meift ihre meteorifchen Niederſchläge ſchon an das breite
Cautiuent von Mitteleuropa abgegeben Haben, jo daß bie Eteſien
ÜR zwar ſchon einige Feuchte von N.W. an bie Heinaflatiihe
Nüfle, aber ſiets mit Harem woltenlofen Himmel -bringen. Die
imosphärifcien Niederichläge, weldje ver geinäßigten Bone das ganze
Iahr Hinburch wechfelade Feuchtigkeit geben, fehlen Kleinaſien, wie
des mit ihm unter gleichen Himmelsräumen liegenden Halbinfeln
alien, Griechenland, Syrien, die ein vorherrſcheud heißer, gegen
Dfen Hin immer wolten- und vegenloferer Himmel das ganze Some
werhalbjahr überwölbt, und in Iran meift das ganze Jahr. Die
pentiſchen und Taulafifchen Nebel, bie dem äftlichen armenifchen
Taurus reihere Regen- und Schneenieverfchläge.bereiten, welche noch
Tſchoöruk, Euphrat und Tigris füllen, fehlen ver Senkung
eb milbern, weftlichen pontiſchen Stufenlandes, wo die atmeaphi-
Yen Niederſchläge, were ſchon mitunter heftig und ſtürmiſch, doch
wur auf kürzere Zeit vom ein paar Monaten reducirt find. Dam
Ve Bergzüge, zu mittleren Meereshöhen von nur 3000 bis 4000 Fuß
haabſiukend, Tönnen leine ſolchen Wollenſammler, wie ihre voppelt
hohen Nachbarn im öͤſtlichen Auadoly ſind, abgeben, und bie Gruppe
des Olymp über Bruſſa iſt dort faſt die einzige, die noch bis zw
000 Fuß erhoben bleibt. Die fünlihen Auti-Tamus- und cilis
ciſhen · Taurusletten erheben fid zwar noch zu 8000 bis 10,000 Fuß
Meiner reichern und dauerndern Schneedece; was biefer aber abe
eilt uud als Regenniederſchlag ven dortigen Boben fo jhän be«
geänt und befruchtet, Kommt dem großen pontiſchen Stromſhſteme
wegen der dazwiſchen liegenden hohes Eentral-bene eben jo wenig _
22 - .
2. Mein-Afen. 45.
m Gute, wie der Waſſerreichthum der armeniſchen Gebirgegruppe,
welcher feinen Ablauf füdoftwärts in das Enphratfuftem und zu deſſen
Zufläffen findet. Der Halys ſcheint in feinem ganzen Entwid-
Tungslaufe denjenigen Steomfuftemen anzugehören, vie im ihrem
mittleren Laufe, ähnlich wie der Nil durch Nubien und Aegypten,
wicht eben an Waffer durch Zuflüffe bedeutend vergrößert zu wer
den im Stande find, bie vielmehr durch Seiteninfiltcation und
Berbimftungen eher in ber trodnen Hälfte des Jahres abnehmen,
ohne jedoch eine regelmäßige jährliche Ueberſchwemmung, wie das
dadurch fo bevorzugtere Nilſyſtem, zu erhalten.
s Noch find uns freilich manche Theile des Halys⸗Gebietes
fehe wenig bekannt, und von feinem Hauptſtrome find mande
Strecken nur hypothetiſch in bie Karte eingetragen, bie noch lein
Reiſender genauer beobachtet hat; aber von vielen feiner Zufläffe
find wir noch weniger genau unterrichtet, ver Lauf ber mehrſten
iſt nur ſtredenweiſe gefehen, nad ven Querſchritten ver Routiert
eingetragen, bie Zeichnung ihres’ Developpements weicht noch in ben
Üngaben der verfchievenen Beobachter ungemein von einander ab,
und fowol ihre Quellen wie ihre Mündımgen und ihre Verywei⸗
gungen, wie bie hypothetiſchen Soentificntionen verſchiedener Fluß
laufe laſſen noch manche Zweifel übrig; dennoch ſcheint, nach allen
uns belannt gewordenen, bie Bemerkung ſich zu vechtfertigen, daß
kein größerer Bufteom die Wafferfülle des Hauptſtroms bedeutend
zu erhöhen im Stande fein mag. Das ganze Halysyftem if
in feiner gewundenen wechſelnden Conſtruction (....„erebro vortice
tortus Halys” in Orid. Epist. ex Ponto IV. 10. v.48) eine mel
würdige Analogie des Irisſyſtems, nur in viel größerm, er
weiterten Maaßſiabe, und jener durch feinen großen weftwärts con-
veren Bogenlauf biefen in das Innere feines concaven Schoofes
einſchliehend, zwiſchen dem centralen Hochland und dem Pontus⸗
geſtade, in das ſich beide nur in geringer gegenfeitiger Entfernung,
etwa von 10 bis 12 geogr. Meilen, von einander, mit der Lage bes
Küftenhafens von Samfun (Amifus) in ihrer beiberfeitigen Mitte,
eingieen. Die Analogie geht aus dem gemeinfanen gegen Wet fih
gleihartig fortfegenden und im immer, niebrigere Regionen fih
hinabſenlenden Stufenlande hervor: ein allgemeines geodaͤtiſches
Berhältnig, das auch ſchon dem aufmerfamen Evliya Efenpitt)
„nicht entging, als er auf feiner Wanderung oftwärts bis Nikſar cm
#14) Erliya Bfendi, Narrative 1. c. II. p. 104.
Das Stromfyftem des Kyzyl Irmak; Halys. 245
icus vorgebrungen war, wo er fagte: Bon Conftantinopel bis
hierher waren immer die Flüſſe uns entgegengefloffen, ein Beweis
dom ber immer größern Höhe, zu ber wir in jenem Lande hinauf
Riegen, auf deſſen größter Höhe Erzerum liegt.
Die höhere Stufedes obern Halyslaufes felbft, nod dem
centralen Hochlanbe zugehörig, liegt noch viel weiter im Süben ale
die obere Stufe des Iris, und an 1500 bis 2000 Fuß abfolnt
heher als dieſe. Sie liegt in gleicher Senkung ihres mächtigen
Angenthales von N.D. über Siwas gegen S. W., aber in boppelt
fo großer Ausdehnung wie jene, abwärts über Kaiferieh und
darapaſon Hinans, bis ver Halys eben fo bei Jarapafon bie ent-
ſchiedene Nordwendung feiner Querthäler erhält wie der
is oberhalb Amaſia. ”
Die zweite nörblichere Stufe des Halysfyftems mit
feinem größten rechten Zufluſſe, den Delid ſche Irmak, ven bie
Alten laum gelannt zu haben fiheinen, und ver auch uns erſt neuer»
Gi bekannter geworden, ift wieberum ein großes von O. gegen W.
mo N.W. gefenktes Längenthal, wie’ das nördlicher liegende
Meusthal, das ver Delidſche Irmak im zweiter, zwar etwas
niedriger, aber immer noch abfolut höher gelegenen Stufe, als bie
des Iris bei Tolat und Turlhal, fühweltwärts berfelben durchzieht,
bie er fi) mit dem Halys (nad Art’ves Lycus mit dem Iris),
abwärts Angora im ber Nähe der großen Salzbergwerle mit dem
Hanptftrom vereinigt.
Bon der Nordwendung bes Halys bei Jarapafon unter
halb Kaiferich folgen nun ef feine Düerthäler in verſchiedentlich
wiederholten Zidzadläufen und Abfägen, bie fih auch auf der aller-
dings nur unvollfommenen Kartendarſtellung in brei Hauptftufen
668 zu eimer plötlich veränderten inren Weſtwendung bes Halys-
laufes bei Os mandſchyk verfolgen laſſen, und bie wir ben
mwittlern Lauf des Halys nennen dürfen, bis ung genauere
Ermittlungen zulommen. Diefe drei Abſchnitte, ober Stufen
der Nordwendung lafien fi in die Stromläufe von Sarapafon ' "
(vom 38°40' R.Br.) abwärts wilktühelich verfolgen, von ba dis zu den
belanut geworbenen Duerpaffagen des Halys im Parallel von Au⸗
sora (nahe 40’ N.Br.), dann von biefer Gegend etwa vom Uebergange
der Ticefehmegir-Kjöprü bis zum Einfluß des Delidſche Irmal
dom ber rechten Seite, umb von biefem wieber, wo ber Bogenlauf
bes Halys wieber eine mehr norböftliche. Richtung gewinnt, bis
Demandſchyk (unter 41° N. Br.). Bon hier beginnt eine britte
246 Blein-Wen. 65
unterfte große Abſtufung bes Halysiyfiems, von Os-
mandfchgt bis zur Einmündung in das Schwarze Meer, in
welcher ver Strom noch einmal eine plögliche, aber lurze Wendnug
weftwärts nimmt, aber bald wieder von biefer durch den von
linler Geite einfallenden Dewerek tihai, bei Hadſchi Hamza,
zurückgeworfen, ver untern Normalrichtung gegen NO. bis
zum Meere folgt, wo er jedoch exft bei Bafira den niedern pem-
tifchen felfigen Klippenboden verläßt und wirklich in bie jedoch nur
fehr beengte Küftenebene eintritt.
Nach forgfältiger Kartenvermefjung wirbe ver fo bezeichnete |
birerte obere Lauf des Stroms von der Duelle bis zur Notb-
wenbung an 55 geogr. Meilen einnehmen; ber mittlere. vom ber
Norpwendung bis Osmandſchyhk ganz biefelbe Ansuchwung |
haben, und ver untere Lauf etwa 31 geogr. Meilen von D8«
mandſchyk, das Fürzefte Drittbeil, "bis zum Meere; das ganze
Stromſyſtem alfo eine Pängenausbehnumg von 140 geograpfie
fen. Meilen directer Diftanzen, und mit ben Sinnofitäten wol
fon an 150 geogr. Meilen in feiner Stromentwidlung dunchziehen,
der Länge nach dem deutſchen Mhein (150 geogr. Meilen) noch
nicht völlig glei, und eben fo wenig in feinen übrigen Berhältwiffen.
Die abſoluten Höhen der drei Stufenlandſchaften find
jedoch ganz verſchiedener Art: denn wenn ber Rhein im obern
Laufe von 8 bis 10,000 Fuß hohen eis» und ſchneereichen Alpen |
berablommt, und‘ beim Austritt in feinem mittlern Lauf unterhalb
dem Sara bei Bafel feine 1000 Fuß (nur 763/46) Höhe über
dem Meere behält, daun aber feinen weitern Lauf durch das bergige |
Deutſchland bis Bonn (140 Ab. dv. M.) und EdIn (110'46.0.0.)
zum weiten Nieverlande fortſetzt, fo zeigen die Stufenländer bes
Halys, um deren Höhenmefjungen fih v. Tſchichat ſcheff an faft
100 Stationen ein beſonderes Bervienft erworben hat, da uns zuvor
Rum ein paar Meffungen im verfelben bekannt geworben waren,
ganz verſchiedene Naturen.
Denn der Halys entquillt keinen rieſigen, ewigen Schneealpen,
fondern in feinen obern Ouellarmen, bie fih be Siwas
vereinen, aur hochſtens halb fo hoch, bis 6000 Fuß anffteigenben
weftlichen Berghöhen von Mlein-Wrmenien. Bon dieſem Bereinigungs ·
Bu} u gegen, ‚Ermmlung öfetater Höfen be Sam, Särig
. mel
eh A Be een Bene =
Das Stromſyſtem des Kyzyl Irmak; Halys. 247
penche bei Siwas ( Sebaſtia 3800’ üb. d. DR. m. Ainsworth, 8768
WM. n. Tſahichatſcheſſf) aber zieht ſich der obere Lauf des
Halys gegen SW. im dem noch bem Norbraude des Gentzale
dlateaus zugehörigen Längenthale gleihmäßig fort, das mir
sen eben unter ver Geftaltung des obern Halys⸗Plateaus
4 lappadoliſch⸗pontiſche Hochebene aufgeführt haben; eine
Suede, vie überall über 3000 Fuß abſoluter Höfe mißt. Das
Yivean des Halnsfiroms bei Jarapafon, an ber Nordwendung,
ſaeint nicht viel unter 3000 Fuß, alfo faft vierfad fo hoch wieder
Meinfpiegel bei Bafel, zu liegen. Bon hier aber folgt das Gefälle ”
der Onerthäler durch Die Mittelfiufe des Halys, das an 2000
daß betragen muß, da Osmandſchiyk am Beginne bes unterm
duufs Emm 1000 Fuß mehr über dem Weeresſpiegel erhoben liegt
en Antwort, 1076 nad Tihih.)"),
Ya ver Hälfte diefes mittlern Laufes tritt aber von Often her
ve MRiaduug des oͤſtlichen Hauptftroms des Delinfhe Irma
ya Halye, den wir, ver Conſtruction des Syftems nach, wit bem.
Suse Zufluſſe zum Iris verglichen haben, ba ex fid auf gleiche
Weiſe wie jener, fo ver Delidſche Irmak mit feiner Mittefftufe,
de et von SD. nah N. W. durchzieht, zum Halys verhält, Sein
weither durchzogenes Längemwihal theilt noch mit dem obern Halys ·
Vateen den Character eines Central⸗Plateaus, nur in weites
nerdwãrts zwiſchen ben, oberen Längesthälern des Halhs und bes
diielaufes zwifchengefhobenen, und um weniges niehriger
Stufenlandes, en deſſen großem weitverbreiteten Nordrande.
Ber haben es ſchon in obigem als das Bozul-Plateau haxace
teifert und mit dem Namen ver galatifg-pontifhen Hogr
ebene, als der kappadoliſch-poutiſchen Hochebene im Norden gleide
lachend, bezeichnet (j. oben ©.38). Ihr Haupifluß, nach dem man
fe and bie Delidſche Icmal-Stufe namen Hrute, war zuver
feinem Laufe nach ziemlich unbefannt geblieben; ſelbit auf Rieperte.
großer älterer Karte von Rleinafien war er nur auf kurze untere
Streden, fo weit biefe durch ein paar Querrouten befannt gemorben,
eingezeichnet. v. Tichihatfcheffs Emtvedungen haben den viel -
weiter von Dften herkommenden Lauf. des Delidſche, aus ber
Nähe von den Halysquellen, höchſt wahrſcheinlich gemacht, obgleich
!
*%) v. Tchihatcheff, Asie Mineure. I. p.577, wo aber bie Bolotowſche
Aimienäeguung in der Angabe der Zahlen nicht mit bem Texte
mt."
248 Kein-Afen. 5
andy ihm noch manche Kilden zu ergänzen übrig blieben. Die zw
fammenhängenve Flußlinie dieſes früher unbelannten oberen Theiles
des Delivfhe- Laufes mit feinem unteren Flußlaufe hat aber die
jüngfte Kiepertſche Karte von Kleinaſien (1855)*7) wol mit Recht
mit anbern Verbeflerungen auch von ber Bolotowſchen Kartenzeich-
nung als Berichtigung aufgenommen, deren VBeftätigung durch fpätere‘
Beobachtung noch zur Bervollftänbigung zu erwarten ſteht. So
gering ift übrigens unfere bisherige Kenntniß vom biefer Provinz
Gaundſchal) Bozok, vie als die fiebente zum Paſchalik von Siwas
gehört, daß, da Indfhibfgean®) fie mit der Walachei und ber
Moldau als die drei fruchtbarften Provinzen des ganzen türkiſchen
Reiche aufzähtt, wir doch über ihren Anbau und ihre Bevöllernug
das einzige Ihzgat ausgenommen, in voller Umwifienheit find. Rad
den von Tſchichatſcheff in biefer galatifh-pontifhen Hoch⸗
ebene ver Delid ſche Irmal-Stufe gemeilenen Höhenpuntten
ſcheim ihr Niveau im Thale des. Hanptfluffes mer wenig unter
8000 Fuß abfoluter Höhe im oberen Laufe zu liegen‘, und bis zu
ITTO Fuß (bei Tfcherekli, unterhalb Bafchatjdt) abzufinten; doch bleikt
ber untere Lauf des Deliflü Irmak und fein Zufluß in ven
Halys noch eine Terra inoognita.
Der dritte Abſchnitt des unteren Laufes des Halys,
von Osmandſchyk abwärts zum Meere, bietet das fonverbare
Phänomen dar, daß dieſer Fluß nod einmal plöglic in die Nor ·
malrichtung feines oberen Laufes gegen Weſt eimbiegt, wo ihm ber
Dew erek- Fluß von Tuſia (Docea), ver ihm von Weſten ent-
gegen lommt, den er auch aufnimmt, dan aber wieder nach kurzen
Lauf von 6 bis 7 Meilen eben fo plöglich- fih gegen N-O. zum
Deere wendet, zuvor aber noch durch die Aufnahme des Fluſſes
von Kaftamuni (Castamon) ſich mit veffen Waſſern bereichert mb
daun exft durch bie mievere ſchmale Straudebene bei Bafira ober
Bafra zum Pontus einflickt.
+) f Kiepert, Kieinafien und Gyriem, Rener Handatlas, Ro. 27.
2. Petra a. a. D. u. KleinsArmenien. 6.297 mach Kies
Der Obere Lauf des Halye. 240
Erläuterung 1.
Der Obere Lauf bes Kyzhl Irmak, Halys. Das Obere Halys-
Plateau, oder bie Kappabofifch- pontifche Hochebene des Halhs,
von feiner Quelle bis Siwas.
Die Hauptquelle des Kyzyl Irmak, fagtv. Tſchichatſcheff,
etfpringt aus dem Gemi Beli Dagh (5 bis 6 Stunden N. O.
von Zara, und an 15 Stumben in NO. von Simas!); was
ibod um die Hälfte zu wenig erfcheint); Zara liege 4204 Fuß
Bar. über d. M., die Duelle aber 2000 Fuß höher (6200 Fuß
ib.d. M.); nur 4%, Stunden abwärts liege der Boden bei Dſche⸗
gin am Halys mur noch 3988 Fuß üb. d. M., und 4 Stunden
in NO. von Siwas ber Strom nur noch 3880 Fuß üb. d. M.,
vie Siwas-Ebene aber 3769 Fuß Par: im Niveau über dem
Meere. "
- Auf ver Bolotomfäen Karte find prei Hauptquellarme,
die vom N. W. (Rhan-fu), von N. (Iyloyz Irma) und von NO.
tommen, angegeben, bie ſich unterhalb Siwas zum Kyzhl Irmat
vereinen, von benen ber Bftlichfte Arm jener angegebenen Meffun-
gen als dem eigentlichen Hauptarme entfprict, und unftreitig von
Zara an auf Autopfie des Verfaſſers nad} feinen Höhenmefjungen
beruht. Obriſt v. Wrontichento?) fagt, ver Kyzyl Irmak ent
ſpringe 21 Meilen (160 Werft) in N.O. von Siwas nahe dem
Dorfe Urum Dile zwiſchen hohen fteilen Ufern, fo daß ihn nur
eine ſchmale Ebene begleitet, weiterhin fänftigen ſich exft die Ufer.
Da aber das Dorf Urum Dile mir vom Obrift auf feiner Monte
von Kaiſarieh norboftwärts nach Tokat berührt wurde, jo kann er
au den weftlichften jener brei Arme für ven Hauptarm gehalten
haben, deſſen Urfprung er viel weiter angiebt als die Bolo»
towſche Karte. .
Den öftlihften Arm, wie er nah Suters Angabe auf
Kieperts und Tſchichatſcheffs Karte nievergelegt ift, werben
wir wol mit Recht für ven Hauptarm halten. Diefes Thal,
welches Suter Gemi dere?!) (Schiff ⸗Thal) nennt, weil die Zu
’") v. Tehibatchefl, Asle Mineure. I. 2.168: **) Obi v. Wront-
füenfo a. 0. m Sehrften des lite» tobogr. Bürraus von
gan. d m 6.5. "IR Saar, Ha ©. Vol. 2. P.3.
250 einen. _ 6.5.
ſlufſe von Norden ber aus dem. Gemi Beli Dagh ven’ Bier gegen
SB. fließenden Hauptfluß bilden, zm beisen Geiten von hohen
Bergen begleitet, die an ihrem Fuß gegen Süd mit Fichten, Birtar
und Bappeln beffeivet find gegen Weft aber nur weniges Gebüſch
von Wachholder und Zwergeichen tragen. Das Ganze ift eine wilde
malerifche Scenerie bis zum Heinen Dörfhen Gemi⸗kjdi, das nur
40 Hänfer enthielt, unb von da bis Zara find nur einzelne Schäfer-
hütten. Biehzucht und Mäftung von Schlachteieh für Conftantinepel
in Hauptbeichäftigung biefiger Bewohner. Zahlloſe Schanfeeren
weiden umber. Läßt man den Strom zur Tinten, fo führt der
Weg über die ſudlichen Vorberge des mächtigen Pit des Kiöffeh
Dagh (di. Gd-Berg, entgellt bei Bors Ouonje D.), deſen
wehliche Verlängerung, ber Tfgamly Dagh (db. i. Fichte
Berg), die Waſſerſcheide zwiſchen Halys und Lycus bis Tofat bilde.
Die Ehäler tragen guten Weizen und Gerfle; bie Sommer fin
Kurz und heiß und zeitigen fenell. Die Winter find ſehr Lang web
ſchneereich. Die mehrften Dörfer liegen bier nach armeniſcher Art?)
noch halb unter vem Boden, ımb bie armeniſche Bevöllerung übt
wiegt noch die türfifche, Die aber von Zara an zumimmt. Der Um
blid der weiten Thalebene ift fehr einförmig, umd für Räderlarrn
Arabahe, fahebar, aber ſelten befucht; bie Quellen find ſehr lalt, bie
Fußläufe veifend, doch follen and warme Onellen hier fein, die
aber nicht benugt werben. Beim Eintritt in bie Ebene bei Zara,
mo ein paar Heine Seen liegen, hören bie bisherigen Tellen un
Küpyen am Stromufer auf. Der Hauptarm des Kynyl Irnmal,
wo er noch zwiſchen 160 Fuß hohen Felſen Binbucchfließt, hat aur
eine Breite von 30 Schritt, während fein Bett zur noch 20 Schritt
breiter ift; bis dahin find ihm viele Rurdeulager zur Seite mit ihrer
Oeerdenwirthſchaft. Suter zählt an brei Raxte Bergflüffe auf, bie
von Nordweſten ber vom Gemin Dagh ben Hauptſtrom vergräßen,
ehe er Zara erreicht, das nad ihm 12 Stunden von (inneres ax
fernt liegt. Zera, das unter vemfelben Namen ſchon in den alten
Hinerarim??) als Station erwähnt, und von Bors ein Stadichen
gemannt wird, hat nach Suter‘). 800 Familien, halb Wuſelmänner,
halb Arwenier, eine große Moſchee, aber auch eine nme ſcheͤu
armenifche Kirche. Die gute Ernte an Weizen und Gerfte kam ben
Einwohnern wenig zu Gute, da fie durch harte Evreffungen Haſig
"u E. Bors, Corresp. L p 366. ) kinenar. Aston. 182. zur.
213 od. Wen, H. Suter 1.c. X. P.3. p
Der Obere Bauf des Halys. \ 251
16 für feine Truppen fehr gebrädt waren; dazu wütheten
und * zu gleicher Zeit im Orte. Indſchidſchean giebt dem
auch 300 Hänfer, meift son Armeniern bewohnt), von bemem
einer, ber Kirhenfchreiber Jo ſeph, zum Islam äberging
und unter dem Namen Duſſuf Paſcha fih gewaltſam zum Paſcha
mach Ehrenſtellen trachteten, ift dies aber nicht gelungen, bemerkt ber
armenifche Autor.
Am 11. October (1838) ritt Suter weiter gegen S. W. durch
die Ebene, bie, über eine Stunde breit und über zwei Stunden lang,
überall zur Seite bebamte Höhen hat, und ein paar Heine Sen
(Eurgi Giol) enthält, die aber im Sommer ausjutrodnen pflsgen.
Der Kyzyl Irmak Hatte in ber folgenven tiefer liegenden Thals
ſeulang fchon eine’ Breite von 200 Fuß gewonnen, umb wurde zum
Flönen des Fichtenholzes nach Siwas benutzt. Sechs Stunben
abwärts von Zara, an den großen Därfen Jenidſcheh in OR
we Saraffa in Weit verüber, auf einem hohen Fels war das
Drrf Keimes erbaut, am des Stelle ver alten Station Camifa
bes Stinerars, und ihm gegenüber ver Ort Kotſch Hiffar (Hobja-
Gaftar bei Bers, ver hier ven weſtlichen Zufluß Adi-Su erwähnt),
bei welchem ſich von bem’fürlichen Gebirge des Kara Bel Dagh (am
Rorboftenbe des Antike) der erfte bebentenve linke Bergſtrom im Thal
veriput Dereffi, norbwärts zum Hauptſtrom ergießt. Ains⸗
worth?9), ver im 3. 1839 auf dem Müchvege vom Euphrat Aber
Divrigi und Iarbafan (4919 3. bach) ven Rüden des Kara
Bel Dagh (5790 %. üb. d. M.), vom Güdoft kommend, überftieg,
trat an einem fühlichen Zufluß bei dem Dorfe Tofangi in das
Kal des Halys ein, daß hier an 2 bis 3 Stunden breit, und in
einer Strede von 12 Stunden fi als gleihfürmige Ebene
en S. W. zieht, im Siven vom Kara Bel, im Norden vom Te
ti Dath begrängt wird, mit dem fd ber Gemin Dagh vereinigt.
Son hier if das Thal mit falzführendem Saudſtein, Mer-
gel und Gypsſtrecken überlagert. Noch 6 Stunden von da abe
wäris, an einem Gaftell Tuzla Hiffar (v. 1. das Salzcaftell)
vorüber, wurde aber zu Kotni (4055 Fuß über dem Meere)
imieits nie Brüde bei Siwas über den Halys erreicht, wo
” —& 1; a. O. 1. &.288 m. Kieperts Mfer, ) W. Ains-
n. and Bon, in Asia Minee, Lond. 1842. 8. ‚Vol. IL p. 10.
253 - Klein-Aflen. 5.
dieſer eine Breite von 215 Fuß zeigte, die Ainsworth maß.
Bon Keimes ging Suters Weg 5 Stunden durch bie Ebene
am Steome hin, ber hier ſchon eine Breite von 100 Schritt er
heiten hat. Nach einer Stunde erreicht man eine ſchöne Steinbrüde
von 6 Bogen, 180 Fuß lang, von ber man nun bie Stadt Siwas
in ihrer Ebene erblict, die nach einer Stunde, überhaupt in 12
Stunden Wege von Zara aus, erreicht wird. Bors's Ronte blieb
auf der andern Thalſeite, wo eine Stunde von Siwas das gu
von latholiſchen Armeniern bewohnte Dorf Perkhnig mit 160 Han⸗
fern liegt”).
Im der Siwas-Ebene, 3770 Fuß über dem Meere erha⸗
ben2%), macht ver Halys große Krämmungen, hat aber wenig
Waſſer; fein Bette ift daher voller Sanbbänfe und Meiner Yufeln,
die ihn vielleicht einmal zubämmen und ihn möthigen Eöımten, fich
ein neues Bette zu reißen. Im Binter find alerbings mande
dieſer Baͤnle und Infeln überſchwemmt, van ift der Strom ums
durchgehbar und deshalb vie fchöne Brüde -im Weiten der Statt,
ſtatt einer andern in Berfall geratgenen, von ben Türen erbaut
worden. Rod) führt eine britie, ebenfalls moderne Brüde ein paat
Stunden weitwärts ber Stabt über ben Strom. Doch iſt er It
Weſt der Stadt bie zur nahen Einmündung des Iyldyz Irmal,
eines rechten Zufluffes, der mit einem zweiten ihm benachbarten,
dem Ehan-fu, von bemfelben Süngehäuge des Tſchamlu Dagh
vom Norden herablommt, noch immer ein unbedentender Strom mit
niedern Ufern und feichten, meift bucchgehbaren Furthen. Duprs
iſt alfo-in vollem Irrtum), wenn er den Zufluß des Iyldyy,
wahrſcheinlich durch Habfchi Chalfa) irre geleitet, für den Haupt
from des Halys hielt, und fagt, derſelbe entfpringe auf dem hohen
Syloyz Dagh. Der Halys ift bei Siwas reißend und wirb es
mit zunehmender Steilheit feiner Ufer in fteigender Progreffion, fo
wie ex ſich von dem Boden ber fumpfigen Ebenen, die ſich in SB.
der Hochebene von Simas in teoftlefer Einförmigleit ausdehnen,
immer mehr und mehr entfernt, und bem Meridian von Kaifarich
nähert.
Die Stadt Siwas (Feßdoresa)), in weiter Ebene and
* Bord, Comeep, 1 p. 364. 390. )n Teihatchet; Ach
Mineure. I. p. 169. 2°) Dupre, Voy. en Perse 1. c. p.
?°) Gihan Numa, ed. M. Norberg. Vol. Il. p. 410. y —
Seogt. d. Br. n. Röm. VL 2. ©. 480. ‚Berbiger, Handbuch. I.
&.429. J. A, Cramer, Asis Minor. I, p. 317.
Dberer Lauf des Halys; Siwas. 253°
gebreitet, mit einer Caſtellruine auf beherrſchender Anhöhe über ihr,
gehört nicht zu ven älteften Stäbten des Landes, wenigſtens unter
ihrem Ehremmamen Sebaftia, ber ihr erſt in ver Periobe der Fair
fergeiten gegeben werben .tonnte, daher ſie au von Strabo ale
folhe nodP nicht einmal genannt wird; doch ift es wahrſcheinlich,
daß fie ſchon früher vnrhanden war, und umter dem Namen Mer
galopolis (Strabo XII. 657 u. 560) von Pompejus erft zu einer
Stadt erhoben wurde, zu welcher er bie Diftricte Colopene im Nor«
den und Eamifene im Often ber Stabt ſchlug, wo noch heute bie
obere genannte Station Keimes (Tamifa) am Halys das Zeuge
niß für die Lage der einfligen Provinz bewahrt Hat, aus welcher ver
Halys herabfloß.
Erſt Plinius (H. N. V. 3) nennt vie Stadt, bie er in
Eolopene aufetst, mit dem Namen Sebaſtia (vericieven von Ser
Sefopofis); vieleiht daß Pythoborie, früher bie Beherrjeerin
der Provinz, ober ber. fpätere Polemon ben ihm verhafiten Bei-
namen bes Bompejus in den Kaiſerlichen verwandelte, eine Bermu-
ung, worlber jedoch jeve VBeftätigung. fehlt, da weber ältere
Münzen, noch Sufcriptionen von Sebaftia bekannt geworben. Pio-
lemäus nennt fie in Pontus Galaticus ebenfalls Sebaftia
(Ptol V. 6. fol. 126); Sevaftia ſchreibt die Tabula Pet: In’ben
ſpatern Kaiferzeiten wird fie durch die Schriften des Gregorins
von Nyſſa bekannter, der ihre Lage an einem Heinen Zufluß zum.
genauer angiebt (Hierocl. Syneed. b. Wess. p. 703); Steph.
ſwaanz nennt fie eine Stabt Armeniens; Kaiſer Iuftinian ftellte
fie unter den in Berfall gerathenen Stäbten durch Wufban ihrer
Mauern wiever her (Procop. de Aed. IU. 4); fie ftieg durch frühe
xitigen Handel und Verkehr zu einer Metropole, und wurde
ſpãter umter byzantiniſchen Kaifern nebft Cäfaren zu einer ber
größten und reichften Staͤdte Kleinafiens, die aber zur Zeit Manuel
Commenus fon durch tücfhe Ueberfälle verheert warb (Nicetas
Choniat. Hist. ed. Imm. Bekkeri. Bonn. 1835. p. 152, 15 u. 159,8),
Geit den Einfällen ver Seloſchutiviſchen Türkenheere in Armenien
und ben furdhtbaren Verheerungen dieſes Landes beginnt unftreitig
vorzüglich die Zeit, in welcher viele Flüchtlinge aus Armenien?) in
den noch Öizantinifch-gebfiebenen Provinzen am. oberen Halys · Fluſſe
ein Ayl fuchten. Die armenifche Rinigsfamilie der Orpelier von
=) W 3. St. Martin, Mm. histor. et g6ogr. sur, Närmenie. T.1, 368.
373 u. p. 187. ®
254 Alein⸗iſten. 5.5.
Vaſpuralan, durch bie erſten fürchtedlicen Ueberfälle ver Sel-
dſchuken im Jahr 1021 erfchredt, cevirten ihr Laub an bie bygan
tiniſchen Kaiſer, und erhielten dafür im deren Gebiete Sebaſtia
am Halys zu ihrem Aufenthalt. Nach feinem mit Beute belabenen
Rüdzuge faßte Kaifer. Bafilins IL. ven Plan, Armensen wieder
zu erobern, wurde aber bald durch Sultan Thogrul.Beghs zweiten
uUeberfall in Armenien im I. 1047 bis Trebigond zurüdgefgeudt.
Siepasdia nad neuarmenifcer Ausſprache, im Vulgärdialekte
Siewasr, Siwas der Türken, füllte fih daher mit armeniſchen
Coloniften, die bis heute faſt die Ueberzahl im oberen Gebirgslaude
Klein-Armeniens am Halys ausmachen. ALS Eapitale und erzbir
ſchöflicher Sig ver armeniſchen Kirche blieb die Start eine Zeitlang
unter byzantiniſchem Schuge, bis fie endlich ganz an bie turfoma-
niſchen Fürften ver Seldſchuliden und dann ber Dttomanen überging.
Edrifi nennt Siwas nicht, wol aber Abulfena*) als
große und berühmte Stabt, mit einer Heinen Citabelle, reich an
Quellen, aber ohne Baummuds. Nahe dabei fliege der große
Steom, den er aber nicht mit Namen nennt, an jeinen Manern
vorlber. Er weiß mr, nad Ibn Said, daß e8 eine Metropol
der Hanbelswelt fei, die vom fehr vielen Kaufleuten befucht werde,
Bon Cäfareg zu ihre feien 60 Mill., was gerabe, nur bie Hälfte
ber Diftanz im Itin. Anton. ed. Wess. p.179 beträgt, doch mußtt
ex von dieſer Route nähere Kenntniß erhalten haben, da ex fagt,
daß auf ihr 24 Chahe erbaut feien, in melden bie Reifenben,
in ber Schneezeit des Winters, Alles finden, was fie zu i
Fortlommen bebürfen. Auf dieſer Route mh Ereerum fü a
ſehr kalt.
Ebu Batuta, der zu gleicher Zeit (1328)*) auf feiner Wan
derung durch Kleinaſien von Kaiſerieh nad) Amaſia dieſe Stadi
beſuchte, faud ſie unter der Herrſchaft ber Seldſchulen noch in hoher
Blüte. Sie war eine ber größter Stäbte in Rüm (d. i Römer
laude), volfreich, gut gebaut und die Reſidenz hoher Emire, wie des
Oberſten ver Scherife oder Nachkommen Muhammers. Ebn Ba-
tuta fand daſelbſt eine freie Aufnahme im Gouvernementspallaf,
wo man ihn mit allen Bebitrfniffen frei verforgte. Der Kadi des
Ortes in Begleitung feiner Stubiofen, und ver Emir Alaeddin
+23) Abulfedae Tabul. XVII. ed. Reiske in Däfhinge Mag. Th. VJ. 6.303;
f. Reinaud, Trad. im Mscz, *) Voyuges d’lbn Batontab, rad.
p. C. Defremery et Sanguinetti., Paris en T.H. p. 2809-202.
Oberer Lauf bes Halys; Siwas. 265
Artena kam ihm mit ehvenvollem Empfange und größter Hp
liqteit entgegen. Er fanb bamals, in ver Periode Seldſchulidiſcher
Fürflenreihe, dort und im eimigen 20 ambern ihrer bamaligen
Heuptftäbte Kleinafiens eine verbreitete Bruderſchaft, reiche Kaufe
leute, Handwerker und mächtige Grundbeſiher, bie ſich »Brüder-
Ritter“ (Achewat Fatijan) nannten’), Die es ſich zum Geichäft
machten, angefehenen Reifenben ihres Glaubens mit größter Gespito-
tät entgegen zu kommen, um fie bei fich in ihren Zellen over Kloͤſteru
(Gawile) mad) Art Geiftlicher deitterorden, wie Hespitaliter, brei
Tage lang, aud wol Länger herbergen und gaſtiren zu Eöunen, Bei
einer zweiten, Abtheilung viefer Brüberfhaft, bie Ehn Batuta
Athy Tſcheleby nennt, nahm ex feine Wohnung. Der Emir,
ver geläufig arabifch redete, und über bie politif—en Zuſtände
feiner Umgebung viele vebfelige Fragen that, verfah ihm aus feinem
Pellafte mit Speifen. Nach ſechs Tagen Aufenthalt fandte ex ihm
Hferde, Ehrenlieid, Goldſtücke und Empfehlungsbriefe an alle feine
Stetthaller zur Weiterveife, mit den Befehlen, ven Reiſenden ehren ⸗
zu behandeln und mit Rebensmitteln zu verfegen.
Au Batni lamt Siwas als beveutende Stadt), in großer
Eene gelegen, im ber aber im Winter fo große Kälte fei und fo
viel Schnee falle, daß daſelbſt vann felbft Die Bügel in Roth gern
Mer. Die Stadt werde vom Ehriften und von Mufelmännern be
‚weht, nämlich von Turfomanen von ber Lehre Abu Hanifa. Doch
Bel traf mu bie Gtabt das furdhtbare Strafgericht bund ben _
Weltſturmer Timur in feinem Berheerungskriege gegen bie Otto-
men und Sultan Bajezid, deſſen öfliche Haupfftant Simas
ex fogleich im September des Jahres 1400 belagerte?”). Sie war
mad} des Perferd Berichte mit-Duabermauern vom Grumb anf bie
zu den oberſten Binnen umgeben und jeder Stein war 3 Ellen lang
un eime Elle breit; die Dauer ſelbſt hatte im unteren Theile 10,
im oberen Theile 6 Ellen Machtigleit und mar 20 Ellen hoch. Sie
hatte 7 Thore mit eifernen Thüren, und war noch mit tiefen Gra-
‘ben umgeben, und durch Thürme vertheibigt. Aber Timur lich
ned höhere Türme und Maſchinen aufbauen zum Hiueinſchleudern
Gener, von Steinblöden und von Pfeilregen, vie wie in Wolfen
[4
3°) Ueber diefe Ichi f. dv. HammersYurgfall, Geſchichte der Ilchane.
xp. il. &. 322-383. ’*) Bekoui in Notie. et Extr. de la Bibl.
du Bei. 4. D. p. 516. ?") Cherifedäin, Bist. de Timat, trad.
p. 1a Good. Par. Ill. p. 266.
256 Klein⸗Aſien. 6. 6.
hineingeſchoſſen wurden. Die Stadt wurde von 4000 Reitern unter
Muſtafa's Commando tapfer vertheidigt. Aber endlich nach 18 Tagen
Belagerung mußten bie Mauern den gewaltigen Stößen ber Wibder
nachgeben, ein Theil ſtürzte ein. und durch die Breſche wurde bie
Stadt erftärmt. Alle Muslimen behielten auf Flehen der Doctoren
des Korans ihr Leben und ihre Freiheit, aber alle Ehriften und
Armenier wurden unbarmberzig niebergehanen ober zu Sclasen ge
macht. Viertauſend der Armenier ließ ver Wutherich lebendig in
die Brummen werfen und mit Erde begraben, um ein Erempel gegen
die Ungläubigen zu geben. Darauf ſchickte er feine Racheheere zur
Berheerung ber andern Provinzen umber.,
Bon dieſer großen Berwüftung, wodurch bie Stabt ihre fleir
Bigfte, reichſte und inbuftriöfefte Cumwohnerſchaft, die zahlreiche
armenifche Bevölferung, auf eine fo granfame Weife verlor, fhemt
fie fid) nicht wieder zu höherer Bedentung emporgepoben zu haben.
Sie blieb zwar die Hauptſtadt ter Provinz Siwas und dieRe
ſidenz eines Paſcha, dem zu Hadſchi Ehalfa’s®) Zeit mh
- große Provinzen von Amaſia bis Arabgir zugehörten, fo wie
17 Caſtelle mit 2000 Mann Beſatzung untergeben waren, aber ihr
eigenes Gaftell blieb ſeitdem gering, ihr Vertchr fheist dem großen
Umfat feiigerer Zeiten nicht mehr zu entfpresien, unb an Gebäuden
hat fie wenig beachtenswerthes aufzuweiſen. Dab Clima ift bert
noch zu rauh, um viele eblere Früchte zu zeitigen, an Baumwuchs
fehlt es fehr, nur Gemüfe und Baumwolle nennt die türkiſche Geo-
graphie aus ver Mitte des 17. Jahrhunderis als dortigen Ertrag,
und weiß nichts wichtiges von ihr zu melven. "Seitdem haben ſich
ſtatt der Armenier die Eurfmanen”®) viel allgemeiner im dieſen
* oberen Halysgegemden als zuvor angefiebeit.
Ausführliger ſchon find die Nachrichten, welche um ven An
fung biefes Jahrhunderte ber armenifche Geograph Dudſchidſchean ©)
von feinen dortigen Landsleuten eingezogen hatte. Nach ihm wird
‚ (was auch europäifche Reiſende beftätigen) *) im Bulgärarmenifchen,
deſſen Ausſprache hier für ganz befonbers rein gilt, der Name der
Stadt noch immer Sje wasd gefproden. Die Eutfermmg bis zam
Halys beträgt eine halbe Stunde gegen S., vie darüber führende
fleinerne Vrüde von 18 Bogen, die von ihrer Bauart im flumpfen °
+?) Gihan Namp» Geogr, Orient. va a M.Norberg. 1, IL p-401—402.
3#) Otter, Voy. en Turquie. Vol. Il. p. 337. *%) RenEirmenien.
6.282.288 m. Kieyeris ARfer. Heberfe > +) 5. Brani Le p 245.
- Oberer Lauf des Halys; Siwas. 287
Dinkel Egri Kidprä (d. i. kruunne Brüde im Türk.; armen. Dſur
Gamurdſch) genannt wird, ſoll angeblich von einer großarmeniſchen
Primgeffin, der Tochter des Königs Senetherim von Vaspuralan im
at Durch fate Uherftnenmmungen fädliche Gabubig; an ver
Steht vorbei der breite, aber im Sommer faft ganz trockne Mis-
wilEn, armeniſch Perkaign - Dfeur (mach dem benachbarten Dorfe
Fernig) genammt. Die alte Stabtmaner Liegt‘ feit der Zerſtbrung
Timm im Ruinen; and) bie in zwei Terraffen auf einem eld-
inmitten der Stab fi) erfehenbe Gitebele ift gerflärt mb
in ihren Ruinen jet Wohnhäuſer von Titrten und Armenien,
die untere an 150, bie obere 40-50. Die Gefammtzahl der Hänfer
der Stabt wird (mol zu hoch) anf 10000, worunter 2000 armenifche,
aber une 9—10 griedhifche, angegeben. Bon fonftigen merkwürdigen
Gebäuden werben genannt die blaue Schule (türf. Gjol-Medreſeh)
angeblich früher ein Pallaft des armeniſchen Königs Senelherim,
ds große Öffentliche Bad Kurfhunlu- Hammam (v. i. das
bleierne), daun bie Kirchen ber Armenier, zwei größere in ver Stabt;
von Sis, ſowiẽ mehrere Meinere Kapellen, ferner die auf dem armenifchen
Rirchhofe iegenbe Kirche der Griechen, dem h. Georg geweiht; ber
Kirchhof ſelbſt erhält in feinem Namen Sjew- Hoghier (armeniſch
ſcwarzer Boben) das Audenlen an die Graufamfeit Timurs, ver
angeblich am dieſem Orte die Kinder ver ſebaſteniſchen Ehriften zu- -
fouımentreiben und von Pferden zerftampfen lieg: Am Weſtende
der Stadt, weiches, obwol jegt nicht mehr ummanert, ben alten
Rımen „Chor von Cäfarea” (türk. Kaiſeri ⸗kapufſh, armen. Ghai⸗
fawturm) bewahrt hat,. befindet ſich eine ausgedehnte Ciſterne, an»
gAid) der Ort des Martyriimns der hier erträntten AO Heiligen, die
ton den Armeniern gewöhnlich vie vierzig Kinder (Rharafun-Manug)
gensant werben; ihr Andenten und der Glaube an ihre Hülfe bei
eibeefimerzen wird aber wunderlicher Weife nicht allein vorm ben
Cpriften, foıvern and) von ben tüurkiſchen Bewohnern in Ehren gehalten.
nid in halbftändiger nörblicher Entfernung von der Stabt befinbet
fh ein weitläufiges, zwar nur vom Holz gebautes und mit einem
Cawall umgebenes ameniſches galoſter, das aber die Reſidenz bes
Rits Gralune XVII. R
258 Kein » Aſlen. .5.
Enbiſchofs dieſer Nation und drei von Stein erbaute Lirchen au
Hält, eine größere Surp Neſchan (d. i. heiliges Zeichen, nämlich
h. Kreuz), nad) ver das Ganze benannt wird, und zwei lleinere ber
b. Jungfrau und des h. Johannes bes Täufers, oder wie er im Orient
allgemein benannt wird, des Vorläufers (Ilgodpopos ber Griechen,
Garabied der Armenier). Das Kloſter liegt im der aumuthigen
Nachbarſchaft von Waldbergen mit zahlreichen Quellen, daher dieſe
Gegend, vie bei den Armeniern ven Namen Mijeralum ˖ oder Mara
tum, bei den Türken Kyrk-Pungar (harte oſttürkiſche Ausſprache
des vulg. Kirk-Bumar, d. i. 40 Quellen) führt, ven Stäbtern als
beliebter Sommeraufenthalt dient. Auch in ver meitern Umgehung
der Stadt finden ſich noch viele von Armeniern bewohnte Döcfer.
- Vorzüglich wichtig iſt Siwas aud den Arineniern als Baterkadt
bes im I. 1676 hier geborenen Mechithar, ber als Stifter einer En
gregation zuerft jeit 1706 zu Modon in Moren, dam feit 1717 zu
©. Lazaro bei Benevig, wo fie noch jegt blüht, für bie geiftige Bil
bung feiner Landsleute fo beteutendes gewirlt hat.
.” Berfolgen wir nun bie Berichte ber europäiſchen Reiſenden ſeit
verfelben Zeit. Sohn Jadſon, ver im Jahre 1797 auf feiner
Rüdreife von Basra her Siwas berührte, nennt es eine große uud
volkreiche, aber jhmutige und elend aus Holz, mit flachen Eſtrich-
dachern erbaute Stabt, fieht ven Hügel, ver das zerftörte Caftel
trägt, als einen künſtlich aufgeführten am und rühmt die Frachtbare
teit der .Umgegend an vortrefjlihem Gemüfe und europäiſchem OR.
Duprs?), der Siwas im Jahr 1808 befuchte, giebt ihr 16,00
Einwohner, die zum Theil dody nur in elenven, aus Erde erbauten
Häufern wohnten. Zwei geringe Forts follten fie fügen. Des
Arm des Hauptflufes, über ven eine Brücke führte, nannte man
Zuzlusfu, (d. i. ſalziges Waffer), ein Name, mit dem aud zu-
weilen ver Hauptfluß ſelbſt bezeichnet wird, auf dem ber 9:
für die Stadt aus ven obern Dorfichaften herabgeflögt wird, darau
die Umgebung Mangel leivet. Gewerbe find unbebeutend und ber
Handel ſchien ganz darniederzuliegen. Obftgärten fehlen in ber Um
gegend, nur eimas Gemüfe, vor allem Zwiebeln, Portulal und
Gauchheil werben gebauet, die eine Haupinahrung der Einwohner
ausmaden. Bon Ruinen aus dem höheren Altertfum findet fich
nichts von Bedeutung; gegen Süden breitet fi die nadte Ebene
weit aus, über die auf Arabahs ebenfalls ver Stadt ihr Holz
““e2) Duprö, Voy. en Parse. Paris 1819. 1. p 46.
Oberer Lauf ven Hays; Siwas. BE0
Salz vom dem benachbarten Ulafd zugeführt zu werben
Auf ven nadten fumpfigen Ebenen im Süden gegen biefen
0 fich oft Pelilane umd ſchwarze Störche fehen laſſen, ziehen
häufig Salztruften über den Boben hin. 9. Brant, bes
Süden ber über Manpfchulye im I. 1885 von einem Zu ⸗
des Tochma-fu ber bei Ulaſch, das von 60 armenifchen
lien bewohnt war, in das tiefe Thal vom Siwas eintrat,
hier zwar hie und da guten Weizenboben zeigte, fanb viele
Bertiefungen des Bodens daſelbſt mit Waſſer angefülllt, in benen zur
tredenen Jahresheit ſich eine Salzkrufte*) nieverzufchlagen pflegte.
And traf ex auf dem Mege von daher nach Siwas zwei große
Sal zwerke, aus veren Salz quellen beveutende Borräthe biefes
Products gewonnen werben, von beren Verkauf durch bie Provinzen -
das Gowernement einen bebeitenden Gewism zog. Indſchi⸗
dſhean“) rühmt dieſen Bezirk von Ulaſch als eine eigentlich zu
Sis in Pllein-Armenien (Eificien) gehörige Anſiedlung ver Armenier,
die auf einem fehr fruchtbaren Boben guten Weizen bauen und durch
die aus feiner trefflichen Buffelmilch bereitete Sauermild berühmt
fein. Eine dort fehr reiche, unter dem Namen Kara Gjawur (d. i.
Schwarzer Ehrift) bekannte Familie fei wegen ihrer Gaftirung
ver Armee Sultan Murads einft mit dem Gruud und Boden bes
Sebietes und Abgabenfreiheit befhenkt worden, und übe auch jegt
noch dieſe Gaftisung bei dem Durchzuge eines Paſchas durch das
Gebiet aus. Bon Ulafch bis Siwas abwärts zeigte ſich wol etwas
Uaben, aber fein Dorf bis zur Stabtnähe. In ben bort vorlom⸗
wenven elshöhen follen fi gute Marmorbrüce zeigen. Nahe
Siwas hatte Ain sworth auch Steinfalz*) beobachtet. Zwiſchen
tes Gypo⸗ und Kallſteinlagen an der Nordſeite des Kyzyl Irmak
# die Stadt anf einer Travertinſteinhöhe erbaut, deſſen Geſtein ſich
fertwãhrend als Tuffmaſſe noch fortbildet, durch die Kallauflöſungen
feiner Nallwaſſer; die Ebene von Siwas liegt nach Aiuswortha
Weffungen 3654. Fuß üb. d. M., die wellige Ebene von Kotni
3300 Fuß. Nur in geringer Ferne von da auf dem hohen, aber
Genen Tafel lande find die undulirenden Oberflächen mit Gyps⸗
lagern, Mergelſchichten, Höhlenkalt und Süßwaſſerkalk⸗
Rein im Horigontalen Schichten vol Süßwafſermuſcheln
gt
EEHIeER
7) I. Broot, Journey L.c. Journ. Roy. Geogr. Soc. VI. 1836. p. 214.
Judſchloſcheau a. a. D. I. &.367 n. Kieperts Mfer.
**) W. Ainsworth, Res, in Assyria, Babyl. etc. Lond. 1838. p. 287,
260 „ Riein-Wlen. 5.6.
¶Tyeladen und Paludinen) auf Streden von 6 Stunden weit über
zogen; offenbar Nieberfhläge eines einſt hier ſtchenden Sees, daher
die mit Örafungen überzogene baumlofe Hochebene fehr einfürmig
nur von einzelnen tieferen Waſſerrinnen zertheilt wird. Ueber dieſer
Ebene erhebt ſich im Norben ber Ayldyz Dagh (Sternberg)
bis 4985 F., und ver höchſte Gipfel des Tſchamly Dagh 5874
Fuß üb. d. M. Die cultivirte Ebene, bie ſich im biefem letzteren
Gebirge an deſſen Süpfeite hinzieht, liegt im Thale von Karim am
FZuße des Kuſchanlu Dagh; der Ort Banlus bis 3182 Fuß üb.
d. M.“ice). Hadſchi Chalfa“) nennt den Ort Banlus und fagt,
ex fei groß umb von vielen Chriften bewohnt; die Ebene, in ver er
biegt, nennt er Artyk abab. Den Nordweg von Siwas legte
9. Suter auf ver Poſtſtraße über Arslan Toghmiſch, am he
hen Kegelberge Iyldyn Dagh vorüber nad Tokat in einem Tag
marſche zurid. Ed war am 13. October, ver hohe Berglegel war
noch ohne Schnee.
‚Die Einwohnerzahl giebt Brant auf 5000 tärkfge und 1200
armenifhe Familien an, wie gleichzeitig H. Suter®) fie auf 6000
ſchatzte, vom denen 1000 bis 1100 armeniſche, vie übrigen türkiſche
fein follten. Die Moſcheen und Chane follen an perſiſche Architectur
erinnern, wenn wicht vielmehr bie armenifhe hier ihren Einfluß
ansgeäbt hat. Armenier find auch hier wieder zahlreich vertreten
und die Seele der Imduftrie und des Handels geworben. Die Ba-
zare von hier waren neuerlich bedeutender mit Waaren, auch wit
englifchen, verfehen, und zeigten Ueberfluß an allen Bedurfuiffen
des Lebens. „Den bequemften Verkehr bot die gute Strafe von
dem Küftenhafen Samſun für ven Transport dar, umb als bie
bequemfte umb befte große Militärftrage zwiſchen Conftanti-
nopel durch Malatiah nah Kharput und Diarbefir hatte bie
Stadt zu den Zeiten Reſchid Muhammeds und. Hafiz Ba--
ſchas neues Leben erhalten, welde ven Verkehr mit Europäem
vorzüglich begünftigten. Im Jahre 1838 herrſchte die Pet im
Siwas.
Zu ven Iehrreichften Berichten über die Umgebung des Siwas- |
gebietes gehört die Eharacteriftif des Landes, bie wir dem Obriſt,
*) W. Ainsworth, Trav. and, Res. II. p. 16 und baf. in Assyria p. 16.
* Gihen Nama od, M. Norberg, Il, p. 400; Otter, Tar, LIE
p-325. **) H, Suter, Notes I. c. im Journ. of Boy. Geogr. Sos.
Eond. 1841. Vol. PB. na
Dberer Lauf des Halye; Siwas. 261
it General v. Moltke, unſerm verehrten Freuude, bei feinem
Darchmarſche von Samfun und Amafia über Tolat nah Simas
verdanken). Wir affen ihn bier im Zufammenkange mit feiner
gayen Terrainſchilderung folgen. Weit über das ſchmale Küften-
weland am Pontus, fagt derfelbe, erhebt ſich die zufammenhängende
Moffe des afiatifhen Hochlandes, Bon Samfun erfleigt man bes
Hatean in drei Stufen, alle mit ber "Eigenthümlichleit von N.
ber ſeeil fich erhebend, gegen Süd ſehr fanft fich fentenb, fo daß
je Stufe einem gegen Mittag gefenkten Glacis ähnlich iſt. Hat
mon bie erfte Borftufe über Amaſia nah Tokat überfliegen, fo iſt
der Nordfluß des Tſchamly⸗Bel (Fichtenräden) erreicht, am
vom Tolat 1677 Fuß üb. d. M. (nad Yinsworth) liegt. Bom °
hohen Tſchamly - Bel (5260 1.) ſenkt fich die Hochfläche mit abueh-
menver Böfchung fanft nach Süven gegen Siwas unb dem weiten
offenen, aber fpärlich angebauten Thale des Kyzyl Irmal, ber von
dem purpurfarbigen rothen Sandftein feinen Namen trägt. Bei
der Stadt ift ein 100 Fuß hoher Fels aus Marienglas beach⸗
Gleich nachdem man ven rothen Strom auf einer 250 Fuß
langen Steinbrüde überfchritten hat, erfleigt man bie zweite Terraffe,
weiße ſich relativ bedeutend weniger, abfolut aber ungefähr chen fo _
hech wie der Tſchamly - Bel erhebt und fi ba ſehr flach über
Ulaſch Hinans fentt. Einige Salzquellen bilden kleine Sem, in
“ mdchen bie Some durch Berbunftung die Salinenarbeit übernimmt,
mb Ralf» und Marmorgeſtein treten an mehreren Stellen in mäd-
tigen Lagern zu Tage. Die legte und höchſte Stufe bildet den
Delitlü Tafch (durchbrochener Stein), welcher von Norden gefe-
hen eine fchroffe nackte Sandſteinwand von mehr ald 1000 Fuß
Höhe barftellt, während er von ber [üblich ſich verflachenben Hoch-
ötue des Antitaurus einer nievrigen Hügelreihe, mit ſpaͤrlichen
Fichten beſtanden, gleicht. Bon viefem Derbend over Paß, welcher
bie Waſſerſcheide zwiſchen dem Schwarzen und Mittelänpifchen Meere
bildet, überbfit man gegen Mittag 10 deutſche Meilen weit eine
ummterbrochene baumlofe und unangebaute Hochebene mit
laum merflicher Senkung. Nur jenfeit dieſer Entfernung erheben
Rd vie zackigen Gipfel ver Gebirge, welde ven eigentlichen
Taurns (dem euphratenſiſchen, |. oben S. 216) bezeichnen.
E) 5. Melt, grographlie Molly über KieinsAflen, f. Memoir über
jon der Karte von Klein:Mfen ıc. von Klepert. 1854.
Bat. 861-5.
.
WM - Adam. 6. 6.
Dieſet ganye mehr als 20 Meilen breite Höhenglrtel (des or»
tealen hoben Sleinaften) zwiſchen Tſchamly-Bel und Haſſan The
lebi (im Süd des obgenennten Paſſes Delitiu Taſch) bildet eine
Hochfläche, durchſchnitilich von 5000 Fuß abfoluter Erhebung.
Weiter gegen Oft iſt das Platenu höher (Erzerum 6600 Fuß), ge
gen Weſten niebriger, auch wol fchmäler.
Die Mimatifcen Berhäftnifie ſtimmen mit jener vplaſtit des
Bodens überein. Mitte Monat März 1838 mar bas ganze Platean
mit einer 4 bis 5 Fuß hohen Schneedecke überlagert. Glilhende, faft
ſenkrechte Sommenftrahlen prallten von ver unabfehbären Fläche
zarüch, aus deren enblofem blendenden Weiß nur bie fleilern Fels
Yartien ſich ablöfen. Die Gegend vereinte den Sommer: eines
-unbewölkten Himmels mit dem Winter bes erſtarrten Erdbodeus.
In Siwas lag ber Schnee bis zur halben Höhe ver Häufer, umb
me enge Pfade waren durch diefe Maſſen geſchaufelt, weiche bio im
ven Mai hinein liegen bleiben. Dagegen war auf beufelben Fläͤchen
Mitte Dctober die Kornerute noch nicht beendigt, bie bei ums
3 Monate früher fällt.
Die Waſſernoth der Plateaus macht, daß die Gegend mar fehr
wenig angebaut ift. Auf der faft 30 Meilen langen Strede von
Tolat bis Hafjan Tſchelebi paffirte man nur 5 bewohute Ort
ſchaften. Bielleicht, daß wenige niebere, unter ver Erbfläde einge»
grabene Wohenmgen unſichtbar blieben. Se nachdem das Weideland
vom Schnee befreit iſt, werben bie ſchuell hervorgeſproßten Grafenagen -
von den turkmanifchen Wanderſtämmen, ven. Juruls, mit ihren Heer⸗
wen abgehütet; aber fon Anfangs Juni ift aller Graswuchs auf
ver Höhe verdorrt. Weizen ımb Gerfte wirb hauptfählih zur
im Thal des Kyzyl Irmak gebaut, Bäume ficht man faft gar
nicht. Nur vereiippelte Fichten ftehen einzeln an ben hbohſten Berg
Mmmen; nur um Siwas erheben ſich riefenhafte Platanen,
Bappeln und Kirfhbäume, bie aber angepflanzt find. Die
‚ Rebe und ver Delbaum gedeihen wicht mehr, noch weniger bie
Eppreffe, vie überhanpt nur da zu geveihen ſcheint, wo fie ihe
duntles Grin im Meere fpiegelt. Im Innern des Landes wirb
fle faft nirgends gefunden. Die ausgedehnten Wieſen des Ay
grmal geben zur Zucht zahlreicher, trefflicher Pferde Veranlaffung.
Auch die Verſchiedenheit der Menſcheuwohnungen, welche genau auf
der Waſſerſcheide beider Meere anfängt, ift beachtenswerth: denn fie
bängt mit ber Elimatif zufammen. Nördlich bie ſchrägen, obwol nur
fanft zugefpigten Ziegelbächer, fübfich überad die Hozigumiele Bor
Oberer Lauf des Halys; Umgehung von Siwas. 063
dung durch Ballenlage mit barauf geftampftem Lehm umd Ries
Eciſh Düm); im den Höhen gegen Armenien zu aber bie unten
itdiſchen Erdhäuſer, vie höhlenartig in die Abſätze der Berg
Aufn mit Steinvorbauten und ‚Steimplatten ober Rafendeden #0)
üngehen, und befieren Schuß gegen bie firenge Kälte bieten; bie
Bauart der wmehrfien armenifhen Derfſchaften. Weiter hin folgt
cin anderes Land mit neuem Naturcharacter. Die umherziehenden
Ausden und Turkomanen nähren. ich von ihren Schafen mit
von Fettſchwanz, von Milch, Ereme, Käfe um Eiern.
Die Erſteigung des preußiſchen Dfficiers*!) von Tokat über
wu hehea Tihamiy-Beg geſchah in 3 Stunden bis zu deſſen
Ole, um ſchönſten Winteriage, ben 10. März. Der Schueepfad
‘war feftgelreten, aber die Schneedede daneben ganz locker, fo daß
das Pferd bei jevem faljchen Tritt ſogleich in den tiefen Schnee
üxfent; dabei ein fo brennender Sonntuſtrahl, daß man trag der
dite im dichte Schleier verhällt fein mufte, um vom Silbert
der Schmeeß nicht geblendet zu werben. Daher erreichte man,
werlichem Marſche auf dem Weftwege, am Chan - ſu über
Station Jenichan, erſt ſpät die Stadt
Under dem a1. Breitengrade lag hier ber Schuee in manchen
Gegenden ver Gaffen von Siwas Mitte März bis zu 10 F. hoch
auigchäuft, ums vie Pacpferde Tomaten fich Kaum vun bie engen
tragen fortbewegen, uud fanten bis an ben Gurt ein. Die Ei
uudelle auf —— in Rule, wucbe nicht befucht, aber bie
in der Mitte der Stadt Ihngt. Im ber dagade bortiger
Ben fih ein fo großer Reichthum von kunſtvoll in Stein
Anke wie nur ſelten an gothiſchen Kirchen; zumal
die Pertale zeigten vie zierlichſten und geſchmackvollſten Blamen ⸗
xxinde, Blätter, Arabeslen aller Art, welche ganze Wände har⸗
meeifch werzierten. Es ſollie perſiſche Sculptur fein; vielleicht eher
meniſche früheren Rircheuftyles, oder ſaraceniſch-arabeſche Saalptar,
wie vie Arditecturen in Konia. Neben einem Derwiichllofter,
nn wetich, ſtand ein febenswerther rumber Thurm, darin ber
=F
F
ii
Hr
Yaleten Murfenfeiten wefnilertig aufgebaut (mie der Architecturſthl
J Aion b. W. Ouseley, Trav. Lond. 1823. 4. III. p. 460. Plate
“Lu 1. 1.8; E. Bert, «Men. 1.& 1. p. 345.
For v · nie, Du⸗fe über Penn: mub Begebenheiten in ber
Zürtei aus den Jahren 1836—1839. Beslin 1341. 4. 6. 208 ff.
284 alein ⸗Aſien. J 6.8.
ber Seldſchnken - Dynaſie in Konia) 2). Gin anberes Telich
liegt auf jenem deis vom Marienglas, und bietet eine fhdne Um
ht dar. Diefe durchſichtigen Olastafeln zu Wenfterfgeiben in
Cappadoc ien hat au fon Strabo (XII: 540) als beachtens-
werthe Producte des- Landes aufgeführt, von benen aber i
Hein Gebrauch gemacht zu werben ſcheint. Das Clima hat ven
Borzug bei dem Spätwinter, daß das Korn, im Mai geföet, ſchaell
reift umd die veichlichfte Ernte giebt, mit welchem bie rings umher» |
ziehenden Nomabenftämme ver Kurven und Turkomanen ſich durch
Cinkauf auf dem Bazar ber Stadt verſehen Können. |
Am 14. März, jenfeits der Halys-Brüde, wurden meh |
8 Stunden beftänbigen Auffteigens auf ver fanft fi erhebenden,
ſchueebedeclten Hochebene, aus ber fein Baum over Strauch herner-
ragte, unter beftänbigem Schueegeftöber die hohe Strafe bes Anti»
taurus an ber Station des Delikly Taſch (der burchläckerte
* Stein) unb veffen Reifen Feletlippen erreicht, two bas Dörfcjen im
Ba, bei 5000 Fuß; über bem Meere, 8 Monat im Dahre Win-
ter bat.
Derfelben Zeit (188889) gehören bie Berichte von Bora)
und Ainsworth an. Der Unterſchied bes höheren Stufenlandes
vom pontifchen Geftabeboven brängte fiä auch Bors, ber von bi
ſem Hexaufftieg, mit Beſtimmtheit auf: ven hier, jagt er, beginnt
gegen jene fruchtbaren und romantiſchen, immer wechſeluden Berge
und Thalgründe und fefte Auflevelumgen eine Reihe monotener,
" nadter, baumloſer, Ianggeftvedter Bergrlden, one pittoreste Pils,
aber mit hbhern felfigen, ganz einförmigen Oberfläden, bie ohne
Vegetation feelettartig dem Auge vorüberziehen, wo fle wicht wie in
ven mäßigen Gränden mit Graſungen überzogen find. Des Laub
ift heiß, wilb und doch Bbe, von Nomaden durchzogen, bie große
Unficerheit bringen, gegen deren Ueberfälle man Tag und Nacht
auf ber Hut fein muß. Hier hört bie ottomaniſche Herrſchaft auf,
und eis ungeregelter Zuſtand beginnt, indem nur bei ber gefftveuten
armenifchen Fejtanfieblung Siäereit und Drbiung zu finben il. -w
Die Ruine ver Citadelle auf dem Berge über ber Stat Siwas
erſchien Bers großartig genug, am an die Alteften Zeiten ihrer
Gründung zu eimern Die Granitguabern waren ohne
**) Ch. Texier, Description de l’Asie Mineure faite p. Ordre du Gourt. Fol.
Paris 1839. Vol. Il. p. 146. Planche 98—105. ) E, Bord, Cor-
„ Tesp. ot. Mäi Iaca I. 389-864.
Oberer Lauf. ves Halys; Siwas. 5
Mörtel kunſtvoll aufeinander gelegt, wie er ſolche Manern in
Amaſtris und Heraclen aus alter Griechenzeit wahrgenommen.
Die Hoffnung Dupre’s, umter ihnen noch antile Sculpturrefte
und Infcriptionen zu finden, bewährte ſich nicht, da von Seldſchulen
amd Timuriden alles verheert ſchien. Über bie untere Eitadelle
in ber Stabt zeigte Reſtaurationen aus dem 13. Jahrhundert, zumal
in einer Juſchrift vom Jahr 621 ver Hedſchra, 1224 u. Chr.,
nach weder dieſe Citabelle vurch Abulfath wieder hergeftellt
wurd). Bon demſelben Erbauer haben ſich noch 4 andere groß ⸗
tige Bauwerle im Orte erhalten: ein Hospital, das jetzt ein
Derwiſchlloſter (Telich) geworben, und 3 Mebreffen, in beuen einft
bie gelehrteften Ulemas zahlreiche Schüler verfammelten, als die
Seldſchuliden ⸗Sultane ven Chalifen in Bagdad und Cairo in
Beihügung der Wiſſenſchaften nacheiferten. Im den Ornamenten
verſchmãhte die damalige Architectur allen Zierrath des Thierbilber
and menjälicher Figuren, aber vie Pflanzenwelt bot ihr die
ſchöuſten Mufter, wie in ben gleichzeitigen Bauwerken zu Konia
am in ber Alhambra in Spanien, umter ben bortigen Chalifen
von Cordova. Nur die Figuren des Thierkreiſes wurden beibehals
ten, uud auf ben Münzen jener Zeit das Abbild der Sonne,
ber Löwe umb das Pferd. Doch auch dieſes ift alles ſchon mehr
oder weniger in Verfall, da Erdbeben und Schneeſchmelzen bie küh⸗
an und leichten, weniger foliven Architecturreſte, als die der Grie-⸗
Gen, alljãhrlich einſtürzen machen. Obwol in Verfall und jegiger
Zeit faft ohne Handel, und buch bie. Verlegung ver Paſchareſidenz
in die Öflihe Euphratſtadt Kharput auch vom viel geringerer
politifcher Bedeutung als zuvor; follte die Stabt doch noch 40,000
Einwohner haben, von venen.ein Viertheil Armenier feien, wol eine
Ucbertreibung, die Mr. Bor& dieſe feine Freunde zuflüfterten. Ein
daar alte Königsfenlpturen in Marmor ſollten erft kürzlich von ven
Xärten abſichtlich zerflört fein. .
W. Ainsworth Fehite als Flüchtling nad) der Schlacht bei
-Rifib (28. Juni 1839), wo bie Aegyptier das ganze türkiſche Heer
xrſpreugt hatten, vom Euphrat bei Malatia, am 6. Juli 183959),
Ma Siwas nah Conſtantinopel zurüd. Er fand die ganze
Gerwehmerfcaft in größter Aufregung, zumal ba auch der Ted bes
20 pa Die Wätene Serfetung Ders Sutton Matammep Im Jahre 8
ker Gikäne ber 145 m Ehe, med bereiten Saptriit ermähnt
Beige, [u °) W. Alammon, Tran, and Ru. 1Bda, Tom II.
11-17. . N
zes Mein-Men. .6.
Sultans Mahmud erfolgt war. Die Chriſt en daſelbſt bejam⸗
merten nur die ſchwere Tare, bie fie zur Errichtung von Regimen
tern hatten aufbringen müffen, die num im der Schlacht im wenigen
Stunden vernichtet waren. Die Turkmanen zeigten fein Mitleid
weber mit dem Gultan, noch mit der tirkiſchen Arınee; was haben
wir, war ihre Rebe, mit ihnen zu thun? Die wenigen OSmanlys
ans ber alten Zeit, die Gegner der moderniſirten Rifam, b.i. ber
Binientruppen, (die ſich voll altem Stolz; Sakally, vie Bärtigen,
nenmen) ftrichen ihre Bärte und fagten: wären wir dageweſen, bam
wäre es anders gegangen! — Die Zeit war wenig zu neuen Beob
adytungen geeignet, täglich kamen Flüchtlinge vom Schlachtfeld und
der Armee an, bie auf ihrer Flucht noch von- ihren eigenen
Kurven bis auf Hemb und Hoſen nadt an&geplünbert waren
Der Martt von Siwas mar mit europäiſchen, zumal engl
ſchen Waaren durch vie Dampffäiffe von Samſun her überfäht;
ber Berlehr war ſehr lebhaft geweſen; bie Stadt ſollte nme 16,000
Enwohner Haben, davon ein Biertheil zu den Ehrifien gezählt warte;
viele ber Kanfleute hatten bedeutendes Wermögen erworben. Cie
hatten Pehenöunkttel in Ueberfink, aber Mangel am Holz; die Gtuht
war ſchmndig im Innern, buch ihre Lage im tiefer Einfentum
umgefimd. Das obere Caftell in verfchlebenen Zeiten feit älteſter
Zeit her erbaut, lag völlig in Trümmern.
Aus neuefter Zeit haben wir mmr- ein paar flünhtige Be
fuche durchreiſender Miffionaͤre nachzutragen: ver Englämer
Badger®%), ber im Jahre 1842 hier durcheilte, ihm die
Bolleninbuftrie der Stadt und giebt die Familienſahi der Grieden
zu 20, ver Armenier zu 1050, ver katholifchen Armenier zu 50, bie
tärtifche Bevbllerung aber zur dreifachen Zahl der Chriften an, wo
nad) vie geſammte Seelenzahl auf 24—25,000 gefchägt werben
diirfte. Endlich Sandrecztis”), im Fruhling 1860, nennt Siwet
über alle Begriffe, felbft unter orientalifchen Städten, elend mb
ſchundig, umd bie einzigen Dentmäler älterer fehöner Architectur,
zwei Moſcheen aus ber Gefvfchufenzeit, ihren gänplichen Berfaie
entgegengehend, als Gauptmerfwärbigfeit aber eime bie Euer
ſchlagende Thurmuhr (außer ver zu Manifa bie einzige in Kein
After). Zugleich erfahren wir durch ihn bie ver einigen Sam
in Folge ver Bemühungen amerilaniſcher Miffionäre erfofgte Bil
R Ber. George Perey Badger, The Nestoriand and iheir Rituals. 2 Vol.
Loaden 1882. +7) Reife wu; Mofnl und burch Kurdiſtan nad
Uramia, Stuttgart 1857. Th. i. ©. 108 ff.
Oberer Halysfanf unterhalb Siwas. 2367
tung einer noch Heinen, aber in erfrenlichem Zuwachs begriffenen
proteftantifchen Gemeinde unter ben hieſigen Armeniern.
Erläuterung 2.
Der obere Lauf des Kyzyl Remak (Halys). Das obere
Halyoplateau ober bie cappabofifch- pontifche Hochebene von
Siwas abwärts bis zur Einmündung des Sarymſak (Melas)
im · Norden von Kaiferieh (Caesarea).
Die Wegftrede, weldhe der Halys von Siwas gegen S. W.
58 zur Brüde Boghaz Kjbprij im Norb von Kaiferieh und
dem Einfluß des Melas ver Alten, des heutigen Sarymſalk
(f.ob. S. 16,59), zurüdgnlegen hat, wo ein Hauptübergang über ihn
flattfindet, beträgt an 80 geogr. Meilen, und bie Strede von da
5i8 zu feiner entſchiedenen Nordwendung bei Jarapafon im Nor
von Rewfchehr noch am 7 geogr. Meilen; fo daß man mit allen
Rrümmumgen biefen Stromlauf wol auf 40 Meilen annehmen darf,
bez aber nur feiten einmal begangen wirb, weil Teine Baupiftrafe
hindurchführt, da bie mehrften Reiſenden fon von Siwas aus
anf amberen Wegen ſüdwärts ober norbwärts, auf anderen
Strafen nad) Cilicien und Syrien, ober zum Pentus und Conftan-
tinopel ablenlen. Daher ift ver Lanf des Halys hier faft mır mit
panctirten Linien anf der Kiepertfhen Karte, wo keine mm
mittelbare Beobadjtung ihn nieberfegte, getoifienhaft angeveutet wor⸗
ben. Auch bietet die Cinförmigkeit dieſes großen Rängenthules weder
beſondere Reize ver Natur, noch bei ber Unbebewtenheit feiner Ort«
haften größere Handels- und Inbuftrie- Borthelle var, es wird
geößstentgeils aur von Turkmanen und Kurvenftämmen mit ihren
deerden durchzogen. In früheren blühenderen Zeiten von Cäſarea
med Gebafte, unter Byzantinern, Armeniern, Seldſchu⸗
ten, che viele ihre Reſidenz von den Stadten am Halys fudwärts
noch Konia verkegten, wohin der Glanz diefer Dynaſtie und ihre
Hofhaltung ‚ven Hanptverkehr lenkten, ſcheint nach den Liften der
Üteren Stinerarin bier ein größerer Durchzug finttgehranan zu
haben, da hier Station an Station namentlich aufgeführt merken,
Ve gegenwaͤrtig aur geringe Bebentung haben. So werden im
Itinerarium Antonini®®) z. B. auf ver Route von Cae-
) Itin. Anton. ed. Wesseling. l.c. p 179. 206. 214,
208 Mein -Mfen. 85
fares nach Satala in Armenien, bis Sebaſte, 4 Statienen
genannt: J
Bon Cãſarea nach Eulepa XVIM.P.
Armaxa xXXIV
Marandara XXVII
Scanatus XXXVII J
Sebaſtia XXVIII, die zuſammen eine
Diftanz zwiſchen beiden Stäbten von 27 geogr. Meilen ergeben.
- Im ber Tabula Peuting. find aber fogar zwifchen beiden
Capitalen 6 Stationen genannt. Nämlich von
Mazaca Caãſarea nach Sorpara XIV ’
Sorpa XIV
Armaa XVI
Eudagiue XXX
Magalaffo XXX
Comaralis XXU .
Sevaftia XXIU, bie zufammen alfo
30 geogr. Meilen angeben, was mit ber wirklichen Diſtanz und ber
Warte auch gut übereinfimmt, auf welcher beshalß aud) bie mehrſten
biefer Stationen mit Wahrfceinlichleit eingetragen werben Tannten,
nach noch vorhandenen Ruinen, over Namensvergleihungen uud hen⸗
tigen. Diſtauzen von Poflftationen. Judeß geht doch vie ſpecielle
Ortsbeſchreibung biefer Strede des Halysthales bei ven rufflfchen
Beobachtern ziemlich leer aus. v. Wrontjhento%® fagt nur, daß
die Abhänge des Thales zum Stromlaufe unterhalb Siwas fanfter
werben, obgleich die Ebene ſich nur ſtellenweiſe ſehr erweitere, mb
die Ufer des Steomlaufes weiter abwärts felten mehr als eine Werft
breit ganz eben werben, bagegen das ferhte Ufer abwärts bis zum
Einfluß des Kirſchehr von Nord her im allgemeinen viel ſtaͤrker
ſei als auf dem linken, und durch viele Schluchten mit Bäden ger
riffen. . Dem Dorfe Duskoi (wol Tug-Höi, d. i. Salzdockf)
gegewäber feien flache Ufer, aber mit einzelnen felfigen Beriprängen,
zwiſchen denen wieber ervige Ufer. Auf ber linlen Seite folgen erſt
mit den Sandfleingebirgen, nordwärts Newfchehr, alſo bei
Iarapafon, dergleichen mit mehr ober weniger Felewaͤnden uud
Boqhſchluchten. Im allgemeinen feien bie Ufer wol fleil, aber doch
wiebeig, unb,DiS gegen Rewſchehr / bas am Gäbufer in einigem Ab⸗
*) Gen. v. ——— PR he des mil, stopogr. Bäreaus von
Gäubert. 4. Th. Hh
' Oberer Halyclauf unterhalb Siwas. 209
x
ſende liegen bleibt, theilt ſich der Fluß öfter in 2 Arme, zwiſchen
denen ſehr miebrige, aber fchmale langgedehnte Flußauen ſich bilden.
Bäter abwärts beginmen die Einengungen des Stroms ober feine
Steilufer zu beiten Seiten, von feinem Mittellaufe an mit
Dnerthälern.
v. Tſchichatſcheffs Karte Hat unterhalb Siwas bis in bie
Nähe von Cãſarea feinen einzigen Ort im Thale des Halys ein-
getragen, und nur weftwärts bis zum Orte Pallas 6 Heine Zufläfie
von ber Süpfeite her angegeben, die von dem Norbroeftabhange des
Antitaurus zu ihm abfließen, während von ber rechten Uferfeite Bein
Bach angegeben ift. Diefe ſüdlich en Zuflüffe, deren Bftlichfter, vom
Delikly Taſch kommend, der Fluß bei Ulaſch zu fein ſcheint,
schen alle. von bebeutenden Höhen des großen Waſſerſcheidezugs
‚ milden Euphrat- und Halysſyſtem herab, und an ihnen liegen die
Dorffchaften, durch welche die Stationen nah Malatia zum
Eupfrat führen, inegefammt über 3600 bis 4500 Fuß üb. d. M.
Der weftlichfte dieſer Meinen linken Zufläffe ift derjenige, welder
achen dem Sarymfal bei Cyrillus, bei ven Reiſenden gewöhnlich
Sarmufat (Melas), feinen Urfprung nimmt, aber nicht, wie
Diefer gegen Weſt, fonbern gegen Nord an Pallas vorüber (das
%62 5. üb. d. M. nad) v. Tſchich. Tiegt) zum Halys flieht. Am
ginzen Norbufer des Halys ift auf der ganzen Strede fein Einziger
Drt belannt und überall Terra incognita. Alle Routiers, bie dieſe
Strede des Lingenthals des, Halyslaufes durchziehen, gehen am
Sadufer vorüber in einigem Ahfande vom Bette des Stroms, wer
gen dort unwegfamen fumpfigen Bodens, und überſchreiten vielmehr
das dortige Hügelland, Ainsworth, v. Binde, v. Moltke
ws einige andere Reiſende haben über dieſe Strecle Berichte gegeben.
1. v. Moltke's Ronte®) vom Gebirgspaß des De-
litty Taſch an ner Südſeite des Kyzyl Irmak gegen S.W.
bis Kajſerieh (Caesarea) im Jahre 1838 (f. Kieperts Karte).
Anfang Detober war der Reiſende von Malatia am Euphrat
über die große Waſſerſcheide des Antitaurus gegen N.W.
58 zum Paß von Delitly Taſch im Süb von Siwas vorgerückt,
uud fegte vom da, ohne die Stadt Siwas zu berühren, feinen bie
teten Weg gegen SW. nach Kaiferich eiligft fort, Auf ber
4000 bie 5000 Fuß. Hohen Ebene, die ſich vom genannten Paß gegen
v· — — über Zuſtaͤnde in der Türkei, 18351839. Berl.
1841. 6. 313 |.
370, Klein⸗Aſies. 8. 58.
den Halys ſenkt, ſtand am 4. October das Korn mod auf Dam
-Halm, obwol man ven winterlichen Schnee im Gebirge erſt Tags
zuvor werlaffen hatte. Hier, wo der Frühling ſeht fpät eintritt,
. zieht ſich aud die Ernte ſchon frühzeitig und doch oft verfpätet im
ven Winteranfang hinein. Die Kornfelder waren aber jehr fparfamı
zerſtreut, die nur von wenigen Arbeitern eben abgeerutet wurden.
Um von va weiter fortzureifen, mußte v. Mol tke eine Bedeckuug
von Bewaffneten mitnehmen, bje in jedem Dorfe bis Kaiferich meche
felten, um gegen die Raubanfälle ver Awſcharen, eines turkoms-
niſchen Wanderſtammes, zu fügen, der im Winter in wärmeren
Regionen im Süben hauſt, aber im Sommer in dieſen höherliegen ·
den Gegenden lagert, plünbert und Alles, ſelbſt die andern Hirten»
fömme der Tuchnanen und Kurden, in Schreden ſetzt. In einem
der näheren weftligen Dörfer auf der einförmig durchzogenen Hod-
ebene, das von Armeniera bewohnt wurde und Kafiler Magara
heißt, fragte ber, Reiſende, ob "feine Türken daſelbſt wohnten?
Dlmas, d. h. „das ift unmöglich“ war die Antwort; weil hier bie
Höhle der Siebenſchläfer, bie daſelbſt 40 Jahre, im Schlofe .
verfunfen geweien, liege, weshalb daher ein Türke, der fi im Dorfe
mieberlaffen follte, in 40 Zagen erblinden würbe, In ber Hähle
war eine Meine Kirche erbaut. Sole Sage von ven Sieben-
ſchläfern wiederholt ſich zumal aud in Kaiferieh unb vom da
as vielen anbern Orten in Rleinaften, bie ſchon Edrifi und Paul
Lueas berüdfichtigt*t) haben, und von Tarſus bie nach Epheſus
bin. Sie haracterifirt hier die Belehrung, die ver Reiſende auf
feine Fragen über das Land erwarten darf. Die geographiſche Er-⸗
kenntaiß deſſelben ift fehr zuciidgeblieben. Bon da wurbe eine naͤchſte
Boffation Scharkisla grreicht, am feinen ſüdlichen Zuflufle des
Halys, dem Janak-tſchai, welcher auf dem Wege non ber Quelle
des Sarus-Fluffes bei Wiranſchehr über Abaſſili (4680 F.
ib. d. M.) von Sid nad Nord begangen wird.
Bon va an wurde bei fortmährenden Regengüſſen der tiefe
Lehmboden faſt undurchſchreitbar für bie Pferde; in Germerik
(auf ver Weſtſeite des Heinen Chauzyr-ſu, d. i. Eber-Wafier),
der vom hohen Chanzyr Dagh (ſ. oben S. b) herablommt und
nerdweſilich zum Halys fällt, wurde das Nachtquartier genommen
set) Eärisi b. Jaubert II. p. 300. Paul Lucas, Voyage fait p. Ordre da
Rei (1704) dans YAsie Mineure etc. Descr, de la Natolie eic. Am-
sterdam 1714. 8. T.L p. 276-280.
Oberer Halytlauf unterhalb Siwas. 271
Am folgenben Morgen mußte ein vierter ſüdlicher, dem Chanzhr⸗ ſu
perallel gegen N.W. ziehender Gebirgezufluß zum Halys über-
ſchritten werben, dann gegen S. W. ver Ort Pallas, an welchem
bie Salzquellen liegen, welche die Gegend umher, wie fo vide
abre im fteinfalzreihen rothen Sandfteingebiete des
Halys, mit diefem Aroma verfehen. Flache Teiche füllen fid hier
von felößt mit der Soole, die Sonne trodnet fie aus, das Salz
bleibt fertig zurück und Kameele in langen Reihen damit belaben
tagen es davon.
I S. W. von Pallas wird nad ein paar Stunden Weges
ki dem Orte Sarhmſak (vev türkifhe Name des Knoblauch) der
danadı beuaunte, dem Halys zufließende Saryımfally-Su, über-
ſchritten, welcher einſt als vermeintliher Toch ma⸗-fu zu viden
Mißrerſtãndniſſen über die hieſige Hydrographie durch ben Namen
aus doppelten Melas, eines oͤſtlichen und weftlichen, die
veranlaffung gab (f. oben ©. 59). An feinem obern Laufe, ober-
halb Saxrumfal und Gergemeh, ſagt v. Binde), ftürzen meh-
re hohe Waflerfälle weftwärts ab; fteigt man aber weiter an ihnen
oſtwaͤrts am Fuße des Felöpafles Orutſch Oglu Dagh nicht ſehr
hech hinauf, fo erreicht man eine wafjerreiche Hochebene, in welcher
die Wafferfcheide zwiſchen ven Zuflüffen zum Schmerzen und
m Mittelänvifcen Meere liegt. Denn von hier, vom Orte
Elret, fliegen die Wafler gegen S.S. W. zum Sumantia-fu,
dem rechten Zufluß des Sarus, ein Gebirgspaß, zu welchem einft
Ve nähfte Pilgerfiraße von Cäfarea norboftwärts hinüberging,
gu geoßen Eomana Eappadocia. ImMWeft vom Ekrek⸗Paß
fleßen aber bie Waller duch den Sarmufal zum Sarafu und
Halys ohne alle Hemmung ab, während gegen Oft vie Kette bes
Antitaurus mit ihrem felfigen, zadigen und grotesfen Styl ver Al
den emmporgethürmte Hochgebirge einen undurchdringlichen Felsdamm
umberzufegen fcheinen. Aber eben hier wieverholt fi, fagt v. Binde,
wie in wielen anbern Gegenden von Kleinaſien, die Erſcheinung, daß
die auf der innern Hochfläche entſpringenden Flüſſe nicht gegen vie
niedriger erfcheinende meift nörbliche Landſchaft abfließen, fon
dern gegen die füblichen ‚weit Höheren Gebirge des ſüdlichen
Zaurus anflärmen und im tiefen Felsſchluchten und Spalten, die
*) 0. Binde, geographiſche Notizen über Klein-Aflen, ſ. Kieperts Mem.
a. a. D. FE u
2 Meinl, 5. 8.
ihn im feiner ganzen Breite durchſchneiden, ihren Abfluß zum Mittel ·
laͤndiſchen Meere nehmen,
Ben dem Ufergebiete des Sarmufal erblidte v. Moltke auf
einmal am Morgen des nächften Marfchtages, als ver Wolfenvore
bang vor feinen Augen zerriß, ben mächtigen Argäus, ber wie
ein Niefe mit einem Schneehaupt im Purpurlicht der Morgenfonne
dicht vor ihm in SW. in feiner ganzen Herrlichleit fid erhob.
Seine ſchöne vulcaniſche Kegelgeftalt, feine ſchroffen Gipfel in brei
Telsguden zerfpaltet, deren Zwifchenräume mit tiefen Schneemaffen
verſchüttet find, die auch ben ganzen Sommer überbauern, und weit
und breit felbft in Süben bis Konia 50 Stunden fern ſichtbar blei«
ben, geben feiner Rieſenpyramide ein majeftätijches Anfehen, bie eiwe
+ Menge gerunbeter ähnlicher, aber weit nieberer Vergkegel mit fleil-
abſchůſſigen Boſchungen hoch überragt, 'wie alle andern ——
den Berge des umherliegenden Bergkranzes. Seine Abhaäͤnge ſiud
mit Waldung, ſein Fuß mit Weinbergen bededt, die in die Ebene
fi verlaufen, aus deren Plateaufläche die Kuppeln und Minarets
des neuen Cäfaren oder Kaiſerieh ſich hervorheben. Nur ein
niederer Sattelrüden trennt dieſe Hochebene, im Rorden von dem
Thale des von Oft gegen Weft im birecter Entfernung von etwa
6 bis 8 Stunden vorüberziehenden Halysfluffes, in deſſen Thal
ſenkung bie Waffer des Argäns durch den Sarmuſakfluß ihren
ſanften Ablauf finden.
2. W. Ainsworthé Route von Raiferieh aufwärts
am Süpnfer des Halys zum Gebirgspaf des Khanzyr
Dagh nad Wiran Schehr (Shuheir) und Gorän am
Tolhma-fu (Mai 1839)48). .
An 9. Mai begamm Ainsworth feine Wanderung von Kaiſerich
ven Sarumfat-Fluß aufwärts, um biefen im feiner Selbſt -
ſtaͤndigleit bis zu feinem Urfprumge zu verfolgen, ımb ven feit
Strabo’8 Zeiten fräherhin allgemein angenommenen Irrthum, daß
ex als vefien Melas mit dem Zufluſſe zum Euphrat, vem Tolkma-
fü, identiſch fei, zu widerlegen. Erſt an einer muhammebanifchen
Ruine und den Bergbörfern Tſcherlawil und Churmaly vorüber,
bie mit einigen andern in ven verſchiedenen Schluchten von Hegen-
bächen liegen, bie im hohen Sommer ſtets auszutrodnen pflegen,
+43) W. Ainsworth, Notes on a Journey etc. 1839; in Journ. of the Boy.
Geogr. Soc. 184. Vol.X. P.3. p. 314, und beflelben Trarels and
Ressarch. 1842, Vol. I, pı 220234.
Oberer Halyslauf unterjalb Siwas. 278
Am er nach 2Y, Stunde an einer Sippe von vulcaniſchem Geftein
verüber, unter deren niedern Höhe fich ein Meiner See befand, auf
deffen wit blkheuben Wafferpflanzen (Alisma plantago) dicht bewach⸗
fener Oberfläche viele Waffervögel munter umherſchwammen, zumal
aber der Heine nadtkopfige ſchwarze Taucher (Fulica atra). Nach
5&. Wegs ſah man bei einem großen Dorfe Kuzuk (Rift) einen
wol 700 Scritt lang gebefuten Minftlichen Erühligel, der mit Gärten
web einigen Ruinen bededt war, welche Winsworth file vie Sta-
tin Sorpara ver Tabul. Pewting. anſprach, die aber vielleicht
Diſtanz nach entfprediender Sar ym ſak bezeichnen birfte.
führte eine Helzbruclke über das nur noch 6 Schritt breite aud
tiefe Flächen diefes Namens, veffen Thal ſich kanm eine
weiter gegen Often Hinaufzieht, wo ber Fluß feinen Me
mg bat, in ver Nähe des Pafles von Ekrek, ven erſt v. Binde
lernte. Der Weg über feine Brüde führte zu grafigen An
hinauf umd wiever zu einem kreisrunden Thale hinab, darin
Meberreft eines etwas größern Sees ſich ansbreitete, von Ber
fmepfungen und eiwas Eulturboden, mit Dorffchaften beiegt, unge
ben. Diefer Bode, auf dent fait. überall am Wöhange der Biatens-
hehen der Weg gegen NW. fortgeht®®), weil näher bem Ufer 26
Ayyyl Irmak die Berfumpfungen zum pafficen zu beſchwerlich
fen wärben, Hat ven Vortheil, als ein vulcaniſcher Boden,
don Tuff, Aſche, Schladen und Bimsfteingeröll mit Sand über
gegen, troden zu fein, unter bem ſchon ver Hufſchlag des ‚Pferdes
dach dumpfes Dröhnen. die hohle Natur des Bodens bezeichnet. Im
HEIFEM
ã
dernement verpachtet, einen reichlichern Ertrag giebt, als ſelbſt
der große Sei ſee (Tatta bei Kodſch Hiffar, f. oben ©.34). Die
Aubung jebes Bimeiräberfarrens (Arabah) mit dieſem Salz wurde
mit 40, und jede Rameel- over Ochſenladung mit 10 Piafter bezahlt.
Un der Säpfeite der ‚Ebene liegt. ver Sultan Chan und bas
Tuzehiffar (Salzcaftell); reitei man aber durch die Mitte ver.
Ebene hindurch nach Norb, fo wird das ärmliche Dorf Pallas er»
meicht, Das nadı v. Tſchichatſcheff 3862 F. Ab. d. M. liegt, wo
Gyps gebrochen wird, den man zum Brennen und zum Küchen
wach Kaiferich verführt.
v. Binde a. a. O.
Bitter Eatunde xvii. S
m Blinatim 6.5.
"2. Tag (10. Mai), Von Pallas (mehrfgeinluh- die Sac⸗
tion Armara der Tabula Peuting.) hatte man eine Stunde Durch
die Sumpfebene zurüdzulegen, au deren Eben Unhöhen ein ſrucht
bares Thälden mit dem einzigen Orte Sary Oghlan fih Kim
sieht. Denſeit deſſelben auf Bvem Boden erhob fid; ein fehwarger
Reinenhaufen auf Yänftliher Anhöhe als alte Station (ob Exve-
. gine?). Dann, wieber von ber Anhöhe hinabfleigenb, werrbe bie
Boftfiation Gelermel (Gemerit bei v. Molite) erreicht, welche
bie Nahe ver alten Station Maupara bezeichnen imag. Der Dit
erſchien mit feinen 200 armenifchen und 7O türkifhen Wopahäufere
ein ziemlich beiebter Marktort zu fein, auf ben zumel bie thätigen
Armenier mit ihren Waaren die umberwohnenben Bauera ver Di“
manlis und bie Nomaben ver Kurden zur Befriedigung ihrer Be⸗
dürfnifſe heramiehen, von benen die Kurben ber Ebene in ihren
Lampen mit, langen Haaren und Knüppelftäden in Diesge auf vom
Bazar unherftanden, während bie eleganter gebildeten Berglueben
in ihrem Waffenſchmuck und ritterlihen Auſteude nur weniger aus
ber Ferne herbeigelommen waren. Bon ba über marſchige Ehemen
und über Bergauhöhen weiter gegen N. O. auf gleichem Beben farb
ſchreitend, war man mm fchon. ben hoben Bergrüden nes
Khauzyr Dagh (ein arabiſch- türliſches Dorf, Wilder Eber⸗
Berg) näher gerät, deren Vorberge Sar itſchet Dagh (Bzelblicher
Berg) und Schema Dagh (Badelberg) heißgen.
Bon biefen Höhen wurde am Abend bes zweiten Tages das
armliche Armenierdorf Infanly, in einer Gypsſchlucht gelegen, er⸗
weicht. Das arme Boll wagte es nicht einmal, ſich Chriften zw
nennen, weil fie von ben bort von ber orihoboren Kirche abgefal-
lenen und zu ben Katholiken übergegangenen ſchismatiſchen Armemiern
und geieifcen Chrifien fo verhähnt mab gehaßt wurtden, baß wiefe
ihnen nicht einmal das Recht zugefiehen wollten, fih überhaupt nach
Diener Chriſti zu namen; eine. traurige fectiverifche Intolerang,
welche ſich, wie kei fo manchen fogenannten gebilbetften, auch evan⸗
geliſchen Europäern, fo auch unter ven roheſten aſiatiſchen Bölfexe
die heute leider noch immer kund giebt.
8. Tag (11. Mai), Man rüdte mim ben Bergwäuden im
Süpoft immer näher. Eine Strede Aufteigens und Abſteigens nach
Raja Bunar (Felsquelle) führte zu einer Hochebene, von vieien
Bäcen durchſchnitten, deren größter ver Janak⸗tſchai if. Ueber
mehre Sumpffireden und Bäde an: ven Dürfen Tihanfhan
und Scharkyſchla, d. h. Winterftabtquartier, wo eine Fähre
oberr Halyetauf, Erchrſin ·vah Wiran Schehr. I6
Über ben Holy geht, (wahrſcheiulich bie Station Deagalaffus der
Tabul, Peut.) vorüber, war ber untere Lauf des Janak-tfdei
wid,
Bon hier wollte Ainsworth mit feinem Begleiter Ruſſeli
die grade N. Oſtſtraße, d. i. die große Hauptroute nach Siwas
verlaffen umb direct vom Halys gegen S.O. ven Janal⸗tſchai
über Abaffili,. am vefien Quelle über ven Khanzyr⸗Paß ber
Waſſerſcheidekette des Antitaurus, hinüberfteigen, um an
heflen Dftabhange die Duelle des euphratenſiſchen Melas uber ven
Tochma-ſu, ber gegen Malatia hinabftürzt, zu erforjchen. Erſt
md vielem Wiberftreit des bortigen türtifcen Agha, der die Pofl-
Herde zu ſtellen hatte, und nur durch ben Firman bes Sultans dazu
Mengen werben lonute, gelang es, noch bis Abafſili vorzu⸗
uhden. Dort follte fein Futter für Pferde, feine Speiſe für Mew
Mies and alles voll mocbeuber Kurden fein. Drei Gtunden aufmärts
an Jaunak⸗tſchai zwiſchen Kalkfteingebirgen, im voller Wilnnig,
liegt daS ärmliche Dorf Abaffili an ver Quelle des Bergſtrema
wilden 4890 3. Par. (4680 $. engl. nad) Ant),
@ de. Wajſerſche ide zwiſchen ven Zuflüſſen des Halys geqen
Beh, des Sarus gegen Süd und ber Zuflüſſe zum Tochma-ju
on die Oftfeite zum Euphrat, alfo an ber Stelle, die wir in
igeam.ven hydrographiſchen Centrallnoten des Khauzyr
Dagh genannt haben (f. oben ©. 15).
Um viejes Berhältuiß genauer Tennen zu lernen, warde von
Abaſſili fünwärts, am 12. Mai, über die Wafferfheide-
latte des Khauzyr Dagh eine Ercurſion zu den Duellfläfien des
Sarus (Saran-fu) nah Kuſchuk und Ujuk, und zu „ven
Brian von Wiran Schehr (Schuheir) im befien Gebiete ger
wit, die am Norbfuße der Hochgebirgslette Liegen, von berem
Gäpfug der Tohma- fu mit feinen Quellflüſſen bei Gdrün
wa Waudſchulyk (. i. Linfenort) gegen den Euphrat abffießt; aber
man fehrte am, bemfelben Tage von da nach ‚Abaffili zurid
( unten Sarus · Quelle), weil bier für Packpferde die Wege zu be⸗
ſqwerlich waren.
Nach dieſer Seitenegcurfion in bie ſüdlichen Steomgebiete
ic Aiusworth im das ber oberen Halyszuflüſſe zurück, fepte
aber von Abaffili feinen Weg gegen N.D. noch innerhalb des Wef-
alfalles ver Gewaͤſſer zum Halys eine Tagereife weit am
Vefabfall des Antitaurus, Hier Khauzyr Dagh genannt, fort,
Der durch eine Sonhfteinfhlucht über Gufeloglan und über eine,
.83 -
20 Keinen, 5.8.
Sochebene den Ort Tunus erreichte. Es lag dieſer Ort um
RO Fuß niedriger als Abaſfili, an einer Stelle, wo feine Waſſer
auch noch zum Halysbette abflofien. Nur aus 20 Häufern ber
ſtchend, war in dem eleuden Orte weder Quartier noch Proviant
zu finden; die wenigen Bewohner, an feine Fremdenbeſuche gewöhnt,
zogen fich ſchen zurück, und ſchienen chen fo, wie die zu Abaffili,
eher zum nehmen als zum geben geneigt. Doc wurde hier wie
Nacht verweilt, um am "folgenden Tage nad jenem Wbafflli-
Bafle zum Sarus als dem erften, mm and ven zweiten über
ven Chanzyr Dagh erforfchten Antitaurne-Paß, ven Tunus⸗
Baf, zu überfteigen. Ex folkte zum weftlichen Quellarm des euphra-
tenftfchen Tochma-fu (Melas ber Alten) führen, ber fühwärts am
Manpfhulyt voräberflieht, wo derſelbe ven pectellen Namen bes
Balyflü-fn (v. i. Fiſchwaſſer) führt. Ein. dritter Antitau-
rus-Paß, nur 7 Poftftunden noch weiter gegen N. O. über Tune
hinaus, ift ver ſchon früher befannt gemworbene Derbent over Paß
von Delifli Tafch (durchbrochener Stein).
Tunus ift bie Station Zonofa des Itiner. Anton. (ed.
Wessel. p. 180 und 212), welche zum Blüthezeit des Comm
Tempels in Cappadocien am Sarusfluffe häufig: von Sebaſtia
cus von ven Pilgerzägen befucht ward. Dies ergiebt fi ans den
doppelten Routiers in den Itinerarien, wo Tonofa noch 10 geogr.
Meilen weiter in Süd von Siwas gerechnet wurde, und von be
am wieber 19 geogr. Meilen bis zum Tempelheiligthum ver Co-
mana Cappadociae. Doppelte Wege durchkreugen fich hier anf
dieſer Pilgerſtraße von Nord nad) Süb, aber Alterthümer Tomte
Aiusworth auf denſelben keine entdeden, die zu Wiran Schehr
ea ausgenommen. Der Diſtrictsgouperneur, ber aber nicht in”
Tanus wohnt, erpreßte ſehr drüdende Abgaben im Laude, unter
dem Vorwande, da dieſe Summen ver Kaaba zu Mekka zw
Tommen. Schafe und Ziegen machen ben einzigen Reichthum ver
Bergbewohner aus, bie fie nad; Syrien zum Verkauf bringen.
Am14. Mai. Bon Tunus, das nod im Flußgebiet des oberen
Halys liegt, wurde von Ainsworth ber Gebirgspaß des Autitauras
in dem Kara Tunus Dagh (Schwarzer Tonofa-Baf) zum euphra ·
tenfifhen Lodhmasfu ohne große Belehnerde überfiggen. Der Bak
werde auch Ebiziz Boghaz genannt; von feinem verggrat foffen
nun alle Waffer gegen Süd im Tohma-fu zum Euphrat.
Ein weiter Ianger-Raum war auf bortiger Hochflaͤche mit Bwinen
einer. Mauer, die jegt ver Erde faft gleich Tag, überftreut, darch
Der Kyzyl Iemal; Heiys bei Kaiſerieh. 277
Mein Trummer in der Mitte ein Bach, Auelli-Perbi genanst, bin
Aeoß, Wanfärini Di Tuner der unklam! geiäiu
er der Oftfeite des Pafles erheben ſich ſqwarze Bafalt-
felfen, deren einer eine muhammedaniſche Pilgerftution, ein Kayr
Ziyaret, trägt. Bon ba breiten ſich weite, hohe Grasebenen aus,
von fifchreichen Bachen der oberen Zuflüffe des Todena-fu brae
gen, bie gegen S. O. zum armeniſchen Dorfe Mandſchulyk und
wm Eüphratihale nah Malatia führen, deſſen
Melitene fon Edrifi %) nicht unwigig ale Hauptzugang
durch das enge Taurusgebirgelanud ımter ven elf Provinzen Mein
dfiens deſſen „Augen und Ohren« genamt hatte. So hatte
Ainow or th feine Aufgabe gelöft, die Berfchievenheit ver beiden
56 dahin für identiſch gehaltenen Melasftröme (Garymfat mb
Tochena-fu) in ihren entgegengefegten Abflüffen zum Halys
ab zum Euphratſyſteme nachzuweiſen, und fo ven bisherigen
geographiſchen Irrthum ein für allemal zu berichtigen. “ ’
Wir lehren mım nach Ainsworths wichtigen md fehr daukeus ·
werthen Nachweiſungen auf dieſem Gebiete, die nur mit vielerkei
Veſchwerden für die Wifſenſchaft errungen werden konnten, m
Halyslanfe bei Kaiſerieh zurut.
Erläuterung 8.
Der Obere Lauf des Kyynl Irmak. Halys; das Obere Haue
Plateau over bie lappadokiſch⸗ pontiſche Hochebene, von ber
Emmändımg des Sarymſal bei Katferich bis zur Nordweudung
des mittleren Laufes bei: Jarapaſon. j
Da Sarymfal, deſſen Quelle ale uappadotiſcher Melas
won Aiusworth oberhalb des gleichnamigen Dorfes Sarymſak er⸗
mittelt wurde, fließt von ba in gewundenen Laufe auf dem Güte
aber des Halys, im Abſtand einiger Stunden von ibm nud fat
wit ihm im parallelen Laufe, eine Strede von etwa 18 bis 20 Sam ·
den ſadweſtwärts und an dem Norbfuße des hohen Erdſchiſch
(Argagus) vorüber, wo ex noch einen. andern Gebirgsbach, ven. Ka⸗
nafs, anfniuwat, bis ex ſich plöglih qm Sausint; nordwarts zum
Gafyetials tweubet, ab am beffen linter Uferfeite ſich niit if
4) Bärlsib.' Jenbtrt. I. ↄ. 240.
ns aitia⸗Aſe. . 8.
rereinigi. Im der Ferne von etwa 2 Stunden Wege von Kai-
ferich, "in MR.E. der Stadt, 2966 Scheitt von ihrt®), nimmt
ex einen Bergftrom aus ben Schneehöhen bes Argäus, den Deli · Su,
Bi. das Tollwafer) der ihm an ber Dfifeite ber alten Stadt zu-
. fließt, auf; aber biefer Sin wird größtentheifs im Jahr durch
Bewäflerung ver Gärten umb Welver aufgebraucht, fo wie noch ein
anderes lleineres Flußchen Sei Mandſchutyt.
Eben daſelbſt kommt ihm von S. W. von Indſche⸗ſu ber, in
directer Oppofition nad) em britter Fluß, ber Kara⸗ſu (Schwarzer
Glaß, wie, Melac) entgegen. Da wo bikfer Bufammenfirß ben
Sazlyk (Collectivform von Saz, d. i. Schilfrohr), ven Schilffee
eber Sumpfb oden, bildet, in ben ſich ihre üaſſer bei Ueber⸗
ſchwenmugen bald zu Seen ober zu Moraſtflächen erweitern, tritt
deren vereinter Strom⸗Auolauf unter dem Namen Kara⸗ſu band
eine etwa 3 Stunden lange Schlucht qzwiſchen 200 5is 300 Euk
Hohen Ufergehängen hinaus gegen Nord in ven
Halysfug”). So wird ein Theil des Argäns-Plateane,
gemal an feiner Nord⸗ und Weſtſeite, wo ſich einft ein großer See
wisgehreitet haben mochte, von vielen bort aus bem Fuße dee Sie»
fentegels hervorſprudelnden Onellen und fid zu ihnen gefellenben
Scäneejhmelgen feiner Gipfelhöhen von Waſſern befwit umb bas
immer noch geringere Wafferbett bes Plateauſtroms bes großen Halys
mehr und mehr bereichert.
Die Bodenverhältniffe zeigen hier in dem durchſchnittenen Thale
des Zara⸗ſu bie mechsärdige Erſcheinung eines Borkommens ven
horizontalen tertiären, meift Tuff» men Kalkſteindecken, mit
ungern vuleaniſcher Entfehung in ſeltſamer Abwechälung.
Ueber und unter einander geſchichtet im fo vaſter Ansbefuumg von
Land wie hier über das Argäusplateau, und in einer Erhebung ber
* &efommtmafle vom 4000 duß über die Merresfläche, haben fie fehr
Wiel Eigentäimdiches und noch, Unerflärliches, da bie Gebungskraft
fo weiter Räuine eine eigenthamliche fein mußte, fügt Hamilton,
dicht neben dem Rieſenkegel bes Argäus und ben if
—— feiner Ober lache, mm durch bie Horigontalität
—— W. Ainsworth, Journey {rom Angora ete. in Journ. of the Roy. Geogr.
Bee. Vol.X. B.B. 1841. p.308; f. beffelten Travelo and Bar. ee.
: 4842 I. p. 220. 224 Note. ) W. 3. Hamilton, On the Geelog.
of eic. Caesares‘ and Argaeus eit. in Transact. of the Geolog. Soc. of
London. Sec. Ser. Vol. V. 1840. 4. P. 3. Bsdong, mÖR Greta,
Tarte vom Argäns, Karafn und Helge. Tab UWE:
Der Obere Kyzyl Irmak; Halys am. Sazlyf. 378
her Stratification im feinen nähften Umgebungen nicht zu
Hieen. Im Süden bes Argäns, bei Rorahiffer ud Coral Dere,
Meiben wech alle Waſſer in Fluſſen, Seen, Moräften ohne allen
lauf nach aufen ſteguireud zurück, als Steppenwaſſer. Nor
wärte won ihen zieht ſich eine Wand plutoniſcher und vulcaniſcher
Trachyt⸗, Bafalt- und Laven-Gefteine quer von Weſt nach
OR, von ürgüb um Iudfchesfu nach Kaiferich am Argäus
vorüber, und hier im einer Schlucht zwifchen beiden letztern ſenkt ſich
der Bad) des kleinen Inpfchesfu (d. h. ſchmales Waſſer) au dem
deiheumigen Stäbtchen vorüber in ben bortigen großen Sazlyk
der Marſchboden, ber durch den Karasfır dieſen Boden emi-
wie. Rad Strabo's Ausfage follte dieſer Boden erſt einſt
derch die Thorheit des Königs Ariarathes unter Waſſer geſett
fin (L.06. S. 60). An dem Durchfcnitt jener Schlucht beobachtete
Hamilton Lagen aus weißem und gelbem Tuff (Peperin), ver
de Höhlungen und Bertiefungen ber früher dort ſchon vorhandenen
Trachtte ausfüllte, vie aber auch mit Bafalten überzogen waren.
eier abwãrts und nahe bem Halys zeigten ſich weniger herizon ⸗
iale Lagen von einem hellen Kalkſt ein, von wahrſcheinlich jüngerm
Ifprunge, da fie Die Tufflages beveden, und wie fie conform
htiätet find. Noqh tiefer abwärts gegen N.W. zeigten ſich gelbe
ab role Mer gellager unter einer hellen Gebirgoſchicht, welche
ver weißen Tuffbildung ähnlich ift, die au im Immern bes
Sanbes ſich in der vaſten Catralebene am ben Salzfeen wieberhelt,
we bie weitverbweitele große ſalzreiche rothe Sanpfteinfor-
mation, wie bei Kodſchhiſſar mb Akſeraj, under biefer
weißen -Tuffsilbung. fih überall ausgebreitet hat,
» Moltke, bei feinem flüchtigen Vorüberritt ®) von dem
Salgfee Pollas über den Sarymſak und durch Kaiſerich hindurch,
lberraſchte es, ſchon hier am Nordfuß des ſteilen Rieſenlegels nes
Argäus eine vollkonnnene Horizontalfläche zu finden, wie fie
in der Rüße von Hochgebisgen fo felten ift und bie ihre Wagereditung .
bielleicht doch nur einft hier ftehenben Seen verbaufen mochte. Nur
din geringes Gattel ift es, ber weftmärt zum fehenden Sazlyk
Fiat nad daun zum Inbfcherfm umb dem netten. Staͤdtchen glei-
eb Namens am ihm, das aus rothen Steinen erbaut if. Erſt in
Veh von ihm, wach einem halben Tagemarſch, immer in gleichen
Ußande vom Sünufer ves Ayzyl Irmal, ziehen fi ähnliche
M ov. Moltte, Brlefe ac. ans ber Lürkt 4. a. O. S. 315.
as aAlein / Aſien. 5. 5.
trachhtiſche Vobenverhältnifie mit Bergſchluchten hin, welche von
Heinen linlen Zuflüfien norowärts, gleich dem Kara⸗ſu zu bemufeiben "
Sauptfteome hinziehend, durchbrochen werben. Un einem ſolchen liegt
gunäcft das Städtchen Ürgüb und weiter hin Newſchehr, das
in gleicher Art, jedoch ſchon in etwas größerem Abſtande vom Güb-
fe des Halys erbaut ift; dann folgt ber Tatlarfluß, ver and
ſchon aus weiterer füblicher Ferne als bie nvorgenannten dem Halye
gegen Norden zuflieft, und zwar an einer Stelle unterhalb Jara-
pa ſon am Hauptſtrom, wo biefer nun ſchon ans ber bisherigen
Südweſtrichtung zu einer eutſchiedenen Nordweſt⸗ und Nord⸗
richtung feines mittleren Querlaufes übergeht. Im tiefeingefchnit
tenen Thale von Ürgiib wird das Stadtchen von einer alten Basg,
auf einem fenkrediten Felsabſqhnitt gelegen, überragt, ver vom Häfe
lungen wunderbar durchwühlt if. Die Häufer finb hier zierlich
aus einem Stein gehauen, ber Saudſtein zu fein ſchien, aber fo
weich wie Kreide war, ber bald an ber Luft verhärtet, fo daß fh
leicht Löcher in bit Felswände einarbeiten und zu Wohnlamtmern
einrichten laſſen, bie ven Vortheil haben, zu allen Zeiten trodem,
im Sommer aber kühl und im Winter waren zu fein. Die Hode
ebene, die ſich über Ürgäbs Thatſqhlucht gleichartig fostegt, M
bis Newſchehr ebenfalls durch folde Schluchten gegen ben Haiys
zu eingeſchnitten, oben auf ber Zläche mit Weinfeldern bevedit u“
in den. Steilmänven ver Schluchten auf gleiche, aber hoͤchſt mannich⸗
faltige Weife zu ähnlichen Steinhäufen, Felskammern, regen,
Schlöfiern, oft in ven phantaftifchften Gefteltungen ausgearbeitet
Bon viefen mäßig hohen, flachen, horizontal geſchichteten Höfe
zügen zieht ſich nordwärts das weite offene, nur 200 bis 300 Gef
tiefere Thal des Kyzyl Irmak Hin, deſſen Lauf man vom. bier
aus in ein paar Stunden Nähe vollftändig überbliden Tann. - Mäf
fellim (Statihalter) von Newſchehr war damals Iuffuf, ver
geaufame Menſchenſchlaͤchter bei der Ianitfcharenvertilgung, dem das
Belt ven gräßlicen Titel, Kara Dſchehaumch (v. i. Schwarze
Hölle) gab.
Nach v. Tihichatfchefft®) iſt der Kara-fıı an den von ihm
gebilbeten Moräften von einem alten Dammmege umgeben, beffer
Steinplatten fehr beſchwerlich zu überfchreiten find. Im oberen
vaufe iſt der Sarymſal im Sommer faft aufgetroduet, ex iſt bes
ganze Dahr überall durchgehbar, und felbft der Rara-fı am fen
) *. Tchihatehef, Asie Mincure, I. p. 176.
Der. Obere Kyzyl Irmak, die Brückenübergäuge. 201
Camidung zum Hanptftrom nur wenige Schritte breit. Die
trauen Höhen von Lavaſtredenꝰ) und Baſaltrücken, die mit ihrem
unchenen vulcaxiſchen Boden jene Umgebungen des Sazlyk einneh
"men, fagt Kinsmworsh, hatten vie inbuftriöfen chriftfichen Bewohner
jeer Gegend zum Anbau ver Gelbbeeren (Rhamnus infectorius
Yellow berries), benußt, bie hier befonders ertragreich find. Das
Städtchen Indfhe-fu mit 750 griechiſchen und eben fo vielen
woslemifchen Häufern iſt nad Ainsworth in einer Schlucht aus
Balcanifhen Eonglomeraten voll Grotienwerke aus dem Bor
ven heransgebaut, ähnlich wie Rewſchehr und. andre Ortfchaften
jeeo Plateanlandes. Die Einkünfte diefes Ortes follen zur Erhal ⸗
tung der großen Moſchee Mahniudijehs in Conftantinopel abgelie-
fert werben. 5
Un ver Einmänbung bes Kara⸗ſu iſt das Thal des Ryzyl
Irm ak bei ver ſogenannten Beie Degirmen (b. i bie Fürften-
mähle)?%) nod weit wie meift oberhalb, während es ſich abwärts
dab bwricauiſchen Borfprungs des Kaiferich-Platenus fogleich fehe
derengt. So zumal bei ber alten ſchönen Steinbrüde Boghag- '
Kiöprä, wo das Thal ſich bicht zwiſchen Felswänden und bald fo
fie zu einer fo ſchmalen Felsſchlucht zufammenzieht, daß im biefer
Wefpaite wicht ber fümalfte Gußpfab am Stromufer Hingiehen kann.
Rec eine aubre Brüde von nur einem Bogen nennt hier In»
bſchidſchean ) über einen Fluß auf dem Wege nach Angora, nur
3 Meilen entfernt von Kaiſerieh, am Ende eines großen Thales,
3 genannt, die nach Ausſage der Griechen von ber Rai- ,
Alyuny-©8;
ferin Helena erbant fein ſoll. Sie fei 160 Fuß lang, 5 Schritt
beit, 115 Fuß über dem Waflerfpiegel erhaben und habe eine
griechiſche Iufchrift. Aber ihre Lage ift und unbekannt geblieben,
vielleicht geht fie über einen Seitenarm des Halys. Auch Bocode”)
dieſe Helenabrücke ober Jelenes Kjöprä nennen, und giebt ihre
wie Inbfchidfchean, nur will die Angabe von einem Bogen
nicht ſtimmen. Eine andere Brüde, welde grabe nörhlid
—* ieh auf dem Wege nad) Dyzgat über ben Halye führt,
in das fogenanmte Feld der Sancta Helma (xdunos zis
:HETE
’7) W, Ainsworth, Trav. and Rı def. I >’) v. Bindg,
? —— über Reef, mai, Sm. ed.
ie ” Zufeifäsen a.0.D. Ip 1, ©. 1.
24. — 1, Beicreibung beo Motgenlandes; abeg. v. wrerer.
1772. 4. 35. 1. &.133 Rote, B
Bar ' Klein: Aſlen. . 55.
äylas “Eitvng) eintritt, wird nach Terieree) wegen ihrer 10 Veta
(18 Bogen nach Inbfätofcienn) bie Tihokegjög-Fiprk, dr i bie
Bräde mit vielen. Augen, genannt; fie ſcheint im Efittelnkter
erbaut zu fein; die Bauſteine find Ouabern aus nlcangebilben mit
Tufffülluugen von rother Farbe, daß ſie and ber Ferne ben Ei
vrud eines Badfleingemäuers macht.
Vom Kallplateau des rechten nörblichen Ufers- ging v. Binde,
bei Weg fleil und gewunden durch Schluchten, unter Ruinen alter
Befeftigungen dieſes Engpafies und an Höhlen vorüber zum inf
hinab. Terier hat von biefer Vrüdenftelle eine ſchöne Abbilduug
gegeben und hält bafl, daß ver Halys feine Bahn ſich wuhe
feheintich erft wiſchen den feten Bafalten durch Unterwafdung
ber Iodern Tuffmaffe Hindurd) gefplt Habe, da fein Vet amd me
wit ſchwarzen Lavalieſela bededt fei, und nirgende ein Granitgebirge
ũege Die Brüde fei übrigens 3 mal fo lang als bie Breite bes
" Hulyebetteß, weil bei Ueberfäwernmungen vefien Buffer oft fich fche
weit verbreite, - und immer wieber von neuem Bafaltprisumen wit
* "fortreiße. Diefe Brüde auf der Hauptkraße vun) Cappadocien
fei auch ſchon läugſt vor ber Türkenzeit erbaut worben, als ein
nothwenbiges Beditrfniß, da der Halys hier wicht mehr hurchächber
ſei. Daher liegen am ber Brücke auch mancherlei Reſte äͤlterer
Kicchen uud Gaſthaͤuſer (enodochien, fpäter Larawanſerais genanzt),
and auch heute noch ſei hier ein Halteplatz ber großen Raramene,
die aber ohne Schuß im Freien campiren ıäffe. — Unterhalb dieſer
alten Steinbräde, fapt Terier, führen na Hohrüden über ben
-Wittellauf’ des Halysfteomes. Auf dem linten füblichen Ufer im
Süden ver Brüde läuft ‘ver Weg auf ber ebenen Thalſole feet,
im ziemlich offenen Thale des Kara⸗ſu, mur fanfte Lehnen
Aberjeeitend, bis im bie fhbme Ebene von Raiferich am Fuhe bes
mit bauernben Schweegipfeln fih hoch erhebenben Erdſchiſch Dagh
(Argäns), der bier als ſüdlicher Grenzflein mit feinem
Norhfußg noch auf eigenthämliche Weiſe bem Halyögebiete feine enge
Südgvemge fept.
Un 13,000 Fuß abfolut und am 9000 bis 20,000 Buß über de
Plateauebene, aus welcher ver Argäus kühn und plöglich empor
fleigt, iſt er von der andern vom Halys abgemenbeten Seite mır
von ſanft ſich erhebenden Plateauftnfen untheben, vie ſich gegen
*”) Ch, Texier, Deser. de l’äsie Minsare. I.c. T. IL p48. 71 und
Planche LXXXIV. B R
Der Dbere Kyzyl Jemak; Halys bei Raiferich. 283
RO: D. zum nahen Raramas (6471 %. P. hoch nach Tihich.)
wa Awadſcha Dagh wit dem nordwärts hinabfljehenven Sarym ⸗
I erheben, weiche gegen Süd, aber in größerer Ferne jenfeit der
Ceme als Ala Dagh (6385 F. nach v. Tſchich.) dem Vorketten
v8 Autitaurus fich anreihen. Gegen Nord vrängt ſich nur ein wie
derer Bergrieſt, der Sagry Dagh (4854 F. nach v. Tſchich.) zwi⸗
fen dem Sarymſak und ven Halysthälern von Pallas weſtwaͤrte,
58 zum Zufanmenfiuß beider am ver Boghaz Kiöpräffü vor,
vedurch der Halys von feinem bis dahin fübiweitfichen Laufe etwas, -
wenn andy nur auf karze Strede, in einem Bogen mehr nordweſt ⸗
wärts Yimübergebrängt wird. Auf einer ber Vorhbhen dieſes
Gagry Dagh, der in ein paar bärren, wüſten Stufenabfägen ger
gem Süd anfiteigt, Tiegt der große Fleden Erkelet (Herillet bei
Terxier)ꝰ), anf einem mächtigen ſchwarzen Lavadamme erbaut,
been gunge Watırr der Bauart den franpäihen Reifenben in feire
franzöſiſche Heimath, an bie Auvergne, erinnerte. Bon ber
Daunnhbhe breitet fi ein Blick fünmärts unbeſchränkt über bie
reichen buntfarbigen Calturfelder bis gegen bie Stadt Caſarea ans,
Wie don dieſer Seite ‚wie gegen ven Berg angebaut erſcheint, am
bleadend grümen Abhange deſſelben gelegen, gegen ben bie vielen
en Tharme ber Feſte, bie weißen zahlreichen Minarets unter ber
Impenirenven Bergmaffe von filberglängenven und oft opalifivenden
Equergipfeln im Sounenſchein und zum, blauen Haren Simmel cm-
perſteigend, einen großartigen Einbrud machten (am 14 Aug. 1834).
Eh. Terier”®), ver dem Halyslanf am biefem pittoresfen
Durchbruche eine beſondere Aufmertfamleit gewidmet at, fagt,
deß derſelbe hier an der genannten Brüde zwiſchen tiefen bafaltifchen
„ feinen eingefänitten fei; der größte Thell der dortigen Bafalt-
Pinlen ruhe auf einem fehr zarten grauen (unftreitig vuleaniſchen)
Tuff, ver grohßenthells ans Fragmenten von Bimsftein befteht;
ein wefentlicher Beſtandtheil faft aller meitverbreiteten Tuff⸗
bildungen ber hohen Eentralebene Rleinafiens, was anf
hift weitnerbreiteten oulcanifhen Brand und zugleich auf See-
bededung bes Bodens hindeutet, auf dem das Bimſteinlager ums
herſcwanun, che es in wagerechten Schichten in jenen mächtigen
Main In be weichen festungen cin Bicherfälog zum roden
welegten Boden finten konnte.
") Ci Tarer, Da, de Yaste Kimure. Il p. Hi. 7%) Texier, Deser.
kai p. 684. J
2 Br 7 5%.
‚Die Bafalte am Stromdurchbruche nehmen bie Höhe von
zwei Drittpeilen der Berge ein, ber beitte Theil nur beſteht aus jenen
Ba, de gran Chr mai An
Sala ruhen, und’ fo ſtürzen biefe immer mehr herab ee pol m
ſenlrechten Steilwänven geworben. In einem benachbarten Thale
iſt von biefer allgemeinen Geflaltung darin eine Abweichung,
die Bafaltprismen nicht vertical und unter ſich parallel ſtehen,
bern ſtrahlig anseinandergehen und bachziegelfärmig auf eimamber
ruhen; ber Berbrädung ungeachtet haben fie doch ihre fcharfen Ecen
beibehalten. Durch neuere Eruptionen hindurch hat ſich ver Hays
feinen Weg gebahnt. Es laſſen fid hier Wirkungen von breierlei
verſchiedenen wulcanifchen Eruptionen in der Bodenbildung wohl-um-
terſcheiden.
In der erſten ruhen alle verſchiedenen Schlammernptios
nen (fusion‘ pateuse), forwol ähuli ben Laven des Befuns
wie ben trachigtiichen Cryſtalliſationen ber alten Bulcane, auf grau⸗
violetten Zufflagern, voll ſchwarzer Bimsfteinfrag-
mente und einer Menge criſtalliniſcher Nadeln von Pycozen, As
phibol und Obſidian. An manchen Stellen erhebt fich dieſes
Lager mehr als 30 Fuß über ben Stromfpiegel und fett ſich ach
tief umter benfelben hinab.
Die zweite Periove unterſcheidet ſich durch compacte Maſſen
von ſchwarzem, glaſigem Bruch, bie auf die Magnetnadel einwirken;
fie liegen auf andern Schichten, die volllommen das Auſchen einer
vuloaniſchen Breccie haben. Alte vermwitterte Raven find zu einer
Art Kies (rapilli) zerfeinert uud wie Flußſaud darüber bin und
hergerollt. In einer dritten Periode hat eine andere Lava biefe
Mafien in ihrem Laufe wiever mit fortgeriffen und eingelnetet, das
von bie größeren Stüde und Blöde immer in ben unterfien Theil
des Lavafluffes einfanten. Dieſe Bilvungen verfolgte Terier mehr
rere Stunden weit am Stromufer entlang, wo fle biofigelegt find,
aber ohme die geringfle Spur eines Craters zu finden, den man auch
wol tiefer laudein im Plateangebiete zu ſuchen hätte. Ihm fchiewen
dieſe Eruptionen aus großen Längenfpalten hervorgedräugt zu
fein, die ſich bei Erfaltung der Erboberfläche wiever gefchloffen Haben
tonnien. Einer folgen Bovenfpaltung und Auswaſchaug
feines transportablen Terrains konnte vielleicht ber Halye feihR
12
Mittler Stromlauf des Halys., 985
fein fo sigenthänlich geformied Bett in der Normalrichtung feines '
weohen Längenthales verdanlen.
- 9m diefe Uferhöhen ver weicheren Tufflagen find unzählige Kam⸗
mern, Grotten mit Eingängen und Senfleröffuungen für eim
Troglodytenvollk eingehauen, zu bern Wohnungen man in vielen
Terppenfinchten, hinab und hinauf, bis 60 und TO Fuß über das
Verfnivean emporzufteigen hat, wenn man fie durchſuchen will. Sie
Neben auch am ihren inneren Gängen vielfad unter fi in Ber- .
liadung umb haben viele Spuren, daß fie zugleich, Wohnungen ver
Lebennen mub and Todtenkammern waren. Biele der zu
Behuungen dienenden haben Raudyfänge, Alloven, find durch Fen ⸗
Perbffnungen erleudytet und Annten zahlreiche Bamilien berbergen,
Spuren von Ornamenten ober Scalpturen konnte Terier barin
kine entveden, «ls mur hie und da Nifchen oder Sarcophage, bie
fe zu einer einfligen Necropolis zu machen ſchienen. Die gegenwär«
digen Hictenvölter des Landes fchenen fie als bie Wohnungen
ver Dſchinnen, b. i. der böfen Dämone.
Durch ſolche Localverhaͤltniſſe, deren weitere Verbreitung wir
wm fortgefegten Galpelaufe wel vermuthen, aber nicht nachweiſen
Basen, weil bier die fpeciellen Beobochter fehlen, zieht der Otrom
wel eine kurze Strede vom einigen Meilen gegen Sudweſt in feiner
Nermaltichtung fort, bis er plöglic im Meridian von Newſchehr
‚ki Iarapafon fid gegen N.W. wendet, und völlig von feiner
licherigen Rormalbirection des Lüngenthales ſich abwendend, feine viel»
fach gewundenen Querthäler norbwärts zu durchbrechen beginnt.
8.6.
Achtes Kapitel.
Dos Stromſyſtem des Kyzyl Irma, des Halys der
Alten. Fortfegung Mittler Stromlauf von Jarapa-
fon nordwärts mit dem Zufluß des Delidſche Irmat
von ber Oftfeite und bis Osmanpfhyt.
ueberſiqht.
Mod hier, auf dieſer großen Strede bes Mittellaufes, ver
werigfiend bie Ausbehnung bes Oberen Laufts von 65 bis 60 Lün-
e wilen wenn wicht mehr, mit feinen vielen Rrmmungen bis zum
‚20 Blein-Uhen. 066%
Einfluß nes De lidſche Irmak und bis O am audſchyl cuninkk,
\ find Kebeutenbe Stregen bes Galysbettes noch gänzlich unbelsaet
geblieben, und nur bie wenigen Uebergänge des Stromes
welde die Duerftraßen berühren, wie bie von Kodſch Hiffer
am Tattafee über ven Halys fünlih von Kirfchehr, ober die
jenigen welche von Angora abwärts in drei verſchiedene Baflagen
oftwärts führen milſſen, oder enblic die nörblichfte derſelben bei
Dsmandihyf find durch genauere Beobachtung feſtgeſtellt. Alles
Zwiſchenliegende iſt noch als hypothetiſch zu betrachten, wie and de
kritiſch und ſorgfältig entworfene Karte zeigt, da dieſes ummitielhare
- Ufergebiet zu allen Zeiten ver Durchgeh barkeit feine Schwierige
keiten entgegengeftellt zu haben ſcheint. Dagegen find die Seiten⸗
Kragen, ſowol zur rechten als zur linken Seite, an Neben mb
Buflüffen des Halyg, theils wegen bivecterer Zuglinien, theila megem
bequemeret Raramanenftraßen vielfach beſucht, ſo daß wir, von ihren
Beobachtungen ausgehend, wenigitens zu wahrſcheinlichen Angaben
über ven Steomlauf felöft, over zu wirklichen Beobachtungen über
feine zur Seite fiegenben Ctufenlanbfcftgn, Thal mb Gebirpk
bilduugen umd fonftigen Ortölagen in feinem mm pie
Tonnen. So zur linken Seite vie Nebenfirage van Raw
fegehr weftwärts durch obere: Kiste Zufluſſe des Holy über km
Lodſcha Dagh ua Kopf Hiffar am großen Salzſee, den
Tatta· See; zur rechten Uferſeite die Straße von Boghaz
Köprüſoder Jarapaſon nordweſtwärts über Hadſchi Beliaſch,
Mudſchur, Kirſchehr nah der Tſcheſchnegiri Liöprü anf dem
Wege nad) Angora; ober bie von Angora auf ver Linken Seite
den Halys entlang gehende Straße nach dem Norden, über Ka⸗
ladſchik und Kankeri, über die Steinfalzbrüche zum Delidſche
Irmak, der als Hauptzufluß bon der rechten Seite dem Halys
gegen N. W. zufließt. Oder von vefien Mündung wieder gegen RO.
abwärts. bis nah Osmandſchyk. Ueberall find es nur Brud-
fläde verfchievener Beobachter über dieſe viererlei verſchiedenen Sei⸗
tenwege, aus benen wir erſt ein Ganges ums für das Galpefyfim
auszubilven haben.
Bon der ſchönen Gteinbrüde Boghaz Kidprä flärgt ver
Kyzyl Irmak reißend zwiſchen zwei Steilufern”) an ven Grab
kammern alter Troglobytenwohnungen und an ben dazwiſchen errich⸗
teten Holzhiltten des "Brüdeuborfegu KjdprürK di gegen Weſten
*'7) u, Tehihatchefl, Asie Mineure. I. p. 170. "
. Mittler Stronuauf nes Halys. 2»
> weiber, wo fein wilber Lauf unterhalb dem Dorſe Bairam⸗kjdi
wb Avanis (3926 Fuß P. üb. d. M., Owanes nad v. Binde,
wehrjcheinlich rictiger die armeniſche Form des Namens St. Io-
hannes) zwar wieder flachere Ufer erhält, aber zu feiner Zeit, wie
sbechalb ber Brüde, durchgehbar für den Reiter wird. Ablwechſelud
denert ſein fortwährend reißender Lauf zwiſchen Ebenen und Fels
wänben über Jarapaſon e), wo eine Fähre über den Strom
ht; fi immer mehr und mehr nordwärts gegen Beltafch hin⸗
werdend, trifft er 6 Stunden im Süden won Kir Schehr an
ſeinen rechten Ufer jhöne Syhy enitfelſen, bie ihn zu feiner weit«
ben Dirgetion auf kurze Strede nifthigen, wo er an feinem Linken
Bier meite Berfumpfungen bildet mit horizontalen Güfßtsaffernieber-
(lägen. Ueber fein hier ſehr ſchlammiges und unlares Waſſer
eine fihöne Brüde bei Wezir Kidprü nad Kirſchehr hin
won von fich auf ber rechten Uferfeite der" Kilidſchli · Su von
gegen SD. in ben Kyyyl Irmal herabgieit. Die Brüde,
Zavernier”) im Inh 1704 uberſchritt, liegt 3173 5
De DM. neh ©, Tſchich. im Flußniveau, das Darf Beltis
alwarts am. linlen Ufer nach deſſen Weſſung mr ned
F. Die Turkmanen, welche in dieſer Gegend am Strom
x Lager hielten, ſagten dem Reiſenden, daß ber Strom hier zu⸗
im ber großen Kälte ſich fo ganz mit Eis belege, daß ma
einer Bräde ihn überſchreiten Tönne. Bon hier an abwärts,
Strede won 15 bis 16 Meilen, ift der Lauf des. Stroms völlig
ehrt
gi
(Gäfwerggiegenort; er neunt ihn Caraguichi), von wo er mad
% Stunden vunh eine Feſte voll alter Ruinen mit einem Chor
von weißem Marmor und Sculpturen, bie er für Löwen
ſigeren hielt (ex lounte nur in der Morgenbämmerung an ihm vor _
überziehen), zum Halys, wo er bie fhöne Brüde von 12 Bogen
überfegt, die er Cherhemir Cuprouſou ſchreibt.
"®W. Ainswortk, Journey eic. in Journ. of the Roy. Geogr. Soc. X. 3.
a; deſſ. Trav. and Researches I. c. I. p. 168. ”®) Tavernier,
Six Voy. I.c. Vol.I. p. 102. =) Paul Lucas, Voyage fait p.
— en Gröce, Asie Mineure etc. Amsterdam 1714. 8.
p. 122—
Po} F Kletn-Afen. ur SB
v. Tſqichat ſcheff läßt den Halys hier zwiſchen dan Gebirge
zügen Kartal und Kurs Dagh in Weften, und FJidebel Dagh
im Often ooräberziehen- mb ſchreibt in feiner Karte einen einzigen Ort
mit Brüde, in der Mitte dieſes Laufes bei Karlangitſch m -
Stromufer, mo Syenitfelfen fein follen, eben ba ungefähr ein, wo
‚anf Kieperts Karte von Weit her ein hypothetiſcher, aber namen
Iofer-Heiner Zufluß zum Halys mit punctirter Linie eingetragen if.
Aber nähere Begränbung feiner Angabe giebt die Karte des ruſſi⸗
hen Neifenden nicht, die erft weiter abwärts zu Alſerai bei Zaſch ⸗
. dan, unterhalb Denel Maden wierer eine Meflung am Gay
ufer zu 2468 Fuß Par. einträgt.
Da bie” Kartenzeiinumgen auf biefen Streifen von 1 einander
noch fehr abweichende Linien aud ver Zuflüſſe barbieten, zu bern
Beurteilung ım$ nod die Beobachtungen fehlen, fo führen wir
vorerſt nad y. Tſchichatſcheffs Angabe), bie aber im Tat
feine Quellen zur Begrünung berfelben angegeben hat, nur kurz bie
drei Heinen linten Zuflüfe wanentlih an, ven Tatlar⸗, Ale
bunar- md Tſchukurtſchyk⸗ſu, ven zukünftigen Beobachten ihre
Berificirung überlafieew. Der Latlar-fu in Weit von Newſchehe
ver nad) dem Orte Tatlar genannt ſcheint, iſt auch auf Kie⸗
perts Karte eingetragen, nach Ainsworths Duerkbergängen über
. Am vom großen Salzfee in ber Richtung gegen Newſchehr. Ruh
* dem ruſſiſchen Beobachter entipringt er bei Siwrihifſar auf bem
centralen Plateau und fentt ſich bei dem Orte Tatlar (3668 Fuß
üb. d. M.) norbwärts in einer tiefen Thalfpalte durch wildroman⸗ \
tiſche Gegenden im baß tiefer liegende Thal zum Kyzyl Irmal,
. Ein zweiter, ihm in Weit parallellaufender, aber noch kürzerer Zu⸗
fluß zum Hauptſtrom, ber Meine Al Bunar (b. i. Weifenbrun,
bei Ainsworth Afadfehyt genamt), bem noch ein dritter-Ba-
rallelfluß weitwärts zur Seite fließt, ver aber namenlos geblichen,
entfpringt auf der Oftfeite des Kodſcha Dagh, im der Nähe bes
großen Salzfees. Der dritte linke Zufluß viel, weiter abwärtt, -
den die Bolotowſche Karte Tchoubourjak nennt (richtiger wol
Tiſchukurdſchut Su, 'd. i. Gruben-Balfer), der in SB.
entfpringe, aber gegen N.D. in ven Kyzyl Irmak bei Jaſch Kan
einfalle, ſcheint mit v. Vincke's und v. Moltle's Tabany⸗ſu
‚einerlei zu fein. Alle drei find am fi nur kurze umb wenig
Waſſer zuführende Flüßchen von geringer Bebeutung und laſſen ſich
#21) yTehibatchefl, Asio Mineure, I. p. 178.
Mittler Steomlauf des Halys. 208
mr durch bie Verfolgung ber ſie durchkrechenden Rontiers genauer
emitteln ¶ Erſt noch weiter abwärts tritt ber bedentendere Zul
Delidſche Irmak (des "Heinen tollen Fluſſes-) von der
bien Seite zum Halys, vom dem weiter unten bie Rede iſt.
Der einzige beachtenswerthe oberhalb deſſelben vom der reiten
Uferfeite dem Halys zueilenbe, ebenfall® nur geringe Zufluß ift der
Kilipfehlifu, welcher aus ven Granitgebirgen im Norben ber
Stadt Kirſchehr entfpringt und ſich nahe ſüdwärts von ihr Bftlich
den dem ſchon genannten Uferorte ver Turkmanen, Beltis, in ven
Halys einmündet (nahe von dem Uferorte Bazyrgjanlä). Diefe
Angaben ver Bolotowſchen Karte mit mehreren Höhenangaben
nach v. Tſchichatſcheffs Meffungen haben wir hier beifammen
geſtellt, um fie zur Erhärtung und näheren Beftimmung künftiger
Beobachtung zu überlafen. Wir fügen hier nur noch bie kurzen
Angaben des ruſſiſchen Obrift Wrontſchenko über dieſe Strede.
des Halyslanfes hinzu, und gehen dann zu dem Specialnachweis
der Wegerouten anverer Beobachter über, die theilmeife hie und da
un8 nähere Anfllärungen über bie genannten Rocalitäten bringen.
BWrontihento®) fagt: Auf ver Strede von ver Einmim-
dung des Fluſſes bei Kirſchehr am rechten Halysufer bis zum
Dnerwege von Angora nad Iyzgat (b.i. am ber Eimmit-
bung bes Tabana ⸗ fu oder noch weiter abwärts) werden bie Abhänge
auf beiven Seiten des großen Stroms fteiler umd ſchluchtiger, die
Ebene am Fluſſe ift ſehr ſchmal, und weiter abwärts bis Osman-
dſchyt verſchwindet die Ebene zuweilen gänzlich. Oberhalb aber von
Eäfaren, und Newſchehr abwärts ift die Vevölferung des Halys- '
thales umbebentenb, weiter abwärts aber noch geringer. Nur Win-
terlager der Turkomanen und Kurden, aber auch mır wenige, finben
fh abwärts bis zum genannten Querwege in Oft von Angora.
Mon hält das Wafler des Kyzyl Irmak für untauglich zur Bes
wöferung von Aderfelvern (mol wegen feines Salzgehaltes). Au
unterhalb des genannten Querweges bis Osmandfhnf follen nur
wenige Dörfer liegen, und weiterhin Waflerfälle folgen. Cäfaren
gegenüber hat ver Kyzyl Irmak bei gemöhnlihem Waſſerſtande
tine Breite von 60 Schritt und andy noch weniger; unterhalb bis
ya Mündung des Fluffes von Kirſchehr erhält ex eine doppelte
Breite von 100 und 120, und am nicht vielen Stellen von 200
Schritt, engt ſich aber bis Osmandſchyk bis auf 70 Schritt zu.
*) v. Brontichenlo a. a. D. Th. III. ©. 53.
Ritter Erdtunde XVII. - T
alein⸗iken 6.6.
2”
ſannnen. Das Waſſer im Kyzyl Irmak ift größtenteils trübe,
& fteigt im Frühling erſt mit dem Monat April und Mai
durch die Schneeihmelze zu höheren Waſſern an, daun fehlen alle
Furthen ober find nur mit Gefahr ‚zu paſſiren. Enve Juni fält
fein Waffer wieder und bleibt nievrig bis September ober De-
tsber, wo e3 aber vom neuem buch die im Gebirge fallen
Negen anfteigt, obgleich nicht fo hoc) als zu Anfang des Sommers.
& bleibt dann ziemlich hoch bis zum Februar, wo er zuweilen von
neuem Buch Regengüffe anſchwillt. Im Iuli, Anguft, Sep
tember find feine Furthen am leichteften zu paſſiren. Als Brüden
um Wrontſchenko die erfte fleinerne auf dem Wege von Ei
ſarea nerdwärts nad; Iyzgat, die Boghaz Kjdpri; dam eine
zweite auf dem Wege von Cäſarea nach Kirſchehr, bie ſchon
oben genannte, eine dritte von Stein 30 Werft (9 Stunden)
oberhalb Jakſcha Khan (d. i. die Tſcheſchnegir Köprü), eine Hay
brüde, Kaladſchyk gegenüber, bann eine Steinbrüde bei Os⸗
mandſchyk und weiter abwärts mehrere Holzbrücken.
Die von Wrontſchenko gegebenen, aller Drientirung ent-
behrenden Beſchreibungen von einigen Zufläffen weichen bis auf ben
Heinen von ihm bezeichneten rechten Zufluß bei Kirfchehr in Namen
and andern Umftänven fo fehr von der auf ber Bolotowſchen wie auf
der Kiepertihen Karte nach Routiers eingetragenen Hydrographie
ab, daß wir fie hier übergehen müfjen; erft von bem KHaupifirem
der Zuflüfle von der rechten Seite, dem Delidſche Irmak, an
werben feine Angaben wieder verſtaͤndlich und belehrender alg zuver
(f. unten). .
Wir gehen nun zu dem genaueren Angaben ber Beobachte
über, welche auf verſchiedenen Wegſtreden ſich bem Gebiete des Halys
auf feinen beiden Uferfeiten feinem Strome wenigftens annähern
konnten und über beffen Stromgebiet, wenn auch nur fragmentarifck,
aber um fo pofltivere Nachrichten geben, welche den zufünftigen
Beobachtern in Zufammenhang zu bringen überlafien bleibt. Zwei
Hauptfiveden find es, über die wir vorzügliche Aufklärung erhalten,
fowol auf der Weftfeite ober dem linken Ufer des Halys gegen
ven großen Salzſee zu, als auf der Oftfeite am rechten Strom⸗
ufer entlang durch bie Gebirgsroute von Boghaz Kiöprä und von
Iarapafon an, nordweſtwärts auf dem Wege nad Angora.
D
Siohs Uferland d. DIL, Syzpf Jemak b. z. Salzſee. 291
Erläuterung 1.
Anles Uferland des Kyzyl Irmak, von Jarapaſon weftwärts
über Newfchehr, den Tatlarfluß und ven Gebirgspaß bes
Rodfpa Dagh zum großen Salzfee Tatta, nach W. Ainsworths
Winterroute (1839) von Oſt nach Weft.
Bei Sarapafon (Iarabufır nach v. Moltke, Iarapifon bei
Kyrillos), Arebfim bei Indſchidſchean)et), wo die entſchie ⸗
dene Nordkrümmung des Halys beginnt und er den großen Bogen
gegen Weſt macht, iſt eine Fähre über ven Strom, auf welcher
®. Ainsworth, vom Gebirgsweg des rechten Ufers kommend
(8. April 1839) ), zum Tinten Ufer nad) der Caſſabah Ja ra paſon
Überfegte, um von da über Newſchehr zur Unterfuchung des großen
Salzſees nah Kodſch Hiffar fortzufchreiten (f. oben S. 34). Der
Halys hatte an biefer Stelle eine Breite von 400 Schritt, war aber
ſehr feicht, die Bagage wurbe auf bie Fähre gelaven, bie Pferbe
mußten überſchwimmen. An dem Südufer ift ber Ort von 800
Häufern entlang einer Klippe erbaut, die aus zerreiblichem rothen
Sandſtein befteht und Kreidekalkſte in trägt, eine Gebirgsart,
die weithin verbreitet und in einem Halbkreiſe von vielen Höhlen
durchbrochen ift, die zu Traglodytenwohnungen bienten. Einige
berfelben waren an ihren Eingängen mit Figuren und Säulen ver-
det, aber Infhriften fehlten. An ben Oftenden wurden bie
delſen nacter und waren in mehr feftern, ifoltrtern Abſonderungen
fichen geblieben, vie in zahllofen Gruppen von 10 bis 30 Regeln
Beifaunmen zahlreiche Wohnungen und auch Sepufcralgrotten ent ⸗
hielten, die wol Bamiliengrüfte fein mochten, vie Yinsworth mit
fehe wenig begrinbeter Hypotheſe der alten Station Ofiana zu⸗
reißt). Der Gonvernent von Jarapa ſon verſicherte, ber
Halys”habe damals fchon einen fehr nienrigen Waflerftand; im
hohen Sommer habe ex noch viel weniger Waſſer und das fei dann
ganz falzig. Ainsworth fand den Geſchniad jelhft damals fhon
+9) Ergbifchef Kyrillos Karte des Bafcjalyf Konla, rebueirt von Kiepert
. in deffen Memolt zur Karte von Kleinaflen, nach dem Original ber
im 3. 1812 zu Bien edirten Karte, das. ich der gütigen Mittheis
Ian; des Hrn. Eh. Terier verbanfe. *) NeusArmenten. S. 320.
X Ainsworth, Trav. and Res. 1.c. I. p. 168—185; berf. im
Pan of the Roy. Geogr. Soc. of Lond. x. P.3. p. 280-290.
®) {. Itin. Anton. ed. Wesseling. p. 206.
72
292 Klein-Afien, 8. 6.
brakiſch und bemerkte an feinem Ufer häufigen Auſatz von Salz⸗
Ingerungen. Die mehrften der Ortswohnungen von Sarapafon Liegen
in Gelshöhlen, deren große Zahl eine halbe Stunbe weit das linke
felfige Ufer des Stroms begleitet. Tiefe Schluchten ober abgebro-
chene Felsftäde bilven oft ifolirtere Kegel, aber auch in biefen find
Grottemwohnungen ober Keller eingehauen, deren unabſehbare Zahl
in das größte Erſtaunen ſetzte. An manden verfelben ſah man
rohe Steinfeulpturen; andere hatten ganz gute Säulen zu Orna-
menten, noch andere ſchienen wie Capellen zu beiligem Gebrauch
beſtimmt geweſen zu fein, andere zu Tobtenfammern. Die bei weitem -
größere Zahl aber zu Wohnungen. .
Bei weiterem Fortſchreiten auf dem Wege landein, fübmärts
gegen bas höhere Plateau hinauf gegen Newſchehr (d. i. Reu-
ſtadt), treten noch zahlreichere und feltfamere Formen biefer weichen,
‚gerreiblichen Felsllippen, zumal in vorherrſchender Kegelgeftalt, bald
abgeftumpfte, bald fpige, bald auf ihren Spigen faft ſchwebende
Steinblöde und Steinplatten tragen, hervor, wie Schugbäder umb
Hüte, welde unterhalb viel. dinnere Säulenpfeiler vor gänzlicher
Berftörung und Abwaſchung durch Regen ober Verwitterung zu
ſchützen feinen. Diefe oft feltfamen phantaftifhen Geftalten Hielten
bie Landleute öfter für verzauberte Löwen, Eidechſen, Fröſche, Bögel
und andere Thiere, die fie ein Werk ver Gjaur, b.i. ber Ungläu-
bigen, nannten. ”
Ainsworth und feine europäifchen Begleiter blieben in Zweifel,
ob fie dieſe Geftaltungen für vein natürliche, oder fir buch Ween- .
ſchenhand umgeformte halten ſollten; mochten aud einige durch
Menſchenarbeit eine beſondere Umbilvung erhalten haben, fo ver-
bankte doch bei weitem bie größte Anzahl ihre Entftchung der Ng-
turanlage bes leicht zerreiblichen lodern Materials, ver Berlüftung
durch Waſſer als wegipülenbe Rinnen von unten, einen heftigen
atmosphãriſchen Nieverfhlag von oben, ver zur Verwitterung ge-
neigten Bobenbefcaffenheit und deren Jahrtauſende hindurch fort
gefegten Einwirkungen, wodurch aud am andern Orten und im
anderen minder günftigen Materialien nicht weniger phantaftifche
Bildung hervorgezaubert werden konnte, wie in ben befannten
"Colonnes des föes bei St. Gervais an ber Arve, ober in den Abers⸗
bacher Felsgruppen in Schlefien, oder bie Dolomitfegef des Faffa⸗
Thales in Tyrol und am vielen andern Orten, wo aud) bie Phantaſie
ober der Aberglaube fein Spiel mit biefen formen treibt. Bier
loſet fidh der Moöleme die Frage durch bie Anwendung jener Stelle
einlis Uferland d. Mitilern Kygyl Irmak, Newſchehr. 298
im Koran leicht (Sure Sabir, XXXL), wo es Heißt, daß König
Salomo auf Befehl Allahs ven Dämonen (Dſchinnen) geboten, den
Tempel, vie Palläfte und vie Standbilder zu errichten, bie hier noch
in ihren Ueherreften geblieben. Der ehrlihe Baul Lucas hatte
fon im Dahre 170447) dieſe Grottenwerfe mit Staunen gefehen,
und als erfter Entdecker verfelben in ihrer Beſchreibung wie in ihrer
Abbildung feiner Phantafle ziemlich freien Spielraum gelafſen; er
lam, wie Ainsworth, vom Norbufer des Kyzyl Irmal, ven er
vehrſcheinlich am derſelben Fähre (er nennt fie Ananos) überſetzte,
und von ba zumal zu Fourconp (Ürgüb ber Karte) durch bie
Schluchten vol von 20,000 Pyramiden, wie er fie nannte, über
Indfhefu nach Cäfaren fortſchritt. Seine Phantafie zauberte ihm
auf jever der fogenannten Kegelpyramiden eine thierifche ober menſch⸗
ige Figur vor, felbft Menfchenföpfe, Mabonnen mit Kindern im
Arme n. |. w., und dies veranlaßte ihn, fie dem Wohnfige einftiger
chriſtlicher Anachoreten zuzufchreiben; eine Annahme, die nicht fabel-
hafter erfcheint, als vie Mähren, die er fi von ven Türken über
die Bewohner diefer Traglodytenſtadt erzählen ließ.
New ſchehr (corrupt bei Hamilton Nembſcher gefchrieben,
d. i. Reuftadt) fand Ainsworth als nette veinliche Stabt, bie
er mit Tofat vergleicht, an ver Seite einer fühnen dunkelſchattigen
Schlucht erbaut (nad Kyrillos®) im Jahre 1720 vergrößert durch
Damat Ibrahim vaſcha, ver hier geboren war und feiner Baterftabt
den Namen Newfchehr beilegte), während fie früher ven Namen
Moskara führte, "hinter welcher hohe vuleaniſche Klippen aufftei-
gen. Aus den zahlreichen Grotten nub Troglodytendörfern ber
Umgebung, wie zu Tatlar, Jarapaſon und andern, hie vamald _
und vielleicht ſchon lange von ihren urfprünglichen Einwohnern vers
laffen waren, hatten ſich die griechiſchen Bewohner meift nad} biefer
von ihnen Neuftadt genannten Stabt zufammengezogen, wo ſie
größere Sicherheit und Bequemlichkeit in ihren gutgebauten Häufern
finden konnten. Man gab 2000 Häuſer der Muhammeraner, 800
der Griechen und 60 ber Armenier an mit 15,000 Einwohnern; ein
quabratifches Caftell mit runden Eckthürmen fhüßte fie vor Weber
fälen, und 2 Dſchamis oder große Moſcheen mit Minarets, 9 Khane,
“7) Voyage du Sieur Paul Lucas fait p. Ordre du Roi etc. Deseript. de ”
ia Natolie etc. Amsterdam 1714. 8. 1. p. 126—131. Wine rich
tigere une, En ſolchen Steinhänfern f. bei Ainsworth a. a. D.
— ) Kyrillos bei Kiepert In Memoli a. a. O.
182.
294 Klein⸗Afien. ss
6 muhanmedanifche Schulen, ein Bab und eine griechiſche Fire
zierten ven blühenden Sanbelsort, beffen kappadokiſche Griechen
Ainsworth näher fennen lernte. Aufwärts ver Stadt im der⸗
ſelben Schlucht war ein Heines Dorf Gorah, abwärts in ber
felben in geringer Ferne das pittoresfe Troglobytendorf Nar (d.h.
der Gramatapfel) gelegen. Die Stabt felbft, nah Ainsmorths
Meſſung anf 3695 Fuß Par. (3639 F. nad v. Tſchich.), lag unter
.EIUN.B.
Das unglnftige Schneewetter hinderte Ainsworth, feine
Exeurſion oftwärts bis Ürgüb auszubehnen, wo ſchon früher
Terier und Hamilton ihre interefjanten Beobachtungen gemacht,
die wir weiter unten auch dahin begleiten werben.
Am 12. April. Ueber eine Ebene von vulcaniſchem Save
und über ausgebehnte baſaltiſche Bilvungen Fam man gegen N.N. W.
in ber erften Stunde über eine nadte übe Felsklippe von weichem -
Seftein, Tepe-Wiran (v. i. Ruinenhügel) genannt, barin alles
voll Grottenwerke. Jenſeits folgten noch mehrere härtere Gele
hügel mit Höhlen, am veren Fuße andy weichere Erdreſte ſtauden,
mit zuweilen balancirend gebliebenen härteren Steinplatten auf ihren
Spiten, die ihnen oft ein feltfames Anfehen gaben. Bon de
“folgte ein 5 Minuten breiter Lavaſtrom und nod; mehrere andere,
bie bis zum Dorf Agri Kidi (mol Egri-tidi, d. i. krummes
Dorf) zu überfleigen waren, und eine Localität, die Wiran
Burnu (Ruinennafe) Heißt, lauter appellative Benennungen,
die ihre Formen befler als Beſchreibungen bezeichnen. Dann erft
nach 4 Stunden Wegs gegen das Südufer des Halys ſehr genä-
hert erreichte man Tuz Kidi (di. Salzdorf), deſſen 80 Häufer
zum geoßen Theil aus Steinfalzfels gehauen und auch wieder
wit vorgebauten Fronten von Steinfalz verjehen find. Nur eine
Biertelftunde vom Dorfe waren die Steinſalzbrüche fern, benen
ber Ort feinen Namen verbankt; es war eine Grube von 500 Fuß
Umfang und. 200 Fuß Tiefe, deren Abhänge zu verſchiedenen Stufen
und Abfägen führten, von benen Stollen und Gänge in ven Fels
getrieben waren, ober von denen Treppen hinab zu den Steinfah-
ſchichten führten. An 7 neuere Stollen waren eingetrieben und eine
Treppe bis zur unterften Steinſalzſchicht eingehauen. Biele der
Gruben waren mit Waſſer gefüllt und unbrauchbar geworben, viele
andere eingeſtürzt und mit Schutt gefüllt, ba feine Sorge für ihre
Erhaltung getragen war. Die Steinfalzbänfe find bis 40 Fuß
mächtig unter der Oberfläche, bie Stollen Haben fteile Wintelabfülle.
dales Wferland des Miul. Kyapl Jrmak; Tuz Rjöt. 295
Des Salz muß in Körben auf Treppenſtufen heraufgebracht wer
dem. Es findet hier alfo die Methode, durch ſtehende Waſſerbaſſins
die Salgmafle zu einer ftarfen Soole auszulaugen, bie dann here
fetten werden muß, wie in andern Salzwerken, z. B. zu Wielitihfa,
wicht ſtatt. Der oft lodere Mergelboven ber Gruben ſtürzt bei
Regenftürmen leiht ein, und bringt Gefahr für die Arbeiter und
Veſucher. Den jährlichen Gewinn gab man.auf 300 bis 400 Ka-
merllabungen an, deren Ertrag zur Hälfte an bas Gouvernement
gegahlt wird, die andere Hälfte ven dabei ganz unthätigen Einwoh -
nern des fernen Hadſchi Bektaſch auf ver Norbfeite des Lyayl
Irak gehört, daher die Arbeiter felbft dabei fein Verdienſt Haben,
wen fie nicht über 300 Kameellaften erzielen. „ Der Salzftein liegt
in Mergel und fteifen meift gelblich, zuweilen blaͤulich gefärbten Thon»
lagern und ift reich an Oppscrpftallen, welche die Grube an ihrer
Oftſeite ganz überlagern. Der Patron des Dorfes Hadſchi Bel-
taſch, dem dieſe Grube tributpflichtig if, ſoll erft nach ver Legende
die Steinfalsgrube als Wunderthäter gejchaffen haben, da ihm
von feiner Wirthin an dieſer Stelle zum Frühſtück Eier gereicht
wurden ohne Salz, und er num mit feinem Gtabe in bie Exbe
Roßenb die Grube geſchaffen habe. So weiß ſich die Phantafle ver
Unwiſſenden leicht die Geheimniffe der Geologie näher zu bringen,
als es oft die Wiflenfcaft vermag. Ainsworth hielt das Salz
lager für ber oberen oder tertiären Kreideformation ange
börig, welche einen fo großen Theil ver alten Garfauritis mit
ihren Gaben überbedt hat.
Am 14. April ritt man gegen SW. im Thale des Tuzloi-
Baches, ver ein friſches Waſſer hat, an Kyzyl Kidi (Rothdorf)
wit 30 Wohnungen vorüber, die meift in Grotten liegen; bann an
anem Tſchiftlik, d.i. Meierhof (von einem Joch Ochſen beftell»
ber) vorüber, 2 Stunden weiter zum Heinen Dorfe Tatlar, von
weichen ver Fluß feinen Namen Tatlar-fu zu erhalten pflegt.
Genaueres hat Hamilton über dieſen Ort mitgetheilt; Ains—
worth verließ von da ˖ das Thal, dieſes Flüßchen gegen Norbweft
überfdjreitend; fein Weg führte über wellige Dünen, aus bafaltifhen
Kiefeln aufgehäuft, nad 2 Heinen Stunden über das Turfomanen-
dörfchen Tigular (b. i. Habicht) zu einem dritten, ärmlichen Dorfe,
1y, St. weiter im Spenitgebirge gelegen, Taſch Tellak genannt,
durch welches ein Paß hindurchführte zu einer weiten einförmigen
Ebene, auf welcher vom Fuße des Syenitberges ein Weideland für
Lameele ſich bis zum Fuße eines noch höheren Berges gegen N.W. des
296 Zllein⸗Afien. . 6.
Akadſchyk Dagh ausdehnte, bie beide, ſchon aus weiter Ferne vom
Halys ans geſehen, durch ihre zadigen Formen zu guter Orienti-
rung durch Winkelmeſſungen dienen Tonnten. Bon da über Dnr-
fanty, ein Groitendorf, ımb über ein anderes auf Ruinen erbautes
Dorf ritt er am Akadſchykberge vorüber. Am Abend wurde
das große Turkomanendorf Sary Karaman von ihm erreicht, von
Hirten bewohnt, deren wilde Hunde jeden Schritt gefahrvoll machten.
Am 15. April hatte man nun auf einer Brüde ven Afa-
dſchyk⸗ Fluß zu überſchreiten, welcher durch mehrere ihm zufallende
Seitenbäche einige Beventung erhält, und durch die Ebene Albunar
„gegen Norden nach kurzem Laufe als Inter Zufluß jum Kyz yl
Irmat fällt (f. oben S. 301). Dan erfteigt zunächft eine felfige
Stufe mit Grotten, die das Dorf Buz Chur bilden, wo audy ein
“ Khan in Ruinen und im Thale guter Anbau war; links flieg ber
Eharinberg empor, zur rechten aber breitete fi. em ſchönes Eul-
turthal aus. Das Turkomanendorf Dumanly (b. i. das neblige)
auf grafigen Höhen mit durchſtoßenden Granitfelfen hinauf, flieg
man wieder zum Dorf Tihamurly (Schlammort) hinab, das in
Gärten lag und deſſen Gräberflätte Säulenfragmente zeigten. Noch
eine Stunde weiter wurde das Dorf Tſchamly (. i. Fichtenort),
auch von Turkomanen bewohnt, erreicht, und der Sit eines Woitwoben.
Zu Dumenly, fagt Ainsworth, änderte ſich bie Phyfio -
nomie des Landes. Schon eine halbe Stunde fern von ba, bei
Danifmanly, einem Dörfhen von nur 20 Häufern, traten Syenit
und eingelagerte Dioritmaffen hervor, bie aud) in Syenite über
gingen, und in Kleine Körner vertheilt ober zwiſchen Heinen Körnern
von Hornblende große Feldſpateryſtalle enthielten. Eine felfige
Syenitkette dehnte ſich bis Ajanly, dem.Sige des Yjan mit nur
20 Häufern aus. Ein fehr ftirmifces Schnee« und, Regenmetter
war zu unginftig, um einige Ruinen eine halbe Stimbe in NO,
von Aianly zu befuchen, welche bie Ueberreſte einer Kiliffa, d. i.
einer byzantiniſchen Kirche, genannt wurden, von welcher bie Marmor
fäulen zu ven Grabftätten der Dörfer umber als Grabfteine ver-
fchleppt waren. ö
Am 16. April. Der Schnee blieb auf den 3800 Fufr über
bem Meere erhabenen Höhen von janfy diefen Tag liegen. Bon
ben ungaſtlichen Turkomanen zu Tſchamly konnte man bei dem ſchlech⸗
ten Wetter, dem ſie ihre Pferde nicht anvertrauen wollten, ne durch
Gewalt fid) weiter verhelfen. Erſt um 10 Uhr war fortzulommen ;
bei ſehr kaltem Nordwind hatte man welligen oben über Granit-
Lint. Uferl. d. Mitil Kyzyl Irmak; Scheidegebirge. 207
uud Shenitfelſen zu überſchreiten, um das Dorf Sipahiler (. i.
bie Reiter) von mr 16 Häufern auf einer Höhe von 3580 Fuß
gu erreichen, über welches ber fyenitifche Riden des Kodſcha Dagh
noch an 800 Fuß höher emporfteigt. Es ift dies das hohe Wafjer-
ſcheidegebirge, weldes bie centrale Ebene des großen Salz«
fees, des Tatta, vom dem Stromgebiete des Kyzyl Irmak im
Dften in bedeuiender Längenerfivefung von Nord nach Süboft
ſcheidet. Auf feinem Rüden liegen drei Bergfeften, die jedoch nur
aus Steinhaufen ohne Mauerwerk beftehen, von denen man am
Abend zwei derſelben beſuchte; man nannte fie Schakſchak Ka-
leſſi md Boiludſcha Kal'eh. Die Turkomanen vom Sche-
rakli⸗Tribus zu Sipahiler unterſchieden ſich durch ihre gaſt ⸗
liche Aufnahme ver Reiſenden ſehr von dem ungaſtlichen türkifchen
Dumanly-Tribus des vorhergehenden Tages.
Am 17. April zum Rüden der Gehirgahöhe bes nörblichen
Kodfha Dagh Hinanreitend, breitete ſich gegen Nord von ber
Höhe ein prachtvolles Panorama über das weite fernhinziehende
Del des Kyzyl Irma zu ven Füßen der Wanderer aus, von
den rothen troglodytiſchen Felsreihen zu Jarapa ſon abwärts bis
pr fernen Tſcheſchnegir Kidprü, ver Vrüde über den Kyzyl
Irmal auf dem Wege nad) Angora; das weite in vielem Tages
zifen durchwanderte Land auf bem üftlichen Mfergebiete des Halys
über Kirſchehr, Mudſchur (Mocissus), Bektaſch war hier mit
einem Blid wie auf’ einer Landkarte zu überfhauen, nad allen
Seiten von Schneegipfeln majeftätifd) überragt. Gegen ben Norden
fein fühn Granitklippen unter dem Namen ves Sarybulak
Dagh (v. i. Gelbquellen-Berg), ſich verſchiedentlich verzweigend,
hinab bis zum Kyzyl Irmak, deſſen Rüden ſich vom Baranly
Dagh ſcheidet, ſelbſt aber in einem kühnen iſolirten Gipfel über
dieſen Strom fortſetzt, der im feinem ſehr gerümmten Laufe bis zu
der fernen Tſcheſchnegir Kjöprü im Süden von Angora mit dem
Ange verfolgt werben konnte. Etwa 3 Stunden fern von Sipa⸗
hiler am einem noch höher liegenden Dorfe Demirlü⸗kjdi (Eifen«
derf) vorbei, wandte man fi nun gegen Sübweft am eimem wie
behamenen großen Granitblock vorüber, an dem ein anderer Roland
feinen Schwertſtreich geübt und ihm die glatten Witrfelflächen
gegeben haben follte. Ein Felſenſchloß Toklu Kaleh (v.i. Lammſchloß)
auf einer Granitkfippe bominirt ven Hohen Gebirgspaf über ben
odſcha Dagh, ven Kafi Uyut, 4500 Fuß üb. d. M.
Ienfeit führt ver Weg bergab durch Reihen niebrigerer Berge
208 er 779, 7 se 5.0.
bis zum großen Salzſee. An Eingang bes Paſſes liegt ein
kanſtlicher Hügel, der ein früher feftes Caftell bezeichnet, neben vum
noch zur Seite ein-Stein aufrecht ftehen geblieben if. Der Bd
‚ von bier hinab, vom ganz anderer ‚Art wie oftwärt® zum Ian
gen Stromlaufe, war nicht weniger großartig durch bie weite
baumlofe monotone Wüſte und Einbde mit dem Spiegel des
großen Salzfees am Fuße des Bergzugs.
Erläuterung 2.
Diefelbe Route im Sommer von Weft nach Oft nom Großen
Salzſee über Newſchehr, Ürgüb. und Indſcheſu bis Kaiſerieh,
nah W. Hamilton (1837).
Nur durch wiederholte Bereifung und Beobachtung können
ſolche eigenthündich gebildete Localitäten, wie Die des Ueberganges
von ber centralen Hochebene am großen Salyfee zum Thalgebiete
des größten Laudſtromes in Kleinaſien, zu genauerer Lenutniß ge
langen, deshalb wir fowol dem Geognoften Hamilton wie
dem Architecten und Kiuftler Terier, bie uns auf demſelben Lin
dergebiete durch ihre vieljeitigen Forſchungen von verſchiedenen Seiten
ber, durch ihre geiftoollen und treuen Berichte einheimiſch zu machen
fuchten, dadurch unfern wärmften Dank abftatten, daß wir ihre in
haltreichen Beobachtungen dem feften Band unſerer Wiſſenſchaft als
üte fiherften Cifeine einzufügen verfuchen.
Am 14. Juli verließ W. Hamilton, nachdem er feme
Unterfuchungen über ven großen Salzfee in ver Hochebene been⸗
bigt hatte, fein Quartier zu Kodſch Hiffar (f. oben &: 36) um
überftieg mm ben Bafferfheidezug des Kodſcha Dagh, um
das mittlere Stufenland des Halys zu betreten und feine wichtigen
geographiſchen Beobachtungen zu Kaiſerieh und am vulcauiſchen
Rieſen des Argäus fortzufegen®). Ein grauer Granit des
Eaftellberges hinter der Stabt Kodſch Hiffar zeigte ſich zulegt
noch dem’ geognoftifchen Beobachter als kein primitives, ſondern al6
an plutonifches Geftein, das die große, weit verbreitete ro the
und braune ſalzreiche Ganhfeinformation der Gatnb.
*e») W. Hamilton, Notes of a Journey eic. in Journal 6f the Ray. Geog.
Soc. of London. 1838. Vol. VIII. p. 147—148; befj. Bessarches in
Asia Minor.etc, Vol, II. 1842. p. 238—257.
Lines Uferland des Mittleren Kyzyl Irmak. 900
dene völlig vurchbrochen hatte, um zu Tage zu kommen. Wo
aber die Decke auf ihm laſten geblieben, hatte er fle in autieli—
aifge Neigungen gehoben, die nach beiden Seiten ſich abjentien,
mb bie Rebengefleine in vielen ſchmalen Gängen, Adern und Faden
vnshihwärmt, ein entfchiebener Beweis einer durch plutonifche
Dämpfe jüngern Erhebung bes Oranitgefteins; eine Beſtä-⸗
tigung auch ber. Erhebung fo vieler in der Gentral«Hochebene ſüp⸗
wärts des Halyslaufes hervorgebrochener, jüngerer anderer plutoni⸗
fen und vulcauiſchen Gefteine, welche mit ihren fie, begleiteuben
Revolutionen dem ganzen weiten Gebiete jener Landſchaften ein fo
abfonberliches und eigenthümliches Anfehen nach Beſtandtheil und
dorm gegeben haben.
Nachdem die Kameele mit Mühe zuſammengebracht und durch
einfache Singerabzählung der Führer und Vermiether bie Mieths⸗
preife in Orbnung gebracht waren, konnte erſt um 8 Uhr an Morgeũ
wufgebrochen werben, um ben Tagesmarſch von 14 Stumben Weges
58 Sary Karaman zurüchzulegen. Durch Gärten atı Buße bes
Bergzuges an einem thurmaͤhnlich aufftsrrenben Felsbloch und über
weiße Gyps⸗ und Alabafterlager im rothbraunen Sandſtein,
der von horizontalen Kallſteinſchichten überlagert war, flieg mau
bergan. Diefes Mabaftergeftein jhien Hamilton baffelbe zu fein,
bes Strabo (XI. 640) dem weißen an Farbe nem Elfenbein
ähulihen Stein in dem gefteinreihen Cappadocien und Gar
latien nennt, ans bem man einft Handgriffe für Dolce und
Schwerter verfertigte.
Der Weg führte an Grabftätten mit ſchönen Säulenreften vor-
über zu einem Platenu hinauf, wo Turlomanen ihre Zelte aufge»
Klagen Hatten, und ihre Weiber mit ſeltſamen Silbermügen, wie
mit Heimen bedeckt, umhergingen umb' große Ohrringe trugen. "
Dreierlei Horbenftämme bewohnten bas num folgende Gebirger
Ip, Turkmanen, Jürülen und Kurden. Die erftern wohnen
gleich den andern ben Sommer hindurch in Zelten, ziehen ſich aber
im inter in wärmer gelegene fefte Ortfchaften zurüd. - Sie find
die bei weitem zahlreichften und cultivirteften unter ben breien. Die
Yürüfen (b. i. Wanderer) leben das ganze Jahr in Zelten, aber
verzugsweiſe in Gebirgen und-in ber Nähe größerer Städte; benn
fe ſind meift Kohlenbrenner, welche. die Stäbter mit. Holglohlen
verfehen. Die Turfmanen treiben Aderban, und aud bie Jü⸗
tälen besauen zuweilen ven Boden. Ganz verſchieden von beiden
find die Lurden in Sprache und Sitten; fie Ichen nur in Zelten,
800 Klein-Aften. $.6.
unabhängig wie jene vom Gonvernement, und finb meift wohlkes
bender; ihre Hauptfige find an der Oftfeite des Argäus gegen
den Antitaurus und auf ber Weftfeite des mittlern Halys ſudlich
von Angera in Haimaneh (f. oben S. 26). Durch ihre Raus
ansflüge machen fie jedoch auch viele ambere Gegenden unſicher.
Xinsworth fonnte bei feinem Gebirgsübergang über- ven Kodfcha
Dagh in ben flürmifchen Wintertagen zwiſchen ben Schneefelvern
fih glücklich ſchaͤren, ihrem beabfichtigten Raubangriffe bei ver ftär-
tern Truppe feiner Begleiter über die ihrigen entgangen zu fein,
doch riefen bie bewaffneten Wilden an ihm vorüberreitenb oft
genug drohend die Worte ans: „Borbem hätte fein Giaur viefes
Gebiet ungeſtraft betreten dürfen; jet find leider anbre Zeiten ⸗ ıc.
un fo jagten fie diesmal ohne Wageftüd auf bie gehoffte Beute
davon. Die Gebirgehöhe nach mehreren Stunden Emporfteigens
bededte fich immer mehr mit Iofen Yelsbläden von Graniten und
Trachyten, und wiirde mit jevem Sihritte Ever; wilde Pils ftarrten
auf allen Seiten empor und viele Meine Quellen, vie an mehreren
Stellen hervortraten, blieben in Meinen Lachen fiehen, ohne ſich in
Rinmen zu ſaumeln. Nach 4 Stunden Reitens war der Hoch paß
der Granitkette (ver Razi Ujuk Boghaz, 4596 F. Engl =
4317 8.-Par,) erreicht, ver wahrfdeinli die alte Grenze vom
Lycaonien in W., von Cappabocien in Oft ımb Galatien
im Norden bildete.
Beim Hinabſteigen gegen Oſten trat, im Sommer, eine große
Verãnderung der Landſchaft ein, die Ain sworth im ſtrengen Winter
nicht wahrnehmen konnte. Viele Quelle ſprangen aus dem Boden
hervor, ber mit ben ſchönſten grünen Graſungen auf dem verwitter-
ten und fruchtbaren vulcanifchen Erdreiche geſchmückt war, wo unter
einem Bey eine Sommerſtation, die Jaila der Turkomanen
Boghaz kibi (d- i. Engpaßdorf) ſich außbreitete. Selbſt Gärten
und Bäume ſtanden bier. Wahrend eines furchtbaren, aber fehr
ſchnell, in nur 20 Minuten vorübergehenden Gewitterfturmes
wurden alle Zelte umgeriffen, bei gleich darauf ſich herſtellendem
ganz Haren blauen Himmel aber alles eben fo ſchnell wieder in Ord⸗
nung gebradit. \
Am 15. Juli wurde weiter, aber nicht wie zuvor gegen OR,
fonbern gegen Sud gewandert. "Rirfächt, jenfeits des Kyzyl
Irmak, follte von Afbımar 15 engl. Meilen direct gegen O.R. O.
entfernt liegen. Erſt um 6 Uhr konnte man buch Per Tl
amb über granitiſche Bergrüden auf ver von RB. nah S. O.
Linkes Uferland d. Mitulern Kyzyl Irmak; Afbımar. 801
weigedehaten Hochebene Atbunar Oma weiter ziehen, die im DR
von dem Gebirgszuge von Bazyrgjanly begrenzt wurde.
ſqhiedene Bache und auch der Akadſchyk⸗ſu, der auf dem de
dſchyk Dagh am Sübende ver Ebene entfpringt und gegen Norben
zn Kyzyl Irma Hinabfließt, wurde hier überſchritten. Der
Atadſchyk Dägh trennt beide parallellaufenbe Thäler der genansi-
ten Ströme an feiner Weſtſeite vom ver Oftfeite. Auf der Albunar
Dwa, bie'von bem gleichnamigen Turtomanenborfe (Albunar,
d.h. weiße Quelle) ven Namen hat, weideten fehr große und
nhlreiche Schafe, Ziegen- und Rinderheerden biefes Hirtenftamneg,
Durch ihre Mitte zog eine gut mit Meinen Steinen gepflafterte
Straße, die eine Strede gegen D.S.D. verfolgt werben konnie
und zum Theil ver in ben Stimerarien verzeichneten antifen
Straße zwiſchen Anchra nad Archelais und Tyana angehbren
mufte (Itin. Anton. Ang. ed. Wesäel. p.206 u. 148—145), wie
biefe auch nach ben angegebenen Diftanzen ‚und ber Lage von Bar-
aaſſus zu Kodſch Hiffar mit der Kartenzeihnung gut überein
Rimmt %). -
Gegen 10 Uhr wurde an einer ſchlammigen Quelle Akbunar,
in der Mitte ver Ebene, ‚an’ einer: Grabftätte voll Säulen, Mar
worftäde und anbrer Rudera vorübergezogen. Die weite Hochfläche
hatte zur oberſten Dede eine Schicht von Bulcanfand oder Peperit,
ber mach oben compact und hart, nach unten weich ift und in wel
dem letzteren viele Grotten ausgehen waren, deren obere harte
Shit man zur Bedachung der Wohnungen benutzt hatte, unter
denen viele mit Gemächern und weitläufigen Galerien, Grabſtätten
und Niſchen zu ſehen waren, welche es wahrſcheinlich madıten, daß
fie in fpätern Perioven verfolgten chrifiuchen Gemeinden zu Bus
Huhtsftätten hatten dienen Tünmen. Gegenwärtig brauchten fie bie
Kurden und andere Horben zum Schußorte in der Winterzeit,
We große Zahl breitete fi weit über die bortigen Bergflüſſe, bie
zum Kyzyl Irmak ‚reihen, bis Sary Karaman aus,-wo Ha-
milton bei den dortigen Turkomanen unter ihrem Woiwoda eine
ſche gaftliche Aufnehme fund. Hier überfiel ihm am deachmitiege
am 3 Uhr wieder wie am Tage zuvor ein eben fo heftiger, alles
xerſtöreuder Wir belſturm, wie ſolche in dieſer fehr heißen Jahres
zit (bei 29 Grad Resum., 98 Bahr.) auf fo bebentenver Berghöhe
u ze Roter de ‚en eb milk: 2.
”) —X ei u vatfehe Hi erfegung von Hamilton. Th.
208 idnifen. 5. 8
nicht ungewöhnlich finb, und wol ber großen Echitung ber bene
darten vegetation®-, und baumlofen Eentralebene ihre Extfehum
verdanken. Diefe Station Sary Karaman, gab ver Ortschef am,
follte nur 2%, Stunden in directem Abſtande (gegen Of) vom Ufer
des Halysfluffes liegen, fünf Stunden von Kirfchehr gegen
- Rorb, 8 Stunden fern gegen SD. von Alferai, 9 Stunden fern
von Rewicehr, wohin man am bem zweitfolgenben Tage kam.
Am 16. Juli. Die Turkomanen des Diſtrictes Sarh
Karaman find gleih ihren Vorfahren im Lande, ven alten Cappa-
do ciern (Itin. Hierosolym. ed. Wess. p.577 Not.), bie beften
Pferdezüchter, die auch ihre Pferde weit und breit verkaufen;
aber die Stuten behalten fie zurüd, reiten fie zwar, brauchen fie aber
mie zu Padoferben, daher e8 hier. oft ſchwierig ift, fortgafounnen,
wenn man nicht Kameele zum Transport vorfinde. Ein ſchr
Heißer Samum (Sürwinb) wehte an. biefem Sage mit großer
‚Heftigfeit; man mußte über fehr fleinige Wege und durch eine fer"
tiefe Vergſchlucht. Zwiſchen fteilen und rauhen Syenitfelien hinab⸗
geftiegen erreichte man nach 3%, Stunben Weges das Dorfchen
Taſch Deweler (b. i. Stein-Sameele, wol von ähnlich geformten
Felſen fo benennt), und 2 Stunden weiter zwiſchen aufftarrenben
Trapp- und Grünfteinfelfen, unter denen auch ein ifolirter Granit
fels emporragte, wieber zwiſchen ſchwarzen Lavabloden und anderm
plutoniſchen Geftein, mehrere Grot tenwerke umb das Thal des
Tatlarfluſſes, in welchem Ainsworth aufwärts geftiegen war.
Auf deffen Oftufer erhob fich ein hohes Bafaltplateau, deſſen
unteren: weicheren Lagen zu beiden Seiten bes Fluſſes zu unzähligen
Grottenwerken ausgehauen waren. Die größte Tiefe Des Thales
nahmen horizontale Schichten ein, die nur aus loderm, weißen vul-
canifhen Sand und einem Bimsftein- Tuff beftanden, wäh
rend biefelben Mippen gegen N. O. hin ftellentveife von Baſaltſchichten
überbeft waren, bie an vielen Stellen von ihren weicheren Unterlagen
besabgeftürzt und derträmmert umberlagen. Ein ganz abgelöfter
Regelberg erhob ſich vor einer Kippe, im welcher Grotten und
‘ Groblammern augehauen waren; das Dorf Iag dahinter zwifchen
vielen ſoichen Orotten und herabgeftärzten Bafaltınaffen, und ein
altes Caſtell mit feinen verfallenen Mauern und Thürmen hing
über vem Troglodytendorfe. Nah 5 Uhr überfegte man ben
Tatlarfluß, ber ſich zwifchen gewaltigen Bafaltblöden hinburde
winbet, unb zwiſchen benen bie Felswohnungen oft auf bie —
¶Weiſe emporgebaut find, fo daß das Ganze ben fabelhafteſten Aubl
»
SntAlferl. d. Mittl. Kynyl Jrwal; Grottend. Tatlar. 308
grähet. Das Quartier erhielt man in einer ſolchen Eeliemeh-
zung mit einem Vorbaue; ans ben tiefen Grotten, die zu Biche
Pällen dienen, brach wildes Getöfe hervor. Schon früher hatte man
üfter den Reifenben von biefen Grotten geſprochen, umd eine ber«
kiben für eine Wunverhöhle ausgegeben, weil in ihr ein heiliges
Bud liege, das dem Lande großes Unglüd bringen würde, wenn
es geftoßlen werben follte, obgleich es immer von felbft in feine
Stelle zurücklehre; ein Mährden, das «ud an andern Orten ben
Aberglauben des Volls beichäftigt, wie Terier daſſelbe Wunder von
een Buche zu Nazianzos erfuhr). Neugierig, wo das Buch
denn fiege, geriethen die Hausleute bei ver Nachfrage Hamiltons j
Danach in größte Ungft; e8 hiitfe baffelbe Riemand berühren. Der
Gührer müfe fllr des Leben des Reiſenden fiehen, umb mern ihn
Ungläd treffe, werbe er dem Eltſchi Bey, d. i. dem europäiſchen
Geſandte bei ber Pforte in Eonftantinopel, verantwortlich; werben.
* Möeh ging man im ber Felsſchlucht zum Ende des Tafelberges
hiaab, ftieg ai deſſen Trümmerhalven ven Grotte über Grotte fo
hech anpor, daß man endlich von außen ben Eingaug in die be
wußte Grotte finden Tonmte. Aber erſt durch dunkle Gänge, die
- buch Fackeln erleuchtet werden mußten, rang man bie im bie
anftesiöfe Grotte ein, bie aus drei Wbtheilungen mit Niſchen umd-
Zobtengrüften an ven Wänden beftand. In der mittleren Abthei-
lang der größten woren in ihrer Mitte ein paar deldaliare ftchen
geblieben, auf deren einem ein Buch Ing, ein ſehr verſehrtes Perga-
mext mit einem griechiſchen Menelogium aus bem 12. und 18,
dahrhundert. Die ſchwarzen berauchten Wände waren einft mit
Sqildereien byzantiniſcher Heiligen bemalt gewefen, von vewen
ma noch wenig zu fehen war; doch fonnte man an bem Wappen
Ans gepangerten Pitters ven St. Georg von Cappadocien
ekamen. Zwar wohnte in Tatlar kein Grieche, ver Ort. wurde
ober ſehr häufig von griechiſchen und armeniſchen Chriften bewall-
ſahrtet, und von ihnen rührten bie vielen Namen her, mit beuen .
die Wände ber Grotte in griechiſchen und armenifchen Charakteren
beſchtieben waren. Mehrere über einander in verſchiedenen Etar
gen liegende Grotten konnten in dieſen Troglodytenwohnun⸗
gen mr im Sunern buch Treppenfluchten ober ſchornſteinartige
afgänge erreicht werben, und eben fo war bes ganz abgelöfte
Regelberg im Innern bis nad) oben ausgehoͤhlt, in welchem bie
*":) Ch. Texier, Description do Yasio Minsurs etc. II. p. 94.
808 Keinen, . 66
ggehfte ver Selsfammern zu einer Capelle gebient hatte. Es ſheint
denmach wol ficher, daß viele biefer Grotteuwerke zu gewiflen Zeiten
von Chriſten bewohnt geweien, die wahrſcheinlich zur Zeit ber
furchtbaren Chriftesiverfolgungen, vie in Stieinafien jo viele Jahr-
hunderte hindurch von ben erften Kaiferzeiten an anhaltend gemüthet
haben, hier ihre Buflucht fuchten, wenn fie auch nicht die erften
Architecten dieſes Grottenbaues gewejen, bie uns unbelanut geblie-
ben. Denn Strabo wenigftend führt nirgends Troglodyten in
Cappadocien und Kleinaſien an, obwol er folde Völkerſchaften
in Aegypten, Urabien und ſelbſt im Kaufafus wol angiebt, und
obgleich er auch die Felsgrüfte über Amaſia beſchreibt, die vielleicht
nur durch ihre Größe eine beſondere Aufmerkſamleit erregten, wäh-
send das troglodytiſche Leben des gemeinen Volle ihm etwas
zu gemöhnlices war, um es beſprechen. Bei Leo Diaconns fin
ben wir jedoch bie merwörbige Stelle, wo biefer Autor nın bes
Jahr 963 p. X. n. bei Gelegenheit von Nicephorus Phocas
Krieg gegen Tarfus feines Durchzugs durch Cappadocien erwähnt,
daß das cappabocifhe Bolt in früheren Seiten Eroglopyten
geheißen habe, weil fie fi in die Einfamteit der wilden
Felswohnungen zuräüdgezogen hätten. (Leo Diacon. Hist.
II. 1. p.87 ed. Hasii. Bonn. 1828). Unter ver Toleranz ver
chriſtlichen Kaifer feinen fie alſo diefe Wohnungen verlaffen zw
haben, umd wahrſcheinlich find dann den gläubigen Radlömnlingen
nur einzelne jener Localitäten ihrer Altvordern over Märtyrer,
ober deren Stammfige und Gemeindeorte vorzüglic; heilig geblieben
amd zu Pilgerfintionen geworden, feit den Berfolgungen ver Türken.
Am 17. Juli. Roh eimmal kehrte Hamilton®) ger
Tatlar-Eapelle zurüd ımb nahm einen Grundriß derſelben auf.
Dann beftieg er ben Berg über dem Dorfe, von wo ein grofies
Plateau gegen N.O. fi ausdehnt, das überall aus Beperite
Hippen mit Bafaltfchichten bedect beſtand, in beren inneren
Brücen ex oft Säulenbafalte wahrnahm, wol Zeichen ihrer pläge
lchen Erſtarrung aus geſchmolzenem Zuſtande. Auch jüngere
Lavaſtrbme ſah man, wie fie hinabgeflofſen waren in bie Thäler,
und offenbar aus. Eruptionen 1 bis 1Y, Stunden fen in SD.
" " anß einer Öruppe von vulcanifchen Kegelbergen hervorgebrochen
waren. Das Eaftell auf ver Höhe ſtammte nur aus dem Mittel-
) W. Hamilton, Researchse L c. M. p. 247: Plan of Cave of Tatlar.
Linles Uferland ae Mihkllten Kyzyl Irma. 05
alter mit feinen runden Thurmen; —— —
feltſarie Blide im vie tiefer liegenden Klippen und Schluchten, wie
is die Grotten, zumal gegen S. O. hin; - benn ven vielen ver let⸗
iesen waren bie Vorhallen und Frouten meggebroden und ambeye
WW
iſren Gängen, Pfeilerreihen, Säulen bloßgelegt waren vor dem
Ünge des Beſchauers.
Hier ſah man, wie ein ganze Feld ſchwarzer, einft ſchaͤumig
lechender Lava vom Dorf gegen D. und SD. gegen zwei Kegel-
berge feinen Strich nimmt, ans deren Kratern es einf hervor»
beat. Bor dem einen hatte fih ein Meiner See wit brafifden
Bafier_erhalten, in dem man aber fein Salz bemerkte, das mr
«ige Stumben weiter nordwaͤrts zu Tuztjdi fein reiches Ablager
—— 294). Das Dorf Tatlar hat mr 120 Häufer
web fee arme Bewohner, aber au Birnen und Aprikoſen
Veberflufi, vie bier vorzüüglich-gebeihen.
Ha demfelben Tage lounten noch 4 Stunden Weges gegen OR
nach New ſchehr W Die erſten beiden Stunden
mußten ſehr rauhe Tavafelber, grauſig wie bie wildeſten Lanafireden
am Befun, faft weglos ud daher höchſt milhſam überfceitien
werben. Dann wurde ber Weg geebneter, weil bie rauhen Gpalter
var Sandwehen auögefüllt waren. So zog man zwiſchen zwei
bin und dann bergab, wo wieder eine Ebene aus Binste
Reintuffen betreten wurde, bie ihre Bildung nur ber *3
periode verdanlen lonute. Bier fiel ver Blick von dieſer Seite
zum erſten Male gegen O. gen ©. auf ven Säueesipfel des
Gesine, der hoch im die Wollen ragte. Am Fuß des Pafles
abeb fich wieder ein modernes Caſtell auf einem ifolisten Bajalt-
jqjen; eine gute Biertelftunbe weiter Tara mau zum Zroglebptenbarfe
Lafde Scheher (v. i. bunte Stabt), dem zur Geite einige
Auenfelner bebant Vagen, welche aber durch bie Schaaren ber Stap-
i th. F
Die ganze Staede des welliges Bodens bis nach Vewſcheut
Ka aus einem vothen, ſehr leichten und dürren Bimsfteinfanhe
wenigen Fragmenten ſchwarzen Obſidiaus. des bis zur
— erhaͤrteten Vimoßeinbrandet bei. feiner Eutfichung.
Russ Baba ZU
RE cn. 56
Ma eicſe Sahluchten muttte man Yinabftchgen une baB Sie aim
Newſtheht, wo man wieder bwed; mehrere Schlachten anf Meiifel
"von geben Doergel, Sauv und Gypoiegern traf. An einer ber
‚Cäfnchten: wit einem Bergfirom km man zur Gräberätte um
Mew ſchehr, unterhalb der modernen Stadt diefes Namens, die am
N. W.⸗Abhange des Bergzugeq im Zuſaumeufluß zweier groher
Thaler erbaut iſt. Sie wird von einem gewaltigen Caſtell tond-
wirt, das auf einem Vaſaltvorſprauge zu gleicher Zeit ut der erſt
vor 120 Zahren zu Grunde gelegten Neifiabt erbaut wurde.
In Newſchehr, das nad Hamiltons Meſſung mit Bars-
weter und kochendem Weller 4222 F. Bar. (8698 &. P.n..
86. d. M; Liegt und 4000 Hönfer haben follte, welche eben jd viel
griechtſche mie turtiſche, aber nur 10 armıenifhe Bewshter Hatten,
Yan ber Reifende bei dem Gonverneur eine feht gaſtliche
Som Sudende der Stadt überbliit man ihr gegen DR
fertes Thal; ihr eine Stunde fern im Norden follte has
Imit-wieen Orotten wie zu Tatlar gelsgen, viel Oft und
one haben, das den Bazar reichlich mit Lebenemitieln
} Um 18. Sul. Hamilten fegte aber an biefem
Asfenthalt feinen Marfch gegen Oſt nach Urgüb zu
feet, Yiber ven ſchon früher CH. Texiert) Intereffante
Hetngenn mitgetheilt hatte; aber ehe er biefen Ort ermeichte,
auf halbem Wege vahkı nech feltfamere Bormen gu Ütfch Giffer‘
(. i drei Sählöffer) entgegen. Zu wen Thele eins
das filh nordwarts in ben nahen Kyzyl Irmak ergießt, Ki
"getiegen, Merfchritt man beffen fchtrales Waſſer auf einer mar
ein paar Baumftämmen aneinamber gelegten Holzbruce gany
Uver Art, deren gwiſchenſpelten mr min @teimen amögeFitit man,
und Mberflieg dann eine amdere Anhöhe, in eine ztseite Schacht,
die mit Wein» und Obftgärten beveift war, in deren Tuffbobtn
Bohnen, Orten, Melonen ohne alle Bewäſſereng wuchſen, voryäg "
AG aber teeffliche Aprikoſen gediehen. Bon hier wurde davch bie
Shfwäten bab Dorf Ut ſch Hiffär am Ende eines biefverztonhgten
tefliegenben Thales erreicht, über vem bie ſeltfa mſte der Grete
' #engrnppen in Tauſenden wor Segeln zu einem Tafelleme fh
emporhebt, ein Anblick, bei dem wen Drum feinen eigenen Ungen
teauen Tomte, Die zahlloſen Halkeien Felskegel, wie Tharmne zu 50
— —
.
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a
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t.
4
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Ei
L;
“A0r) Jourial da fen a. Fam. 103. "2 W. Hetilten-I. p. 200.
Be
Gas uferland d. Miti. Kyzhl Itmak; ütſch Hiffar. SF
Vd Sack Hoch, ſenkrecht mid ſteil emporſtarre
ichammen, daß die Baſis von dielen derſelben fl
nen und Hinter einander in vielen Richtungen f
gaderhlte dem Auge varſtellen; vaher bie freili
Kine Zeichnumg diefer For bei Paul!
Biden nach als dem Gegenftante entſprechend, v
Cry genommen wird, als eine beim erſien Anb
Me grenzende Erſcheinung. An mehreren Stelle
Men! und danne beiſammen, eher Seat
vergleichbar; andermwärtd nehmen fie Säulen⸗,
ad) anten breitere Phramidenform an, alle ie
bntägnligen Spiben md Gipfeln, überall ganz madtt ws
Rreifeffig emporfäjiehend, häufig mit herabgeftitrgten ſenkrechten Berg:
minden an den Seiten, welche ven Fuß mit Trilmmern beveten.
Det überrafchenbfte aber bei biefen feltfamen Geftaltungen ift, vah
wortiich an ihtıen Ototte an Grotte fi anreiht, fo daf man au
ihren Stellwaͤnden in hunderte von Kanimern, Niſchen, Gewölben
ab Engangen hineinſchaut, die auf Aller Seiten der Kegel bis zu
de Meinen Fenſtern in ihren Spigen hinauf in ihren Defmunge
fätbar, aber von anfen faft alle unerfteigTiä, ſa ganz mnahbat
‘fh, md entweder ihrer Auferen Zugänge durch Vorbauten oder
Snffein berandt find, over ihre Verbindung bee vlelen Etagen nach
ftkeh darch Treppen und Felſengänge erhalten Haben mußten.
Jenfät des einen Thales eröffnetet fih aber gegen O., N.O.
SD. von Ütſch Hiffar ahnliche Orottenthäter, bie mitt
den genannten einft zufammenhängen mußten, ehe Eroufiond-
ty er fie von elnandet treunten, die hier durch Answafhungen im
taten Boden große Beränvernngen herbeiführen mußten. Die ver»
eenen Erdlager Abten einen großen Einfluß auf bie Geſtaltun—
viger Ortsverhättniffe aus. Die oberften Schichten erhielten fü
wegen ihrer Hatte in Ihrer horizontalen, age im uſammenhange,
sb ſuizten me hie und da in Trümmern zur Tiefe hinab; die
afttlern lodern Tufffchlehten, oft von rothet Farbe, verwikierten
left und wutven von Waflerftrömen des atmodphariſchen, oft ſehr
Ye anſmemenden Regenniederſchlages fortgeriffen und fortges
jqwenmt. Die noch weiteren untere Schichten nehmen Fehr häufig
whr tunvliche Forte an. Die ſich durch bie Schluchten hin⸗
derchwiudenden ſchmalen Wege und Thaͤler zeichneten ſich durch
caeteit ihres Stvens aut, ‚utn-Febten vdur we Fuge Ihrer
Girten und Aheef Aubaues zwiſchen bieſen nacten Felawaaden in
u2
os’ ' ein · Aler. 6.4.
nicht geringere Berwunderung. Zumal waren es Aprikoſen, bie
hier zu fo ganz beſouderer Schönheit gedieben, da Hamilton auf
ven Gedanlen lam, hier müßte bie wilbe Aprikoſe ihre eigentliche
Pen haben, wo fie bie vollendetſte Frucht zur Reife brachte.
Hamilton fagt, daß er wahrhaft erflaunte über die ——— dieſer
Kegelgruppen, bie er in ihrem Iunern, wo er fle nur befuchte, überall
auto fd zu Anlagen aller Art und, wie er fi überzeugen
konute, oft Fr feit fehr alten Een einige fehr forgfältig
Grabfätten, andere mit gebogenem Thoreingange, und in Bor⸗
— der großen Kammern mit Niſchen und Gräbern zur Seite;
andere, wie zu —— durch Porticos eingerichtet, die an borifcen
Styl erimmerten. Quer durch biefes Thal gehend, traf mgn ein
anderes Dorf Malyas (Merthianne bei Terier)), das wie
derum mit feinen Wohnungen eine unenvliche Mamnigfaltigkeit immer
anderer Grottenhaͤuſer darbot. Biele verfelben waren ihrem Imera
mad} entſchieden zu Capellen gebraucht worden; dies zeigten hau⸗
fige Refte von. Malereien, auch häufige griechiſche mit other
Farbe gemalte Buchſtaben, bie um bie Eingänge geidricben nad
erlennbar waren. Biele dieſer ſehr wechſelnden großen und Meinen
Gemödrer uud Wohnungen waren durch bie Wafler und Winten
ſtröme ver darauſtoßenden -Seitenthäler und Seitenſchluchten zerriffen
und zerflört. Im einer ber engern Schluchten zeigten fid im ber
innen Gemädern noh Wände ganz mit Frescomalereien
griechiſcher Heiligen in einem jehr alten Styl bedeckt, bie
jebod) nicht gut genug erhalten waren, um ihre Daten genauer zu
Es läßt fich alfo wol kaum daran zweifeln, be ‚ve eiuft
ganze Bölterfhaaren primitiver Beleuner ber im bem erſten
Yahrgunberten fo heftig verfolgten qhriſtlichen Side, —* haben
mögen, vi, anf ihre Rettung uud Gelölerfaltung Bebadt, als Kxage
lodyten unter bem Seute der benachbarten, in ben früheften
Yahrhımberten fon vie Chriften bulvenden Caſarea ihr Heil
ſuchten, wenn auch die Geſchichte ihrer nicht erwähnt, ihr Urfprumg
unbelannt bleibt, und nur die Sage von ihnen bei Leo Diaconns
ubrig geblieben ift, daß biefe Cappadocia früher ven Namen einer
Troglodytica geführt habe. In den älteften Zeiten der griechi
fen Bewohner, meint Hamilton), dienten biefe Grotten zu
4%) Ch. Texier, Desct. de l’Asie Mineure. II. p. Ö1. ”
Transactions of Geolog. Soc. Sec. Ser. VaLY. 1840, 2.392.
Kns Uferland bes Mittlern Kyzyl Irmak; Urgüb. 300
Recropolen, in ben fpätern byzantiniſchen Zeiten zu Wohnun⸗
gen für bie Lebenden. Jetzt bienten fie £heils zu Wohnungen,
Geile, zumal ven Türken, zu Taubenfchlägen.
Die Ausdehnung biefer Troglopgtenwohnung:
Bag A fehr viele nur den wilden Tauben ſchaa
Hat ſich auch weiter oftmärts gegen
ud 2 be fern bia Bektajch an ven Weſtfuß bes I
verbreitet, 6i8 wohin bie Natur des Bodens biefe A
lodytenlebens hervorrufen und fördern konnte; denn vo
von den offenen Sumpfebenen um Indſcheſu, wie ar
ebene von Eäfaren, hört der Schluchtenbau auf, u
bildung nimmt andre Stveden ein. Hamilton ha
aur flähtiger durchzogen, weil fie ſchon Gegenftand bi
werffamfeit Eh. Teriers vor ihm geworben war (f.
Noch eine halbe Stunde von ütſch Hiffer «
reiten, kam man att mehreren unterirdiſchen Kanäle
Wlnngen vorüber, welche mitten durch Verge hindu
fenchtende Bevürfuiß ven troden liegenden Gegenden
tefflihe Trauben, und unter den Obſtarten faſt nur wieberum bie
augen Hprikofenbäume gebeihen, deren Früchte zu ben Föfl-
ihrer Art gehören, obgleich ihre verſchiedenen Varietäten,
— von erquifttem Geſchmad, doch alle mr von ſehr Meiner Art
In ven öftlihen Schluchten auf dem Wege nah Karadſchö⸗
ren (d. i. ſchwärzliche Ruine, Raraja Euren nad englifcer
Sqreibart) traten. sit dem Baſaltgeſteine auch Töne Iaspis-
*
bi} er diefer. —— Banart f. bei Hamilton 1. c. Vol. I.
254: Turkish house ja Euren. .
MP © Klein⸗Aßen. 1.35
aiten hervor, bie Regelberge mit ihren Oxatten hörten wicht auf
apın Thale Kar In (wol Kara Jun, d. i. ſchwarze Hößk),
Bojaly und zum Dorfe Bektaſch (verſchieden non dem Hadſchi
es Halys, und von dem Beltis am Halysufer
) mit feinen 200 Häufern, ein vollfommengs,
hntes Trog lodyten· Quartier, glich dem
Häufer ſehen wie Schwalbeuneſter aus, die
Tuffwänden und Bimeſteinfagaden nur wie
and Taum wie Menſchenwohnungen ausſehen.
Ställe für das Vieh in den Grottenhöhlungen,
n fliegen bie Stufen und Gänge zu den obern
re Steinbrüde, die bie und da zwifchen ben
ngelsgt find, laſſen ſich leicht von dieſen älterg
» Mit dem Oſtausgange aus dem Dorfe
inen ſteilen Bergpaß, ver in 20 5i8 30 Fuß
n if, zu dem Tafellande detz Argaͤug zu ar
iner majetätifchen Erhebung wiederum erblick
iſt mit Blöcken von Baſalt, Laven und andern
berſchüttet, die ſich von der Plateaudede und
ieſengruppe ſeit Jahrtauſenden durch fo viele
ſchutterungen und Verwitterungen von ben
haben, Kurdiſche Horden machen aber
figer, daß man fih nicht lange in ihnen zu
© geolngifhen Unterſchiede, melde bie
ntal gebliebene Fläche dieſer argäifcgen
ihrem feſtern Kern ber Riefenvulgan und
Hmelzungen gleihfam zufammenhält, von ver
heſu big über ven Tatlarfluß nah, Ala-
‚eitendg Schichten, der Indern Vimsftein-
Tyffwnoffen und einzelnen Bafaltgängs
oſionen durchziehender ſtrömender Waſſer auf
ſie Weiſe in zahlloſe Schluchten und Kegelmaſſen
Thäler und nackte Felswãnde eingeriſſen werben
U ber lehrreichen geologifhen Abhandlung Ha-
- wmilton® das weitere nachfehen“®), Noch öftlicher folgt bie ebnere
Umgfbung de Gtäbtene Inbfgefu am Salat, den Sumfe
*q W. Hamilton, On the Geology of part of Asia Minor ag! the Salt
Lake of Kodji Hissar and Caesarea of Cappado incnding a
seen! , Mount Argassı In Trantagt. — ——
Vol. V. —X MU, 88597, .
GEr. d. Troglodytenlandſch. am Gibuf. d. DR. Halys. ud:
Yen be Karaſu, von wo die Calturchene won Aeiſatiah
mit ihren Adafelvera, Anbauten des Rhamunus wit der Gelbheare
baimit, wo wieder Gärten und Baͤume in hen bewaͤſſerten Merk
—— man zuwal für bie Leudſchaf jo
oben die Nebe war, während has eigentliche Centralplatesu sex
Roiferieh wit dem Argäns auf ber Gühgrenze biefns.
autggochuk, wiffen will wub ben Det für bie Statien Saccaſens
wilden. Dfiena und Gäfgeen im It, Anton. Ang. ed, Werel,
P RE hält, fagt, Daß a6 zu ba Diie, der ia feine Schlucht Kir
—— vo
32
4
E
8
*
äguptifge Sylazengepalt, unten weit unb oben augen
Erläuterung 3 -
Die Gruppe ver Troglodhteulandſchaft mit ifren Denlmalun
am Gädufer des Halys, von Caſarea und dem Weſtfuße des
Arzans bis zum Tatlarfu, zumal über ÜirgAb und Nenfchehr;
nach bes Archttecten Ch. Texier Beobachtungen
(1833— 1837),
&% Terier®), der fehe im ven Zahren 1883 bis 1867 ale
Krhäolog uud Architect biefelben — durchfevſchte, auf
denen wir bicher vie lchrraichten Touriſten begleitet haben, fan uf
der Strede der großen Hauptſtra ße zwiſchen wen beiden großen
Vetreyoien Eonftantinopel in N.W. und Antiodhia in S. .
Yirteegimen in der Orgenmart. Mai lingerm Aafenthak in.
ya Jude, Bambi da as fl Od da Gran. Fa 1680.
ln ‚1 .
MB Me 5.6.
aiſerieh, der autilen Metropole, beſuchte er ad bie wetiiten
Segenden des vulcanifhen Berglandes mit ſeinen Troglo-
vytenorten und Recropolen. Bom Judſcheſu gegen Weſt
Beirat ex durch bie müßten Hochebenen des Bimsflein., Tuff-
. mb Savengebiets, und flieg in bie geoße Depreiflon ber Umge
bung von Ürgüb hinab, veffen Hauptort ohne Wafler, ohne gräne
Umgebung doch von Wohlhabenheit feiner Bewohner Zeugniß gab.
Wer and) ihn ergriff ein eigenes Gtaunen beim Anbfid biefer Eteht
ber Lebenden in ber Mitte der feltfunften Recropolen, deren
troglongtifche Anlage ſich nad} vielen Seiten Hin durch Schluchten
(mit eignen Namen, wie Ürgüb, Karapihören, Raraguren
auf Bolotewa Karte, Reursme bei Terier, Martfhianne, Ma-
tyes bei Hamilton II. 362, Maspian auf Tſchich. Karte, DEE
Taf} 1. 0.) vergweigten, unb’übernlt Huniberte ud Taufere von
Welögrotten zeigten, die halb mit Anbau vom aufen, Halb eingegra-
—2 zu vergegenwärtigen, bie von allen andern bekannten
wi
Die Strafen der Orte zogen fich ganz twillfägelid, zwiſchen
‚ ben ſchueeweißen Tufftegeln hin, bie fo zahlreich wırcben, ba
die Circulation i labyrinthi
m in ben Thäfern und ihren
„die ein bequemes Afyl darboten. Dann wurden bie
Troglobptenwohnungen im eimigen Gemäden hu den
Bimsfeinfend im fehr trodnen, weichen; aber doch feften Boden
wweitert, ‚Ein Häuptling mochte fie beſchaben, ſein Sqhloß zeigt ſa
mod immer in Ruinen auf ben beuachbarten Selshöhen über ber
Sr. d. Troglodytenlandſch. am Gäbuf.d. M. Halps. 318
Gtabt, und an vielen anbern Stellen treien ähnliche Cirhreninen
hervor. Die wäfte Stelle der fo in der Tiefe der Schluche erbauten
Sudt itt in ben fernern Umgebungen meift durch eine reiche vege«
biliſche Erde entfchäbigt, and das umgebenbe Plateau hat treffliche
Grafung zu Bichweiden und iſt aderbaufähig. Der Ertrag iR
durch das geſchützte Elima fehr ergiebig am trefflichen
deren Anofuhr nach Kaiferich mb bis Eonftartinopel Gewinn mh
it giebt. .
t gi -
Die ſeltſame Bildung der Kegel ſelbſt giebt Aufſchlaß Über ihre
Extfehung. Diejenigen von geringerer Höhe gebliebenen firb meift
den nahen: zufammenhängenven Telswänben angelehnt; bie iſolir⸗
‚ file mb höchften Kegel liegen in ber Mitte der Thaljchluchten fie
And am tiefften durch teißende Vergmaffer eingerifien umb abgefpikt
und fichen daher im Erofionstkale felbſt. Die Duesflveifen ber
Shthichten von ihren verſchiedenfarbigen Lagern fegen tm gleicher
——— durch verſchiedene jetzt iſolirt ſtehende Kegel
hiadurch. Sie müffen alſo fräherhin wol mur eine zufammen«
hängende compacte Bergmaffe gebildet haben, bie mr mit
ef
ben Sertfeeitte ver durch bie Bafferriffe getrennt
imurbe, welche ven tt
fühete gegen-bas Thal des Kyzyl Irmak. Dies beſtätigt zumal
ber Veberbfid, ven man von ben Sl das Geſaunnte bes
ustern Toümunerfelves gewinnen Yaun. Alle iſolirten Segel befiehen .
ans einer zufammengebadenen Bimsfteinbafis,
die ein natürliches Gement zufanumenhäft, das fid aber buch das
Baffer und abfpäft. Unter ben Felslammern innerhalb ber
Sal Ürg&b beſtudet fich auch eine berfelben mit zwei Segen
von Mcaben, bie ſich über brei Pforten von gleichen Dim
—* Dieſe find durch Pilaſter getrennt; um dur cn
Fronton mad) Inzentinifäjer Art gegiert. Jede ber Eiagen hat eine
Tgahl von Bogengängen, deren Bogen nach oben bie Form eines
Hufetſens haben, ein Ornament, das ſchon an ältern ſaraceni⸗
fan Bauſtyl Fi und unter dem Einfluß ‚von biefem aus
ber Periode der Kreugzüge herrühren Könnte. Andere find älteren
Pre Beiten angehörig, venn fie find dench viele Die- .
lereien geziert. Die griech iſche Ride hatte in jenen Gegenden
wer dem Meiropolitem vor gahtseihe Dienafkerien
mb Ehnchies gehabt, wie wie armeniſche noch heute fich daſelbſt
8. 4.
Arien.
aahliefe Beten old Eremiten, und Eayellen i
S16 -
LEESBRRTERSBSEERBI SCH
EEE
Al J —
= 540%: Er; — J— =
J——
KT IHNEN gap $8ı° -
HH EHER AH
IE RTERINER TUN Hr
HHNHE Ben a
Gr. d. Troglodytenlandſch am Saduf. d. M. Halys. 915
tan Kör ame dagegen, die freu von. jeder Menſchenwohnung Legen,
lud weit beſſer erhalten. An einer derſelben war noch ein ſchoͤnes
Detengemälbe zu ſehen mit einer coloſſalen Chriſtusgeſt alt
@f dem Thron ſihend, und die Symbole der vier Evangeliften um⸗
her in ben Eden; der mutere Theil der Mauerwände war. mit lautes
Heiligen im weißen Gewande bemalt, Cine andre Caͤpelle im
Lreuzkorm ift mit einer coloffalen Büfte des Heilandes in Stel
lung des Segeufpenbens geſchmüct; an ver Wanp ift hie Jungfrau
mit den Chriſtusliade von Engeln usb Märtpreru umgeben abge
bildet; mern ſchon in oft bigarren Geftalten, find dieſen Iehtera
deqh zur Seite vach Byzantiner Art die Nomen in ſenkxechten Er
Inaen beigefügt,
ine dritte Verzweigung dieſer
Yang. neben der von Ürgüb und Karah
UÜgigune. Gier ſiud bie degel viel fpiter,
We Shahftätten "haben elegantere Faraden,
ait einem Porticus von vier Säulen, mü
Dies Darf Martſchianne if auf einen
fer Art erbaut, der am ver Grenze bı
ingicht, uf der Höhe des Plateans .fel
al (cihtigen Delittä Tafch, dai. bu
Ü don vulcaniſchem Geftein gehauen,
einan guten Styl gearbeitet, unb das geü
haliene Denkmal von allen, vie Terier
Davber Tiegt eine Area mit großen Monolithen, vie beſtimmt waren,
Säulen ober Obelisfen zur Verherrlihung der. Orabftätte zu trar
ga. Die Säulen, die Pforten in Pylonferm erinnerten au äghp-
then Styl. Das Iunere mit brei Sarcophagen im einen großen
Viſte wor ahne Spux von Malerei, ohne Infcription, und [dien
u abgelegen non jedem fpätern Qugenge eines vordriftlichen
angehört zu haben. Doch waren einige Buchſtaben an ber
aber —5 bemerlbar. Nirgends ein hiſtoriſcher Auf⸗
die Zeit und bie Erbauer dieſer weitverbreitgten Gruppe,
ie aber einer ſehr volkreichen Population längere Jahrhunderte hin ·
jören, mußte, um folhe Werte zu. Stanbe bringen zw
Zu einer Recropolis für die bebentende Metropol Cü-
fie zu fen ob, auf 12 Stunken von hieler Stadt, hie
Sigeng Necxopole in gräßter Nähe auf ihrer Oftfeite
Schäge, welche die Pietät ver früheften Jahrhunderte
wit in ihre Craͤber Übergah, mußten ben, barbariſchen
FEBrE
I
Ei
=
=
Ss
63
Eee
$16 . Mein-Afen, %8
Ueberfällen fpäterer Horden hinreichende Lodung für bie Plänverung
und Zerſtbrung berfelben werden. Am wenigſten belanut geworden
i indeß ein enormer Fels, der ſich im ber Mitte dieſer weitern
Troglovgtengruppe erhebt, imo nur wenige Häufer unter dem Namen
Tonzegar (Tuz-⸗hiſſar nach Kieperts Mem. S.87) beifanmen
Hegen; ver Fels ift von tauſend Sepultralgrotten vurchbohrt, bie noch
änftiger Erforſchung bebürfen. QTerier bemerkte darin eimen ſchr
großen Saal, vefien Dee von Säulen getragen wurde, bie er für
Mömerarbeit hielt. Crabifhof Myrillos bereichnet ihn, wie and
Zerier vaftie Hält, für labyrinthiſche Windungen, ober
Gänge und Keſte eines BallaftesM). Die Erforſchung biefer
Localität möchte vorzüglich künftigen Beobachtern zu empfehlen fein,
um etwa Infcriptionen umb ben bis jegt völlig umermittelten
Namen bes antiten Ortes aufzufinden. Nur kurze Streden von
dieſem Luz-biffar, fagt Terier, verlaffe man gänzlid, ven bisher
fo vorherrſchenden Bims ſtein bo den, und finde nur noch überall
ſtatt deſſen Lavaſtrhme.
Das Städten Urgub iſt am Ofteingange feines Thals gan
regellos gebant, aber in ver, Mitte mit erweitertem Raume, umb
bon einer Plattform bominirt, auf der eine Meine Mofcher mit
Minaret flieht, von wo aus bie Iehrreihe Zeichnung (Planche
LXXXIX) genommen ift. Ale Häufer find zwar einfödig, aber
zu jedem Haufe gehören Magazine und Orotten; fie find ans weißen,
keichten Bimsfteinguavern (mie Neuwied am Rhein) gebaut; ihre
Disyer mit Erbfehutt überbeit, der durch Walzen (zahlivfe antite
Sänlen der Umgegend find dazu verbrandt) befeftigt, und mit
jedem Regenguß erneuert werben muß. Nur Fichtenzweige, die aber
erft weit ans dem Süben herbeigeführt werben müſſen, find bas
einzige Holz, das zu ihrer Vefeftigung verwendet werben kann. Den
Häufern fehlt es an jevem Schmud, den Bewohnern an jever Zierbe
ver Kleider, das Land ift arm an Pferden; die Bazare haben wenig
Verkehr; überall ift eine ernfle Monotonie vorherr jchend Die alte
Befeſtigung der Stadt zeigt noch Mauerreſte, die wahrfcheinlich aus
der Römerzeit herflammen; bie Mufelmänner bewohnen ven oberen
Theil ver Stabt und das Schloß; bie Armenier bie Morbfeite
der Stadt, aber in gutem Einverftänbwiß-mit ven Türken, welche fie -
am Zahl überbieten; ihre Lirche if jedoch Mein und Armlich, fle
wollten eine neue bauen, Alle Einwohner find Cultivatoren von
"4, rgb, Ryeiflos b. Kiepert Mem. 6.182. _
D
Die Genppe der Tauſend and Eine Kirche. BIT
Betreide, etwat Tabak und Obft; ihre Heerbe gaben ihm
Volle, welche die Weiber verweben und auch Baummollemeuge fer
figen. Die größte Zahl ver Bewohner von Ürgüb finh Griechen,
den denen aber fein einziger mehr griechiſch verfteht, uur ihre Priefter
haben die griechifche Liturgie beibehalten; fie find völlig verſchie⸗
deu von ben Griechen im weftlichen Kleinaſien und jollen größten«
theils von aramäifher Abſtammung fein, bie nicht zu den
ſiematiſchen Griechen übergingen. Ob vielleicht bei ihnen, als
Reſten alteinheimifcher Tro glodyten ⸗ Bevblkeruug, noch Spuren
aus einſtigen kappadokiſchen Dialektes aufzufinben wären,
wereuf Kiepert?), durch das Borfommen dort frembilingender
Ortsnamen, geleitet, aufmerkfam zu machen gefucht hat, bleibt der
Buhmft überlaffen. Auch ihre Kirche ift ein elendes Werl, und
merhoikrbig, daß grade hier, bei Turken wie Griechen und Armenien,
de Architeltur in den allergrößten Berfall und Eraiebrigung gexas
ea lounte, wo doch einſt ein ganzes Boll von Baumeiftern ſich
feine Wohnungen. fchaffen mußte.
‚eve der Felspyramiden zu Köreme, fagt Texier, varien⸗
Ga eigenes Studium, wozu aber die Auſtrengung einer eigenen Er⸗
Yaition nothwendig fein würde, und was nicht durch den einzelnen
Reiſenden geſchehen lann. Diele find durch ihre großen und bis zu
400 Fuß auffteigenben Kegel und durch bie vielen in ihrem Ameru
aubgearheiteten Kirchen und Capellen ſehr benchtenswerth. Das Bolt
vet fie »Taufend und Eine Kirchen, und bei Türkge wie
Ehriften werben viele Fabeln und Wunder vom ihnen er;
denen ſchon Paul Lucas als Referent. mehrere mitgeteilt hatte,
Die damaligen Gefahren für ven Neifenven binberten bei Tournee
fort ed Paul Lucas gar oft diegenauere Unterfuchung, und ver»
gißerten die Wunder der Berichtgeber. In Marticianne ſchabte
Terier manche ver Legelpyramiden ‚ver Höhe nach bis zu 600 Fuß;
die noch ſtehende einfame Säule zu Deliflk Taſch ans. Tradyt
MYuß hoc, melde er mit ben Atrium umb ben babei liegenden
Grotten auf zwei Tafeln (Pl. 92 u. 93) von außen und nach bem
Iamern. abgebilbet hat, Yült ex für ven Reſt eines Altern Maus
ſeleums.
Ueber Newſchehr bemerkt Ter ier noch Folgeudes: Hat man
du Fluten erfiegen, weißes Üegäb unsgiebt, fo hort ber Zauber
Wmott über die aam⸗ D.
ee. von Riemafen a. 0. D. ſ. Zur
WEBER "> ss
Aeier Virintofitfägen Legetfermen mit Ahrer Schluchlen auf, dein ber
Bien wird ebener, milber, ıttam kann die Wafferfpitlung verfolgen,
welche nach ver Tiefe’ zn ftattfanb und bie Schluchten (papayyes)
erzeugte, die hler fo characteriſtiſch find. Das vulcauiſche Terrain
Hört jenfeit® Toupegar auf; Bimeſtein zeigt ſich nicht mehr; bie
- welligen wäften Höhen verſchwinden; bei bem Dürfen Omanet
(Oivanes) vorifber erreicht ber Kyzyl Irma feinen fitblicften
. Bunkt, wo Steinbrüche, aus denen noch Bims ſteine zu Bauſteinen
gewonnen werben. Welter weſtwärts wird Newfcheht erreidit,
das meiſt mir Grleden zn Einwohnern hat, bie unter ber Sehe
dirtion eines Biſchofs ſtehen, ver hier noch einen Hauptſitz in
Eappobocien hat, und einer großen, fehr eleganten nen gebanten
Kirche vorfteht. Seine ſchon erbaute Moſchee war anziehend geuug
fiir viele Notnaden umber, ſich Hier ſeßhaft zu machen, bie gewbhn ⸗
fie Methode ber Titten, die Horden zur Anſiedlung zu ver
mögen, Die Moſchee ſoll nach dem Maler einer Moſcher Sclim J.
in Conſtantinopel erbaut fein. Ein Schloß dominirt die ganze Stuvt
don der Shdfeite. Hier lag wol Nyſfa (in Hieroel. Synecd. ed.
Wessel. p: 699), vie alte Episcopulftant, doch zeigten ſich Lehe
Afteren Bauteſte. Zerter war erftantt, Hier am 24. Aug. 1894
der großen Bompa eines Kommunionfeftes beiwohnen zu können,
gu welchem auch ver Metropofitan von Kaiſerirh ſich it Vontiſtea⸗
ibus eingefuhden hatte: Die Prachtgewaͤnber der Priefter mo vie
Mecngaben im Gontraft mit fo Armfider yriedtfeher Semehtbe
wiſchen Turkengorwernement wer Hm eime ſeltene Erſcheintrig.
Wer er erfuhr, daß man alles dies den ruſſifchen Einfinffe der⸗
datffe, der bei fernen Slaubensgenoſſen auch fernen poltttfdyen Ednflih
date VLinde geltend zu mathen fuche, vor deſſen geheimer Wrotees
tom unter der griechifchen Veuöfferung ſelbſt ber Groß · Suttan MR
beugen müffe, ein Berhältuiß, das wol vurch den letzten titefiftge
enfftfegen, Krieg mb Ben Betrieb ber Meftmälhte cine berditbenhe
BVenvung genontmen haben möchte. Ein Meiner Teich liegt det ver
Stadt Newfhehr, in den fi ein Flüßchen ergieft, das 1merkten
durch die vnicaulſchen Gebilde feinen Lauf über ein Pager von Seile
ſtein, Gyps und Alabaſter nimmt, in deſſen Umgebung maucherlei
jeime zn Drnatienten gefunden werben; zumal eine Art
Bade, voch ohne die Härte des fü berfihnten chinefiſchen Jade (In)
zu haben. Man arbeitet Dolchgriffe, Schaafen, Pfeifenröhre, Dr-
neaniente der Mihrabs (Gebeiwifchen in den Meſcheen) und Wıberes
Das rechte Wferlanb des Beltflern Kyzyl Irmat, 40
dad. Die Griechen nennen es Balgamis®) (Mmarrda ver -
wrientaliſche Name fir den Chalcevon) es ift miichweiß und geadert
Vielleicht, meinte Texier, fei es der Aevxoc Aıdog aber Elfen
bingheiche · des Strabo (XI. 540), den Hamilton beim Auffteigen
von Kobfdy Hiffer in den bortigen Alabeſterſchichten haue wieber
edlamen wollen (f. oben ©. 290).
Srlänterung 4
Dad rechtr nferian des Ayymt Demet in feinen iuuleeen
Kufe zutfchen" Metferieg (Caesares) und Yingera (Anoyre)
mach, den Senptfteaßenpägen durch das Gebirgelane.
Bir haben 68 wiederholenilich zu bedauern, daß Gelon. Cal⸗
Lens Reiferrute durch Den -mittlern Stromlauf des Kyrl Srmal
akt veröffentlicht, auch nicht einmal eine Rartenfligge über dieſes
ig unbefumt gebliebene Terrain zur Verbeflerung einer Karte der
witel Halbinfel belannt gemacht morden iſt. Die Work
des Berichterftatters laſſen barüber feinen Ba — fo wis
unfere eigene flitige Einficht im die vortrifflichen Bro anfres
derehrten Gönners, in veſſen Handen dieſe nicht zu
fine geblieben, ſondern im Döpöt de la Gaerre verborgen Legen
weten. DR. Rouf de la Rochelle ie 9%: von Angora and
Nelken ſich dem Colonel und feinem Begleiter (DM, Stamath.
1880-1838) die größten Gefahren und Hindetuiſſe zur Weiterveiſt
mägegegen, zumal auf dem Wege von Galatien nad) Gappabocien,
48 te Ufern des Halhs aufwärts, im einer Iangen Suite wilber
Üäler, von Defilsß darchſedt, don Gtrömen busgraufcht, von Klipe
panägen gehemmt ofme Wege für. Saumpherde· Sur auf Pfaden,
Saxllen Precipi
320 Rekllen. %6
mitgetheilt haben, zumal v. Binde, Ainsworth, Kinneir,
. Samilton u. A.
°C. Terxier, dem wir fo vieles Lehrreiche verdanken, mar now
Augora gegen Often zur Auffuhung bes alten Pter ium unb
Tavium nad Iyzgat und vom ba.birect ſüdwärts nach Kaifer
rieh — ex hatte alſo den Mittellauf des Halys nicht
Teen lernen, ſoudern an ver Mundung des Melas bei ver gr
Gen Steinbrüde ven Halys nad) dem Süben hin überfept. Auf
diefem Wege, ſudwärts von Iyzgat, hatte er®%) die nörblicen
Borhögen zub ihre tertiären Thouſchteferberge durchzogen, melde bie
Uebergangsftufe zwilhen ven Kalkfetten und Kreidelagern ber
Küftenkette am Pontus. und ven höhern vulcaniſchen Gebilven ver
mittlern Ränbergebiete.|übwärts des Halys fo vorherrſchend ein-
nehmen. Mit dem Eintritt in biefe Gebiet hatte ſich ihm bie
Vanbicaftlie Natur fo fehr in ihrem gangen Character veranderl
gezeigt, daß auch wir mm, ‚ba wir in das Gebiet norbwärts des
Datys zuciäteten, bafelbft ein Laud von gänz anderer Charac⸗
et erwarten dürfen, als basfenige das wir fo ehem verlaflen
1. Obrift v. Binde’s Ueberfiht des birecten Ge⸗
birgsweges von Angora nah Kaiferich, vom der
Tſcheſchnegiri- zur Boghaz-Kjdprä, dem beiden Ueber
Hängen über ven mittleren Lauf des Kyzyl Irmak (1887).
Durch unfern verehrten Freund, v. Binde, werben wir
iberfichtlich mit dieſem nahen, rechten Uferlande bes Halys anf
dem birecten Gebirgswege von Angora gegen S. O. bis ned
der großen Steinbrüde am Halys zu Boghaz Kiöprä bekannt;
wir folgen feiner Wanderung von R.B. nach S. O.
Im &D. von Angora erhält ver Baubftrich zwiſchen biefer
Stadt und bem nur eine Tagereife ofimärts entjerseien Laufe bes
Halys feine Geftaltung durch zwei Bergletten®), bie auf der
- Tinten Halgsfeite mit feinem Laufe von &. nah N. parald
fireichen. Zwiſchen beiden fließt in ihrem durch fie gebilbeten Län
genthale ver Tabana (vichtiger Tabanty-Su), linker Geitenfich
des Halys, viefem in ber Strode einiger Tagemärſche gegen N.D:
entgegen.” — ie weiße vr Den Ram Dt en Den em
Er: Texier, Descr. de YAsie Mineure. 1.c. IL: p. 71. *) 0. Binde,
eegraahlfür Notizen über Klein-Afen, in — Memoir: Das
ai Int PALH des Fa Irmaf 20. ©. 48-48; vergl. Roten
Rechtes Uferland des Mitlen Kyzyl Irmak. 821
Gib und Nord ſich durch wellige Lehnen und Sattel an einander
reihenden Elma und Disgurt Dagh, bie fid al Walbdberge mit
hehern Gipfeln darſtellen, und von mehreren Bergwaſſern in engen
felfigen Thaͤlern durchbrochen werben, unter, benen das maleriſche
Gjöt Ders (d. i. Himmelsthal) ſich beſonders auszeichnet.
Die zweite öftlicere Kette ift ver Küreh Dagh, ver öſtliche
Begleiter des Tabanly-Sıu, ver zwifchen beiden Bergletten in einer-
breiten Thalebene zwiſchen fumpfigem Ufergelände gegen N.O. ab»
fieht. Der Küreh Dagh ift ein viel niebrigerer Bergrüden ale
der weftlichere Parallelzug, aus weicherm Kallſtein als jener beftehenb
und ganz mit Nadel- und Laubholzwaldung bebeit, aus ber ſich
au einzelne gerunbete Kuppen, aber mit vielen Steilſchluchten zur
Seite, hervorheben. Sein Bftlicher Abfall, ift grablinicht, ſcharf mare
Ürt, zu einem offenen ebenen Tafellande ſich ausbreitend, das in
gleiger Höhe bis zum Kwhl Frmet fortfegt. Dieſes Piatean ft
jcdoch von tiefen Schluchten und fleilen Felswänden durchzogen, bie
oft ganz fenlrecht zum Thale des Kyzyl Irmak abflürzen, zumal
ad da, wo bie Brüde einen intereffanten Uebergang über den
Strom darbietet, die ala Tſcheſchnegiri Kjdprü im Lande bes
um if. As Emwliya: Efendy auf dieſer Tfhefhnegiri«
Brüde ven Kyzyl Irmal im Jahre 1647 im December überfegen
mußle, ſchwamm der Strom voll Eisfhollen 7). Oberhalb ver
Brüge, fagt v. Binde, fließt der breite veigende Strom in Schlans
genwinbungen durch ein weites Thal zwifchen Kaltfteingebirgen; fein
Waſſer ift wol 200-300 Schritt breit, im Sommer aber fehr ſeicht, *
das Bette fteinig, von Felsriffen durchſetzt und feineswegs ſchiffbar.
Oftwärts über ber Brüde, in maleriſchen Formen, fteigt das Shenite
gebizge des Begrek (oder Beirek) Dagh mit feinen ſcharfen
YÄigen Spigen empor. Ein Gang dieſes Trachytgeſteins fett quer
bach ven Fluß und bilvet noch auf deſſen linker Uferfeite eine niedre
Selögruppe, die den vorher breiten Strom in eine enge Felsſchlucht
Nineinvrängt, fo daß fein weiterer Lauf abwärts bier dem Auge
verihwinbet. Nahe oberhalb dieſer Schlucht auf feftem Syenitboden
Baht die alte, aus 6 bis 7 Bogen in verfgievenen Zeitaltern aufe
baute Brüde. Die rechte Thalwand des Stroms ift hier gleich.
bed, aber weniger fleif wie feine Kinfe. ı
Zwiſchen viefer Brüde und ver oben genannten Boghaz«
') Ewitya Eiendi, Narrative etc. l.c. Tranalat. by J, v. Hammer. Lond,
1880. 4, Vol. IL. p 222,
Riten Erhtunbe KVUL . Lj
u Wista-Ufen. 5.6.
Riöpri am Melas ift eine direlte Diſtarz von 58 He Mt .
den Weges, in weldher ber Gebirgezug zwiſchen beiden Brüden
even von SD. gegen N. W. gleichſam ber Gelme des grehen
Bogens vergleichbar ift, welchen der Halys mit. einer gegen RD.
gerichteten comcaven Seite zu durchlaufen hat. Länge der Süd⸗
weſtſeite dieſes Gebirgszuges von mr mittlerer Erhebung, ver
Teinen gemeinfamen Namen führt, aber vie antile Laudſchaft Edam-
manene buchfegt, fließt ber Kyzyl Irmak im ſehr ungleichen
Diſtanzen gleichfalls ven S. O. nach N. W. voräber, und der fü»
Hiche Gebirgofuß breitet ich mr allmählig im die weiteren Flächen
ms, im welde ber große Steom hier fein Bette in dem breite
Wale eingegraben dat. Durch die Thäler des Gebirgezuges gegen
SD. zieht die große Straße Aber Kir ſchehr, Mudſchur mb
Hadſchi Bektaſch in gerabefter Linie gegen Kaiferich hin von
dem nörblichen zum ſüdlichen Brüdenübergonge. Kirſchehr liegt
ziemlich in ber Mitte dieſes Weges an dam zeihten Zufluttzchen zum
Halys, dem Kilidfhlä«fn (v. i. Schwertwafler), den einzig Belanat
gewordenen auf biefer ganzen Strede.
Die Straße bis Kirſchehr, bie erſte Hälfte - der gerzen
Vegftrede, yiept wiſchen Bergplgen mad Tpülern hinbrd), bie der
ſchichene Namen tragen und aus verſchiedenen Gebizgearte befichen.
Zunãchſt verläßt fie von der, Tihefhnegiri-Bräde ans ven nie
vorn Sattelrüden zwifhen dem Begrek Dagh (aus Trachyt ober
Syenit nah Ainsworth) zur Linken umb ber hohen ijolirten
" Doppeltuppe bes Tichelebi Dagh (Herrenberg) das Ifal bet
Kyzyl Immak und Läuft in ſehr wellenförmigen Terrain über viele
eine Waſſeradern längs dem nhedichen Buße jener Berglette BB
Riefegeht, fo daß won ihr aus airgends das Thal bes großen Ftaſſer
Aberfäpaut werben kanm. Bon ba bis zum Kara Boghaz Dagh
bleibt bie Kalfkeinformation vorherrſchend; daun treten bie
vulkaniſchen Gebirgsarten im Matral Dagh und Beirel
Dagh in ihren groteslen Formen hervor, bis weiter [Ünöftlich im
Baranly ımb Agha Bair, Gneuß-Granit in den betamtea
Formen unfrer beutfchen Gebirge, aber ohne üppige Bewaldung, mit
lahlen gerunveten Rippen ſich zeigt, während in bem zinklicen
Nebenzuge von ver Kurt⸗Beli —E bise zum Obrul
Dagh ſtartes Urtaltgebirge hervociritt. Beide Meben - und
Hauptzüge werben von dem Thale des Kirſchehr ⸗·Su, darin ber
geihuamie Birk (unch Aiifiklsfu gemmmt) Finht, vera der |
Norbfeite berfelben entfpringt, fchräg zum Hathe bin Jühtwärte durch-
Meihtes Uferland des Miklern Kyzyl Irmak. 298
Heitten, Kirſchehr, ber bedeutendſte Ort zwiſchen Angora und
‚Railereh, ft gen offen uub Kreitet ih, auilden Gärten pefisut
Üiegenb, labyrinthiſch in ben fruchtbaren Thälern verſchiedener hier
bfanmenfliepender Bäche ans, Es hat Ruinen ‚alter Mofcheen,
wel ſaraceniſcher Bauart.
Siröffih von Kirſchehr fegt ſich hie Gebirgslette im gleicher,
Kühe und Form in dem Kierwauferais, Köpellür und Kara⸗
diha-Dagh weiter fort, und bie Straße nach Loiſerieh läuft bis
Radſchur, eineu auſehnlichen Dorfe am Fuße berfelben, über
welenförwige ſauft zur bene abfallende Lehnen. Bon ba weiter
füvößlih ‚geht es über ein mehr platenuförmigeg Terrain und
über jüngere Kallk⸗ und Sandfleingebirge mit tiefern Schluchten
wi einen aufgejegten Bergkuppen, das deu gegen Sildweſt geöff-
neten Bogen ausfült, welchen bie Berglette von Mudſchur bis
dadſchi Bektaſch bildet. Ban bier aus üherfieht mag einen
geoben Theil der Flächen, durch welche der Lyzyl Irmak feinen
nerdweſtlichen Lauf nimmt, und ſich unweit Kirſchehr der nörblich
begleitenden Berglette am meiften zu nähern ſcheint. Ueber dieſes
Gelb des Kyzyl Irak Hinüber gegen Südweſt erblickt man die
mleijhen Gruppen des Paſcha Dagh, Aladſchyk Dash
di oben ©. 301) und ſelbſt des Haſſan Dagh, ber ſich in wei⸗
tßex ſüdlicher Ferne über demſelben erhoben hat.
Zwiſchen Mudſchur umd Hadſchi Bektaſch, im’ Thale von
Knlat, findet man auf dieſem Wege non N. W. Iommend zum erfien
Date folhe Höhlen in ben Felswänden, wie fie weiter hin am
Ba Irmak und jenfeits deſſelben in fo großer Anzahl in ben
When Troglodyten ⸗ Gruppen hervortreten. Sie ſcheinen zu Ewlak,
At v. Binde, ven älteſten Einwohnern des Landes zu Wohnungen
Yieat zu haben, und firb neuerlih; md; hen berumfchmeifeuben
Rauberhorden bequeme Afyle.
MOD. von Hadſchi Bektaſch, das ſchon hoch Liegt
538 Zug Par. üb. d. DE nad; v. Tichich.), überfteigt man eisen
ebenen Hohen Bergrüden, und tritt zwiſchen ben Bergzügen
Imacl Siwriffi (Ismaels Spige) im Norden und Hirka Dagh
is Süden in einen ziemlich geſchloſſenen Gebirgäfejlel, aus befien
ir bergigem Iunera verſchiedene Wafler durch den Hauptfluß des
Kifilis in einem tiefen, aber kurzen Durchbruchthale füdwärts zum
Lyzyl Irmak geführt werden. Der Hirka Dagh ſcheint ber
anifformation anzugehbren, aber laͤngs ber Strafe durch
den Gebirgeleſel ziehen ie uns xothe Saubfrinfager fin, bie
. x
324 Meinten . - 56
von bier aljo ihre große Verbreitung weiterhin gegen den Eäben
einzunehmen ven Anfang machen. Alle Waſſer find Hier von ihm
ſchon roth gefärbt, wie der Kyzyl Irmak jelbft weiter abwärts. Erſt
auf dem Scheiberiiden, welcher dieſen Keſſel von dem öſtlicher fol⸗
genden trennt, im welchem Genafi und Beiram Hadſchi liegen,
tritt wieder jüngeres Kallgebirge ein, welches mit jüngerm Saud⸗
ſtein vermiſcht bis zum Kyzyl Irmalk bei ver Fürſten mühle am
Boghaz Kidprä herrſchend zu bleiben ſcheint.
Auch aus dem Keſſelthal von Genaſi bis Beiram Hadſchi, welches
aber ſehr uneben, bergig und auögemafchen if, fließen bie Genäffe:
nod einen fehr kurzen Lauf audy von N. nad) ©. durch eine fee
tiefe enge Querſchlucht mit ſenkrechten Felswaãnden zum Kyzyl
Irmak ab, ber hier auch aus feiner Engkluft, aus dem weiten
oberen Hochthale in feinen Mittelauf eintritt.
2. W. Ainsworths Wanderung von Angora gegen
SD. durch die Bergftraße über Denek Maden, Kirſchehr,
Mudſchur und Hadſchi Beftafh gegen Kaiferieh bin,
längs dem rechten Ufer bes großen Stromlaufs bis zur
Fähre von Jarapafon über ven Halys. B
Ainsworth. nennt die unter ſich parallelen beiden Berggüge
zwiſchen Angora5®) und bem Kyzyl Irma, durch welche der Weg
zur Tſcheſchnegiri Kjöpri führt, mit ven Namen Ura und Kura
Dagb, unter denen er die beiden Seitenketten verfteht, zwiſchen
denen der Tabanly- Diftrict liegt, durch melden ber Tabanly
Su feinen norböftlichen Lauf zum Kyzyl Irmak nimmt. Der Elma
Dagh (Mpfelberg) liegt noch im Weft des Ura Dagh (Feuerberg?),
der diefen Namen wol von feiner Kupferhütte führen mag, die an
feinem Oftfuße zu Karghaly Tag, aber nicht mehr im Gange war,
als Ainsworth den Ort beſuchte. Die Kupfergrube lag af
ver bewalveten Höhe des Berges; aber aus-ihren veröbeten Stollen
wurde Ainsworth bei Fackelſchein durch Fuchſe, bie darin ife
Lager genommen, zurüdgefheucht, da er ohne Waffen in fie hinein
gegangen war. Bon dem Dorfe Karghaly (Krähenborf), ans
40 Häufern beſtehend, zwifchen ganz vermilverten, aber in reizenber
Umgebung gelegenen Gärten, ritt man durch eine wellige 4 Stumben
breite Thalebene voll Kornfelver, wo Trappen, Rebhühner und anbres
@0) W. Ainsworth, Journey from Angorah to Kaiserich etc. In Journ. ofthe
Roy. Geogr. Soc, of London, Vol. X. P. 3. 1841. p. 283289; derf.
Travels and Res. etc. Lond, 1842. Vol. I. pı 143160.
Reht.Wfet, d. DOT. Ayapl Irmak. Denel Maden. 825
Geflägel in Menge, zum oſtwaͤrts liegenden Lura Dagh, und noch
am Abend zum Dorfe Karadſchylar, das zwiſchen 200 Fuß
hohen Belötfippen eingerugt Tiegt. Un dem Kura Dagh zeigte ſich
bie alte befreundete rothe Sandfleinformation, welde die Nähe
bes Kopf Irmatk nach allen Richtungen hin fo characteriſtiſch bes
gleitet. Hier beftand. die Kette ſelbſt daraus, mit Ueberlagerung von
Gandfleinconglomerat, gelben Mergel- und Öypslagern; ihre Außen» "
feite dedten andre jüngere Steinfchichten, bei einem Dörfchen waren
darin Steinbrüche auf rothem und weißem Kalfftein und einem dun⸗
lelbraunen Sandftein angelegt. So wurbe noch zuletzt durch ein
amgebautes Thal über einen flarfgeneigten Möhang von RKaltftein.
bügeln daß große Dorf Karadſchybhar von 300 Hänfern erreicht,
das bins von Moslemen bewohnt ift.
‚Am 30. März. Nur eine halbe Stunde fern von biefem Orte ,
om OR liegt das Kiöprit Kjdi (Brüdendorf), weldhes von ber
Bride Tſch eſchneg ir i (nach einem berühmten Hofbeamten genannt)P)
ben Namen erhalten haben foll, vie hier über ven Kyzyl Irmak
führt. Sie ift an einer merhoirbigen Stelle erbaut, wo der Fluß
fein offenes Thal verläßt und aus der rothen faLzreidhen Sanbftein»
formation zwiſchen Syenitfelfen abwärts in eine enge Kluft hin⸗
durchgedrängt wird, eine Pafenge, die kaum eine Viertelftunbe abe
Wirte reiht. Die Bräde fol von Sultan Murad erbaut fein aus
teten Sandfteinguabern. Sie hat einen großen Bogen in der Mitte
mb 4 Meinere nievrigere zum Seite; ihre höchſte Stelle erhebt ſich
2 Ellen über dem. Spiegel des Fluſſes, aber fie ift ohne Brüftung
lichen; an ihrer Stelle hat der Halys mr 31 Schritt Vreite,
Die Brüde bezeichnet die Oſtgrenze des Gebiets des Paſcha von
Angora. Der nähfte anliegende Diſtrict gehört zu dem Befigthum
ber Berg und Hüttenwerle von Deuel Maden.
Am 31. März. Statt wie v. Binde von biefer Brüde ven
gerebeften Weg gegen SD. nach Kirſchehr zu verfolgen, wid
Ainsworth, der im Intereffe Fzzet Paſchas von Angora mehre
Vinen in leinafien unterſucht hatte, durch einen Umweg etwas
gegen NO. ab, um über die Grubenwerfe von Denek Maden,
dann fühmärts feinen Rüdweg nah Kir ſchehr zu nehmen. Er.
Mberftieg daher gegen N.OD. die rauhe, aber malerifche Stenitfette
%8 Begret Dagh, auf deſſen Höhe die Jwergmandelbänme
fen in Blüthe fanden; von feiner Höhe erkannte man in ber
*) Gihen Nume ed. M. Norberg. P. IL p. 410,
36 gietn· After, i gs.
Wlufenge deo Kyzyl Irmak ein paar Inſetchen wit einem Bere
mb ehter Yühre, Huf dem Gipfel bes Begret fund fich Granit
mit Graphit und ein Bafalt int Syhenit. Man überfhaut von
da einen weiten Öranitbiftrift, aus niedera, gerunbeten, weißlichen
Bergen beftehenb, die wie nievre Hügel von ber Höhe aus erſchienen
> aber doch bei dem Eintritt in dieſelben zu wildzerriſſenen Schluchten,
"von vielen Bädhen. durchzogen, fich ımgeflalteten, zwiſchen been mer
Eine ſehr fparfame MWegetatton fid; zeigte. Diefe Gebiete wurden
von dem Diheriv.Tribns ber Turkomanen bewohnt, bern
- Dörfien Gotovah nur von 16 Häufern im einem ber Thäler
paſſitt wurde, daun noch ein zweites, Hadſchi Ali. Erſt nach
4 Stunden Ritt buch dieſen Granitbiftrict an deſſen Ente
gelangte man in bie gut bebaute Ebene, Tſchapat Omaffi ge
nannt, jenfeit weicher ein harter Kalkſteinboden folgte. Im
Sturm um Regen auf deſſen Höhe, Denek genannt, wurde im ver
Mitte 008 Dorf der Schmelzhätten, Denek Maden, erteicht
Bei der Abweſenheit des Directors ber Bergwerle hatte man
Noth unterzulommen, zumal da bie Titelen mißtrauiſch gegen Die
Europäer waren, bie man als Bekannte bes Inget Paſcha von An
gora fürchtete, weil dieſer Paſcha darauf ausgegaugen war, vie Minen
von Rleinaflen in feine Gewalt zu bekommen. Die Eiferſucht ver
Beamten hinderte baher bie genauere Beobachtung, und man verlich
‘pen Ort fihon am folgendem Tage wieder. Doch erfuhr Ains⸗
worth, daß das Metall aus Bleiglanz gewonnen werde, ber
filberhaltig if. Die Erzadern in der Nähe waren ärmlich, die
wichſten follten 2 Stunden fern vom Orte liegen. Bei vollſtändiget
Bearbeitung follten möchentlih 1000 Dfen (jede zu 2°, Pfund) Erg
gewonnen merben, die 2%, Dien Silber (= 6%, Pfund Silber)
Gewinn gäben. Die Magazine waren gut mit Kohlen verfehen und
das Wert mit guten Wächereien, 14 Röften, 2 Schnelzöfen, und einer
zur Orydation fir Blei und Reinigung bed Silbers war im befferer
Drdnung wie in allen andern türfifchen Berg- und Hättenverken,
die Ainsworth bis dahin gefehen. Die moblemiſchen Bergleute had⸗
tem ihre Mofäee, die griechiſchen ihre Kirche, und das Dorf, anf
einer Höhe von 3132 F. Par. gelegen, war, wie Alles, in gutem
Auftande. Zur Erhaltung der Gewerke gehört eim großes Gebiet
von 7 Rabhilyte ober Diſtricten, welche bie Arbeiter und bie
Abgaben ven Bey oder Bergwerls« Director Kiefern imüffen,
der wie ein Muſchir, noch trotz des Hatti Scherifs, die Juſtiz über
Leben und To feines Vezirle ausübte Wenn fo wid uf die Werle
Rechtes Uferland des Miulern Kyzyl Irmak. dor
ven. ben Lanbeseinkünften verwendet wurde, fügt Ainsworth, ſo
war es bei der rohen Berwaltungsweife ein Wunder, daß doch neh
Im geringer Erttag für das Gouvernement abfallen konnte.
Am 1. April Bon Denek Maden flieg man im Thale
eb Denelbaches flpiärts hinab und erreichte nach 2 Stunden das
Darf Dſchinal Oglu, das dem Stamme ber Dſcherid⸗Tur⸗
Ismenen (Dſcherid heißt vie lange Lanze) gehört, deren Zelte
Head in den Chälern aufgeichlagen waren. -Drei Heine Gtunben
den dieſenn Dorfe fällt ver Denelbach, an dem man hinabgog, in
ein Strom, ver and, S.W. vom Tichelebiberge herab gegen M. O.
flieht und dem Stromgebiete des Delid ſche Irmal zweilt, welcher
fh ale der größte Hauptzufluß von der rechten ober oͤſtlichen Ufer⸗
ſeite weiter. abwaͤris um Kyzyl Irmak ergießt. Bei dem mod, weiter
m &.D. liegenden Dorfe Merdan Aly wiederholt ſich dieſelbe
Erſcheinuug, und ein zweiter von S. W. gegen N. O. fließender Fluß.
ver ſich jenen erſten vereinigt, gehört auch zu dem Stromgebiete bes
Deirfge Irmal, fo daß alfo bie Wafferfgeide zwifgen vem
fürlihen Hanptfluß des Fzyl Irmat und feines mörblihen Zur
luſſes des Delidſche Temak in der biagonalen Gebirgslinie
ir der Sehne, bes Halysbogens von RB. gegen 5.D. zu
Kagen fiheint (j. ab ©.320). Diefer, der Fluß vom Merban
Up, tritt ans einem Meinen Ser hervor und fließt ebenfalls gegen
Rerdofl. Nachdem er gegen Süben überjcritten war, trat man
über eine Kiogebene am Fuß ven Granitbergen zum Dorfe Ahnen,
das 2532 F. Par. üb. d. M. liegt. Es ift ganz von Turkoma⸗
nen beanohnt, die hier in großen Unabhängigfeit Iebten, fich zu dem
ltefin ritierlich tapferſten Adel ihrer Amen zählten, und bie Kei⸗
fenten, pie ihren Firman bes Großſultans vorzeigten, um auf veffen
Befehl Pferde und Beiftanb zu erhalten, mır verachten, ſtatt bem-
u in anbern geregelten Provinzen ver Türkei, gehorfam zu
zeigten fich zugleich fehe ungaſtlich, verfagten Pfesvefutter
2 Pre j
Am 2. April, Da es hier am Padtpferben fehlte, soaheffein
KH
wagen, fweigch
7 (Germergpälage), hinauf nur (che langſam von ſtatten gehen
nme. Ains worih beantzte dies zu einer Seitenexcurſion auf
duea Hlfeupwact, deu ein aites Caſici überragie, das 8981 GF. P.
ws - ee &6
Abb. Miene (1099 U, mad v» THE) bad) nur. wi —
Mauern mur noch zu Schaf- und Ziegenſtällen diente. Aber bie
Ausſicht von da war weit und großartig; fie dominirte bie ganze
Gebirgereihe bis zur Verſperrung des Halys durch Bergletten
ringeum. Diefes Caftell domisirte alfo einft fehr gut ben antiken
Straßenzug aus Galatien durch die Chammanene nad Cap⸗
pabocien, von Ancyra im Weften nah Tavium im Norben und
Eäfarca im Süben. Am füblichen Fuße des Kara Sir Best
das Dorf Ifa Kodſchalh, und von da fübwärts über eine ſcheue
fruchtbare Ebene, die Büffelebene (von Süghär, d. h. Büffel)
genannt, im welcher der Fluß von Kirſchehr entfpringt,. wurde bie
Station Süghür reiht, 33%0 Fuß Par. Ub. d. M. Da keine
Pferde zur Weiterreife zu haben waren, mußte man bier bie Nackt
herbergen. Die hochgelegene, Ebene ift im Süd durch Den Kjer⸗
wanſerai-Dagh begrenzt, deſſen Gipfel verſchanzt find; gegen
Weſt ſtieg die hohe, mit Schnee und. Wald bededte Kette des Bar
ranly Dagh empor, gegen Norbweft eine zadige Shenitlette, gegen
Nord der Kara Gjdz und gegen Oft: begrenzte der Boz ok Dagh
ben ganzen Bergzug gegen das Langenthal des Delid ſche Irmal. Die
ganze Landſchaft zeigte einen völlig alpinen, d. i. einen romant-
ſqhen Hochgebirgscharacter. Der Boden der Ebene war moorig, bie
Vegetation meift aus Binſen, Walbrehen (Clematis) beſtehend oher
Kräuter märmerer Gegenben over Gebüſch, aber alle Wohnhäufer
ber Ortfoften voll fricbliger Stonäuefter. Im ber Nacht wer
große Kälte und Froſt.
Am 3. April, Ritt von Süghür gegen Süd über bie hohe
Thalebene, den Taſch Kesmeh (b. i. Steinbruch) zu befuchen. Es
find dies antike fehr große Marmorbrüche, bie gegenwärtig wicht
mehr in Gebrauch find. Sie Liegen am Nordfuß der Baranihtkette,
bie am 2000 Fuß über bem.Mivemı bes Khyhl Irmat als ein
Granitlern mit Syenit, Gneuß und Glimmerſchi efer ſich
erhebt, ber aber aufgerichtete und gewundene Kallſtein · und Saab»
ſteingebilde auf feinem Rüden mit emporhob. Die Granitfelſen
Kerrfchen an feiner W.- und N.W.-Seite nor, ber Kallflein in der
mehr abgerumbeten Mitte. Der Marmorkaltftein ift ohne
Petrefacten, rein weiß, aber von geobem Korn. Am Sübmeftende
ber Ebene, wo ber Kilivfhlä Lihai (Schwertfluß) und ver Fluß
von Kirſchehr bie Ebene durchzichend ſich vereinen, erweiterte fih
ihr Thalgebiet, dem man aber nicht folgte, fondern weftwärts in
eins ber Seitenthäler einbrang, in welchem das große Dorf Diger
gehaes Üfefonb d. Do. Ryapl Irmat. Kieſchehe. 820
nala und auf ven Grauitklippen über ihm die Ruinen eines alten
umb großen Caſtells Liegen.
Das Dorf hat 60 Häufer, das Caſtell zeigte Ueberreſte ans
fehr verſchiedenen Zeiten; zum Grunde lagen Mauern aus wohl
behauenen Granit» und GmeußeOuadern, barüber war älteres ſara ⸗
ceniſches Bauwerk, und dieſes in jüngeren Türfenperioben reparict,
dann wieber gewaltſam zerſthrt durch Belagerungen, oder durch Ed·
beben erſchutiert. Auf einem Gipfel gegenüber lag ein auderer
* Ketſchi Kaleh, d. h. Ziegenſchloß, am Eingange
des Lirſchehribales der auch eine alte Burg geweſen fein ſoll. Auf .
dieſe alten Schlöffer fpielt eine im Lande berühmte Sage vom
tüterlichen Helben und Heiligen Huffein Ghazi an, der als
Bruder einen Seriastjers in Malatia am Euphrat, in den Kriegen
gegen die Rum (Römer) und Epriften im Weften, Angora und auch
deſes Caſtell durch Wunderthaten erobert haben foll, und als Heros
von ben Moslemen verehrt wird. Seine ſeltſame Legende hat
Kuffell mitgetheittsw). Zwei Meine Stunden abwärts des Bie-
weahölefes wird das Dorf Kifildſchit Kjdi (d. i. Corneltirſchen-
darf) erreicht, wo ſchon die berühmten Gärten ihren Anfang neh-
men; die ein paar Stunden weit bis zur Stabt Kirſchehr anhalten
au eben fo weit über biefelbe hinaus viel weiter reihen, als alle
fräbern Berichte fie angaben. . Der Fluß von Kirſchehr Heißt
Rilivfota Tich ai, iſt aber nah Winsworth weder derfelbe mit
dem Konak⸗ fu, noch der Grenzfluß Cappador (bei Plin. VI. 3),
wofür ihn noch D’Anville, Leale u. U, gehalten hatten.
Kirſchehr nennt Ainsworth eine traurige Ruine, melde
darch den Fauatismus verbdet fei. Der Ort war nie ſehr groß,
wich ober beuöltert, aber berühmt durch die unbeſchreibliche Frucht
Inte feines Bodens, ver alle Bevürfniffe und Wohlhäbigfeit des
Lens befriedigen Konnte, und burd) bie paradieſiſchen Gärten, bie
ijn weit und breit umgaben. Schon Paul Lucasit), ver fie im
Hehre 1704 nur flüchtig durchzog, fand in den damals von ihm
ichenen Ruinen des Ortes, daß er einer großartigen Vorzeit an«
hört haben müffe. Es ſchmerzte ihn unbeſchreiblich, fagt er, daß
bie Gile der Kerawane ihn nöthigte, dieſen herrlichen Ort fo fehnell
eher zu berlaffen. Der Befall des Ortes muß aber fie fr
“.) W. Ainswortb, Trar. and Res. I. p157—189. *) Paul Lucas,
Voyage dans "Täsie Mineure eicr Amsterdam 1714, Le. TR
Mi21-12.
880 KieaAften. 7
un
dugenommen haben. Paul Luecas war amd vom Augera
dem directen Wege über Karakaja (d. i. Schwarzfels, Caraquicht
bei P. ducas) nach Kir ſchehr (ex fehreibt Quicher) auf den Ge
birgewegen vorgedrungen, in welchen Turkomanenranbhorben je
Karawane ſehr gefährlich und befchwerlich wurden, bie ex vechalb zu
fpeciellen Forſchungen am Wege nicht derlaſſen konnte. Deshalb
fah er aud) nur eine Stunde Wege von jener Caraquicht genommen
Station in der Dämmerung am Abend nur bei flüchtigem Borähes
gehen die Ruine eines alten Caftells, von deſſen noch ſtchenden
Ueberreften er gern genauere Kenntniß genommen hätte: denn er ſah
dafelbſt noch als —e— eine fhöne Bogenhalle von weißen
Mermer, die mit vielen Sculpiuren von Lowen und anbern Figenen,
die zum Theil aufrecht fanden, theils auf vem Boden ansgefreft
lagen, gegiert war, und am Ende ber weiten Ausdehnung biefer
Ruine, von ber er feinen Namen erfahren kounte, paffixte er et
A
ſchdne Bräde auf 8 Bogen, genannt Cherchemir · Capruſa. Bon
da erreichte er durch nächtliche [je bie Stabt Kirſchehr,
welche damals vie Hauptſtadt einer jen Provinz war, deren Ve⸗
wohner nach Hadſchi Chalfa zwar Häretikersir) fein ſollten, aber
gegen die Reifenden bie größte Hospitalität übten und es ihnen an
. nichts fehlen ließen. Dieſe Gaſtlichkeit lodte aber ſchr viele Cham
rother ans allen Gegenven ımb aus allen Elaffen der Derwiſche
mb mufelmäimtfhen Vetteforben herbei, bie in biefer Stadt nnter
heuchleriſch· frömmelndem Vorwand Unterkonnnen ſuchten. Die gut
müthigen Einwohner der Stadt wie der 7 umliegenden vazu gehb-
tigen Dörfer Tiefen es an Schenkungen von Hauſern und Gärten
zu Ihren Conventen, Capellen und Heifigengräbern wicht fehlen, fü
doß dieſe Claſſe von Fanllenzern und Fröumiern bald bie wihtip
ſten Befiger ver Güter wurden, die fie aber nicht bearbeiteten, fm
dern deren @inkünfte nur verprafften, wodurch der größte Theil
davon nur zu Ruinen, Verwilberungen und Eindpen geworben, bie
Stadt felbft vdllig verarmt if.
As Ainswortht) dort in ber "Nie ſeines afferhaxſen
wo er Unterfommen gefunden, feine aſtronomiſchen und magnetiſchen
Operationen nun im Freien, auf dem Kirchhofe in ver Nähe ver
Moſchee auszuführen begann, überfielen ihn die Derwiſche und
wollten das Bolt gegen den Zauberer aufwiegeln, ber dem Lande bie
1) Giban Nana od, M. Nerberg. II. p. 996.409. W. Adammorik,
Tran, ud Be Le. p.160.
Beßtes nferland d. Dat, KyıplIrmat. Utſch Ajak. 831
Sere vor Ötantel hetunterzihen tolle, und bie detgl. Abbernheitea
hr verbreiteten. Zwar lachten bie Mügern Kaufleute über folde
mtigsiete Babeleien, die aud) bei biefen Tarken feinen redften
Glarben mehr fanden, aber beren Zahl war nur gering, ihr Bee \
ein war berddet, leer und zugeſchloffen wegen des Mangels alles
Berlehrs. Alle Hänfer maren zu Hlitten herabgeſunken, bie einzige
Diemie ſammt ihren Minaret® nicht einmal in Baulichkeit erhalten,
8 Kine, fonft der Sammelplatz vieler Meifenden, fanden verlaffen.
Die 3000 5iß 4000 Eimvohtter der Gtabt beſtanven größtentheils
as ven Dreber- Dermifchen (Mewlewi), aus den Heuler
Derwifchen, welche die ganze Nacht durch ihr Geſchrei erhoben,
den Büßer⸗Derwiſchen, ben Bektaſchi, und noch andern Bett⸗
lerorden, und ganze Schaaren ber Seyahs (manbernbe Betteltribue)
berchpogen die Gttahen. Der einzige Chriſt im Orte, der ale
Ghiefpnluerfabrilamt uttter dem Cchurk ver Regierung ftan, Hatte fein
Enlommmen von Branntwein (Rafı), deſſen Hauptabfag, wie von
Opium, vorzüglich am bie Mewlewi ftattfand. Weber Obft noch
Gemnäfe, wicht einmal Salat ober bergleihen, waren in ben ver-
Breten Gärten gebauut, und man mußte ſich faſt nur mit Dibbe
(ven eingedicten Weintraubenſafte) zur Nahrung begnügen. Die
Berge in NO. ver Stadt, ver Khirkah Dagh, fullen eine Belt
fefe Sefa Kaleh 6 4. Schloß der Luft) enthalten. Im der Mitte
don Kirjchehr Tiegt eine Anhöhe, auf der fid bie Ruinen einiger
Üterent Bauten mit Sepulcralcapellen ganz maleriſch ausnehmen.
Ir Welten der Stadt zwifchen einigen Travertinklippen ſpru⸗
delt eine warıne Quelle von 36° Reaum., welche die Urſache biefer
deldumgebumg ans ihren eigenen Ralftuffnieverfälage ft, ber in
welligen und krummlinigen Schichten ſich angeſett, und große Kno⸗
ten von Thoneifenfteinnieren mit eimwidelte in feine Nieverfäjläge.
Die Quelle iſt don einer niedern Dauer umgeben.
Am 6. April. Die Ercurſion nah Ütſch Ajak. Auf
einer früheren Meife W. GamiltonsM) Hatte der Schulmeiſter
tind Dorfes auf dem Wege von Kodſch Hiffer nach Newſchehr
im Even des Halys dem Meifenben über die Ruinen bes Landes
wende Auskunft geben Yöımen, und auch anf bie Ruinen von Ütfch
„Mat (die drei Bogen) auf dem Bezuk Dagh, bie zwiſchen Kir⸗
ſceht und Newſchehr liegen follten, aufmerkſam gemacht; deren Lage
W. Manthon, Rescarches ic. lo. Vo. a. 24; de J Uebe
7 Säemugl I 6 102 Di 6.3 ee
832 . Klein⸗Aſten. 8.6.
jedoch war unbefuht geblieben. Sie war auch falfd angegeben,
denn ver Bozuk Dagh liegt nicht im Süben, ſondern im Norden
von Kirſcheht, wo auch Ainsworth bei feinem Aufenthalt daſelbſt
vom Ortsvorſtande die Beftätigung ihres Vorhandenſeins erfuhr,
und von ihm Wegweifer erhielt und fie bei ber GExrcurfion eines
Tages 515) gegen N.D. ver Stabt auch auffinden konnte.
Da man ſchon unwiſſentlich an ven Ruinen vorübergelsumen
war, mußte man wieder über das Kirſchehr⸗Flüßchen, den Kilitſchli
tſchai, zurüdreiten bis zu einer Brüde bei vem Dorfe Dſchemala
und von ba gegen N.D. nach Dſchuhun (over Dſchuluh) able
ten, von wo ein Führer ven weitern Weg zum füböftlichen Abhange
des Bozuk Dagh zeigte. Nach einer Stunde Mufſteigens über
ven Granitrüden biefes Berges ſah man ein weites Hochfeld mit
ber rothen Sanbfteinformation überdedt vor Augen liegen, in den
man aus ber Ferne verſchiedene Gruppen von zerftreuten Turkoma⸗
uenlagern bemerkte, die wie ſchwarze Maulwurféhügel ſich in großer
Ferne ausnahmen; aber dicht vor ben Füßen erblicte man am Berge
bie geſuchte Ruine, die fogleih den Einbrud eines verfallenen bir
zantiniſchen Kicden- oder M lofterbaues machte, ver ohne alle andern
Zrümmer in weiter Einfamleit und Nadtheit bei einer Duelle mit
einigen Türlengräbern neben ihnen, ftehen geblieben war; nah
v. Tſchichatſcheff 4077 5. üb. d. M. Bon ſechs großen, gegen
ben freien Himmel gewölbt gebliebenen Bogen, aus rothen —
ſteinen mit ſtarklen Fugen von Mörtelcement verbunden, hatten fig
nach 4 in ihrem Halbfeisrund erhalten?6), um bie Domkuppel zu
bezeichnen, die fie einft getragen. Nur zwei ber Bogen waren ein
geſtürzt; außer den abgefallenen Trümmern zeigte ſich Yeine Spur
einer größeren Ortſchaft. Won ben brei hervorragenbften ber Vo⸗
gen hat die Ruine ben Namen.
Ains worth hielt es für wahrſcheinlicher, daß hier ein Tempel
des Jupiter zu Gadaſena (Ptolem. V. 6. 126)1), ven Andere, wie
Rennell, nad Hadſchi Veltafc Hatten verlegen wollen, zu ſuchen
wäre und biefem eine chriſtliche Stiftung gefolgt fei; doch ſcheinen
auch bafür hinreichende Gründe zu fehlen. Es follte ver Tempd
des Zeus zu Benafa in Morimene fein, von bem Strabe
(XI. 537) rühımte, daß 3000 Hierodulen ihn bevienten, daß er tueff-
*°) W. Ainsworth, Trar. and Res. Vol. I. p. 162—164; berf. in Joum.
of the Roy. Geogr. Soc. London. Vol. X P.3. 1.e. nat
“) Die Stiye diefer Ruinen die Mjat f. b. Ainsworth, Trar.
Bes. I. 162. *7) Piolem. ed. Wilberg. fol. 337.
Nehits Wferland d. Del, Lyzyl Irmal. Mudſchur. 338
lihe Aeder hatte, die feinem Oberprieſter jährlich 16 Talente ein»
brachten, der auf Lebenszeit dieſe Stelle einnehme, welche die zweit⸗
größte Wurde nach der des Pontifex in Comana ſei. Eine beſondre
Stadt nennt Strabo nicht, bei welcher dieſer Tempel gelegen war,
den er nur ben Benefiern zuſchreibt. Ainsworth bebanerte es,
deß er erſt viel fpäterhin erfuhr, daß in der Nähe von Dſchuhun
ſich noch andere Baureſte erhalten haben follten, bie von ihm wicht
welchen worben. Sollte damit vielleicht die fhon von Paul Lucas
angeführte Bogenhalle gegen Karalaja hin, von weißem Marmor
wit Lowenfculpturen, bezeichnet worben fein, fo wäre biefe Localität
Hinfigen Reifenden, die des Weges kommen, wol zn genauerer Er⸗
zu empfehlen.
Den Bozuk Dagh, deſſen Name auf der Bolotowſchen Karte
ab von Tſchichatſcheff auf den großen umd Langen Waſſerſcheide ⸗
riden von SD. gegen N.W., zwifchen dem Kirfchehr- Fluß im
Even und dem Delidſche Irmak im Norven, ausgedehnt wurbe
(. oben S. 88), lernte Ainsworth bei feiner Erfteigung nur als
ann ifolirten Granitberg mit einer Steinfefte auf feinem
Gipfel kennen, ber aber vom füblihen Baranly Dagh noch an
Höße übertroffen wird. Die füblich anliegende große Büffelebene
Süghär) erregte durch ihre merkwürdige natürliche Verſchanzung
ans früheren Zeiten eine beſondre Aufmerkſamleit: denn von allen
Seiten waren die fie umfchliegenben Hochgebirge von Felſenſchlöſſern
gehönt. Gegen Norden das Caftell Kara Gidz (Schwarze
Ange), gegen Süd das Caſtell Ketſchi Kale (—Ziegenſchloß), in den
Schluchten ver Berge gegen W. bie Feſte bei Dihemala, umd
gleihe Feſten auf ven Höhen ves Baranly und Bozuk Dagh.
Beit und großartig auf bem’Rüdwege gegen Kirſchehr war am
Abend Keim Untergang der Sonne ber Anblid ber in weiter Ferne
gegen Süd neben und Hinter einander emporfteigenben höchſten Rie⸗
fenberge Eentralafiens, bie fih mit ihren von ber Abenbfonne ge .
tüthelen wie vergolbeten ewigen Schneegipfeln im zweigipfligen
Haffan- und Erdſchiſch-Dagh bis zu 10,000 und 18,000 F.
Über das Niveau des Meeres erhoben. Kirſchehr, obwol im Thale
gegen mit weit umgebender Plaine, gehört doch noch ber nörblichen
Strfe des Hohen Eentrallandes, nad) übereinftimmender Meffung
don 3000 Fuß abfoluter Höhe im Mittel an. Die Stabt ift nad
Answorth 2902, nad v. Tſchichatſcheff 2883 F. Par. über
Am 7. April Bon Kirſchehr nah Mudſchur und
2. Rein Mile. 4.4
Hadſchi Bektaſch. Gegen SD. über bald graflge, beld kieſige
Ebene, die ſich zur linlen vos bein Karawanſerai Dagh gun al
wählig gegen das Halysthal Hinabfenkte, am einem Ereisuguber
40 Fuß hoben künſtlichen Erdhügel mit Ummanerung, Duelle u
Ruine von 6 Geitenthürmen vorüber, wo ſicher einſt ein Schutzfort
für die Reiſenden auf der Hanpiftraße nach Cäfarea errichtet war,
jest Gjöl Hiffar (SeeCaſtell) genamat, erreidhte man, am Dorſe
Ruru Gjöl (toner See) worüber, in 3 Stunden Wegs ven Ort
Mudſchur.
Mudſchusr ſcheint das' alte Mociſſus (bei Procop. V. 317,
und Steph. Byz. Mouxiodoc) zu fein. Lebterer ſagt, dep ber
Ort in Cappadoeia secunda {ag; Procop nennt fie Manoosg,
ein früheres Caftell in Gappabocien, das aber zu Kaiſer Fufti«
nians Zeiten fo in Verfall war, daß er es, obwol im ver Cbene,
auf einer Anhöhe mit fehr ftarten Mauern verfehen ließ, deſelbſt
Rirhen, Kenododien (fpätere Karawanſerai) und Bäder fs
herzlich, aufbauen ließ, daß bie Stadt dadurch zu einer Metropde
exhoben wurbe, welde aud eine Zeitlang mad} feinem Damen auf
ven Eoncilen, Iuftinianopolis®!), von ihren Biſchelen beli⸗
telt wurde.
_ Zavernier) lam im I. 1639 auf einem feltwer betretenca
Wege vom großen Salzfe, ben ex Douslag (b. i. Tuzla, Sul)
nennt, auf directem Wege durch Wüſte ohne Dorf, is 9 Shane
Weges am 25. Marfchtage von Suiyrna zur Caradach ecesme
- i. Karataſch- tſcheſchmeh, Shwarzfteinquelle), am 26. über
Tſchukur Agha (? Tchelenagar), ein wohlgelegenes großes, aber [dleht
gebautes Dorf, und von da durch ſchönes Weibelanb in 8 Gtunben
zum Dorfe Raukufd (Romcoude); am 27. nach 9 Stunden bach
eine Ebene voll Gebüfd der Cüßimurzel (riglise) zus Dorfe
Beſerguenlon (d. i. Bazyrgianl, Kaufmannsdorf), wo Halt gemudt
imurbe, weil hier die ſehr ange Stembruce über den Halys übe
fest werben mußte, an deren Ende Rizir Rjöprü (Refire Supri),
ein großes Dorf unter der Erde, faſt wie in Felahöhlen erbut
wor. Boa da noch 7 Stunden Weges, auf welden ex bad vor
Ainsworth genannte Dorf Emirlar nicht nannte, warde des
große Darf Mouchiour von ihm erreicht, das Mudſchux per
\ Yeuligen dit
Ki) Wesseling, Hierocl. Spnecd. p. 701 mu. u. p. 6994b. 9) Tamenien,
Las Rx Voyagen I, I. p, I01-
Reites Uferland d. Disk, Ryyyl Irmal. Mudſchur. 288
Dents Emirlar wurde auch im I. 1834 von Aucher Eloy2%)
anf feinem Wege von Angora nad) Eäfaren betreten, wo feine Sta
Gun mit der Route bei Ainsworth in der Hauptdirection zu«
fonmenfallen, aber body meift andere Mamen ber Orte genannt
werden. Bom Uebergang über ven Kyzhl Irmal Ingte er vom 24
658 30. März de 6 Togereifen beufelben Weg zurüd, über Orte,
bexen wur wenige auf Karten erwähnt werben. Bon Emirlax geht
& in einem Tage bis Cäforen. Diefer felten beiretene, damals
Geköunnlide: Karawanenweg bennte mit kritiſcher Berichtigung box
d. Riepert anf feiner Karte eingetragen werben, wo faft alle an-
bern Angaben fehlten. In Mudſchur wohnten damals ſehr viele
griechiſche Chriſten, welche vom ven Turlen aber Tag für Tag ge
weltſam gebrängt warten, Muhammedaner zu werben. Da dort
ſche viele Chriſten im der Gegend wohnen, fo wird viel Wein ge
bant, der auch gut iſt. Much biefer Ort ift gut gelegen, aber jo
Füledt meiſt unter der Erde gebant, ta ber Reiter leicht durchs Dach
in das Haus hineinſtüczen konnte, Bon Mudſchur ſetzte früher
Tabern ier ſeinen Weg in 11 Tagemärſchen durch ein feitvem faſt
inich uumwegfames Gebiet gegen RD. über Zaugh (j.ob. ©. 148),
206 er mach dem erften 6 Tagen erreichte, bis Tolat fort, wo wir
Aa {den früher begegnet find. -
Mudſchur, das heute nur eine Kaſſaba (vi. Marktfleden)
geuamnt wird, hat nach Ainsworth 600 Häuſer und liegt 2945
ve äh. d. M.2I) (2947 8. P. mach v. Tihich.). ES if auf
einen ſehr weidhen Lallſtein erbaut, ber leicht zu bearbeiten ift, und
deher fangen hier ſchon, wie auch Ta vernier bemerkte, die unten
cecriſchen Mehuhäufer am, bie füblwärts des Galys fo fehr überhaub
wen. Die Stadt ift von Gärten ganz umgeben; höher aufwärts
auf einem, wahrſcheinlich künſtlich echöhten Berge lag das alte &
MU Mociffne. Cine gute Benbahtung ber Sonnenhöhe, bei
Mara Himmel. gab die Lage bes Orts auf 39° 5° 40° N.Br. an.
Ka tarzer Moft rüskte Ainsworth weiter gegen S.D. am Kara
BSiol (trodaer See) swrüber, durch ein Erdhoͤhlendorf, daun
akt Ruın Kum (trodner Sand) mb einem andern Heinen
in 4 Stunben in Habſchi Beltafc ein, bad,
®) Aucher Elay I. p 73-74, *1) Ainsworth, Joum. eic. in Journ.
et ıha Bay. Geogr. Soc. of Landen. Vol. X P- 3. 7 206.
ass glein · Rflen 6.6
nettes Quartier fand. Der Ort liegt 3545 F. Par. (8598 $. P.
nach v. Tſchich.) über dem Meere; ber Argäus. von hier gegen
= 6. 52°D,, ver Haffan Dagh = ©. 32° W. nad, Winkelmefe
ung. Reden ihm liegt ein halbruinirtes Caſtell Kara Kawul
0. $. Scwarmige) genannt.
Der Schußpatron bes Ortes, ber. hier geboren und auch ge⸗
ſtorben fein fol, hat ihm feinen Namen hinterlaſſen, und feine heilig
gehaltene Grabcapelle hat ihn zum Pilgerort — viele Wallfahrer
weit und breit umher gemacht. Dam Hapdſchi (. i. der Me
Pilger) Bektaſch iſt einer der wunberthätigften Heiligen der Dos
lemen. Sein: Grab wird aber aud in der Dſchami Beſchil
Taf) in Eonftentinopel bewallfahrtet. Durch zweierlei Einride
tungen hatte ex ſich bei ben fauatiſch - geſinuten Türken für ihre
osmanifhe Dynaftie einen ruhmvollen Namen erworben: einmel
durch die Stiftung des Derwiſch-Ordens der Beltafgi,
und bann durch bie Begründung ihrer Kriegercaſte, ber Rotte der
Zenitſcheri ober Janitſcharen, die leider zum Fluche des Vollb
ansgeartet find. Den Orden der Bektaſchi erklärt v. Ham.
mer5?) als die vmilitärifhe Brüderſchaft der Herren bes
Säbels«, ber im Gegenfaß bes Ordens der Mewlewi, bb
der „bürgerligen Brüderſchaft, ver Herren der Feder⸗
d. i. der Efenbis, ber Kanzleien zu betrachten ſei. Diefer wurde
von Dſchelaleddin Rumi, dem größten Dichter des Morgen
Iandes, ſchon unter der Regierung Alaebbins L, des großen Fürſten
der Seloſchulen in Konia geftiftet, mod; ehe dieſes Reich in bie
Gewalt Osmans fiel; von ihnen war auch bie Kichtlehre ver
Safis, bie perſiſche Literatur und Sage, bie vom ihnen cal
tivirte Myſtik, Ascetik und Poefie zu ben Türken übertragen
worben.
Die Ienitferi, d. i. bie neue Soldateska, welche als
Yanitfharen für die Osmanly-Dinaftie zu ihrer Leibwade fi
erhob, wurde Bald zu bem, was bie Prätorianer für bie Cäjeren it
Rom, die Turkomanen zu ihrer Zeit für die Chalifen in Bagdad
gewefen. Die Jenitſcheri nannten fich Kinder und Familie Beh
laſchis, Me en un sale un
zeichen zu ihrer Mügenbevedung gab. Alle Jenitſcheri war
dem Dıden der Beltafchi einverleibt,. nicht nur als Möndsorben,
2 te des ö L61, mw L
7 2 3 Sun Geſchicht oeman. Reiche. J
Rebe. Uferl. d· Miul. Kyzyl Irmal; Hadſchi Bektaſch. 887
Intern auch als militäriſche Bruderſchaft der Glieder, Mönde
mb Soldaten zugleich, ven Tempelrittern · oder Hospitaliten einie
germaßen entfprechend erſcheinend. Dieſe ihre mit ven Jahrhunderten
fo mädtig gemorbenen Rotten waren zu ber gräulichfien, bei andern
Ellen unerhörten wolläftigen Zuchtiofigfeit und Grauſamleit ver
Öitten und zu einer Selbſtſchwächung des Reiches ausgenrtet, daß
Sallan Mahm ud zum Entfhluß fam, fie plöglich durch die bin»
ffe Mepelei zu gleicher Zeit im allen Provinzen des Reichs fir ,
immer zu vertilgen und auszurotten.
Derſelbe moslemitifche Heilige, Hadſchäi Bektaſch, iſt es, der
aß Eatdeder des Steinſalzes zu Tuz-Kidi (ſ. oben S. 294) für
fine Grabescapelle einen jährlichen Tribut zugeſendet erhält. Dieſer
für heilig gehaltene Ort gab durch - feinen Schmuß; die Armuth
Imer Bewohner und feinen gänzlichen Verfall zu der Bemerkung
Gelegenheit, daß nicht die gewöhnliche Klage über den Druck ver
Tagen und Abgaben bie Haupturſache des gränzenlofen Berfalls und
Herabfintens aller ihrer Stäbte fein Tamm, fonbern vielmehr bie
Faulheit und Abneigung ihrer Bewohner zur Arbeit. - Schon
Lirſchehr Könnte feiner herrlichen Lage und des Reichthums feiner
Orten wegen ber blühenbfte und reichfte Stapel für die Seiden⸗
production bes Landes fein, wenn feine Bewohner nicht die Hände -
in den Schooß legten, und lieber ihren fanatifchen Devotionen an»
hingen, bei denen fie nichts thun; eben fo die Faullenzer von Hadſchi
Vektaſch, die ſtolz auf den Glanz ihres Schutzpatrons lieber im
Sqatten der Bäume an Quellen lagern und ihren Tabak in Un⸗
tätigfeit ſchmauchen, ald der Arbeit nachzugehen. „Dem Heiligthum
verbanten fie es, daß fie gar keine Taren an das Gouvernement
ahlen und wenig zur Erhaltung der Grabcapelle beitragen, alljähr-
üch noch bie Zufchüffe des Tributs aus den Salagruben zu Tuztjbi
falten, und dennoch nur in jämmerlichfter Armuth, Schmutz, Ver⸗
funfeneit in einem bloßen Ruinenhaufen leben, und alfo ihr Elend
dem Fanatismus und ihren verberblicen religiöfen Zuſtänden ver-
danfen, nicht aber ausſchließlich dem auf fie laftenden Drud ver
gonvernementalen Taration zufcreiben Tönnen, unter dem fie zu
afegen feinen. Im faft allen ſtädtiſchen Gemeinſchaften Klein-
Ans wieverholt fich dieſes Zurüdfinken in immer größeren Ruin. .
Selbſt das Heiligengrab des Hadſchi Bektaſch verfällt, ungeachtet
feiner Einkünfte, durch die heiliggehaltene Faullenzerei feiner Anbeter
in Ruinen. Doch ift in andern Fällen ver Drud ver Paſcha-
Billtühr und des Verpachtungsſyſtems der Abgabenein-
Ritter Erdtunde ZVIL ®
338 Meilen. . 6
teetbung mit ver mmbegrenzten abfoluten Macht des Paſchat über
Leben und Eigenthum mit dem vorherrſchenden ſchmuhigſten Lafer
des Geizes im ven oberen Regionen und vie Berheerung burd
das Truppenwefen, feine Einguartierung mb freie
Bei den eigen Kriegezügen, ald Grund der fürchterlichen Deprimi-
rung des Volls nicht zu leugnen, und dieſes Verhältniß ift wel als
die Grundurſache ver religidfen Auswüchſe und ver Arbeitsſchen
anzufehen, da der Fleiß dort feinen dauernden Beſitz giebt und das
Sprüdwort feinen guten Grund hat: nwo der Osman hintritt,
wächſt kein gräner Orashalm mehrus2),
Am 8 April. Statt von Hadſchi Bektaſch bie große
Hauptſtraße oſtwärts über Genafi und Beiram Hadſchi
zur Boghaz Kjbprü am Melas zur Capitale Kaiferieh, welche
jchon durch viele Touriſten vor ihm belannter geworden und auch
in v. Vinche's Routier genauer characteriſirt war, zu verfolgen,
lenkte Ainsworth feine Wanderung der Südrichtung mad dem
Halys zu, um die umbelanntern Wegſtreden und deſſen große Süd⸗
Krümmung?) zu erforſchen, welche vie Geographen fo lange irre
geführt hatie, eben hier einen öſtlichen und einen weitfichen Arım
dos Hauptfiroms zu fupponiven. Der Weg wurde deshalb über
das Dorf Salandah an ver Krümmung des Stroms genommen,
die durch eine Sonmenhöhe. auf 38° 48" R. Br. ermittelt werben
tonnte, wonach bie Kartenberichtigung erfolgte. Daun aber fepte.
Ainsworth auf der Fähre des Halysflufles nad) Sarapafon über
in die Troglodgten-Diftricte. Ainsworth mußte bie gran
dioſe, der Ebene Hadſchi Beltafch vorliegende Bergkette, den Hirka
Dagb, überfchreiten, welchen das Heine Flüfchen von ver Pilger
ſtatte an gegen ven Süden zum großen Strom hier durchbricht;
erſt nad) ihrer Ueberſteigung ſenlt fi) deren Fuß durch die Hode
ebene in anderthalbſtündiger Weite zum gewundenen Thale bes
Halys und zu feinem reiten Ufer hinab. Hier treten die fo de
vocteriflifchen rothen Sandfteinlager des Halysſyſtems mit ihren
Mippen nadt und öde, und je näher bem Strom, befto zahlreicher
von Orotten und Wohnungen einiger Osmanly- und Turkomawen-
dorfer durchlöchert, hervor, bie man bei der Annäherung for nur
durch ein paar amgepflanzte Baugruppen im ihren Gärten alt
” Otter Sur ‚I B-320. Beaufort, Karamania. p. 79. 1. e
aswortb, in Jourl of the Lond. Geogr. Soc, Vol. X. P.3. 9.289;
def. Tran. and Res, 1.c. I. p. 168, "
Ukteper Lauf des Mittler Hahye bis Osmandſchyk. SEI
ſelhe erkennen Imm. Ir Rüden gegen Norden Kit man bie
ige Contonre ver gemitifhen Gipfel ver garfauritifgen Ger
birgszäge zurüch, die mit ihren Serraturen an bie Sierren ber
ſyoniſchen Kette erinnerten, gegen Süden aber ficht man von dem
linlen Steilufer des Halys bie ſchwarzen Streifen der Baſalte un
der Lavaflüſſe, die ſich von ben plutoniſchen Hochebenen des cem-
twalen Kleinafiens einſt durch bie rothen Sandſteinſchichten hindurch
in bie Tiefe hinabgoſſen und fich ihre Wege bahnen mußten. Ueber
men, ans ber weiten ebenen Plateaufläche fleigen die ifolirten, alles
beherrſchenden, aber in vefpectvollem gegenfeitigem Abfanbe von _
einander fich erhebenden Riefengruppen des Haffan Dagh und
KErgäus mit ihren ſilberſchimmernden Gipfeln in den blanen, vor»
herfihenb Haren fonnigen weiten Himmelsraum empor.
8.7
Neuntes Kapitel.
Das Stromfyftem des Kyzyl Irmak (Halys). Fort-
ſetzuug. Unterer Theil des Mittlern Laufs von ber
Tſcheſchnegir Kiöpril abwärts bis Osmandſchytk.
Auf die allgemeinften überfihtlihen Verhältniſſe biefer noch
fe wenig befannten Flußſtrecke uns beziehend (ſ. oben ©. 286),
die noch ſehr vieler beſonderer Erforſchungen bebürftig bleibt, gehen
wir hier fogleich zu den Angaben ber einzelnen Beobadjter über, bie
hie oder da dieſes Gebiet immer nur vorübergehend durchſtreift ha⸗
ben und ums we durch Combination ihrer Einzelbeobachtungen
weiter helfen können.
Die berühmte Angora liegt außerhalb diefem Gebiete, da fie
mit ihrer Gebirgsumgebung dem obern Laufe des benachbarten
Salaria-Stromfpftems angehört, das wir erfi weiter unten in
ſeinem Entwicllungegange verfolgen tönnen.
Erläuterung 1.
Die beiden Querpaſſagen des Halys bei Al Serai u und
Kaladſchik nach Med. Kinneir und W. Hamilton.
1. Machonald Kinneirs Ueberſchreitung des Halys
bei At Serai auf der Duerfiraße von Angora oſt wäris
923
340- Klein⸗ Aſten. 8. 7.
nah Iyıgat (1813). Bon ver uns ſchon befannten Tſcheſch⸗
negiri Kjöprü, der Station Aliaſſus des Itin. Hierosol. (ed.
Wessel. p. 575)%), wo ber Halys abwärts in ber engen Muft
der Syenitfelfen unterhalb des Brüdenvorfes (Kjöprä Kjdi) dem
Auge verſchwindet (f. oben S. 321), tritt er zuerft wieber ſichtbar
bei At Serai hervor, wo Macdonald Kinneir ihn im Jahr
1813 überfhritten hat?%). Diefer Uebergang liegt auf der directen
Karawanenſtraße von Angora oſtwärts nad Amaſia, etwa unter
40° NBr., aber aud nad) dem mobernen Iyzgat, bem Sihe
Tihapan Oglus.
Am 10. Oct. verließ Kinneir Angora ımb erreichte nah
12 Stunden Weges im Thale über einen Angorazufluß (e$ ift der
Tabachane Su bei v. Binde) und das öſtliche öde und men-
ſchenarme Gebirgsland, die nördliche Fortfegung des Elma Dagh,
bie Heine Station Affi Iyz gat, Ooscotta bei Kinneir, im Weit
des Halys, verſchieden von bem durch feine Denkmale befannten
Orte deſſelben Namens Iyzgat im Oft des Halys.
Den 11. Det. von da gegen S.D. über fteile dve Gebirge lam
er nah 2 flarfen Stunden im bie Ebene, und nad; einer halben
Stunde fteil hinab, von wo man den rothen Waflerlauf des Kyzyl
Irmak gegen N. W. fließend erblidte, zum Uebergangsorte At
Serai over Akſchehr (Uk-ſhar bei Kinneir). Der- Strom wir
8 Fuß tief und 80 Schritte breit, gegenwärtig aber viel feichter,
als er im Frühling und Winter zu fein pflegt. An feinen Ufern
waren zahlreiche Viehheerben, aber nur fparfames Kornland; meiter
oſtwärts ange Baumwollfelder. Die beiven folgenden Tagemärfde
durchzog man ein Heerbenland, von Turkomanenſt ä mmen be
" wandert, 5i8 zum Ort Sangor, wo dann ein 30 Schritt breiter
Strom, der gegen Nord an Tſcharkjbi vorüberfloß, erreicht wurde,
welcher ſich nach biefer Richtung hin bei Tehun (oder Tagium, fagt
Kinneir, vieleicht fünlih von Dughan auf Kieperts Starte) in
ven Kyzyl Irmak ergiehen fol. Es kann biefer Fluß, ven Kin-
neir, welder alle Namen in feiner Schreibart unkenntlich zu machen
pflegt, weil er die einheimiſche Sprache nicht verftanp, Deb ſcha
nennt, fein anderer als der neuerlich befannter gewordene Delidſche
Irmak, ver bedeutendſte rechte Zufluß zum Halys im biefen
Gegenden, fein. Kinneir fagt, daß er hier jenfeit deſſelben in ein
***) Itin. Anton. Aug. etc. ed. Parthey et Pinder. p. 272 u. 300.
”*) Macdonald Kinneir, Journey through Asia Minor etc. 8. p. 80.
Bom mittlern Halys Marſch zum Delidſche Irmak. 841
nd voll niebriger Berge von rother Farbe mit Nitrum (vie falze
weiche rothe Sandfteinformation) eingetreten fei, bie nur von Tırr-
Iomanenhorben durchzogen werbe, bis er am 15. Detober, alfo nach
5 Tagemärfchen, den Ort Topagh atſch (Topatd) ber Kinneir)
erreichte, wo er zwar wieder Schaf- und Ziegenheerden antraf, aber
von Angora aus auf dem ganzen Wege feine einzige Heerde ber
fo berähmten Angoraziegen angetroffen Hatte, bie ſich alfo nicht oft«
wärts über den Kyzyl Irmak auszubreiten ſcheinen. Am 16. Oct.
von dem genannten Orte, alfo in einer Diftanz von 5 Tage
mörfhen von der Halysbrüde, erreichte er an ver S. O.-Seite eines
feilem Berges, über ven aber ein trefflicher Weg gebaut war, ben
Drt Iyzgat (Ooscat bei Kinneir), die vormalige Reſidenz eines
berühmten, ziemlich felbftftänbig gebliebenen und ausgezeichneten Für-
fen, eines Dere Bey Tſchapan Oglir, von hohem alttürkiſchem
Bel, deſſen Familie biefen Ort neu erbaut und durch gerechte Ver-
waltung zu großer Blüte und Wohlftand gebracht hatte Durch
dieſe Landesfürſten hatten auch bie Turkomanenhorden, bie mit ihnen
ans gleichen Geſchlechtern ftammten, eben bier eine beffere Ausbil-
bung, Sicherftellung und größern Einfluß wie Anfäffigfeit feit einem
Yahrhundert erhalten?”), obwol fie als gehäffige Gegner wie der
Araber früherhin, fo auch der Türken noch gegenwärtig belannt
waren. Durch Heerdenreichthum behaupteten fie fich faft in voller
von ben Türken bis zur Zeit, wo Tfhapan Oglu
im Jahre 1805 geftorben war.
2. Hamiltons Ueberfhreitung des Halys auf ber
Route von Boghaz Kidi und Sängärlü im Often anden
Steinfalggruben vorüber, und von da gegen Weft über
ben mittlern Delipfhe Irmal, dann auf der Halys-
Sähre zu Kaladſchit nad Angora (1836). Auch dies ift nur
ine Querſtraße über ven Halys, etwa 7 bis 8. Stunden nörblid
der vorhergenannten, die uns aus Beobachtung feiner beiden Ufer»
feiten hervorgeht, während bie Zmifhenräume bes Halyslaufes an
den dreifachen Uebergängen, der Tſcheſchnegir Kiöprü, ber
Baffage bei At Serai und ver bei Kaledſchik, ohne Specials
lenntniß und genauere Beobachtung geblieben find. Wahrſcheinlich
ging ſchon der öͤſterreichiſche Gefandte Gislen Busbet?®) im
?) Seott Waring, Itineraire d’un Voyage fait par terre de Constantinople
a Teheran. 1805. Paris 8. ?*) Angerii Gislenii Busbequii Omnia
quae extant ed. Oxford. 1571, 8. p. 76—81.
342 Seinen 0 6%
Iahre 1554 auf feinem Wege von Angora nach Amaſia (f. oben
S. 147) hier über den Halys, den er wie die Türken damaliger Zeit
Aito⸗ſu (Aitoczu, Fluß Aito) nannte. Denn dies war damals die
geoße Karawanenftraße von Tſchorum nach Amaſia. Bon Angora
am ex über die uns unbefannten Stationen Balygazar, Zarkuit,
Zermek Zit ad Algeos zum Ufer des Halys, ver einft Mever unb
bier trennte. An deſſen Ufer bemerkte ex ein Gebüſch, das er bis
dahin noch nicht gefehen Hatte; am ver füßen Wurzel emtvedte er
balb, vaß e8 die berühmte Glycyrrhiza, das Süßholz war, das
von hier an ein characteriſtiſches Steppengewächs durch das centvale
Afien bilvet. Auf feine Frage, ob ber Halys Fiſche habe, gaben
ihm die türkifchen Anwohner zur Antwort nein. Da fi indeß
doch in dem Fluſſe welche zeigten und Busbel weiter fragte, warum
man feine finge? war die Antwort, weil feine Fiſcher da wären;
und warum benn feine, vie dieſes Geſchäft betrieben? die naive Er⸗
wieberung, weil die Fifche fortihwämmer, wenn man fie mit den
Händen greifen wollte, Aber fliegen nicht eben fo die Vögel fort?
Bus beks Leute warfen nun ihre Nege aus und brachten bald Fiſche
zum Vorſchein, gleich denen, wie man fie in der Donau fing,
darunter auch Welfe. Die Türken ftaunten und gaben nun zu,
daß es wol Fiſche bei ihnen gebe, aber feine Fiſcher. Der Fang
der Tleinen Grünblinge, welde die Europäer aud nicht zu eflen
. verfchmäheten, kam ihnen. lächerlich vor; fie blieben, fügt Busbel,
bei ihrer einfachen täglichen Speife, wo ihnen für den Tag das
Brod, Salz, ein Zwieback oder auch die ſaure Milch zu ihrem Uns
terhalt genügt. Bom Halys ging Busbek oſtwärts über Gow
tourthay und Tſchorum und weiter nad) Amaſia (ſ. oben ©.158).
Hamilton®®) kam von den Unterfuchungen zu Iyzgat (f.ob.
S. 164) aus dem Often zurück, und giebt folgende Nachricht über
ben von ihm im etwas noͤrdlicherm Abſtand von Linneirs Route
zurüdgelegten Weg durch jene ziemlich wüften und wenig belannten
Länbergebiete der Dftfeite bes Halys und feiner Zufläffe bes
Delidfhe Irmat,
27. Auguft. Bon dem Dorfe Aladſcha, wo wir jden
Hamiltons Entvefungen alter Felſengräber und Mauern keuuen
gelernt, vitt er weitwärts über die Huffein Oma ober bie Chem,
- beren Wafler noch zum Iris fließt, bis zum Dorf Eski Pate,
®) W. Hamilton, Bes. I. c. p. 403—416. Def, Ueberf. v. uburgt
20.0. &l. 6.872388. i ae
Hamiltons Weg v. JIyzgat am Dei, Irmak 5. Halys. 848
17, Stmaben weit, das, auf einer Anhöhe in ber Mitte ver Ebene
baut, and) Tepe Kidi Heißt. Nachdem man in ber bene
4Stunden gegen Weit aufwärts geritten-war, und auf dar Waffer-
ſcheide zwiſchen ven Zubäcen zum Iris und Halys, ein Tur-
Inmanenfager vorüber uud auch Cugſchluchten des Pafſes durchſtiegen
hatte, welche zugleich bie Orenztette zwiſchen dem Pontus und”
Galatien bezeichnen, wurde das große Dorf Suleiman-Kijdi,
3%, Stunden gegen S. W., erreicht. Bon va folgten viele Turko—
menenlager mit ihren Zelten, bis zur großen, aber fehr in Berfal
geathenen Stabt Süngürlü am gleichnamigen. Fluſſe, der von
Boghaz Kiöi herablommt. Die Confcription follte fie entvöllert
haben. In ihr zeigte ſich von Antiquitäten nur ein zum Vrummeh«
trög verwendeter Sarkopgag mit fihönen Sculpturen von Guit-
landen und Wipberföpfen.
3. Auguſt. Eine beveutende Salzmine jenfeit Sary Ra-
myih (d. i. gelbes Rohr), 6 Stunden im Norben vom Wege ab
gelegen, wurde von hier aus aufgefucht. Recht characteriſtiſch für
das große Halysgebiet lag bier gegen W. und N. W. zur Landſchaft
ter alten Kimene, am Halys bin, Hügel an Hügel, unabfehber,
von other Sanpfteinformation, mit Sanbfleinconglomeraten
von blauen und vothen Mergelicichten überzogen, ganz benfelben
Salzregionen in des geognoftiſchen Reiſenden Heimath, in Eng-
land, analog. An Sary Kamyſch vorüber folgt jenfeit einer
rauhen zadigen Sanbfleinkette der Ort Tſchajankibi, an deſſen
Nordſeite die bearbeitete Steinſalzgrube liegt. Die Nei—
gung der Sandſteinſchichten von N.W. gegen SD. ging von
mäßigen Ballen zu volllommen fentrehter Emporrigiung
über, die ven untern plutonifchen Geröllen ihr Dafein verdaukte.
Das Geftein zeigte ſich aber von einer jüngern Formation als
der rothe Sandftein in England: benn fie gehörte der jüngern
Rreiveformation an, ba in den Lagern fid) Kiefel von ſecuudä-
tm Kreibebilbungen eingebettet zeigten. Die Steinfalzihichten
in ben ſenkrecht gehobenen Sanbfteinfdichten Liegen’6 bis 8 Fuß
unter der Oberflähe ganz horizontal, von einem Bette blauen
Deus überlagert, der wieder mit Kies und Pfeifenthon (Clay)
Übergogen if. Die grünliche Oberfläche ver Steinfalzlager
igte ſich etwas wellig umd eben fo dünnere Streifen im Steinfalz, .
intereffont fir feine Bildungsgeſchichte; für die Bildungsperiode
iR aber das Nichteonforme feiner Lagerung zu den fenkvechten
Saundſteinſchichten wichtig, ein Beweis, bag feine Bildung fpäter
344. - Rlein-Afen. .1.
niederſchlug, als die Sandſteinſchichten emporgerichtet wurden. Nur
unter der Annahme, daß ein Heiner See, von ſenkrecht emporgerich⸗
teten Sanpfteinfelfen umgeben, hier vorhanden war, in welchem ber
Salzftein allmählig zu Boden fant, konnte fih Hamilton viefes
Phänomen erklären. Der Rücweg nach der Station Süngärlü
\ gegen Sid wurde an einer andern Salz mine vorüber genommen,
bie aber nicht mehr bearbeitet wurde. Es find dieſe Steinfalz-
gruben auf der Oftfeite des Halys gegen das Land der Trocmi
und in Ximene um fo interefianter, da fie fon von Strabo
(X. 561) als bearbeitete Gruben erwähnt werben unb in em
hohes Alter zurüdgehen müflen, da Strabo von ihnen den Namen
des Halys ober des Salzfluſſes herleitet. Wahrfcheinlich find es
viefelben Salzgegenden, die Toirnefort®®) wegen einer
Bora von Salzpflanzen jo intereffant gefunden hatte. Wir haben
ſchon oben die Thatſache anfgeführt, daß ver Halys hier zwiſchen
zwei Steinfalzgruben in Ximene umd auf dem Weftufer bes
Halys bei Tſchaugri (Gangra, Germanicopolis)>!) vorüberftränt,
welche letztere aber von Strabo nicht genannt wurbe. Leider wurde
Hamilton durch die damals an dieſem Drte herrſchende Peſt ab-,
gehalten, venfelben mit feinen Salzminen zu beſuchen.
29 Auguſt. Nah Süngürlü zurüdgefehrt, wurde an bie
ſem Tage, die Reiſe gegen Weſt fortgefegt bis Kütſchüt-⸗tjdi
. i. Meines Dorf). Um ven Ort fah man ven Anbau vieler Sonnen-
blumen, deren Samen von ben Türken gegeffen und zu Del benutzt wirb.
Ueber dieſelbe rothe Sanpfteinebene ritt man am Dorfe Beſch⸗
burun {b.i. Fünfnafen) vorüber, dann gegen S. W. durch eine ſumpfige
Einfenkung in Weft von Aghabunar, bie mit ſalzigen Imerufte-
tionen überzogen und von dem fehr feihten Strome des Delidſche
Irmak nordwärts durchſtrömt wurde, deſſen falziges Waffer
man in einer Fähre überfegen mußte. Seine Quelle, woher er
komme, wußte man bier nicht anzugeben (f. unten). Dann ritt
man wieder über den vorherrſchend welligen Gyps- und MRergel-
boden, in welchem einige Baummollenfelver bearbeitet waren, dann
durch einen zweiten Seitenfluß, zum Delidſche Irmaf gegen Norden
fließend, dann wieber über Bergreihen aus gelbem Mergel und
Sand beftehend, bis man auf höherem Erdrücken, auf vem mm '
trüpplige Eichen wuchfen, das elende Neft Kütſchük-kjdi erreichte.
*20) Tournefort, Relat. dun Voy. du Lerant. 1. c. Il. p. 176.
#1) J. A. Cramer, Asia Nioor, 1. p. 237.
Hamiltons Weg am Delidſche Irmak abw. 3. Halys. 345
30..Auguf. Das Dorf lag auf ber kegelartigen Anhöhe
eines Trapp- und Grünfteinfeljens, ver als Dammdurchbruch
fih auch noch weiter gegen Weſten verfolgen lieg. Ex hatte hier
derch feinen Ausbruch die Sanbfteindede zerrüttet, und an vielen
Stellen ihre horizontalen Schichten ſenkrecht emporgehoben. Soſche
Bodenverhäftniffe mit Trappbirechbrüchen hielten “weftwärts bis Se⸗
lami fjdi an, von wo man in ber Ferne ſchon höhere Bergzüge,
und an ihrem Fuße bie tiefen Thallinien des Halys erkennen
Tomate, ohne jedoch deſſen Waffer zu erbliden. Er hatte aber mit
feinem Bette die Mitte ver rothen Sanpfteinformation durch⸗
furcht, die jenfeits der Trappburchbrüche wieder vorherrſchend bie
Oberfläche vedfe, Durch wildzerriſſene, romantiſche Sandſtein ⸗
ſchluchten, Barſek Dere genannt, bie zu beiden Seiten bewaldet
waren, windet ſich das Meine Seitenthälchen gegen N.W. zum
Kyzyl Irmal; es war früher ein gefährliches Raubneſt. Mit
der Annäherung zum Halys verändert fi der Boden; unter ver
Saxpfteindede treten Nummulitenkaltfteine hervor, und bald bie
wannichfaltigſten plutonifchen Gefteine in wilder Emporftarrung, wie
Domite, Trappe, Trachyte, Porphyhre in dunklen, ſchwarzen
büßern Farben, und verkünden die Feuerbildungen, bie hier dem
Strom den Durchgang gebahnt hatten, ehe er aus dem Binnenſee
feiner weiten Hochebene zum Meere abſtrömen konnte. Die durch
Gener gebilveten Trappgänge fegen in ver Richtung von D.N.D.
nach BSD. bis 4 Fuß hoch quer über ven Weg. Die zu beiven
Seiten nod mächtig anliegenden. Mergelſchichten haben fie auf ihrem
Rüden bei ver Emporhebung mit umgeſchmolzen. Diefe plutoniſchen
Gefteine haben ven Seitenufern des Halys hier ihre feften Grenz ⸗
wände geſtedt, auf dem Weftufer ftiegen fie fteiler empor, weshalb
ber rothe Strom ferne ſchlammigen Waſſer mehr auf die Oftfeite
herüberwälgt. Nur wenige Weinberge verjchönern feine Ufer, an "
denen er veißenb vorüberſchießtt; einige Trauben waren ſchon reif.
Hier möchte wol auf der Königsſtraße, die Ariftagoras von Milet
anf feiner erften Karte vem König Kleomenes zu Sparta zeigen wollte,
ber Uebergang aus Lydien und Phrygien über ven Halys
40 ſuchen fein, von dem er fagte: an biefem Halys ift ein Thor,
ba man nothwendig hindurch muß, wenn man über ven Fluß nach
Cappadocien gehen will, und ba ift eine ftarfe Grenzwache (Herod.
V. 52). Cine halbe Stunde das Halysthal aufwärts gegen S. W.
witend, erreichte man bie Holzbrüde, vie hier über den Strom
führt; es ſind nur einige Planfen auf Baumpfoften gelegt; bie
846 Llein-fien. un
Löcher der Brüde find mit Riefelfteinen ausgelegt, aber biefer ſchwan ⸗
leude Steg ohne Geländer ift nur 8 Fuß breit und 30 Fuß hech
über dem BWaflerfpiegel. Us Tournefort auf demſelben Lege
hier ankam 2), ſcheint noch kein Bräddenübergang vorhanden geweſen
zu jein; er fagt, daß er den Strom durchſeben mußte (a gus), m
verglich feine Breite wit der der Seine in Paris. Auch Busbel
ſpricht hier noch von feiner Brüce über ven Halys. Ienfeits ber
auliegenden Steinfläche liegen die Erdhäuſer der Stadt Kaledſchil
(von Kale mit Diminutivform, das Heine Caſtell; alſo feines
wegsꝰꝰ) ein Taidrwv zeigog nach Teriers Gypothefe)*). Dar
hinter erhebt fih ein rother hoher Trachytlegel mit einer Schloß
ruine; umher zieht fid ein Amphitheater ganz nadter Berge. Der
Fluß fol hier, nah Wrontfheuto), eine Breite von 120 bis
150 Schritt haben, vie aber ſehr oft wechſelt und bei Osmankfdigt
auf 70 Schritt fi verengen fol. Angora liegt 12 Stunden fen
von ſtaledſchil. In Kaledſchik fand Hamilton bei Armenien
eine "gute Aufnahme; fie haben im Thale vie ſchönſten grüne
Gärten angelegt, wo fie biefelden nur durch Quellen oder andre
Irrigationen das ganze Jahr hindurch befruchten Tönmen; wo bieß
wicht möglich ift, bleibt die Vegetation ſehr kärglich. Wo zur wäh
rend dem Frühling Irrigation möglich ifl, wie auf den Höhen, lauu
nur etwa Korn gebaut werden; wo aber bie Grühlingsbewäflerung
fehlt, bleibt alles nadt und wäfte, kaum fpärliches Sutter für des
Bieh. Wenn die Vewäflerung einmal ausbleibt, fehen auch bie
Gärten wie verdorrt und verbrannt aus. Auf gleiche Weiſe wirft
die Dige und das. Clima burdy den größten Theil von Anapoli
Nachdem dieſe Strede von Süngurlü bis Kaledſchik von 18
Wegſtunden in 2 Tagemärſchen zurädgelegt war, wurde auch die
Weſtſeite des Stroms gegen Angora hin bis zur Waſſerſcheidelette
reichen Halys und Sangarius in gleicher Breite durchſchritten.
31. Auguſt. Kaledſchik hat 500 bis 600 Häufer, weiß in
Ruinen zerfallen, doc von Türken umd Armeniern bewohnt. Bor
ein paar Jahrzehuden hatte ein Räuberhauptmann mit feiner Rotte
bie Stadt überfallen, einige Wochen ſich in ihr einguartiert und fie
dann gang ausgeplünvert; feit dieſer Zeit konnten fid) die Einwohner
nicht wieber von ihrem Unfall erholen. Das Gaftell iR von türkifcer
+32) Tournefort, Relat. etc. 1. c. II; p. 176. ») Kieperts Roka u
Hamiltons beutfä, berf. II. 8.376 u. 513. >) Ch.
Description de l’Asie Minenre. Paris io. Yahl p. 190.
I. Bronitgenio a. a. D. Th. Il. ©.
Waſſerſcheide zwiſchen Halys und Angorafluß. 247
Beuart, einige griechtſche Infcriptionen waren darin · eingemanert,
euch Saãulenreſte aus wohrſcheinlich chriſtlichen Gräbern ver erflen
dahchumderte dabei benutzt; armeniſche Grabſtätten liegen re
umber; auch ein römifcher Meilenftein; das Ganze zeigt wol, daßz
hier einft eine Römerftant gelegen war, die · uns aber unbelannt
geblieben.
31. Auguſt. Der Weg von Kaledſchik wurde gegen N.W.,
eied abfeit vom birecten Wege nach Angora, weiter über ben
3 Stanben entfernten Drt Altſche Taſch genommen, weil hier
alte Ruinen fein follten, die man zu unterfuhen wünſchte. An
einem Kleinen linken Zuflügcen zum Halys, ver vom nahen weit-
lichen Gebirge gegen S.D. an Kaledſchit vorbeifliekt, ftieg man nad)
2 Stunden Wegs bie zur ‚Höhe des Bergpaffes auf, und dam
af ſteilem Hinabwege zu einer fruchtbaren Ebene an einem gegen
RD, aber damals troden liegenden Flüßchen liegend. Eine ſtarke
Stunde fern, auf der andern Seite ver Ebene, wurde am Südab-
hange eines Kaltſteinberges das Dorf Aktſche Taſch erreicht, über
dem ſich eine alte Aeropolis erhebt. An vielen Stellen waren
alte Marmore, Sculptuven und griechiſche Infchriften im die Wände
ber Haͤuſer mit eingemanert; man fah das Relief eines rdmiſchen
Senators und andre Figuren-in der Toga; an einem großen Ges
Bände war eine Standarte mit dem kaiſerlichen Adler, bie ein Mann
führte, und vergleichen mehr. Auch die Acropole zeigte viele Reſte
früherer Zeiten, fo daß hier offenbar bie Lage einer römiſchen Stabt
du ſuchen wer. Aus einer Inſcription (101 b. Hamilton) zog
Hamilton den Schluß, daß fie Come geheißen habe, da Blinins
in biefer Gegend Galatiens) ein Bolt dieſes Namens nennen follte,
daB aber ganz unbekannt geblieben.. "Indeß hat Kie pert gezeigt?”),
daß bie Imfchrift nichts anders ale ein’ Dorf (xeörın) bezeichnet,
deſſen Name Kloſſame oder Kloffamos war, und Kome alſo
hier nicht als Eigenname verftanden werden kann.
Ben dieſem Orte wurden am nächſten Tage den 1. Septbr.
über dab Dorf Eleidſchik mehrere Bergletten und Thäler Aber-
Regen, im melden die Waſſerſcheide zwiſchen Halys umd dem
Blaf von Angora liegt, der zum Sangarius gehört. Im einem
dieſer Thäler, ver Tſchibut Owa, die nur noch einen Heinen
=) 3. A, Cremer, Asie Minor. Il. p. 103. Hamilton, Deutſche
Ueberf. vom Shomburgl. Th 1. &. 382 mad Riepest Not. 6.513.
ss - Klein-Aften. 6.7.
Tagemarſch von der Stadt Angora entfernt liegt, ſoll die große
Schlacht zwiſchen TZimur und Sultan Bajezid (im I. 1402)
geliefert worden fein, welche ven letztern belanntlich zum Gefangenen
des fiegreichen Wütherichs und Eroberer machte (f. unten).
Erläuterung 2.
Das inte Uferland des Halys von Kaledſchik nordwarts über
Kjankari (Gangra) und Iskilib bis Osmandſchyk, nach
Aineworih (1887)
Am linlen ober weſtlichen Ufergebiete des Kyzyl Irmak zieht
ein ſehr einförmiges und nur wenige Tagereiſen von O. nach W.
breites Hochland von mäßiger Erhebung, nordwärts der Brüde
bei dem Eaftell von Kaledſchik, gegen N.O. hin bis in bie
Nähe von Osmandſchyk, das nur vom wenigen einzelnen Hoch-
tetten durchzogen ift. Es gehört zu den unbefuchteften, aber auch
unbebauteften Gegenben des weſtlichen Lleinaſiens umb zeichnet ſich
nur durch fehr fparfam ertheilte Culturſtellen in ben kurzen Quer»
thälern aus, die von der Waſſerſcheidekette zwifhen Halys
und den Sangarius im Welt ihm in feinem mittlern Laufe alle
von Weft gegen Oft zufliegen. Nur wenige beveutenbere Orte, wie
das ſchon genannte Aktſche Taſch (Weißenftein) am Kaledſchil-
Zufluß, wie Kjankari (Tſchangri), Bejad, Iskilib an ven
gleichnamigen Baͤchen, ziehen hier eine befonbre Aufmerkſamleit auf
ſich. Doc ift diefelbe Gegend eben durch ihre Armuth, mie ihre
Schwerzugänglichkeit und Abgefchloffenheit von den übrigen
benachbarten Gegenden des innern Kleinaſieus beachtenswerth, wes ·
halb fie in den älteften Zeiten ſchon unter ven Nachfolgern
Aleranders ben abgeſetzten und flüchtigen paphlagoni ſchen
Königen in ven von ihnen, hier errichteten Felscaſtellen zu einigen
Alylen dienen fonnten, aus benen fie weniger leicht zu "vertreiben
waren, wie auch andre verbrängte Meine Dynaſtien fich eben hier
in den fpätern Jahrhunderten feitfegen Tonnten. Und aus gleichem
Grunde ver Abgefhloffenheit und fhweren Zugänglichkeit.
wurde dieſe Gegend faft von feinem europäifchen Reiſenden befucht,
die fid lieber nach andern Richtungen auf ben bequemen und ſichern
großen Heerftraßen umb zu ven monumentenreichen Landescapitalen
fortbewegten, bie hier fehlten, md noch dazu in ein von vielen Tur⸗
lomanen, Kurven und Räuberhorhem biß heute gefahrvolles
eint. Uferland d. Halys v. Kaledſchik n. Osmandſchyk. 349
Bellergebiet, ohne zu bedeutenden antiquariſchen Entdedungen geführt
haben würden.
W. Ainsworth mit feinen Begleitern Ruſſel und Raffam
find die exften Entdeder dieſes Uferſtrichs, den fie zugleich kartogra
phiſch durch ihre aſttonomiſchen Ortsbeobachtungen für bie forte-
fhreitende Wiſſenſchaft niederlegen konnten. Wir folgen daher hier
jaſt ausſchließlich nur ihrem Berichte, wenn ſchon in entgegengefeßter
Ordnung, da fle von N.O. von Osmandſchyk gegen S. W.nach
Angora gingen, wir aber biefen Weg nad ihrem Routier auf
diefer ganzen Strede auch genau kartographiſch verfolgen und bann -
ige Refultate auch von SW. nad N.D. leicht firomabwärts
8 vergegenwärtigen fönnen,
Ainsworths Wegronte don Osmandſchyk den Has
lysſtrom aufwärts gegen Süd über Iskilib, Tſchangri
und die Salzgrube nach Kaledſchik bei der Holzbrücke
äber den Halys (vom 17. Nov. bis 7. Dec. 1838).
Am 17. Nov.) Die Stadt Osmandfhyf wurde ver⸗
laſſen, in der Abſicht, am rechten Ufer des Kyzyl Irmak den noch
umbetannten Lauf dieſes Stromes aufwärts genau zu verfolgen;
man ritt deshalb an 4 Stunden weit an ber Oftfeite feines Ufers
durch Wälder und Bergmegen entlang, wurde aber dann durch bie
felfigen Ufer, durch die ver Halys feine Bahn gebrochen, und umter
denen Fein Pfad mehr am Strome für ben Reiter übrig bleibt,
genöthigt, diefe Richtung aufzugeben und gegen Oft landein in Um-
wegen abzuweichen. Man. mußte hier den kleinen rechten Zufluß,
ven Kartſchak Tfhai, der vom Kartſchak Dagh (im Welt
der Waſſerſcheide bei Merfiwan, f. oben ©. 179) herabfommt und +
zum Halys fällt, durchſchreiten, unb dann in einiger öftlicher Ferne
vom Halys in das Thal eines zweiten öftlihen Zuflilßchens,
des Hammam Gjdzit (Warmbads- Auge), das auch von ber
Süpfeite des Kartſchal Dagh und dem daran ſtoßenden Kyrk«
Delim Dagh herabtommt, eintreten, in weldem ein paar Tur⸗
Iomanenbörfer liegen, in beren einem, Mudſchtelü, man vie Nacht
zubrachte. Es iſt dies eine warme Quelle mit &inem Bade,
das in früher Zeit mol eben fo viel befucht fein mag, als das auf
der andern Oftfeite deſſelben Gebirgs liegende heiße Bad Kamfa
bei Merfiwan (f. ob. S. 186, Phazemon), Auch hier, wie dort,
8) W. Aimswortb, Trav. and Research. Vol. I. p. 98—118; def. Notes
1. c. in London Geogr. Journ, 1839. Vol.-IX. p. 263-273.
[) ee "77 5.1.
liogen viele Bauten aus btgantinifchen Zeiten zerſtreut. aber in Ver
fall umher, aber auch ältere Fragmente wie Marmore, behamme
Quadern, Säulen u. f. w. Neben ber Babequelle ſah man einen
- Grabftein mit Muſchelſchaale, Pilgerfiab und Kreuz, wie fie mod
heute in ber griechiſchen Kirche im Gebrauch geblieben, als Orna⸗
ment ausgehauen, und nahe dabei liegt das griechiſche Dorf Rum
tidi (wi. Römerborf).
18. Nov. Am Morgen wurbe gegen Süd ein enger Felspaß
zwiſchen ſenkrechten Klippen in dem Kyrk Delim. Dagh, der bir
die Waſſerſcheidekette zwiſchen Iris und Halys gegen Sad
fortfegt, durchſchritten, in deſſen Seitenwänden man einige Heine Feld
fammern wahrnahm, indeß man beim weitern Fortichreiten zu jenem
wahrhaft colofjalen Felsgrab kam, das ans dem felfigen Rüden
des Waſſerſcheidezuges gehauen war, und als das Itefion- Deulmal
ſchon oben bei Tſchorum näher bezeichnet wurde (f. ob. ©. 180);
dem es liegt, wie auch Tſchorum, ſchon im Gebiete des Iris,
daher es, wohin Yinsworth-fortfcritt, aud ſchon oben be
ſchrieben ift.
Bon Tſchorum wurde aber fogleich- am folgenven Tage wefl-
wärts bie anliegenbe ſüdlich fortjegende Waſſerſcheide xviſchen
Iris und Halys im Köſſeh Dagh (v. i. Edberg) wieder unter
40° 33 N. Br. überſtiegen, wo man beim weſtlichen ſteilern Hinab⸗
wege zum Halys eine weit ſteilere Bergwand fand, und am ihrem
Fuße ein Wachthaus mit Befagung gegen bie hier häufigen Raub⸗
horden der Kurden. Die meite, mehr wellige, grafige Ebene, vie
fih vom Fuß dieſes Abſtiegs gegen Weit bis zum nahen Halys
außbreitet, wurde von Turlomanenlagern bevöltert, bie in der. Som⸗
merzeit mit ihren Heerden die Zailas auf den nahen Bergen beie-
hen. Am Halys traf man feine Brüde, ſondern nur eine elende
Fähre aus Häuten gemacht und fo Hein, daß nur zwei Menſchen
zugleich mit ihrem Gepäd Hinüber geführt werben konnten, ein Zei
hen des geringen Verkehrs zwiſchen beiden üben Uferfeiten biefes
Stroms, den Feine Ortſchaften, leine Schiffahrt, kein Verlehr, kein
Handel beleben. Mit den Sätteln, die man mitnahm, ließ man
ſich vom Fährmann hinüberrudern, die Pferde mußten an Seile
gebunden Hinten nachſchwimmen. So blieb bennod; bei vergeblicher
Bemühung die ganze Strede des Halysflußlaufes von hier bis Os⸗
mandſchyk unbelannt. Auf dem linken Ufer des Halys angelangt,
hatte man auf gupsreihem Boden ein paar Stunden Ebene uub
Sumpfftvede zu durchreiten, die nur mit Graſungen und ein paar
gnkes Uferland des Halyo; Iskilib, Blucium. BR _
Unkellaten und Gompofiten bebest waren, bis man am ber aiſtea
anfeigenben Anhöhe in einer Heinen Thalſchlucht zwiſchen Wein⸗
bergen aufwaäͤrts erſt weiterhin um eimen hervorragenden Eaftell-
berg, am beffen Fuß umher, die Stebt Iskilib (Eskilib) über-
raſchend hervortreten fah. Hier waren bie Gypslager von pal-
eanjſchem Geftein überall durchbrochen und mit Zuffen und
Conglomeraten bededt. Durch viele Gärten windet ſich ber
- Beg zu ber Stabt, die mit ihren vielen Minarets malerif ven
Laſtellberg hinauf frh zieht”). Ms erſte Europäer, vie hier ge
ſchen wurden, war der Einpfang des Gouvernenrs voll Mißtrauen,
da man dem firmen des Sultans, ben bie Reifenben vorzeigten,
wiht traute, und nicht begreifen Konnte, was bie Fremden zu ihnen
führe. Im den Karawanſerais der Stabt waren nur wenige Rajahs
abgetreten; Fein Ehrift bunfte mil Weib und Mid im ber Stabt
Wohnen und nach einem befonberu Gefeg nicht über 9 Monat in
der Stabt verweilen, feiner darin anfäffig fein. So abgefcloffen
wor biefer von Ainsworth meu entdedte Ort, der früher gänzlich
umbelannt geblieben, auch ſelbſt vom feinen eignen Umgebungen ab»
gehhlofien und jeben modernen Fortſchritt unzugänglich gemes
fen war.
Gtüclicher Weife gelang es, durch ärztliche Hülfe einem alten
ſaſt erblinbeten Türen fo viel Beiftanb zu leiften, daß fein ſchnell
berminberteß Uebel die Sinnesart des Bolles gegen die Fremdliuge
wilberte ober ihnen, was der Sirman kaum gekonnt, das Verweilen
web bem ruhigen Aufenthalt im Orte gefiattete, wo nur Türken in
1500 meift zweiftöcigen Häufern wohnen, die viele Moſcheen, Mir
meret® und gute Khene Babe. In den Gärten, welde ven Fuh
des Gaftellbergs umgeben, fah man mehrere hübſch angelegte Grab-
Rätten, zumal zwei mit Pfeifen in gufen Propsrtiomen und Orne-
wexten, bie aber jehr zerflört waren, deren Basreliefs mit Engel-
alten, vie Gaben in Schaalen und Zweigen barbringend, zeigten,
dab fie chriſt l iche Gräber der Byzantiner geweſen. Der Gouverneur
der Stabt gab bie Zahl ver Häuſer auf 1500, der Einwohner auf
%00 an. Auch das hohe Eafteil, auf dem fteilen Felſen gelegen,
mit 30 Hänfern in feiner immern Ummauerung lag in Trümmern.
Beun es zur Römerzeit das Eafell Biucium des Strabo wer,
wie Ainsworth mit einiger Wahrfcheinlichfeit vermutete, fo war ,
#9)'f, bed Ainswortk Rp 108 die Biguetde: Reſicht von Jalıkbı; veffen
Notes 1. c. IX. p. 264.
3523 Klein⸗Aſien. 8. 7.
es zu Cicero's Zeit eine Reſidenz des lehten Lenigs ber Bar
phlagonier Dejotarus, Kaſtors Sohn, dem auch (nad) Strabo
XII. 562) des Morzeos Königefig, Gangra (Tſchangri), gehörte,
und ver durch feine Feinde in Rom verffagt war, feinem Gaſifreunde
Julius Cäfar nach den Leben getrachtet zu haben; weshalb Cicero
feine Bertheivigung übernahm (Cicero Orat. pro Dejotaro c. 6 und
ad-Famil. 11.12). Doc nennt Cicero ven Ort nicht Blucium,
fondern zweimal Lucejum *0), was bei ben Barianten ber
Handſchrift and wahrſcheinlicher ver richtigere Name fein mag.
Alles Land um die Stabt ſchien plutonifchen Urfprungs zu fein, ,
um ben weißen Kaltfteinfels des Caſtells ftarrten aber viele ſchwarze
Bits empor, und bie verwitterten Streden dieſes Bodens waren
daher, wie gewöhnlich bei ähnlicher Vefchaffenheit, von ansgezeid-
neter Fruchtbarkeit. Nach Winsworth liegt Ielilib 2187 8. v.
üb. d. M.; zur aftronomifchen Ortsbeſtimmung war ber Himmel
zu bewollt. oo
22. Nov. Nach beenvigten aftronomifchen Gejchäften wurde
ver Weg gegen S. W. aus vulcanifhem Geftein über ein kaltes,
gypsreiches Hochland fortgefegt, um nach 3 Tagemaärſchen Tfhangri
und feine Salzber gwerke zu erreichen. Zur Linken, ober nach
Dften zu fiel der Bli von Zeit zu Zeit im das tiefer liegende Thal
des Halys; zur rechten aber, gegen Weſt, ftiegen vie ſüdlichen Foxt-
fegungen ber Orenztette des Kuſch Dagh (Bogelberges) eunper,
deren innere Bergzüge mit Fichtenwaldımgen bevedt fchienen. Noch
Durchſchreitung verſchiedener Thaͤler und Höhen wurde nad) 7 Stan.
ven Weges das Thal Bejad mit 4 Dörfern erreicht, im deren
einem, zu Nahaden, man bei einem’ Mollah, ver fehr Liberale Ges
finmngen als. Moslem hegte, eine gaftliche Nachtherberge fand.
Dicht Über dem Dorfe zeigte fid ein roh über einander gemorfener
Haufen von großen Steinblöden, wie ſie Ainsworth num noch
am einem andern Orte in Galatien, zu Iſchik (mörblich von
Angora), bemerkt hatte, und welche er ven celtifhen Cairns im
feiner Heimath fo gleichartig farb, daß er fie au für Monumente
ver alten Galatier (Kelten) glaubte anfprehen zu lönnen. Nabe
dabei war eine Quelle, einft von Ehriften zur Zaufe benugt, mit
einer Belsfculptur aus Pechſteinporphyr gehauen, ver vie
- °°°) Strabonis Geographica ed. G. Kramer. Vol. H. p. 565 Not,; f. @roß-
furd in Gtrabos Ueberf. TH. II. ©. 512, Not. 2.
Rides uferland des Halys; Salz von Gangra. 358
dortigen Bergzüge bildet; über ben Bad} des Ortes führte eine ſchr
antife Brüde. "
23. Nov. Ueber ähnliche meift mubebaute, lalte, wellige Hoch⸗
bene, mit einzelnen gegen Oſt abfinfenden Thälden, in denen nur
ſparſam Dörfer von Turfomanen liegen, die jegt in ihren Winter
ſtatisnen rafteten, während fie im Sommer ihre höher gelegene
Yailas durchziehen, kam man an dem Boften eines einſamen Wacht⸗
haufes, dem hier die Sicherheit der Straße gegen Räuber anvertrant
war, vorüber, denn die ganze Gegend wurde von Kurden beums
ruhigt. Das Wachthaus diente zugleich als Kaffeeſchenle den
Borübergehenven. Am Abend wurde das ärmlihe Dorf Oladfchyk
erreicht, das durch Schmutz und Umgeziefer faft feine Stätte zur
wächtfichen Nuhe darbieten konnte. Der Weg hatte über abwech ſelnde
Gy p8- und Sanpfteinlager geführt, bie beive öde blieben, ur
Bei Oladſchyk war der Boden etwas fruchtbar geworben.
24. Nov. Ueber höchft einförmige dde Hochebene ohne Aubau,
ohne Baum oder Strauch, ohme hervorragende Stellen aller Art,
zog man weiter gegen S. W. fort; wo etwa ein Steinblock Iag, ſagt
Ainswortb, da hatte ihn auch eim hungriger Geier zu feinem
Späherfig nach Beute in ver Einöve ermählt. So wurde nad) ein
paar Stunten Wegs eine Duelle erreiht, von wo man mit bem
Treibern die Padthiere in die gegen N.W. nahe liegende Stadt
Zihangri (Kjankari) vorausihidte, felbft aber gegen Sild über
elternirende Sandftein- ımd Gypoeſchichten zum Dorf Beli Bagk
in eine Senkung hinabftieg, im welcher die Salzminen liegen
fellten, von denen noch im Mittelalter 4) das Salz von Gaugra
(ütes Teyyerraı) feinen Beinamen führte. Wie frähzeitig fie zum
Ausbau eröffnet worden, iſt nicht befammt. Nach einigem Suchen
wigte ſich ein ſchmaler Eingang in ein Seitenthal, aus melden ein-
wit Salz befafteies Maulthier ven Wauderern entgegenfam. Bald
ward der Eingang zu einem fehe weiten Naume, und in einer bume
Teln Borhalle ſah man die Lichter breinen, bei benen bie Berg-
werlslente mit ihren Kammern die ſoliden Steinfahgbänte loszuhauen
fasten. Ein eigentlicer Bergbaubetrieb war hier nicht, ſondern
Hodermann, der Salz haben wollte, kam hierher mit feinen Arbeitern
amd zählte dem Auſſeher der Mine eine Abgabe, um ſich fo viel
Steinſalz zu holen, als ihm genügte und er forttcandportisen konnte,
Für jeve Ladung eines Maulthiers von circa 250 Pfund galt die
1) Du Cange, Glossar. ‚II. 1327.
Bitter Grofunde xviu. 3
354 Klein-üfien, 7.
gabe 17% Viaſte (bemalt 5, jeht 3%, Sgr.), Mar erfuhr hiæ
nichts über einen frühern Ausbau der Mine, die auch Strabo
nicht einmal als zu feiner. Zeit ſchon vorhanden angebeutet hatte.
Die abfolute Höhe viefer Steinfalggrubest) Tiegt ua ,.
Ainsworth 462 3. Par. üb. d. M. Die Schichten find gegen
Nord geneigt, der Eingaug zur Mine ift von Süd her, wo Rau
tiere einen leichten Zugang haben. Diefer Eingang ift 7 bis 8
Saxitt kreit und 4 bis 6 Ellen hoch; die ganze Länge bes Stollent
iR 400 Sehritt, wie Richtung fehr gekrümmt. Dies Cal, das
eben fo wie das im Perfien in gehen Lagern gefunhen wirb, if
beſonders rein und mehr oder weniger durchſcheinend. Dies ift bie
größte Salymine unter allen benachbarten am Halys. Auch
ans einem Salzjee bei Kjankari wird es im Sommer gewmumen,
wenn dieſer evaporirt. Bei einer äußern Lufttemperatur von 12°
78° Reaum. war die Wärme im Innern der Mine an ihrem
Boden über 32° 78° Reaum., daher die Leute faft nackt barin in
Arbeit fanden. Der galatifhe Gyps gleicht dem von Parit,
mehr, noch dem von Meſopotamien und Arabien; er gehört mol zu
der obern Kreideformation. Diefe falzführenden rothen Sande
Reinbünfe, die unter dem Gyps liegen und bie große Maſſe des
Kianfariberg6 auf ver Wetfeite des. Halys hilden, find and hier
wie bei Islilib von Tradptmaffen und vulcaniſchen Bile
dungen durchbrochen; daſſelbe rothe Sandfteingebilde durchzicht
auch die große Strede im bergigen Galatien, wie fie Hamilton
zwiſchen Iyagat und Alferai bis zum großen Salzfee beobachtet,
und wie fie auch zwiſchen Kaiſerieh bis Angora ausgebreitet
von Kyzyl Irmal durchſtrömt wird. Derſelbe Sandſtein, ſo reich
an Salzlagern, hat feine oder faſt feine Muſchelinkruſtate, aber je
viele Wechſel mit den Gypsſchichten, daß beide uuftreitig nur einer
nud zwar tertiären For mation angehören, eben fo wie die ven
Mefopstamien und Arabien und einem Theil ven Perfien und Sy
rien. Im welchem Berkältnig fie zu dem Vorkommen ähmlider
Formation im ſildöſtlichen Galatien Reken, läßt ſich noch nicht ber
urtheifen. Bon ven Steinfalggruben ftieg man alsbald wieder zur
* Even Hodjebene hinauf, auf welcher, aber ganz benachbart, um ein
hechaufſteigendes Borgebirge mit Felscaftell, die Stabt Tſchangri
‚ rat murbe
\
2) Ainsworth, Notes 1. c. in Lond. Geogr. Joura. EX. p.267 +28.
Linkes Uferland des Halys; Tſchangri. "855
Kjankari, vulgär ausgefprodien Tſchan gri, Gangraver@i
ten. Die ganze zurüdgelegte- Hochebene von Iskilib an Liegt überall
mehr als 2000 Fuß üb. d. M., Yalilib 2615 8. (2157 9. P. n.
Ainsw.), die Gegend bei Bayad nod) 2458, Oladſchyt 2791 F.,
er Berg der Salzmine 2831 %. (2462 F. n. Ainsw.) und die Stabt
Tihangri noh 27545. P. (2183 F. n. Ainsw.) üb. d. M. nad
v. Tſchichatſcheffs und Ainsworths Meffunger. Das Clima ift
daher zur Winterzeit ziemlich rauh, der Boden zeigt Teine üppige
Vegetation, aber in ven geſchützten Thäfern gebeihen doch gute
Gärten. Am Flüßchen, das im höhern Gebirge Kuſch Dagh in
RD. von Tſchangri bei Japrakly entfpringt, und erft gegen S. W.
am dem Caftell von Tſchangri vorberfließt, daun ſich aber gegen
Saud an ber Weftfeite der Steinfalzgrube vorüber zum Halys wendet,
iſt die Stabt mit ihren vielen Gärten in verfchierenen feiner Sei⸗
tentgäfer angebaut; nur eine ſchlechte Brüde führt über ihn “hin.
Die Stadt, in enge Straßen zufammengebrängt, nimmt doch einen
großen Raum ein; die Straßen führen, Haus über Haus fteil
bergan gebaut, biß zu dem hohen Caſtell über ihnen, das wie ein
Borgebirge aus Breccien ſich erhebt. Ein ben fehr unwillklommenen
Franten vom Gouverneur auf der größten Höhe angewieſenes ver-
fhlofienes Onartier wurde von ten fanatifhen Bewohnern ven
Gäften nicht einmal geöffnet, und fie mußten froh fein, in dem in
der Nähe leer ftehenden Häuschen eines Schneiders, der eben verreift
wor, ein Obdach zu finven, mo fie aber um fo ungeftörter eine
Reit fang verweilen und ihren afteonomifchen Obfervationen ſich
wibmen konnten, da eine dazu bequeme Terraſſe vor ver niebern
Hütte zu ihrer Dispofition ftand.
Die Stadt follte 3000 Häufer und 18,000 Einwohner haben,
davon 30 griechiſche Familien im Chriftenguartier, mit einer
Kirche St. Obadia geweiht, und 16 armenifche Familien, die
Feine Kirche hatten. Die Türken hatten dagegen 8 Dſchamis oder
Moſcheen mit Minarets, mehrere Capellen, 6 Khane, 4 öffentliche
Vader und einen ziemlid; beventenven Handel mit Salz, Wolle
mb Gelbbeeren (Rhamnas tinctorius), bie fie erportiren. Die
bertigen Chriften bringen europäiſche Waaren zum Bazar. Diefe«
legten zeigten ſich fehr freundlich gegen bie Franken, waren aber
Waft unwiſſend über ihre eignen Angelegenheiten, hatten gar feine
hiſteriſchen Erinnerungen und wußten nicht einmal den Unterſchied
ihrer Kirche von ber armenifchen anzugeben. Als aber in einem
Haufe dortiger Derwiſche ein Monument, Mesdſchid Taſch (ver
i 32
856 Keinen . . 7.
geweihte Stein), beſucht wurde, das Gegenſtand vieler Benall-
fahrtung der Mufelmänner iſt, und bie unwiſſenden Derwiſche ihren
Heiligen daſelbſt zu rühmen begannen und bie Inſchrift auf dem
Stein ihrem Khalifen Harun al Raſchid zufcreiben wollten,
flüfterte der begleitende Grieche doch Ainsworth ins Ohr, daß
dies Fügen feien; und wirklich ſagte die Infhrift ganz etwas andres
aus, daß der Etein unter ter Ejubiten Herrſchaft und zur Zeit
Iohannes Lascaris Furz vor tem Sturze rer Khalifats durch
die Mongolen in Bagdad fein Entſtehen erhalten hatte. -Die mehr
fen türfifdien Bewohner ter Statt find von turfomanifcher Her
kunft, die überhaupt ven Neuerungen don Stambul aus mel weniger
gugängig geworden find als die morernen Türten; vie Reformen
find ihnen verhaßt, fie fehen darin ven Verfall ves Regiments und
find daher leicht zu Witeripenftigfeit und Rebellion gegen vie Hope
Pforte geneigt, tie an ihrer altgläubigen Hartnädigfeit die größte
Oppoſition für alle Neuerungen im Innern tes Yantes finden bürfte.
Auch Gangra war nad Strabo (XII. 562) eine Königs-
ſtadt und FeitungS®) des Dejotarus, während er auch zu Blur
eium reſidirte (j. oben ©. 351) und zu Peium (IIntor) feine
Schäge vermahrte. Bon dieſen drei feſten Schlöffern it Tſchaugri
als identiſch mit Gangra durch mehrere hiſtoriſche Belege ber
fimmt, die beiden andern find aber im ihrer nörbfichen und fü
. lichen Rage nur wahrſcheinliche Vermuthung, und Peium für vas
Caftell zu Kaladſchyk von Ainsworth im ähnlicher Lage, im
alten Galatier Lande, nur angeſprochen. Alle drei Städte konnten
durch ihre am ſich feſte, wie nad) außen durch den großen Strom in
Oſt und bie wilde Gebirgswand in Weit geſicherte Lage wol eine Zeit
lang, unter ihren Fürften, in ten legten Reften ver von ihren Kbnigreichen
ihnen übrig gebliebenen Provinzen, noch einige Zeit hindurch ſich wie
in einem Aſyle gegen ven Andrang ihrer maͤchtigern Feinde behanps
- ten, bis auch dieſe Reſte in bie Allgewalt der Römer famen.
Morezus oder Morzus, ein paphlagonifcer Fürft und
König zu Gangra, aus alter Mithrivatiiher Zeit, kämpfte neh
mit den gallifhen Kriegsſchaaren im I. 191 vor Chr. Geb. gegen
die Römer unter Conful Luc. Manlius am Olympus (f. Livins
XXXVII. 26), Die Stadt Gangra, die Plinius (Hist. N.
VI. 2) Gangre nennt, fol ihre Gründung einer Ziege verdanlen,
die den guten Ort zu ihrer Niederkunft auswählte, den man in der
2) 5, A. Cramer, Asia Minor. Il, p 91.
Linfes Uferland des Halys; Tſchangri. 857
Annbesfprache nach ihr Benannt haben foll (Steph. Byz. s. v. nad
Weranders Wert über Paphlagonien, unftreitig eine etymologiſche
Grille nach Nicoftratus). Das Obft muß bier vorzüglich gediehen
fein, ba felbft ein Athenäus, ber wol darüber urtheilen konnte,
bie Aepfel ver paphlagoniſchen Stabt Gangra den vortrefflicten
Obſtſerten von Aquileja gleichſtellte (Athenaei Deipn. Lib. II. XXIIT.
p-82. ed. Schweigh. I. p.323), bie man nad) Rom zu Markte
brachte. Zu Yuftinians Zeiten (Novellae Justin. XXIX.1) lag
kei Gangra eine Öermanicopolis over Germanopolis, bie
wol zu Ehren des Germanicus erbaut fein mochte, doc iſt es un
belmnt welchen? Auch Ptolemäus nennt fie. Die Münzen diefer
Stadt gehen nicht über Kaifer Mare Aurelius zurück. Auf ihnen
Acht der Name Halys, ein Zeichen, daß fie dieſe Gungra am Ha»
lys bezeichneten. Im dem Eoncile zu Epheſus unterfchrieb ſich ſchon
an Episcopus Bosporius Gangrenus#); im Concil zu Chafcevon
ein Petras Episcopus von Gangra; im 5. Jahrhundert wurde in
Sangra ſelbſt, nad) Sozomenos, eine Provinzialfynode gehalten.
Fu der Eparchie Paphlagonia war Gangra frühzeitig zu einem
Episcopat erhoben. Auf dem 4. chalcedoniſchen Coneil unter Kaiſer
Marcianus wurde der Biihof Timotheus nah Gangra ins Exil
tgeſandt, weil er aber da unter den Mönchen Conventikel hielt, wieder
fertgefhictt®). Unter den Einfällen der Hunnen und Bulgaren in
Galatien und Cappabocien zu Kaiſer Anaftafius Zeit wurde ein
Tempel des Martyr Callinicns in Gangra ein Afyl für
Flähtlinge. Kaifer Conftantin Porphyr.*%) nennt die Stadt fogar
als die erfte Metropolis in Paphlagonien, worauf er erft die zweite
Amafris und dann bie dritte Sora folgen läßt; und Nicetas
&honiata*) nennt fie, mit Caftamon, die berühmtefte Stadt des
Bontus, die in den Ueberfällen ver Perfer öfter als beveutenve fer
Rang den Byzantinern verloren ging, aber auch wieder erobert
werden mußte. Bon ber erften Belagerung, zu ber ihm bie bot
tigen Mönche gerathen hatten, wurde Kaiſer Johannes Eom-
nenus erft im der Winterzeit zurückgeſchredt; aber nachdem
& Caſtamon den Perfern abgenommen hatte, kehrte er auch zur
Belagerung von Gangra zurüd, veflen Bewohner er vorzüglich
*) Wessel. in Hierocl, Synecd. p. 695; veral. M. Lenke, Asia Minor.
1824. p.310 311. *') Georg Cedreni Histor. Comp ed. I. Bek-
keri. T. 1. p. 609. **) Constant. Parphyr de Thematihus ed.
1. Bekkeri: Bonn. 1840. p 30. *7) Nicetas Choniata, Historia ed.
1. Bekkeri. Bonn. 1835. p. 28, 4 u. 29, 3.
358 Klein» Aſien. 5. 7T.
durch große Steinblbcke, die er mit Wurjmaſchinen von ber Höhe
in die Strafen ‚ber Stabt ſchleudern ließ, zur Uebergabe brachte.
Obgleich er nun an 2000 Mann Belagung in biefe Stadt legte,
wurde fie doch bald darauf don ben Perfern wieder eingenommen,
Daffelbe beftätigt Cinnamus®), der die große Noth, welche dort
im Winter bei Mangel an Lebensmitteln und bei ſchlechten Wegen
zum Transport ftattfand, fchilvert, aber im 7. Buche feines Epi⸗
tome fagt, daß unter Kaifer Manuel fowol Gangra wie Aus
chra ihre eignen Fürften Hatten. Dennoch wurde fie öfter ein
Aſyl für Verfolgte zur Byzantiner Zeit). Unter frühere türkiſche
Herrſchaft kam Gangra durch Bajazid“) und muß ein Ort von
Wichtiglkeit geblieben fein; Hadfchi Ehalfa widmet ihm unter
dem Namen Kiantarist) eine umſtändliche Beichreibung, desu
es war bie, Capitale einer eigenen Statthalterfchaft, bie ducch
das Kuſch⸗Gebirge in zwei Theile, ſüdwärts und norbwärts, getheilt
wurbe, bie in Often an Tſchorum, in Süden an Angora, in Weftws
an Boli, in Norven an Caſtamuni grenzte. - Ljaukari lag m
Wieſen auf der Ebene, und ihre Umgebung, fagt Hadſchi Chalfa,
war gut angebaut. Sie hatte 2 Mofcheen, die Soliman« und
Bej-Mofchee, Bazare, Karawauſerais und einen Pallaſt, der in ges
Yinger Ferne auf einem Berg erbaut war und die Stadt beherrſchta. wo
der Statthalter mit feinem Gefolge refivixte Die meiſten Gänfer
der Stabt find aus Holz von Fichten und Wachholder anf
geführt mit Ziegelbächern. Das Caftell, etwas abwärts ber
Stadt von Ungläubigen erbaut, Liegt quf einem ſehr ſteilen
Berge, zu dem kaum Laſtthiere hinauf Fünnen, denn er iR
höher als mehrere Thürme übereinander gefegt; es hat feine Mo—
fcheen, Wohnhäufer und eine fehr große Cifterne mit eiſernem Dedel,
fo daß es niemals an Waſſer Mangel hat. Diefe Ciſterne ſteigt
man auf einer im Fels gehauenen Treppe fo tief hinab, Bis zur
Stadt. Dafelbft fließt ein Bach unter und durch bem Fels fort,
der von dem Fluſſe abgeleitet fein foll (wie in anbern antilen Bur ⸗
gen zu Turkhal, Tolat, Zileh, Amaſia u. a., |. ©. 136,169 u. a. Q).
In dieſe kühle Gifterne gehen die Bewohner des Orts im ber
Hige_ des Sommers zum Vergnügen und zur Sabımg Hinab.
Die Stabt wird von zwei Flüfſen, die fid) unterhalb berfelben
®) Joan. Cianapi Epitome ed, Aug. Meineke. Bonn. 1836. p. 14,8.15,5
u. Lib. VI. p. 291,15. **) Pachymeres IV. 425. °°) v. Sams
mer, Geſch. des ooman. Meiche. L &.248. *') Gihan Numa ed.
M. Norberg. II, p. 445-446. .
ð
Linkes Uferland des Hlys; Tſchangri. 368
wereimen, bewiffert: der eime mit bitterm Waſſer, Adſchi⸗fu
genannt, dad von dem Saltzboden kommt, ber andere mit ſüßem
Waſſer, Schirin⸗ſu, die beide zufammen nad 3 Stunden Lauf
gegen Oſt im ben Kyzyl Irmal abfließen. Auguri liegt drei
Etationen von da gegen Süd, Tſcherkeſch zwei in Weſk und ver
Hafen Siuub ſechs in Norden. Dtter5?), der von biefer Stadt
unter vem Namen Kianguiri fpridt, hat nur bie obige Angabe
Hadſchi Chalfa wieberhoft. Erſt im neuerer Zeit fein Diefe
fo fee aufer dem allgemeinen Verlehr getreten zu jein, bag
Kofamuni zu den wenigen Stäbten in Kleinafien gehbrte,
welche vie Europäer gar keinen Einfluß ausgeübt hatten, bis
wicht einmal, wie faſt alle andern größern Gtäbte, zu Nieder⸗
‚lagen europãiſcher Bar geworden waren, als Ains worth kin
wcchzos ·
Wach Lingen. Aufenthalt, ver zu eftronsmifcher Drtübefine
wang, abex bei ſchlechtem Better und vielem Schmeefalle, verwenbet
war, wucke Tſchaugri am 8. Dexamber von Ainswortih ve
laſſen, und ber Weg weiter gegen ver Güben bio nad ben uns
ſchon befannten MalabfaryE am ber Halyabride fortgefegt. Man
folgte in dem frmpfigen Thale bem Laufe ves Tſchangrifluſſes 2 bis
3 Stunden weit, ber auß ben wärhlihern Bergen von Japrakly
b.i. Blätterort) eraßfegt, imo ir ver Mitte des Septembers all»
jährlich ein großer 8 Tage vauernbes Markt gehalten wird, der aus
mäter Gexme ſcht beſwthtei) iſt amd ſelbft tun den vPaſcha man
Angere bechtt zu werven pflegt. Die greechiſchen Chrißet jagen,
dert fri der Grab bes Propheten Elias auf einem Bengipfel,
Roc ſcheint Tee Toxriſt den Ort befuht zu haben. Er liegt
6 Stunden von Tfangri fen, 1 Stunde don Tuelit uns W
Stunden von Taſija.
Weiter abwärts am Tſchangrifluß Aber das Beg Tazi (bi.
Tirfienholz). Thal hineaus, hei dem Dorfe Aghoran trifft man
ven ſalzigen Fluß, von dem der tünliſcha Geograph ſpricht, una
dame ven Tunai, der auch von dem Japraklyberge herlommen
bel, nur 13 bis 15 Schritt bueit ft uud ſich ia den Halyo ergiehk
Das Gebirgeland w hier voll kurdiſcher Räuber, welche bie Gegend,
‚ymak zur Meigeit, ſche unſicher machen; daher auch hier Wacht
une
Em gu % Volt. p. 346, #3) W. Ainsworth,
a — Den Ko 5 Iond. Ge. fun. Le.
200 al⸗in⸗Afen. &7.
poften bei Tu nai gegen fie errichtet find, und men nicht ſelten den
Stellen der Hinrichtung dieſer rohen Verbrecher begegnet. Der Weg
ging immer auf derſelben Weſtſeite, dem Halyeftcome entlang, auf
ber offuen welligen Hochebene hin, bie, mit Salzboben überbedi,
ganz holzleere, ganz dürre, oft zerborftene und nur wenig bebante mb
beoölferte Stredten darbot. Nur hie und ba tritt eine Veränberung
ein, wo plutenifche Gewalten, vulcauiſche over trachytiſche Trapy -
dämme das Erdreich durchſtießen und Trummer aufwarfen. Go
wurde am 4 December wur noch am einem größern Doerfe
Zihandyr vorüber, mo viele Rameele in einem Thale auf die Weibe
gingen, das hohe felfige Caſtell Kal adſchyk (v. h. Heines Caſtell)
reiht, das Aiusworth für das alte Peium im Laube ber,
Toliftobojer hielt, weiches ald Gazophulacion (Schagfanmer)
dem galatiſchen Könige Dejotarus diente (Strabo XII. 567). Der
hochverdiente gelehrte Kenner des Alterthinms, umfer verehrter Freund
Hafess) in Paris, wor geneigt, dieſe Station für die zweite Etappe
Sarmalius auf ber großen Route von Aucyra nad Tavia
su halten, bie im Itin. Anton. Aug.55) alſo angegeben wirb:
Bon Anchra nach Bolelasgus XXIV Mil.
von da nach Sarmalius XXIV »
Ecobrogis XX
.. Übapera XXIV »
.. Tavia XXV--
Im großen Verfall war dieſe Stabt erſt im Jahr 1832 zur Zeit
des Ueberfalles der Agnptifchen Truppen ımter Ibrahim Paſcha
gerathen. Der damalige türkiſche Gouverneur reizte durch Erprefe
fungen ſchwerer Tagen die Bewohner zur Rebellion, fie verbrammten
feinen Pallaft, erſchlugen ihn und riefen ven fiegend vorſchreitenden
Feldherrn Muhammen Ali's um. Hülfe herbei. Diefer fhidte Ber
fagung von 4000 Mann, die aber bald wieder durch 10,000 Mann
bes Nachfolgers des türkiſchen Regiments verjagt wurden, der um
Harte Rache an ven Rebellen nahm, und bie Stabt durch Eomtrie
bution zu Grunde richtete. Sie hatte bei Ainsworth8°%) Befuch
nur noch 800 Häufer und ein verarmtes Bolt, darunter 60 arme-
niſche Häufer, Die eine gute Kirche Johannes ves Täufer befaßen;
in der Nähe ftand noch die Ruine eines alten Kloſters. Ein öfter
.
.
#4) M. Hase, Rapport de N. Texier e, 1. Basreliefs du Village de Bogaz-
keui de FAsie Mineure, in Journ. d. Sarans 1835. Juin. p. 369.
“) Mn. ed. Wenig. 9.208. **) Ainsmon, Notes Lc IX
p. 211.
Bechtes Uferland des Halys; Delidſche Itmak. 861
Ah wieterholender heftiger Erdbebenſtoß erſchlitterte am 6. December
die Stadt durch feine undulatorifche Bewegung vorherrſchend in der
Hchtang von N.D. gegen S. W., in welcher auch dort bie plutos⸗
niſchen Hebungen ihre Richtung Haben; ex fette alles in Schreifen
am Fuß des Caſtellbergs, der als ein Trachytfels wil empor
Hart. Ein dicker Nebel hatte die ganze Zeit das Hochland fo fehr
Mberbeiit, - daß man den benachbarten Flußlauf des Halys wicht
einmal erblickt hatte; erft am Morgen des 7. December, nad) ven
Sroflößen, die fich alle Tage mit dumpfem Getdfe wieverholt hatten,
war der Himmel wieder Mar geworden und ber Strom Tag deutlich
vor Angen; die Berge gegen Angora Hin, das nur 2 Heine Tages
vweifen fübtwärts entfernt liegt, waren dicht mit Schnee überbedt.
Kaladſchyk liegt, nad Ainsworth, unter 40° 9° N. Br. und
8 85° D.2. v. Gr. Ueber Haffan Oghlan wurde Angora
ereiht, das wir im Sangariusſyſtem erſt näher kennen lernen.
Wir jest kehren wir zur Oftfeite des untern Halysfyftems zuridl,
gu deſſen größtem rechten Zufluß, vem Delidſche Irma, ver aber
zu den unbelannteft gebliebenen Flüſſen der ganzen Halbinfel gehört,
um, fo weit und bie Wege an ihm gebahnt Fin , ihn von feiner
Quelle Bis zur Mündung zu begleiten.
Erläuterung 8.
Das vedte Uferlond des Halys mit dem Stromlaufe feines
Zufluſſes Delidſche Irmak, von beffen Quelle bis zu feiner
Einmündung in den Kyzhl Irmak, dem Strome von
Tſchangri gegenüber. _
Noch ift der Delidſche Irmak von feinem Beobachter feinem
Stromlaufe entlang verfolgt werben, um bie Ipentität ber ver
ſchiedenen, ihm wahrſcheinlich zugehörigen Verzweigungen zu einem
Hunptftamm unter dieſem Namen feftzuftellen; denn nur Quer⸗
zeifen von Sid nach Nord haben ihn am feinen oben Duell»
Rüffen anf einzelnen Stationen durchſchnitten, und fein unterer Lauf
Mur durch ein paar Querwege vom Wet nach Oft an einzelnen
Bunkten geſehen worden. Darnach konnte der ganze Stromlauf erſt
renbinirt und im bie Karte eingetragen werben; im untern Laufe
werſt auf Rieperte großer Karte von Kleinafien i im Sabre 1844,
in welcher aber deſſen mittleret und obeter Lauf wegen völligen
x -
368 Kleinen &7.
Mangels an allen Daten ganz hypothetiſch uwz in punciirten Snien
angedeutet -werben Tomte; baum aber durch v. Tihihatfcheifs
wiederholte Querwege über deſſen obere Zuflüffe, woraus durch bie
von ihm gegebenen Firpunete ein nicht unbedeutender Fortſchritt für
die Kenntnif diefes Nebenfluffes hervorging, per nun in ver Gene
ralkarte von Kleinafien zu Kieperts Neuem Handatlas Nr. 27,
zum erfien Male mit mehr Kritit als irgendwo zuvor eingetragen
werben konnte. Nur auf diefe Flußzeichnung allein kümen wir Bis
jegt zum Verſtaäͤndniß unſrer Angaben zurüdweiſen. Die auf biefer
Karte eingetragene Hndrographie entfpricht zugleih auf eine bücf
wahrſcheinliche Weiſe ber gangen ſchen oben angegeben fyfkeme-
tif vorherrſchenden Parallel-Eonfiructien ber auf em
ander fo ſtufen weis folgenden obem Flußläufe des obern To⸗
kat⸗ſu (Iris), des oberen Tſchykryk⸗ſu, des Konak-fx (ein
Zufluß zum Delidſche Irmal), des obern Delidſche Axmal fahR
und bes obern Kyzyl Irmak, bie insgefammt ihrer unter ſich
parallelen Normalrichtung in ber Steihung der Gebirgäzüge
gegen SD. folgen, bis fie ſich insgefommt in ihren Durchbruchen
gegen N.W. und N. wenden.
. Der Delidſche Irmak ſcheint, fagt v. Lihihatjchegft”,
in feiner ſüdlichſten Duelle nur in geringer Entfernung 10 bis
12 Stunden in N. W. von Kaiferieh, auf ver Norbfeite des Halys,
bei Horan (anf dem Weftabhange des Al Dagh unb bem Noris
abhange des Bozuk Dagh, 3147 Fuß Bar. üb. d. M.) zu ent
fpringen, son wo es feinen gelrünunten Lauf in veſpectiv image
gleichem Abſtande vom Kyzhl Irmal und auch deſſen Bieguugen
ziemlich gemäß wiederholend, eine Entwicklung von etwa 60 Stun
den Weges (nad) Rieperts Karte; nad v. Tſchich. 43 Lienes)
gegen N.B. bis zum Einfluß in bie rechte Uferfeite des Kyhz hi
Irmal gewiunt, immer gegen N.W. am Nerbgehänge des ganzen.
Bozuk und Tſchitſchel Dagh entlang, durch die Mitte der oben
bezeichneien galatifhen. Hochebene (Wozut-Platesu,- j. oben
&.38). Unterhalb bei Tſchereklu Kiöi, wo v. Tſchichat ſcheff
ihn als einen breiten, abex noch durchgehbaren Stuom ilberſetzte, fol
ex nad} deſſen Angabe 2770 Fuß Par. Mesrechöhe haben, dicht Dabei
am Dorfe Osmantjdi aber wieder 3880 Fuß, eine bes vielen
Ungenmuigleiten und Nadläffgkiten, die bas Werk des wu
ſchen Reifenden entfiellen. Mehrere rechte Zufläffe, von denen
®*2) u, Tebihatchel, Asle Minsare, I. 9. 180.29.
Rechtes Uferland den Halys; Delidſche Irmak. 868
un nur bier verſchiedene naurenilich aufgeführt werben, fallen wor
DR der im biefen Hauptſtrom des Delidfche-fu, unter denen bie
füpfichfien die bei Urumbfchtn, und nörblicer der bei Tihandyr
mb Boghazlaja® nen Keifenden überfchrittene. Noch nördlicher
aber ift der Konalfluß eingezeichnet, ber bei Paſchakjöi nahe
as feinem Einfluß zum Hauptarm des Delidſche überſchritten
wurde. Er lomuit viel weiter aus dem Often her als ver Delidſche
unb lagt aus ber Nähe ver oberſten Halysquelle im Norb von Sie
«mas, von Baſchtjöi ſüdweſtwärte, über Muſchalum, Tſchekirdſchi
86 Vaſchakjdi, einen Lauf van 40 Stunden zurüd, che er ſich
mit dem Delidſche vereint, mit dem er han moch eben ſo viele
Gtunden verbunden bis zum Halys zu burdlaufen hat. Bei
vaſchakjdi hatte ver Konal nur 30 Fuß Breite und war noch
unbebentenv. Ein vierter ubrdlicherer Zufluß von Often ift der
Migat Su oder der Kütſchük Delidſche, d. i. ver Heine
Delipfche, der überall mur feicht und durchgehbar, aber ſehr ſalzig
fin ſoll, und uns von befenderm Intereſſe dur vie mertwürbigen
Date und eigenthümlicen Monumente geworden ift, bie erſt jüngft
feinem sbern Quellgebiete entvedt worben find. ft unterhalb
B vieler Bufläffe zum Delibſche Irmak von ber rechten
dem nur ein paar auch von bey Linken Seite zufallen follen,
wir gher noch nice mäher leuuen, geimiunt der Hauptſtrom
it feiner Rordwandeng eine größere — wird undurchgeh ·
und nimmt bie Natur eines wilden Gebirgſtroms an, der ihm
ſrher in feinem Verlauf durch die hohe galatiſche Plateauebene
au fehlen ſcheint.
Obriſt Wrontfchentos®) giebt folgende Daten für ven Lauf
dieſes Delidſche an, wonach die Bolotowſche Karte ihre Zeich-
wang eingerichtet zu haben fpeint. Ein Heiner Fluß, Jerel Uſju,
atipringt om Sudabhange des Al Dagh, der bis Urum Dili
(& Um Diin auf der Bolotowfcen Karte) in fleiler felfiger
Schloht abſtürzt, wo ex nur 15 Schritt Breite und wenig Tiefe
het. Dier nimmt er dm Namen Delidere (b. i. tolles Thal),
jenſt aber den Namen Delidſche Irmal an. Statt biefes
Gen Quellfluſſes hat die Korte drei Quellbäche, ben Eren
Ouʒyou, Oudan Onzyon und noch einen britten nördlichern bei
Aeghaʒlajan zuſammenſtroͤmen laſſen, dem mod; ein vierter, ber
ladiſte, Hinzugefügt if, welchen v. Tſchichatſcheff von Horan
7 Ban: u iransicente u 0. Di TG Ul. & 56-58,
J
Bu. aleuu · Afen. 5.7.
Bommen läßt, der aber von Wrontſchenko nicht angefährt wirb.
Den Ronak- Zufluß läßt Wrontfchento eima 12 Stunden fen
vom Dorfe Kara Maghara entipringen; feine Angabe in S. W.
von Kara Maghara umd veſſen Trachytpffteau (8662 F. B.
Ab. d. M., f. oben S. 61) ift wol ein Drudfehler und mug S. O.
heißen, wo er auch nad; ber Karte, wie Wrontſchenko fagt, zwifchen
der Bereinigung des Iyldyz Dagh im N. umd des Al Dagh
im S. O., alfo auf ver Wafferfcheide zwifchen Delidſche nud dem
Ziceferelfu im Norden feinen Urſprung nimmt, bei ben Dörfem
Baſchkjdi md Mufgalim. Da, wo man ven Konak auf ver
Querſtraße von Raiferich gegen Nord nach Inzgat bei Paſcha⸗
tdi durchſetzen muß, hat er zwar ſchon über 30 Stunden Wegs
durchlaufen, tft aber doch noch ſehr feiht und nur 15 Schritt breit,
amd fällt nahe unterhalb in dem Delidſche Irmal, -
Der nörblichte Zufluß zum Delid ſche, ver, auf dem Sudab⸗
hange des Iyldyz Dagh entipringend, bei Iyzgat als Iyzgat-
Fluß vorüberzieht, iſt ſelbſt nad; Werein von einigen Bächen bei
feinem Einfluß in den Delidſche nur ein Meines Waſſer, das alſo
mit Recht den Namen Kütſchük Delidſche, ver kleine De—
lidſche, führen mag. Der große Delidſche, der überhaupt einen
ziemlich directen Lauf mit wenig Krümmungen von SO. nad ®.
und eine Strede von 250 Werft (etwa 35 geogr. Meilen) bunde
laufen foll, fließt größtentheil® in ber hohen Platenuehene mit fanfe
term Laufe und milden Wbhängen zu beiden Seiten; erft unterhalb
des Einfluffes des Iy zgat, wo er 60 Schritt breit und Arſchin
tief ift, erhält ex eine fhöne große fleinerne Brüde, über
welde die Straße von Angora nad Ryzgat hinäberfährt. Der
Strom ift weiter abwärts nur noch in Furthen bei ſeichtem Waſſer
zu durchfetzen. Sein. Boben ift meiften® fanbig, Fiſche follen
feine in-ihm fein; vie Bevöllerung feiner Ufer ift im ober Laufe
fehr gering, unterhalb ver Brüde fol fie ziemlich ſtark werben; aber
biefer garige untere Lauf bis zur Einmündung ift, bie Stelle mo -
Kinneir und Hamilton ihn durchſchritten haben, ausgenommen,
völlig unbelannt geblieben. Wrontſchenko fagt jedoch, daß er
fich dem Tſchangri⸗Fluß im Often gegenüber, in ben Kyzyl
Irmal ergieße.
Das weitläufige Stromgebiet des Delidſche Irmak iſt fer
nem größern Theile nach noch Terra incognita; auf ber frühen
Karte war es ein leeres Blahfel vol Hypotheſen; nur eine
Gegend ift es, bie in meuefter Zeit die Aufmertſamleit ber Europäer
mehtes Uferlanb des Halye; Delidſche Icmat. 865
banegen konnte, über lauter ungebahnte Wege und auch meift. mıze
von nomabifchen Horben durchzogene unwirthliche Wegſtrecken dahin
ihre Schritte zu lenken; es ift die Umgebung von Iyzgat am
mbedeutendſten nörblichen Zuflüfchen des Delidſche, melde durch
ihre frügern politifhen Zuftände, folange Tſchapwan Oghlu
lebte, temporär anziehend wurbe, und fpäter erft dur Entvedung
ührer walten gänzlich unbefannt gebliebenen räthſelhaften Dent-
male ber früheften Vorzeit feit Machonald Kinneirs, Brante,
Teriers und Hamiltons Forſchungen über biefelben größere
Aufmerkſamteit erregt hat. '
Im vorigen Jahrhundert gingen nur bie Duerftraßen ver Ka-
Teivanen zwiſchen Angora und Tofat, wie von Mudſchur nah
Tolat im Norden an diefem Gebiete, den Tſchöterlü-ſu über
ſedend, vorüber, wie wir in Obigem ſchon nad Taverniers md
Tourneforts Routiers angezeigt haben (f. oben S. 144), ohne
anderes als nır Namen von Stationen etwa anzugehen, vie aber
fümierig wieder zu erfennen find. Tourneforts Rotte ging zu
weit nörbfich, um dieſes Gebiet näher zu berühren, obgleich er auch
den untern Lauf bes Delidſche in ven von Salzpflanzen
berachſenen Ebenen durchſetzt haben muß, aber ohne ihn zu nennen.
Dagegen glauben wir in Taverniers Route zwiſchen Mudſchur
(f. oben ©. 145) und von da durch bie wüften, von zahlreichen Zırr-
fomanenhorven befebten, von ihm durchzogenen Ränbereien, im benen
@ nur die Tagemärſche, aber nicht die Namen der Stationen bie
A feiner Jangou, die ven uns genauer am Tſchöterlll bezeich-
uete Station Jangh, auf ber Route nach Tokat angiebt, bie Stelle
feines Ueberganges über den Delidſche Irmak nadmeifen zu
Banen, von wo er auch noch an Fyagat vorübergezogen fein muß,“
Tavernierd$P) legte den Weg von Mudſchur gegen N.O. bis
Yang in 6 Tagemärfchen zuruck und wird und burd) feine Bericht»
treue, obgleich fie vieles au wünſchen übrig läßt, doch fir diefe
Terra incognita nicht wenig lehrreich. Den 1. Tag in 7 Stunden
derch gutes Wiefenlanb; den 2. Tag durch ebenes Land, wo man
eu einem Fluſſe Kara- ſu, wol ein Bfklicer Zufluß zum Kirſchehr,
md 9 Stunden anbielt; am 3. Tage über ungleiches welliges Land,
des aber gute Ackerfelder hatte, nach 9 Stunden Wege zu_ einem
Flak, über den man am Morgen bed 4. Tages auf einer Stein-
brüde weiter zog. Dies lann nur die einzige noch heute befannte
*") 3. B. Tareroiar, Las Six Vorages Le. Lim. L p. 103-103.
306 Klein-Afien. gr
Steinbrüde über den Delidſche Irmak fein, vie and
Wrontſchenko auf dem Wege nah Iysgat anführt. Nur
weites, ebenes, hligeliges Land durchzog Tavernier, maß ver
Natur der galatifhen Hochebene entſpricht, im welcher ver
Neiſende während mehrerer Tagemärfche von Strecke zu Strede von
ein paar Stunden Tünftlich erhöhte Hügel wahrnahm, welche den
Byzantinern zu Obfervationspuncten und feſten Warten anf ber weis
ten Ebene gedient haben ſollen. Auch führt er an, daß hier die
Turkomanen fi) der Arabahs ober Räderfarren, von Ochſen
befpannt, zum Transport ihrer Zeltbagage bei ihren Wanberımgen
bevbienen. Erſt im Norben des Brüdenüberganges, wo man
aus der großen Hochebene hervortrat, in ter man 18 Tage hindurch
keinen Wald gefehen (vie Aryla des Strabo), und das Brenn»
holz auf Kameelen hatte mit fich führen müſſen, bekam man
wieder bie erften bewaldeten Berge zu ſehen. Zwei Tage darauf
wurde der tiefe Fluß Jangy (es ift der Zufluß zum Tſchykryt;
f. oben S. 144), der mit vem gleichnamigen Orte im Often von
Iyzgat liegt, erreicht. Aber Iyzgat wird im feinem jener äftern
Routiers als Station mit Namen genannt.
Erläuterung 4
Mochonald Kinneire Wege nach Iyzgat und von da durch
dab Gebiet des obern Velivſche Irmak nach Raiferieh (im
Sabre 1813); und J. Brants Routier von Kaiferieh nordwärts
nach Ihzgat, und von da gegen N.O. nad) Tokat (1835).
Durch Machen. Kinneir (1813) wurden wir zuerſt mit
Syzgat (Doscat ſchreibt er)5®) bekannter; auch ſcheint der Ort
erſi jüngerer Entſtehung, ans dem vorigen Jahrhundert, zu fein.
Er iftfaft ganz von. Tihapan Oghlu erbaut, liegt in einer Tiehe,
auf allen Seiten von Gebirgen umgeben, fell 16,000 Einwohner
haben, hat einen glänzenden Pallaft feines Beherrſchere, und Türken,
Griechen, Armenier und Juden zu Bewohnern. Er war aus einem
Dorfe zu einer beveutenben und einer ver blähenvften und netteſten
Städte in Kleinaſien, fo wie Die Reſidenz eines ber maͤchtigſten
älteren Turlomanenhäuptlinge in Kleinaflen geworben, ber ganz um
abfängig von Stambul in feinem alten Exbfls Ichte, up baher ber.
) Med. Kinneir, Journ. thıt. Asia Minor I. 0. Lead. 1818. p. 86.
Rechtes Uferland des Halys; Delidſche Irmal, SOr'
auf ihre despotiſche Alleinherrſchaft eiferfügtigen Hohen Morte ein
.Dowm im Auge, aber zu mächtig war, um ihm ſich ſchnell zu unter
werfen. Oghlu's Vater, wie feine Brüder, waren bie Furſten und
Grandherrn von Iyzgat gemeien; ex ſelbſt, von befondern Gaben,
hatte ſehr bald feine Herrſchaft ungemein erweitert, durch miles
Regiment und feltne Klugheit. Er ftarb im I. 1805 nah Ander
Eloy; feine Rachtommen waren noch angefehen, aber ohne politiſche
Bebentung ımb behieften ven Namen ihres Geſchlecht s bei. Er hatte
alle Despotie vermieden, die Agricultur, Iuduftrie und Handel un.
terftügt, und fand bei allen Nachbaren in größtem Anfehen. Er
hatte wie Chriften als Eoloniften in feinem Gebiete fehr begänftigt
und dadurch viele derſelben zum feiner Zeit aus Europa nad) Aeslis,
Ionien und Ppbien gezogen, wodurch er aber,'wie Reale bemerfitt),
eben bie Eiferfucht ver Sultane befonvers auf fi zog, bie feinem
Hanfe envli doch zum Verderben gereichte. Seit dieſer Zeit wor
Siginafien ven europãiſchen Reiſenden wieder, nad Kinneirs Wan
derung, viel ſchwieriger und gefährlicher gemorben, als es zuvor ges
wein. Tſchapan Oghlu's Hereſchaft und die feines Hauſes, fagt
Kinueir damals, als er veffen Nachkommen beſuchte und von ihmen
ungemein gaffrei aufgenommen wurde (1813), hatte Tſchaugri
auf ver Weftfeite des Halys erreicht, war norbwärte bis Tufia
und öftlich bis Tofat vorgebrungen. Oſtwaͤrts begrenzten ihm bie
vaſchalils von Malatia und Kaiferich mit dem Fluſſe Seihem, .
im Säven hatte fein Einfluß bis nach Afferai und Tarſus ge’
reicht. Sein Einkommen betrug 90,000 Beutel jährlich (4% Mill.
Bo. Sterl.), davon er 20,000 (1 Mil. Pfd. St.) zu Beſtechungen
der Großen der Pforte verwenven fonnte, uud dadurch feine Macht
fo erweitern oder erhalten. Dabei hatte er bie größten Schätze
gefammelt und konnte in wenigen Wochen ein Heer von 40,000 Mann
in das Feld fieflen; auch dadurch war er gefährlich, aber unantaftbar,
Inpfginfhean®) fagt: das Saud ſchak von Bozuk, welches
Äh von Tſchorum gegen Süven über Iyzgat und vom da bis
yam Halys nud ben Nachbardiſtricten von Siwas erſtredt, fei der
Haupifig ver berühmten Familie Tſcha pan Oghlu’s, deſſen Vor-
fahren früher öfter bie Würbe eines Turkman Aghoſſh belleideten.
Es gehören zu dieſem Sand ſchak 13 Kadylyks, unter denen and
Bozut der Sig eines Mateſſelim, Aldath, Boghazlajan, Haſſein -
u. Lemke, Asia Minen. Land 1844. Prof. p Vik +3 Sumfanfgeem
“aD. 168297. \
sa. Alein⸗Aften. m
abab und andere Orte gehören, fo tie 80 armenifde Dörfer und
fehe viele Bewohner. Das Sand ift ſehr fendtber an Weizen,
Serfte, Heerden. Der Hauptort ift Iysgat (armenifd) Zozghath),
das fehr in Blüthe gekommen, veffen Bewohner wegen ihrer Gaft-
freundſchaft berühmt find, die e8 nie den Reiſenden an Lebensmittehr
fehlen laſſen. Im Jahr 1805 fingen die Fehden an, auf des Sul
tans Befehl, Tſchapan Oghlu buch Tajar-⸗Paſcha von Dſchauik zu
bekriegen. Früher waren Bezuk und Kirſchehr die Hauptorte im
Sandfehat. Durch Tſchapan Oghlu's Beginfigung wurde aber
Iyzgat bie Hauptftabt.
Tihapan Oghlu.war ein Bewunderer von Bonaparte,
deſſen Emiſſaͤre, Confuln, Aerzte, Kauflente bei ihm aus» und ein»
gingen und wilfommene Aufnahme fanden. Während ber Kriege
zwifchen der Türkei und Rußland waren viele der ruſſiſchen Gefan-
genen nach Kleinaſien gebracht, vie in Iyzgats miltem Regiment
haufig zum Koran ſchworen, ſich verheiratheien und als geſchützte
Untertanen ihre Gefchäfte erwerbreicher bafelbft als in ihrer Heis
math fortfegen konnten. So wuchs Iyzgat ſicher und für die
Pforte auch drohender empor. So erhielten ſich die Grüner dieſes
Haufes ein paar Generationen al einheimiſche, faft erbliche Dere
Beys oder Landesfürften in Unabhängigfeit, während die Macht
der mehrften andern in Sleinafien. längft durch das türkiſche Regi ⸗
ment nivellirt war. Die Vorfahren hatten die Anerbietungen zu
Ehrenftellen an ver Hohen Pforte verfhmäht, die britte Generation
wurde zu Paſchas erhoben, in Folge deffen aus ihren erblichen Ber
föungen vemovirt, womit ſogleich nad ber Politik der Hohen
Bfortes®) ihr perfönlicher Einfluß aufhören mußte, Bon Tſcha pau
Dghlu's Haufe blieben nur einzelne zerſtreute und abgeſchwächte
Guͤeder übrig, die jedoch immer noch bie Fremde der Chriſten
geblieben find. Ihre Reichthümer wurden bald die Beute des Sul«
tans und feines Hofes, der alles verſchlingt. Früher wurden biefe
Güter von dem Erbherren auf ben Wohlftand feiner Untergebenen,
auf ven Glanz feines Hofftaats und auf feine Hoepitalität ver»
wendet. Seitdem Iyzgat in die Gewalt gelngieriger Mütſellims
ober wechfelnder Gouverneure ber Türkei und ihrer Paſchas kam,
ſank der Ort zu einer gewöhnlichen Provinzialftabt herab, bie wie
alle anbern Gtäpte ber Turtei in ihrem. Wohlfande rildwärts geht.
“:) W. M. Leake, Journal of a Tour is Asia Minor. Londen 1824. 3. -
Preface p. VL
Rechtes Uferland des Halys; Ipyzgat. 369
Diefe Bernichtung und Abſchwächung der mächtigen Dere Beys
war die Politif Sultan Mahmuds, der mit türkiſcher Arglift einen
Dere Bey gegen ven andern aufhegte, und fo einen andern Su⸗
leiman Bey von Dſchanik fand, der fi zur Vernichtung
der Dere Beys von. Inzgat brauchen ließ, um ſich felbft zu heben.
Diefer erhielt fi. dadurch in feinem Exbbefige im Dſchanik, und
vererbte dieſen auf feinen Sohn Osman Paſcha, ver foger, als
Paſcha von Trapezunt, ſich bis in das Jahr 1841 eben fo als un.
abhängiger Despot zu erhalten wußte, wie feine Vorgänger zu Iyhzgat,
die er geftürgt und verjagt hatte. Er hatte feine Macht von Tra-
pezunt weftwärts bis zum Halys über das ganze Dſchanik, bie
Käftenprovinz, zu erhalten gewußt, und bie größte Gelofumme zur ,
ſammengeſcharrt, bie er als ädhter türkiſcher Geizhals zu wichts an.
derm verwendete, als fie unbenugt in feinen Truhen aufzuhäufen®).
So fand der engliſche Eonful I. Brant diefen Ort Iyzgat, als
er ihm im J. 1835 befuchte®). Die Kurden waren mieber durch
ihre Ränbereien vie Peſt des Landes geworben; auch in ihrem fried⸗
lichen Hirtenzuftande pflegten fie durch ihre Schafheerben die junge
Kornſaat ver armen Bauern abzumeiden, und wuchs biefe auch zur
Ernte heran, fo Tonnte der Bauer fie felten vor ver Beranbung der
vagabundirenden und oft mächtigen Kurdenhorden ſchützen.
I. Brant war auf der Sübronte von Kaiſerieh nah Inzgat
gelommen; er ſchätzte die von ihm dahin gegen N. W. zurückgelegte
Diſtanz auf 19 bis 20 deutſche Meilen. Der Name follte fo viel
wie Hundert Däder. heißen und feine Größe bezeichnen. Bon
Leiſerieh überſchritt Brant ben Halys, und nennt die Station
Boghazlajan, wo er ven Boden fehr falzreich fand, da Hier wol -
auch noch die rothe Sandſteinformation vorherrfchen mag. Der
Boden umher ift fehr dürr, er giebt nur vom Weizen fünffältiges
Korn, und bie ganze Strecke von va bis Iyzgat leidet nicht nur,
wie alle Hochebenen Centralafiens, an Baumwuchs, fonbern ift über⸗
hanpt einer der unfrudtbarften Theile der ganzen Halbinfel.
Doch liegt oftwärts des Weges, den 9. Brant vom Boghaz-
lajan nordwaͤrts gezogen, eine filberhaltige Bleimine, At
Dagh Ma'aden, vom Berge genannt, ber ſich von ihr gegen Süben
erhebt. Sie wird wol durch v. Tſchichatſcheff befucht fein, der ihre
9 Ballmerayer, Sesgm. aut dem Dial, L &204. M) Brant,
yurney etc. in Journ. of the Roy. Geogr. Soc. of London. 1836.
ee 216-219.
Ritter Eidtande AVIN. \ Aa
370 Rlein-Afen. 7.
Meereshöhe zu 4185 Fuß angiebt, welche ver ME Dagh ſelbſt noch
"um 2586 Fuß überfteigen fol. Der Director des Bergwerls, ven
Brant in Inzgat traf, erzählte ihm, daß daſelbſt 300 Familien in
Arbeit ftänden und daß ber Ertrag beffelben ſich feit feiner Ver⸗
waltung ſehr vermehrt habe; er ſelbſt habe ſchon 300 Olen Silber
= 825 Pfo., d. i. 3000 Pfd. Stel. an Werth daraus nach Eon-
ſtantinopel geſchickt.
Bon Iyzgat beſuchte Brant an 3 Stunden weit gegen N.W.
das Dorf Nefestjdi, wo er viele Marmore, die zum Bau ber
Dorfhütten verwendet waren, vorfand, fowie viele Infcriptionen
und unzählige Bruchſtücke von Marmorfäulen und andern Baureften.
Auf einem Kegelberge, dem Caſtell des Dorfes, hatte man einen
ſchönen antiten Bau ausgegraben, und aud) am Fuße befelben mit
Marmor deffeivete Wände aufgefunden. Bon einem andern Fegel-
berge, vor dem ganze Maflen von Marmorguabern lagen, hatte man
viele zum Bau einer Moſchee in Myzgat benutzt. Sehr viele der
aufgefunbenen Münzen waren ſtets verſchmolzen im ben Hanbel ge»
lommen, ohne die Wiſſenſchaft zu bereichern. .
Nur 4 Stunden von Nefestjdi, das am Morbufer des De-
lidſche Irmak etwa in 3000 Fuß Bar. Höhe üb. d. M. Liegt,
gegen N. W. nad) Süngürlit zu, beſuchte Brant auch bie von
Ch. Terier früher entvedten räthfelhaften Felsſculpturen zu
Boghaz kjdi, bie er freilich nicht fo vollkommen erhalten fanb,
wie Teriers ſchöne Abbildungen fie barftellen, deren gemauere
Kenntniß aber doch erſt aus deſſen Meiſterwerle hervorgeht. Er
lehrte mit der wollen Ueberzeugung von ber Wichtigkeit diefer Dent-
male nad) Inagat zurück, um feine Wanderung weiter gegen O. N. O.
nad Tokat am Iris fortzufegen, das von ba an 20 geogr. Meilen
entfernt Tiegt. Leider hat Bramt fein genaues Kontier über dieſe
Stzede mitgetheilt, vie ihn aber zulegt über bie große und an Kom
gefegnete Ebene, die Ard Ovah, mit ihren 70 Dörfern führte, .
von ber wir fon früher mit ihm den Tſchamly Dagh (b. i. ben
Vichtenberg) nach Tokat überftiegen haben (ſ. oben ©.111). Das
Land bahinwärts war eine Reihenfolge vom Ebenen, die durch niebre
Hugelreihen geſchieden waren; zwar noch ohne Baumwuchs, aber
ſehr bevölfert und. reichlich mit Korn bebaut, in einem ſehe milden
Elima und fruchtbaren Boden, der an ben geringften Stellen nur
7 5i8 Sfältigen, auf ven fruchtbarſten Yedern'aber 10 bis 12fältigen
Kornertrag gab. Hier fand er einige Kurdenſtämme, bie nicht
meht blos wanderten, fonbern vom Frühjahe bis zum Herbſt wol
Rechtes Uferland des Halys; Iyzgat. 371
in ben offenen Ebenen mit ihren Heerben lagerten, aber im Winter
ſich in die geſchützteren Thäler umd Winkel am Rande ver Ebene
ädyogen, wo fie Schutzmauern gegen ven Abhang des Berges
aufführten und dort fich durch überfpannte Zelte ein Schutzdach bes
‚ telten, in welchem fie vie Kälte des Winters überbauern. Sie plün-
derten micht mehr - öffentlich wie ihre übrigen Stammesgenoffen,
ſondern nur noch verftedt und im Kleinen, offenbar ein An—⸗
fang zur Civilifation, der unter dem Schuge bes milden und
Uugen Regiments bes Tſchapan Oghlu in dieſen Gebieten möglich
geworden war. „Diefe Thäler (fie gehören zu den fünlichen Zuflüffen
bes Delidfche, oder zu ben nörblicen bes Tſchotelret und Iris)
woren durch viele Meine Flüßchen ſehr gut bewäſſert. Diefelbe
Richtung, welche 9. Brant von Kaiferieh über ven Halys nach
Nord gegen Jüzgat nahın, Hatte Med. Kinneir von Jüzgat ge
gen Süben über Boghazlajan nach Kaiferieh genommen, umb giebt
beräber folgendes Routier, das jedoch mur einen Theil jener Rüde,
die dort in unfrer Unkenntniß ber Localitäten bis heute übrig ges
blieben, ausfült.
Kinneir’%) hatte nur ein wellenförmiges Hochland ohne Holz«
wuchs, aber voll veidyer Grasweide und mit gutem Feldbau, auf
durchaus ebenen Wegen, die er fogar für Artillerie practicabel hielt,
iu durchziehen, als er von Yüzgat füblic dem Rieſenlegel des Ar-
ins enigegemritt. Noch 6 Stunden von Jüzgat kam er durch das
Dorf Ingurly (mol Indfeirlä, d. i. Feigenort), 4 Stunden weiter
über den bebeutenben Fluß Konak, ber an diefer Stelle gegen Sü-
den fließt, daher Col. Leale's Irrthum, ver ihn auf feiner Karte
in ſüdlicher Richtung unmittelbar zum Halys leitete, ftatt erſt weſt⸗
lich und nordweſtlich zum Delidſche⸗ſu, wie jegt Wrontſchenko's
Beobachtung ausweiſt. Eine halbe Stunde von der Furt entfernt lam
& an der Schlofruine Batal vorbei (mol ein Legendenname, ver ſich
auf ven aus den Kämpfen mit dem Griechenreich berühtnten musli-
wilden Kriegshelden Seid Battäl bezieht), 3 Stunden weiter zu
dem von Griechen bewohnten Dorfe Kislan (bei Wrontſchenlo Git«
zelik, d. i. ſchöner Ort, geſchrieben, alſo nicht wie vie Karte hat,
Ryzlar) feinem erften Nachtquartier. Ueber die Dörfer Saraky
(Sarykjdi mGelbborfu?) 1 Stunde und Jarzun (Marzoon bei Kin⸗
wir, Joguneſe bei Wrontfchenko) 5 Stunden, an einem gegen Norden
fließenden Bade — alſo dem Testen ſüdlichen Zufluffe des Konak
*) Macd. Kinneir, Journ. I c. p. 93—95.
Aa2
372 Kein-An 000 7.
und Delidſche⸗ſu — gelegen, wurbe dann mit noch 2%, Stunden in
einen flachen Thale das zweite Nachtquartier, das angeblich grie-
chiſche Dorf Boghazlajan (Booslyan bei Kinneir) erreiht, von
wo für den britten Reiſetag noch eine Strede von 8 Stumben zur
Halysbrüde, 24, Stunden nad) Emlan (lie Emirler) und 2", über
das Plateau nah Hillar (Exkilet vor Kaiſerieh, ſ. zu S.283) blieb.
Denfelben Weg haben fpäter zwei franzöfifche Reiſende einge-
ſchlagen?o7), ohne daß man viel mehr Detail ans ihren Berichten
gewinnt. Poujoulat brauchte 1837 von Jüzgat 8 St. nach Paſcha⸗
tijdi, 11 weiter nach Boghazlajan (er ſchreibt Boghos d’Ayan!)
und noch 3 (wol Fehler für 8) zur Halysbrüde in der Tiefſchlucht
vor Erkilet; Aucher 1834, der von dem ber Stabt Yüzgat ſüdlich
benachbarten Serajkjdi ausging, kam ebenfalls mit 8 Stunden nach
Paſchakjbi, 8 St. weiter zu dem auf einer Anhöhe liegenden arıne-
niſchen Dorfe Tſchakmak (d. i. Feuerſtein im türkiſchen), 4 St.
nad Boghazkajan, das er einen bedeutenden Ort mit 120 tür-
Kiichen und 140 armenifchen Hänfern nennt, dann noch mit 8 St.
zu dem nod 5 St. von Kaiferieh entfernten Emirler (Emlar bei
Kinneir), welches fomit von dem von Ainsworth zwiſchen Kirſchehr
und Mubfchur befuchten gleichnamigen Dorfe (ob. S. 335, wo danach
au beridjtigen ift) gänzlid, verſchieden ift.
Genauere Berichterſtattungen über dieſe oberen Gebiete ver
Quellflüſſe des Delidſche Irmal-Syftems fehlen ums noch,
find aber zu erhoffen, da v. Tſchichatſcheffs Rontier anf der
Bolotowſchen Karte mit Ortsnamen und Höhenmefiungen eingetragen
if, der daher biefen nur etwas öftlihern Weg von der Kinneirſchen
Route, von Urumdſchin in Süd, nordwärts über Tſchelirdſchi und
Kara Maghara bis Jangh zurüdgelegt haben wird. Die auf
ver Karte angegebenen Höhen find:
in N.O. von Urumbjin Ifoba®) 1120 Metr. = 3446 5. P.
über dem Meere;
von da auf ber Route gegen Norb, Ogdaly — 4315 8. P.;
weiter nörblich, an einem füblihen Zufluß zum Konat bei Men-
tifhe = 4815 5. P.;
nahe babei, nörblih Tſchekirdſchi, Station am Konal,
von ba direct norbwärts nah Kara Maghara auf ver Waffer-
ſcheide zwiſchen dem Konak und dem Tſchykryk-ſu zum Iris
= 3662 5. P
®°7) B. Ponjoulat, Voyage dans l’Asie Mineure, Paris 1840. Vol. I. p. 294;
A. Eloy, Relat. des Voy. p. 73. °*) v. Tchibatcheff, As. Min. I.p.566.
Rechtes Uferland des Halys; Iyzgat. 878
Erläuterung 6.
Die Monumentengruppe in den Umgebungen von Iyzgat, nach
©. Zerier und W. Hamilton.
Beide Reifenden, der Franzoſe Terier im Jahre 1834 von
Angora dſtlich ausgehend, ver Engländer Hamilton von Tſchorum
gegen Süben ziehenb, haben in ven Umgebungen des öftlichen Halys-
zufluſſes Delidſche -fu nach den Reſten der alten Hauptorte jener -
. fräßer von fappabofifhen Syrern, fpäter von trokmiſchen
Salatern bewohnten Landſchaft gefucht. Als folche fanben ſich
aus früherer Zeit das nur von Herobot als Local der Schlacht zwis
ſchen Cyrus und Erdfus genannte Bteria, bei den fpäteren Autoren
vie Haupffeftung und Hanbelsftabt ver Trofmer, Tavia, mit ihrem
berühmten Zeustempel erwähnt; letztere wird burch bie römischen
Stinerarien, die den Namen Tavium fehreiben und viele hier zu
ſammentreffende Straßen verzeichnen, in ihrer Lage ziemlich nahe
beftimmt, fo daß Leake e8 beim heutigen Tſchorum, Rennell bei
ZTehieh, Tramer bei Iyzgat fuchte.
Hamilton ging von Tſchorum gegen Süven nad) Iyzgat®),
und langte dort am 20. Aug. an (f. ob. S. 147), wo er damals noch
Taviums Ruinen zu finden hoffen konnte. Er fah vor ven Thoren
die Strafe nach Amaſia vorlberziehen und fand bafelbft einen guten
Thon, aus dem vortreffliche Töpferarbeit gemacht und Ziegeln ge- -
formt wurden, aber feine höhern Alterthümer. Eine ſchöne Moſchee
war eima vor 90 Jahren aufgeführt, gute Bäder und manches
andre Borzägliche zeigte die Stabt, aber durchaus nichts, was an
ein hohes Alter wie das von Tavium erinnern konnte. Die Be
wohner fagten felbft, daß ihr Ort vor 100 Jahren noch ein Som-
merborf gewefen, und burd; Achmed Paſcha, Vater des berühmt
gewordenen Suleiman Tſchapan Oghlu erft gegründet fei, ber fih
da angebaut habe, deſſen Pallaft aber vor 14 Jahren (alſo bald nach
Kinneirs Beſuche) nievergebrannt fei.
Auf die Nachricht, daß es in Weft von Ih zgat, 6 Stumben
fern, zu Nefeskjdi am Nordufer des Delidſche Irmak alte
Ruinen gebe, ritt er in Begleitung eines Hafiz Agha dahin. Man
flieg exft gegen N.W. aus dem Thale, in welchem yzgat eingefenft
Giegt, etwas bergan, von wo fid eine weite Ausſicht zeigte, gegen
*') W. Hamilton, Researches in Asia Minor. Vol. I. p- 886.
374 Klein-Aflen. $7.
BSB. in ziemliche Ferne auf bie Kette des Tſchitſchal Dagh
(d.i. Blumenberg), der ſich nah N. W. zieht, und auf das Ketſchi
Kale (Ziegenſchloß), das auf feinem Rüden liegt,
Nach ein paar Stunden fah man das Dorf Keipfgit-Kjöi
im engen Thale liegen, unter wilden Trachytfelſen, die von Habak
Tepe an in N.O. als ein Trappgang fih gegen N. W. ziehen, an
dem fi} auch Bafalte zeigten. Weiter hin über Klippenreihen und
am einer gelben Ebene vorüber erreichte man dag Dorf Mufabei.
Nach einer Heinen Stunde wurde ein faft unterirdiſches Dorf Kenel
Kit erreicht, von dem man nicht als die Thürme und die Schoru-
feine erblidte. Auf Gräbern zeigten ſich einige Säufenftüde vom
einem vothabrigen Marmor. Es war das Dorf Nefestjdi, das
aber leer ftanb, da die Bewohner mit ihren Heerben in ven Jailas-
gelten wohnten. Nur eine Biertelftunde vom Dorfe fand man viele
Ruinen einer ehemaligen Stadt mit Marmorn und Säulenfhaften,
aber nur eine Inſchrift ohne hiſtoriſche Bedeutung. Man hatte
erſt angefangen, einen Bau aus großen Duaberfteinblöden auszu ·
graben, ver wahrſcheinlich dem Caſtell einer Stabtmauer anzugehören
ſchien. Auch mehrere ornamentite Marmore und Sculpturen hatte
man gefunden, und Inſchriftblöcke mit ſehr großen Characteren,
welche zum Theil ſchon zu Einmauerungen an der Moſchee ver-
wendet waren. Aber große Ruinen fanben ſich hier nicht, von denen
man ihm fo viel vorgefprochen hatte. Abermals, wie oft ſchon vor»
ber, durch ſolche Reden in feinen Hoffnungen auch zu Nefestjdi
getäufcht, da höchſtens hier nur fpätere byzantiniſche Bauwerke vor
Ingen, beſchloß Hamilton, über Boghaz kibi nach Mzgat
zurückzulehren, wo er eher hoffen konnte, für feine Mühe beidhut
zu werben.
22. Aug. Der Weg führte gegen N.N.D.5”) über eine nadte
trach htiſch- porphyriſche und Trachyt-Conglomerat-Kette
in ein gut bewäſſertes und bewaldetes Thal hinab, deſſen Fichten ·
bäume aber zu früh zu Brennholz gehauen wurben, um zu einer
befondern Größe gelangen au könneit., Je weiter man im Thale
abwärts vorbrang, wurde es immer pittoreßter und wilder, aus plus
tonifchem Gebirge beftehenb, bis man die Kalffteinfeiten bei Boghaz
tidi erreichte. Der Fluß, der dieſes Thal nordweſtwärts durchgieht
iR der Sungürlüntſchai, derſelbe, der im Oſten des geofen
#0) Hamilton, Bes. I. c. k p- 391—398; set in Journ, of the Roy.
Geogr. Soc. VI p. Tin.
Rechtes Uferland des Halys; Boghaz kii. 875
. Delivfhe Irmak bei dem Dorfe Süngiklü von Hamilton
durchſetzt worden, und ſelbſtſtändig abwärts von jenem zum Halys
fällt (ſ. oben S. 141). ' Hier im deſſen oberem Thale zu Boghaz
ijdi zeigte ſich an 100 Schritt in Oft vom Dorfe ein offener Raum
durch eisen künſtlichen Wall eingefchloffen, veflen norböftlihe Seite
maffive chclopifhe Mauern von ungeheuern Steinen bilden.
Nur 10 Minuten weiter in SD. if eine Fefte auf hohen und
Reifen Felſen mit Bruftwehr und Eifternen in Fels gehauen. Zwi⸗
ſchen diefen beiden Forts, denen noch ein paar andre gegen Süd zur
Seite in ihren Trümmern ftehen geblieben, liegen. vie Ruinen
eines großen Tempels, von grabiofen, trefflich behauenen und
infanmengefägten Dunberblöden aufgeführt. Noch ift ver Grund⸗
ciß?!) Deffelben deutlich zu erfennen; am ben übriggebliebenen Qua«
dern zeigen fich die Löcher für Nägel und Klammern von Metall,
welche die Blöde einft zufammenfügten, aber bie wahrſcheinliche
Urſache ‘ver Plünderung und Zerftörung durch Barbaren, ſich des
felden zu bemächtigen, geweſen waren. Nur ver nördliche Winkel
des Bronaos und ver Tempel ſelbſt, 219 Fuß lang und 140%.
breit in feinen Grundmauern, mit feiner Cella, einer prächtigen -
Treppe und einer Reihe Heiner Gemächer fteht noch. Der ganze
Tempelreſt ift aus Marmor, nur ein Theil des Pronaos aus
ſchwarzem Trachyt ober Bafalt erbaut, und von zwei Mauern
umgeben, an benen nod; ein maffiver Thurm ſich erhebt. Mehrere
ver coloffalen Steine in ver Grundmauer maß Hamilton von
17 und 18 Fuß Länge und 6 Fuß Höhe; die Dide der Mauern,
5 Fuß betragend, wird ebenfalls von einem einzigen Blode gebilvet.
Ein halbes Stündchen in N.O. von dem Tempel am Buße fteil
abftärzender Kalkfteinfelfenwänve ſah Hamilton die merkwürdigen
Felsfeulpturen, welche vor ihm Texier entverkt hatte, ver überhaupt _
hier bei einem längern wöchentlichen Aufenthalte die genauern Ver-
meſſaugen und Abzeichnungen biefee Dentmale geben konnte. Es
iſt der fogenannte Jazyly Raja (ver befchriebene Fels), zu welchem
von SB. der ein Eingang nach Norden zu im eine Felſenlluft,
wie in eine Art Steinbruch, führt, die. mit hohen Felswäuden
% bis 50 Fuß weit auseinander fleht, an ver Rüdwand ge
Füloffen und zum Theil von großen herabgeftiktäten Telfenblöden
gebilvet iſt. Hier find die Yelswände??) mit den Sculpturen vieler
”) Hamilton 1. c..I. p. 392. No. 11. Groundplan of the Temple.
?®) Hamilton 1. c. I. p. 394. Plate: Rocks near Boghaz keul with
very aneleut basreliela. - .
376 KleinsAften. 5. 7.
Figuren bededt, die zu den merkwürdigſten und ſicher älteſten von
ganz Kleinaſien gehören. Eine nur flüchtige Slizze gab Hamilton,
Terier aber ſpecielle Abbildungen. Obwol mande ber Figuren,
zumal bie näher am Boden ſtehenden, ſehr viel gelitten haben, er-
lennt man body in ber Mitte der Darſtellung an ver Schlußfeite
ver Kluft, dem Eingange gegenüber, auf der bort ſich zeigenben gegen
Süd geivenbeten Haupttafel bie Begegnung zweier Könige, jeder
mit dem Symbol feiner Königshoheit in der Hand, und im Gefolge
langer Reihen von FKriegern und Dienern, die zu beiden Seiten des
Veldeinganges wie zu einem Feſtzuge in Relief aufgeftellt erſcheinen
Die beiden Tönigfichen Hauptfiguren find 5 Fuß hoch, die ihnen
unmittelbar dienenden 3'% Fuß hoch, die andern nur 2°, Fuß hoch,
aus dem Feld gehauen. Die Hauptfigur linker Hand, vom
Eingang kommend, ſchien auf einer nicht zu beſchreibenden Thierfigur
zu ftehen, fie hat Bart und enganſchließende Kleidertracht mit hoher
Kegelmüge und Keule in ber rechten Hand; bie andre ihr entgegen
tretende Königsfigur in Lofen faltigen Kleidern ift bartlos, hält in
der Hand einen Stab und fteht, wie ihr Gefolge, auf dem Rüden
von löwenartigen Thieren, an deren Seite vie Sculptur von einem
Doppelapler liegt. Terier hatte dieſe Figuren für Amazonen
und Paphlagonies gehalten; Hamilton glaubte in ihnen die Zu-
ſammenkunft zweier etwa lydiſcher und mediſcher Grenzfürften, die
einen Vertrag abſchließen, zu fehen, und zwar, ba ber Grenzfluß ver
Lydier und Phrögier, der Halys, gegen ven damaligen noch mediſchen
Dften nicht ſehr fernliegt, bei der Hauptfefte der Bftlichen erſt durch
Cyrus Croberungen veränderten älteren Grenzuachbaren. Die
Sculpturen der Löwen umd ber Doppelabler erinnerten Hamilton
an perfifhen over perſiſch- armeniſchen Styl; die Abbildungen ſchie-
nen ihm nichts mit den Amazonen zu thun zu haben; in ber Kopfe
belleidung und Anderem glaubte er die Müge ber Phrygier wieder
zu “extennen u. a. m. Doc haben hierüber aud andre Vorftellungen
ihre -Geltung gewonnen. In berfelben Felsumgebung, wo jener
Pompzug an ven Felswänden eingehauen if, zeigte ſich noch eine
andre Figur, 7 Fuß hoch, auf einem Felſen ſichtbar, abgefonbert
von jener Proceffion. Sie zeigte feltfame Embleme, die fie in ver
Hand Hält, mit andern Figuren veffelben Styls in ver Nachbarſchaft,
die vielleicht Sepulcralftellen in ven’ bortigen verſchiedenen Feld
vertiefungen anzugehören ſchienen.
Bon Boghaz Kidi's Ruine ging Hamilton in 6 Stunden
gegen S.D. durch eine enge Felsſchlucht au deu Tempelrninen
Recht. Uferl. d. Halys. Ruinengruppe zu Boghaz kjöi. 877
vorüber nach Iyagat??). Die Berge linker Hand gaben gute
Brofile von plutoniſchen Gebirgsarten, welche bier noch unter dem
Kallftein lagen, deren Schichten fie an andern Stellen durchſtoßen
haben, und Fragmente derfelben,. vie fie umfloffen und ummidelt, mit
auf die Höhen emporftießen. Nur eine Heine Stunde von dieſer
Gegend kam man. zwifchen Kaltfteinlager von verhärtetem Schieferfels,
mb dann zu porphyritiſchen Trachyten. Dann erſt traf man
wieder Eichen und Kornfelver, verließ einen Strom, ber gegen S. W.
vum Kütſchük Kilidſchlü Su zufließt, und überftieg bie zerrifiene
Dammböhe des Habak Tepe, die fih aus weißem plutoniſchem
Geftein dort erhoben hat, von wo man, vom Südwinde und feinen
warmen, mit von blühenden Ciſtusgeſträuchen erfülten Düften an-
geweht, gegen Süden wieber die im umfchloffenen Thale liegende
IHzgat erreichte, von der man ausgegangen war.
Anm. Die Belsburgen, Tempel und KRelieffeulyturen
zu Boghaz Kiöl (Tavta? Peria?) am Süngürlätfgai
in RD. von Iyzgat, nad Gh. Texiers Entbedung
(1834) und Darftellung.
Ch. Terier”*) mar ben 28. Yuli 1834 det erfte Entbeder
dr Monumente von Boghaz kidi (b. i. Dorf der Eng«
ſchlucht), und hat das große Verbienft, fie als Künftler während
feines längern Aufenthaltes von 10 Tagen vafelbft durch feine Stu-
dien, Aufnahmen und Abbilvungen nicht nur der gänzlichen Ber«
geffenheit entriflen, fonvern auch ver wiſſenſchaftlichen Welt bekannt
gemacht zu haben. Da fie zu ven ältefien und umfangreichſten
Sculpturen und Bauten Kleinafiens gehören, melde einen aller-
dings noch räthfelgaften Blid in die wenig befannte ethnographiſche
und geographifche Beriove Kleinaſiens lange vor der Griechen und
Römer Zeiten, alfo in eine und noch fehr verfchleierte Vorwelt
diefer merkwürdigen Halbinfel eröffnen, zumal auf biefem Gebiete
auf ver Oftfeite des Halys, wo das Frühere durch die Ueberwucht
ber fpätern claſſiſchen Denkmale ver Griechen und Römer auf ber
Beftfeite des Halys gewöhnlich von ben Geographen und Hiftorifern
in den Hintergrund verbrängt ober gänzlich überfehen und vergeſſen
®22) W. Hamilton, Res. 1.c. I. 9.399. ) Ch. Texier, Description de
Yasie Mineure faite par Ordre du .Gour. 1833—37. Partiel. Beaox
Arts, Monumens historiques, Plans ei Topographie etc, Paris. Folio. Vol. I. ,
1839. Pterium p.207—225; |. Tab. 73 u. 74 wo des Grundplan
vs Dries mit feinen Tempelsehen, -
378 B Klein- Aften. 8. 7.
wurde, fo iſt es wol rathſam, mad) des Entdeders Meiftermerte die
hierher gehörige Hauptthatſache fr Bisherige Kenntniß von Land
und Bölterfhaften wie für künftige Wanderer zu neuer Aufindung
antiker Dentmale auch biefer Art uns zu vergegenmwärtigen, und ba
dies nicht ohne Einfiht in die Ubbildungen ſelbſt geſchehen Tann, fo
haben wir nöthig gehalten, da das koſtſpielige franzöflfge Original»
wert nur wenigen Leſern zugänglic, fein bitrfte, dieſelben in verklei ⸗
nertem Maßſtabe auf ben zu biefem Bande gehörigen Platten I.
und II. beizufügen. Es find zweierlei von einander ganz verſchiedene,
obwol nahe beifantmen liegende Monumentengruppen zu unter⸗
ſcheiden: einmal die Tempelgruppe zwiſchen zwei Slüßchen mit
der verſchanzten Umgebung ver alten Feftungsftabt; zweitens bie
ganz abgejondert liegende enge Felsfluft mit den Sculpturen
eines großen Reliefs. Im jener find gar keine Sculpturen,
fondern nur Arditecturen; im biefer find gar feine Architecturen,
fondern nur Felsſculpturen und Basreliefs, wodurch ſich beide voll»
kommen von einander unterjcheiven. ’
1. Die Tempelgruppe mit den Arhitecturen und
Teflumfhanzungen der alten Stabt bei dem Dorf Bo-
aha Ki.
Das Dirfhen Boghaz Fidi, welches ſich zwiſchen dieſen
Mauerreften angefievelt hat, deſſen Einwohner von einem Prinzen
Zizim, ber bier einen großen Pallaft und einen Bazar in feiner
Wohnung erbaut haben follte®75), zu erzählen wußten, liegt in dem
Thale, das fih von O. nad W. behnend von zwei Flüßchen bes
wäffert wirb, bie ſich unterhalb zu dem einen Süngürlä tfcai
vereinen. Das Plateau, welches beide Flüffe eine Stunve weit
auseinander hält, ift mit Ruinen von einem fehr hohen Alter bedect.
Es ift auf faft allen Seiten von Norden, Often und Süden von
Bergen überragt, beren Gipfel durch mächtige Mauern vertheibigt
werben, bie wol eine Heine Stunde in Umfang haben. Berfchievene
Kuppen erheben ſich hie und da noch höher, und ihre felfigen Abs
hänge find mit fehr ſtarken Befeſtigungswerlen verfehen. Auf dem
untern felfigen Plateau zwifchen beiven Flüſſen zeigen ſich auch Fels-
fpigen, die überall Bearbeitung von Menſchenhand verrathen. Auf
viefem Plateau und in der Mitte, wie im Schutze biefer ungeheuer
"s) M, Hase, Rapport de M. Texier s. I, Basrellefs deoewveris par lui
pres du Village de Boghas Keni dans Yäsie Nineare, in Journ. des
Sarans. 1835. Juin. p. 368-376. °-
Recht. Uferl. d. Halys; Architecturen zu Boghaz kjöi. 379
verfchamgten Umgebungen, liegen die Ruinen eines ungehenern
Tempels, ber in feinem noch gut erkennbaren Grundplane nicht Die ger
ringfte Spur vom römifchen ober griechiſchen Bauftyl zeigt. Die Eon-
ſtruction feiner verſchiedenen Theile ift ſcheinbar irregulär;; die Stein-
blöde haben bald ihre nach ver Uußenfeite roh vom Hammer: bes
ſchlagenen Buckel beibehalten, find aber in den Fugen forgfältig glatt
behauen; bald find fie nur rohe Blöcke geblieben, wie ſie aus dem
Steinbruche kamen. Keine Spur von Infeription zeigte ſich hier
irgendwo, wie doch faft überall an griechifchen und römifchen Mauers
werfen. Die Bewohner des Dorfes hatten nie einen Franken bei
fich geiehen, und waren daher, ganz ohne Mißtrauen, höchſt bereit«
willig, ihm bei allen Erforſchungen behülflich zu fein.
Man kann zwei Stabttheile, eine untere und eine obere
Stadt, unterſcheiden, welche Iegtere von ber O.- und R.D.-Seite
die untere, in berem Mitte die große Tempelruine fteht, überragt,
während zu ber obern bie Befeftigumgs- und Schutzwerle hinaufs
fleigen, welche die untere im Halbkreife umgeben. Zwei Esplauaden,
um 15 Fuß übereinander auffteigend und durch eine große Treppen»
Flucht in Verbindung geſetzt, die aber jet zerftört ift, liegen zwiſchen
den beiden’ Finfläufen, die an ihrer Nord- und an ber Sübfeite gen
Weſt mit ihren Betten vorüberziehen. Die untere Esplanade
oder geebnete Terrafje ift 430 Fuß von ©. nah N. lang und 340
Fuß breit. Ihre Stügmanern find an 20 Fuß hoch, aus verfchies
denen Kallſteinſchichten aufgeführt; fie ſcheint fein Gebäude getragen
zu haben, und ift gegemmärtig ein grüner Kafenplag. Beim Hin
aufſteigen zur zweiten Terraſſe zur Linken ſtehen ein paar Heine
—e—— mit 6 Fuß diden Mauern, die an 33 Fuß entfernt vom
einem ihrer hervorſtoßenden Felſen Liegen, an deſſen Oftfeite ein
großer Borplatz, bie und da mit Mauerreſten verfehen, von deren
eimer Stelle aus cyclo piſchem Mauerwerk (polygonale Stein
blöde) ver Eingang zu einem Ueberreſt mit zwei ganzen Röwen-
figuren in Marmor ausgehauen fteht, den Terier ven Thron mit
Löwenbildern?‘) nannte. Es war dies wol die große Area,
von welcher and bie feierlichen Proceffiowen fich zu dem Tempel im
Bewegumg fegen konnten.
Der Tempel?7) befteht, fomeit feine Grundmauern noch ſtehen
”)
a. O. PL, LXXXI.; eine Seitenauficht des Throus f. Pl.
Lux. ) ebendaf. PL. LXXX. Gefammtüberficht des Tempels im
Aufrig; den Grundriß ſ. b. Hamilton, Research. l. c. I. p. 392,
eine Slizze.
880 Klein-Aften. 6.7.
geblieben, nur aus Heinen, aber zum Theil trefflich behauenen Qua -
dern, von denen aber nur noch ein paar Schichten aufeinanderliegen;
ex ift feinen Eintheilungen nad ganz verfchieden von allen. andern
Architecturreſten Kleinaſiens. Man’ tritt durch drei ungleiche
Pforten in ihm ein, von denen die größte 12 Fuß Breite hat;
aus ihr tritt man in den großen innern Raum von 83 Fuß Länge
amd 68 Fuß Breite, wol die einftige Cella, ein; ihn umlaufen ver«
ſchüttete Corridors oder Säulenhallen, die nur durch Ausgrabungen
zu ermitteln wären. Der ganze große Tempelraum, ven Hamilton
auf 219 Fuß Länge und 140 Fuß Breite angab, ift von mächtigen
3 bis 4 Fuß hohen und 15 bis 18 Fuß langen Steinblöden ums
geben, welche Terier mit den Quadern bes ägyptifchen Pyramiden-
baues vergleicht. Zur Seite des Haupttempels liegen links 8 kleine
Zellengemächer, rechts 5 vergleichen, vie durch Wände aus Mono-
lithen von 20 bis 21 Fuß Länge von einander getrennt find, und
zu befondern unbelannt gebliebenen Zweden beftimmt gemefen fein
müffen. Das Baumaterial ift Kalkftein, bis auf Mleinere Bei
werte an ber Außenfeite, bie cus einer grünen, fehr harten Ser-
pentinfleinart gearbeitet find. Am Nordende der Cella liegt mod
ein großer Raum von 30 Fuß Länge und 29 Fuß Breite, von
2 Fenſtern erleuchtet, und wie bie Hauptcella von mehreren
Heinen Zellen umgeben. Im dem ganzen Ban fand Terier nichte
ben römifhen ober griechifchen Bauten Vergleihbares, vielmehr "
Manches was ihn an die Einrichtungen der Bauwerke zu Perſe⸗
polis erinnerte. Man würde, fagt er, nicht auf den Gebanfen
kommen, hier einen veligiöfen Bau vor fid zu haben, wenn man
nicht am Nordende der ganzen Tempelesplanabe gegen ben tiefen
Einfänitt des nörblichen Flußthales, an dem ein Theil des Dorfes
ft, einen Felſen hervorragen fähe, deſſen oberer Theil durch Kunft
geebnet und zu einem Altare eingerichtet war, am welchem mod,
viele Locher für die Metallllammern und Stangen zum Zufammen-
halten von Quadern zu fehen waren, bie gewaltſam auseinander
geriffen in Trümmern liegen. Wo hier die Stelle gemefen, an ver
nah Strabo's VBeriht über Tavia, der Metall-Coloß des
Zeus (6 Tod Aids xoAooadg xulxoög XI. p. 667) ‚geftanben
haben follte, blieb Terier ungewiß; doch konnte man ſich die un.
gededte Tempelcella ober einen Raum auf ber Esplanade mol als
dazu geeignet denken, ber ben ganzen Temenoe als das heilige Aſyl
bezeichnete.
Mehrere der über dieſer untern ZTempelftätte ſich erhebenden
Recht. Ufer. d. Halys; Architeeturen zu Boghaz kjbi. 381
Feldtuppen zeigten Spuren bearbeitender Menſchenhand. Ein folder
Fels im S. O. ver Tempelruine war durch Kunſt in feiner Mitte
zu einem Durchgange durchſchnitten, deſſen Wände man polirt
hatte. Ganz nahe von ihm ſüdwärts zu einem Bache, der ſich ziwi«
hen beiden Slüffen zum füblichen verfelben fortfchlängelt, traf man
auf ven Eingang eines halbzugefhlämmten unterirdiſchen Gan-
ges, der gegen ben untern Tempelraum zulief, in welchem man
- aber mit Fadeln nur etwa 300 Fuß weit vorbringen konnte, ohne
fein Ende zu erreichen, ober feinen Zwed erforſchen zu können.
Aehnliche Stolleneingänge mit polirten Seitenwänden ließen ſich
mehrere auf der Tempelterraſſe wahrnehmen, alle von fo eigenthüm⸗
licher Conſtruction, daß ihnen Terier ven unbeflimmten Namen
mpelasgifcher Eonftructionu beilegte, um fie wol nm von -
befannten griechiſchen ober römifchen Eonftructionen zu unterſcheiden.
Den Bad, füdwärts überſchreitend, gelangte man ‚auf den Rüden
einer Anhöhe, die ſich zwifchen ibm und dem noch füblichern Fluß,
alfo zwiſchen zweien Waffern, von Weit nach Oft immer höher und
höher emporhebt bis zur Lage der oberen Stadt auf der Berg
Höße, wo fenkrechte und überhängenve Felſen ſich weithin verbreiten.
Den niebrigften bortigen Felſen nannten die Dorfbewohner Kyz -
taja, ndber Mädchenſtein«, ber wol einer Legende ober einer alten
Göttin als Gegen-Altar dem großen Altar im Norbin gegenüber,
meinte Terier, feinen Namen verdanken mochte. Ihm im S. O.
fleigt eine noch größere Felshöhe auf, mit einem auf ver Höhe fehr
gut erhaltenen pallaftähnligen Mauerwerk von trefflih ge
tänberten Ouaberfteinen in einem Bierjeit von 80 Fuß jever Sei⸗
tenwand578); eine wahre Ucropolis, zu ber ein Felsweg empor«
führt, ohne alle Imfeription und Ornamente, aber mit innern
Abtheilungen und einer großen Eifterne an einer Ede. Eine zweite
Acropolis”), deren Mauern noch von andern Felshöhen überragt
werben, bie aber ſelbſt das Thal, in welchem ver Kyz⸗kaja fih
echebt, dominirt, ift ihrem Innern nach fo zerflört, wie fein andres
der Dentmale, alfo wol befonberes Ziel der Eroberung von Feinden
geweſen; fle Liegt im NO. ver vorigen und ift theils grablinig,
theild mehr zugerundeter Art.
- Nur wenige Schritt weiter, fo erreicht man bie mächtig große
Esplanabe auf einer Telshöhe, die von 3 Seiten ganz unerfteiglic,
iſt und der zweiten höhern Acropolis zugehört. Sie zeigt
) Tesier Le. PI.LXXXIIL ) ebendaf. LXXIU. u, LXXIV.
382 alein⸗ Aften. 6.7.
weniger Bebauung als nur Verſchanzungen ohne beſonders zu be
merfenden Zuſammenhang, und ſcheint nur zum Schutz der untern
Stabt beftimmt geweſen zu ſein. Der Ueberblid von hier Täßt ganz
deutlich die untere Stadt mit vem großen Tempel in der Mitte
und ben fie umgebenven Wohnungen für bie Dienerſchaft von ber
obern mit ihren meitläuftigen Berfhanzungsfyftemen für jene un⸗
terfcpeiven. Die Mauerumfhanzungen, bie das Ganze umgeben,
ziehen ſich fehr weit umher; die Mauern haben meift eine Dide vom
15 bis 18 Fuß, fie laſſen fi zu Pferde um ven ganzem Umfang
der antifen eigenthümlichen Stabtanlage verfolgen. Sie beftehen aus
poröfen (pierres seches bei Terier), wol trachytiſchen polngo-
nalen Steinen an den Außenränbern und find im Innern mit
Bruchſteinen ober Heinen Steinen ausgefüllt, im fogenannten pelate
giſchen Styl meifterhaft ausgeführt; eine Vruftwehrlehne von 60 $.
Breite, im Winkel von 39° ſchützend, mit Thoren, an denen Lö-
wentöpfe die Ornamente bilven, wie fie nie im griechifchen ober
romiſchen Style vorfommen. Das befterhaltene Thor ift am ver
Südfeite ftehen gebliebenS®), von coloffalen Pfoften und Querſteinen
aus Breccin-Marmor aufgeführt, und hat fo fehr ven Character
alter cyelopifher Bauwerke, daß Petit Nadel im feinen
Recherches sur les Monumens cyelopsens p. 319 mehrere derſel-
ben mit publicirt hat.
Nur zwei Thirme zeigten ſich als Wachtthürme gegen bie
Stabtfeite zu; fonft finden ſich feine Spuren von ihnen in ber gan-
zen Ummauerung. . Dagegen liegt an 100 Fuß feitwärts eines
Thors bie Oeffnung eines geheimen Ausfallthors, deren Eingang
bem in ber Nähe bes Tempels der eigenthümlichen Eonftruction nad
(en ogive) fehr ähnlich ift, aber unterirdiſch nur 400 bis 500 Fuß
weit verfolgt werben konnte und feine Richtung, der Bouffole nad,
in die umgebende Wildniß nahm, wo man im bem Walbpidichte
jedoch feine weitern Spuren von Menjchenhand wahrnehmen Tonnte.
2. Die enge Felskluft mit ven Sculpturen des gro»
Ben Basreliefs Jazylykaja, d.i. befhriebener Felſensih.
Eine halbe. Stunde fern vom Dorfe, fagten die Bauern, follte
es noch eine andre beachtenswerthe Stelle geben, bie fie rben be»
ihriebenen Felſen (Jazylykaja)« nannten. Der Weg, ben
fie ihn dahin führten, zog durch eine Wildniß, die niemals bebaut
#0) ebendaf. PI. LXXKII. °*) Ch. Texier, Deser. de FAsie Mineure I. c.
L pn 21226. .
Rechtes Uferland des Halys; Jazylykaja. 888
geween zu fein ſhien, und in welcher bie Führer ſelbſt ſich kürch-
teten nur eine Nacht darin zuzubringen. Auch zeigte ſich feine
Spur von Menſchenhand, bis man um vie Ede eines Felſen trat
und plöglic) ver Bli in bie enge Schlucht von hohen Felswänden
fill, die and) am Ende ihrer Erftredung durch quervorlaufende Fel⸗
feamände gefäloffen war und das Denkmal ver Barbaren erbliden
ließ, welches die größte Ueberraſchung hervorbringen mußte, Bor
Freude gab Terier feinen Führern über bie Entvedung ein gutes
Trinkgeld (Baljchifh), was aber leider ven Wahn ber Leute beftärkte,
daß hier große Schäge zu heben feien, weswegen fie nun mißtrauiſch
wurden und ihn bei feinen Unterfuhungen nicht mehr aus dem
Auge verlieren wollten.
Eingang zur Felſenhalle.
Der Fels war bie auf theilweiſe Verwitterung vollſtãndig er-
Selten, und ftellte eine von allen Seiten von Natur feftungsartig
umfchloffene Felſenhalle dar, deren geglättete ſenkrechte Felfen
mit einigen 60 menſchlichen Figuren in Basrelief bededt waren.
Der natürlich durch zwei lange Seite und eine fürzere Querwand
von Felſen gefichert eingeichloffene laͤnglich gedehnte vierfeitige Raum,
mit einem einzigen ſchmalen Seljeneingange von Süden her, ſchien
anch durch die Kunft noch in feiner Verſchanzung vervolftänbigt zu
fen, um unter freiem Himmel einen in feiner Art einzigen und
eigenthumſlich geregelten Felſen ſaal zu bilden, ber dazu beftimmt
war, den. feierlichen Alt eines Friedens» ober religiöfen
Sreunpfhaftsvertrages zwiſchen zwei Völlerſchaften im fom-
boliſcher und kunſteeicher Darftelhmg aus einer früßeften, Längft in
Bergefienheit verfunkenen Vorzeit auf die Nachwelt zu übertragen,
Die Sculytaren umd Felstafeln mit dem Figuren, zum Theil in
menfchlicher Größe und wirbenoller Haltung, folten fir ſich ſelbſi
ſprechen: denn feine Inſchrift begleitet iwen Pompzug, ber zu beiden
384 alein · AIflen. Er
Seitenwänben nad) ver Mitte zu fich zu Bewegen ſcheint, wo zwei
höhere Herrfchergeftalten (in der Mitte des Hauptfelves Nr.5beia u.b.)
mit ihrem Hofftaat und ihren Attributen an ber Querwand am
Schluſſe des Felſenſaales einander gegenüberftehen.
Acht verfchievene, aber zufammenhängenve Flächen von Fels⸗
wänden von mehr ober minderer Größe und Regelmäßigfeit, mit
Sculpturen menſchlicher Figuren in den verfchiebenften Trachten und
Stellungen bededt, welche in verfchievenen Winkeln und Vorſprüngen
aneinander gereiht ſich unterſcheiden laſſen, bedürfen einer beſondern
Betrachtung. Bier derſelben bilden vom Eingange aus bie linke
Seitenwand, drei die rechte Seitenwand, deren Figuren ihre Rich-
tung aber beiderſeitig gegen die Mitte zu der Haupttafel auf der
Querwand (Nr.5) nehmen, wo ihre koniglichen Gebieter ſtehen,
deren Leibwachen ever Boll ober ‚Hofftaat in Reihe und Glied auf-
geftellt fich gegenfeitig zum Hauptact in verſchiedenem Ornate mit
ihrem Hofgefolge begegnen. Auf ver Linearzeichnung ift Die über
ſichtliche Lage der Anordnung gegeben, auf beiliegenden Tafeln I.u.II.
mit den zugehörigen, ven Nummern ber Linearzeichnung entſprechen ·
ven Seitenflächen die. Aufeinanderfolge der Figuren felbft in ihren
Umriffen vargeftellt, melde zum Verftänbniß ver Befchreibung dienen
mögen. Wenn babei "bie Namen Stratioten, Strategen,
Doryphoren, Pompa der Doryphoren, Hofämter u. A.,
wie fie Terier nad} perfiihen Monumenten in Perfepolis auch auf
„ ähnliche Darftellungen dieſes Denfmales anwandte, obwol hier doch
wieber ganz verjhiedene Verhältniffe in der Darftellung vorliegen,
vorkommen, fo find dieſe Benennungen nur ber Kürze, des Bere
ſtändniſſes und ver Bergleihung wegen mit Terierd Driginal«
beſchreibung beibehalten worben.
Die linke Seitenwand5%) vargeftellt auf beiliegender Tafel
mit Copien nach Terier Taf. I. 1u.2 Taf. Vol. I. 3, 34).
1. Die erſte Tafel am Eingange des Felſenſaales, bie
Stratioten bei Terier, zeigt eine Reihe von 13 Männerfiguren,
alle in verfelben Stellung aneinander gereiht, mit zwei Boranfchrei«
tenden, wie Anführer; Jünglingsgeftalten, alle in derſelben leichten
kurzen enganfcjliegenden Tunica, aber ohne Waffen, - im conifchen
Helme mit leichter Beſchuhung und zurüdgebogener Schnabelfpige.
Ihr linker Arm ift aufwärts geſtredt im der Stellung von Bogen
fchügen, aber ohne Bogen; eben fo die Rechte, mit etwas zuräde
#2) Texier 1. o. Planche LXXY.
Seulpturen zu Jazylytaja. . 885
gehaltenen winfligen Ellenbogen. Alle wie in raſchem Schritte mit
dem linken Fuße voran, in fanfter Bewegung ſcheinen wie im vegel«
mäßigen Tactſchritt oder tactmäßigen Tempo begriffen zu fein, wie
bei Scmittertängen noch heute in Rande, ober wie bei der Romeila
in Jenien, oder wie diefe Bewegungen auch bei Moslemen im füb-
lichen Nußland bei Feſttänzen im Gebrauche find. -
Diefe Figuren ſtehen gegenwärtig nur 3 Fuß über dem Boben,
der aber wol durch den Schutt‘ fo vieler Jahrhunderte fehr erhöht
M. Die Wände find mit einer Krufte von Lichenen überwachen,
ſcht veraltert; die Gruppe hat mehr durch die Zeit ald durch Men-
ſchenhaͤnde gelitten; die Eopien mögen von manden ver fhwerer zu
erlennenden Gegenftände nicht ganz leicht geweſen fein.
2. Zweite Tafel (Nr. 2), ſ. Tab. I. 2, die Strategen.
Sie zeigt 3 Figuren mit Bärten, mit berfelben Kopfbededung;
außer der kurzen Tunica ift jede Figur auf der Hinterfeite nod mit
einem langen Mantel (ob eine olovgru, bei Herod. IV. 109 und
VIL 67, wie Zerier dafür hielt, und wie fie die Caspier trugen)
behaͤngt; eine 4. Figur, ohne biefen Mantel, fchreitet jenen dreien
voran.
3. Dritte Tafel (Mr. 3), ſ. Tab. 1.3. Die Pompa der
Dorgphoren bei Terier (eigentlich Lanzenträger, die aber hier
keine Lanzen tragen, ober im allgemeinen Sinne Leibgarven, wie bei
Herod. I. 59, 91 a. a. D.). Sie zeigt zunächſt 9 bewaffnete Männer»
figuren, die Geſchenle oder Embleme bringen; vie beiden erften
Männer haben lange Bärte, tragen nad) vorn gebogene barbariſche
Spigmügen, melde serobot bei ven Safen over Schthen VII. 64
Kugßaotn nennt. Sie tragen ein in die Quere gefreiftes Gewand,
wie eim mediſches, das unter der Bruſt gegürtet lang herabhing
(Strabo XI. 530), ober vielleicht nur, was Herobot bei den Safen
bie dvaßvglöss, d. i. braccae, der Art nennt, wie fle noch heute
die Türken tragen. Beide Gebarteie halten in ber rechten Hanb
Embleme, die Terier dem äguptifchen Kreuzfchlitffel vergleicht,
wie mehre der folgenden Zeichen, wobei jedoch zu bemerken ift, daß
das wahre ägyptifche Symbol (crax ansata; la croix ausde
&gyptienne, nad) Letronne)®) niemals außerhalb Aegypten ver-
breitet wurde, außer etwa in einigen Fällen bei Perfern.. Man
Gmte dieſe Zeichen auch für Blumen halten. Der dritte voran»
gehende bartlofe Mann trägt eine gerundete Keule (6öruAor, in ver
#7) Letronne in Rerue archeolog. Annde 11.2. 184546. p. 665—675-
Ritter Erdkunde xviu. 8
886 , Klein-Aßen. $. 7.
aſſhriſchen Bewaffnung bei Herob. VIL.63). Die 4 und 5. Figur
find unbewaffnet, in kurzer Tunica, vie 6. trägt wieber eine Keule
wie die Aſſyrier im Perſerheere Keulen ſind auch 3* noch die
Bafien arabiſcher Horben in Mefopotamien. Der 7. Maun trägt
in beiben Hänven eine unlenntliche Gabe; 8 und 9 find mit Keulen
bewaffnet, der Vorberfte trägt eine Gabe "wie ein Gefäß geftaltet,
Diefer Tafel entfpricht auf ver gegenüberliegenden Felswaund
zur vechten Seite (unter Nr. 7) eine ähnliche Reihe bewaffneter oder
Embleme tragender ober Gaben bringenber, von benen Drei krumme
Säbel tragen; fie find nicht genau abgebilvet worben. _
Mitten zwifchen biefem Pompzuge ift ein Bild zweier monftrdfer,
mehr zwergartiger Figuren mit fpigen Ohren angebracht, bie eine
Barke zu tragen ſcheinen; fie find die einzigen von ber Vorderſeite
abgebilbeten Figuren. Die Barke, welche Terier für das Symbol
der Seemacht dieſes Volls hielt, Yönnte nach Hafe auch ein großes
Waſſerbeden, gleichſam ein nehernes Meer⸗ von Statuen getragen
vorftellen follen, das wie bei andern Feſtzügen zu Luſtrationen bie
nen konnte, zumal da hier. Beine Quelle in ver Nähe fich zeigt. Alle
andern Figuren find im Profil abgebilvet, und dieſe bewegen ſich
nad) der Mitte ber Querwand zu, während‘ jene Zwergheſtalten
daran feinen Antheil nehmen.
4. Bierte Tafel (Ni.4), |. Tab. J. 4. Sie ftellt ſchon bie
Hofämter höhern Ranges vor, die ihre ganze Darftellung be
zeichnet. Sechs hinter einander ganz verſchiedenartig coſtümirie
Figuren. Die erfte ift eine bis zu ven Füßen hinab ganz wie mediſch
belleidete weibliche Figur; auf-ihrem Rüden find ein paar Flügel,
wenn es nicht Köcher fein follen, angebracht, wie ſie auch auf einer
andern Denktafel®%) nur vollftändiger abgebilvet, vorfommen, und
ſchon durh Layard mit ben geflügelten Götterbildern ver Perſer
zu Perſepolis und anderwärts verglichen worben find). Sie trägt
in ber linlen Hand einen Kreuzſchlüſſel, in der rechten einen gebe
genen Scepter ober Lituus, gleich dem Stabe römifher Auguren.
Ihr fchreitet ein gebarteter Mann mit hoher breifpigiger Mütze
unb etwas anders geformten Flugelanhangſeln voran, die noch eher
kocherartig ausſehenʒ biefen zwei, ob männlidje oder wol eher weib ⸗
liche Figuren, in large faltige Gewande gefleibet, die auf dem Haupie
runde Rappen wie Helme tragen, in ben Hänben aber im ber rechten
#8) Texier 1.
remains.
Planche LXXIX. ®») A. H. Layard, Ninereh and its
. Ed. London 1849, 8. Vol. IL. p. 449.
u
Seulpturen zu Jazylykaja. 887
einen runden Spiegel ober eine finde Opferfchanle, in der Finden
eine Sichel, vieleicht wie Rornähren zum Opfer darbringend, ben
fe ſcheinen Prieftergeftalten zu fein. Ihnen ſchreiten wieder ein
Paar Männer mit ver hohen Kegelmäte voran, von benen der eine
geflügelt ift, gleich ven vorigen, der andre nur mit venr linken Ellen-
bogen auf einem Stabe ruht.
Das ift das Weſentliche ver Darftellung auf ber linken Seite
des Felsthales, deren feierlicher Proceſſion an der Spitze die größere
Geſtalt eines Prinzen vorangeftellt ift, der ſchon im bie Hauptiafel
einſchreitet, dem die genannten Hofchargen, die Gabenbringer, dann die
Strategen umd zulegt die Stratioten ohne Waffen folgen, ein Bolt
vorflellend, in der taftmäßig fortſchreitenden Stellung eines siefeit
nur kriegerifch georbneten Tanzes.
Die rehte Seitenwand, f. Taf. II. 7u.8. Diefe Wand
des Felsſaaleg bei Nr. 8,7 u. 6 zeigt eine ähnliche Proceſſion, aber,
eines andern Volles, in verſchiedenem Coftüm, tritt weniger harac«
teriftifch hervor, daher nicht voßftändig in allen Einzelheiten copirt.
Die erſte Tafel der vehten Seite am Eingange, bei Nr. 8, zeigt
auch 13 Männerfigurren, ähnlich denen der linken Seitenwand; dann
treten ähnliche Gefolge (bei Nr. 7) wie dort auf, aber in Frauen ⸗
geftakten, 10 an ber Zahl, vie eine chylindriſche Tiara, Ahnlich einer
-Manerkrone, ald Kopfputz tragen, lange auf ven Rüden herabhan ⸗
gende Haare haben nnd in faltigen großen Roben einhergehen, bie
wit einem Gürtel befeftigt find. Ob die Stäbe ober Bogen, die
fie vor fi haben, von ihnen getragen werben, ober zu ihrem Ans
zuge gehören, ift nicht deutlich zu fehen. Im einer Heinern Geiten«
bucht des Felſen find 3 Geftalten in gleicher Tracht (bei Nr. 6),
welche jene 10 Frauen anzufähren ſinen), alſo wieder an 13
Figuren, mit jenen ber vordern Tafeln zufammen in allem 26, bie
alle ihren Blid gegen das mittlere Hauptfeld der Querwand gerichtet
haben und fid ihr entgegen zu bewegen feinen.
Die mittlere Hanptwand®”) bei 5, au.b. Taf. J. In
ihr begegnen ſich die Spigen beider Pompzüge zu einer feierlichen
Hemblung. Auf dieſem Basrelief haben die menſchlichen Geftalten
eine bie vorigen welt überragende Größe erhalten; fie find mit ber
fombrer Sorgfalt ungemein lebhaft dargeſtelit. Sie durften bei ger
sauerm Studium teſondera geeignet fein, das Räthfel des Mon
) Texier 1. c. I. Pl. LXXV. Fis. 2. °”) Texier Pl. LAXVIII.
862
ses lein⸗Aſien. 8. 7.
mentes zu löſen, über deſſen Entſtehung bie Geſchichte vbllig rathtes
geblieben iſt.
Alle Hauptſiguren find auf erhöhte Unterlagen theils wie über
Berge und Felsſpitzen fortfchreitend, theils auf Rüden von Thieren
ober Menſchen geftelt, ihnen ein erhabenes herrfhenbes Anſehen zu
geben, oder ihre Heimath als Bertbewohner zu bezeichnen. Drei
gebartete in Kurzer Tunica mit krummen Schnabelſchuhen und hohen
Regelmügen gefleivete und bewaffnete helvenmäßige, aber barbarifche
Männergeftalten von übermenfchlicher Größe gegen ihr Gefolge,
treten von ber linfen Seite gegen die Mitte ver Tafel hervor, wo
ihnen eine Gruppe von 4 gleichfalls Hochgeftellten mehr weiblichen
ober priefterlichen Geftaltungen in weitläufigen Gewänbern und
friedlichen Stellungen entgegentritt, wad bei Teriers erſtem A
bli die Meinung veranlaßte, hier den Act des Zufammenkommens
zwiſchen Safen (d. i. Schthen) mit Perfern ober wol gar mit
Amazonen bargeftellt zu ſehen, während Hamilton in ihmen
Triegerifche Phrygier und weibiſchere Lyd ier bargeftellt vermutheie.
Jede der hier auftretenben Perfonen ift von ber andern durch Co
ftüm- und Attribute verſchieden.
Bon den drei gebarteten auf Bergſpitzen Hochgeftellten wol färfe
lichen Männerır ift der erſte mit bem Mantel, ver oben genamnten
Siſyrna, auf dem Rüden befleivet, unb hat feinen Ellenbogen des
Tinten Arms auf einen Stab geſtützt; der zweite trägt in ber Rede
ten eine Keule, hält in ver Tinten ein grabes Schwert hoch empor,
über ihm ſchwebt das Heine, dem Potosfchlüffel (ernx ansata) ver-
glichene, ſymboliſche Zeichen mit einem Doppelhenkel in der Mitte.
Der Vorderſte der drei, ſchon durch feine Größe vor allem andern
als König herbortretend, zeigt ſich mit ver Keule in der Rechten
der hohen Kegelmüge auf dem Haupt und ber Streitart, einer
Sagara (Suyapıg bei Herobot VII. 64, wie die Salen ober
Scythen fie tragen) im Gürtel. Ex ſchreitet mit feinen ſtark go
krümmten Schnabelſchuhen wie ein Sieger auf den Köpfen zweier
nad) vorn gebüdten bärtigen alten Männer, wie Gefangene, einher,
bie mit nad) vorn gefrümmten Spigmüten (Kyrbaſſen) befleidrt
find und ganz unterthänig erfcheinen. Im der linken Sand hält
biefer König das eigenthümliche, dem im Lotoslelche ſtehenden Nil
ſchluſſel ähnlich genannte, aber Teineswegs gleiche Symbol, das er
der ihr gegenüberftehenven Königlichen Figur entgegen hält, weldher,
wie ihm ſelbſt, zu den Füßen das Symbol des Einhorns zur Seite
abgebildet in.
Seulpturen zu Jazylykaj. 889
4
An der Spitze der (bei 5, b) gegenüberſtehenden Gruppe ver
4 Figuren der Haupttafel fteht eine Königin, wenn fie nicht etwa
die Göttin der aſſhriſchen und andern mebifchen Bölfer (die Anai-
tis ober Aftarte felbft?) in Geftalt einer Königin vorftellen foll,
deren Attribute fie als ſolche zu verfünbigen feinen. Als große
weibliche Figur in ihrer Rechten einen Scepterftab haltenb, trägt fie
anf ihrem Haupte die befannte Mauerkrone ver Cybeke und ſteht,
wie die Mylitta des Tempels zu Hierapolis (in Lucian. de Dea
Syra 31, 22), auf dem Rüden eines Löwen, im langen faltigen
Gewande, zu dem das lange Haupthaar auf dem Rücken bis zum
Gürtel Kerabhängt, gleich den beiben hinter ihr in ähnlichem Coftim
ihr folgenden Begleiterinnen, die aber nicht auf Thieren ftehen, und
ohne Zeichen Löniglicher Symbole, mit Stäben in ven Händen, Prie⸗
Rerinnen ober Hoffrauen vorſtellen mögen. Die königliche Frau
aber reicht ver ſakiſchen Königegeftalt ein dem Doppelhentel nad
gleichartiges Emblem entgegen, das aber flatt des Lotodkelches
aus einem Kreuze hervortritt, fo daß beide Emblem fich wie
Symbole eines übereinftiimmend gemeinfam abgejchlofienen Friedens⸗
oder Freundſchaftstractates zu berühren feinen, und an ähnliche
Darftellungen von -Frievensabichläffen bei alten ſaſſanidiſchen und
parthiſch· perfiſchen Monumenten zu Schahpur und anderwärts erin-
nern (f. Erdk. Weftafien. Th. VIII. 1838. ©. 830 u. f., wenn biefe
ſchon aus fpäterer Zeit fein mögen). Ueber dem Haupte biefer
Biniglihen Frau ift nach der Rüdfeite daſſelbe zweigehenkelte
Emblem ganz roh nach unten in ein paar Menfchenbeine auslau-
fend, aber nach Wet ſchwebender Genien angebracht, wie ſolche per
ſiſche Königsfiguren in deren Meliefs zu überſchweben pflegen.
Die einzige männliche ber vier, biefer hohen Frau zugehö-
tigen Geftalten, von nur wenig geringerer Größe als ber König,
aber größer als das Gefolge, fteht ebenfalls echaben auf dem Rüden
eines etwas Heinern Löwen; er trägt den Scepterftab in ber Rech⸗
ten, ven Stab mit einem Kreuze endenb in ber Linfen, mit der hohen
Kegelmüte auf dem Haupt und der Streitart, der Sagaris, im
Gürtel, der feine kurze Tunica zuſammenhält; er ftellt unftreitig bie
nachſte prinzliche Perfon nad) der Königin vor. Die ganze Oruppe
beſchließt zu ihren Füßen, wie auf einem Felsgebirge ſtehend, auf
welchen bie Löwen ihre kühne Stellung erhalten haben, ein Dop» _
peladfer mit ausgebreiteten Flügeln, mit vem Rüden an bie
Bergwand gelehnt, in bemfelben Styl gezeichnet, wie der am Thor
der Bogelwähter zu Ujuk (f. ©. 152). \
300 Rein · Afin. 6%
In diefer für ſich aus einigen 60 Perfonen beſtehenden und and
räumlich abgefchlofienen Seulptirrgruppe ift die Darſtellung der bifto-
riſchen Bedeutung eines religiös-politifhen Actes zwiſchen
zwei verfhiebenen Böltern einer Bprzeit wol ſchwerlich zu
verlennen, ber ihnen wichtig genug war, durch ein banernbes Mor
nument auf ben Felswänben, da bei ihnen noch Feine Annalen andrer
Art im Gebrauche waren, denfelben auf hie Nachkommen zu über-
tragen, das auch ohne Schrift, die ihnen wahrſcheinlich neh
fehlte, denn nicht Die geringſten Schriftzüge kommen in den hieſigen
Sculpturen und Architecturen vor, doch gemeinverſtändlich fein mußte, -
Abgefonbert von jener Gruppe, aber doch in ihrer Felsumgebung,
finden ſich noch einige andre Sculpturen ähnlicher Art, die mit jenen
im feinem bivecten Zuſammenhange ftehen, aber doch aus derſelben
Epoche ſtauumend zu ihrer Erläuterung werden dienen fönnen, wenn
man bereinft vurh Ausgrabungen an Ort und Stelle auch noch
audre verſchilttete Denkmale auffinden könute, don denen mande
Spuren fon Halb aus dem Schuttboden hervorragen, und ſcheu
von Ter ier bemerkt wurden.
Ir Süden jener Abbildung ber großen Proceſſion, vor dem
Eintritt zu ihr, unter einer großen ſchützenden Felswand, wieder
holt fid in cofoffaler Geftalt jenes königliche Frauenbilvs®), was
bier noch mehr in Hoher Prieftergeftalt oder felbft als Götterbilb
erſcheint. Nicht auf einer Köwengeftalt, fondern wie auf zwei Ber-
gesfpigen ftehenb, Hält fie den gefrümmten Scepter in ber einen
Hand, in ber andern eine Art Aedicula wie eine Monftranz enpor-
haltend, mit ber geflägelten Kugel und verſchiedenen Eimblemen, bie
an ben großen Schupgenius im Murghabthal zu Perfepolis erin-
nert, deſſen treffliches Abbild Ker Porter®) gegeben hat, weshalb
Terier dieſes Bild ven Padiſchah ober Briefterfönig genannt
bat. x ift uoch viel forgfältiger als Wasreief mit tefflicher ve⸗
litur, bie vielleicht auch den andern nur mehr veriitterten Scale
turen nicht gefehlt haben mag, ausgeführt, und hat ſich vortreffüch
erhalten. 5 “
Ein paar andre Basrelief3®)- mit mehr monftrjer Compo-
tion und einem Gemenge von Formen und Idolen verfchiebener
Localitäten Inmer-Aftens, ſelbſt Indiena, mit Lwen und andern
**) Texder, Planche LXXIX. Fig. 1,2 u.3. Auf beiliegender Tafel IL
Rr. 9. *°) Rer Forter, Trav. London822. 4. Vol, I. Tab, UI.
9.492. "dk 9r10,11,12 7.
\
Scälpturen zu Jazylykaja. 391
Seſtalten und verſchiedenen Coſtümen, an perfiſche ober aſſyriſche
Darſtellung erinnernd, ſcheinen es nur zu beftätigen, daß biefe Aufl»
geũbteren Arbeiten den vorperſiſchen, etwa mediſchen Siegern über
die Salen ober Altern Seythen angehören, bie einft eine fo große
Rolle in Borberafien fpielten, mit denen ber Cultus der Anaitis,
Mylitta ober Göttin von Comana, ſich über Cappabocien durch Bor
derafien verbreitet Haben mag. Die regelmäßigen: Ueberfälle ver
barbariſchen norbifchen- Nachbaren, von. venen Strabo unter. bed
Nomen der Saken und Schthen in Armenien bis zum pon-
tiſchen Eappabocien fpricht, venen früher mediſche Inhaber des
Landes alljährlichen Tribut zahlten, bie wieber mit ihnen i im Fehde
geriefhen, dann neue Friedensverträge abfäjloffen, che jene vbllig
ms dem Lande zurüchgeſchlagen werben Tonnten; dann aber auch der
Tempelcultns ver Anaitis, bes Omanes und anbrer affyri«
fer und perſiſch verwandter Gotter, ber mit den Feſtfeiern ber
Sacäen in den Ländern oftmärts bes Halys allgemein als Volls⸗
religion Wurzel faßte (ſ. Strabo XI. 511—512), ſcheinen einige
Fingerzeige zum Verſtändniß über diefe. monumentale immerhin
rüthfelhafte Gruppe geben zu können, deren Entwirrung wir ben
Archäologen von Fach überlaffen müſſen. Auf eine Erkläruug
vom rein mythologiſchen Stanbpunct ift kürzlich Fr. de Rouge»
montl) eingegangen, bie wir ben Müthologen zur Beurtheilung
anbeimftellen. Wir erinnern hier nur, daß in Folge ver Einwürfe®),
welche gegen bie ganz unpaffende Wentificirung der weiblichen Fir *
guten mit ben blos mythiſchen Amazonen und bes Locales mit dem
zu Themischen am Pontus, wie gegen pelasgiſche Eroberer gemadıt
werben konnten, was ganz außerhalb eines hiftorifchen Bodens ſteht,
ZTerier bald feine erfte Anficht vom pelasgifchen und amazonifchen
urſprung von felbft .aufgab®), worin ihn auch ein feiner Renner
des Alterthums, unfer verehrtefter Gönner, ver Alademiler Hafe,
fon aus dem Grunde beftärkte, weil bier Teine ber für weibliche
Figuren gehaltenen Geftaltungen bewaffnet und zu Kriegsthaten ge
räftet ift, wie doch bie Amazonen überall, vie mehr jedoch ber Fabel
als der Hiftorie angehören, mo fle abgebilvet erſcheinen.
Manche Einzelnheiten des feltfamen Denkmals vorzeitiger, vor
allem lem Eiufluffe griechiſcher Yunft wie vor bem fpäterhin fo allgemein
en) Le Peop Le Penple primitif, ea Religion etc. Genzve 1855. 8. T. I. p. 263 u.
Note H. p. 292. © °°).G. Kramer, Cenno sulle ultime Scoperte del
8. Texier, im Bulletino dell Instituto di Corresp, archeologic, Nr. HIT.
Marzo 1835. p. IT. ) Texier, Deser. de Yäsio Min, I. 9.219
30 alein⸗Aſon. 4.1.
geworbenen Schriftgebrauche, Tönnten nur oberflächlich an äghptiſches
Weſen wie etwa ven Lotoslelch u. A. erinnern, der aber auch in ber
Hand des Königs der Perfer und feines Gefolges zu Tſchilminar,
ober die geflügelte. Kugel oder Sonnenfcheibe, bie aber auch in Per-
fepolis und Nalſchi Ruftan bei den. Saffaniden nicht fehlt).
Eine gewiſſe mehr aftatifche Analogie mit der Anlage perfiicher
Felsſculpturen ift im Jazyhlykaja nicht zu verfennen, die ſich and
auf perſiſchen Reliefs zu Perjepolis, Nakici Ruſtan, Bifutun da-
durch bewährt®), daß auf ihnen das Auge in dem Profilkopfe doch
ſtets en fage abgebilvet ift, da die Kunſt noch in ihrer elementaren
Entwicklung begriffen war. Doch tritt aud wieder der große Un.
terſchied vom altperſiſchen Styl dadurch hervor, in Sculptur wie in
Architectur, daß dieſer ſchon weit Tunftvoller durchgeführt ift, im
lodigen Haupt und Barthaar, im mediſchen Gewande u. a. m. und
überall ſy mmetriſche Anorduung hat, die hier in der Sculpkur
von Yazyly-faja wie in der großen Tempelanlage, Architectur uud
Beheftigungskunft von Boghaz-Fjdi, ver Nachbarſtadt, bie doch
wol zufammengehören, völlig vermißt, die Baukunſt und Sculptur
der Perfer und Meder aber überall von Keilfchrift begleitet wird.
Derner bemerkt Hafe, daß auf den Monumenten der Perſer von
Darius bis auf die Nachfolger Alerauders keine einzige weibliche
Figur vorkommi, die doch hier ebenbürtige Rollen wie die Männer
einnehmen. Man Tönnte bier, jagt derſelbe Gelehrte, wol dem
hohen Alter und der Gegend nach etwa an einen Triumphzug der
Semiramis denen, da bie mit ihren Namen bezeichneten Deut:
male durch Klein-Afien fo allgemein verbreitet find (f. Malatia,
Tyana, Zela u. a.); aber mit biefen find body meift ſchriftliche
Autoritäten über doch Sagen verbunden, die hier nur als
Apotheoſe einer Aftaroth, Aftarte, Melittau. ſ. w. erſt mit bem
Felsabbilde in Verbindung gefegt "werben müßten. Zieht man bie
Auffinbung der Heiden coloſſalen Bogelwädhter am Thore zu
Euyul mit zu der hier befprocenen Gruppe, fo entfprechen biefe
dem Sinne und dem Styl nad) dem Stierwächter zu Perſepolis und
Khorsabad, und dem affgrifc-orientalen Gebrauch ber Negypter, wie
dem ber Bewohner Ninives, Menjchenföpfe mit Thiergeftalten zu
paarenꝰ), ald Symbole ver menſchlichen Seele und ihrer Herrſchaft,
5%) Ker poriar, Travels. 1. Pl. XVIL. > M, Hase; Rappat L.c in
Journal d. Sarans. 1835. p. 37200. °°) Adr. de
‚Reruc Archeolog. Paris 1845. IL. p. 7
Seulpturen zu Jazylykaja. 3983
we ber Stier mit dem Menſchenlopf in ber perſiſchen Theologie
fogar den Keim des Menſchengeſchlechts bezeichnet; hier ſtehen bie
Herrſcher felbft noch anf ben 2öwenleibern. Ein ſehr Hohes Alter
vor aller fpätern orientalif—hen Sitte ergiebt ſich au daraus, daß
den weiblichen Köpfen -vie Zugabe bes Schleiers fehlt, welcher
fon feit Cyrus und dann Muhammeds Zeiten eine unentbehr-
liche religiös ſittliche Bekleidung ver Weiblichfeit durch den ganzen
Drient geworben ift, bie felbft hen im Hohen Liede Salomons
6,7) und in den Prophetengeiten nicht ‚fehlte (Jeremias 2, 82;
Jeſaias 3, 22). Der Löwe ift dagegen ver Begleiter ver Könige
im warmen eupbratenfifchen Orient, nicht aber ein Geführte ber
Saten aus dem Yaufafifchen Norben.
Sollte das Bild vieleicht, fagt der Atademiler Hafe, eine Hos
friedliche Feier einer Bermählungsfcene zwiſchen einem Prinzen des
alten Phrygiens ober Leucoſhriens und einer Koönigstochter des
Medervolls fein, das nad) dem Sturz der Affyrer Borberafien bes
herrſchte7 Das Gebiet der Phrygier reichte zu Anfang ber Perfer-
giten, wie wis aus der Lanbtafel bes Ariſtagoras bei Herobot
erfahren (Herod. V. 52), bis zum Halys, wo eine gordyeuiſche
Dimaftie Jahrhunderte Hindurd (das Geſchlecht der Gorbing- und
Mivas-Könige zu Gordium in Phrugien von 740 bis 570 vor
Chr. ©.) die Herrſchaft an der Weftfeite des Halys führte, von
deſſen Oftfeite die Tavium- Gruppe auf damals mebifhen Boden
mit ihren Denkmalen allervings benachbart Tiegt. Aber alle Hiftori»
ſchen Werke aus dieſem phrygiſchen Lande, bie etwa darüber Auf-
ſchluß geben Tönnten, wie bie Phrygiaca bes Agathardides Sa-
mins, des Hermefianar, des Demolritus von Ephefus,
des Metrophanes”) u. A., find uns verloren gegangen, und eben
fo wenig if von ber Gefcichte des Dejoces, Bhraortes und
Eyarares, König ber Meder, befannt, von dem, fagt Hafe, viele
leicht Hier eine Tochter ober Schweiter das Band der Orenzreiche zu
rüpfen aufteitt, in einer Zeit, bie noch ber Zuſchriftzeit auf ven
Grabftätten ver Midaskönige zu Doghanly vorherging (f. umten
Gruppe ber Midasgräber)®).
Durch diefe Felſenreliefs zu Jazylykaja oſtwärts des Halys .
hatte Terier geglaubt die Lage der alten Pteria bezeichnet zu
finden, die Herobot I. 76 als"Hauptfeftung im Lande der fgrifchen
Carol, Mulleras, Frägments Hist, Gr. ed. Paris. III. 197; IV. 427,
383,453. ®%) Colon. M.Leake, Journ. im Ania Minor I. c. Pı 22
ET Klein-Aden, , 6.7.
Kappadolen (Leuloſhrer ver Spätern) nennt, deren Landſchaft Cröfns,
nachdem er den Halys überſchritten, verheerte, bald darauf aber in
ber Nähe von Cyrus geſchlagen wurde; er deutet unbeſtimmt genug
ihre Lage an durch die Beziehung auf bie mächftgelegene pontiſche
Küftenftant Sinope, woraus immer noch nicht auf ummittel-
bare Nachbarſchaft zu fchließen fein birfte, da man das Lokal
ver Schlacht wol eher in der füblicher gehenden Richtung ver
gewöhnlichen großen Verbindungsſtraße zwifhen Phrygien und
Kappadolien ſuchen follte®), wonad durch bie Worte des Autors
xard Zivunny nöhıy udhoraxn zen wol nur die ungefähre
Stelle, wo bie große Heerſtraße der als Hafenort ben 'griechifchen
Leſern befier bekannten Stadt Sinope am nächften koͤmmt, bezeidmet
werben fol. Möglich daß bie damals durch Erdfus erfolgte Zer-
ftörung des feften Pieria Play geihafft Hat für fpätere ganz neue
Gründungen. Wenigftens hat Hamilton‘) ſich bemüht, durch
Bergleichuug der alten Itinerarien mit ben neuerdings ermittelten
Wegediftanzen zu beweiſen, daß dieſelbe Rage ber aus fpäterer gala-
tiſcher Zeit bekannten Stabt Tav ia (bei Spätern Tavium) zu
komme, bie dann freilich fälſchlich erſt für eine vein galatiſche
Gründung (eines angeblichen Heerführers Tabias nach Apollonius
von Aphrobifias 4), ver Toliftoboger nad Memmon) 2) amege-
geben wurde. Doc; reichen die Itinerare bei ihrer Ludenhaftigkeit,
wie ſchen Mannert und Kiepert bemerkt haben, eben fo wenig
wie Plintus und Ptolemäus Anfegungen zu genauer Beflimmung
der Ortelage aus, und bliebe immer bie Möglichleit ver Richtigkeit
für Teriers Bermuthung, der die nod im chriftlicer Zeit, nad
dem Zeugniß der Concilien-Unterfchriften, blühende Stadt Tavia
vielmehr im den ber byzantiniſchen Zeit angehörigen Ruinen bes
benachbarten Nefes⸗ kjb i finden möchte; wogegen bie Ruinen von
Boghaz-Ejdi, in denen nichts einer fpäteren Zeit angehörige weiter
vortommt, ein Recht hätten, als Refte einer fo früh zerftörten,
fpäter gar nicht wieder erwähnten Stabt zu gelten (denn Stephauus
Byzant. Anführung von IIregıov als nöAg Mndwr. und mol
", 99) Vergl. Kiepert, über die perfiiche Königefttape, im Monatsbericht
ber König. Alad. der Wiſſenſch. zu Berlin. 4857. Bebr.
s «°°) W, Hamilton, Obserrations on the position of Tarlum, Research,
1. p. 395—398, und Journ. of the R. Geogr. Soc. of London 1837.
Vol. VII. p. 7481. ') Carica Fragm. XVII. 13, in Car. Müller,
Fragm. Historicor. Graec. Vol. IV. p. 312. ®) de Neb. Heracl.
fragm. XII, XIV, ibid. Vol. II. p. 536.
Sculpturen zu Jazylykaja; der Doppelabler. 805
Zuvesnng ſcheint doch nur ein mißverſtandenes Citat aus Heredot
“9 fein).
Ueber viefen Namen Pteria und feine wahricheinfiche Bedeu⸗
tung bemerkt der berühmte Archäolog Adrien be Rongperier?),
im Anſchluß an das im biefer behanbelten Gegend wieberholt vor»
kommende Symbol des Doppeladlers, es fei der eigentlich grie-
chiſche Name des Farrenkrauts, welches daher im Syſtem ven
Namen Pteris aquilina frage, beilen Querdurchſchnitt deutlich bie
Figur des Doppelablers, vieleicht des Symbols von Pteria felbft,
zeigt. Die fpätere Bedeutung biefes Symbole, das hier fid als
Ülteftes Borlommen in ber elementaren Sculptur zeigt, nämlich
als doppelter Reichsadler, ift aus der Heraldik befannt; aber,
wie es dazu geworben? Im XI. Jahrhundert, fagt Tongperier,
nahmen vie Seldſchulen Beſitz von Pycaonien, Kappadocien und
einem großen Theile Mittelaſiens und zeichneten fi in ihren Re
ſidenzen durch neue Architectüren und Sculpturen vor andern Mur
hammedanern aus. Eins ihrer vielen Yabelthiere, mit denen das
Boll im Drient fid, herumträgt, ift bei ihmen das Hanca, welches
dem Doppelabler ſehr gleicht, wie er am dem Vogelthore umb an
dem Lömenberge der Haupttafel zu Iazylyfaja wie ein Kraut ange
lchnt ſtehend erfcheint. Später verfegten bie türliſchen Stämme das
Bild des Doppeladlers auf ihre Architecturen *) und ihre Bahnen;
Hanca war bas Symbol ver Allmacht unter ben Wunbern ber
Natur, und Hambullah Kazwini fagt: der Hanca hebt ven Elephant
und ven Büffel leicht in bie Lüfte, wie die Weihe die Maus. Die
Häuptfinge ver Türkenftämme, melde den Griechen ein Königreich
und eine Provinz nach. der andern durch Kriegesgüge entriffen, ver⸗
glichen fi in ihrem Stolze gern dem Hanca, und ließen in Pa-
laſtina und Diarbelir ihre Münzen mit dem Gepräge bes
Doppelablers ausflatten. Die erfte Bronzemünze mit dem
Doppeladler, unter Malek es Salah Mahmud gefchlagen 5),
iſt vom Jahr 615 ber Heg. (v. i. 1217 n. Chr. Geb.); fie iſt um
11 Jahr früher als die bei Neisle als erfte angegebene, welche aus der
) Revue archeologique. 1845. p. 77—85. *) Die ſchone Sculptur
des Doppelablere am der äußern Stabtmauer zu Kunich unter ber
- Selofulen-Dynafie Mlardvins im L. de Laborde, Voyage de Syrie
et Asie Mineure. Liwraison IV. Planche: Faucona Konieh; der Vogel
Anca nach Garein de Toſſy in ven Gräbern zu Nigbe und Tyana bei
" Xerer a0. D. Tom. Penche 95. °) Adler, Coletio nor.
p- 108. - . “
306 Kiein-Hfen. . 1.
Zeit Kaiſer Friedrichs IL. fein ſoll, deſſen Reichsadler aber noch feine
Doppelkopfe zeigt. Das Emblem des Doppeladlers wurde im
Wappen der deuiſchen Kaiſer erſt ſeit dem Jahr 1345, alſo hundert
Jahr fpäter angenommen®), Im Orient war ber Doppelabler
bei tilrfifcgen und tatarifchen Prinzen fehr allgemein, in Gebraud 7),
und befien Annahme bei den Sultanen von Conftantinopel kam auch
als Gebietern zweier Erdtheile, eines Orients und Dccivents, in
Gebrauch. In Afien bis zur Perfergrenze war dieſes Wappen
längft einheimiſch, ehe es nach Europa kam. Ein umfichtsvoller
ungenannter Kaufmann, der im Jahre 1507 in Perfien fih auf
hielt, beſchreibt ſehr genau bie grandioſen Feſtungswerle ver be
rühmten Stabt Amida am Zigris, die zu ben Funftvollften aus
jenen frühern Jahrhunderten (f. Erdkunde, Th. XI. ©. 4562)
gehören, an denen weder Conftantinus, noch Jovian, over Juſtiniau,
noch andre Bygantiuer Kaifer Antheil haben Fonnten, da fie niemals
im Befig von Amiba in Diarbelir geweſen, wo aber Merwauiden,
Ortotiden und andre orieutaliſche Fürften reſidirten. Er ritt mehr
mals um die aus großen Baufteinen kunſtvoll erbauten Stadtmauern
‚mit ihren 300 Thürmen und Thärmchen umber, und bewunderte am
mehreren Stellen derſelben bie eingehauenen Wappen ver Doppel
adler mit zwei Köpfen und zwei Krenen (in molti luoghi
di quelle maravigliose fabriche si vede l’arma imperiale scolpita
con un’ aquila di due teste e due corone) 9).
Unftreitig kam erſt das Symbol des Doppelablerd mit ven
- Zeiten ber Kreuzzüge auf chriſtlichen Stanbarten und Wappen ber
Ritter nach Europa, wo es, nach Lelewel, auf Silbermünzen ver
Grafen von Gueldern im Jahre 192971, und von Brabant
im XII. und XIV. Jahrhundert in Gebrauch tkam, bei Bermäß
Timgen ans zweien Herrſchaften zu Einem Hauſe, und dann wol
auch das Wappen bes Königs von Jeruſalem zum einföpfigen
beutföen Kaiſeradler als doppelter Reichsadler ver fpätern Zeit.
8 Gatterer, Comment. Soc. Gotting. T. X. p. 2a, de Origine Aquilae
Imperialis, ?) Fraehn, Mines d’Orient. V. p. 211. *) Delle
Narigationi et Viaggi Raccolto d, G. Battist. Ramusio. Secondo Vol.
Pr 1583. Viaggio d’un Mercante de fu nella Persia. cap. 3.
fol
Unterer Lauf des Halye zum Pontus. 897
88.
\ Zehntes Kapitel.
Das Stromſyſtem des Kyzyl Irmak (Halys). Worte
fegung. Unterer Lauf von Osmandſchyk bis zum
Schwarzen Meere. u
Erläuterung 1.
Der Kyzyl Irmak mit feinen Vermerfuhgen tm untern Laufe,
und dem Wege von Osmandſchyk bis Hadſchi Hamza.
Kein Gebiet ver nur einigermaßen civtlifirten Läuder ver Erde
iR von feinen keineswegs barbariſch gebliebenen Cingeborenen
geographiſch fo vernachläſſigt worden wie Kleinaſien, deſſen beden ⸗
tendſter und größter, ſeit ven früheſten Jahrtauſenden fo berühmter
Hauptftrom bis heute noch nicht einmal in feinem unteren Laufe
und feinem Münbungslande genauer belannt geworben iſt.
Afo auch hier mäffen wir uns mit bloßen -Bruchftüden ver Kennt»
niß feiner einzelnen Uferſtreclen und Zuflüffe abwärts ver plößlichen
Weſtwendung bes feltfamen Stroms bei Osmandfchyt begnügen,
den wir aufwärts von da“bis zu feiner Quelle durch fein ganzes
Stromgebiet zu begleiten verfucht haben. Möge es ven Nachfolgern
beſſer gelingen, zu vervollftändigen, was in Obigem fo lückenhaft
geblieben. Noch ift es nicht an ber Zeit, auf dieſem Boden nad
Art compendiarifcher geographifcher ober hiſtoriſcher Handbücher uns
auf generelle Schilverungen im Zufammenhange einzulafien, die, aur
um nicht in jevem Augenblide ihre Unwiſſenheit einzugeftchen, bie
Luden zu verbeden fuchen und deshalb voll Unwahrheiten fein müffen,
die and ohne Frucht für die Wiſſenſchaft und eine forticreitende
Gedankenentwicllung zu bleiben pflegen. .
Bas der jüngfte, eifrigfte Reiſende und oft fo belehrende Beob-
achter in dieſem fo inhaltreichen Halbinfellande vom untern Laufe
des Halys fagt, iſt jedoch, wie vieles von ihm mitgetheilte, darum
unbefriebigenb geblieben, weil er die unpaffenbfte, auf einem folden
Boden generalifirende, gleihfam fyitematifirende Form in feinen
Mittheilungen zu erfteeben verfucht hat, wo eine ſolche noch unndg-
lich ift, weil ihr die vollſtändigen Thatſachen fehlen, aus benen eine
398 alein · Aften. 68
folche nur hervorgehen Könnte; dagegen ex ſich ver befruchtenden und
lebendig belehrenden Darftellung ver fpeciellen, unmittelbaren Beob-
achtung und des badurd, felbftändig entwidelnden und auch nah
außen erregenden Gedanlenganges entſchlagen hat, ven das ſelbſt
Erlebte, ſelbſt Geſehene und dabei Empfundene und Gedachte eines
Vveeiſetagebuchs in viel höherm Maße geben wilrbe. "
Bon Osmandſchyk, wo ber Halys plöglich feinen langen
Norpweftlauf verläßt und im rechten Winkel von ber oftweil-
fireifenden Kette Tawſchan Dagh ſich auf 14 bis 15 Stunden
gegen Welt nah Hadſchi Hamza und Kargyn Hinüberbrängen
läßt, um nad dem Durchbruche durch dieſe Hemmung unterhalb
ber genaunten Orte eben jo weit wieder gegen Often über Dauran
¶ Tahiran) gegen Wezir Kidprä (Gazelon) zu in bie alte Gaze⸗
Tonitis, alfo in den Normallauf gegen N.D. bis zur Mündung zum
Schwarzen Meere zurüdzufehren, ift bis zu biefer Mundung nur
eine ſehr kurze Diftanz von etwa 34 bis 35 Stunden, während bie
. Stromentwidlung an 50 Stunden beträgt, vom benen aber zwei
Deittheile völlig unbekannter Lauf geblieben, und nur hypothetiſch
in bie Karte eingetragen werben Tonnten. Die Sehne bes Halye
bogen, ven fein Lauf im Halbkreis von nahe 30 Stunden zurüd-
legt, ober bie Ranbbreite zwifchen ber Stabt Osmanpfchyf und,
der Engſchlucht (Kara Tepe Boghaz), wo ber Halys aus feinem
ſchwarzen Felspaß wieder gegen OR in feinen Normallauf norbwärts
binaustritt, bei der Station Bojabula, beträgt nur 10 bis 11
Stunden, eine weglofe Strede, die aber auf der Straße von Wezir
Kiöprä bis Osmandſchyk mit Ummegen etwas längerer Zeit
jur Bereifung von einem Orte zum agbern bebarf.
Auf der rechten Uferfeite echält ver Halys hier nur zwei
Heine Zuflüfle, bie beide auf der Zwiſchenlette des Tawſchan
* Dagh nahe beifammen entfpringen, aber nad) entgegengefetten
Richtungen abfliegen; ver eine, der Kartſchal Tſchai, fünmweR-
wärts bis “unterhalb füolih von Osmandſchyk zum Halys fallend,
der andre, ber Wezir Kjöprü, mit feinem rechten Nebenflüßchen,
dem Iftawlar Tſchai, ſich vereinend, gegen NO. zum untern
Laufe bes Kyzyl Irmak in nod unbekannt gebliebenem Terrain.
Bon der linfen Uferfeite erhält ver Halys im ven beiden
Winleln der großen Weftbiegung zwei bebeutendere Zufläffe, die
ans weiterer Gerne in der Richtung’ des Parallelismus ber
pontifhen Küftenfetten ihm von Weft nad Oft zufliegen. Der
ſuüdlichere dieſer Parallel-Zuflüfſe ift der Dewrel Tſchai, ver
Unterer Lauf des Halys zum Pontus. 800
von ber Waſſerſcheide zwiſchen Halys und Sangarins,-wo bie
Bergtetten, ber Ala over Bainder Dagh (Olympus Galaticus)
und Alkas Dagh (Olgassys) durch den Tſchik Dagh fi an-
einander fliegen, feine Duelle erhält, und in directer Linie gegen
RD. zwifchen zwei Parallelfetten an Tufia (Docea) weiter buch
Paphlagonien und die Landſchaft Eimiatene zwifchen Hadſchi Hamza
und Karghn in ven Halys fällt.
Der zweite, ber nörblihere linke Zufluß ift der Gjok Ir-
mal (and Koſtambul Thai), der Amnias der Alten, mit jenem
in ziemlich paralleler Richtung, der ebenfalls von demſelben Waſſer-
ſcheidezuge in Paphlagonia und dem Diſtrikte Blaöne entipringt,
und von ba über Kaftamuni (Caſtamon), Taſch Kiöprü
(Bormpejopolis), durch die Domanitis bei Strabo XII. 562, nad
Bojabad gegen N.D. und dann SD. bei Dauran (Tahiran)
in den Winfel des Halys fällt, der von ba einige Stunden weit bie
ſchwarze Felskluft (Kara Tepe Boghaz) gegen S. O. durch-
brechen muß, um im feine Normalwendung gegen N. O. zurädzus
tehren, umd über Bafira over Bafra zum Pontus einzufließen.
Zu Osmandſchhk in ber latein. Ueberſetzung des Habicht Chalfa®)
(DOsmangioug ſchon bei le Gouz)0) Tiegt der Spiegel des
Halys nah Ainsworth noch 866 Fuß Par. üb. d. M. (uach
v. Tſchichatſcheff 923 F. PN; eine der ſchönſten Brüden im osma⸗
niſchen Reich, von Sultan Bajezid IL. erbaut, auf 13 Steinbogen
383 Schritt lang 8 Fuß breit u) (auf 14 Bogen nah Morier
wb Dupre), auf 19 nad v. Hammer ruhend, führt über ven
Halys, ver hier ein flattliher Strom (doch hat er hier nach
v. Wrontſchenlo nur 70 Schritt. Breite), aber von fo wechſelndem
Vaſſer iſt, daß er höchſtens nur Heine Dampyfſchiffe und zwar nur
in Intervallen tragen könnte, wenn er im weitern Laufe keine
Waſſerſtürze hätte, die aber nicht fehlen. Ker Porter!2), ein feiner
Kemer der Architectur, der die Ränge ber Brüde gegen 300 Fuß
angab, hielt fie für eine ältere Eonftruction als die von Bajezid II.
Der Halys ift feine belebende Aber des Bodens, gleich vielen
andern Strömen, er überſchwemmt nur im Herbft feine Ufer, bie
nirgenbS eingebämmt werben, bient zu Feiner ünftlihen Srrigation
«r) Giban Numa ed. M. Norberg. II. p.407. '%) Les Vayages et Ob-
sermtions da Siear de la Boullaye le Gouz, Gentilkomme Angerin.
Paris 1653. cap. 27. '*) Ainsworti, Trarels and Research. 1. cı
1.9.97. 1%) Ker Porter, Trav. elc. Lond, 1822; 4. p. 716.
490 Klein-Afien. 8. 8.
feiner Uferlanbfihaften, iſt ohne Sqhiffe, fehft- ohne Barken, andy
ohne Fiſcherleben; er fließt, von Menfchen gänzlich vernachläſſigt,
faſt unniltz dahin bis zum Meere, und auch feine ehemalige poli«
tifche Beveutung als Völfergrenze hat er feit der Türtenzeit verloren.
Nur die Königefteaße, fagt ver türkiſche Geograph, geht an ihm
- über die Bride vorüber nad Amafta.
Aus der Mitte der Stabt, ver einzigen, bie den Namen des
Gründers des großen türkiſchen Reiche, ver nach der Sage hier
geboren fein fol (nad andern Angaben aus Adrianopel ger ans
der Krimm ſtammen fo), auf die Nachwelt gebradht hat (mie
verſchieden von ben 100 Alerandrias, Seleucias u.a.), erhebt fich ein
Bergkegel mit 2 Caſtellen, davon das eine durch Sultan Bajezid
gegen die damals im Norven feindlichen Dynaſten zu Kaſtamuni
erbaut fein fol. Ein Zichackweg führt zu deſſen Cafematte hinauf
zwifchen vielen Grabflätten und Felslammern hindurch, die vielleicht
der antilen Stadt Pimolifa angehören, auf deren Stelle vie Os-
„manftadt erbaut wurde, von ber aber feine größern Ueberreſte
ans alter Zeit belannt geworben. An modern titchijchen fehlt es
nicht, von Heiligen und Stiftern ihrer Schulen und Mofceen!*),
unter denen das Grabmal des Sanctus Kojunbaba, d. i. des
Hammelvaters, eines Gefährten des Scheichs ver Janitſcha-
ven, Hadfchi Bektaſch, das gefeiertfte if. Ihm baute Sultan
Bajezid IL, weil er ihm im Traum erf&ienen war, ein loſtbares
Grabmal und Kloſter mit Ställen, Küchen unb vielen Kammern
zur Unterkunft und zum freien Unterhalt ver Reiſenden, eines ver
Ihönften und reichſten Mlöfter des osmaniſchen Reihe. Die Heie
ligkeit des Hammelvaters, bie ihm bie Bewunderung feiner
Beitgenoffen erregte, beſtand darin, daß er nicht ſprach, ſondern
nar 5 Mal des Tags, jevesmal zur Zeit des Gebets, mie ein
Hammel blöfte. Ewlia Efendi in feiner Beſchreibung zur Wallfahrt
zu biefem Grabe des Sanctus (II. S. 320) fagt, daß ihm daraus
Moſchus und Ambra entgegen vuftete, als er vom Chor ver Brüder
ſchaft ver Beltaſchi fo begrüßt war, daß ihn, als er das Kopfbaub
der Bektaſchi auffete, ihm der Wind in die Ohren faufte und fein
Auge wie arabife Fackeln leuchtete und daß dieſes Kopfband ihn
beim Schiffbrud auf, dem Schwarzen Meer das Leben erhalten
habe is).
#12) Outer, Voyage en Turquie 1. c. II. p. 342. ") 3. v. Hammer,
Gelb. d. osman. Reihe. 1. S. 230. +3) 9. Hammer, 1. S. 608,
Rote zu ©. 230.. B
Unterer Lauf des Halys zum Pontus. 401
Schon zu Strabo's Zeit war Pimolifa, das er eine König-
liche Feftung nennt, zerftört, wahrſcheinlich durch Mithridates
in feinen Siegen über die Könige von Bithynien und Paphlagonien,
bie zu beiden Seiten des Fluſſes Halys vie Landſchaft Pimoli-
fene beherrſchten (Strabo XII. 562), wie die noch nördlichern Gaue
Bladne, Domanitis und Cimiatene bis zum ſchwer zugäng-
fihen Olgaffy9- Gebirge (Allas Dagh), wo man zu Strabn’s
Zeit von gut benöffertem Lande umgeben noch überall von ben
Bapflagoniern erbaute Tempel fehen konnte, obgleih Mithri-
dates Eupator hier durd feine Generale das Heer des Nico»
mebes, Königs von Bithynien, vollftändig befiegt, feine Länder
trobert, und ihn felbft fo in vie Flucht gefchlagen hatte, daß er, mit
feiner ganzen Familie Land umd Reſidenz verlaſſend, ſich nah Ita
Gen einfhiffen mußte, um feinem Todfeinde zu entgehen, worauf
Mithridates den Reſt diefes Theils von Kleinaſien bis Lydien und
Carien in Befig nahm. Der hier bei Strabo Amnias!e) genannte
Fluß, welher Domanitis durchſtrömt, Tann wol fein anbrer als ver
heutige Gjöt Irmal, d. i. ver Strom von Raftamuni fein, an
wegen Strabo bie neuerbaute Stadt Bompejopolis nennt, die
von dem Beſieger des Mithrivates, vem Römer Pompejus, viefen
Romen erhalten Hatte!). Wo hier zwifchen ven Beiden Orten Pi-
wolifa und Bompejopolis ver von Strabo angeführte Berg
mit dee Sandar ach gru be (Zuvdapuxosgyıov ögos, b. Strabo
cheud.) Tiegen mag, ift uns zur Zeit noch unbekannt. Ainsworth
hielt ihn Für iventifch18) mit der Rupfermine von Bakyr Kureffi,
im welcher heut zu Tage aber von feinem Sandarach die Rebe ift
6. unten). Es fei, fagt Strabo, ein Berg von Iangen Gängen
ober Stollen durchzogen, um das Mineral herauszuholen. Er ward
af Koſten der Regierung von den Verbrechern bearbeitet, die als
Seladen dazu verdammt und verfauft waren, ba die Bergarbeit fehr
beſchwerlich und fir die Gefunbheit fehr verberblich war. Weber
200 Sclaven, die bafelbft arbeiten mußten, konnten nur ein kurzes
Leben friften, und ihre Zahl warb fortwährend durch den Tod ges
mindert, doch öfter mußte die Grubenarbeit ganz unterbrochen wer-
den, wenn fle zu wenig Gewinn gab. Sandarach der Alten ift
das rothe Arſenikerz (Rubinſchwefel, Realgar oder Auripigment,
*") Appian, de Bellis Mithridat. ed. Tollii. Amstelod. 1670. 182. p. 312.
*°J. A, Cramer, Asia Minor. I, p.236. . '*) Ainsworth, Notes etc,
in Lond. Geogr. Journ. IX. p. 247.
Risse Erokunde XVOL. Cc
408 alein ⸗Aſien. 8. 8.
Zardapayn bei Dioscorid. V. 121) 010), das durch fein Gift ger
fährlih auf vie Gefunbheit wirkte. .
Bor Osmandſchyl, fagt v. Tſchichatſcheff , habe der.
Halys ein fehr farkes Gefälle und zeige eine ganze Aufeinanver-
folge Heiner Wafferfälle über Hadſchi Hamza hinaus bie
Kargyn. Auch Wrontfhento?t) fagt, daß abwärts hier zur
linten Seite felfige Rüden folgen, und zumal bei Kargyn ein ſehr
hohes Borgebirge herborfpringe, das ben Strom wieder gegen Often
zurückwerfe, den faft überall hohe Gteilufer begleiten. Auf ver
Heinen Ebene, die fih an dieſer Rüdbiegung bes Stromes bei
Kargyn zeigt, bemerkt derſelbe, habe er am Kyzyl Icmak wieder bie
erften wilden Baummwälver gefehen, bie dem ganzen obern Lande
fehlen. Doc haben Andre ſchon die Ufer des Halys zwiſchen Os⸗
maudſchyt und Hadſchi Hamza reichlich bewaldet gefunden. Unter
halb Osmaudfchyk theile ſich der Halys durch eine zwiſchenliegende
ſchmale Inſel in zwei Arme, und weiterhin wiederholen ſich ſolche
Stromſpaltungen bis gegen Karghn, wo mehrere Dörfer am Strom
liegen, bie weiter unterhalb meift fehlen. Auch V. Fontanier?)
verfolgte im Sommer bei niebrigem Wafferftande den Weg im wohl⸗
angebauten Thale durch die vielen feichten Arme des Fluſſes und
ſah hoch über fih vie Strafe fi am ber weftlicheren Bergwand
emporziehen. Wrontſchenko beftätigt, daß zwiſchen Osman-
dſchyk bis Karghn fat fortwährende Waſſerfälle (mel nur
Stromſchnellen) auf einander folgen, daß ber Halys aber auch ſchon
oberhalb der Stadt Osmandſchyk in ihrer Nähe einen ſolchen
bedeutenden Wafferfall(porog) zeige. In ver Biegung bei Hadſchi
Hamza und Karghn, fagt Wrontſchenko, fei fein Waller orange
farben und dann ganz roth. Auffallend war Ker Porter ber
Anblick des Osmandſchyt-Thales, weil es zum Theil fehr reich cul⸗
tivirt und angebaut war, aber dit an der Stabt aller Baumwuchs
fehlte, wo nur nadte fteile Felsmaſſen emporftarrten.
Unvollfonmener find bie Beobachtungen früherer Reifenber über
diefe Kurze Strede am Halys von 8 Stunden Länge, zwiſchen
Osmandſchyt und Hadſchi Hamza, als Theil der großen von Eon-
) 3. 8. 8. Sanemann, endbuch der, Mineralogie. Bötting. 1847.
2. Ausg. Br. 1. ©. 153. °") y. Tehihatcheff, Asie Nineure. T.
p-172. . Benin, in Schriften des milit.stöpogr. Bär.
von Schubert. 4. Th. III. 4. **) Voyages’en Orient, entrepris
per, erde du Gouvernement — 1821—1829. Turquie d’Asie,
is 1829. p. 260.
Unterer Lauf des Halys zum Pontus. 408
. Ramtinopel nach Armenien über Amafia, Tolat u. f. w. ziehenben
Straße; von Tavernier (ver die Namen fehr entftellt Ogeman
am Fluſſe Guſelarmac und Agienſalou ſchreibt), Otter und
Iadjon erfahren wir gar nichts näheres. Morier?) hatte im
$. 1808 von Amafia aus Osmandſchyk durch eine wilngefpaltene
ſchwarze Felspaſſage am Halys erreicht, die ſich ihm nur als zer-
riſſene Erdbebenſpalte varftellte, zwiſchen der der gelbröth-
liche Fluß feinen raſchen Lauf unter der großen Brüde in höchſt
pittoreßfer Umgebung hindurchnahm. Majeftätifche Wallnußbäume
erhöhten das Romantifhe der Umgegend. Die enge Felöpaflage, die
«@ 2 Stuuden jenſeits der Stabt durchſetzen mußte, follte, wie man
ihm fagte, von Genuefern erſt künſtlich bucchgehauen fein. Da
es aber ſchon dämmerig war, und viele Fabeleien von ben Genueſern
bei den Türken im Schwange find, konnte er darüber ſich nicht ge
wauer unterrichten. Auch Dufeley ſchildert dieſen furchtbaren Fel-
feupaß und die auffallende Veränderung in ber Vegetation durch das
fehr heiße Klima des engen tiefe Flußthals gegenüber ven bisher
durchzogenen Hodjebenen.
Duprs?) fagte, das Heine Thor auf dem hohen Gipfel über
der Stabt fei verfallen, das zweite am Fuß jenes fteilen Felſens,
von Thürmen flankirt, ſei größer und werde mit feinem eiferhen
Thore jeve Nacht geſchloſſen. Die jhöne Steinbrüde von 14 Bo-
gen fei von Sultan Vajezid erbaut. (Auch Morier zählte 14, Jadfon
und Dufeley 15 Bogen.) Die heutige Stabt fei- vorzüglich von
Türken bewohnt, vie Landbau treiben und Gerbereien haben. Die
Sommmerhige im tiefen Thale fei unerträglich, das Flußwaſſer zum
Trinken durch feine Salzigfeit untauglid und nur durch Schöpfräber
für Irrigation benugt.
Key Porter?) ift von Osmandſchhk nah Hadſchi Hamza
eine Strede von 8 Stunden (im 9. 1829) meift am linlen, felfigen
Ufer des Stroms gegangen, doch mußte er mehrmals wegen ber
hemmenden delſen über den Strom ſetzen, ver hier ſehr reißend war.
Eine Stunde abwärts bei ven großen Krümmumgen des Halys zu
Kargun (ev ſchreibt Kargay) fah er fehr ergiebige Reisfelder;
den aufwarts weiter verfolgten Strom nah Tu ſija nennt er irrig
2°) Morier, Journ. I. c. Lond, 1812. 4. p.351; W. Ouseley, Trav. l. c.
1. p. 498. ?*) Dupre, Voy. en Perse. I. p.27; b. Antwort
sun u. gti ige der Stadt Osmaudſchyl im ihres Caſiells. I.
27. ) der Porter, Tran. 1. e. II. p. 717.
3
404 . Klein-Aften. 8.
Daly Dawray; es ift ver Deli Deweret tſchai; Deli bezeichnet
immer ein wildes, tolles Waffer.
Ainsworth®%) hat auf feiner Rüdreife vom Euphrat (1839)
von Osmaudſchyl in 8 Stunden ber Weg am Sübufer des Halys
zurückgelegt, ven er als durch bie ſchönſte wildromantiſche waldbe ⸗
bedte Uferlandſchaft führend beſchreibt, bis Hadſchi Hamza, mo
nur einzelne hohe Berge mit ihren Felsterraſſen bis dicht an den
Strom herandringen und den Weg ganz zu verrennen drohen. Das
Städtchen Hadſchi Hamza, das nad v. Tſchichatſcheff noch
1076 8. Par. üb. d. M. Liegen fol (750 Metres), wol ein Drud⸗
fehler, da er das doch höher liegende Osmandſchyk um 153 Fuß
niebriger, nämlich zu 923 F. P. (300 Metres)?7) gemeffen angiebt,
fol nad Ainsworth 500 Häufer haben, zum Theil mit einem
Erdwalle umſchloſſen und von freunblichen Gärten umgeben fein.
Ienfeit biefes Ortes verläßt aber die große Stambulftraße das
Halysthal und folgt deſſen linkem Zufluffe durch das Dewerekthal
gegen S. W. über Tuſija aufwärts, dem auch Ainsworth im
‚feiner ganzen Ausdehnung bis zur Duelle gefolgt if. Dupre,
ver (1808)28) von biefem Thale herablam, in dem er in ver Nähe
des Halys eine® Waldes von Lerchenbãumen, Kreuzdorn und bormigem
Elaagnus erwähnt, und den grünlichen Färbungen nach zu urtheie
Ien, durch metallhaltige Selen gefommen war, von been er
glaubte, daß fie Kupfer und Silbererze enthalten müßten, trat durch
ein eifernes Thor in das gut mit Mauern und Thiirmen ver-
ſchanzte Stäͤdtchen Hadſchi Hamza ein, das jede Nacht geſchlofſen
wurde. Der Weg, den er von da nach Osmandſchyk zurüclegte,
war zum Theil erft mit Kunſt vor 27 Jahren von einem Bezir
Dender Paſcha eine halbe Stunde entlang ber Steilwand des
Stroms durch die Felſen gefprengt worden und früher ganz um«
gangbar gewefen, woburd bie neue Route gegen bie ältere, auf ber
man viele Ummege zu machen hatte, umt mehrere Stunden verkürzt
war. Um an ben Felsengen ven Fluß zu durchreiten, war fein
Strom zu reißend ımb gefahrboll geweſen. Das Geftein des Felſen
war Kaltftein, Gyps und eijenhaltige Lager, bie in langen
Thalſchluchten bis in die angebauten breitern Thäler von Osman-
dſchyk hinzogen. Yrafer??) giebt die Höhe der Felswand zu
*2) W. Ainsworth, Travels and Research. London 1842. Vol. II. p. 35.
??) Tehihatchef, Asie Mineure. I. p. 577.578. **) Dupre, Voy.
1Le.1.p.25. *%) A. Winter, Jouroey from Constantinople to
Teheran by James Baillie Fraser. "London 1888. Vol. I. p. 198.
Unterer Lauf des Halys; der Dewerek Tſchai. 405
1000—1200 Fuß, bes in dieſelbe in ver Länge einer Biertelſtunde
angehauenen, nur zehn Fuß breiten Weges an feiner höchften Stelle
anf 4500 Fuß an, Eli Smith dagegen”) auf feiner Reife im
Iahre 1830 jene nur zu 3—400, dieſe zu 60—100 Fuß.
Erläuterung 2.
Der Fluß von Tuſija, der Dewerek tſchai abwärts bis
Hadſchi Hamza.
Dieſes (nach Ainsworth 28 Stunden lange) Seitenthal iſt
wegen der hindurchführenden Hauptſtraße von Conſtantinopel nach
Amaſia zwar von vielen Reiſenden (la Boullaye le Gonz ſchon
. 1623, Tavernier 1631, Otter 1743, Dupre 1807, Morier
1809, Oufeley 1812, Ker Porter und Heude 1819, Fonta-
nier 1827, Eli Smith und Dwight 1830, Fraſer 1837)
berührt, doch meift zu flüchtig durcheilt worden, um einer genanern
Beihreibung gewürbigt zu werben, wie wir fie auch noch kaum durch
die legten Beobachter Ainsworth, Wrontſchenko und v. Tidir
hatfcheff erhalten haben. Es gehört nach allen Berichterftattern
zu ben wohlangebauteften in ganz Kleinaſien, es ift voll Dörfer,
die oft fehr reizende Lagen in den Seitenthälern und an den Berg
abhängen haben; an einzelnen Stellen ift es auch eng und Mippig,
und bie und ba zerflört- durch wilde Gebirgöſtröme, bie vom ben
Seitenhöhen bei Gewittern verheerend ſich herabwälgen, bann aber
wieder troden liegen und nur Steintrümmer zurücklaſſen. Am Ure
fprung dieſes Thales, das gegen S. W. ſich einige 30 Stunden weit
in ziemlich grader Richtung ohne befondre Krümmungen ausbehnt,
liegt die Quelle des Fluſſes nah Ainsmorth’!) auf ver Waffer-
{Heide zwiſchen Halys ımd Sangarius, nur 9I—10 Stunden N. W.
von Tſchaugri am Ala Dagh; nad den Angaben, die Diter
erhielt ??), ver ven Namen bes Fluſſes Douris (nod abweichender
kei Eli Smith??) Deringjds) ſchreibt, Liege fie noch etwas weiter
üblich aufwärts bei dem Orte Kary⸗bazarh, (d. i. Weibermarkt)
im Kuſch (er ſchreibt Kius) Dagh, von dem der Fluß durch die
Ebene Kurſchunlu (d. i. die Blei enthaltende) hinab nach Kotſch
*) Smith and Dwight, Missionary Resesrches in Armenia. Lond, 1834.
934. ®') W. Ainsworth l.c, Il, p-35—37. 3) Otter, Voy.
en Turquie Ic. *) Smith and Dwigbt, Misslonary Rosearches.
408 ein -Aften, 6.8.
Hiſſar ſtrbme, fo daß das Thal, welchem von dieſer Station bie
große Straße noch weſtlich weiter aufwärts folgt, nım als ein Sei»
tenthal anzufehen wäre; auch giebt ihm Duprs einen befonberen
Namen: Deli⸗derbend, d. i. ber tolle Paß, während er ben
Hauptfluß Gutof-Soui, d. i. Gjbk-ſu (blaues Waſſer) nennt.
Als ber oberfte zur biesfeitigen Abdachung gehörige Ort an dieſer
Straße wird der, nad) Duprs und Smith von 200 Türfenfamilien
bewohnte, auf einer Höhe gelegene Ort Karadſcha-Wiran (uch
Rarabjhören ober nad Smith Karadſchülen gefprocden, d. i.
ſchwaͤrzliche Ruine) angegeben; der Name, wie ber bes noch weil-
licher liegenden Dorfes Rarauler fol nad; Ainsworth ſich auf die
Varbe des bafaltifhen Bodens beziehen. Auch Duprs®) bemerkte
bier an der Sübfeite der Strafe die durch ihre vullanähnliche Ferm
und lavaartige Farbe ſich auszeichnenden iſolirten Bergfpigen, um«
geben von zerftreuten ſchwarzen Steingeröllen. Das Thal bleibt,
eng, zwiſchen Fiefigen, aber bewalveten Hügeln (aus Glimmerſchiefer
beſtehend nach Fontanier), hinter denen höhere Berge hervortreten,
8—10 Stunden weitꝰs), bis zu dem nad) Smith gleichfalls von
200 türfifhen Familien bewohnten Städtchen Kotfh-Hiffar’),
wo orbinäre blaue Stoffe and viel Töpferwaaren verfertigt werben.
Bon bier an erweitert es fih — doch wieder durch einen Hügelzug
unterbrochen, den Otter Dgiwa-baghlari (richtiger jiva, nah
franzöfifger Art zu ſprechen, daher auf Kieperts Karte Shima,
d. i. Quedfilber- Weinberge) nennt — und bietet durch reiche
Bewäfferung und ſtarlen Anbau namentlid mit Reisfeldern und
Weinbergen, aus denen die Griechen ſchon zu Taverniers Zeit einen
vorzüglichen Wein gewannen, fo wie durch feine herrlihen Baum-
gruppen einen überaus reizenden Anblid. Kurz vor ver Stadt
Tufia wird (nad) Dupre) auf einer Holzbrüde ein bedeutender aus
dem nörblichen Gebirge kommender Zufluß von ber Straße paffirt,
bie immer ber Norbfeite des Hauptfluffes folgt.
Tufija, au Toſſia geſchrieben, wird von allen Beridt-
erftattern als eine gutgebaute, wohlhabende, volfreihe Stabt geſchil ·
——mı
*3%) Voyage en Perse. Päris 1819. T.1. p.20-22, ?*) 8 Stunden
nach Minsworsh, Morier, rafer, 9 nach Iadfon, 10%, us
Smith. 36) Gang falfh bei Bontanler a. a. D. ©.28
Koule Hiffar, der hier 3—4000 Einwohner angiebt; er Pr
von bier aus tHalaufwärts eine andre Station, zu Omerlä
Eumoerly S.290), die er 9 Std. von jener und 12 von ba u
Tſcherkeſch angiebt ; den Fluß nennt er Rarafu.
Unterer Lauf des Halys; der Dewerek Tſchai. 407
dert, wenn fie andy jet nicht mehr, wie zu Taverniers Zeit, ber
Mehrzahl nach von Griechen bewohnt und durch bie Reſidenz eines
vaſchas im dem feften Schloffe bevorzugt ift; als Duprs durchreiſte,
gehörte fie zum Gebiete des Tſchapan-⸗Oghlu von Iyzgat, deſſen
Grenze gegen vie Paſchalyls von Angora und Kaſtamuni fie bildete.
Duprö??) giebt ihr im 9. 1807 eine Zahl von nur 5000 Seelen .
(worunter einige Armenier) und 6 Moſcheen; Fontanier im Jahre
1827 fpricht von 3000 türkfchen, 30 griechiſchen Häufern und 10
Moſcheen. Auch Smith im Jahre 1830 zählt 3000 türkiſche und
500 griechiſche Häyfer und 15 bis 20 Minaren ver Moſcheen, wo-
nach die Vewohnetzahl auf wenigſtens 15—16,000 zu ſchaͤtzen wäre,
eine Zahl, die Ainsworth (1838) auf 20,000 (morunter 3000 Ar⸗
menier) erhöht, fo daß in der That bie Bevölferung geftiegen zu
fein ſcheint, eine auf türliſchem Boden immerhin feltene Thatſache.
Die Stadt liegt auf ber Norbfeite des Fluſſes und zieht ſich den
langen Abhang des Berges (Dupre fagt fälſchlich des Kius Dagh,
da biefer auf vem Sübufer Tiegt) hinauf zu dem „höher gelegenen
verflörten Caftelle, welches wol vie Lage ber bizantinifchen Feſtung
Docea (Nicetas Choniates ed. Bonn. p. 689) bepeichnet, bie unter
Manuel Comnenus von ben Turfomanen, fpäter von Muhammeb I.
erobert wurbe, ber es bem Fürften von Kaſtamuni überließ. —
Iegt reſidirt in der Stabt nach Fontanier’®) nur ein dem Paſcha
von Boly untergeorbneter Müffellim. Sie hat aufer einer größern
Anzahl von Chanen und Bädern einen wohleingerichteten bebedten
Marktraum (Tſcharſchy ver Türken) und treibt (nad) Duprs und .
Fontanier) ſtarke Gerberei und Bereitung feiner, beſonders grüner
Maroquins, und Fabrilation ordinäres blauer Baumwollenftoffe,
ſchwarzer Eamelots und feiner, aber fehr billiger Stoffe (Schali ver
Turken) aus dem weichen feinen Silberhaare ver Angora⸗ Ziegen, deren
Heerden Ker Porter auf dem Wege durch das ganze Thal in vielen
Tauſenden verbreitet ſahꝰ); auch iſt das hieſige Backwerk feiner
Beige und Feinheit wegen weit berühmt.
Die Meereshöhe von Tuflja giebt v. Tſchichatſcheff zu 3130
Fuß Par., die des Flußſpiegels bei ver Stabt aber nur zu 2240
Fuß (2), deſſelben 5 Stunden weiter thalabwärts zu 1640 Fuß an,
während er bei feiner Mündung in ven Halys kaum noch 1000 F.
"Höhe zu Haben ſcheint (ogl. oben Habicht Hamza). Der Reit, bes
3) Voy. en Perse. 9.23. N p283. 3°) Kor Porter, Travels
“ a Georgia etc. Il. p. 720.
408 Alein⸗Afien. & 8.
Thalweges beträgt bis Hadſchi Hamza 6 Stunden nach Dupre,
8 nach Fraſer, 9 nach Jackſon, Fontanier, Ainsworth, 12 nach
Morier, Differenzen, bie ſich ſelbſt durch die geänderte Beſchaffenheit
des Weges in verſchiedenen Jahreszeiten kaum erllaͤren laſſen. Davon
gehört jedoch das letzte Stüd von 1 Stunde (Jachſon, Dupre) ober
2 Stunden (Fontanier) ſchon dem Hauptthale des Hals an, ber
hier unterhalb Hadſchi Hamza ſich plöglich im rechten Winkel nöche
lich zwifchen die Berge wendet. Die Berge find hier veich bewaldet
. mit Carus, Larchen und dem wohlriechenden Elänguns
Erläuterung 3.
Der noͤrdliche Inte Hauptzufluß zum Kyzyl Irmal, ver Gil.
Irmal oder Fluß von Kaſtamuni (Amnias) über Tach Köprü
(Bompejopolis) bis Bojabad.
Es gehörte zu ven Cigenthümlichfeiten der Flußläufe Klein -
afiens, daß manche Stellen berfelben au ihren Furthen und Brüden-
übergängen buch Humberte von Reiſenden feit älteflen Zeiten ganz
befammt und populär geworben, währenb andere Stellen dicht neben
ihnen, weil eben die Ströme hier feine Communications-
Tinten ber Völler, wie in anvern Ländern ber Erde, bilden und
weder Thalwege noch Schiffahrt geftatten, durch eben jo viele Jahr-
hunderte bis im die meuefte Zeit fo unbefannt geblieben find, -wie
nur das Innere von Afrika. Wenn diefe terra incognita fhon am -
Ende des vorigen Jahrhunderts von dem edeln I. Banks für eine
Schande der europäiſchen Wiſſenſchaft gehalten wurbe, und ihm bie
Veranlaſſung zur Stiftung. der ſeitdem fortgeſchrittenen African
Soeiety gegeben hat, fo ift es für unfer Jahrhundert nicht weniger
bebauernäwerth, daß eins ber fünften Länder der Erde, fo dicht an
Europa grenzend und zu feiner Entwidfungsperiove ver Borzeit fo
unmittelbar gehörig, in ver Gegenwart noch fo verfchleiert und fei- _
nem größten Theile nach fo unfruchtbar für bie fortfchreitende Er⸗
hebung des Menſchengeſchlechts barnieber Tiegt, eine Schande, die
allerdings vorzugsweife das Türkenregiment trifft, das au ſich tha-
tenlos, aber auch hemmend für Andre hier durch feine religiöfe wie
politifhe Intoleranz, vor deren Einflüffen auf die germaniſch-
envopäifche Welt, wie fle unter ber Maske ber Heiligfeit zu ſpulen
anfängt, uns body ber Allbarmherzige bewahren möge, die Hanpte
ſchuld trägt, Ein ſchlagendes Beifpiel giebt Hier der. berüfmte
Unterer Lauf des Halys; Zufluß des Gjök Irmak. 409
Halys, der in feinem Laufe von Hadſchi Hamza um Kargyn
bis Dauran (Tahiran), alfo zwiſchen beiden Münbungseinfällen *
des Deweret tſchai umb des Koftambul tſchai (Gjdl Irmal),
auch volftänbig unbelannt und unbefucht geblieben ift, und nur mit
bypothetifher Punctirung felbft nod auf der Bolotowſchen
Karte von Rleinafien eingetragen werben konnte. Wahrfcheinlich,
daß auch Hier Felsengen und Cataracten bie Zugänge bisher un«
möglich oder doch ſchwierig machten. Indem wir alſo auch biefe
Flußſtredde der Entdeckung künftiger Reiſenden überlaſſen müſſen,
folgen wir dem Thalgebiete des zweiten weſtlichen Zufluſſes, des
Gjöt Irmal, ver bis Kaſtamuni aufwärts ſchon vielfach beſucht
wurbe, weil er in ber Richtung ver großen, nördlichen Hauptroute
durch Paphlagonien zum Pontus und Cappabocien nad) Amafla zu
feinen Lauf zum untern Halys nimmt.
1. Urfprung des Gjöt Irmal.
De Sjät Irmak (d. i. blaue Strom)%) hat feine Quelle
am Nordweſtabhange des Alkas Dagh (Olgafiys), eine Tagereife
in S. W. von Kaflamımi, wo er auf einer Höhe von 3078 Fuß
unter ber allgemeinen Benennung eines Schwarzwaſſers (Karaſu)
feinen Lauf gegen Norb nimmt, und bei geringem Abfalle bei 3012
Fuß Par. in das Thal von Kaftamuni mit reißendem Laufe im
Tiefbette einwendet, ſich aber von ba bald oftmärts, mehrere weft.
liche Zubäde aufnehmend, an Taſch Kiöprä und Bojabad
vorüber zieht, wo feine fehr abrupten Felsufer ſich verengen und in
SD. von Bojabab, zumal im Defild Kara Dere, zu einer wahr
ren Engkluft werben, in ber fi der Strom zwiſchen Dauran
im Rord und Beiljdi im Süd zum Kyzyl Irmak ergieft, ber
- im gleicher Direction gegen S. O. feinen Rüdlauf durch ven ſchwarzen
und wilden Gebirgsſpalt Kara Tepe Boghaz mit ſcharfem Wintel
in feiner Normalrichtung bei Bojabuka gegen N.O. zurüdtehrt,
> Diefes fo daracteriftifch gebilbete, pittorest höchft. intereffante
Defile ift als Hanptpaffage von der Küftengegend Paphlagoniens ,
nach dem Binnenlande des Pontus und Cappabociens in hir
ſtoriſch⸗ militãriſcher Beziehung von größter Wichtigkeit, obgleich ber -
Sing felbft kaum 50 Fuß Breite und felten über 3 Fuß Tiefe hat,
im Sommer faft überall durchfurthbar ift und feine Brüde zu Taſch
Kijöprä far nur im Winter bei Hochwaſſer benutzt zu werben
braucht. Bei Bojabad erhält der Gjök Irmak einen rechten Zufluß,
>) . Tehibatchefl, Asie Mineure I. c. I. p. 184.
40 Mein-Afen, 4.8.
den die Bolotowſche Karte Kara Dere ⸗ ſu (Schwarzthalwaffer) went,
der von großer Höhe aus weiter Ferne des Olgaſſhe (Illas Dath
5727 Fuß Par. üb. d. M.) herabkommen fol, und zwiſchen jener
beiden genannten großen Zuflüffen als dritter Parallelſtrom gegen
RO. fich nad) Yängern Laufe, als er anf früheren arten einge
zeichnet war, ſich bei Bojabad vorüber zum Giök Irmak ergieft,
ehe biefer zur Engkluft des Halys eilt. Nach Hamilton‘) möchte
dieſer Zufluß nach feinem Thale Kaz Dere (d. i. Gänfethaf), in
welchem Bojabad Liegt, wol richtiger ver Kaz Derefu heißen, wie
er auf Kieperts Karte auch eingetragen iſt.
Wrontſchenko hat dem Fluß von Kaſtamuni, den er burde
weg nur mit dem Namen Karafu (Schwargwafler) belegt, von
dem aber Hamilton verfichert*?), daß er im untern Laufe nie
mals fo genannt werbe, eine genauere militäriſche Terraiubeſchrei
bung®), als wir früher von ihm befaßen, gemibmet, bie fär
ruſſiſche Sutereffen bei vereinft möglichen Durchmärſchen berediuet
fein mochte. Seine Beobachtung giebt Folgendes: er entfpringt am
der Norbfeite des Altas Dagh (Olgafigs) in 2 Dweliflüffen auf
beffen Gipfel, und ſtürzt anfänglich mit vielen Waflerfällen und
reißend in eine tiefe Schlucht, bie. fich erſt nach umb nach erweitert
und an ber rechten Seite in fanfte Abhänge übergeht. Oeſtlich vom
Kafamuni nimmt er ven Scheher iſchai (d. i. Stadtfluß,
wenn ber Name richtig iſt), vielleicht der Dadahi tſchai auf Kie-
perts Karte, von der. linfen Seite anf und zieht mit ihm vereint
in einer weiten, gut bebauten Ebene nah Taſch Kidprü. Aber
hier verändert ſich bie Geftalt feiner Ufer; rechts wird es ſchr fiel,
bemalbet, dicht an ven Berg fi brängenb, während auf ber linken
Seite ſich eine weite Ebene ausbehnt, bis ein hoher malbiger unb
fleiler Rüden, zwifchen dem aud; Nieverumgen liegen, ſich dem Flaß
wieder nähert. Bon va bleibt ver Fluß ziemlich entfernt, an 2 bis
3 Stunden, von Bojabad, wo zerrifiene thonige Höhenrüden mit
vielen Gärten bebedt find. Jenſeit dieſer Gegend, vie mit ihrem
Thonſchlamm das bisher Mare Flußwaſſer fehr trübt, wird ber
rechte Abhang des Karaſu oder Gjök Irmak wieder ſehr fleil,
„von dem Heinern Fluſſe, dem Kara Dere fu, durchſchnitten, über-
ſchwemmit vielfach bei Schneewaſſer feine Ufer, und ergießt ſich zum
°*) W. Hamilton, Researches 1. c. 1. p. 321. *) Hamliton, Regearch.
1.619.320. * Gew. Meontfhenfo a. am. IL 6.6061.
Unterer auf des Halps;- Zuftuß des Giöt Jemat 411
Kyzyl Irmal, nährt aber,teine Fiſche (7). Seine Ufer find ſtel⸗
Ienweife ſehr ſtark beuöffert.
Dur E. Bors, der im Juni 1838%), und W. Aino⸗
worth*), ver im Detober deſſelben Jahres das ganze Thal von
feinem Urfprunge an durchwanderte, wie buch W. Hamilton, ber
9 Jahre vorher (1836) in ben umtern Theil befielben Thales,
von Sinope aus fübwärts gehend, bei Bojabap*) einge
treim“ und bis zum Kygzyl Irmal fortgefäritten war, erhalten wir
eine frifchere Anficht der Natur dieſes Thalgebiets, als fie zuvor
vorhanden war. Beide erfigenannten Wanberer lamen non Weft
aus ben Thälern des bithyniſchen Küftenftroms Filias Tſchai
(Billaeus) von Bafaranboly ber, umb, fliegen durch bie öftlichen
Gebirgsgaue über dem paphlagoniſchen Hochlande von Iflani und
Rara Agatſch über das Scheivegebirge des Uzun Burun (3346
Fuß Par. üb. d. M. zwiſchen dem Aradſch-ſu zum Pontus und
dem Gjöf Irmak zum Halys fallend). Sie fiegen zu ven Quell⸗
höhen nes Gjäk Irmal hinauf, auf das Hochland Dadahi
(2438. Fuß Par. üb. d. M.), auf dem ſich aus verſchiedenen Duell-
bien gegen Dften in ber Nähe von Kaſtamuni ber eine
Hauptfirom bes Gjäf Irmak vereint. Im Norden deſſelben
Hochlandes Dapvahi fließt gegen Norden ein kurzer Küſtenfluß,
ver Daurilan Irma, mit ein paar Seitenbächen, zwiſchen denen
auf einer Berghöhe die Kupfer» Bergwerte Bakyr Kureffi,
226 duß Par. üb. d. M. von Bergleiten bearbeitet wurden, als
Ainsworth vom 28. October bis zum 2. November bahin vom
Dadahi Ajan einen Seitenausflug gegen Nord unternahm. Zum
Giot Irmal-Thale nach Kaſtamuni kehrte ex aber wieder zurück, um
dann feinen Weg oftwärts in deſſen Thale weiter fortzufegen. Der
hohe Gebirgerüden des Uzun Burun (b. i. lange Nafe), der von
SB. nah DD. ftreiht, war dicht bewaldet mit Fichten und Tan⸗
nen in, ben untern Theilen, mit jegt blätterlofem Birkengehölz
auf ven hoben Bergkuppen. Beim Auffteigen zu dieſen Waldbergen
hatte E. Bors am Wege, in ver Mitte eines grünen Thales, bei
dem Dorfe Görün: ein eigenthümliches rohes Denkmal wahrge-
nommen, das er für ein fehr.altes paphlagonifcdes anſprach,
“) E. Bors, Correp. ei Mem. l.c. Paris 1840. T. 1. p. 204 -200.
*) W. kinsworth, Trav. and Res. 1. c. I. p. 71-02; derf. Im Lond,
Geogr. Journ. Notes Vol. IX. p: 244256. **) W. Hamilton, Res.
in Asia Minor. I p. 315321; def. Ueber. 1. ©.208 fl
412 Klein » Aſien. 58.
das ihm aber auch einen druibiſchen (galatiſchen) Character zu bar.
ben ſchien: denn es war nur ein aus geglätteten großen Gra—
nitblöden an 30 Fuß hoch aufgeworfener Steinhaufen mit einer
Höhle, anit wie im Kreife umhergeſtellten Steinblöden, und van
einem Tannenwale umgeben. Ein Monument, das wol-mit dem fen
früher im Süden von Iskilib für einzig gehaltenen Dentmäle
galatiſcher Zeiten von analoger Abſtammung fein möchte (ſ. ob. b.
Yinsworth ©. 352 und weiter umten bei Angora). In ben Wäl-
dern murben noch ein paar anbre Denkmale deſſelben Styls mit
unterirdiſchen Gängen angetroffen. -
- Die hiefigen Hohwäher, Kara Agatſch (d. i. Schwarz-
wald, bie gewöhnliche tügfifche Benennung des Nabelholzes) genannt,
lieferten ſehr gutes Zimmerholz, zumal treffliche Maftbäume für ven
Schiffbau der türkifchen Küſtenbewohner, bie jedoch wie alle Türken
feine großen Seeleute find. Aus den genannten Walvhöhen des
Uzun Burun (fein Gipfel ift 3376 Fuß Par. üb. d. M.) flieg
Ainsworth ſteiler abwärts gegen Oft zu dem Ajan von Da-
dahy (Tadair bei Bors), das an 1000 Fuß nievriger, 2488
Fuß Par. Ab. d. M. Liegt, und fon auf feiner Hochebene Mais,
Tabak und Bohnen zur Reife bringt, und von den Bewohnern
ber 24 dem Ajan untergebenen Dorfihaften gut bebaut wird. Bon
bier fließt der nördliche Quellarm Dadaky Tſchai gegen S.O.
nad Raftamuni zu dem Hauptquellarm des Karaſu, ber vom
Süden her über Kaftamuni norboftwärts fließt, wo ſich unterhalb
dieſer Stabt beide Duellfläffe vereinen. Der hoͤchſte der umgeben-
ben Berge heißt Oblgi Bel (mol Gulgen, d. i. Ume) und war
Mitte October fon mit Schnee bebeit.
2. Ausflug W. Ainsworths von Dadahy norbwärts
zu der Kupfergrube Bakyr Kureſſi, und wieber zuräd
nad Kaftamuni (vom 28. Oct. bis 2. Non. 1838)7).
Am 28. October überflieg man bie Berge des Geriſch
Dagh gegen N. W., der mit Fichten und Eichen bewaldet und von
vielen Vögeln belebt war, die fi von ben reichlichen reifen
Preißelbeeren nährten. Vortrefflicher Dachſchiefer wird hier ge
brochen, der für Dachdeder in Conftantinopel ſehr nüglich werben
Lönnte, da man benfelben bisher aus Europa dahin kommen Laffen
mußte. Man durchſetzte ein offenes Thal am Daurikan⸗Flüßchen,
das, nur 13 Schritt breit und 1 Elle tief, bis Dſchuriman führte,
7) Ainsworth 1, c. L p- 7580.
Unterer ganf des Halys; Zufluß des Gjök Irmak. 418
und fo voll Fiſche war, daß dieſe ſich ohne alle Scheu, da Türken
fie nie verfolgen, an der Schnauge oder an ben Floßen mit den
Händen fangen liefen. Am 29. verweigerten bie. rohen Bergbe⸗
wohner den Reiſenden Pferde zu liefern, man mußte ſich viefe erft
unter ver Heerbe von- Dere Kjdi felbft mit Gewalt ‚von ber Weide
holen, wo die Bauern des Dorfs in einem tiefen von Felſen um-
gebenen Thale mit Berfertigung von Feuerſteinen aus ben bortigen
Steinbrücen beſchäftigt waren. Voll Trotz waren die Führer der
gewaltfam entführten, Pferde zu feiner Auskunft über Namen ber,
Orte zu bringen, durch die man fam, bis man nad) einem ſehr
beſchwerlichen Tagemarſche erft fpät in der Nacht Bakyr Kureffi
(e. i. den Rupferbiftrift) erreichte, wo man kaum ein Unterlommen
finden Tonnte. .
Am 30. Detober. ‚Ungeachtet ver Firman ber Regierung
die Reifenden zur Beſichtigung aller Minen im türkiſchen Reiche
beredhtigte, verbgimlichte der Director des ganzen Werkes ihnen
doch faft alles bei der Befichtigung der 16 Schmelzöfen, wo freilich
am den ſchlechten Blafehätgen und Waſſerrädern, vie fie betrieben,
wenig zu lernen war. Boll Mißtrauen gegen die Europäer ließ er
fie weder friſche Gruben, noch ven Erzertrag fehen, der wahrſcheinlich
in Kupferlieſen beſtand, fondern führte fie nur zu den Schutthalven
der tobten · Erze, aus denen babei meift angeftellte Verbrecher und
Sträflinge das noch fchmelzbare Geftein ausleſen mußten. Jetzt
werde fein frifches Erz gebrochen, fagte ver Director, wol nur um
feine Schachte nicht ſehen zu laflen, oder weil fie eingefallen und
erſoffen fein mochten: denn alle war in fhlechteftem Zuftande. Bei
Befteigung einer hervorragenden Berghöhe, Bakyr Sultan, 700
Fuß über dem Orte, erblidte man gegen S. O. die mit Schnee bes
dedte Kette des Alkas Dagh (Olgafiye); über das ganze nahe
warze Meer breitete ſich aber eine vide Wolfenmaffe aus, gegen
NO. Liegen bie fteilen Kallſteinberge Arfisler(?) Kaja. Die Stabt
Bakyr Kureffi‘) von etwa 200 Häufern mit einer hübſchen
großen Moſchee und Minarets liegt unter 41° 47’ Lat. und 33° 50°
D.2. v. Gr. 2626 Fuß Par. üb. d. M. und ift jegt ſehr verarmt.
Früherhin müflen die hiefigen Eragruben viel ergiebiger geweſen
fein, da einft der Turkomanen-Fürft Ismael von Sinope gegen
den Sultan Mu hammed II. Krieg führte, feine Reihthümer aus
den bortigen Bergwerfen zog, welche nach ben iberiſchen bie ergie ⸗
*®) W. Ainsworth, Notes in Lond. Geogr. 3. IX. I. c. p. 247.
414 Kiein-Afen. $. 8.
Bigften von ganz Aflen waren. Nah Ehalconpylas) und
Gibbons Berechnung ſchon ſehr bepweifelter Angabe von 20,000
(oder gar 200,000 Dutaten, ein bloßer Copiftenfehler nach v. Hammer)
Dutaten jährliher Einkünfte, war aud) diefe Summe unftreitig ſchon
zu fehr gefteigert. Die Rückreiſe nahm Ainsworth am 2. Nor
dember durch wilde Walbgegenven über ven Icralagos Dagh,
3038 Fuß Par. üb. d. M., dann über Koir Mudſchu, auch durch
gut bebante Thäler, aber unter fortwährenden Regengüſſen bivect
nad) dem Gjbk Irmak-Thale, wobei wenig Gelegenheit zu
Beobachtung ſich darbot, bis man die Stadt Kaſtamuni am Ka-
raſu erreichte, bie 835 F. tiefer im Grunde lag, auf einer Höhe
von 2203 Fuß Par. abfolut üb. d. M.
3. Die Stadt Kaftamuni over Koftambul (Cafta-
mon) des. Amnias.
Kaftamuni (Kuorazıv der Byzantiner) Tann wol eine alte
Stodt fein, wenn fie auch weber von Strabo, Plinins, noch
Ptolemäus erwähnt wird und in feinem ber Itinerarien, fondern
erſt feit dem XII. SahrhundertV) in ven Kämpfen ver Byzau⸗
tiner mit ben früheften Einfälen ver Seldſchuken und Turlomas
nenvölfer im pontiſchen Cappabocien und Bithynien häufig vorkommt.
Sie liegt nah Ainsworths Chronometer- Beobachtungen unter
41° 2IN.Br. und 83° 56° O.L. v. Gr., und in abfoluter Höhe
von 2251 Fuß Par. Seltſam contraftiven die ſchwarzen primitiven
Schieferfelſen im Grunde mit ben über ihnen gelagerten rothen und
weißen Kreivelagern, auf venen das Caftell ruht. Schon Eprifi,
der arabiſche Geograpf (1150 n. Chr. Geb.), nennt mit Amafia
and Kejankari aud Kaftamunist) als eine Stabt, durch welche
feiner Zeit Hanbelsreifende und Karawanen zogen, obgleich die Lage
der in ber zweiten Stelle genannten Reifeftation zweifelhaft fein
kann. Es war dies die Periode, ald Ifaac der Comnene
(vegiert von 1057—59) in feinem Heimathorte (Kaorauwr) bei der
Sunaria- Ebene, mo fein Stammhaus wahrſcheinlich in ſtinem
Erbſtaate (sic appellabatur domus Isaaci Comneni) lagS?), ven
den Solvaten als Imperator begrüßt wurde, unb ben Thron der
®®) Laoniel Chalcocondylae de Rebus Turcieis L. IX. 489 ed. 1. Bekkeri.
Bonn. 1843; f. &. Gibbon, Bei. des Derfalls m. |. 1. des Möm.
R. Reipgig 1806. ©. 290, Note89, *% N. Leake, Asia Minor.
London 1824. p. 311. ®:) Edrisi, Geogt. b. Jaubert, Vol. I.
p.312,318. °*) Georg. Codreni Compend. Hist, ed, I. Bekkeri.
Bonn. 4839. Vol. II. p. 622, 20.
Unterer Lauf des Halys; Stadt Raftamunt. 415
Eommenen ſchon beftiegen hatte. Bor Edriſi's Beendigung feiner
Geographie muß die Stabt ſchon zu einiger Bedeutung unter ven
Comnenen gelangt fein, da fie fo oft ein Gegenftand der Eroberung
der feinblichen Perfarmenier geworden war, fo daß Kaiſer Jo—
hannes der Commene (reg. 1118—1143 n. Chr.) fie wieder
erobern mußte®), und als fie zum zweiten Male in viefelbe feind-
liche Gewalt gekommen war, nur mit großer Anftrengung durch
Kriegsmafchinen, Anlegung von Sturmleitern wieber gewinnen
Tomte, al8 ex fiegreih auch Gangra (Tſchangri) und andre Land⸗
ſchaften bis zum Halys wieder eroberte (wol im 3.1131), die aber
doch wieder in bie Gewalt der Seldſchulen fielen. Als and) deren
. Dimaftie geftürgt war, hatte fi} der letzte Sproffe verfelben in ven
Gebirgen der Statthalterfhaft Kaftamuni feftgefegt, wo er aus
dieſem Felfennefte, das mit feinen Leuten fo nahen und verftekten
Zugang zum Schwarzen Meere geftattete, als Seeräuber die,
wie Hadſchi Chalfa ausbrüdlic jagt, bis Conftantinopel ihre
gefährlichen Raubfahrten ausdehnten, das, Geftade in Schreien
ſetzte, und einem einheimifchen Prinzen, Isfendiar, die Herrſchaft
dieſes Gebirgsgaues hinterließ, unter deſſen Nachfolgern aber ber
lahme Bajezids*) ſich neben dem damals auftauchenden Herr-
ſcherhauſe ver Osmanen nicht behaupten konnte. Der berühmte
Bajezid Iilderim nahm fiegreih von Kaftamuni, mie
von Samfun, Osmandſchyk und ganz Dſchanik Befig, fo
daß dem Befiegten (im Jahre 1392) nur ein-Afyl in ver feſten
Küftenftabt Sinope blieb, von wo aus er mit dem Sieger Unter-
hanbfımgen anfnüpfen wollte, aber aud da in Noth gerathend mit
feinen Söhnen zu dem Weltftürmer Timur floh, ver bald auch
den Sultan Bajezid feldft zum Gefangenen machte. Das Gebirgs-
land von Kaftamuni, das damalige reichſte Erzgebirge feiner
Herrſchaft, gab Sultan Bajezid dem Prinzen Suleiman zur
Stattbalterſchaft.
Der Ertrag ver Bergwerke, ſagt das Dſchihan-Numa, ber
trug jährlich allein 10,000 Batman Erz, deren Ertrag verpachtet
— (1 Batman = 9 Oka, in Summa 2000 Centner Erz), davon
Y, auf bie Koſten ging, % (alfo über 6000 B.) an die Kaffe ves
Sultans ebacifet wurbe; fpäter aber nahın der Ertrag jo ab,
) Nicetae Historia ed. 1. Bekkeri. Bonn. 1835 p. 25,22 —
28, 3. . v. Hammer, Gefcichte des osman. Reiche. Th. I.
2 EEET m et Soon, .
416 Klein-Afien. 8
daß nur noch 4000 Batman an das Werar abgeliefert wurden, die
an Werth jährlih 80,000 Aspern, d. i. 2000 Ducaten, hatten
(20,000 bei Gibbon ift ein Schreib» oder Drudfehler; ein Ducat
hatte damals 40 Aspern, nach v. Hammers Berechnung biefes
Ertrags). Den Hauptertrag gaben wol die filberhaltigen
Kupfergruben zu Bakyr Kureffi.
Im jener Glanzperiode von Kaſtamuni läßt uns Ebn Ba-
tuta eimen Blick in die Zuftände biefes Heinen Reihe thım, das
er auf feiner Reife durch Kleinaſien im Jahre 1327 befuchte, ale
es von einem Ali Beg, Sohn des. berühmten Suleiman PBa-
diſchah, ver feine Hofhaltung in Kaftamuni®) hatte, beſeſſen
wurde, der zu den frommen Dienern Muhammeds gehörte. Die
Stabt, jagt er, war groß umb volkreich und doch maren alle Lebend
mittel wohlfeil. Er logirte bei einem Scheich, ber von der Taubheit
feines Gehörs ven Namen führte; feine Schiller ſchrieben ihm alles,
was fie ihm zu fagen hatten, mit den Fingern in bie Luft ober in
den Sand, und fo verftand er bie Gefchichten vollfommen, bie fie
ihm vortrugen. Bei ber Wohlfeilheit der Lebensmittel konnte der
Pilger 40 Tage dort verweilen; aber es war fehr falt. Drei fromme
fehr alte Scheichs Iernte er dort kennen. Sultan Suleiman Pabir
ſchah war fhon über 70 Jahr alt, ein fhöner Mann von majefld-
tiſchem Ausfehen mit langem Bart, ver bei der Audienz fid vor
züglich über die beiden heiligen Stäbte in Aeghpten und Gtrien
belehren ließ. An feinem Hofe war e8 Gebrauch, jeden Tag nah
dem Gebete Asr Audienz zu geben, worauf bie Thüren geöffnet,
Speifen aufgetragen wurden und Jedermann, ber eintrat, mitfpeifen
Tonnte, mochte er ein Bewohner der Stabt ober ein Fremder fein.
Jeden frühen Morgen gab er eine Privataubienz, zu ber fein Som
eintrat, ihm bie Hand füßte und dann in feinen eignen Pallaft. zum
Audienzſaal zurücklehrte. Dann traten die Großen des Reichs bei
dem Padiſchah ein, fpeiften bei ihm und kehrten dann nach Haufe.
“ geben Freitag befuchte er zu Pferde die Mofchee, die drei Stocwerl
hoch von Holz erbaut iſt. Er nimmt niit feinem Hofe, dem Kabhi
und ben Oberofficieren die untere Etage ein. Der Effenbi, Bruber
des Regenten, begiebt ſich mit feinem Gefolge und einigen Bürgern
der Stabt in bie zweite Etage. Der jüngfte feiner Söhne, Al-
°°5) Voyage d’Ibn Batoutah, texte Arabe accomp. diune Traduction par
€. Defrmery et le Dr. B. R. Sanguinetti. Paris 1854. T. II.
p- 34183.
Unterer Lauf des Halys; Stabt Kaſtamuni. 417
dſchewad, ben er zu feinem Nachfolger beftimmt hatte, Hält mit
feinem Gefolge und feinen Sclaven und vem übrigen Volle das
Gebet in dem britten Stock. Die Lectoren des Koran Iafen bie
18. Sure (die Höhle) mit bewundernswerther ſchöner Stimme und
wieberholten die Paragraphen; dann beftieg der Kjatib (Mebner)
"die Kanzel, predigte und hielt das Gebet. Dann wurden noch
andre Gebete gehalten und anbre Stellen aus dem Koran gelefen,
und Alle gingen dann nad). Haufe. Dann hält der Mebner eine
Borlefung aus dem Koran vor dem Bruber bes Sultan, worauf
dieſer mit feinen, Leuten fortgeht; dann aud eine an ven Sohn
des Sultan. Dann wurden die Berfe. in türkiſcher Sprache zum
Heil des Sultans umd feines Hauſes recitirt. Hierauf begiebt ſich
ter Thronerbe zum Pallaft feines Baters, küßt aber zuvor die Hand
„feines Oheims, der deshalb ihm am Wege ftehenb aufwartet, unb
fo treten fie alle ein bei dem Sultan, der ihnen entgegen Tommt,
den fie nad dem Hanbfuß wieder verlafen und fi in die Zimmer
zu ihren Officieren begeben. Zür Stunde bes Nadmittagsgebetes
Tommen wieber alle zufammen.. Der Prinz küßt feinem Bruder die
Hand, geht‘ in feine Behaufung und fehrt erft am Freitag wieder
zu ihm zurück; der Erbprinz aber macht jeven Morgen feine Auf
wartung. Ebn Batuta erhielt von dem Padiſchah, im beffen
Ballaft er gaftlih wohnte, einen fhönen Schimmel, ein Ehrenkleid
umb eine Rente; auch eine Anweifung auf die Ernte einer ihm ges
hörigen Stabt an Weizen umd Gerfte, die eine halbe Tagereife
entfernt Tag, aber wegen Wohlfeilheit der Kornpreife Niemand ihm
ablaufen wollte, daher er dieſe Gabe an andre Pilger überwies.
Im der Nähe der Stadt befuchte Ehn Batuta die fromme
Stiftung eines Falhr-evbin für feine Sünven, bie von großer
Schönheit und von Mönden bewohnt war, und eine Herberge fir
alle- Pilger aus ven beiden heifigen Städten in Aegypten und
Syrien fein follte; ein zweites Reno dochium biefer Art, von
zwei Brüdern in Kaftamımi geftiftet, ftand noch weiterhin auf dem
Wege nad Sinope, wohin er felbft ging, um von ba zu Schiff
nad) der Krimm überzuſegeln.
Diefe einheimiſche Dimaftie, welhe damals auch Sinope befaß;
ging zu Grunde, als Conftantinopel von ben Osmanen erobert war
und ver Großfulten Muhammed II. (veg. 1451—1481) mit ber
Eroberung von -Trapezunt und Paphlagonien bie Hauptftabt
Rafamuni mit ihrem Sandſchak und den Erzgruben daſelbſt (im
3. 1461) einem eigenen Statthalter (Kyzyl Ahmed, einem Bruder
Mitte Erdtunde AV. Dd
aus Meinten 8 . 8.
gemaels) gegen eine jährliche Stener von 50,000 Dueaten übergab.
Damals, fagt der osmaniſche Hiftoriograpy%), waren die Erzgrn⸗
ben von Kaftamımi eben fo wichtig für vie türkifhe Finanz
tammer, wie für bie Literaturgefchichte dieſelbe Kaſtamuni
durch die Aufzählung ihrer Dichter und Dichterinnen, bie von
Latifi, ihrem Landsmanne, patristifch im feinen Biographien und
Sammlungen wol zu hoch gerühmt wurde.
Raftamuni ift der einheimifche Name, ven die Türken in bie
Bulgäransfpradhe Koftambul verderbt und mit Eonftantin in falſche
ethmologiſche Verbindung gebradjt haben. Nach Kinneir liegt die
Stadt in einer Felsſchlucht, in deren Mitte ſich ein fehr fteiler, mit
dem alten Schloß der Commenen gefrönter Fels erhebt, das fpäter
zum Hauptfig der Turkomanen wurde. Zur Zeit ihrer Blüthe
war einft ſtarles Gewerbe im Orte, wo vieles Kupfergeſchirt ans
dem Ertrag ber benachbarteri Bergwerle gearbeitet wurde; die Stabt
follte 12,000 türkiſche, 300 griechiſche umd 40 armeniſche Faui ⸗
‚lien, zu Einwohnern habens”), Die Breite der Stadt nach dei
ſelben Reiſenden Beobachtungen ift 40° 29° 30” Lat., eine Angabe,
bie von Winsworth berichtigt wurde. Aus einem früher mehr
felbftänpigen Sandſchak ift dieſe Provinz von Kaftamuni, feit
- den Reformen unter Sultan Muhammed, unter einem Miütfellim
(Statthalter) dem Paſcha von Angora untergeftelt®®). Die breite
amd lange Thalſchlucht, in der die Stabt liegt, ift ganz mit, Häufern
erfüllt, die auch gegen Weit mit der Vorſtadt Hiffar Arbi zufam-
menhängen, welche von ber eigentlichen Stabt nur durch das Caſtell
abgefonbert if. Winsworth, ver einige 20 Jahre fpäter als
Kinneir die Stabt befuchte, giebt ihr 12,000 Häufer mit 48,000
„ Einwohnern: davon 110 Häufern der Griechen mit einer Kirche Jos
Hannes des Täufers, und 20 Armenier ohne Kirche. Die Türken
haben_36 Minarehs, 4 Derwifchklöfter und 24 öffentliche Bäber.
Das Caſtell if roh aus Sandftein aufgebaut, aus dem auch ber
Fels gebildet ift, auf dem es ſteht. Bon den Thürmen, die noch
50 Fuß hoch ftehen, find drei rund, einer aus Badſtein mit Qua
dern zu größerer Feſte am der Außenſeite, umb befier als anbre
verfelben aus älterer Zeit aufgeführt. Das Caftell hat nad} einem
Plane, den Mr. Ruffell von vemfelben aufnahm, 414 Fuß
“
3. v. Hammer, Geſch. des osman. Reihe. I. ©.53. *') Mao
donald Kinneir, Journ. thr. Asia Minor. London 4818. p. 280.
**) W. Ainsworth, Trat. and Res. Vol.1. p. 80-84; vergl. Bord,
Corresp. et Mem.’l. c. I. p. 273—282.
Unterer Lauf des Halys; Kaflamımi. 419
Länge unb 60 Fuß Breite; vor 100 Jahren wurden alle Chriſten
aus ber Stabt verjagt, fie mußten ſich in dem benachbarten Thale
aufiedeln, das noch heute davon das Dorf der’ Ungläubigen, Gjaur
tidi, beißt; fpäter aber erhielten fie wieder Aufnahme, Handels ·
freiheit, und durften ſich ſogar eine Kirche bauen und einen Todten⸗
ader anlegen. Der Handel ver Stadt if zwar im Ganzen unbe-
deutend, doch vorzüglich durch eine Wolle aus der Nähe, bie fo gut
wie die Angora-Wolle fein foll.
Biele Einwohner find Baummollenweber, bie verſchiedene
Waaren, zumal aber Segeltud für bie Flotten in Conftantinopel
liefern. Ihre Baumwolle beziehen fie aus Adana und Cilicia.
Baummwollenzeuge werben gebrudt, Leberarbeiten gefertigt, wie aber
in Taſch Kjdprü ausgezeichneter find; viele der Männer fü ind noch
heute wie vormals Kupferſchmiede. Die Imbuftrie kann im Orte
wicht unbeveutend feit, da Ains worth erfuhr, daß hier 32 Rattım-
druckereien jede mit 8 Preffen angelegt fein follten, und 22 Färbereien
‚mal in Blau, die Übrigen in other Farbe beſchäftigt fein. Die
ange ſchmutzige Stabt am linken Fluß bes Kaftamuni, ver mur
7 Schritt breit und 1 Fuß tief ift, in ben aller Unrath geworfen
wird, ift fehr ungefund durch Fieber, Mälaria und die Per, bie hier
Häufig einlehrt, trotz ber hohen Lage, die Ainsworth bier anf
2203 Fuß Par. beftimmte, und ben firengen Winter, indem hier
2 Monat hindurch in ver Regel der Schnee liegen bleibt; body find
die Summer in der engen Thallluft fehr vrüdend, und dieſe Eytreme
„per Temperatur tragen wol zu ber ungefunben Lage des Ortes das
HHrige bei. Wein kommt bier nicht zur Reife, man führt ihm wie’
Reis von Tufia und Bojabad ein, aud) etwas Seide eben daher.
Aui 6. Nov. ging Hinsworth) von Kaſtanumi durch das
ſchone Thal des Gjöt Irmat, das ſich bald von NO. nah OR
wendet und voll Dörfer, Gärten, Maulbeerbaumpflanzungen einen
reizenden Anblid gewährt, bis zu einer Felaſchlucht, welhe der
Strom zu durchbrechen hat, um welche der Reiter feinen Weg über
einige niedrige Berghöhen nehmen muß, bis er jenfeit berfelßen
wieder in das Thalberfen des Gjöl Irma eintritt, wo das Städtchen
Taſch Kijöprü eine hödhft malerifhe Stellung®) zwiſchen Wald-
bergen mit riefigen Eichen, Bappeln und Gärten, bie beſondere reich
#9) W. Ainsmorth, Trar. and Research. I. 9.48; Macd, Kinneir p. 287,
B. Bord, Correap. et Mein. I. p 283. °°) Wiguetie bei Minsw.
Taftı Kupri. ©. ,70.
Dv2
420 Rlein-Afen. 58.
an großen Wallnufbäumen am rechten Ufer des Fluſſes find, ein-
nimmt, Cine Brüde von 74 Schritt Länge führt über den dluß,
die auf 4 Steinbogen, von denen bie Stabt®t) ven Namen hat,
ruhet, davon aber nur noch zwei ftehen geblieben, die andern ſchlecht
bergeftellt find. Der Fluß ift hier in 4 Arme getheilt, vie jehr
ſeicht find.
Einige Ueberrefte von antifen Bauwerken, wie 10 Säulen, Mar-
morblöde mit Inferiptionen auf ben Türfengräbern, ein prachtvollet
Sarkophag von weißem Marmor, 7, Fuß lang, 4 Fuß’ breit und
3% Fuß hoch, mit den ſchönſten Stierſchädeln und Feſtons an ven
Seiten mit Traubengehängen und Widderköpfen geziert, zeigen, daß
hier eine Nömerftabf lag, und auf einem ber Marmorblöde fand
Ainsworth ben Namen ver Stabt Pompejopolis®) auf einem
von Volt und Senat geweihten Denfmale, eine Entvedung, die ſchon
im Jahre 1805 der franzöfifche Eonful zu Sinope, Four cade,
gemacht hatte, deſſen Berichte’ jedoch vollftändig mie veröffentlicht
worden find®). Dies entfpricht der Angabe Strabo’8 (XIL 562),
der in bie Nähe viefer von Pompejus gegründeten Stabt ben
Berg Sandarafurgion mit den Arſenikkieſen anfegte, von
dem ſchon oben die Rebe war (f. ©. 401). Noch ift deſſen Lage
unbefannt geblieben. Die Stabt hatte ihren Bifhofsfig in ber -
Epardie Paphlagoniens neben Gangra (Hierocl. Synecd. ed.
Wess, p. 695). Im zehnten Jahrhundert führte fie noch ven Na—
men Pompejopolis, wie ver Kaifer Eonftantinus Porphyr. (reg.
913—959) fagt, der die, Baphlagonier überhaupt zu den dümm ⸗
fen und verachtungswürdigſten feiner Unterthanen zählte, und
Pompejopolis jarcaftifch zulegt nad ven 5 andern Metropolen
ihres Themas, erſt als die erbärmlichte von allen, nad Gangra,
Amaftra, Sora, Dabibra, Yonopolis, als dje ſechſte aufe
zählt (Constantin. Porphyrog. de Thematibus I. 7. ed. I. Bekkeri.
"Bonn. 1840. Opp. T. III. p.30.).
Nah Kinneir fol die Stadt 13 Mofcheen, Bire, und 4000
Einwohner haben, die zumal Baumwollenzeuge weben ımb Leber
‚ arbeiten madyen, die als vorzüglich gelten; Ainsworth giebt ihr
nur 1500 Einwohner, barumter gute Gerber und Schmiebe.
*) Gihan Nama ed, M, Norberg 1. c. II. p. 454. *) die Inseript,
b. Ainsworth, Notes 1. c. IX. p. 252; vergl. M.“Leake, Asia Minor.
1824. p. 310. *°) Vivien St. Martin, Histoire desDecouvertes
geograpbigges, Voll. 175. -
Unterer Lauf des Halys; Bojabad. 421
Am 8. Nov. fhritt Ainsworth von Taſch Kjöprüu weiter
gegen Oſt fort über die Ruine eines Caftells, das Kyz Kaleffi®),
d.i. das Mädchenſchloß, genannt wurde. Dann trat er in das
Thal eines rechten Zuflufes zum Hauptfluß ein, wo er den Bogen
Tſchakmak Kjöprüffü, die Beuerftein-Britde, zur Vertheibis
gung des Engpaffes angelegt, durchritt, und nun bie Verghöhe bes
Hit-Dagh überfleigen mußte, ver hier der Südſeite des Giök
Irmal-Thales mit feinen nörblichen fteilen Vorhöhen, Hiffar Irma
bei Rennell, verengt, die durch ihre herrlichen Hochwälver berühmt
find, das befte Zimmerholg, zumal Maftbäume geben, und Fich—
tenbäume (blos von Pinus pinea) zeigten, bie über 100 Fuß hoch
und 3 bis 4 Fuß im Durchmeſſer hatten, und eine Höhe von 4000
Fuß üb. d. M. bededten. Auch M. Kinneir maß den Umfang
mehrerer dieſer Pinusbäume auf 16 Fuß, und fand, je höher er
flieg, auch ven Wuchs dieſer Bäume höher aufſchießend; fie waren,
fagt er, in frühern Zeiten auf Flößen abwärts zum Schiffbau am
Schwarzen Meere geführt, verfaulten aber jet, bei tem Mangel
alles dortigen Verkehrs, auf ihren Stämmen. Die Wege liber das
Schiefergebirge Het Dagh waren fehr fchleht, und das Durchkom⸗
men oft durch umgeftürzte- unb- auf ber Stelle vermoberte Bäume
erſchwert; Schafale folgten in Heerven am Abend, ald die Däm-
merımg herankam, mit ihrem Gehenl die Reiter, bi das Wald-
dorf Kawaſche Tekieffi mit feinen 15 Hütten als Nachtherberge
erreicht war. Bors, ber venfelben Wald, nachdem er wie Kinneir
4 Stunden zu feiner Erſteigung gebraucht hatte, durchreiten mußte,
fand Hier (Mitte Juni) fein bewohnte Dorf, fondern nur.
Jürüken in ihrer Sommerftation (Jaila), und mußte mit der
Nachtherberge bei einem Schäfer vorlieb nehmen.
9. Nov. Der folgende Tag führte in das Thal des Blauen
Fluſſes (Gjöt Irmak) zurüd, das fi in milverer Landſchaft
hoͤchſt maleriſch anfthut, vol Dorfſchaften und Anbau vor Augen
biegt, wo Weinreben ven Baumwuchs umfhlingen, wo Mitte
Duni die Kirſchreifezeit ſchon vorüber war, als Bord hindurch-
zog, und nur noch niedere Seitenhöhen am Strome zu überſteigen
waren, als man der Stadt Bojabad nahe kam, die durch ihre
Gärten und Weinberge reihen Ertrag an Obſt und Trauben giebt.
Sie follte nad) Ainsworth 300 Wohnhäufer, von 1000 Weibern
und 800 Männern bewohnt, haben, während das Caſtell mit
— .
**) Ainsworth, Notes I.c. in Lond. Geogr. Joum, IX. p- 253.
429 . Rein Ufien. ‘8
feinen 30 Hauſern erſt feit 8 Jahren völlig menſchenleer und ver-
fallen war. Sie liegt nad Aiusworths Beobachtungen unter
41° 37° Lat. und feine volle 1000 Fuß üb. d. M.C%)
Erläuterung &
Der untere Lauf tes Gjök Irmak oder: blauen Fluffes,- von
Bojabad bis zum Verein mit dem Kyzhl Irmal.
Bojabad, nur noch eine Meine Tagereife in Weſt vom Ein⸗
fluß des Gjöt tſchai over blauen Fluſſes zum Kyzyl Irmak
ober rothen Fluſſe entfernt, liegt nur 18 Stunden fübmärts vom
Schwarzen Meere, das durch die pontiſche Küſtenletie des Alfar
Dagh von deſſen Geſtade abgeſchieden iſt. Bon dieſer Wafſerſcheide
zwifchen dem Zufluſſe des Halys, dem Amnias und dem
Schwarzen Meere fließen nach beiden Seiten Heinere Flüſſe ab;
gegen Süd ein geringerer zum Giöf tſchai bei Bojabad; gegen
Nord ein nicht ganz unbeveutender Küftenfluß, ver Tſcho banlar
tſchai, ber ſich ſüdlich nur wenige Stunden von Sinope zum
BPortus ergießt. Durch beider Thäler geht eine Berbindungs-
Rraße vom Meere zum Thale bei Bo jabad nad) dem innern
Paphlagonien, ein Weg, der uns durch W. Hamilton genauer
befannt geworben, als er biefen nähern Binnenweg über Wezir
Kiöprä durd die Gazelonitis nad) Amafia verfolgte (am 26.
und 28. Juli 1836).
1. W. Hamiltons%) Gebirgsmeg von Sinope am
Pontus nad Bojabad im Thale des Gjöt Irmat.
Am 26. Juli Nachmittags verließ Hamilten die Stadt
Sinope, und erreichte nach 4 Stunden Wegs gegen S. W. am
Meereöufer entlang das Dorf Deliler (d. i. die Tollen), das
ganz nahe an ber Mündung des Tihobanlar Su (des Adirten-
wafjerö«) liegt.
27. Iuli. Am folgenben Morgen halb 6 Uhr wurde ber
Weg am Fluſſe über mehrere feiner Tinten Zubäce durch Dichte
Waldungen von Eichen und ftahligen Steinbuchen (Carpinus)
„mit dunklem Laube zurüdgelegt, bis man ven Fluß am feiner Ber-
einigung au zwei Hauptarmen durchſetzte, davon ber eine, der Ka-
*%) Aichwor 1.c IX. p. 268. **) W. Hamilton, Res. Lie. Voll.
p- 314— 320. \
Unterer Lauf des Halys; Bojabad. 428
bular Tſchai, ans umbefannter Ferne von W.S.W., der ander,
der Kyrkgetſchid (d. i. 40 Furthen) mehr von S. S. W. die mal-
dige Gebirgäfette herablomme, in deſſen Iegterm Thale die Strafe
aufwärts fortführte. Die Berge find fteil abfallend, vie Thäler
tiefe pittoresfe Gebirgsſchluchten; halberyſtalliniſche Kallſteine, Sands
fein» und Mergelſchichten fallen in Winkeln von meift 40 Grab
gegen N. ab, und ihre Oberflächen find meift mit Betten von gel
bem Thon oder Mergel und Kalfconcretionen überlagert. Nach den
erſten 3 Wegſtunden flieg man ziemlich fteil in das vielzadige Thal
des Kyrtgetſchid, weil man ihn fo vielmal bucchreiten muß. Gigan-
tiſche Blatanen wachſen in biefem Ziefthale an feinen Ufern, bie
Berghöhen zu beiden Geiten find reich bewaldet und geben vielen
Sägemühlen am Strom zu thun, bie ihre Bohlen, Bretter und
Schindeln über den nächſten Hafenort Ger zeh (Tarufa) auszuführen -
pflegen. Die Vrofile des Flußufers zeigen blaue Schiefer und fehr
verhärteten Sandftein, die ein Anfehen wie lydiſcher Stein ober
Iaspisarten mit muſchligem Bruch annehmen. Nach einer Stunde
Auffteigens von da traten Gebirgsmafien von Trappgeftein mit
plutoniſch veränderten Sandſteinſchichten in ſenkrechter Erhebung
hervor, die fortwährend aufwärts in beftänbigen Wechfeln fortſetzten.
Bo die Sandſteinſchichten horizontal Iagerten, waren fie in förnige
Iaspisarten übergegangen; bie untern Schichten waren immer ges
waltjamer verändert als die obern, wo dann bie verticale Säulen-
bildung an ben Stellen ver ftärkten Abkühlung ber plutonifchen
Erhebung fihhtbar hervortrat. Die Trappgänge waren and) nad
unten mehr tafelartig abgefondert, nad) oben rhomböedriſch abgelöft.
Auf dem ganzen folgenden Wege des Anſteigens zur Bergkette fanb
ver Beobachter in ben verſchiedenen Schichtenabfällen und Wechſeln
der Gebirgsmaſſen, daß hier eine anticlinifche Tinte, d. h. dop⸗
pelſeitiges Abfallen der Schichtungen durch bie Hebung ber
Damme von Trappgeſtein aus der Tiefe von unten nach oben bes
wirt war. Man trat in eine enge Felslluft ein, deren Wände
mehrere 100 Fuß hoch ſenkrecht emporftarren, oben in ihren Firften
kaum nod 40 Fuß auseinander fanden, zwiſchen benen der Himmel
hereinblickte in die Tiefe, wo ein böfer Wafferlauf über Blöde und
Klippen kaum für die Pferde zu durchſchreiten war, die dann in ber
wildeſten Alpenfcenerie fürmlich die Felswände emporkleitern mußten,
um die Station des Dorfes Mehmed Bey Oghlu Kidi (d. i.
Dorf des Fürftenfoßnes Mehmed) zu erreichen. Um 4 Uhr Nade
mittags zeigte das Thermometer eine Hitze von 24°, um 6 Uhr
424 ein-Afen, &8.
noch von 17° Reaum.; am Abend fliegen aus ver heißen tiefen
Felsſchlucht dide Nebel auf.
28. Juli. Ih foldem Nebel wurde um 6 Uhr die Dorfher-
berge verlaffen, und durch ein paar hohe Gebirgsthäler. weiter fort-
geſchritten ifber nörbliche walbreiche Gebirgsabfälle, die mit Nabel-
and Laubholz bewachſen waren, zumal mit wilden Birnbäumen,
Buchen und Steinbuden, bie durch die pontifche feuchte At-
mosphäre mit dichten und lang herabhängenven Bartmooſen bewachſen
waren, während bie ſüdwärts gegen das teodene Innere der
Halbinfel abfallenden Bergwände ganz nädt und entblößt von Wal
bung ſich zeigten. Mehrere Bergwaſſer durchfloſſen bie durchzogenen ‚
Thäler gegen N.N. W. und fielen wahrſcheinlich dem Hauptbette des
Tſchobanlar tſchai zu in den Pontus. Dieſe langen Bergfetten, von
Welt nad Oft fid) ausdehnend, waren alle bis zu ven Gipfeln nach
ber pontijhen Seite zu bewaldet und bilveten hier ein ganz unbe
tretenes wildes Waldlabyrinth, die Peucia sylva ber Alten.
Gegen 8 Uhr wurbe die Culmination ber Verglette erreicht.
Die wellige Waldhöhe ver Wafferfcheide, bie hier mit ihren
Zugängen fo höchſt befhwerlid und während einer großen Hälfte
des Jahres fo umzugänglid ift, baß fein veger Verkehr auf dieſer
Weglofigkeit zwiſchen dem Binnenlande und ber Küfte ſtattfinden
Tann, macht, daß dadurch der Hafenort Sinope faft wie eine vom
Feſtlande abgefonderte und mit ihm in feinem Verkehr ftehende Infel
erſcheint.
Der Blid von ver Höhe dieſes Alfar Dagh fiel im weite
Verne gegen SW. auf ven body hervorragenden Alkas Dagh,
gegen Suͤden auf das tiefe Thal des Gjöl Irmal, und jenfeit
deſſelben auf 5.von einanver deutlich zu unterfcheivende Barallel«
tetten, bie alle von Weft nach Oft hintereinander fortfchreiten und
ſich nach dem Innern des Halbinfellandes immer höher emporheben
(f. oben S. 19). Um 8 Uhr trat man zu ben Meinen Holzhütten
einer Sommerftation over Jaila, die Hamilton für nicht fehe
berfchieven von den hei Kenophon im Lande der Mofynöfen
vor brittehalbtaufend Fahren beichriebenen Halten Tonnte, die ber
Grieche nahe der Meerestüfte gejehen, in jenem pontiſchen Kü⸗
ſtenlande, das ziemlich fationär ſeit jener Zeit faft in Allem
geblieben. Sie lagen am einem Bergabhange, waren zweiftddig,
unten ein Wetterdach auf hölzernen Pfeilern ruhend, als ‚Stallung
für das Vieh, oben im zweiten Stod bie Wohnung der Hirten,
über dem Stall und dem Eingange,
Unterer Lauf des Halys; Bojabad. 426
Nun begann fühwärts der allmälige Abſturz zum Thalboden
des Gjöt Irmal, den Hamilton au wol Giaur Irmak
i. Chriftenfluß), aber niemals Karafı nennen hörte Der
wird bünner bergabwärts und beftand noch aus Birnbänmen,
Eichen und Cornelkirſchen (Kyzyldſchyt) mit einer Heinen rothen
der Jujube nicht unähnlichen fänerlich ſchmecenden Beere, die von
den Türken gern gegeflen wird. Eine Stunde von ver Jaila hörte
alle Waldung ganz auf, und nur am den bewäſſerten Flußufern
fanden noch Bäume, während die Bergabhänge das Anfehn einer
gelbbraunen, wie von ber Sonne verbrannten Landſchaft hatten, und
im höcften Grade mit ver grünen, faftigen, pontiſchen -Meeresjeite
eontraftirten. Bald darauf führte ver Weg über eine merlwürdige
Kette von Kegelbergen, bie in graber Linie einer nach dem an ⸗
dem gegen S. S. O. fortftreichen und dann am einem Dorfe vorüber
ziehen zu reichen Kornfelvern, die ſchon zur Exnte reiften. Vieles
davon war fogar überreif, aber es fehlte an Menden, bie Frucht
anzubringen. Kein Baum war zu fehen, ver bei ver Hitze Schatten
hätte bieten koͤnnen. Das einzige Grün, was man erblidte, waren
einige Hirfenfeler; Wiefen-fehlten ganz, und Rinder wie Pferbe
lonnten nur mit Stroh gefüttert werben.
Bon biefer Thalebene flieg man wieder durch Sanbfeinfee in
eine enge Schlucht, in welcher das Waller abfloß zwifchen ſenkrechten
Gelswänben hin, die 40 bis 50 Fuß hoch oft faum 100 bis 200 Fuß
weit auseinander flanben. Diefe Sanbfteinfchichten im Schiefer und.
gelben Kalkınergel, und zuweilen im Conglomerat von weißen Duarz« -
Hiefeln und ſchwarzen Schiefern, fielen. gegen S.S. W. ab. Endlich
führte der Weg von W. nah S., die Bergwaud zog ſich zurüd
und man trat in eine Ebene ein, bie auf allen Seiten, in Weft
ausgenommen, von niebern Sandbergen umgeben war. An ben
Zweigen dortiger Stränder hingen längliche Schnedenmufceln, eine
Art Bulimus, in unzählbarer Menge, die, mit ihrem Schleim au
den Büfchen in der Sonne, am Tage feftgeflebt, erſt am Abend
wieder losgeweicht, fich bewegen und ihre Nahrung ſuchen können.
Noch war eine andre Bergreihe zu überfteigen, ehe man in bie vom
Gjöt Irma bewäfferte Ebene eintrat, ver hier fo wenig Wafler
in feinen Armen hatte, daß man fle leicht durdjreiten Tonnte. Hier
breitet fi die weite Ebene aus, in welcher bie fiegreihe Schlacht
des Mithridates den König Nicomedes von Bithynien und
feine römifchen Hälfstruppen in die Flucht ſchlug, zu Anfang des
erſten Mithrivatifchen Krieges im Jahre 88 v. Chr., wodurch ber
426 alein ⸗Aſten. 5.8.
Sieger Herr von dem größten Theile des weſtlichen Mein» Aſiens
wurde (Strabo XII. 562; Appian. de Bell. Mithrid. c. 18 ed.
Amstel. 1670. p. 312).
2. Bon Bojabad abwärts bis zum Verein mit dem
Kyzyl Irmal.
Bojabane@). liegt auf der Sübfeite des Gjdt Irmal, an
einem rechten Zuflufle vefielben, am Karadere, durch deſſen ange
. Schlucht, welde der Wildſtrom durchſtürzt, man eintritt, hinter
welcher fich erſt ver ſchöne Blick auf das Thal von Bojabad er
Öffnet. Ari dieſem liegt die Stabt von etwa 300 Häufern, ans
deren Mitte ſich ein Bergkegel an 300 bis 400 Fuß über dem Fluß ⸗
bett malerifch erhebt, vefien Gipfel mit einer Eaftellruine gekrbut
if. Das Caftell, wahrſcheinlich von Byzantinern erbaut, wird,
wie gewöhnlich in ben pontiſchen Gegenden, ven Genuefen zuge
ſchrieben. Bon feiner Höhe Tonnte man das ſchöne grüne. Thal ves
Kaz Dere (d. i. Gänfethal) mit feinen vielen Reisfelvern bis
zum engen Spalte des Durchbruchs überfhauen. Der Eaftell-
berg ift ein kühn emporgeſtoßener Trappfel® oder buntels
grüner Serpentin, ben dünnſchalige Schichten vor Glimmer-
und Taltſchiefer überlagern, über venen ſich wieder Kalffteinfchichten
ausbreiten, "die gegen Nord geneigt find. Während vie obern
Schichten des überlagernven Kallſteins bei ver Emporhebung gay
ruhig gelagert geblieben, Hatten bie unterhalb feines Drudes in der
Tiefe Tiegenben ſchiefrigen Schichten ſich bei ihrer plutonifchen Er
hebung wunderbar krümmen müffen, ehe fie erflarxen konnten. Gin
Borlommen, fagt Hamilton, das er hier fehr häufig zu beob-
achten Gelegenheit hatte. Die Hitze im tiefen Thal von Bojabad,
das mad v. Tihihatfheif mur 938 Fuß Par. üb. d. M.
liegt, war am 28. Juli um 4 Uhr Nachmittags bis 26° 67’ WR.
geftiegen, und hatte fi auch Abends 10 Uhr noch nicht mehr ala
5iß zu 22° 67° Reaum. abgekühlt. Unter ſolcher Temperatur konnten
hier nur die ſtark beioäfferten Reisfelder grinen usb gebeißen,
währen alles andre unter ben Sonnenftrahlen verſengt war.
**) W. Hamilton, Res. 1. c. I. p 321.
Unterer Lauf des Halys; Kara Tepe Boghaz. 427
Erläuterung 5.
Berein beiver Flüffe bei Dauran (Tahiran) in der ſchwarzen
deleſchlucht, Kara Tepe Boghaz, des untern Halhs, und
deſſen Lauf durch die Gnzelonitis.
Bon Bojabad bis Wezir Kjdprä durch die Engpäffe,
welche auf dieſer Strecke durchſetzt werden müſſen, find 18 Weg ⸗
ſtunden, die von Hamilton und Ainsworth zu verſchiedenen
Iahreszeiten im Yuli und im Nevember zurüdgelegt wurden.
29. Iali. Hamilton‘) kehrte von Bojabad in die große
Thalebene des Gjät Irmak zuräd, in deſſen ſüdlichen Gebirge:
wänben ſich ihm bie einfige gemaltigfte plutoniſche Hebung der cen«
tralen Bergmaffen und ihr nörblihes und norböftfides Abfallen
gegen die pontifche Seite hin, durch die aus ber Tiefe gehobenen
Troppgänge und durch die Neigung ber obern weichen getragenen
Gebirgeſchichten und deren Conftruction für das Ganze, immer
mehr und mehr Beftätigte, was an dem Eaftellberge von Bojabad
"fich in ber einzelnen Rocalformation ſchon bargethan hatte.
In der Ebene wurde der Fluß auf einer Holzbrüde überſetzt,
mb dann das geoße und lange Flußthal weiter verfolgt, in dem
fich viele Reisfelder und Mohn felder ausbreiteten, auch viele
Mafirbäume (Sakyz) wuchſen, deren reichhaltiges Gummi aber
Niemand zu ſammeln eingefallen war. Der Sandboden trug hie
und da gute Rorafelder; das Flußbett war aber jegt im hohen
Sommer troden, während es zu andern Megenzeiten mit reißenden
Baflern von ben Bergftrömen gefüllt wird. Nach 3 Stunden Wegs
fentte ſich das Thal mehr gegen O.S. O., zwiſchen Hügeln und
Heinen Ebenen hin, bis nach 5 Wegſtunden am Norbufer des
Gijot Irmal das ärmliche Dörfchen Duran in der Mitte einer
fruchtbaren Ebene erreiht wurde, mit einer guten Moſchee und
einem großen Gebäude aus Badftein und Steinquadern errichtet,
ein Khan genannt, an venen eine beſonders forgfältige Steinmetz -
beit durch die eigenthimliche Imeinanberfügung ber Onabern des
Bogengewölbes beachtungewerth ſchien. Eine arabiſche Infhrift
Über dem Thorwege zeigte, daß, nA ein faracenifcher Bau war, deſſen
Beſtimmumng indeß umbelaunt blieb.
**) Hamilton, Res. 1. c. I. p. 321.
428 Klein-Afen. 86.8.
Am 80. Juli brach Hamilt ons) von Dauran auf; nah
einer Stunde war er- an einem natürlichen Engpaß, ven Thorfel
fen, Kapu Kaja genannt, welches ven Gjät Irma vom Ryayl
Irma oberhalb ihrer Vereinigung ſcheidet, an deſſen Fronte einige
Höhlen fihtbar waren. Der Kalkftein zur linlen Seite ruht auf
Shieferfelfen, vie jenen zu Bojabad glichen. Eine Biertel-
ſtunde jenſeits deſſelben wurde die Vereinigung des Gjök Irmal
mit dem fpärlichen gelben Wafler des Halys, ver hier aus S. W.
tommt, erreicht, und bald darauf erblidte mar gegen Süd in em
paar Stunden Ferne den Spitfelfen Egri Kaleh (d.i. das frumme
Schloß), auf deſſen Gipfel die Ruinen eines Caftells liegen follten.
Unterhalb des Vereins wendet fi der Halys plöglih von
Nordoft gegen Süboft, zieht eine Stunde weit durch eine
ſchmale ebene Strede, und tritt dann zwiſchen hohe, faft fent-
rechte Kalkfteinfelfen wie in einen Erd ſpalt ein, befien Wände
ſich nach oben faft zu berühren ſchienen. An ihrem Fuße ging ein
enger Pfad den Strom entlang; ver bunfelfarbige Kalfftein, Halte
æryſtalliniſch, nach allen Richtungen von weißen Adern durchſchwärmi
ſchien dem Geruch nach ein bituminöfer Stinlkall zu fein. Auf
allen Seiten lagen ungeheure Blöde umher zerftreut, und unten lag
wieder Schieferfels. Mit jevem Schritte nahm die Wild heit
und Großartigkeit der Landſchaft in der Engſchlucht zn; Bel-
fen, Waſſer und Wald wechfelten fortwährenn in ihrer Form, und
auf dem Sübufer, bem rechten des Stroms, thürmten ſich hohe
Berge mit tiefen Waldſchluchten empor, aus deren Hintergrumde zer⸗
Hüftete Bergfpigen hervorgudten, bie von dem höchſten, dem Egri
Kaleh, überragt wurben. Der Fluß fcheint hier, fagt Hamilton,
an biefer Stelle feines Laufes einmal eine Reihe von Seen gebilvet
zu Haben, deren jetzt troden liegende Beden durch Felspäffe von ein»
ander getrennt find, bie der Strom wieder durchbrechen mußte. Der
gefährlichfte Reitweg führte faft 2 Stunden lang durch dieſen Enge
paß, bald am Waldgrund entlang, bald über vorfpringenbe Felfen-
lamme und über ven Fels hängenbe abſchüſſige Klippen, an denen
ein einziger Fehltritt in bie graufige Tiefe geftürzt haben würde.
Dann erft trat man aus der Kluft hinaus in eine etwas offnere
Ebene, bie mit Hirfe und Getreide bebaut war, wo ein ifolixter
Kaltfteinblod von 25 Fuß Höhe mit einer Höhle lag, und in deſſen
Nähe die Ueberrefte ver Steinpfeiler einer einftigen Brüde über
«*) Hamilton, Res, 1.c. Vol. I. p.324—327.
‚Unterer Lauf des Halys; Kara Tepe Boghaz. 439
den Steom finden, ben man jett, Bei vollerem Waſſer, in einer
jedoch nur gebredjlihen Fähre überfegen konnte. Hamilton zog
& vor, am einer ſandigen Uferftelle fi durch einen Führer duch
eine reißende Furth des Stroms geleiten zu laſſen, in ber man durch
viele Zickzadwege in langer diagonaler Richtung zwifchen Felsblöden
Hin die größern Tiefen des Stroms vermeiven und, meift mur bis
an die Knie im Waſſer, den feichten, aber wilden Strom vucchfegen
tonnte. Unmittelbar unter dieſer Furth wenbet ſich ver Strom wieder
von S. O. gegen N.O., wo man aber beffen Lauf bald verließ, um
über eine bebaute Ebene, in ver das Dörfhen Tſchaltyk Liegt,
ven Weg zu Lande gegen SD. am folgenden Tage weiter nad
Bezir Kiöprä zu verfolgen. Bon ven Unhöhen dieſes Dörfe
Gens konnte man gegen N.D. durch die Sortfegung ber pittores-
ten Thalſchlucht abwärts ven untern Lauf des Halys ver-
folgen, und erblidte zugleich gegen S. W. ven Gipfel des ſchon früher .
geichenen .Spiplegels Egri Kaleh.
Es ift wol an dieſer jo höchſt eigenthümlich gebilveten Stelle
des Halyspurhbrudes”) der Mühe werth, aud die genane
Beſchreibung derſelben von Ainsworth zu vergleihen, ber nur
2 Jahr fpäter dieſelbe bei vollufeigem Strome in, ber Winterzeit,
am 11. November, auf feinem Wege über Wezir Kjöprä und
Osmandſchyk nah Angora durchwanderte. Er hatte von Bor»
jab ad benfelben Weg gegen Oft nach Duran, das er aber Ta-
hiran fchreibt, zurüdgelegt, durch eine fehr angebaute Ebene, bie
ihn durch die Schönheit ihrer Vegetation erfreute, und in welcher
er in einem zur Seite liegenden Dorfe Aly Paſcha Schaly
Am Dorfe Tahiran (Dauran), einft ein heruntergefommenes
Stäbtchen, wurde das Thal des Gjot Irmak vurch Euphotiden⸗
Telfen, die dichten Kalkftein emporgehoben hatten umb in wilden
felfigen Borgebirgen (Kara Denin genarmt) ſich vorſchoben, fehr eine
geengt (wol die Kapu Kaja bei Hamilton). Weiter bin, am
einer mehr offnen Stelle, vereinen fih beide Flüſſe, wo ver Halys
aus S. W. gegen Nord flrömt, fid aber dann in faft fpigem Wintel
gegen SD. wenbet, und ſich durch ven ſenkrechten Kalkſteinſpalt
hindurchbricht, defien Defild Kara Tepe Boghazy, bie Schlucht des
| ſchwarzen Gipfels heißt, die Berge an der Süpfeite aber Ada Dagh,
| ⸗ B
=) W. Ainsworth, Travels and Research. 1.c. I-p. 92-93; berf. in
Notes 1. c. in Lond, Geogr. Vol: IX. p. 256—259.
40 Nlein⸗ Aſten. S. 8.
d. i. der Juſelberg (wo der Egri Dagh bie hoͤchſte hervorra⸗
gende Spige nach Hamilton bildetſ. Der Verein beider Fläſſe
liegt nach Ainsworths Beobachtungen unter 21° 22° R. Lat.
Ainsworths Abficht war, die bisher völlig unbelammt geblie
benen Ufer am obern Laufe des Halys gegen ©. aufwärts bis
Hadſchi Hamza, und von da bie Osmandſchyk zu erforihen.
Obwol die Eingebornen behaupteten, dies fei wicht möglich,
ritt er doch, um ben Verſuch zu machen, am linken Ufer des Halys
dieſen Strom aufwärts zum nächſten Dorfe Beitjäi, wo aber ber
Strom zwifen jo engen Schiefer um Kaltfeinfelfen jr
vorbrach, daß weder unter been Fuße hin am Ufer, noch über
deren Höhen ein Pfab zu finden war. Er mußte alfo fein Project
aufgeben, umlehren zur Engſchlucht Kara Tepe mad durch
diefe, wie Hamilton, ben wilden Weg über Weir Kiöprü
verfolgen. - 5
Diefer Paß ſchien, wenn einft Paphlagonia nicht ciwa uch
weiter oſtwärts reichte als im fpätern Zeiten, jener Angabe bes
Hecatongmus, bes Geſandten der Sinoper an Kenophen, zu
entfprechen, ber ihm den Math gab, nicht zu Laude, fonbern zu
Schiffe von Cotyrora bie’ Heimfahrt mit feinen 10,000, über
Sinope und Heraclen zu verfolgen: denn das Laud fei zu fehr
gefichert durch die Barrieren der brei vorliegenden Ströme
(f. oben S. 97), und in Paphlagonien könne ein Landheer au
* Durch einen einzigen Engpaße”t) einbringen, ver, zwiſchen hohen
Bergwänden auf beiden Seiten eingefhlofien,. durch nur menige
Mannfhaft ver Paphlagonier den Durchziehenden und urchdriug ⸗
lid gemacht werden fünne. Vieleicht, daß dies derſelbe Eng-
paß Cappadogiens ift, vor dem Cyrus, nach Diodors duh
Angelo Majo??) wieder aufgefunbenem Fragmente (8. 29. II. p. 3),
mit feinem. Kriegsheere aulam, und von da ans dem Exöfus Ge
fanbte geſchidt haben-foll, ihn ala Satrapen vom Aybien beftktigm
zu wollen, wenn er ihm als feinem Oberherrn im Zeltlager Hulbigen
türbe, worauf es erft nad) ver Weigerung zur Schlacht in Bteria
gelommen fei. . j -
"Der Hals durchſtrömt bier bie Ralffteinfclucht erft von SB.
gegen N.D., läßt gegen Süd einen Kegelfels von- 250 Huf Hlke
Hofirt fleßen, und zieht dann durch 1000 duß hohe fenhrndite Belte
#1) Xenophom in“Anabas. Lib. V. c. 6. 7. ’) J. C. F. Bashr, Herod.
Halic. Musae. Lipsia. Vol. 1. 4856. p. 469, Not.
"Unterer: Lauf des Halye; Mara Tepe Bogbaz. 491
wände. Gegen SD. fleigen wilde Felözaden emppr, auf einer
einige Ruinen, die wie ein Convent ausfähen, beren Name man
aber nicht erfahren konnte (wol Egri Kaleh bei Hamilton, ober
das Caftell Boghaz, das Hadſchi Ehalfa”) an dieſer Stelle
genannt hat). Dies Defils ift in neuern Zeiten durch bie Räu-
bereien ſehr gefiichhtet gewefen, daher das Gouvernement ‚hier ein
Wachthaus im Paſſe mit der Befagung von 2 Beterauen anlegte,
die freilich nur wenig Schub bieten konnten. In demſelben brachte
Ainsworth vie Nacht zu, und beftimmte feine Lage unter 41°21' .
N. Lat, auf 35° 14° O. C. v. Gr. nach dem Chronometer. Die ab»
fobıte Höhe des Wafferfpiegels bei dem Verein vom Gjüt Irmal
und Halys hatte das Barometer auf 421 Fuß Par. (450 8. Engl.)
amgegeben; durch bie Felsſchlucht Kara Tepe beträgt das Gefälle
des Stroms ſicher 93 Fuß Par. (100 F. Engl). Das Wadt-
haus unter vem Paß lag= 327 F. Par. üb. d. M. (350 F. Engl.),
amf einer Diftanz von 8 bis 10 engl. Meilen voller Windungen, fo
Daß mau auf jede Meile wol 10 Fuß Engl. rechnen fonnte; ber
Strom legte 2 Stunden (5 Meilen) in einer Stunde zurüd. "
Die ſehr ſtarke und ſchnelle Senkung des Stromthales vom
Hochlande Raftamuni’s, Taſch Kjöprü und weiter, über 2000 Fuß
feufrechte Tiefe abwärts, bewirkte im Thale des Gjöt Irmak große
Wechſel der Temperaturen und der Probuctionen. Auf dem Hoch·⸗
Lande des Iflani gedieh nur Gerſte und Weizen; bei Kaſta—
muni Mais, Tabak, Öurfen, einige Melonen, leine rei-
fenden Trauben. Unterhalb Taf Kjöprä guter Wein und
Melonen, alle Arten von Obft und Reis; Wallnußgbäume,
Eichen, Weiden, Pappeln häufig. Die Pinuswälder fleis
gen bis zu 4000 Fuß empor und find die einträglichften im ganzen
türtifhen Reiche, zumal die des ILif Dagh im Süd von Taf
Kidprü bis Bojabad, mo außer Pinus auh 2 Juniperus«
„Arten, Eypreffen und immergrüne Eichen vorlommen. Im
Kaz Dere-Thal zu Bojabap, werben die beften Obftforten
- gezogen und etwas Seidenzucht getrieben. Die bemäfferten Reis«
felvder im untern Thale des Gjbk Irma verfehen das Land
mit ihrem Extrage und geben noch Ausfuhr für ven Markt von
Sinope und Eonftantinopel. In dieſen Thälern tritt zuerft
die dornige Acacie (Acacia spinose) und bie immergrüne Eiche
auf, die von da An eine Kauptvegetation ver Thäler bilden.
”s) Gihap Numa ed, M. Norberg. Vol. 1. p. 410.
433 Klein-Afen. &8
Pinus larix, ber Lärchenbaum, zeigt ſich bie und da, Rofen«
ftöcte zeigen fid) in Menge, fo wie viele Dornbüſche und Ranken-
gewächle, und Krapp (Rubia tinctoria) wächſt überall unter Heden
und Buſchwerk wild. Am heißen Halysufer treten Gräfer
(Dactylaria dactylon) hervor, und Eypreffen wachſen zu höhern
Bäumen heran.” An die Stelle von Pinus picen folgt hier Pinus
pinaster, ber aus ven engften Felsſpalten hervorwuchert; Syringe
argentea und Tamarix verjhönern das Stromufer, wie Oleander
und wilde Reben” Im den Schilffümpfen am Strome haufen wilde
Eber. So wie man aber den Strom verläßt, wie bies auf bem
Wege nach Wezir Kjöprit der Fall war, verſchwindet anf bem
bürren minder bewäfferten Boden biefe Vegetation wie, und tritt
Einbde und Einförmigkeit ein.
Vom Wachthaufe wurde am 13. November nad 4 Heimen
Wegftunden abwärts am Kyzyl Ir mak die Fähre erreicht, in ber
Ainsworth nur bei vollufrigem Strom denſelben auf die Sud⸗
feite üerfuhr, -wo die von Hamilton erwähnten Brücenpfeiler
ftanden, die Yinsworth für den Anfang eines nie beeubigten
Brüdenbaues erflärt. Mach. Kinneir nannte fie die Reſte einer
fhönen alten Brüde. Un viefer Stelle der Ueberfahrt war ver
Strom 80 Schritt (nad) Kinneir 100 Schritt)*4) breit, 3 bis 4
Fuß tief; im ber Nähe lag die Ruine eines Khans. Unterhalb
dieſer Ueberfahrt zeigten ſich nur wenige Dörfer, aber abwärts ſchien
der Kyzyl Irmak fi wieder durch eine Felsſchlucht aus Kalle
fteinfelfen glei} ber von Kara Tepe Boghaz gegen N.O. bis
Bafra fortzufegen. Aber bier führt nicht einmal ein Pfab am
Stromufer durch biefelbe hinburch. An biefer Stelle der Ueberfahrt
verließ aud) Yinsworth den Strom bei demſelben Dorfe Tſcheltik,
das nur 20 Häufer hat und von dem auf dem Wege gegen S. S. O.
4 Heine Stunden Wezir Kjdprä entfernt liegt.
. Erläuterung 6.
Rückweg über Wezir Kjöprü und ven Tawſchan Dagh nad)
Osmandſchht am Halys. .
Bom Dorfe Dſcheltik führt der Weg gegen S. und &.S.D.”)
das Thal aufwärts, zwiſchen Kornfeldern an Felſen von Kalkſtein
*"*) Macdon. Kinneir, Journ. thr. Asia Minor. 1818. 1. c. p. 293.
°*) W. Hamilton, Res. 1. c. p. 328; W.Ainsworth, Notes in Lond. Geogr.
3. IX. p. 259260; derſ. Trav. and Res. I. p. 93.
.
Unterer Lauf des Halys; Wezir Kiöprü. 498
nund Schiefergebirge hin; dann treten Didichte von Dornen, Wach-
holder, Maftirbäume und Eichen an beren Stelle; es folgen
wellige Höhen, von veren Bergrande die Stadt Wezir Kjdprü
ame noch eme Biertelflunde fern liegt, umd halb in Gärten umb
zwifchen Bäumen verborgen einen höchſt malerifchen Anblid gewährt,
zumal “burdh- das fie umgebende Grim, im Gegenfat ber übrigen
(am 31. Juli) ſchon ganz.verborrten und von der Sonne verſengten
Landſchaft. Hohe Eyprefjen umd Bappeln wetteifern mit den
hehen Minareis, die ſich über die Kuppeln ver vielen Moſcheen er-
heben. Ein Flächen, auf der Bolotowſchen Karte Keuprufu
genannt, das von S. W. beim Dorfe Tſchehler vom hohen Taw⸗
ſchan Dagh (v.i. Hafenberg) herabfonımt, wird durch Irrigation
auf Stunven Wegs fait gänzlich aufgebraucht, und kann kaum feinen
Lauf gegen N.O. unterhalb Wezir Kjöprit fortfegen durch bie
darren Kallfteingebiete und Klippen, in bie es in ber Nähe des Kyzhl
Irak eintreten muß, wer e8 biefen erreichen ſollte. Die Bolo-
towſche Karte giebt einem Flüßchen, das fih von der Oftfeite mit
dieſem Tawſchan vereint, ven Namen Stavros Tſchai (ver-
ſchrieben ſteht Iſtavlar⸗tſchai auf Kieperts Karte). Im Sir
den der Stadt Wezir Kiöpräü gegen ven Tawſchan Dagh
durchfließt er ein fruchtbares Gebiet. Die Stadt mit ihren 1000
moslemiſchen Häufern, 50 armenifhen und 20 griechiſchen Familien
hat mehr veguläre Straßen als gewöhnliche türkiſche Ortſchaften;
aber die Häufer find meift in Verfall. Durch verſchiedene Mauer-
zäge ift fie in zwei Quartiere getheilt, eben fo zur Sicherheit der
Marktplag over Bazar, und ber Bezeftam, das heißt ber bedeckte
Markt für Seidenzeuge und koſtbarere Waaren, ift mit 4 Doms
gewdlben und einem Ziegeldache gut geſchützt und durch 4 Thore
geſichert. Au diefen Thoren find ältere Duaberfteine eingemauert,
in denen ſich griechiſche Infhriften' von Grabfteinen erhalten
haben, vie Hamilton (Nr. 64 bis 67) copirt hat. Auch ante
Mauerrefte und Säulenfragmente, zumal in türkifchen Ruinen, z. B.
im valten Bade» (Eski Hammanı), in Moſcheen und Privathäu-
fern, fo daß bier wol die Stelle einer, antifen Stabt vermuthet wer-
den darf, nämlich von Gazilon ober Gadilon (bei Strabo XII,
546; Plin. H. N. VI. 2) in ver Landſchaft Gabilonitis, bie
Strabo”) gleich oberhalb ver Mündung des Halys aufegt, und
fie als produktenreich ſchildert, ſo wie den Umftand von ber feinen
”) 5. A, Cramer, Asia Minor. I. p. 264. 300.
Witten Ewtunde XVUL. Ce,
434 glein ⸗Aſten. 5.8.
Ball da Ghafe emähnt, bie man deshalb mit Fellen umge,
um die Wolle zu ſchonen, eine Notiz, die mit obiger Angabe ber
ſchönen Wolle zu Kaftamuni übereinftimmt, melde nah Ains⸗
worth ber von Angora gleich iſt. Früher ſoll bie Stabt bei
Tarlen Kedi Kala geheißen haben, was Ainsworth für eime
Corruptiou von Gadilon hielt; wenigſtens ſagt Hadſchi Chalfa,
daß bie Stadt Kede Kara, eine Stadt mit Caſtell am Taw ſchau
Dagh in einer Ebene gelegen, and; Kijöpri heiße). Die Stadt
war früher fehr bebeutend, ehe fie nur buch Lift von einem Taw⸗
fhan Oghlu erobert werben konnte, nach dem ber Berg angeblich
genannt wurde. Die Stabt liegt nah Ainswort hs Beobachtung
unter 41° 7 N. Lat, und 36° 36 O. L. v. Gr. auf einer abfoluten
Obhe von nur 760 Fuß Par. (923 Fuß Par. nach v. Tſchichatſcheſf).
Baumwolle und Maulbeerbäume zur Geivenzudt werben bier
gepflegt. Storchneſter finden fih auf allen Dädern der Stat,
Auch grobe Mouffeline werden hier gewebt, bie nach Tokat in
die Druderei geſchickkt werden. Als Emliya Efendi?e) die Stat
im Jahre 1650 mit dem Kriegeheere feines Paſchas durchzog, ber
auf Werbung von Truppen ausging, follte fie 6000 Häufer Haben,
zweiftöcige, prädtige Wohnungen, Minarets mit weißen Säulen,
11 Khane, ſchöne Marktpläge, Obftreichthum, und viele Derwiſche
zu Bewohuern haben, aber auch Färber und Kanfleute, deren Hafes
orte Bafra und Sinope waren, wohin ihre Hauptgeſchaͤfte gingen.
Bei Ankunft des Paſchas im Orte riefen feine Herolde als Schreier
is den Straßen aus: wer Geld und Sclaven, Hofen nub ein Pferb
haben wolle, folle fi ur beim Paſcha zum Recruten melben und
einſtellen. Dies war bie Methode, feine Macht zu vergrößern. Die
Stadt hatte eine gute Hefte, die zwiſchen dem Verein beiver Flaſſe
lag (wie fie die Bolotowſche Karte auch barftellt), die Emiige
Efendi Boghaz Kidi und Aſtavoluz nennt, aber bemerkt, daß
fie bei Ueberſchwemmungen die ganze Stabt unter Wafler ſetzen,
daher die Holzbrüde aus Fichtenftämmen über den Aſtavoluz wu
dervoll erbaut fei, baher die Stabt ven Namen Kibprü, b. i.
edie Brüden, erhalten habe. Früher habe fie bei den Vorfahren
(ex nennt fie Amalekiten) Schebenber geheißen, denn Benber
Wiße bei Berfern vie Brüde. Cine fote dortige Steinbräde
*”") Giban Numa bei M. Norberg. Vol. II. p. 408. 410. ) Ewliya
Eiendi, Namative etc. 1.e, Tramlat. by I. v. Hammer. 4. Vol. Il.
>
Unterer Lauf des Halpe; Wezir Kjöprü. 406
der Umgläubigen ei in ber Nacht, bei bes Propheten Muhumeb
Geburt, zufommengeftärzt, und feitvem durch eine Holzbrüde exfegt
worben. Beide vereinte Zlüffe ver Stadt fließen norbwärts mar
1Tagemarſch weit zum großen Fluß von Bafra, d.i. zum Hals.
Zam Diftricte der Stabt Kijb prü — ‚140 Dörfer mit Garien
un ber große Flecken Boghaz Li i (wol am Halys gelegen?) mit
Die Stadt if, nach Hamilton, gegenwärtig von dem Gou-
versenr von Amafia abhängig, dem fie vorbem als jährlichen
Tribut 60 Beutel (300 Pfo. Sterl.) zu zahlen Hatte; eine Tage, bie
bald auf 100, und im Jahre 1835 foger auf-200 Beutel (1000
Pf. Sterl.) gefteigert wurde, weshalb ber bamalige bisherige ein-
heimiſche Beamte ber Stabt, bei dem Hamilton als Gaft im
DQuartier Ing, voll Indignation über zu ſtarle Erpreffung feine Stelle
aufgab. Hierauf wurde fie an einen Fremdling verpachtet für bie
hehere Eonteibution, ‚unter dem die Bewohner der Stabt noch ftärker
als bisher zu leiden hatten, ein willführliches Verpachtungsſyſtem
der Turlen, das. allen Wohlftand endlich zu Grunde richten muß,
und bei allem Ueberflui Thenerung und Armuth unter dem Volie
Lleinafiens erzeugt hat. Das Steinfalz von bet Oſtſeite des
Salys (f. 06. S. 368) jah Hamilton hier in die Stabt auf Ochfen-
larren einführen, aber man wußte damals nicht, wo es gebrochen
wurde (j. oben &.149). Die Ebene um Wezir Kjöprü fand
Hamilton mit Ralkfteinen, blauen Schiefern und gelben Mergeln
bededt, dazwiſchen Thonlager, Sand und Iofe Eongiomerate. Im
Thon Ingen auch große Maſſen von Seleniten over cryſtalliniſchen
Gypſen, ein Vorkommen, das auch noch weiter gegen Weſten im
Zanchmen zu fein ſchien. Hamilton verfolgte von Wezir Kjöprä
feinen Weg weiter oſtwärts über Ladik und Phanarda zum Lyeus
nach Rilfar, wohin wir ihn ſchon (ſ. ob. S. 228) begleitet haben;
wit Aiusworth fehren wir aber jüdwärts nad Osmandſchyk
mil), von mo twit ausgegangen waren.
15. Nov. Bon Wezir Kjöprü führt der Weg in ber Rice
tung bes gegen S. W. allmählig auffteigenben Thales durch weniger
bebaute Ebenen gegen 4 Stunden bis zum Fuß des Tawſchau
Dagh, von wo man durch die bewachſenen Eichen ⸗ und Buchen ⸗
wälver, über Sanbflein- und Kallſteingebirge nach v. Tſchichatſcheff,
") W. Aimswortk, Trar. and Bes. 1.c, 1. p.04; def. Nales Le. inlond.
Geogr. Journ. IX. p. 260.
Ee2
436 . Klein-Ufien. 8. 8.
amt Dorfe Diabelli zu 3431 Fuß Par. angegeben, allmählig an
2% Stunden bis zum Rüden des Berges hinauffteigt, wo die Ge⸗
fteine ſchiefrig werden und fteil gegen S. W. abfallen. Auf ver Höhe
ſtehen nur noch Birkenbäume mit Lichenen behangen, und Bacci»
nien · Arten auf dem Boden. Eine Stunde Wege fährt auf ver
Höhe von 3460 Fuß Par. üb. d. M. (v. Tſchichatſcheff giebt die
größte Höhe des Bergs über dem Dorfe Schehler am Urfprung ver
Kiöprüfu zu 5848 Fuß Par. an) fort, bis man wiever nad) ber
Süpfeite nad) Koz adſch ak in einer Schlucht voll Schiefer und Kallſtein
hinabſteigt (nad) v. Tſchich. 36835. P. üb. d. M.), das von Kohlen-
- brennern bewohnt wirb, bie für bie benachbarten Silb erm inen zu
Gumaſchkhane (oder Hadſchi Kjbi ſ. ob. S. 181) den Kohlenbedarf
zu liefern haben. Bei ihnen fand Ain sworth eine ſehr ungaſtliche
Aufnahme. Ein großer 300 F. langer, 100 F. hoher, ganz iſelirter
Kallſteinblod lag Hier auf einer Unterlage von Glinmerſchiefer wie dahin
gefdmeit, der von feiner größern Höhe da hinabgewälzt, fondern, wie
Ainsw. ſich überzeugte, nır aus der Tiefe durch Die plutoniſchen Kräfte
dahin mit fortgeriſſen fein konnte, ein ſonſt unerklärliches Phänomen.
16. Nov. Der Kozadſchak-Bach führte gegen SW. all»
mählig hinab in dag Thal des Kyzyl Irmak etwas oberhalb ver
Stadt Osmandſchyl. Im demſelben hinabſchreitend, erreichte mar
nad 4 Stunden die Ebene, von ver man gegen SD. in das
Defils der großen Hauptftraße von Conſtantinopel hinein
ſchaut, welches über Hadſchi Haflan und Menzil Aſchiki, 2400
Fuß hoch (2378 F. P. nach v. Tſchich.), über die Wafferfeide-
kette des Kartſchal Dagh, die bequemſte und von vielen Wan-
derern durchzogene Verbindungsſtraße bezeichnet, welche vom
Démandſchyk und durch die Sulu Ova (vie fruchtbate Chilis-
comos bei Strabo, im Terſchanſu -Thale) nach Amaſia am Iris
binäberführt (f. ob. ©. 178). Die Mitte dieſer Ebene von Hadſchi
Haffen mit einigen Hütten (wahrfheinlich die Stelle, melde die
Bolotowſche Karte mit Gunachoron bezeichnet, 2734 5. P. üb. d. M.)
liegt nah Ainsworths Beobachtung 40° 58' N. Lat. Box jener
Baflüde des Kartichat Dagh noch 2 Stunden fern wendet fich
der Weg von da gegen SW. zum Kyzyl Irmak über die fchöne
Bajezid-Bride von, vielen, Bogen nah Osmandſchyk, deſſen
abfolute Höhe über dem Meee (855 over 923 Fuß Par.) ſcheu
im Obigen angegeben ift, fo wie alles was uns bis jegt von diefer
einſtigen Osmanlireſidenz und der alten Vimeliſa belanut geworben
(di. oben ©. oe).
Das Mündungsland des Kyzyl Irmak. 487
Bir gehen num am Schluß unfeer hudrographiſchen Betrachtung
noch zum Münbungslande des Halys über.
8.9.
Elftes Kapitel.
Das Mündungsland des Kyzyl Irmak oder Halys; fein
Deltagebiet mit ven Lagunen, unb vie Küftenfirede von
Samfun (Amifus)’über Bafra bis Sinub (Sinope).
Nur. einen Tagemarſch fern im Norden von Wezir Kioprü,
ſagt Ewliya Efendi, liege Bafra am Strome abwärts, was
auf umfrer Kartenzeichnung jedoch eimer großen Wegftrede vom 9 bie
10 geographiſchen Meilen entſprechen würde; indeß ift uns vom
feinem Wanderer fpeciell befannt geworben, daß er biefen Weg zu⸗
rüdgelegt hätte, der zu Ewliya's Zeiten wol gangbarer als heute
geweſen fein muß, da er Bafra den Hafenort von Weir Kjöprü
ment. Die ganze Strede durch die von Ainsworth und Ha-
milton nur aus der Ferne gefehene dahingehende enge Welfen-
ſchlucht, Die fie der des Sara Tepe Boghaz verglichen, wäre demmach
für die Keuntniß dieſes Steomfoftems noch nen zu entdeclen. In
dieſer Gegend müflen die Ruinen liegen, in benen nad Duprss
Angabe (Voy. en Perse I. p. 27) ver- Name THMQ2AIZON vor ·
kommen fell, dd er fie 6 Stunden ſüdlich vom Bafra am linfen
Ufer des Halys anſetzt,
Bon Bafra (and Bafira gefprochen), das ‘eine Station m
Bet von Samjun liegt, ſagt bie türkiſche Gengraphie®), fliege er
we nach mehreren Umfchweilen in wenigen Stunden abwärts zum
Schwarzen Meere. Sie fei durch 2 Mofceen, 2 Bäder und mehr
rere Holgbauten ausgezeichnet, wie durch eine Hohbrilde, vie bier
über ven Strom führe. Erſt ımterhalb Bafra tritt der Halys
in die wahre Ebene ein, fein Niederland iſt alfo umgemein bes
ſchraͤnkt, er theift fid in demſelben, das großentheils mit Sumpfs
flachen bededt ift, in mehrere Arme und fchleicht mr durch fein
Deltalanb, das er bei dem ſteten Wechſeln ber Breite und Tiefe
feines Wafferftanbes auch fortwährend verändert und vergrößert,
uns wahrſqheinlich erſt nach und nach, feit Jahrtauſenden, fo weit
ee) Emiya £ Emliya Efeodi },c. II. p-218; Giban Numa ed. M, Norberg. Vol. M.
p-403; A, Jaubert, Voyage en Armenie ei en Perse. Paris 1821.
p 101. .
488 : Metn-Afen. 8%
gegen ben Norden wie ein Horn vorgeſchoben hat, gleich dem Ril-
velta der jüngern Zeit. Auch hier Tiegen zu beiden Seiten ber
Halysarme weite Sumpflagunen®!), wie in Unterägypten; vie
bebentenbfte berfelben auf der Oftfeite feiner Arme ift der Ham⸗
mamly Gjöl mit ver Einfahrt Indſchir Barun, wahrſcheinlich
Nauſtathmos, der Hafen ver Alten im Norden von Kumdſchu⸗
ghaz (Conopium), und auf ver Weftfeite bei dem Küftenorte
Aladſcham (Zalecus), wo Hadſchi Chalfa im Territorium von
Bafra noch ber großen Segelfloofe gedenkt, die hier zu feiner Zeit
aus Mafkbäumen von dem nahen Gebirge zufammengefegt und nad
Conftantinopel fortgeſchifft wurden. Diefem Orte zur Seite, gegen
ven Hal ys zu, liegt ebenfalls ein Meiner See, der mit Säfwafler
erfüllt ift umd noch zum Deltaboven bes Hauptſtroms gehört, ver
aber teinen Zufammenhang mit dem Meere zu haben fcheint, wie
vie Lagune Hammamly Gib! (d.i. Warmbad⸗See) im Often.
Die Mündung des Stroms fol bei Bafra nad ». Tſchichatſcheff
158 Fuß betragen, an ber Mündung felbft nad; ben Sahresjeiten
ſehr wechfeln, wie andy bie‘ Tiefe, doch immer furthbar bleiben.
Die Lagune in Oſt von Bafra®) ift weit ausgevehtter, als
fie auf ver Karte angegeben ift,' ba ber Ragunen-Gee, wie ein
Haff mit einer Iangen Nehrung, ſich am der ganzen Kauſtenſtrede des
öftlihen Deitas 1& Meilen weit von Gib nach Nord bis zum
rechten Mänbungsarme des Halys vorlagert, an dem zwar bei
6 bie 10 Braſſen tiefe Rheden fire Hafenſtellen fi befinden, bie
aber den Nord- und N.D.»Stürmen fehr ausgeſetzt find, eine Ex-
fahrung, die Am. Jaubert®) beftätigte, ver, im Jahre 1807 auf
feiner Ruckfahrt von Trapezunt gegen Conftantinopel bi ver ·
ſchlagen, anf ver Rhede von Kumdſchughaz mit feinem Schiffe
14 Tage vor Anker liegen mußte, ohne vorwärts ımb rückwaäͤrts zu
kommen. Die weite Ebene um vie Rhede ift von aiedern Bergen
umgeben, bie mit Waldgruppen bededt find, von Myrthengebäfd,
Lorbeerarten, Burbaum, Zwergeidhen, Nußbaum m. a,
und bie Nieberungen mit Mais, Hanf, Lein beftellt.. Die Häufer
liegen nur hie und da zerftreut auf ven Anhöhen. Wo Bäche aus
den Berghöhen in Schluchten hervortreten, wachen Bappeln, Ul⸗
men, Hainbuden, wilde Reben. Aber bie größten Strecken
#%) y, Tchibatchefl, Asie Mineure 1, p. 172—173. *) Teitbout de
Marigay, Pilote de.ie Mer Neire. Coastenin. 1850. p. 138; Atlas
Plnche 38. *) A. Jaubert, Voyage en Armenie eic. Paris 1821.
pı 386.
Das Mindungsland des Kyzyl Irmak. 439
bes niedern Deltabovens find mit Wiefengründen bebedit, darauf die
Viehheerden wie verwilpert umberziehen, unb eine Menge von Wafler-
and andern Bögeln in Schaaren ſich verbreiten, zumal wie Schwäne,
Belicane, Reiher, Becaffinen, viele Turteltauben, Heher,
Amfeln und andre Landvögel, Wachteln, Rebhühner, aber keine
Bafanen. Das Meer war hier nur wenig fiſchreich; bie wenigen zer»
freuten Anwohner waren mit ihren Ziegenheerben, mit Wollfpinnen,
Teppichmachen, Holzfägen zu Brettern und Bohlen,. wie hie und da mit
Bau von Fifcherbarten beihäftigt, ober Kohlenbrenner. Der Men-
ſchenſchlag, den Jaubert anfihtig wurbe, war ſchön geftaltet. Bor
der Doppelmünbung des Halys giebt bie Sundirung des Meeres '
10 Braſſen. Sieht man die Kartenzeichnung der dortigen Küſte an,
fo fcheint das ganze Borland vor dem Halys, eben fo wie das vor
dem vereinten Borlande zwiſchen Iris und Thermodon (f. oben
S. 99), ein nur in zwei Norbhörnern vorgeſchobenes Deltaland zu
fein, wodurch erft längs ven graben von S. O. nach N. W. vorüber
ziehenden Küſtenletten die Küfte des Schwarzen Meeres zu ihren beiden
großen halbfreisförmigen Küſtenbuch ten auf der Oft» und
Weſtſeite des Halys ausgebilbet wurde, in deren Mitte gegen Often
der Hafen von Samſun (Amifus), am Ende des zweiten, gegen
Weſten, ver Hafen von Sinub (Sinope) liegt. Die beiven gegen
Nord fo weit durch die arbeitenden Schlammftröme gleich dem Nil
delta Aeghptens vorgeſchobenen Deltahörner find dadurch von ben
milotifchen verſchieden, daß fie an einem nördlichern, nebelreichern,
feuchteren pontiſchen Clima zugleich fumpfige Walpreviere find,
bie hier in der Niederung dem Walbgebirge ber Küftenfette gleich
artig und unmittelbar vorliegen. Denn es ſcheint wol ziemlich ſicher,
daß, ehe viefelben aus dem Stromlaufe ſich niederſchlugen, Ther-
modon, Iris und Halys fih unmittelbar aus ihren Berg
ſchluchten in den Pontus ergoflen: dem allen breien fehlen weite
vorliegende untere Thalbildungen, und fie haben alle brei bis an
ihre Deltas nur die Natur ver Küftenftröme, die unmittelbar als
Dnerthäler von Stufe zu Stufe zum Meere fallen, ganz verſchieden
von ben Ianggeftredten Ziefthälern ver Weftjeite Kleinaſiens, die
vurch fruchtbare tiefliegende Längenthäler vor ihnen bevorzugt wur⸗
den für die frühere Civilifation und Entwidelung ihrer Bewohner.
Aus diefen allgemein ſich ſtets verändernden Verhältniſſen ver Fir
neamente am Geſtade geht zugleich nothwendig hervor, wie
ſchwierig es fein müſſe, alle Punkte ver vor Jahrtauſenden und
vielen Zahrhunderlen einft localiſitten Dertlichleiten heut zu Tage
440 KleinsAflen. - 89
wieder zu erfennen, wo viele Zerftdrungen berfelben vorgingen und
nur felten Monumente, ihre Stelle zu bezeichnen, übrig geblieben.
W. Hamilton) ift faft der einzige uns bekannte Augen.
zeuge, der von Bafra einige Nachricht gab, als er dies Küften-
gebiet von Samfun (Amifns) nah Sinope vom 20. bis zum
24. Juli 1836 bereifte, eine Wegftrede, auf der wir durch ihn vie
anſchaulichſte Vorftellung dieſes beſondern Gebietes gewinuen lonuen.
wo ſich der Pontus und Paphlag onia (Strabo XII. 544) in
ihren Orenzen begegnen, wo, wie noch Arrian fagte, die Grenzen
ver Reihe des Eröfus und ber Berfer zufammenftießen (Arriani
Peripl. P. Eux.“p. 16), und noch zu feiner Zeit bie Territorien
von Sinope und Amifus geſchieden waren. Dem das eigentliche
pontiſche Geſtadeland in ſeiner ganzen Ausdehnung vom
Iris oſtwärts bis gegen Trapezunt bin, ſowie das weſtliche paphla-
goniſch⸗ bithyniſche Geſtadeland bis zum Bosporus läßt ſich von
uns erſt weiter unten im Zuſammenhange durchwandern, ober von
der Meeresfeite beſchiffen.
- 2. Julie Bon Samfun in 12 Stunden nad Bafra.
Um 5 Uhr diefe Hafenſtadt (vie wir fpäter genaner kennen lernen
werben) verlafiend, kam Hamilton an einem großen Hambar
(v. i. Magazin) vorüber, weldes dem Gouvernement als Kornma-
gazin diente, dann über das Borgebirge Kajaly Burun (b. i. die
felfige Nafe), das ſich dicht am ber einftigen Acropole des alten
Amifus erhebt, und flieg von da zum Meeresufer hinab, das hier
als enger Strich eines Flachſtrandes ſich hinzieht, der erft am Fuße
der Küftentetten durch Bergftröme und Meereswellen aufgeſchwemmt
wurde. Es iſt ver Heine Küſtenſtrom Merd Irmat (b. i. der
Wieſenfluß, Lycaftus' ver Alten), ber dieſes Delta angefhwenmt
hat, und eine Stunde weiter weftwärts wieberholt fi an einen
‚zweiten Küftenflüßchen dieſelbe Erſcheinung ver Anſchwemmung eines
nievern Delta als Borland, das ſich zur Anlegung einer Heinen
Küftenbatterie eignete, um ruſſiſche Ueberfälle von ber Küfte zurüd -
zuſchrecken. Ewl itya Efendi®), ver im Jahre 1648 diefe Küfte
befuchte, bemerkt, daß die völlige Ortslofigkeit und Wüftenei am
ver Mündung des Kyzyl Irmak daher komme, weil biefe
Gegenden ver Mindungsländer im 17. Subrhunbert r ſehr ven
...) W. Hamilton, Rescarches in Asia Minor. Vol. I. p: 202-308. Deutige
* Ueberf. &. Schemburgf. 1. &. 274-287. *) Emliya Eiendi,
Narrat. of Trav. Vol. II. p. 39.
‚Mäündungsland des Kyzyl Irmak. 441
Ranbüberfällen der Corfarenflotten der Sapsroger» Kofaten vom
Dujepr ausgefet waren, weshalb fid alle Dorfbewohner von va
zurädgezogen hätten. Irgendwo hier in der Nähe, fagt Hamilton,
müfle Eufene geflanden haben, das nad Arrian (Peripl. 16)
8 Stunden (160 Stabien) von Amifus weftwärts entfernt lag.
Arrians Angaben find von Sinope, ver Milefler-Eolonie,
nach Camſa 150 Stadien 3%, Meilen
« Zagora 10 -* 3%,»
- ber Halys Mündung, 300 - TU »
Nauſtathmos 0 ee 7
s Conspium 5 =» 1% »
» Eufene 10. 83»
» Amifus
160 4 .
- 1020 Stadien 26°, geogr. Meil.
Die Meffung ver Küftenlinie auf Kieperts Karte flimmt mit
viefer Ausdehnung zwiſchen Amifus bis Sinope ziemlich gut überein,
da. fie von Amifus bis zur Müntumg des Halys an 8 geogr.
Meilen giebt, von der Halysmünbung bis Gazorum (Zagorum)
wiederum 8, und von ba ungefähr bis Sinope auch 8 Meilen,
ohne die einzelnen Krümmungen ver Küfte mitzurechnen. Hienach
ließen ſich die Veränderungen der Küftenlinie, mit Berüdfihtigung
ber gegenwärtigen Xocalitäten verglichen, wol in bie Karte eintragen.
Eufene ſchien Hamilton mehr Iandein, wo Ptolem äus fie andy
anfeßte, zu fuchen zu fein, als unmittelbar an ver Küfte, wo fle vie
Karte bei Kuru Balur angiebt.
Beiter wetwärts fah man große Streden von Triebfand- und
õfter ganze Bäume durch die wilven Bergwaſſer der Küftenflifie
herabgef went und abgelagert. Dann, zur Linken, breitete fidy.
vie Ebene gegen bie nur eine hälbe ober kaum eine ganze Stunde
fern liegenden Waldberge aus, bie aber allmählig ſich zurüdogen,
ehe die Station Kumdſchughaz (Conopium) $) erreicht wird.
Dies ift jet ein Heiner Hafen, eine Schiffsläͤnde (Scala) für Bafra,
das hier den Ertrag feines Tabalsbaues nach Conftantinopel ein-
ſchifft; vie Rhede, in welcher einige Schiffe (20. Juli) auf Ladung
wartenb vor Anker lagen, foll aud in Winterszeit einigen Schue
gegen Stürme gewähren. Nahe einer Lagune, bie hier wie ein Haff
mit einer Nehrung vorliegt, buch die eine Ausfahrt zum Meere
**) Minas Bfheſchkian, Veſchrelbung des Pontus, in vulgärarmenifcher
.. Sprade. Venedig 1819. ©. 47 nach Kieperts Mfer-Ucherfegung.
448 NAlein ⸗ Afien. 6. 9.
geht, Raub ein Kaffeehaus mit einigen Holzfällen, wo ein Markt ge⸗
halten zu werben pflegt, deſſen Bazar eine Heine Batterie zu fügen
bat. Dies ift unftreitig die [don von Arrian bei Conopium am
gegebene zweite übliche Limme(Gaff), welche mit ver bei Nauftathe
mo8 nur Meilen weiter norbwärt® angegebenen Li mne gegen»
wärtig im Zufammenhange den großen Haff ven Judſchir
Burum (b. i. Feigen-Nafe) bildet, wie ihn ber Pilot- Atlas bes
Schwarzen Meeres angiebt. Die Stelle von Kumdſchas liegt
nad) einer Beobachtung der Somnenhöhe unter 41° 28° 30” N. Lat.
Bon da wurde Mittags das Meeresufer verlafien, an der Weſtſeite
ber Lagunen durch bie ſandige und graſige Ebene. geritten, bie mit ”
reichem Waldwuchs bevedt war. Je weiter Ianbein gegen Bafra
zu, deſto dichter und grasreicher wurben Grafung und Holzung;
parlahnliche Scenerien, durch frei weidende Heerden belebt, verihö-
"nerten die Landſchaft, die nad einer guten halben Stunde vom
Meere an jener feihten Salzlagune (von N.N.O. nah S. S. W.
ſtreichend) vorüberführte, die mit bem Meere in Berbinbung fteht,
und wahrſcheinlich die Lage der alten Nauſtathmos bei Arriau
bezeichnet. Aller Boden umher ift niedriges Sumipfland; von eini»
gen Babehütten, vie am Sübende ſtehen, hat biejes Binuenwaſſer
den Namen Hammamly-Gjdl, ver Bade-See, erhalten. Nur
kurdiſche Reiterhorven, wahrſcheinlich bie Beſitzer ver Heerden,
und ihre unverſchleierten Weiber, darunter manche Schönheit, begeg-
neten hier ven Reiſenden. Nah 2 Stunden Wegs hatte man eine
nadte Sanddüne erreicht, ohne Anbau, die gegen Süd fi am
den Fuß höherer Berge anlehute, gegen Nord aber ſich in bie Fläche
verler, in welcher an einigen Hütten vorüber, die an Zahl mit ver
Annäherımg zum Kyzyl Irmak zunahmen, über Sumpfboden auf lan»
gen Dammwegen nad ein paar Stunden um 4 Uhr Bafra erreicht
wurde. Nur die hohen Minarets, welche ans grünen Gärten em-
porvagten, verlänbeten bie Annäherung am, biefe bedeutende Stadt,
bei der man im Haufe eines griechiſchen Papas Quartier fand”).
Nach ihm follte Bafra 1160 Häufer, davon 1000 türfifche,
110 griechiſche und 50 armeniſche Haben; von evlern Ziegen und
won ber Schafzucht, von welcher nach Strabo im Often bes Halys.
Sluſſes in der Ebene (Strabo XI. 546), in Gabilonitis, die Rebe
iſt, konnte Hamilton hier feine Spur finden, baher er darin eine
Betätigung zu finder glaubte, daß die Gabilonitis landeinwärts
*) W. Hamilton, Bes. 1. c. I. p. 205.
Mündungsland des Kyzyl Irmak; Bafra. 448
Mich vom Halys Tiegen möüffe (f. oben S. 398. 433 u. f.). Ben
dem gegenwärtigen Zuſtande von Bafra erfahren wir nichts nd .
heres, als daß die dortigen Schulen ber Griechen die Erlaubniß
von bem turliſchen Gonvernement erhalten hatten, fid der griechi⸗
ſcheu bieher verboten geweſenen Sprache ſtatt der türfifchen wieber
beim Unterrichte zu bebienen, was, wie der Papas verficerte, ihrem
griechiſchen Vifchof zu Caſarea verbanft werbe, den er rähmlidhft
hervorhob. Im früheren Zeiten, noch zu Anfang bes 19. Jahrhum ⸗
verts, als noch felbftändigere Dere Beys das ganze Küftengebiet
des Dienit beherrſchten, che das zerflörende Paſcharegiment dort
Eingang gefimden, ſcheint dieſes ganze Land in größerem Wohl-
ſtande geweſen zu fein, and; Bafra, unter feinem Häuptling Taher,
als die Hauptſtadt des Djanik, als blühenver Drt eine größere
Bedeutung gehabt zu haben als gegenwärtig. Der mädtiger ge
wordene DuffufBafha in Armenien und Siwas in Cappaborien,
ein perſbulicher Feind Tahers, beneibete dieſen um feine Selbftän-
digkeit und den Wohlftand feines Djanik (vie Küftenprovinz vom
Dalye oftwärte bis KXerefun und Tirebofi, ber Pontus Polemomia-
cas). Im Gehe mit ihm gerathen, verlaͤumdete er ihn bei ver
Heben Pforte als einen Rebellen, und erhielt den Auftrag, ihn zu
Mrgen. Der Krieg wüthete im Jahr 1806 und 1807, als Ian-
bert®®), am ber Küfte vdrüberſchiffend, Bafra, bie Refivenz Tahers,
noch im Wohlſtaude befuchte. Aber Yufinf Paſcha fiegte. Taher
verlor Alles bis auf das Lehen, das er im ber Flucht zu den fan
taſiſchen Abaſſen rettete, aber fein ganzes Befigthum des Djanit,
ver Garten, wurde verheert; bie Bewohner, durch die größten
&raufamteiten der Sölblinge der’ Pforte und Yuffuf Paſchas ver-
felgt, gemaxtert, wievergehanen. Bafra verfanf in Trummer mb
„und das Land in Armuth umd Menfchenöbe, em
yuliches Schiefal, wie das, welches bald darauf auch die bluhenden
„ Vefttungen Tſchapan Oghlu's zu Iyagat traf (f. oben S. 868).
21. Inli. Um Morgen des Tages war auf dem Markt in
Bafra ſtarkes Gevränge der Bauern, die ihren Tabak zu Markte
braditen, um ihn weiter zu verſenden. Jeder ihrer äderfarren -
(Arabah) Hatte mr 4 Bündel geladen; jebe® Bänbel zu 28 bis
3 Pfund am Gewicht (13 bis 15 Ofen); in folden Bundeln
wurbe aller Tabak aus dem Lande nach Conftantinopel ver-
—* Die ‚getrodweten Blätter wurden Bier auch geſondert
) 4. Jeabert, Vor. 1.c. 2.1009. '
[Pe Alein⸗Afien. 6. 9.
verlauft. Schon um 9 Uhr verließ Hamilton die Stadt umb
erreichte in der erſten Viertelſtunde ven Kyzyl Irmak, ver bier
von S. W. nah N.D. in zwei Betten fließt, die etwa 300 Schritt
weit auseinander liegen. - Den erſten Arm überfegt man auf einer
Holjbrüde; ben zweiten durchreitei man; aber im ber Regenzeit muß
die Waſſermaſſe ſehr groß fein, da fein Steinbett über eine Viertel»
meile (engl.) breit war. Sein Wafler glich an Farbe dem des Ti-
berſtroms bei Rom, eher gelb als roth, wie deum auch das tärkifche
Wort Kyzyl vie gelbröthliche Farbe (im Gegenfat zu Kyrmigh
farminvoth‘, und fary hellgelb) bezeichnet. Einen hohen Berg, den
Nebian Dagh, erblidte man an feiner S.D.-Seite, deſſen be
ſondre Geftalt als gute Landmarke für die Schiffe dient, die aus
der Rrimm Tommen. Nach einer Stunde Wegs gegen N. W. wurde
eine Reihe niedtiger Waldberge erreicht, wo das Waſſer aus ben
Biehbrunnen (wie am Termeh-fzluffe, |. oben S.45) an Reben-
guirlanden, dit als gute Stride dienen, heraufgezogen wurde. Die
einzelnen Rebenzweige erreichten hier oft die außerorbentliche Länge
von 25 bi® 30 Fuß, und üppiger als amder&wo übertrafen bie von
den BWipfeln ver Bäume herabhangenven Rebengehänge alle früher
gefehenen. Die Waldung dieſer nievern Küftenberge beftanb meiſt
ans Eichen, tiefer im Lande aus wilden Birn«, Aepfel- und
Mispel»-Bäumen; die, Wege waren gut zum Gebrauch der Ara ”
babe, venn der Boden befteht aus Sand, Kies, Thon, wie der auf
ber Oftfeite des Halys, und- von dem Strom durch feine eigenen
Gebirgsſchluchten aus dem Innern herabgeſchlammt, und Hier als
Deltaboven abgelagert, durch weldjen der Strom fid dann erſt ſelbſt
wieber fein- neues erhöhtes Bett Hinburchgearbeitet haben mußte.
Bon ven mievrigen Höhen, die doch eine gute Ueberfiht gewährten,
tat man in weite ebene Graſungen ein, die zahlreichen Pferdeheerden
treffliches Futter gaben. Eine Stumde in N.N. W. zeigte man einen
Süßwaſſerſee zur Linken, ver fehr ſiſchreich fen und zum Meere
Abfluß haben folte. Dann ging der Weg durch Gärten von Wepfel-
umb andern Obfthäumen und Gebüfch; noch waren die Wepfel nicht
reif und doch ſchon ganz füß. Schon zur Römerzeit wor Paphla-
gonien, das Land -im Weiten des Hays, buch feine Aepfel
berühmt, aber von ven Delbäumen, bie Strabo bier als allgemein
nennt ( Strabo XII. 546), ſcheint Feine Spur mehr vorhanden zu fein.
Der Weg ging immer links am Fuße ver Walohöhen hin, reits
blieben anbaufähige Laudfläͤchen gegen die Meeresfeite liegen. Um
Mittag wurde bei einer Kaffeeſchenle eine kurze Raſt gehalten, wo
Müydungeland des Kyzyl Irma, . 445 -
die Bauern durch ihre nette und einfache Tracht beuchtenswerth er
ſchienen. -Sie trugen weiße Baummollenzeuge und Sandalen von
Büffelyänten, vie hoch herauf an ven Beinen reichten, an benen fie
fih weiße Baumwollzeuge flatt der Strümpfe angezogen hatten.
Weite weiße Bumphofen, ein weißes Hemd, ein weißer Turban und
ein weißer ober farbiger Shawl als Gürtel machte ihre Bellei-
dung ans.
Nachmittags wurde derſelbe Weg über ein weites meift einge
hegtes Culturfeld fortgefegt, das, von vielen Bergbächen bewäſſert,
reiche Kornernte zu geben verſprach. So kam man in ein paar
Stunden in einem Thälchen zum Dorfe Alatſcham (b. i. bunte
Fichte), an deſſen Bachwaſſer die fhönften Platanen fanden, deren
BVipfel aber durch Stürme abgebrochen waren; ihre Stämme 3 Fuß '
über dem Boben zeigten nach Meſſung einen Umfang von mehr als
30, einer von 35 Fuß. Am Bade aufwärts, eine Viertelſtunde
vom Dorfe zeigte fih anf ver Spitze eines Waldberges vie Rırine
eines alten Caftells, das nur mit Mühe durch das Didicht erklettert ·
werben konnte, ohne daß es durch feine Architectur belohnte; aber
die Ausficht war maleriſch, und beim Hinabfleigen gegen ein anbres
bemochbartes Dorf zu, auf einem niedern Hügel, lag die Ruine eines
wiel bedeutendern Gebãudes, das aber fo ganz von Walbung und
Gebuſch überwuchert war, daß ſich fein Plan nicht erkennen ließ.
Die Mauern aus alternirenden Steinen und Badfteinen 'erinnerten
an byzautiniſche Bauten in Eonfantinopel; Fenſter und Thiiren -
waren wicht aufzufinben, die Lage aber entfprac dem Zalecus (im
Marciani Heracleotae Periplus 78) und ver Mündung’ des Flüß -
den Zaliscns bei. Btolemäus (8. V. 4. fol.122), 3%, Meilen
(150 Stabien) vom Halys und 9%, Meilen (390 Stabien) von
Sinope entfernt liegend. Die Hige war zu Alatſcham mäßig, da
das Thermometer im Schatten um 5 Uhr auf 221,” Reaum. ſtand,
umb am Abend 9 Uhr nur um 2%," gefallen war.
22. Iuli®). Am Morgen fand das Thermometer auf 15°
17 R. &f um 7 Uhr konnte man die Pferde zum Abmarſch
über das bergige‘ Land 12 Stumben weit bis Gerzeh in Bewe
gung fegen. Die erfte halbe Stunde brachte gegen N. W. über ebnes
gutes: Arkerland zu dem fanbigen Ufer, auf dem man zur Linken
uch an Aedern mit Mais und Gerfte bebaut vorüberritt, die aber
durch hervortretende Wälber bald ‚verbrängt wurden. Ueber mehrere
*) W. Basaliton, Res, 1. c. I. p. 299-306.
445 Meinen. . $.9.
Heine Bache kam man nach 2%, Stunden zur Grenze vom Osmen
Paſcha's Territorium, und durchritt hier den Kubea ſi⸗tſchai, ber
durch ein waldreiches Thal zum Meere fließt. Bon hier erblicte
man ſchoͤn in weiter nordweſtlicher Ferne, gleich einer Iufel im
Meere, die Vorgebiygefpige von Sinope.
Weiterhin über den Karyndſcha⸗Su, d. 5. Ameifen-
fluE®) (wol irrig, Kara Ondje-Su bei Hamilton), folgten fehr
gewunbene ſchiefrige Rlippenfhüchten, die den Weg beſcheverlich mad-
ten; nur ein enger Pfab, unter ven ſenkrechten Klippen am Meere
"entlang, führte zu dem Akſa⸗tſchai, d. h. Weißwaffer (ixrig
Chai A Su bei Hamilton), ver plbtzlich unterhalb dieſer Fels⸗
tippe ans waldigem Bergthale zum Meere tritt, von vielen ſchnen
Platauen beſchattet. Eine geſchützte Stelle an biefer Felſenbucht
bezeichnete wahrjcheinlich die Lage des alten Zagorum bei Marcien
Heracleota (Gazorum).
Der weitere zwar beſchwerliche Weg an ber waldigen und fel⸗
figen Meereslüſte entlang war von großer Schönheit, durch bie
Belanbung der Wäler von Arbutus, Myrthe, Lorbeer,
Eichen und Kazildſchik ver Türken; von Arbutus bemerkte man hier
verſchiedene Arten, deren eine and‘ um Smiyrma von Hamilten -
geſehen war. Von bier aus erblidte man wieber das Borgebirge
von Sinope gleich einer Iufel, da der Aſthmus, der e8 mit dem
Seftlanbe verbindet, zu niebrig war, um erlannt zu werben. Etwas
vor 5 Uhr wurden die paar Häuſer des Dörfhens Kuzufet Ova
. erreicht, wo das Zeit für die Nacht aufgefchlagen wurde, va Ger-
zeh noch zu erreichen für die ernrübeten Pferbe zu weit war. Diefer
Ort und das benachbarte Gerzeh find berühmt wegen ihres Ges
flügels, das ven hier. feOR für bie Tafel des Sultans nad Con-
Rantinopel gefeiet wird. Die Gegend ift hochſt meleriſch. Um
5 Uhr ftand das Thermometer auf 23° 11’ Reaum. und 10 Uhr
Abends auf 18° 232° Reaum.
23. Iuli. Gleich nad 5 Uhr weiter Marſch gegen N.N. W
mehr umd mehr abwärts vom Meere, deſſen Küfte ſich mehr direct
gegen N. fortzieht, und eine große Bai bilbet, aus beren Wald-
diefichte von Zeit zu Zeit die ſchonſten Blide anf das Meer mb
die Borberge von Gerzeh und Sinope fiden; bie ſchönſten &e-
wädfe von Myrthen, Arbutus, Lorbeeren, Fichten, An-
drachnes ſchmückten ven Weg bis zum Küſtenfluß Hiffar-tfhei,
) Rach Kleperts Note 509 in dentfip. Ueberſ. b. Gpembzzgk Th I.
Mündungsland des Kyızl Irmak; Sinope. 447
und jenfelt folgte noch Wald von Eichen, Buchen, Weißdorn,
bis man in die Gärten und Weinberge von Gerzeh eintrat, das
nach 4 Stunden um 9 Uhr erreicht war.
Gerzeh9), die alte Caruſa, hat 240 Häufer von Türken,
% nr von Griehen bewohnt. Es wurden hier ein paar Kauf⸗
fahrteifhiffe gebaut, von 100 bis 120 Tonnen (jede zu 40,000
Biafter au Werth‘ — 400 Pfo. Stel.); etwas Korn, Obft und
weniges Zimmerholz und Bretter wurbe von bier nah Eon-
Rantinopel verfhifft. Nur wenige Refte antiker Marmore, ein
paar corinthifhe Säulenrefte, eine einzige Iufchrift, jedoch ‚mit bem
Namen des Ortes, waren aufzufinden, deſſen Hafenbeſchreibuug in
den Beriplen aber ver Natur des Hafens entfpricht, ber gegen die
Weſtwinde geſchützt liegt. Arrian nennt ihm jedoch unſicher (Ar-
riani Peripl. P. Eux. p. 16). Bon Caruſa nach Sinope ſind
noch 6 Stunden Wegs zurüdzulegen, die über ähnliche Wege wie
die zuvor befchriebenen bie Küfte entlang führen, wo Hamilton
fich faſt in die Natur englifher Landſchaften verfegt fühlte. Ein
einer, aber Harer Küfteufluß Jaikal tſchai, ans Kalkfteingebirge
Toutinend, wurde durchritten, das mehrere Meilen weit fortjegte, bis
man bie größere Niederung erreichte, „in deren Thale ber größere
Kaſtenfluß Tihobanlar durch die herrlichften Blatanenhaine zum
Deere hinabfteömt. Es ift ver Euarchus (in Marcian. Heracl.
- Peripl. 73), 80 Stadien von Sinope ımb 70 von Carufa, ber von
pen Alten, nach Marcian. Heracl., and) für die Grenze von Pa-
phlagonia und Cappadocia angefehen wurde, zu einer Zeit, ba
Cappadocien noch bis zum Poutus reichte. Den heutigen Namen
erhält ex von einem Dorfe an feiner Weſtſeite, wo einige Boote
auf dem Schifföwerft lagen, mo .einft wol ber unbebentende Ort -
Eyptafia bei Ptolemäns (Eloptafa der Tab.) liegen: mochte. Nach
einer Wegſtunde am Meere hin, immer gegen W. und N. W., wo
zahlreiche Heerben von Büffeln weiveten, näherte man ſich nun
» Sinope immer mehr, deſſen Annäherung durch characteriſtiſche
wellige, bewaldete auf einander ‚folgende Höhenzüge erkanni wird,
vie man noch bis an das Meeresufer überfteigen muß, bis man an
die Gärten und Mauerlinien ber feit der Milefler Zeiten berühmten
geiechifchen Eolonieftabt vorbringt, bie ihren antiken Namen bie
heute, nach tilrkiſcher Ausſprache Sinub, ganz erhalten hat.
So weit breitet ſich das berühmte Mündungslaub des
eij W. Hamilten, Res. I. c. 1. p. 305.
"448 - Klein « Afien. $.10,
Halys zwiſchen ver alten Amifus (Samſun) in Often mb der
Sinope (Sinub) in Weften aus, während ver Halys felbft gan '
unrühnmlich feine gelben Waſſer faft namenlos dem Meere am Bon
tusgeſtade fich vermifchen läßt, ohne einen Hafenort zu "haben, ohne
auch nur eine einzige Barke zu tragen, ober durch eine bewohnte
Hütte an feiner Mündung belebt zu fein.
8.10.
Bwölftes Tapitel.
Das Stromfpftem des Salaria, Sangarius ber Alten.
ueberſicht.
Der Sangarins, zu dem wir jett übergehen, bildet das
dritte große Stromſhſtem im Norben Kleinaflens nad) dem
Iris und Halys. Denn es gewinnt erft weit im Binnenlande
ver Halbinfel feine verſchiedenen Hauptquellen, che es im feine
weitverzweigten wunberbar verfcränften Hauptarmen, von her cen⸗
trafen Hodyebene an, alle Formen ver vorliegenden Gebirgeletten
und Borftufenländer durchbrechen und im Schwarzen Meere einflie
Ken kaun. Darin ift es jenen beiven genannten, Iris und Halye,
ebenbürtig, verbient mit ihmen zugleich als geanbiofe Raturform,
welche weite und große Erbräume der ganzen Halbinfel beherrſcht,
amd ihnen einen characteriſtiſchen Typus aufgeprägt hat gleich jenen,
ganz beſonders allen andern untergeorbneten hydrograph iſchen
Naturformen voraus hervorgehoben zu werden. Oeſtlich vom.
jenen haben wir zwar im Tſchoruk und Therm odon zwei unter
georbnete Flußformen in ihren Gegenfägen aufgeführt, unb auch hier
wilde, zwiſchen Halys und Sangarius inneliegend, eben fo ein
untergeorbnetes felbftändiges Stromfuftem bis zum Meere, des
des Filijas, Billäus der Alten, aufzuführen fein, wenn wir bios
der räumlidyen Aneinanverreihung Folge leiften wollten; ba aber
dieſes wie jene, und noch viele andre dazwiſchen liegende Meinere
Fläffe nur Küftenflüffe, -nimlih nur Abläufer vorberer
pontiſcher Stufenländer, keine großen Steomfoflene fin, bie
wicht aus bem inmern Herzen ber Halbinfel hervortreten, gemifler-
maßen nur als acceſſoriſche Begleiter der Geftade augeſehen werben
Das Stromſyſtem des: Sangarlus. 449
Einen, bund; bie das innere Wefen des Halbinfellandes feinen Aufe
ſchluß exhäft, ſondern nur als verſchiedene Mobificationen ber Ge
flaberänber eine Beventuug haben, fo werben wir ſie erſt weiter
unten im Zufommenhange mit der Geſammtform des pontiſchen
Geſtadelandes im engern Sinne fpeciell zu betrachten haben.
Indem wir zur Monographie bes großen Sangarins«
Syſtems fortfcreiten, haben wir nur an bie Analogien zu erin-
nern, welche daſſelbe mit feinen öftlichen Nachbarſyſtemen hinſichtlich
der Normaldirectionen feiner obern, mittlern und untern _
Siufenländer, ber Elimatil u. ſ. m. gemein hat, bie ſich for
gleich bei dem erſten Blid auf ver Karte darbieten, worüber in
Dbigem das Nothwenbige nachzufehen ift, um ums bier vielmehr
über das Abweichende, das Characteriftifhe. ımd das Specielle
vefielben zu verbreiten. Denn dem Raume nach ift das Strom⸗
gebiet des Sangarius nahezu eben fo groß, eben fo mannichfaltig
in feinen verſchiedenen Auen und Gauen, Stufenlänbern, Gebirge
zügen und Durchbrüchen, wie das des benachbarten Halys, umb
verbreitet feine polypodiſchen Zweigfnfteme nach. ven verfchievenften
Richtungen, wodurch es dem weſtliche n Borber-leinafien viel
näher gerüdt und in vielfachere Berührung mit feinen hoher civili⸗
fisten mmgrengenven Stromgebieten in mannichfaltigere Verbindung
getreten -ift, als bie Stromgebiete des Iris und Halys. Leider
ügeilt es wit jenen aud) die traurige Eigenſchaft, daß es an vielen
Stellen noch Terra incognita ober kaum erft kürzlich betvetener
ganz jumgfeiuliher Boben ift. für bie wiſſenſchaftliche Erdkunde.
Dennoch bietet auch dieſes Stromgebiet eine Fülle von Erſcheinungen
der Natur⸗, Bölfer- und Culturgeſchichten dar, bie wir faum werben
zu überwältigen im Staude fein. ö
Strabo jagt (XI. 548), zwifchen Chaleedon um‘ Heraclea
fliegen mehrere Ströme zum Pontus, wie der Pfillis, Calpas,
Sangarius, deſſen fhon Homer erwähnt hat. Diefer Iegtre
hat feine, Duelle im Gau Sangia, 150 Stabien (7 Stunden) fern -
von Peſſinus. Er durchſtrömt ven größern Theil des nördlichen
Bhrpgiens und einen Theil von Bithynien, fo daß er von
Nicomedien mur noch 3 Stunden (nämlich oſtwärts) entfernt ift,
wo ber Gallus in ihn eiufließt. Diefer Gallus entipringt bei
Modra in Phrygia, das gegen ben Hellefpont zu Liegt, das auch
Phrygia Epictetus heißt und einft von Bithyniern befegt war. Der
fo am Waſſern bereicheste, zuvor unſchiffbar gewejene („xalneg
nal änlwrog”), nun aber ſchiffbar gewordene Flug San-
Mister Erdtunde XVII. sr
450 giei iten.6. 10.
garius begrenzt Bith hnien am feiner Einminbensg zum vet
An Bithynien grenzen aber nach Strabo (XI. 563) gegen DR
die Bapblagonier und Mariandyner fo wie einige Phrygier,
dm Norden zieht es fi) am Pontus bin, von ben Manduugen det
Sangarius bis zu ber Meerenge von Byzanz Die Min
bung dieſes Stromes läßt hienach feinen Zweifel über bie Soentität
mit dem heutigen Sakaria auflommen. Anders war es mit beffen
Duelle bei Peſſinus, da bie Rage von Beffinns bis in neuefler
Zeit anbelannt geblieben, und es auch nach andern Daten zweiſel⸗
haft fein konnte, 6 Strabo hler nur einen ber berüutienn
Duseifläfie, over ob er die Hauptquelle oder die anßerfie Ouelle der
Längften Stromlaufs damit habe bezeichnen wollen, worüber khon
Leafe®) feine Betrachtungen anftellte. Zwar befimmte Straße
‘die Sage von Peffinns, des berühmten Tempelheiligthums der
Cybele Divoymene, näher durch die Angabe, daß der Dinbymus-
Berg®) ſich über ver Stabt erhebe, won melden die GSbetin ba
Ramen führe, und auch Bolybius (KXIL 20,4), wer ihre Weichen
Broceffin am Sangarius neunt, beftätigt dies; aber auch bie
‚Rage biefes Berges mußte durch neuere Auffuchung ber Tempe
monumente erft feine Localiſirung erhalten. Hieza Tommi, DE
auch vie Angabe des Gallus ale eines Hanpizuflsfies zum San
garins weniger zu deſſen Localiſtrung beitragen konute, da teile
Ramre in ven fpätern Zeiten auch öfter als VBenenmmg beö ganzen
umtern Sangariuslaufes in Gebrauch kam.
Wäre ver Name Sangarius wirklich von dem bei Straße
genannten Quellgau Sangia, als eine allerdinge eiunekogkieh wer-
wanbte Form, wie dies das Etyın. magn. dorausfett, berzuleiten,
«ls Zayyın, wie der Zayyagsog, ſoudern auch als Sayıs u
Sagra vorkommt, fo Meibt dies noch zweifelhaft, und auch dee
Beifiune). \ .
Auch Plinius, der ben Fluß Sag aris ſchreibt (Pim. HN.
N) W. M. Leake, Joumal of a Tour in Asia Minor, Lond. 8. 46%.
P.8286. " *) I. &. Cramer, deln Minor. I..85. "ı) Birabe
ed. Zechulke, od. Kramer ).c.
Das Steomfpflem ver Sangarius. [151
VE 1) und u zen berühmten Fluſſen ven fen zählt, ſagt
neh er im Rhrygien entipringe und weit herlommende Beftröme
aufnehme, unter benen er vorzüglich den Tembrogius (ver am
Berg vos Diudemens bei Herodot I. 80, wie auch der Hermus
wigringen follte, alfo einen weitlihern Bufluß, ob Thymbres?)
web Gallus anführe, daß Viele ven Fluß aber auch Saugarins
wonten. Ptolemäns (V. tab. 1. Bithyn. fol. 116) ſcheint bie
ſelbe Duelle im Südweſt von Peſſinus anzugeben (Beifinus 61° ,
3 Long. 41° 30’ Lat.; und Fontes fluvii Sangarii 60° 60° Lomg.
ar 50! Vat.). Er keunt aber ſchon die großen Krümmungen,
welche der Strom an 3 Stellen annivmt, die ex but dmiargapn
ac &x fest fe fo an:
erſte Biegung 58° 80° Long. 42° Lat,
weite =» Pape .
keitte Ver: .
mnhbie Mifptrrng des Sangarius 58° „web.
And Anmianus Mareellinus leunt die großen Krüne
mungen bes Stroms (XXIT. 8. 14: per quae littora‘[seil. Bi-
ayrisg] in sinug oblongos curvata Sangarius, et Phyllis,
Byzes et Bhebas flurii funduntur in mare). Die Berühmtheit des
Sangarins, welde ihm Plinius zuicreibt, Tann von benz be⸗
zühmten Tempel ber Cybele uvex Rhea zu Veſſinus gemeint fein,
ser weil Homer ſchen in ber Iliade der grünen Ufer des San-
Harios (Aias XVI 717) und des gättlihen Mygdonios Er⸗
wähenng gethan hat, her am Geſtade des Sangarios mit feinen
Vrmbeögenofies gelagert war, als bie Amazonen über ihn herein,
leechen (Nies IIE 184).
Lirius (XXXVIU. 18) ſagt, der Samgarius fließe aus dem
Bege Wnorens (ex Adoreo monte profluit) zum bithwniſchen
Thymbrus (oder Thymbrins, wol Zembrogins bei Plinins,
ksben) und mit ihm zum Meere, aber Niemand lennt bie Lage
der Berges Aborens, nahe dem van Livins ebenbaf. c. 19 ge
mernien Berge Magaba, ver durch Bentus Rufus Bresiar. XL
Deiſatz, daß ex zu feiner Zeit Mordiacus heiße, auch nicht näher
belanut wird, v. Hammer’) Hält ben Adoreus für ven Elma
Dagh (Arfekerg) in DR von Ungora; imäre dies ber Fall, fo
Witte Livins ſchon nad; des Manlius Kriegsberichten erfahren Können,
daß bie fernfte Duelle des Sangarins nicht am Dindymene bei
m
"7 3. v. Hammer, Geſch. d. osman. Reihe. 1. S.161, Note.
52
4853 Klein⸗ Aſten. $. 10.
Veſſinus, ſondern im Oſten von Angora an jenem Elma Dagh
(&borens) liege, wo wirklich das Bftlichfie Zuflußchen zum Saw
garius feinen Urfprung nimmt. b
Die einzige Stelle der alten Claſſiler, vie ums noch Aufſchluß
über ven wahren Lauf des Sangarins geben Könnte, wenn fie etwas
beſtimmter gefaßt wäre, ift die bei Arrian, wo er fagt, daß Aleran-⸗
der M. von Gelänä (vem Hellefpont zu gegen N.O.) megen bes
Oralels nady Gordium in Phrygien gezogen fei, daß » Gorbium
am Sangariusu (xeiraı de in} zu Zayyaply noruus)®) Liege,
der feine Quelle in Phrygien habe, und durch das thraciſche Bitht⸗
nien in den Vontus abfließe. Da von Gordium ans Aleranders
Marſch am folgenden Tage nach Auchra und von da zum Halys
nach Eappabocien fortſchritt (Arriani Exped. Al. II. 4), um auf · der
großen Straße nad Afien« fein Hauptziel, nachdem er das
Drafel vom gorbifchen Knoten zu feinem Bortheife gelöft hatte, bald
zu erreichen, fo fehen wir, daß außer dem von Strabo genamnten
viel weftlichern Laufe bei Peſſinus noch eim anderer Bftliger
Lauf des Sangarius vorhanden fein mußte, am weldem ſelbſt
oder doch in deſſen Nähe (nAncior nad Strabo’s Ausbrud,
und auch Arrians Angaben bleiben unbeftimmt) die alte berühmte
Reſidenzſtadt der Midas-Könige, des Gordius, nämlich Gor-
dium im Lande ver Phrygier gelegen war, bie, obwol ſchon in
Berfall, doch ihres Ruhmes wegen nicht vorüber gegangen werben
tonnte (Curtias Ruf. III. 2.12; auch Polybins Relig. XXIL20
nennt fie nur mo ein molıaudsıov, ein Oppidulum), Wem
Eurtinsfagt: Gordium nomen est urbi, quam Sangarius amnis
interfluit, fo haben anbre Lesarten eben fo praeterfluit, was
wol noch richtiger fein möchte. Der Sangarius (von Peifinns,
unter 41° 30° Lat. nad Ptolem.) mußte alfo erft eine große Kräy- -
mung gegen D. und N. machen, um an Gordium (das mit ihm
unter gleichem Meridian, aber in ſehr viel nörblicherer Breite zu liegen
tommt) wieder gegen Weiten zur Eimmändumg des Thymbres
und Gallus zurüdtehren zu Binnen, da Gordium faft unter gleichen
Parallele mit Ancyra (mach Ptolem. V. tab. 2. fol. 123 unte
42° Lat.) Liegt. Wären Polybius Annalen des Bellum Gallo-
Graecum nur nicht verloren gegangen, in benen vom Eonful En. Mau
lius und ben Heeresmärſchen feiner Legion nad Gorbium und
*") Amin. de Exped. Alex. M. ed. J. Gronor. jLugd. Bat. 1704. L
. p. 59.
Das Stromſyſtem des Sangarius. 453
Aachra fo umfändlic bie Rebe war, fo würben wir durch biefes
Autors firategifhe Terrainlenntniß befler über biefe Gegenden
drientirt fein.
Die ſüdliche Quelle des Sangarius bei Peſſinus am
Diadtzmus · Berge mag zwar bie berähmtefte Quelle zu Strabo’s
Zeit im Süden gewejen zu fein; eine weit entferntere Quelle,
‚ Nefih vom augoriſchen Often her mit jenem Sangarius
Kon vereint hat, ehe er noch an Gorbium weſtwärts vorüber
Rrömt, hat Strabo wie feine Nachfolger übergangen, obwol fie in
gengraphifcher Beziehung von nicht geringerer Bedeutung als jene '
iſt, wenn wir ſchon feinen gemeinfamen antilen Namen für biefen
Oftzuſluß auffiuden können, wol aber ver neuere Name Engüri fu,
ver Fluß von Angora, ihm zugehört, und wir. ihn als ben öſt⸗
ligen ebenbürtigen Hauptarm tes Stromſyſtems zu. betrachten
haben, ber fchen an 15 bis 20 Meilen von.D. nach Weft zurüd-
gelegt hat, ehe ver ſüdliche Arm des Sangarius fi erft vom
der linten Seite zu ihm eingießt, um bafjelbe große mittlere
Längenthal mit ihm gemeinfchaftlid, gegen Weiten zu verfolgen,
bis beibe vereint num exft ihren Durchbruch durch bie nörblide
Kette in vielfach ſich windenden Querthälern zum Meere erhalten kön
nen. Die Urſache der völligen Uebergehung unb Ignorirung biefes
großen Oftarms des Sangarius, nämlih bes Angoras
Fluffes, iſt ſehr auffallend hei ven Alten, die aber freilich aus
der Midas» und Perfer-Perivve vor ber Beſitznahme Aleranvers
ab ver Galatier in jener Gegend, wenig Keuntniß von berfelben
hatten, obgleich Gordium ein alter Oralelort und Ancyra fhon
ar Weranders Zeit ein Emporium war. Im ber Oalatier Zeiten
warbe ihr Länbergebiet, das weniger Stoff zur Mythe darbot als
die weſtlichere Landſchaft Vorver-Aflens, mo Griechen ihre Sitze
hatten, auch wenig beachtet, und felbft Strabo nennt an An«
ehra vorübergehend dieſelbe nur ſchlechtweg eine Feſte ver Tec-
tofagen (peougror Ayxuga, Steabo XII. 567), daher une
Rreitig bei der ſchweren Zugaͤnglichteit der galatifhen Landſchaften
A Autiochus M. Zeit auch die Ignoranz ober wenigftens geringe
Bärdigung bes dftlihen Stromarmes. Erſt unter Auguftus
‚ Nähte Anchra zur Prachtſtadt auf; aber auch Dionyfins Per
riegetes v. 811 nennt zwar ven Sangarins, aber nod nicht
immal Anchra, und eben fo wenig weiß Euſtathius von ihm
in fagen, ver nur Ovids (Eleg. de Ponto IV. 10) Worte „huc
Lycus, huc Sagaris” anführt.
454 Klein-Afien. 4. 10.
So leer ber Flußarm von Angora am Nachrichten autheht
fo reichlich wird der Weſtarm des Sangarins (ber feine ver
turzte Form Sagaris, bie ber mobernen Benennung Satari,
Safaria (Gihan Numa p. 448.476) am wmeiften entfpriät, et
durch die Dichter”) um des Versmaßes willen, wie bei —*
erhaiten haben ſoll, obgleich amh ſchon Plinins ud Solinus
ihn fo nannten) von den weſtlichen Griechen feiner Mythen
umd feines Tempelheiligthums wegen ermähnt, vie Stoff genng
zu feiner Häufigen Nenmung gaben, webei doch aber bie geogra»
phifche Kenutniß deſſelben fehr Ieer amegeht, wenn ſchon bie Prit ⸗
ftergefänge ver Cybele, der Alt-Mutter, Mutter ber Götter
(Mnsye Sayyaglov, wie die Anthol. Gr. fagt) in lauten Ehren
rauſchend an feinen Ufern erlangen.
Auch die Römer mußten biefem weſlichen Strome huligen,
da, wie Polybius erzählt (Reliq. Libri XXII. 20 Bell. Gaib-
Graecum ad An. 565 Urb. condit.)®), bie Prieſter · Geſandte⸗
‘(Galli Matris magnae), welche von Peſſinns dem zit feinem |
Heere Dort im Lager ſtehenden römifchen Eonful En Aus Manlins
am angeſchwollenen Sangarius-Strome, den er mit einer Brüde
überfcreitbar gemacht hatte, von ber großen Tempel ⸗Mutter, deren
Abbild und Zeichen fie anf ihrer Braft trugen, ven Sieg und Wie
Macht verkünveten, welche die Göttin ihm gegen ben galatifchen
Feind verliehen habe. Die Mythe trug nun wenigſtens zur Ben
breitung des Namıens des Sangarius®) das Ihrige bei. Za dem
des Saugarius (Sayyigıos), des Fluffes in Phrygia, ſetzt bei
Apollon: Rhed. ver Scholiaſt hinzu, daß er in Asciep. Myriemi
Bithynica Sangarus heiße, daß aber Hermogenes Tarfenfis
in einem Bude über Phrygien ihn von dem Yüngling Sangas
ableite, der fi) an ber Rhea verfünbigt Habe, und daher im ben
Fluß verwandelt · und dieſer Sangarius geuaunt wurde, bei welchen
nach Zanthus ein Heiligthum ber Demeter "vom Berge
(dpelog Anpımsgos ieo6v) geweſen fei. Euſtath. in Dionya. Perieg.
v. 089 ‘fagt, nach Aselep. Myrleani Bithyn. fele Sangarins mit
ber Cybele die Nymphe Nicha erzengt haben”®), nach Arriani
7) Vibius Soquester de Faminib, 3. 1. Obere, Argesterkti. IT7B
p 18 0. Not. Var. p 187—188. **) Polpbh Historiar. ed.
3. Schweigbaeuser. Lips, 1790. T. IV. 9.223. 5 In Carol, Mal
lerus, Fragmenta Historicorum Graec. ed. Paris. 1831. 4; Asclepiad.
Myrl. III. 300, 3; Apollon. Rhod, Schol. II. 132 b. 1. c. 1I1. 526,1.
*er) C. Null, Fragm. 1. c. III 547, 46 w Il. 502, 31.
Das Steomfgftem des Sangarlus. 455
Nieamed. Fr. aber Bacchns an ven Ufern des Fluſſes vom Zeus
atiprumgen fein. Domitius Callifiratus!) nennt im einem
Bragmente ein Goftel am Sangarins, deffen Lage unbefaunt bleibt,
wehrſcheinlich identiſch mit dem Caſtell Berechnthium pei
Bibins Sequeſter (p18 Le.)) In Hermesianax Cyprius
Phrygiaca erzählt ein Hermäus 2), daß im Sangarius ein Wun⸗
derflein, dosng, ver Stern genannt, wachſe, ber in ber Nadıt und
mel im Herbſt wie ein Feuer leuchte, ven bie Eingebornen in
ihrer Sprache Baldıv nennen, was in ihrer Sprache .einen König
(eb Bael?) bedeute. Daffelbe wiederholte auch Plutard ?), der
ud eisen Berg Ballanäus, ven Königlichen, daſelbſt anführt, der,
von Ganimebes und der Mebefigiftes ein Sohn, dort feine Feſtſeier
babe. Auer dem After nennt er noch einen andern Stein (ud-
röylugcc), einen Bildftein im Saugarius; wer in biefem das
Bild ber Mater Deorum erblide, ſehe Wunderdinge, wie dies Ares
tages in Rebus Phrygiis ſage. Nach ihm fol Sagaris ein Sohn
bes Myndos und ber Alerirchoe gewefen fein, der als Verächter ver
Miferien und ber Priefler der großen Mutter der Götter raſend
wurde, und fi in ben damals Engoßding (b. h. ven trodnen)
smanzten Fluß geftärzt habe, ber feitbem von ihm Sagaris ges
naunt wurde; derſelbe habe damals im Sommer troden gelegen.
Noch fabelhafter if die feltfame Erzählung bei Pauſan i as (Achaica
VIE 0. 14,5) vom ber Agdiſtis in Peſſinus, umb der Geburt
des Hermaphroditen durch Zeus. Am Sangarins follte aud ver
Liebling Trajans, Antinons, geboren fein, deſſen Tempel zu Mans
tinea is Arcadien deshalb mit Bithyniern als arcadiſchen Ablömm ⸗
Engen in Verbindung geſetzt wird (Pausanias, Arcadica VII. 94).
Doch genug folcher Sagen, deren nähere Würdigung wir ven Ar⸗
Yäologen überlaflen müflen, va fie uns feine geographifchen Auf-
Hlüffe geben, uud auch bie Stellen der Geographen *) über den
Saugarius, wie bei Scylax Caryand. 34, Arriani Peripl. Pont.
Eazig. p.13, uud bei Marciani Heracl. Peripl. 70, nur auf beffen
Mündung und feine Diftanzen von andern Mündungen ſich
begichen, über weldje wis durch unfre verbejlerte Küftenfunde feinen
Zweifel mehr zu hegen haben, wobei uns nur Marcians Beifag
is Zayyapssov moraudr nAwsörv) beadtungswerth erſcheint, weil
) C. Mall. Fregm. 1. c. IV. 554,4. *) ebend. IV. 497,1.
-2) Aintarchus de Flurlis ad. Ozon. Gr. Min. II. p.24. *) Goa. _
Veseris Scriptores Uraec, minores etc, Oxonise, 8. 1698.
456 Klein» Aſien. 5.10,
er ihn einen ſchiffbaren Fluß nennt. Diefes Stromfgkem "
des Salaria durchſchneidet die halbe Preite ver Halbinfel ein
Aſiens an einer ihrer engften Stellen von nahe bei 39° R.Br. an
Anfpringend, nordwärts bis über den 41° N.Br. hinaus, wo fd
die Salaria-Mündung in ben bithyniſchen Golf egieft;
denn bie ſildliche Hälfte ver Halbinfel breitet fi von 39° ſudwäris
nur bis weniges über ven 37° Lat. bei Adalia im bem iunerſten
pamphyliſchen Golf aus; fo daß im biefer Hinficht fi die zwar
nur rheloriſche Floslel des Curtius Rufus im Beziehung auf den
Sangarius einigermaßen rechtfertigen ließe (Lib. II. 2, 10: Gor-
dium nomen est urbi, quam Sangarius praeterfluit pari interrallo
‚pontico et cilicio mari distantem. Inter haec maria angustisei-
mum Asiae spatium esse comperimus, utroque in artas fances
compellente terram), wenn man nicht, wie er, Gorbium, fondem
die fübfichfte Duelle bes Sakaria als den Mittelpunkt anmähme
unb bie Uebertreibungen bes rhetoriſchen Schmuds auf ihr wahres
Berhältniß vebucirt.
Es Liegt in biefer Darftellung eine gewiffe Wahrheit verborgen,
bie bem Feldherrn Aleranver für feine folgenden Marſchrichtuugen
lehrreich fein konnte, daß er nun auf ver hohen Eentral-Mitte
Kleinafiens nur oftwärts fortzufcreiten hatte mit feinem Gere,
am von da dann aud die fübliche Hälfte nach Syrien hin leicht zu
durcheilen. Und wirklich ift dadurch genau das Verhältniß bezeichnet,
daß nämlid) der Sangarius nur ber Ablauf des nördlichen
Stufenlandes ift, gleih dem Halys, nämlich von ver oberften
Hochſtufe an ver Nordweſtgrenze der alten lycaoniſchen Hoch
ebene fühweftlih von Haimaneh bis zum Weftende des Emir Dagh
und des Mürad Dagh (Dindymon, ſ. ob. ©. 42 u. 49), den wir
ſchon als ‚ven Grenzftein ber centralen Hoch ebene mb der
weſtlichen Stromſyſteme Borber-Rleinafiens bezeichnet Haben. Bon hir
unter dem 39, Breitenparallel entfpringen alle ſüdlichen Hanpt-
quellen ver ſüdlichſten Salariaftufe, die wir die lycaoniſch⸗
phrygifche nennen werben, welde noch immer von ben normalen
Oſtweſtz ügen bes nörblicften Taurusſyſtems abhängig find, wie
die obere Stufe des Halyslaufs von Siwas bis Eäfaren. Aber
dieſer obere Lauf des bindymenifhen Sakaria, ber ſüdlichſten
Stufe over feines ſüdlichſten Längenthales in ver Direction
der Paralleltetten, nur einer entgegengefegten Richtung, ba feine
Neigung nit wie die de Halys von D. nach W., fondern eut-
gegengejegt von Wet nach Oft ſich fentt, bis zu ven Hohen Quer
Das Stromfpfiem des Sangarius. 457
Ietten des Haimaneh im Weit des Halys und ver Angorafette,
vie, ſich von Mor mad; Suͤd verbreitend, ihn nöthigen, plöglich
im Gebiete von Germa (ver alten toliftobogifchen Galatier)
im Querthale, wenn aud mar auf kürzere Strede gegen Nord ab»
zulenlen, wo er num in feinem zweiten Stadium bem Normale“
ſyſteme der gefammten Norbhälfte ver Hakbinfel gemäß feinen Lauf
gegen Weſt erfi fortfegen kann.
Diefer Beftlauf des Sangarius, meift unter dem Ba-
talleltreife 40° N.Br., vom 51° bis über ven 48° Merivian von
DR nach Weit hinaus bezeichnet .die größte Entwidlung (ven
nahe 50 Meilen Länge) des Sangariafyftens in deſſen nörblicher
zweiter Stufe, die wir bad galatiſch-bithyniſche Stufen-
lan d nennen Finnen. Bon Angora zieht ſich dieſes an Gordium
vorüber, über ven Einfluß des Thymbres amd Galius hinaus,
weſtwärts bis Lefkeh, als wollte ver Strom in feinen hier gegen.
das Ende beginnenden ſtirmiſchen Durch brüchen nur wenige Stun»
den vom bithyniſchen See von Nicda in das Marmormeer
felbſt einſtürmen. Dieſer Weſtlauf beginnt aus dem Oſten nur
wenige Stunden vom Halysthale bei Kaladſchyk entfernt; bei
Haflan Oghlan (f. oben S. 347), und zieht, ohne feine Normal
richtung weſentlich zu verändern, mit vielen Seitenflüffen, unter
denen der Peffinnsarm bes Sangaria von ber linken [üblichen
Seite her nur der beventenbfte iſt, weftwärts bis zu feiner plögfichen
Rordwendung. Dem Naturverhältniffe nad würde biefem
Rormallanfe und der im Often von der Mündung entfernte
fen Duelle der Hauptname des Stromfuftems gebühren; da biefer
aber Hiftorifh als Sakaria für ven Sübarm ſchon feſtgeſtellt
it, fo namen wir dieſen obern Theil des Laufes den Angora-
Arm over Fluß von Angora, ber aus gleich hohem "Gebirgs«
fofteme wie jener und nad) länger entwideltem Laufe fih erft auf
halbem Wege in ver zweiten Stufenlanpfchaft ber galato-
bithyniſchen, etwa im Merivian von Bej Bazar, mit jenem
Sudarm des Salaria vereinen mag.
Unterhalb ber erften umb zweiten Stufe des Sakaria wendet
fid) der Strom plöglich faft im fpigen Winkel vom Weftlaufe un«
terhalb Lefkeh zum NO.-Laufe hinüber, ſchon von Sögüd an
feine Durchbrüche durch die Querketten gegen N.W. ber
ginnend, dann aber von Lefleh an gegen N.D. über Geiweh
und Ada Bazar an ber Oftfeite'des Sabandſcha-Sees biefelben
ortſebead, wo er das ganze Syftem ber Querketten überwunden zu
468ß8 Rlein-Hfen, . 10.
Gaben fein, aber mm and ham Pontus fo make genkft iR, ef
ihm für feinen untern Lauf nur ein paar Meilen unter vem 41
N.Br. übrig bleiben. Die Ouerthäler des bit hyuiſchen Ge-
birgsdurchbruchs machen alſo das dritte Stufenland us
Salaria-Syftems ans, das faft gänzlich ohne Niederlaud
geblieben ift, und mw. eine ſchmale Straudkuſte erhalten hat,
mit welcher das pontiſche Steomgebiet überhaupt im Weſten fein
Ende erreicht.
Diefe leiste Wenbung bei Lefkeh in Bithymien wäfen wir
für die bei Ptolemäus genannte exfte Biegung Kalten, da ex fe
faſt unter gleichem Meridien mit ver Mündung, und 3 Minuten
füblich der Münpung anſebt; bie zweite umter 3° weiter o ſtwaͤrts
und unter ähnlicher Breite kaun nur die zwiſchen Gorbimm und
Ungora bezeichnen, bie dritte Tiegt bei ihm eimas öftlich von ber
erſten, aber einen Grab weſtlich von der zweiten, kann alfo wol mur
bie nächſte bei Peſſinus bezeichnen, da er fie unter 41° Lat. am
giebt. Zwar bat Ptolemäus die Duelle des Stromes felbR nicht
— giebt aber bie Breite von Peſſinus = 41° 30’ an;
man fießt daher, baf er hier ganz gut orientirt war, obwol wicht
hinreichend, um durch feine Daten den Scharffinn eines D’Anville
der ben Zufluß von Angora zum Sakaria noch ganz igmogiriz
und im einem Heinen Steppenfee ſtagniren läßt, ober eines I. Reu«
well, ber die Stabt Pelfinus ftatt in das obere Laͤugenthal nahe
dem Urfprung in das obere Querthal verfegte,. ober eines Reale,
ber, durch bie Stinerarien verleitet, Pelfums am Didymon auf
die Norbfeite des Saugarius in die Nähe von Bejbazar und
Gorbium ‘in das untere galatiſche Stufenland ſetzte, vor um
thümligen Combinationen zu beiyahren, von benen ſich die Kritik
erſt durch bie Ortsbeftimmungen der Augenzeugen zu befreien im
» Stande war. Bir gehen nun, wit bem Oftarm bes Syftems
naturgemäßer, als in ber Normalbirection bes Gauzen ge
legen, beginnend, zu ber Specielunterfuchung bes meh
würbigen Stromgebiete® des Sangarius ober heutigen Salaria
ſelbſt über. \
Erläuterung 1.
Der öftliche Hauptarm des Sakaria, ver Fluß von. Engärteh
ober Augora (Ancyra) unb bie Gebirgegruppe von Angora.
Der Engüri ſu entfteht ans einen Zuſammenfluß mehrerer
Burgftröme, die aus ber großen galatiihen Gebirgegrupge
Deftlicher Haupban, der Angora⸗Fluß. 459
Did auf dem Weſtafer des mittlern Helyslaufes zwiſchen dem gro ·
fen Salgfee und dem Haimonch- plateen Nord-Rycaoniens bis zum
galatiſchen Olympos, dem Ma oder Baindyr Dagh, im Norben
(von 39 bis über 404° N. Br.) ihren Urfprung nehmen; eine Ge
Aranrene, die wir bie gafatifhe Angora-Öruppe nennen,
da ihr ein gemeinfamer Name ſowol in alter als neuer Zeit fehlt,
weh fie nur unter verſchiedenen Namen’ in ihren verſchiedenen Rich»
tungen und Gliederungen belannt geworden.
Dieſer Enguri ſu, ven Pococke mit Recht auch ſchon zu
ſeiner Zeit (1789) Sakari ) over Sakaria genaunt hat, entfließt
dieſer Gebirgegtappe von Oſt gegen Weſt im großen Längenthafe
Bis num Verein mit dem dindymeniſchen Sakaria⸗Arme von Süden
ber. Im dem Angora-Gebirge find es nad v. Binde’8 Karten
anfnahme und ©, Tiichatfcheffs Bericht) vorzüglich drei
Genptquellfläfle, wie ihm fein Waller geben: Tſchibuk tſchai,
der Tabak ju und der Murtad fu. Der Tabak fu kommt von
Saden ber und foll ver unbedeutendſte fein, er tritt aus einem Heie
wen See, vom Mohen Gjöl, bei Burffal hervor, durchzieht einen
wweiden Langen ud jehr ſchmalen See, ven Emir Gibl, und fließt
auter dem Raumes Indie fu (fhmales Waſſer) an der Sädweftfeite -
der Stadtmauer won Angora auf abfoluter Höhe von 3318 F. in der
Eem der Stabt vorüber, und vereinigt ſich unmittelbar im et
ber Stadt mit dem zweiten nörblihen Hauptzufluſſe, dem Tſchi⸗
but fa, wo bie ſchͤne At Kjdpri, d. i. weiße Brucke, über beide
vereint. binübesführt.
Diefer zweite Fuß Tſchibuk fu (d 1. das Rohrwaſſer)
lenumt aus größerer ferne von 16 bis 18 Stuben in N.O. herab,
wo feine Duelle zwifchen ven trachhtiſchen Bergen des Aidos umd
Semir Uſu Dagh entſpriugt. Seine Ufer find niebrig, ex hat
wenig Zufläfle, ift micht.tief, durchzieht aber auf halbem Wege die
weite Ebene Tſchibuk Ovaſſy, is ver Geſchichte berühmt durch
den Sieg Timurs über Sulien Bajezid im I. 1402, durch deſſen
Gefaugennehmung das junge osmaniſche Reich in große Berwirzung
efläzgt wurde, Diefes Sqhlachtfeld, dafür gilt es wenigſtens bei
den Drientalen, eutſpricht auch der Beſqhreibung des hiſtoriſchen
Berichtes von dieſer Begebenheit bei den Byyantinern 7); es iſt eine
*9 R. Bocode, Defcreibung ded Morgenkandes. Meberf. v. Dreyer n.
Schuber. Erlangen 1773. 4. Ih. I. ©. 125. *) v. Tebihatcheff,
* Mineure. I. p. 142. 7) Micselis Ducse Nepotis Histor. Byz.
08. 1, Bekkeri. Bonn. 1834. 61, d u. 87-68 -
468 alein ⸗ Aſten. 4. 10.
ringsum von Bergen umſchloſſene fruchtbare Ebene, wo Tſchibul
abad, 2791 Fuß Par. üb.d.M. nach v. Tſchichatſcheff, auf weder
nad v. Binde?®) 60 Dorfſchaften liegen. Der Tſchibuk fu,
ben man wegen feiner vielen Krimmungen vielleicht mit ver Tide
bupfeife verglichen, war, als Ainsworth 9) ihm unterhalb ber
Stadt durchreiten wollte, ſehr tief und angefchtwollen.
Im die Ebene bei Tſchibuk abad tritt von Oft hei übe
Kaladſchyt am Halys und Attſche Taſch bie große Karawamenſtraße
vom Iyzgat ein, die bei Eleidſchik und Rawli bie Waſſerſcheide
und Kette des Idris und Huſſein Dagh überſetzt und weiter nach
Angora führt. Ueber ven Weg von Eleidſchik bis Angora giebt
Hamilton folgende nähere Auskunft. Hamilton!) hatte vie Rat“
in Aktſche Taſch zugebracht, und fehritt am 1. Sept. am Bafler-
ſcheidezuge zwiſchen Halys und Salaria gegen N. W. in emem
Thale entlang, wo Schiefergebirge und Kalkfteingebirge wechſelten,
bis zum Dorf Eleidſchik vor. Die Fühnen kurdiſchen Raub
horden im biefen Bergen waren fürzlich'erft durch Reſchid Paſcha
gebänbigt worden, und fo lonnte man es wagen, ihre großen Lager
an biejer Bergſtraße ungefährbet vorüber zu ziehen. Ihre wilben
Sagbhunbe j jagen den Paflanten feinen geringen Schreden durch ihre
Attale ein; ihre Pferde find in dichte Filge gefleivet, fie ſelbſt haufen
in ihren Filzzelten, in denen die unverfchleierten rauen und die
‚unerheicatheten Mädchen mit dem Ring durch ihre Nafenlöcher, als
Zeichen ihrer Jungfernſchaft, ſich geihäftig umhertreiben. Im näde
ften Thale ſah Hamilton zum erften Male auf feiner Wanderung
vie ſchoͤne Angoraziege im Heerben, deren Seivenhaar bie feiden-
artigen Stoffe liefert, die einzig in ihrer Art find. Hier trat man
in die Ebene Tſchibuk Ova ein, bei dem Dorfe Rawli(?),
einer ber 60 Dorfihaften von etwa 5 bis 50 Häuſern, die auf dieſer
Eufturebene ‚liegen, aber zu Angora gehören. Ewliya Efendi
(1650)*) fagte, daß 70 Orte, in 7 Diftricte vertheilt, zu ihr ge
hören; er führt noch eine zweite Ebene, Yeban (2), mit 100 Dir
fern, und eine vritte, Jorba, mit 86 Dörfern an, bie alle zur
Jurisdiction von Angora zu feiner Zeit gehörten. Auch neunt er
“in dieſem Difteicte einen Pilgerort bes gepriefenen moslemiſchen
”08) Karte ber Umgegend von Angora, aufgenommen vom Königi. Pr.
Major im Seneralftabe Greiheren v. Binde. 1839. 34 W. Ains-
worth, Travels and Research. in Asia Minor I. c. I.
'*) W. Hamilton, Research. I, c. Vol. I. p. FIT en, Emliya
Eiendi, Trar. I. c. Vol; II. p. 228.
Duellgebirge des Angora⸗Flufſes. 461
heiligen Höffein von Malatia, Vater des Sidi Battal, bei dem
Dorfe Höffein Aga, wo beflen Möärtyrer-Grab' vom golduen
Leuchtern umftellt fei, zu deſſen Feſtfeier ſich jährlich 40 bis 60,000
Pilger aus weiter-Ferne verfammelten. Das babei befinbliche Der»
wich lofter ver Bektaſchi (f. oben ©. 336), das er befuchte, und
wo ex feine Devotion verrichtete, rühmt er wegen feiner mehr ale
100 Derwiſche won biefem Orben, die in ber arabiſchen und per-
ſiſchen Literatur große Stubien gemacht hätten. Hamilton gab
man 84 Orte an, die in ver Schlachtebene Tſchibuk Ova liegen
ſollten. Rawli liegt 6 Stunden fern von Aktſche Taſch; viele
große Steinblöde, Arxchitrave, Corniſchen, Säulenftüde und anbre
zum Theil mit dem Meißel noch nicht beendigte Kalkfteinmaffen, die
bier zerftreut umher Liegen, ſcheinen ans ven nahen Kallſteinbrüchen
gearbeitet zu fein, aus venen ein Theil der Bauwerke in Angora anf«
geführt ift; vielleicht daß fie Hier nur umbeenbigt Liegen geblieben,
ohne eben die Eriftenz einer antilen Stabt zu bezeichnen.
Am 2. Sept..legte Hamilton von ba ben gleich weiten Weg
von 6 Stunden bis Angora zuräd. Der Morgen war frifch und
Takt; vielẽ Schaaren von Rebhühnern (Bagrakalae) wurden aufs
geſchredt und gejagt; über Sanbftein und Schieferketten verließ man
das Südende der Tſchibuk⸗Ebene, und -erblidte nım in ber
Terne gegen S. W. g. ©. zwei wilb ſich emporhebende Pils, Huffein
Dagh genannt, dje ſchon von hier aus durch die fühne Form ihren
. vulcanifhen Urfprung verkünbeten. Bon- dem hohen Tafellande
trat man im wilde Schluchten ein, in benen das plutoniſche, mehr
grauitartige Geſtein dieſen Character verlor und in Borphurtrapp-
Arten überging, bie aber ſtark mit Schwefelefflorescen; überzogen
woren und ſtark in Verwittrung zerflelen. An ver nordweſtlichen
Schulter des Huffein Dagh vorübergehenb, exblidte man gegen
SB. das hohe Caftell vom Engärich mit feinen zahllofen
langen Mauern und Thürmen über dem Rüden eines Berges
amögebreitet, von dem man nur durch eine tiefe Felsſchlucht getrennt
wer, während bie dahinter liegende niebre Stabt noch verborgen
blieb. Mehrere Meilen hatte man von den Bergen. plutonifchen ober
waleaniſchen Urſprungs noch Hinaufzufteigen, die verſchiedenfarbig
bald rothen, bald grünen Anflug zeigen, bis man in der Tiefe ver
füch zwifchen pittoresten Gärten Mippiger Porphyrfelſen hinwindenden
Daalſchlucht endlich dje Mauern auch der nievern Stabt Augora
ab ihre Hauſergruppen erreichte, durch die man mim wieder bergam
Die krummen Gaffen emporzufteigen hatte, um in ber Caſtellgaſſe
[7 Kein-Mfen. 510.
das Quartier des Armeniers zu erreichen, deſſen Bellen am
Haufe einen weiten Blick über vie Hänfermafjen der Stadt und in
bie Umgebungen gewährte. Als Ainsworth auf gleichem Wege
bis auf eime Stunde vor der Stadt Angora von Tſchibul fu
vorgefchritten war, bemerkte er am. beffen Nordufer die Boge eines
großen armenifchen Mlofters, ex kam dann an Mühlen worüber bid
dahin, wo der Fluß ein Meines Waller, ven Indſche ſu, aufnimmt
und mit biefen vereint bie f—hönen im Weſt der Stadt gone ie
genden Thalgeünde mit ihren fchönen Gärten reichlich beehflen
lann. Seine Breite beträgt bier nah v. Wrontfhento?)
15 Schritt, feine Tiefe eine halbe Ardſchin.
Der dritte Hauptfluß und wol ber wafferreichfte ift der
Murtad fu, der in ſeinem obern Laufe auch Sarabazar keift,
im mittleen Laufe von ber Ebene Murtad Owajfy feinen Nomen
erhält, aber andy Tſchar-ſu heißt; im umterm Laufe bei feine
Berein mit bem Tſchibuk fu ober Augora⸗Fluß auch Ista-
nos fn- genannt wirb, weil er bier bie Istanos Owaſſh, bie
" Laufe lernte Ainsworthie) ımter dem Namen Tihar in eine
ſehr ungünftigen Jahresgeit, im Winter, kamen, gls ex nem Iazet
Mehemet Paſcha zu Angora den Auftrag erhielt, ſeine Kupfer
gruben und Schwelzhätten im Sandſchak der Minen am Shit
Dagh, die am obern Bejbazar-Strome und noch nörklic vom
Tſchar fu Legen, zu infpieiven. Obgleich es mitten im Wien
war und ein tiefer Schnee faß das ganze Land ımewegbur mache,
forderte der Paſcha ven britiſchen Neifenben zu biefen Bagefikt
auf, und gab ihm einen Dfficier umb einige Bergleute zur Beglei⸗
tung mit, zu denen fpäter noch anbere fliegen. Um bie Gun dee
rohen Paſcha zu feinen ferner Wandernugen nnd feinen Schech
darch bie gefahruollen Steppen ber Kurden und Turkemanenhorden
im fünfichern Haimanch, bie er zu emtvesfen beabfkchtigte, zu geinin«
nen, unterzog ex ſich dieſer jap beſchwerlichen Aufgabe, bei ber
in fo wildem wegleien Gebirgelaude felbft am Lebensgefahr nicht
fehlte. Deun der Winter war umgemein fireng in bem 3000 Sk
m) v. Wroutſcheulo a. a. D. HI. ©. 01. 48) Ainsworth, Prav. and
Bas. 1. p. 123132.
Duellgebirge des ngora⸗ Fluſſes. . 208
hehen von Augora; als man am 9. Jaunar aus
ber Stadt aufbrach, hatte es 6 Tage lang maufhbrlich gefchneit,
dabei war heller farfer Froſt eingetreten, und Schneegeſtöber machte
ade Gebirgewege faft ungugänglic, und bie vielen Ströme ohne
Brüsten fdrsollen bei jevem Thauwetter fo an, daß faft fein Fort⸗
foummen war. Rein Maulthierteeiber Tomte ſich entfchliegen, feine
Thiere zu vermiethen. Solche fchneereihe und harte Winter, die
poor auf bei hohen mad wülben EentrafeSeinafien nicht immer tie
im Safe 1889 eintzeien, wiederholen fi} aber bad) gar micht feiten,
und tnsten zuweilen furchtbar werben, wie fid dies aus Ewliya
Efendi’s44) Bericht vom Yale 1650 exgiebt, in welchem Winter
ber tükifchen Mouse auf dem Marfche durch biefes Werglanb viele
Hunderte von Menſchen und Taufende von Pferden, bie im Schnee
edlen blieben, bie Glieder erfeoren ever in den angeſchwollenen
Släflen umlamen und yerluſtig gingen. -
Im den Straßen von Angora lagen bie Bazarhımbe in Haufen
verrect umher, nur Aasgeier ließen fih auf ihnen und Dem im
delde gefallenen Vich in Schaaven jehen; die Slüffe gingen alle mit
Eidſchollen oder waren mit Eis überbrädt. Niemand wagte fic anf
bie angebahuten verſchneiten Gebirgswege. Am erſten Tagemarſch,
"ben 8. Zaunar, kam man im Thale des Angorafluſſes gegen den
Baf des Baulosbergs (St. Baul der Armenier) nur bis zum nahen
Orie Avſchuja, ven ber Gehnee Ing bier 3 bis 4 Fuß tief.
Am zweiten Tage, als man von ber großen dtoute nach
Conflantimepel gegen Merten nach Miranos abweichen mutßte, be»
vie große Noth auf Shmetiefen und Abwegen. Auf bem
Wege thalauf amı Dichar ſu ſah man nur Füchſe mad wilde
a8 ifeen Obhlen über die Schaecrücken nad) Beute unher ·
mb Schneeammern, die chre kargliche Nahrung fuchten. Den ⸗
ſeit vor GEebrũde des Stroms fand men Quartier zu Alkahun
(Mikes bein. Tihichatfcheff) wo eine Onstle, bie ihre mietler⸗
Temperatur beibehahten, mit Dampfen wie eine warme Qusfleemporftieg.
. Ba 10. Januar Sonnte man uur bis Dſchiges (Jighilir
bei Ainsworth) vordringen. Der amermübele Winsworth erftieg
aber hier die Kber dem Orte ſich echebende Kara Wiranı®), u. h.
idwarze Ruine, bie ihm als ein eigenthtintider vor allen früher
weichemen Feſtungoba uen eutgegentrat. Es war eine einzige Mauer ,
HE
#4) Ewliya Eiendi, Narrative 1. c. by v. Hammer. Vol. II. p. 219g.
*) W. Ainsworch 1. c. I. p 126.
u. alein⸗ uen. 6.10.
aus coloſſalen Steinen ohne Mörtel aufgeführt, einen Hamm von
137 Fuß im Durchmeſſer einfchließend, und umfern davon auf einem
Gelsrüden lag noch ein Meines Fort derſelben Art. Die Mau
wnzingelung eines leeren Raums war aber das Characteriftifhe
ver Oalatier-Feften, mie dies Strabo bei Aucyra, Beili-
aus und Tavia, als den größten derſelben, beſonders hervorhebt
(Strabo XII. 567: Ogovgın d’ adroig zeräigiorar zela x.1.4.)
Manche derſelben konnten leer von Ortfchaften bleiben, während in
anpern fpäterhin Stäbte hineingebant wurden, als Afyle. Rihts ,
ähnliches war ähm, fagt ex, in biefem Theile von Aflen vorgelom-
‚ men; und ganz verſchieden von allen andern antifen und mobernen
Bauwerken konnte es ihm auf altem gallo-gräcifdjen Boden, im Her⸗
zen ber Gebirgsſitze der tapfern tectofagifchen Galatier, nur an cel-
tiſche Befeftigungen erinnern. Ein einziges ähnliches Monument
diefer 'celtifhen Art war ihm zuvor mur zu Bejad im ver Nähe
ver Steinſalzbrüche auf der Weftfeite des Halys oſtlich von Tſchaugri
(f. oben ©. 352) vorgelommen. Indeß hat auch Hamilton mr
eine Tagereife im Süben von Angora gegen Haimauch zu auf
dem Affarly Kaja?!e), einem vothen Porphyrlegel, die Ruine eines
ähnlichen celtifchen Forts vorgefumben, das er für bie ifolirte
Feſtung der Tectofagen auf dem Olympusberge auſprach, auf
. dem ver Eonful En. Manlius die Galatier endlich beſiegte, che
er ihre Hauptflabt Angora einmehmen konnte (f. unten). Rod
weiter im nörblich angrenzenden Paphlagonien, im Hoch lande
Iflani, zwiſchen Zafaranboly und Kaſtamuni hatte auch Bors
mitten im Walde bei Garum eine manerartige Anhäufung von Ore
uitblöden biefer eigentümlihen Axt in drei verfchievenen Crsppen
aufgefunben, bie vielleicht demfelben Wolle, das an alte celtifche mb
druidiſche Denkmale gewöhnt war, angehörten, obgleich er fie papklo
goniſch nannte (f. oben S. 171). Wir vermuthen, daß, nur eine
größere Aufmertjamkeit darauf gerichtet wie zuvor, deren noch meh
vere vorfinden würbe. Auf dem Rüdwege von biefer Lara Wir
tan nad) der Station Alkahun kam man durch das Darf A
Biran (weiße Ruine), wo inbeß eine Compagnie Berglente ein ⸗
getroffen war, um bie Gxpebition von da bei ihrer Ucberfleigung
des norbiveitlichen Gebirges aus vem Tihar- Thale in das Bey
Bahar-Thal, wo die Gruben Ingen, zu unterftügen. (he wir
Ainswortd zu biefem vierten Tale begleiten, iſt nur zu bemerten,
%*) W. Hamilton, Researches 1. c. I. p. 431.
Duellgebirge des Aagora⸗Fluſſes. 465 °
. baf am Ende des Monats, nachdem jene Gruben-Imfpection been >
digt war, der Rüdtveg von den Schmelzhütten über bie obere Duelle
des Tſchar⸗Thales bei Kara Bazar und durch das Tſchibuk-
Tal direct von ihm auf dem Fürzeften Wege nad Angora
jurüdgenommen wurbe.
Ein dritter von Norboften gegen S. W. herablommenber, mit
dem Vſchibuk wie mit dem Murtad fu oder Tſchar paralleler Ge-
Birgsftrom, nur noch nördlicher in Nordoſt entfpringend umd durch
die Kette des Gjoͤk Dagh (Himmelsgebirgs) von letzteren geſchieden,
iſt ver Bei Bazar-Fluß, der in feinem obern Laufe, vom Erz⸗
gedirge des Iſchek Dagh herabkommend, auch Kerimis fu (Kyz ⸗
mhyzy · ſu, d. i. Rothwaſſer) heißt, und mit noch mehr ſüdweſtlicher
Wendung ſich weiter weſtwärts von Istanos bei der Stadt Bej
Bazar ebenfalls in ven Sakaria oder Engüri fu einmündet.
Bisher war mur ber umtre Lauf. diefes Stroms von Bej Bazar
in feiner Einmündung zum Sakaria befannt, wo ihn v. Tfchi-
chatſcheff auch Emir thai genannt und ihn noch von einem Heinen
Iinten Nebenflüßchen unterfchießen hat, das unterhalb der Stabt Bei
Bazar mit ihm vereint zum Safaria fällt. Durch Ain sworth
haben wir zunächft feinen obern Lauf als Kerimis fn kennen
lernen, ver ihn nicht weiter abwärts als bis zu ven heißen Quel-
Ien fah, während v. Tſchichatſcheff, nad; der Bolotowſchen Karte
wegen ber Höhenangaben zu urtheilen, ihn aud; im obern und un
tern Laufe begangen zu haben ſcheint, obwol Tert!?) und Karte hier
nicht übereinftimmen. Er fagt, der Emir tſchai ergießt ſich
6 Stunden fern (?) vom Angorafluß in den Salaria; er nimmt
nad) ihm den Eunizi tſchai auf, der 4 Stunden in SW. an
Bei Bazar vorüber bei 2547 Fuß Par. Höhe in den Hauptftrom
einfließt. Im, Anguft fah ihn v. Tſchichatſcheff nur als Heine
Baflerrinne. Er fommt aber vom Ala Dagh in Norb, wird zur
Regenzeit reißend zwifchen Felswänden im obern Laufe, und wälzt
viele Felsblöde zur Tiefe. Eine Stunde in N.D. von Bei Bazar
fand ex veffen Höhe bei 3053 Fuß Par. üb. d. M. Die Duelle
ſollte wol über 3078 Fuß liegen; die Bolotowſche Karte giebt fogar .
beinahe 4961 Fuß Par. an; Bei Bazar, bie Stabt, liegt 2615
Fuß Par. üb. d. M. Das Gefälle ves Stroms muß fehr ſtark
fein; auf 1 Liene berechnet es ſich auf 123 Fuß. Auch im obern
Lauf giebt die Bolotowſche Karte im Thale des Sei fu (over des
#7) v. Tehibatcheff, Asie Mineure. I. p. 143. ,
Ritter Erdtunde xviu. ©g
16 lein·Afien. $. 10.
Kerimis fu) von den Metallminen am Sechit Dagh for
genbe Daten: bei Seid Hammanı, ben. warmen Bädern zu
Kurdje, 3652 Fuß Par.; zu Sarai, jenen gegenüber,” auf dem
oſtlichen ober linken Ufer 3037 F. P.; zu Dſchelier Kyzyldſcha
Hammam 3034 Fuß Par. Ueber dieſen obern Theil des Bej
Bazar-Thales, wie es Ainsworth (auf der Karte Hamiltons
von Arcomfmith, 1842, ſteht Kerimis fu) nennt, giebt berfelbe
auf feiner Winter-Excurfion folgenden Aujſchluß.
“ Am 11. Januar?!8) wurde in Begleitung der größern Schaar
von Vergleuten ver Weg von Alkahun über Berg und Thal bis
zum Marktorte Bazar Kidi in N.W. ver Gidl Daghlette
fortgefegt, wo ungeachtet des Schnees in ver Nähe der Moſchee ein
Markt im Freien gehalten wurde: Ziegen, Schafe, Korn,
Gänſe, Holz, Hafenfelle, Hufeifen und Nägel wurden feil
geboten. Man zog indeß durch bie Schneewüfte weiter, fanb wenig
Bäume, aber fehr tiefen Schnee, bis man plöglich zu einem fteilen
Abfall des Thales gelangte, in dem der Bej Bazar floß, ber aber
mit Eis überbrüdt war, den man alſo überſchreiten konnte und fo
zum Dorfe Dſchigher gelangen, wo man die Nadıt herbergte.
Am 12. Januar ftieg man im Flußthale aufwärts zwiſchen
dunleln Fichtenwäldern, mit denen beide Gebirgswände bes Thales
ſtattlich beffeivet waren, vie mächtige Schneelaften auf ihren ge
fenkten Zweigen trugen und oft ſeltſame Anblide gleich Polarhütten
vol dunkler Schattenräume unter ihren weiten Schneedächern ‚ge
währten. Der Fluß z0g fi zwiſchen wilden Felsengen hindurch,
über denen fid, ihre Klippen wie Nabelfpigen erhoben, unter denen
man auf ver Eisbahn bes Fluſſes fortichreiten konnte. Ein felt-
ſames Borfommen auf Heinafiatifhem Boden, ald man nad) brei
Stunden Wegs in ein plutonifches Gebiet bei der warmen Quelle
Sei Hammam gelangte, die in großer Fülle dampfend aus einem
Kieſelfels llar und rein Hervorfprubelte, mit einer Temperatur von
33° Neaum. (bei 3652 Fuß Par. üb. d. M.), und durch ihrer
Niederſchlag, den fie bildete, zeigte, daß fie eifenhaltig if. Eine
Strede abwärts war der Bach, in ben fie einfließt, nicht gefroren,
und biefe Strede war gebrängt voll Fiſche, bie hier in Menge mit
der Hand gefangen werben fonnten und ganz bis in bie Mähe ver
warmen Quelle hinaufſchwammen. Neben biefer Duelle fanden
einige ſchöne Ruinen, deren Fragmente zum Bau einer Moſchee,
9) W. Ainsworth l. c. I. p. 127.
Duellgebivge des Angora⸗Fluſſes. 467
eines Babes in zwei Abtheilungen fiir Rinner und Frauen und gu
Stallgebäuben verwendet waren.
Schon R. Bocode hatte vor einem Yabchunbert (im Jahre
1739) !9) bei feiner Abreife von Angora auf feiner Rüdreife nad)
Conſtantinopel nord wärts, biefes Thal ber warmen Onellen
betreten, das er mit ben ſavohiſchen Berglandſchaften verglich, aber
namenlos lieg. Die erfte warme Duelle nannte er Kyzyldſcha
Hammam, bie im Süben von Dſchigher liegt, lauwarm war,
Stahlwaffer hatte, zum Baden und Trinken biente, aber wenig
befucht wurde. Er fand bier die Stahelbeeren wild wachſend.
Zwei Stunden weiter nordwärts im Thale bergan kam er zur.
zweiten heißern und ftärtern Duelle, die er Sha Hammam
nannte, dieſelbe welche Ainsworth Sei Hammam nennt. Sie
galt als fehr heilſames Bad gegen viele Krankheiten, und follte
zumal gegen die Waflerfudt von wunderbarer Wirkung fein, und
wurde deshalb auch viel befucht, "zumal auch von den Europäern, bie
Angora bewohnten und dieſes Bab in ber heißen Sommerzeit wegen
feiner tühlern Lüfte gern zu ihrer Sommerfrifche wählten. Die
Frennde Bocode’s, Engländer, Frauzoſen und Holländer ans Ans
gera, einige 20, gaben ihm bis hierher bei feinem Abſchiede das
Seleite. Es war am 2. Mai, als er dieſen lieblichen Aufenthalt
wieber verlieh, um feine Wanderung norbwärts zum benachbarten
oben Laufe des Filiasfluſſes (Billaeus) weiter fortzufegen.
Ganz anbers war es hier zur Winterzeit. Nur ein Stündchen
ienfeit. des warmen Babes fließt ver Fluß von Bei Bazar buch
eine ſehr merkwirbige Felſenlluft, welche man durchſchreiten mußte"),
Zu beiden Seiten des Engpaffes, ber faum einen Pfad zum
Durchgehen geftattet, thürmen fic viele Taufend ver regelmäßigft
geformten ſchwarzen Bafaltfäulen in ven wilveften Gruppen nad
allen Richtungen hoch empor. Bald ſenkrecht, bald horizontal, bald
diagonal anf» und abwärts, firahlenförmig in ven verſchiedenſten
Winfelrichtungen und Directionen, bis zu ben prismatifchen Kegeln,
Gipfeln umd polyedriſchen Zaden, das Bild der wildeſten Verwir«
tung plutonifcher Gewalt darbietend, gegen welche die Scenerien, bie
Ainsworth am Riefendom in Irland, zu Fairhead oder auf ber
Duſel Staffa gefehen, nur Kinderſpiel waren; bie nur mit ben
IR. uote, a le des Morgenlandes a. a. D. Th. Il.
&1 Abbildung derfelben bei Ainsworth a. a. D. I.
© 120: Bigneite —X
©92
488 Mein-Afen. $. 10.
granbiofen Hebungen auf ven Iufeln St. Helena und Ascenfion
im äthiopifhen Ocean ſich vergleichen ließen. Erſt jenfeit dieſer
Zufammenfhnürung des baſaltiſchen Engpafies erweiterte fich wieber
das Thal, und war mit vielen Dörfern bebaut, in deren beveutenb-
ſtem, Sachlun genannt (Ort der Zaren, die hier ans dem Gau
für das Gonvernement eingejommelt wurden), von bes Beamten
des Paſcha das Nachtquartier angewiefen wurde. Alle Häufer wa-
von bier, nach Urt ver Alpenvörfer, aus übereinanvergelegten Ballen
aufgezimmert.
>, Am 13. Januar rädte man nur eine Stunde weiter im Thale
aufwärts fort, und ftieg durch dichte jhöne Pinuswälvder, mit
Sehneedeclen ſchwer befaftet, die aber doch wie in ihrem Element
hier mädjtig emporgewachſen waren, bis zu einer offenen Stelle in
ver Waldung fort, in welcher man Quartier in 4 bis 5 Holhäu-
fern fand, die zu den Minen?2t) des FPafde am Sibabhange des
Hit Daghs gehörten.
Die Bergwerte ivurden befugt, die Stollen begangen, bie
Schachte befahren, alles war nur wie ein Raubbau nah Willtähr
betrieben; bie Erzadern oft irrthümlich verlaffen und andre taube
Gänge eingefhlagen; ver Plan des Werks war fehr ſchwierig aufe
zunehmen, doch wurbe er entworfen, man ließ durch die Bergleute
neue Erze anbrechen, und machte nach Berbeflerung und Reparatur
der Defen damit Schmelzverfuce, um darüber getreuen Bericht ab»
zuftatten. An Zeit fehlte. es nicht, denn der fortvanernde Schneefall
und die Schneeſtürme machten das Forttommen ſelbſt mit der Beir
hülfe von einigen 30 Wegbahnern unmöglich. Man blieb den
ganzen Monat fo vollftändig eingeſchneit, daß es zulett felbft am
Lebensmitteln gebrah, da jede Zufuhr fehlte und faft nur noch
Zwiebeln und Brot den, Hunger fillen konnten, Um fo überra-
fchenber war e8, an einem Tage einen frifchgeichlachteten Hauschahu
im Schnee liegend zu finden, ben zu eſſen Frevel gewejen wäre, da
der Aberglaube ver Bergleute ihn als Opfer für bes Genins der
Erzgrube dargebracht hatte, wie man ihn einft in alten heidaiſchen
Zeiten den infernalen Dämonen zu weihen pflegte.
Erſt am 26. Januar trat milderes Wetter ein, das buch
Thierfährten, durch Berfammlmg von Krähen und Eiftern fi an-
tündigte, auch durch die Hunde, die ihre Löcher verließen und ſich
- im Schnee wälzten. Nun aber ſchwollen ſchnell die Bergſtröme zu
”) W. Ainsworth l.c. I. p. 129—131.
Duellgebirge des Angora⸗Fluſſes. 469
wilen Höhen an, fo daß man nur auf übergelegten Nothbrücen
aus Fichtenbaͤumen fie zu überſchreiten vermochte. So gelang es,
am 1. Februar bie unfreiwillige Gefangenfhaft im Schnee zu ver-
laffen und zur größten Freude Sach lun zu erreichen, von wo der
direlte Rüchweg nach Angora noch durch mande gefährliche Steom-
paffage über den Murtad fu und ven Tſchibuk fu erfhwert wurde.
Die gehabte Bemühung diefer. Expedition wurde vom Paſcha faum
durch gleichgültige Anhörung des von ven Franken ihm abgeftatteten
Berichtes belohnt.
Der fünfte Zufluß, der Tabachane fu. Außer ven ges
nannten drei nordlichen und bem einen’ ſüdlichen der Bergwaffer,
aus dem ber öftlihfte Arm des Salaria als Angorafluß feine
Entſtehung erhält, gehört noch ein fünfter Fluß hinzu, der direct
von DOften kommt und eigentlich bie öftlichfte Quelle von allen
if, der Tabach ane fu, ver anf der Bolotowſchen Karte im Süben
der Haflanberge eingetragen, aber namenlos gebfieben ift, wie auf
der Kiepertſchen Karte,‘ aber anf v. Binde’s Plan von Angora
dieſen Romen führt. Er nimmt jeinen Urfprung als entferntefte
Duelle des Sataria nur ein paar Stunden in Weft des Hulys-
laufes bei dem Uebergang von Akſerai, wohin er direct dem Weg
von Angora bezeichnet bis Aſſi Ayzgat, wo er von ber nörblicen
Berlängerung des Elma Dagh (Mepfelberg) an weſtwärts flieht.
An ihm nahm Mach. Kinneir feinen Weg oſtwärts zum Halys
nad Akſerai (f. ob. ©.340,367). Er bezeichnet nur den Bftlich-
Ren Anfang ver großen Normalrichtung ves Längenthales,
das fih bis Lefkeh in gleicher Richkung gegen Weft fortzieht,
amd obwol an ſich hier noch als Bergſtrom von geringerer Bedeu»
tung, ift er durch die Winbungen feines Tiefthales, dem zur rechten
Seite, ehe er die.Stabt erreicht, ver Bulcanberg Höffein
GHazi?) mit einem Derwifchliofter auf der Spige liegen bleibt,
für die naͤchſte Umgebung der Stadt Angora plaſtiſch einwirlend,
weil er fie auf ver Norbfeite umfluthet, und erft an ihrem Weſtende
ſich mit dem Indfche fu vereint). Daburd wird zwifchen dem
Bufannnenfinß beiver die enge Lage der Stadt Angora beſtimmt,
die auf der hier fich erhebenden Zwifchenhöhe amphitheatraliſch em⸗
porgebaut ift, fo daß ihre höchſte Spige mit vem Eaftell an ber
) W. Ainswörth, Trav. and Res. I. p. 133. 2 9. Binde, Karte
der Umgegend von Angora; veien Plan der ein Angera aufge
nommen im Jahr 1839, ebendaj.
470 - KleinAflen. $.10. .
Nordſeite auf dem Felſen thront, ver gegen Nord im fleiler Fele-
wand zum Tiefthal und den Windungen des Tabahane-Bluffes
abfällt, der Hier zu beiden Seiten mit Häufern und Gärten bebaut
iR. Die Brüde am Nordfuß des Caſtells über ben Tabachane ⸗
fluß liegt in ver Mitte ‚ver Stabt nad Ainsworths Meffung
23662 Fuß Par. üb. d. M.
Der Elma Dagh, von welchem dieſe öftlichen Waſſer ves
Tabahane und andere dem Engürie fu zufließen, zwar Apfel-
berg genannt, aber gegenwärtig ohne allen Baumwuchs, Mitt
als ein langer, 3600 Fuß hoher über Angora fi) erhebender. Berg-
rüden, nad v. Binde’8 Schägung?*) (nach der Bolotowſchen Karte
3797 Fuß Par. üb. d. M.), mit feinem von tiefen, ziemlich weiten
Schluchten und Tälern durchzogenen platenuartigen Fuße bis auf
eine halbe Stunde an die Süboftfeite der Stabt Yugora heran.
Er zeigt mächtige nadte Rüden und Suppen, hat zwifchen fi ein
zelne Rüden, ſehr waflerreiche Wiefenthäler und ift nur im feiner
mittlern Region an ven Thalgehängen fpärlic mit Holzung beftan-
den. Eine einzelne Gruppe von einigen 30 uralten Fichten oder
Pinien auf der hohen Kuppe feines weltlichen Abfalls ſteht einfam
in einer Höhe, wo fonft fein Baum mehr zu finden ift; wahrſchein⸗
lich doch wol nur bie traurige Reliquie eines fräher zerftörten Wald ·
gebirgs, bei dem man heutzutage die Frage aufgeworfen hat, ob
das ganz nadte Gebirge nicht etwa bie Fähigkeit, Bänme zu tragen,
verloren habe.
Derſelbe treffliche Beobachter, der feinen längern Aufenthalt in
Angora für Geographie fo lehrreich benutzt hat, giebt uns über
die ganze Gebirgsgruppe von Angora, die vom Elma Dagh in
SD. gegen NW. vom Gjök Dagh zwilgen dem Murtad fu
und Bej Bazar tjhai natürlich; begrenzt ift, folgende überficht-
liche Beſchreibung. Der Gjöl Dagh, aus Alpentollftein gebildet,
sicht von N.DO.R. gegen S.W.S., verzweigt ſich gegen Sud, wohn -
ex von ber allgemeinen Normalrichtung bortiger Bergletten abweicht,
umb zieht in einem Halbbogen fo fort, daß er das jüngere Kallſtein ·
Plateauland im Weften von ber weiteren wellenförmig Läuglichen
Kefielebene von Angora trennt. Er ſcheint länger umb tiefer gegen
Bet, kürzer umd fteiler gegen Oft abzufallen. Die Gipfel bes
Gjöt Dagh find Tabl, feine fteilen zerflüfteten Gänge find mar
ſchwach bewaldet. Der Ort Ajaſch (Mnizus im Itin. Anton. in
°*) v. Binde, geogr. Notizen a. a. D. in Kieperts Diem. ©. 40—43.
Duellgebirge des Angora-Fluffes. 41
Hieros. ed. Wege. p. 575) Tiegt in einer waſſerreichen Schlucht am
Beftabfalle des Gjdk Dagh mit feinen 600 Häufern ziemlich
verſtedt; am beffen äftfichem Fuße breitet fich feine Berglette in Me
weite Ebene von Jotanos aus, die in Oft von nieveren Berg
ketten eingefchloflen wird; ver Tfhar- Fluß durchgicht fle von
RD. gegen S. W., verläßt fie aber nad; S. O. durch eine enge Berge
ſchlucht im kurzer Wendung, an welcher das Dorf Istanes romantiſch
gelegen if.
Die Umgebung der Stadt Engürieh oder Angora if eine
theils ebene, theils mellenförmige ober bergige Hochfläche, deren nie ⸗
drigſte Ebenen nicht unter 2600 bis 2700 Fuß Par. liegen. Die
relativ 'höchten Bergketten, die fle umfchliegen, find in N.W. und
N. die ſchon genannten Gjbk, Semir Ufu und Aidos Dagh;
„gegen D. ber Ioris, Höffein, Disgurt und Elma Dash,
gegen S. zumäcft der Stabt ein niedriger Tſchol Dagh, der
nach Ainsworth ale Feuerſignal der Byzautiner diente, wie deren
im Lande fehr Häufig vorkamen; entfernter der Dolantafe.
Gegen S. W. nimmt ver Fluß von Angora, Eng ür ieh ſu, feinen
Auofluß aus dieſet Berggrnppe zur offnen Hochebene des Salarin;
ſchon gegen Sud, von woher bie wenigern Zaflaſſe zum Eugürich
tommen, iſt die Berggruppe am wenigſten geſchloſſen und zerſtrent
fich mehr in relativ niedrigern Gliederungen, weil die ganze Land⸗
ſchaft daſelbſt das hohe Plateanland von Haim aneh fid in
abfoluter Erhebung von 3000 und mehreren hundert Fuß ſich
bis gegen das Baffin des großen Salzſees, bes Tuz Tſchöllü
¶. oben ©. 18, 36 ff.), außbreitet, eine wilde und wüſte Gegend, bie
zum Theil von Ainsworth genauer burchwandert wurde.
Die höchften, die Gruppe von Angora einfchließenden Berge
fchienen v. Binde alle der Urkalfformation amzugehören, wäh
rend bie relativ niedern Bergzüge und Terrainwellen des weiten
Keffels nur jüngere Flötformationen enthalten. Diefe werben aber
ven einzelnen plutonifchen oder vuleaniſchen Waffen wie Trapp,
Trachyt, Porphyr und Bafaltbilpungen durchbrochen. So
jeuer Baſaltpaß im Norden ver heißen Badequelle von Sei
Hamman; fo die zadigen fteilen malerifhen Höhen des Höffein
Dagh im Often der Stadt; fo die Felsgruppe felbft auf dem fäh-
lachen Kegelberge, bie unter der Stadt Angora ſich ausbreitet, auf
deren nörblicher Kuppe das Caſtell mit der Bergſtadt liegt. Jene
Eruptionen mögen bje engen, meift wilb ſich windenden Feloſpalten
gebildet Haben, durch welde bie Gemäffer ves Engürich-Refiels zu
42 ein -Afen. s.10.
veffen Hauptſtrom zufommenflichen. Durch folden Trachhtſpalt
ſtürzt fig auch ver vereinte Angorafluß raufchend zwiſchen 500
Fuß hohen Felswänden mitten hindurch, ſtatt freilich in. größern
„ Ummwegen auf flacheren nievrigeren Bobeneinfenkungen die Berggruppe
zu umlanfen. Diefe ſehr manmichfaltig gegliederte Gehirgsumgebung
von Angora gehört .zu ben angebauteren und bevöllerteren Kein-
Aſiens; doch liegen auch hier noch viele Streden wüft; auch mögen
viele derfelben feiner Cultur fähig fein; doch Bleibt ber regellofe,
politifhe Zuſtand des Landes ringsum von zuchtlofen nomadiſchen
Böllern wie Turkomanen, Rurben und andern Horben um⸗
ſchwaͤrmt, nebft den immer wieder von neuem ſich erhebenden Re-
bellionen, Kriegsüberfällen oder Aoanien des Pafchagouvernements,
Haupturfache des Verfalls. Wo größere Sicherheit des Beſitzes,
wie in ber Nähe ver Stadt, vorherricht, find auch alle Höhen umher
wit ben üppigften Obft- und Weingärten, deren evelfte Früchte vie
beige Sommerzeit zeitigt, und in ber gefunbeften Luft mit Lande.
and Semmerhäufern bededt und ſtark bevölkert. Die oft fixengen,
‚aber meift kurzen, nı 5 bis 6 Wochen anhaltenben Winter find bei
dem Ertzem des Climas doc dem Ertrage nicht nachtheilig, da
eine veichliche Schneedede vor trodnen, zerſtörenden Wiuterfröſten
dieſes hohen Climas zu [hüten pflegt.
Erläuterung 2.
Die Stadt Angora, Anchra des griechiſch-römiſchen
Alterthums.
1. Die alte Ancyra, —— der Grieden, Sala-
ter und Römer.
Strabo nannte Anchra (XII. 567) mur ein bloßes Ga- .
fiel (ppovgıo») ver Galater, ohne eine Stabt zu erwähnen, was
ihm ſchon Tonrnefort”) als Herabfegung ber vielleicht mit
Amafia in Feindſchaft ſtehenden Stadt auslegte, waͤhrend Werns-
dorf darin vielmehr eine Anerkennumg Strabo's fand für bie
Hervorhebung der ausgezeichneten Feſte im Gegenfag der unterge ·
ordneten niedern Stabt ſchon zu jener Zeit, als fie im Beſitz der
Galatier war, die fie alerbings als eing ihrer Hauptfeften betrachten
nn Touraefort, Bela. se. Ic. Ip 1m; €. Wernsdorfil de Repablica
Galatarum Liber, Norimbergae 4. 1743, p. 209.
Die Stadt Augora. . 478
mochten (nobilem urbem nennt fie Livius a. a. O. c. 24), obgleich
fie diefelße bei des Conſul Manlius Anzuge mit feinen Pegionen
mit feinem Schwertftreiche vertheibigten. Sie ſcheint nur ver Gig
der griedjijchen Vevöllerung im Lande gemefen zu fein, deren Be⸗
"teiebfamleit dafelbft durch die geraubten Schäße der Gnlater genährt
and unterhalten wurde. Aber ſchon vor ihrer Zeit muß umter ber
verſerherrſchaft ver Name Ancyra bort die einheimifche Bejzeich-
nuug eines nicht umbedeutenden Ortes geweſen fein, den Aleran-
der M. vom Gordium aus nicht vorüberzog, fondern dort zu
Ayxuga mit feinem Heere auf dem Zuge nad) Syrien vermeilte,
um bie Öefanbten ver Paphlagonier umd ihre Unterwerfung entgegen
-zu uchmen. Bon da erſt ging. er weiter über ven Halys nad
Gappabocien (Q. Curtius Rufus III. 1, 22), Das Alter viefer
Ancyra rüdt Banfanias (Attica J. 4, 5) indeß viel höher hinauf,
im bie Zeiten noch lange vor der Befignahme Gallogräcia's durch die
Gallier wie die Perſer, in bie mythiſchen alten Zeiten (um das Jahr
620 v. Chr.) des altphrngifchen Reiches, als Midas, Sohn
von Gordius, bes Stifterd von Gorbium, im Often des Sanga-
rius auch Anchra gegründet haben follte, unb führt noch als
Wahrzeichen der Stiftung im Zenstempel den Anker, ver bis zu
feiner Zeit aufbewahrt wurde, anf, ben bie Legende ber Prieſter
borthin verwiefen. Diefe Legende Tann felbft aber erſt von fpäterm
Urfprung fein, da Apollonius Apheobifienfis in Karika Lib. XVII
132%) erft ven Oalatern die Ehre eines äghptifhen Flottenraubes
zuſchreibt, aus deſſen Beute fie einen Anker im Heiligthum zu
Auchra bei ihrer Stiftung der drei Städte Peffinus, Tavia
und Anchra nievergelegt und danach die Stabt genannt hätten.
Trogmer follten aber biefe Stifter. over Befigergreifer von Anchra
nah Memnon (Fragm. de rebus Heracleae XIII. et XIV. 19)
fein; richtiger Tectofagen nah Strabo und Anvern (Strabo
XII. 567, wie Livius XXXVIII. 24). Kiepert hält dieſe griechiſche
Etymologie ebenfalls für eine erſt ſpät aus dem Namen gefolgerte,
und für die wahre Wurzel des alteinheimiichen Namens das vers
- wandte armeniſche Wort Ankur, d. i. rauh, uneben, mas die Dert-
„ Kidpleit treffend bezeichnet würbe.
Unter perſiſcher Herrſchaft und während der Nachfolger Aleran-
ders tritt nur erſi wieber mit der Beflegung Antiochus IN. Magn,
**) Carol. Mullerus, Fragmenta Historicor. Graec, IV, p. 312; ebenbaf.
Il. p. 536.
a: alein⸗Aſien. 6. 10.
(vurch die Schlacht zu Magneſia im Jahre 191 v. Chr.), dem Die
Galater als Hülfsvöller ergeben waren, ver Nanıe Ancyra's
zum erſten Male in ver römiſchen Geſchichte mit der Beſtürmung
ihrer gallogräcifchen Herrſchaft in Galatia hervor. Die Galatier,
fagt Zivins (Hist. XXXVIII. 16) blieben Feinde ver Mömer, auch
nad Befiegung des Antiohus M.; denn als Bewohner des Binnen-
landes hielten fie ſich gefichert vor den "Römern, die nur bie wehl-
lichen Küftenländer Kleinafiens betreten hatten. Aber Conful En.
Manlius fuchte den Feind auch im Innern bes Landes auf, ımb
befiegte die Galater oder Gallier, wie fie Livius noch nannte,
bis zu dem obern Sangarius, vie er in Beffinns, Gorbium,
und zuletzt mod; die Tecto ſagen aus ihren fefleften Wergen zu
Ancyra in die Flucht flug, ja einen Theil berfelben vermichtete
(im Jahre 189 v. Ehr.; über feinen Feldzug f. unten), Zu biefer
Zeit nannten die Römer Anchra nik, wie Strabo an 200 -
Jahre fpäterhin, eine bloße Feſte, jondern eine in jener Gegend
angefehene Stabt (ad Ancyram nobilem in illis locis urbem
pervenit, Livins XXX VIII. 24)77), in welher die Dauptmacht der
Galatier verfammelt war; auch Plinins V. 41 nennt es ein Op-
pidum ber Tectofagen. Im der folgenden Zeit iſt ver Ort ben
wechſelnden Schidfalen der römifchen Parteifimpfe im Lande unter-
worfen, zumal nad) den Mithridatiſchen Kriegen unter Dejotarus,
nod) vom Kürftengefchlechte ver Galater, ven Pompejus als feinen
Parteigänger zum König eines großen Reichs erhob, dem noch bie
Tetrarchie der Galater gehörte. Nach deſſen Tode wurde fein Se
eretair Ampntas durh M. Antonius gleichfalls zum König von
Galatien erhoben und von Auguftus beftätigt. Da berfelbe aber
in Eilicien (im Jahre 25 v. Chr.) ftarb, kam nicht deſſen Sohn
Plämenes zur Regierung, fondern Gallogräcia wurde mit &y«
caonia zu einer Provinz ber Römer verwandelt (Strabo XII. 567;
Eutrop. Brev. VIII. 5, und Sexti Rufi Brev. XI: sub Oectaviano
Caesare Galatia in formam provinciae redacta est). &eit- biefer
Zeit beginnt erft bie Glanzperiode Ancyra’8 als Rümerftabt. Denm
vie drei Capitalen ver geweſenen galatiſchen Tetrarchie, Beffinus,
Tavium umd Anchra, wurden durch did kaiſerlichen Titel einer
Sebafte entfhäbigt. So. heißt ſeitdem auch Anchra Sebaſte; bald
#7) G. Wernsdorf, de Republica Colaiarum Norimb. 1743. cap. IV. "de
rebus senie Callogrescorum. 167-181. Hofum Kelten u. Germ.
p. 125, 127.
Die Stadt Angora. 475
baranf unter Nero fchon eine Metropolis; die Bewohner ver Stabt
titulirten fich daher „ Zeßaorzvoi Textöouys” auf ihren Dent-
malen, und nannten ihre Stabt „Ießaorn Texroodywr Ayxvou”.
Die wielen römifchen und griechiſchen Inferiptionen der Architechur-
refte und Marmore, fo wie die vielen bort geprägten Münzen, da-
von bie meiften das Zeichen des Stabtwappens, ven Anker
(&yxvpu) tragen, zeigen ihre Bedeutung unter römtfcher Kaifer-
herrſchaft. Diefe galatifhen Städte im öſtlichen Vhrygien waren
vie erften2®) in Aflen, welche römische Beinamen zu ihren primie
tiven Benennungen hinzufügten, und dadurch ihre Auhänglichkeit an
bie römifchecäfarifche Partei in Kleinaſien kund thaten. Ihre güm ⸗
flige Lage auf der großen Hauptſtraße von Byzanz nad Tavium,
Sebafte-(Siwas), Cilicien, Syrien gegen Süben, wie nad)
Erzerum in Armenien, gegen Perfien und Barthien im
Norden machte fie bald zum Mittelpnnct des Großhandels
zwiſchen dem Often und Weſten und zum Snotenpunkt des Durch-
marſches ber römiſchen Regionen. Schon unter Kaifer Auguft muß
fie won ihm viele Wohlthaten erhalten haben, ba ihnen nach Vor⸗
gange der Bergamener geftattet wırrde, dem Auguſtus nech bei
deſſen Lebzeiten (Taeit. Ann. IV. 37) wie in andern Stäbten bes
Reiche und Meinaflen (3. B. in Apolonia, jegt Olubulu) und fo
“and in Anchra eimen Tempel zu weihen, das Ancyranum
Zeßaorsio» (Vers. 21 des Mon. Ancyr.), vefien Mauern dam
das von Auguftus hinterlafiene, bei ven Beftalinnen niebergelegte
Teftament, nämlich das Berzeichniß feiner dem Reiche erzeigten
Wohlthaten (Sueton. Aug. 101), unftreitig fon mit Nero's Er⸗
laubniß eingegraben wurde, beffen Original nach des Divus Augu-
Mus Willen auf Bronzetafeln an der Fronte feines Mauſoleums zu
Rom aufgeftellt war. Zur Einweihung biefes Sehafteions zu
Ancyra, das ſich in feinen ſchbnen Architecturen mit ben lateini⸗
ſchen und griechiſchea Iuſchriften wenigften® zu einem großen Theile
(ve Monumentum Ancyranum genannt)2) noch bis heute
erhalten hat, und ber Stadt ihre größte claſfiſche Berühmtheit zu
#") Waddington 1. c. in Rerue numiem, Ann, 1833. p.248. °*) Corpus
Inscript. Graecar. Vol, III. 2. Berolini 1853. Pol. p. 8092: Monu-
mentum Ancyraaum Nr. 4040: de indice rerum ab Augusio gestarum;
wergl. Arandel, Diecor. in Asia Minor. Il. p. 426. W. Hamilton, Res.
in Asia Min. Vol. L p.418 -430. Ch. Texier, Descr. de l’Asie Mineure.
Peris, Fol. I. p. 171—200 u. Planch. 201-206. Monum Ancyran.
eu Bet, A, EI. Egger.
„476 Klein⸗Aſien. 8. 10.
Wege brachte, wurden, Ludi Quinquennales (Sueton. Aug. 59)
gefeiert und danach die Magiftrate erwählt, bie Chronologie alle
5 Yahr ermittelt. Aus den Inſcriptionen, welche auf ven Geiten-
wänden ber Teſtamentsinſchrift des Tempels biefelbe begteiten, ergeben
ſich wichtige fragmentarifche Beiträge für eine nähere Kenntuiß der
damaligen Laudeszuſtãnde, deren Geſchichte und fonft gänzlich fehlt.
So die .Benennung der Stabt ald Sebafte Tectofagum, als Metro
polis, als Antoniniane Ancyra zu Ehren Kaiſer Caracalla’s, der fie
während feiner armenifch-parthifchen Kriege vorzüglich durch Er
bauung der Stabtmauern befeftigte. Ihre Borflände wurden auf
ver Imfeription noch Galatarchen, Tetrarchen genannt, und
genoßen ihrer Abſtammung von galatiſchen Fürſtengeſchlechter wegen
noch königliches Auſehen. Sie zeichneten ſich durch Kiberalitäͤt bei
ven Feſtfeiern des Sebaſteions aus, wobei auch viele ihrer einhei ⸗
miſchen celtifchen Namen, wie Ateporir, Sohn des Albiorig,
Gezatoriz, Amodaſt und Gaizatobiaft (ob von Gaesum, hi.
Jaculum vie Lanze der Gallier, daher fie Gaeſati und Gaefi, die
Tapfern, heißen) und andere etymologiſche Erinierungen an ihre Ab⸗
Rammung lehrreich find.
Die Feſtfeiern der Galater beftanden, wie die Juſcriptionen
bei ver Inanguration befagen, deren Borfig der Prätor M.
Lollius (Eutrop. VII. 5) zu Ehren des Divus Auguſtus und ber
Den Roma einnahm, wobei Pyſämenes die Koften zu den Kämpfen
der 300 Glabiator-Paare, zu Stiergefechten und Jagden mit wilden
Beltien, zu Schaufpielen und Anderm bergab, und bei nachfolgenden
Wieverholungen ver Feſte in Gang kam, aus großen öffentlichen
Schmaufereien. Diefen folgten gymnaſtiſche Spiele, Jagden, Opfer
von Helatomben und Vergabungen, wie bie Iafcriptionen fagen an
Del, zu ber unctio athletica für alle brei Völferflämme ber
ZTectofagen, Toliftobogen und Trocmer, beren Kämpfe fih
ſehr auszeichneten. Einige 40 in ven heutigen Trümmern und
Mauern ber, außer ver großen berühmteften Tempelinfcription, wies
ber aufgefunbenen griehifchen Infchriften machen einen Haupte
gegenftand des Interefies für Europäer in Anchra aus, bie dahet
aud in neuefter Zeit auf das forgfältigfte copirt, gefammelt und
interpretirt find. Der berühmte öſterreichiſche Geſandte Kaifer Fer
dinands IL, ©. Busbek, hat das Berbienft, auf feiner Reife nad
Amafla (f. oben S. 168) während feines Anfenthalte in Angora
(er nennt die Stabt Angur) .die erften vollftändigern Copien bes
. Monumentum Augusti, das im Prätorium fih an den Marmor
Die Stat‘ Angora. 477
iminben beſiudet, copiren zu laſſen und mit nad; Europa zu bringen,
ua es der gelehrten Welt ale eins der Iehrreichften Denkmale des
Alterthums (zumal an Andr. Schott, Juſtus Lipfius und
Gruter) mitzutheilen. Der obere Theil der Infchrift, fagt er, fei
zwar ohne Dach, aber noch vollfländig an ver Wand, ber mittlere
Deil ſehr zerlochert, der untere durch bie zu argen Hammerſchläge
der Zerftörer ganz unleferlich geworden”). Er fagte, in allen durch-
wanderten elenven Türfenbörfern auf feiner kleinaſiatiſchen Reife,
wo beinahe nichts Merkwürdiges für ihm zu fehen geweſen, fei er
immer zwiſchen ven Grabflätten ver Türken umberfpaziert, in ver
Hoffnung, ſchöne Marmore und Sänlen mit Infchriften zu finden,
die leider meift unleſerlich durch ihre Zerftörung geweſen; feine ein«
Fge Frende im Quartier war es, nah Infcriptionen, Münzen
md nenen-Pflanzen zu forſchen; wie groß mußte daher feine
Freude über Die Auffindung des Monumentum Augusti fein (im
3. 1554)! Tonrnefort fagt?t), daß diefelbe Eopie. Busbeks an
ven berühmten Botanifer Elufius (Charles de l’Ecluse) von
Fauſtus Berantins durch defien Oheim, den Begleiter Busbels,
Antonius Verantius den Dalmatiner (Anton Wrandt), Biſchof von
Agria, in ihr Secretariat copirt gelommen fei, ber fle dann dem
2eunclavius und Öronovins mitgetheilt, durch welche fie, wie
von Gruterus, Chishullu. U. ver gelehrten Welt zugängig
wurde. - Ein anbres Eremplar wurde im Jahre 1689 forgfältig
copirt, das in den Papieren Daniel Eoffons, eines holländiſchen
Kaufmanns, ſich vorfand, der in der Gegend von Smyrna ermorbet
wurde. Chichull gab es in feinen Antiquitates Asiaticae Busbek.
heraus. Tournefort (1701) fügte feine eigenen Vervolftänbigun-
gen hinzu. Zu feiner Zeit flanben bie Eden des Gebäudes von
weißem Marmor noch gut erhalten, die Façade war aber zerftört,
bis auf ein fchönes Portal von 24 Fuß Höhe, 9 Fuß Breite, an
deſſen ornamentirter Seite die Teftamentsinfcription ſich befindet;
die Mauern fiehen noch bis 30 und 35 Fuß Höhe, der Bau habe
62 Fuß Länge und 36 Fuß Breite, und die Seite 3 offene Fen⸗
Rereäume, im Innern ftehe eine ärmliche Moſchee an die Seite ferner
Häufer und Pferbeftälle angelehnt, die einen Theil der Infchriften
verdeden.
**) Aug. Gislenii Busbequii Omnia quae exstant. Oxford. 1771. p. 74.
») P. de Tournefort, Relation I. c. I, p. 178—184. ) Corpus
Ioscript. Graecar. T. II. hat die vollfländige Infcription von Ancyra
unter 69 Nummern. mitgetheilt, Nr. 4010—4079.
478 . Being. s.10,
Eine Duſchrift von fo großem Nınfange unb nur unter großen
Schwierigkeiten zu copiven, bedurfte vieler wiederholter Menifionen,
um zu einiger Richtigfeit und Volftindigfeit zu gelangen. Paul
Lucas, ver fie für das fchönfte römiſche Deulnral in Meinaflen.
erllaͤrte, wurbe von feinem Gönner, dem Minifter ve Bont-Ehartrain,
mit einer neuen Copie beauftragt, die er auch im Monat September
1704 fo zu Stande brachte, daß er bafür hielt, fie fei, ſowol bie
lateiniſche wie bie griechifche, exactet als alle vor ihm abgenommenen.
Die größte Schwierigfeit verurfachte ihm bie am Tempel. angebaute
vielfach beſuchte Moſchee Hadſchi Beiram und ber Fauatiemus
‘der Türken. Denn als erſt durch mediciniſchen Beiſtand, daun
durch Geldbeſtechung und Liſt der Diener der Moſchee zur Geſtat-
tung der Copie verleitet war, indem P. Lucas dem kräullichen
Manne weiß machte, er werde nur die guten Recepte copiren,
die auf diefer Infchrijt der Nachwelt überliefert wären, fo fah dieſer
doch noch die große Gefahr ein, vie eine Entweihung des Heilig-
thums ihm bringen würbe, und vollends, wenn es belannt werbe,
baß er den Ungläubigen fo große Schäte verrathen habe, werde ige
als Berräther ſicher die Todesſtrafe treffen. Impeiien das Gelb
flegte, und num durfte die Copie nur in den Zwiſchenſtunden ber
Gebete heimlich fattfinden, wenn ein gläubiger Moslem ſich bei
der Mofchee auf ver Straße over in ihr fehen lief. So konnte
das Geſchäft denn nur fehr unterbrochen und langfam von flattem
gehen und nicht ohne Gefahren. Denmod, ward erft bie lateiniſche,
dann auch bie griechiſche Copie fertig, und P. Lucas bevanerte
nur, daß ein zweiter Theil ver Inſchrift zur Seite durch angebante
elende Erdhäuſer verborgen bleiben mußte. Auch ber gelehrte Be-
nedictiner Montfaucon hatte die Zuſchrift veröffentlicht, welche er
durch einen griechiſchen Briefter in Angora hatte new copiven laſſen,
der fie aber unvollftändig und in byzantinifchen Characteren nieder«
ſchrieb, ftatt der fhönen antilen Charactere, woraus mande Irre
thümer entftehen mußten. J
Han iſt zunächſt Rich. Pococke (im I. 1739) gefolgt?©),
der ben Tempel des Auguft und die Infeription Auchra's befchreibt,
auf jever Seite der Pforte des Tempels die jevesmaligen 3 Tafeln,
* jeve zu 50 bis 60 Zeilen, und jeve Zeile zu 60 Buchſtaben ar
ſchrift, und die ganze Infhrift, mit den zerflörten Wänden und
"RM, Borode, Befhreibung des Morgenlandes a0. D. Th. II.
©. 129-130.
Die Stadt Angora. 479
den durch Erbhäufer bededten, fie.auf 20 folher Tafeln berechnend,
don denen er nur einen Theil copirte. Die Buchſtaben, bemerkte
er, ſeien auf rothem Grund mit Gold überzogen geweſen. Die
Moſchee Hadſchi Beiram, ließ er ſich ſagen, ſei eine Schule
mubammebanifcher Sofis.
BD. Ainsworth hat feinen gleichzeitigen Forſchern bie fpe-
cielle Unteifuhung dieſes Denkmals überlaffen, von denen. wir
zumal W. Hamiltons Bemühungen beveutende neue Bereicherun«
gen der Inferiptionen und. Ch. Terier viele Ausfüllungen von
Lüden und als Meifter im Baufach und Künſtler vichtigere ardhi-
tectonifhe Beurteilungen verdanlen. v. Vincke's Plan ber
Stadt Angora hat genau die Lage des Auguftus-Tempels
im Norden der Feſtung, fo wie der Hadſchi Beiram im ber
Nähe des Serails des Paſcha angegeben. W. Hamilton?) hatte
in Suyrna von Zerftörung des Gebäudes durch Türken gehört, was
glüdlicher Weife ungegründet war, wenigftens fand er nur einen
Heinen Theil der Mauer an einer Seite der Cella des Sehafteions
abgebrochen, was ihm als fein großer Schaden erfchien, da bie far
teiniſche Imfeription dadurch nicht gelitten hatte; wol aber treten
bei ber. Nichtwürdigung des Ganzen von ihrer Seite mande anbre
Veihädigungen ein, daher eine fortgefegte Forſchung der Franfen
an Ort und Stelle für dies Document von Wichtigleit bleibt. Diefe
wurde bemfelben denn auch durch beide trefifiche Männer von neuen
zu Theil Tourneforts und Chishulls Meinung, als hätte _
die Beraubung der Eifenklanimern aus dem Gefüge der Steine durd)
die Barbaren auch ven Infcriptionen geichadet, fand Hamilton
ungegründet, ba bei biefen wenigftens fein Eiſen, ſondern nur Mörtel
die Quadern verband, ver aber nad) und nad) herausmitterte, abfiel
und zur Berftörung ver Infchrifttafeln das feinige beitrug. Terier
bemerkt jevoh, daß bie großen Marmorquadern der Wänte
wirllich duch Bronzelammern zufammen gehalten wurden
(f. unten). Auch das Norvende der Wand der Cella fand ev zer-
Mört, die im Mittelalter zu einer Kirche verbraucht war, für welche
man erft die Seitenftraße, welche ihr urſprünglich fehlte, durchbrochen
hatte, wie buch Terier als Arditect nachgewieſen werden konnte.
Diefer hatte, wie Hamilton bemerkte, fon vor ihm eine grie-,
chiſche Inſchrift au der Außenſeite der Cella, die zwar auch Pococke
* v Y. Hanilln, Research, l.c. Vol.1. p.418—424; deſ. deuiſche Meberf.
S. 386-390, Rot. und Inferiptionen Nr. 108-138.
480 Alein⸗Afien. $.10.
gefehen, aber nicht copiren Tonnte, entdedt, aber nur ven Schluß
berfelben, weil ber andre Theil derſelben durch Nebenhäufer zugebant
war. Terier hatte fie daher aud) nicht copirt, weil er fie nur für
eine griechiſche Ueberfegung ver lateiniſchen ſchon befannten hielt.
Da Hamilton fie aber beffer erhalten fand, als bie lateiniſche,
und das fie halb überdeckende Haus unbegohnt war, ſchloß er mit
deſſen Eigenthümer für eine Geldſumme emen Contract ab, der ihm
vefien Wände einzureißen geftattete, woburd num bie ganze grieiifäe
Inſchrift neu entdedt und fir die Berichtigung ber lateiniſchen In«
ſchrift ſehr wichtig wurde, ſich aber theilweife doch auch noch Lüden-
haft zeigte und in eimem Theile ganz zerftört war. Aus dem / da⸗
durch faft vollftändigen Verzeihniß ber von dem Kaiſer Auguſtus
neu errichteten Gebäude ergeben ſich 3. B. folgende Neubauten befelr
- ben: die Tempel des Mars, des Jupiter tonans und triumphans,
des Apollo, Julius Quirinus, der Minerva, ver Iumo, bes Jupiter
Eleutherius, der Heroen, der Juventus, der Mutter der Götter, das
Chalcidium, Forum Auguftum,- Theater des Marcellus, die Bafllica
Yulia, das Grab der Cäfaren, der Porticus auf dem Palatinus
und im Hippobrom bes Ylaminius. Außetdem bie Reftauration
des Gapitols, der 82 Tempel, der Bin Flaminia, ver Aquäducte,
vieler Theater, die Anlagen von Stäbten, bie durch Erdbeben zer-
fört waren, von Colonien u. a. m. Biele anbre Inferipfionen, die
Hamilton als neue, zuvor unbelannt gebliebene in allen Theilen
ver Stadt, an den Thoren und Privathäufern zumal, ober in ven
Mauern der Citadelle copiren konnte, find bei ihm nachzuſehen.
Ch. Terier7s) widmete während feines längern Aufenthaltes
in Angora den Architecturen daſelbſt eine beſondre Aufmerkſamleit,
die ungeachtet ihrer Zerträmmerungen doch noch viele Ueberrefte ver
Kunft in ihrer ſchönſten Ausbildung zeigen, wie fie felbft Italien
nicht fhöner, wenn ſchon beſſer erhalten, aufzumeifen hat. Denn
von den ſchönſten Römerbauten, durch griechiſche Künftler errichtet,
die meift in dem ebenen Theile der Stabt lagen, und nach den In-
feriptionen auch ihre Tempel (3. B. eines unter Kaiſer Marc
Aurelius errichteten Tempels des großen Sonnengottes Se-
rapis und ber Dioscuren, ſ. Corp. Inser. Gr. 1. c. Nr. 4042),
Hippobrom, Ver, Aquäbucte hatten, ift nur ber Tempel des
Auguft noch fo meit.ftehen geblieben, daß feine hohe Kunftoollendung
an ihm zu fludiven möglich war. Er fland in der Mitte ver Stadt,
?»*) Ch. Texier, Deser. de l’Asie Mineure. Paris. fol. Vol. l. p. 1727- 100.
Die Stadt Angora. 481
und ift eben fo durch feine Eonftruction beivunbernsiwerth, wie durch
feine Iufeription. Die mehrften ver Pradtftüde feiner Mormor-
feulpturen find zwar weggefchleppt und zu andern Bauten verwendet
oder zu Kalk verbrannt, doch ftehen noch die Hauptrefte in ben zwei
Seitenmauern der Cella, und ben Anten oder Pilaftern, die fie enden.
Die großen Marmorbläde, aus denen fie aufgebaut finb, zeigten
noch bronzene Klammern, ®ie fie bis heute zufammenhielten. Alles
iſt durch Sculpturen reich ornamentirt, die Capitale durch geflügelte
Bictorien, die zwiſchen Acanthusblättern auf Laubgewinden ftehen.
Die große Porta erinnert durch ihren Styl umd ihre Pracht an
die berühmten Tempelthore zu Balmyra und Baalkel*), Die
Fagabe hatte 6 corinthifche canellirte Säulen, und war von einem
großen Porticus umgeben, wie ein ſolcher auch auf den Gemeihbe-
münzen ber galatifchen Sebaftener abgebilvet ſich findet. Die
Zempelmaner erhielt erſt Senfterburhbrikche, ald man das Gebäude
im Mittelalter in eine Kirche verwandelte. Im 15. Jahrhundert
Tieß der Mecca-Bilger Hadſchi Beiram bicht am ber Sühfeite bes
Tempels, jener Kirche, und den Pronaos, der mit Erde zugefchäittet
wurbe, eine Moſchee anbauen, die aus ben eingeriffenen Mauern
des Tempels errichtet wurbe; ben Kirchenplatz baneben am Eingange
des Pronaos machten die Moslemen zur Gräberftätte; fo wurde
durch die Heilighaltung diefer Anbauungen mwenigftens ver anliegende
Theil des noch vorhandenen Ueberreſtes des Auguſteums vor
weiterer Vernichtung geſichert. Auch den Hyänen?”), bemerkt Bus⸗
bet, verdanle man einen großen Theil der erhaltenen Inferiptionen
und großen Marmorfteine und Sculpturen, da es nach dem türki-
ſchen Aberglauben wegen der Auferwerfung der Toten nicht erlaubt
fei, fie mit viel Erde zu überſchütten, und deßhalb die Hyänen
in den Nächten fih anf ben Gräberftätten nur zu häufig einfinben,
die Eingegrabeneh wieder auszufragen und bie Leichen in ihre Höhlen
zum Fraße zu. ſchleppen, von denen man gewöhnlich große Haufen
von Knochen findet. Deshalb decke man gern bie Gräber der Todten
mit ſchweren Steinblöden und Tafeln zu, um dies zu hindern, wozu
ſich die Marmore der claſſiſchen Bauwerke am beften eigrieten, bie
oft, wen fie Sculpturen over Infhriften enthalten, dadurch
für bie Nachwelt gerettet worben feien, denn die Gräber find ihnen heilig.
* gm, des Auguſteum mit den Nebenbauten bei Arien, Blanche 64.
je Details der Ornamente, Pl. 65—70. A Busbek,
FR g. at .c p. Ti.
ı Ritter Cutunde XV ö5
498 Aein · Afien. $. 10.
Die zum Theil umbentich geworbenen Rüden der ſqören
antilen Scwiftzüge, die auch Hamilton nicht emtziffern konnte,
fuchte Terier durch Ueberſchüttung mit Kallwaſſer und Abwaſchen
wieder Tenmtlich zu machen, wobei das Weiß, welches in ben Fugen
fieen bleibt, die Grundzüge wieder deutlich hervortreten Laßt?)
Dedurch konnte feine Copie noch vollflänbiger werben, als die fenft
weebffentlichten, wiewol von ben noch zu Tourueforts Zeit lesbar
gersefenen Partien aud ſchon manches zerflört worben und nicht
wahr lehbar geblieben. Die Faqade ver Norbfeite der Cellamauer
Kigt bie teftementarifche Infehrift, bie, früßer nur zum Theil befaunt,
ef durch Hamiltons Entdedung und Einreißung des Ueberbaues
weh durch vie Bemühungen ver Philologen, wie Dureau be la
Malle, Egger, Franz u. A. eine vollftändige Reftitution des Gan-
zn echalten Tonnte 9).
Schon Bushel berichtet von vielen‘ alten Müngen, meiſt on
ven fpätern Cäfaren, wie vom Gonftantinus, Gonftantins, Inſtinut
Valent, Mumeriauns, Probus, Tacitus und Andern, die er is An
gera einſammeln kounte, welche bei ven damaligen türliſchen Kaufe
lerten ganz gemein oft die Stelle des Gewichtes vertraten, und zu
1% Drachmen in Gebrauch waren. Dan nannte fie Giaur Man
ge (nummos paganorum), und nur zu oft wurben fie in ganzen
Maſſen, da man fie zu nichts anderm zu gebrauchen wußte, von
den Kupferſchmieden eingeſchmolzen und zu Keſſeln verarbeitet. Eine
Einzeln ſiehende Säule von beſonderer Art hatte ſchon Tournefort
zu feiner Zeit als Curioſum abgebilvet®) und le Minaret de la fille
genaunt, weil man fagte, es follte die Grabftätte eines Mädchens be
zeichnen. Gie wurbe fpäter eine Triumphſäule genannt, bie bem
Kaiſer Julian Apoftata errichtet fein follte, dem fie won bem
Heiden der Stadt nad feinem perſiſchen Feldzuge aus Dank
barkeit gefett fein jollte, weil er als ihr Patron: in Herſiellung
ihrer heidniſchen Tempel und feiner Begabungen derſelben vercht
war. Auch Terier hat fie Pl. 70 wieder abgebildet, und maß
ihre Obhe ans einem Marmorblod 28 Fuß, mit bygantiniſchen
Capital und in ihrem ſchlechten Styl mehrfach an ven Perſerſthl
erinnernd; da fie aber ohne Infeription geblieben, fo bleibi ihre
Guiflchungtgeit ungewiß ·
Die Roͤmer hatten zuvor nur Kriege mit den Galatern gerührt;
"%) Teriea 1.c. 1 9.178182. 9°) G. Rusbeguli Omaia quas extant
ENTE, Per) Tonraer, Ra Le I Dis
Die Stadt Apgora, 488
feit der Berwanblung ihres Gebiets in eine römiſche Provinz mu
biefe durch Auguftus fehr. begünftigt worben fein, da ihnen ihre Ge⸗
fege, ihre Tetrarchen und ihre Verfaffung gelaffen wurden. Die
Provinz Galatia ftand zwar wie alle andern unter dem Prätor und
dem Proconful, aber alle Befehle wurden, wie die bie Inferäptionen
zeigen, im Namen des Senats und des Populus ber Galater vers
öffentliht. Nun erft fand ver römiſche Luxus bei den früherhin
toben Galatern in dem bald aufblühenden Emporium ihrer Metro
pole Eingang. Ihr Wohlftand zeigte fi, im ber Liberalität bei
ihren Seftfeiern, die fon im zweiten Luftrum nad} ihrer Reduction .
in eine Provinz fo ungemein fplenbid ausfallen fonnten. Wie lange
dieſe Herrlichleit dauerte, wiffen wir nicht, nach Inſcriptionen und
Münzen aber offenbar nody unter den Kaifern Trajan, Habrian,
Caracalla und ven Antoninen, unter denen Gallier mit Römern
gleichgeſtellt geweſen zu fein feheinen, wenn fie auch zuvor gegenfeitig
Fehr geſondert waren,
Zu welder Zeit das Sebafteion in eine chriſtliche Kirche vo
wandelt wurbe, ift unbelanut geblieben, aber vie frühe Verbreitung
des Evangeliums in Galatien ift aus des Apoftel Paulus
Epiftel au vie Galater (Apoftelgeih. XVI. 6, und Ep. an bie
Galater IV. 14—20) befannt, die nır zu geneigt zu Ehrgeiz und
Werklheiligleit geweſen zu fein feinen. Eine ber älteften, zuvor
verſtedt gebliebene chriſtliche Kirche in Angora, Sch. Elemens, kat
Texier aufgefunden und abgebilvet (BI. 71)*), doc ift fie dem
Styl nad aus fpäterer Zeit als Iuftinians Bauten; ihre Malereien
und Mofaifen find von den Türken fehr zerſtört. Im Jahr 314
a. Chr. wurde hier ein Concilium Ancyranum®) zur Verbeſſerung
der Kirchenzucht gehalten, auf dem 18 Prälaten unter vem Vorfig .
von Bitalis, Patriarchen von Antiochia, erſchienen. Die Kegereim
des Plotinus brachen bier aus und Clemens Anchramus fand hier
fein Märtyrertgum. Nah Julianus Apoſtata Zeit ſchließt Kaifer
. Jovianus mit ben Perfern unter Sapor Friede, beſchiltzt bie
Chriſten, führt den erilirten Athanafius*) wieder in die qchriſtliche
Gemeinde zu Anchra zurüd, die er beſonders begünftigt, ftirbt aber
daſelbſt plöglih im Jahr 364 n. Chr. ©. Unter Kaifer Aurelian
hatte bie palmyreniſche Fön Zenobia ihre Macht vom Euphrat
*)) Texier l.c. Vol I. 9.195. °9) Berade, Behr. a.a. O. ZU
©10. 9 il ed. I. Bekk . 1840, 1. 487.
p. 29; Ammian, Marcell. XZIU. 24, 25.
9
a Kein-Aften. $. 10.
bis nach Tyana und Ancyra’) ausgebehnt; Procopins führt bie
Stadt Anchra nicht an; im Synecd. Hierocl. (ed. Wess. p. 630)
aber wird fie zu Galatia Prima oder Ayxvgoyalarıa gerechnet.
Unter Bhzantinern blieb fie eine Metropolis und wurde Andire
gemanna Als öftfichfte Orenzfefte des bhzantiniſchen Reichs war fie
häufig den plögfichen Ueberfällen der ſaſſanidiſchen Perſer auögefegt,
wie von ben nachfolgenden muhammedaniſchen Eroberern bedroht.
Schon Kaiſer Heraclius hatte fich aus Sprien zurüdziehen mäffen,
-wurbe aber von perſiſchen Feinden fo verfolgt, daß biefe ihm im
Dahr 611 n. Chr. ſelbſt die fefte Stabt Anchra*s) in Galatia ent ⸗
riſſen, die auch im ihren Händen blieb, bis file von ven Urabern
im Dahr 644 erobert wurde.
Chalif Harun al Raſchid brang im I. 798 bis Ancyra®)
‚vor; das Gihan Numa fagt, als Sieger habe er bie Flügel»
thüren bes Tempels mit griechiſcher Infchrift (ob des Angu-
ſteums 7) nach Bagdad im Triumphe geführt, wie uur 100, Jahre nah
ihm Kaifer Nicephorus dagegen die Stabtthore der cilicif—hen Stäbte
Mopfueftos und Tarfos triumphirend in die Stadtmauern von Con,
ſtantinopel verpflanzte?). Daß Sultan Mahmud nach diefer orien-
taliſchen Weife die Sandelholzthüren von Somnath in Ouzerat in bie
Hauptmofchee feiner Reſidenz zu Ghizni einverleibte, ift bekannt (im
9.1025, f. Erbt. V. 1835. ©. 550), diefelben, welche durch Briten
— in das britiſche Muſeum verpflanzt find, als Sieger über
i.
Anchra wie Amorium als boͤſtliche Grenzfeſtungen des btjan ⸗
tiniſchen Reichs, bis zu denen beiden Harun al Raſchid vorgedrungen
war, hatte durch das ganze Mittelalter gegen das Chalifat große
Kämpfe zu beftehen, wie gegen Perſer und Seldſchuken, welche
letztere Anchra im Jahr 1213 in Vefig nahmen. Amorium erlag
ganz, Unchra überbauerte, war aber vielen Zerflörungen unterworfen,
fo daß fid von feinen römiſchen Prachtbauten, das Sehafteum aus ·
genommen, wie bie Tempel zu Ehren Nerva Trajans, Taracallas,
«von ben Bädern, bie in ber ebenen Stat lagen, wie von andern
Anlagen, in denen bie Provinzialftabt der Pracht Roms ehrſüchtig
nacheiferte, nur ſchwache Hefte übrig geblieben find. Nur wenige
ber Statuen Haben fi in Brucftücen-efolten, feine einzige gan;
") Zosimus ed. 1.Belk. 1837. 43,19. : + Taeophanis Chrono. d-
1 Cemadi. Bun. 1830.46, 1; . Cednun Mitar
ei Sefätgte des Opallia, Ir ©; 166.
EN 3. v. Hammer, Geld. des osman. Reihe. ki * ©. 160.
Die Stadt Angora. 485
wol bie meiften finb zu Kalt verbrannt ober zu Bauſteinen zerſchla-
gen worben. Zahlreiche Infcriptionen zeigen, daß fle hervorragenden
Männern errichtet wurben, wie häufig den Magiftratsperfonen und
Anbern, deren Statuen in ber Area bed Tempels aufgerichtet waren.
Ihre Imferiptionen auf pen erhaltenen Pieveftals bezeugen, daß fie
Galatarchen, Jrenarchen, Myſtarchen, Agoranomen, Aftynomen, Ur-
chonten, Pontifer, Präfecten, Proconfuln u. a. Titel führten, auch
Denkmale zu Ehren Senatus et Populi Galatarum errichtet waren.
Die mehrften Ueberrefte find zum Bau des Caftells verbraudt, das
ſehr viele Infchriften zeigt, wo Ausgrabungen noch eine reiche Beute
von Kunſtwerlen liefern möchten. Schon Tournefort®) führte an,
daß eine Treppe, deren Perron aus 14 Treppenſtufen, bie zum
Caſtell führen, ganz aus horizontal über einander gelegten Marmor⸗
fünlen beftehe, und biefelbe beftätigt auch Terier als noch vorhan ·
den, obgieich ihre Conſtruction aus dem koſtbarſten Material eine
ganz barbarifche fei.
Im Jahr 1354 kam Anchra durch bie Eroberung Solimans,
Sohn Orchans, nebft ver Stabt, bie ver Erkaiſer Cantacuzenus )
Cratea nennt, an die Osmanen-Sultane in Brufa, da aber bort
Unruhen von ver Ritterbrüderſchaft ver Adi oder Ajan erregt wur⸗
den®v), fo eilte Sultan Murad, ein jüngerer Sohn Orchans, noch
Gnmal im I. 1359 nad Anchra, bie ihm gutwillig die Schlüffel
der Stabt übergab, die num unter dem Namen Engurije ben Türen
geblieben if. _
2. Die Türkenftabt Engäürich (Angora), Angurijah
der Araber, Ankura der Tatarendl). Zwar nennt Eprifi
bie Stabt noch mit dem am ben antifen Klang erinnerhven Namen
Ankira, wol ein Beweis, daß er feine Nachrichten noch Chriften,
wicht moslemifchen Autoren verbankte, doch weiß er nichts von dem
Orte zu fagen, als daß die Karawanenwege hinbuschgehen; über Das
gänzliche Verſchwinden ihres gleichzeitigen Emporiums Amo-
rium ift er aber viel- unterrichteter (f. unten). Abulfeda ift ſchon
beſſer umterrichtet, ex giebt die Lage von Ankurija im Lande Rum
(bei Reiske) oder Angoria, auch Angora (nad) dem Mir: bei
Reinaud) zwifgen Iconium und Kaftamuni, von jebem ber
**) Tournefort, Relat. I. c.’II. p. 180; Texter, Deseript. I, c. 1. p-185.
*°) 3. Cantaenzenws, Histor. ed. Bonn. 1832. Vol, III. 284, 6; Gihan
Numa ed. M. Norberg. II. p.442. *°) 3. u. Hammer, @eich. des
söman. Reiche. I. ©. 160; Weſch. der Jihanı. 1843. I. ©. 323.
*') Eärisi b. Jaubert, IL p.301,
158 Klein-Aften. 8. 10.
Orte 5 Zagereifen entfernt gelegen, an, und fagt: bie Stabt wirb
durch ein Caſtell auf dem Gipfel eines Berges gelegen vertheibigt;
fie felhft Tiegt mitten zwiſchen Bergen. Es fehlen ihr fließende
Waſſer und Gärten, die Einwohner müffen ihr Waffer aus Brummen
holen, bie in einiger Ferne liegen. In dem Autograph feines Co⸗
der, den Reinaud bearbeitete, fland von des Fürften eigner Haud
beigefhrieben: In Angora ift ein großer Pallaft, ver einft ber
Konigin von Saba, Beltis, Gemahlin Salomos, zur Wohnung
diente. — Damit kann nur das Sebafteion gemeint fein, von
dem ihm irgend einer feiner gelehrten Reiſenden aus dem ihm fremben
Lande Nachricht gegeben haben konnte. Beachtenswerth ift es, daß
er body and) fon, nach älteren Angaben, ven Sangarins, ven
Rahr Angora”), Fluß von Angora oder Ancora, nennt, aljo
die Oftquelle als folde, wie Livius, anzuerkennen ſcheint. Leider
bat Ebn Batutas), der Zeitgenoffe Abulfeda's, auf feiner Wan
derung von Asnik (Nicha) den Sangarius aufwärts Angora nicht
berährt, da er ſich weſtwärts bes Ortes gegen Norden nach Boli
zum Pontus wandte.
* Kaum ein halbes Yahrhımdert war bie ingantinifäe Anchra in
ver Gewalt der Osmanen geweſen, ald Timm auf fernem Erobe ⸗
rungszuge durch Vorderaſien auch über Siwas bis an ven Halys
vorrüdte, und fo mit feinen Elephanten und feinem Heere, das die,
Autoren dem des Xerzes an Zahl verglichen, in. Sultan Bajezibe”
Gebiet eindrang, wo es gegen ven Sultan, ber leichtſinnig mit feie
nem Heere auf Hirſchjagden, fein Lager verlaffenb, auögegogen warst),
zu ber entfcheivenden Schlacht (am 20 Yuli 1402) in ver Nähe
von Angora auf der Tſchibuk Ovaſy (mo auch Mithrivates von
Pormpejus beflegt fein foll) kam. Deren Folge war nicht mar bie
Gefangenfhaft Bajezids, fondern aud) die Einnahme und Plän,
derung ber Gegend und Stadt Angora’85%) durch bie Tataren, fo
wie bie temporäre Verwirrung ber Osmanherrſchaft und bie Ber-
heerung eines großen Theild von Kleinaſien bis nah Smyyrna hin
gegen Welt, welche Stadt damals mit ihren Bewohnern ebenfalls
geaufam zerftört wurde. Indeß blieben nad Timurs fchnellem Rüd-
auge und bald darauf erfolgtem Tode die Osmanen bie Gebieter des
*#2) Abulfedae Prolegomena b. Reinaud. II. p. 64. ss) Yoyages diibn
Batouta 1. c. II. p. 337. *) Ducae Nich, Duc. Nep. Hist. ed.
1. Bekker. Bonn. 1834. 70,14. °*) Deguignes, Gefhlchte ber
Gun Airten m amd Mongalen. Ueberf. v. Dähnert. Greifswald
Die moderne Turkenfladt Engürieh. 4BY
Bandes, fo daß Angora, nachdem Muhamme I. die ſeldſchutwi ·
> fen Provinzen mit denen ber osmaniſchen zufammengebracht hatte,
unter ber aufblühenden Macht des tirfifden Reiches in Bruffa und
am Bosporus Zeit zu feiner neuen Erhebung gewann. In der
Mitte des 17. Jahrhunderts ift Angora ber Sig einer Statt ⸗
halterſchaft (Sandſchals), eines fehr bedeutenden Handels, großer
Märkte, vieler Moſcheen und Bäder, und eines feſten Schloffes auf
hohem Berge, das nad Habſchi Chalfa von Eonftantinns dem
Kaiſer zwar erbaut, von ben Chalifen Harun al Raſchid (?) und
Mamum erobert, dann aber von ben Türken ftärfer befeftigt fein
fell. Der türkiſche Geograph (im 9. 1668)*6) rühmt die trefflichen
Beinberge von Kijafch (?mwol Ajaſch?) Bei Angora, die fernen
feidenartigen Haare der Angora-Ziegen, wie es anbermärts Feine ahn ·
lichen gebe, und das Derwiſch⸗Kloſter Höffein Ghazi (am
Höffein Dagh im Often der Stabt, ſ. ob. S. 469), den fehr befunhten
vilgerort.
Nur ein Iahrzehend vor Hadſchi Chalfa hatte der vielgereiſte
und gelehrte Ewliya Efendi während feines Aufenthaltes in der
Turkenſtadt (im Jahre 1648), von dem Stanbpuncte eines devoten
orientalen Moslemen aus, eine belebte Beſchreibung verfelben gegeben.
Schon aus der Ferne, von Norden berfommen, zeigte ſich ihm Die
auf hohem Felscaſtell leuchtende Engüri mit ihren Moſcheen und
Minarets in fg glänzendem Lichte, daß fie ihn an bie berühmte "
Zürfenfefte Buda an ver Donau mit ihren Wimpeln un dvrei⸗
maſtigen Schiffen erinnerte, die mittlere der drei berühmteften
Feftungen im Reidye feines Großſultaus: Buda, Wan, bie er fhem
früher befucht und nım auch biefe, Engüri, erreicht hatte. Dies
die drei Hauptfeften der Osmanen, bie fi, wie er dafiir hielt, nur
unter einander, aber mit feiner andern vergleichen laſſen. Ewliya' om
erfter Weg war zum Klofter Hadſchi Beiram, nicht um bad
Denkmal des Auguſtus des. Ungläubigen zu fehen, deſſen ex nicht
einmal erwähnt hat, fordern um im ver Moſchee jenes Heiligen ein
Geläbpe zu Iöfen; er wieberholte täglich feinen Gang bahin. Diefe
Moſchee fol, wie bie zweitſchönſte Ahmed Paſchas und das Bab
Ahmed Paſchas in Angera, unter Sulten Suleiman I. dem Gro⸗
fen in der Mitte des 16. Jahrhunderta von dem größten Wan
®*) Giban Nama ed. M. Norberg 1. c. Vol. Il, p. 441. *) Emliya
Efendi, Trav. aus dem Türkifchen überf. v. Hammer a. a. D. Vol. Iil.
©. 239— 232. B
488 Klein-Aflen. 6.10.
meifter ber Türen, dem berühmten Sinan, erbaut fein”), Dam
wurde das Caſtell Selafil, d. i. das Caſtell der Ketten,
befucht, das ver Raifer Heraclius erbaut und am Geburtstage
Muhammens in ber Ahnung feines mädtigen Anbranges gegen
ihn mit 7 Ketten zur Sicherung des byzantiniſchen Reichs, obgleich
- vergeblich, umzogen haben follte; daher nach ber moslemiſchen Les
gende fein Name, ver in fo fern nicht ohne Anfpielung if, va He-
racliue bie Reihen feiner feigen Sölpnerknechte in den Schlachten
gegen bie begeiflerten Araber durch Ketten aneinander ſchloß, um
fie undurchbrechbar zu machen (f. Erdt. Th. XVII. Abth. 2. S.1342).
Das Caſtell, auf hohem Berge gelegen, fagt Emliya, fei unein- .
uehmbar, weil es in 4 Bergierrafien, berem jede in der Breite vom
800 Schritt von der andern abftehe, fich erhebe, und barum auch
an feinen fteilen Feldwänden nicht unterminirt und in bie Luft ge⸗
ſprengt werben Türme. Es Liege in einem langlichen Rechte auf
dem Bergrüden von D. nad) W., fei von 60 Ellen hohen und
10 Ellen mächtigen Mauern umzogen und durch vier eiferne
Wore geſchutzt, deſſen äuferftes Thor gegen Weit zum Pferdemarkt
führe. Die Feſtung brauche Feine Umzinglung durch Gräben, alle
Bauten feien über Gewölben errichtet, nur durch Verrath könne fie
eingenommen werben; verlafie ver Commänbant das Caftell, fo ftehe
der Garnifon das Recht zu, ihn zu töbten, ober bod zu exiliren,
feitven einmal ein Rebellionsfall im Caftell vorgekommen war. Das
Innere war, buch 68 nur Heine Kanonen vertheibigt. 600 Häufer,
alle in Terraſſen übereinander aufſteigend, ſind im Caſtell erbaut,
wo auch ein altes Kloſter in eine Moſchee umgewandelt ſtand, und
auf der oͤſtlichen das Ganze dominirenden Höhe das Ziyaret oder die
Pügerftätte Khydhyrlyk, richtiger Chidr Iliyas, d.h. Pros
phet Elias, der hier wie an vielen andern Orten, z. B. zu Jar
prall (f. oben ©.355), von ben Türken mit einem türkiſchen Hei-
ügen verwechfelt wird; gemeinhin wirb bie Stelle auch Khebreliz
genannt. Beinberge ud andre Gärten find feine im Caſtell
aber Magazine und Eifternen im Innern deſſelben. Bon ver Oft
feite des oberften Caſtells fteigt ein Pfad Hinab in das Thal
Khydhyrlyk, aus dem man das Waller Hinaufholt. Die untere
Stadt hat A Thore umd läßt ſich auf brei Seiten mit 6000 Fuß
Länge umgeben; die vierte nimmt bie nörbliche ſenkrechte Felswand
des Gaftells ein.
) 3. v. Hammer, Geſch. des ooman. Reiche. Th. 1. 161.0. IL 261.
Die moderne Türkenſtadt Engürieh. 489
Ewliya zählt nun nach Art der Drientalen alle die Herrlich“
feiten der untern Stabt anf, ihre 170 Springquellm, ihre 3000
Brummen, 76 Moſcheen, 15 Derwifhklöfter mit Moſcheen, in bern
größtem, dem Hadſchi Beiram, 3000 Derwiſche feines Ordens
feien, wie auch viele in dem Klofter ver Mewlewis. Drei Häufer
ber Stabt feien’ zum Vorleſen des Koran (Darul-Firajet) beftimmt;
" fie habe 180 Knabenſchulen, 200 Bäder, 70 Palläfte mit Gärten,
6660 Häufer, 200 Brunnenanſtalten (Sekil Chanchs)%), ein Be-
‚ zeftan (gebeiiter Markt) mit -4 Kettenthoren, viele Bazare, bie,
alle erhaben liegen und von vielen vollgevrängten Kaffechäufern und
Barbierbuven umgeben find. Die Straßen ver Stadt und bie gro⸗
fen Pläge find mit weißen Steinen gepflaftert, die Häuſer ans
Badftein aufgebaut. Obwol es eine türkifche Stadt, fagt Ewliya,
find bier doch ſehr viele fromme Männer, Gelehrte, Dichter, und
man zählt wol 2000 Knaben und Mädchen, welhe den Koran aus.
wendig berfagen Können, fo wie an 1000, welche auch die Commen ⸗
tare des Koran, die Muhammedieh, und von anderen Efendis zu
zecitiren wiffen. Auch Wundermänner find bier, wie ein Nach-⸗
komme Hadſchi Beirams, ver ohne Haare, ohne Augenbrauen,
ohne Bart und ohne Augenliever ift und Mirakel verrichtet. Habicht
Beiram felbft follte ans fürſtlichem Galatiergeſchlechte ftammen; andy
ſollte feine Familie zu Angora, bei Terierd und Auder Eloy’s
Anweſenheit daſelbſt, fortbeftehen; ein Glied derfelben war im Jahr
1834 auf ben Gebanfen gelommen, ven Reit des heidniſchen
Auguſteums zu zerflören, um auf feiner Billa Bäder daraus zu
bauen, zum Glüd wurden nur wenige Blöce davon fortgeſchafft,
weil das ganze Project nicht zur Ausführung kam. Die Einwoh⸗
nerzahl giebt Ewliha nicht an (nach der Häuferzahl zu uttheilen
etwa 30,000 bis 40,000), rũhmt fie aber wegen ihrer Schönheit und
frifcgen gefunden Farbe. Sollte wirkfich noch gallifches Blut in’
ihren Avern rollen, was zumal franzöſiſche Reiſende aus Neigung
zu ihren älteſten Stammgenoſſen zuweilen anzudeuten ſcheinen, welche
die Heldenthaten ber ältern Galatier auch wol mit gewiſſer Bor-
Tiebe erhoben haben“), fo konnte es einem ſcharffichtigen Sprad«
kenner vielleicht auch heute noch gelingen, galliſch- dialectologiſche An-
Hänge in ber Boltsfprade der Angorier zu ermitteln. Sagte doch
m —— sis, des oom. Reiche. I. ©. 344. Cb. Teer,
La Galatie et les Genlois en Arie Mineure. Revue des dens Mondes.
Yale doc ie .
.
490 j Klein-Aflen. _ 5.10.
ſchon Tournefort”et), daß den alten Galliern in ben Gevennen
und. ben Bergen von Toulouſe ihre Heimath für bie Miffton, die
fie in der Geſchichte Haben follten, zu enge geworben, und bafı dei
wegen im Thatendrange Brennus mit feinen 9000 fid nach Delphi
und bann nad Kleinafien gewandt habe. Zur Zeit ber Occupe
tion Aegyptens durch die Neufranfen, deren damals viele im türkiſche
Gefangenſchaft gerieten und in bie Stantögefängniffe zu Angora
und Zofat eingefperrt wurden, Fam dieſe Meinung von ven altgal-
liſchen Stammgenoſſen zu Gut, venn zumal die hriftlich «armer
niſchen Eingeborenen follen damals ihrer Verwandtſchaft mit den
Neufranfen ſich rühmend zur Milderung deren Schicdſales fehr vieles
beigetragen’ haben.
Wenn ſchon das Lateiniſche und Griechiſche in den Lapivar-
inſchriften ber alten Galatier, um ſich ‚ehrgeizig dem ruhmbollern
römifdhen Weſen anzufchliehen, die Oberhand erhielt, fo mochte ihre
Bollsſprache doch noch längere Zeit bie galatifche verbleiben: denn
lange Jahrhunderte vor ihren Nachbarn mehr ober weniger ſelbfi⸗
fändig und geſondert geblieben in ihren Verfaſſungen, Sitten und
Einrichtungen, haben fie ſich nur fehr fpät ven Türken affimilirt.
Die Nachkommen ver Fürken und des Geſchlechtsadels der Tector
fagen behaupten Lange Zeit ihre antiten Namen und ihre Tetrar-
Gen ihr Anfehen; Spuren von ihrer Sprache kommen feine ver,
aber einer ihrer tectofagifchen Tetrarchen, ver fi) wel nur nad
feinem Patrone Tiberius Severus nannte, wurde wegen feiner gre-
Ben Fiberalität und feiner Spenden noch unter Kaifer Habrian vom
demſelben hochgeſchätzt, und ihm als Wohlthäter des Volls von
einem M. I. EYSXHMQN, einem Stammgenoffen, ein Denkmal
errichtet. Auch haben ſich mehrere Inflriptionen von Tectofagen
und Toliftobojern in Angora erhalten, das in feine drei gala-
tiſchen Stabtquartiere eingetheilt blieb. Bon ven Trocmern hatte
fich noch feine Inferiptiog auffinden Iaffen.
Die Möglichleit, noch vorhandene Spuren keltiſcher Sprachreſte
in ben innerſien abgelegenſten Gebirgsthaͤlern und Winkeln Gala⸗
tiens vorzufinden, hat ſelbſt ein ausgezeichneter Forſcher im Sprach⸗
gebiete der Galatier nicht aufgegeben, der die Spuren der Erhal⸗
tung®) ihrer einheimifchen Sprache bis in das 6. Jahrhundert nach
’*1) Tournefort, Relat. I. c. II. p. 177; Ch. Texier, Desor. de Yäsie Min.
t. c. Vol. 5 p. 184; Aucher Eley, Rear. 1.9 700.71. *°) L. Dief-
fenbach, Celtica. IL. p. 249252.
Die moberne Türkenftabt Engürieh. 491
Chriſto und ſelbſt noch fpäter daſelbſt hat verfolgen können. Zu
fabelhaft möchte eine ſolche Erhaltung kaum erſcheinen, wenn
man bedenlt, daß die Bivacität und Energie der Völkerraçen
fich nirgends länger als in ven Sprachen fund thut. Sanct Hiero-
nyymus, früher zu Trier, in der Mitte des 4. Jahrhunderts lebend,
ver in Kleinaſien befanntlich ganz einheimifch geworben, fagt von
den Galatiern in Augora, daß fie ihre eigenthümliche Sprade
mit weniger Veränderung erhalten hätten, als die Tre-
virer, ihre Landsleute, obgleich alle andern Bälfer in Afien nur
die griechiſche Sprache reveten (unum est quod inferimus Galatas
excepto sermone quo omnis Oriens loquitur, propriam lin-
guam eandem paene habere, quam Treveros etc.)®), Auch
ſtimmt damit, daß Ewliya Efenvi noch im 17. Jahrhundert
derwundert iſt über bie helle ſchͤne Farbe ver dortigen Lau—
des einwohner, und ihre ſchoͤne Geſtalt rühmt (ganz wie Livius
XXXVIH. 17, 21 fie ſchildert: procera corpora, promissae et
rutilatae comae, candor corporum etc.); auch Xerier®) fagt,
daß er unter den Hirtenftämmen in Angora nicht felten altfranzd-
ſtſche Geſichtsbildungen vorgefunden, mehr blondhaarige in Galatien
als irgeudwo in Kleinafien, blaue Augen und vieredige Köpfe, bie
ihn am die Benölferung des weftlichen Frankreichs erinnerten, bie
ihm befonbers entgegentraten, wenn er bie bortigen Jailas beſuchte.
Ob die buch eigene Mauern von einanber abgejonberten vier
Beigterraffen des Caftells, wie fie noh Paul Lucas in feiner
rohen Skizze abgebilvet hat, etwa eine Beziehung auf bie vier
Stãmme der Galatier haben mochten, laſſen wir dahin geftellt fein.
Ewliya fagte, in Angora feien viele Juden, aber. wenig
Griechen und Kopten, bie Einwohner fein fehr gaſtfreundlich;
ex beſchloß feinen Aufentkalt daſelbſt mit einer Pilgerfahrt bei allen
Heiligen und raft aus: möge dieſe unvergleichliche Stabt doch noch
lange in ven Händen ver Osmanen bleiben. — Wir möchten das
Gegenteil wüniden. — Bei feiner Abreife weftwärts nad Bej⸗
bazar fom er über ven Angorafluß zum nädften Flecken Ifla-
n08, zum /romantiſchen Felſenthale, das ſich durch feine großen
Grotten auszeichnete und durch feine berühmteſte Schule der Rin-
ger, Kämpfer, Seiltänzer, beren Geſchidlichteit zum Sprich.
worte geworden war, wie „bie eftigfeit des Mörtels von
“) Holgmann, Kelten nnd ‚Bermanen. Stuttg. 1855. 8. ©. 56, 88,89.
*%) Tesier l.c. I. p. 191.
nn alein ⸗ Afen. $.10,
Angora«“ (die jeboch nicht weit her iſt). Ewliya bewunderte bier
die Kunftftäde?%) von 76 Meiſtern, die mit ihren 300 Schülern
eben fo wie die berühmte Stabt Kodoz damals das ganze türkifce
Reich mit dieſen Luftfpringern verforgte.
Der Efenbi rühmte insbeſondere ven Segen ber Landesproducte
von Angora, feine trefflichen Weintrauben, ven perſiſchen En-
guri gleich, die feiner Meinung nad der Stadt ihren berühmten
Namen gegeben und fi auch an ben Weinreben fehr lange erhalten.
Auch W. ©. Browne) fagt, daß er feit Damascus in Syrien
Teine beſſern Weintranben genoffen als bie zu Angora und weftwärts
bes Sangarins bis Turbaly; das Land fei an weißen Föftlich buften-
den Trauben eben fo reich wie an evlen Birnen. Das Obft warb
bis Stambul von Angora aus verfhidt. Die füßeften Melonen
werben zu Beibazar gezogen, deren 4 bis 5 Stüd auf eine Die
gehen”), deren jährlich viele taufend Stüd in Kiften verpadt nad
Tonſtantinopel verſchickt wurden, um’ zu Geſchenken an bie Großen
des Reichs zu bienen; denn nur Perfien liefere noch dieſen vergleich⸗
bare Melonen. Bor allem find aber bie bertigen Birnen berühmt,
beren es nach dem Dſchihan Nüma dort 36 verfchievene Sortn
‚gebe, die beften heißen Abbaſi und Beg-armub (b.i. Fürſtenbirne,
daher der Name ber enropäifcen Bergamotte), eben fo Aepfel
zu außerordentlicher Größe®) werdend, bie bort wie and) ber Birn-
baum in großen Waldungen wild wachſen, wie einft Auf dem
Elma Dagh (Mepfelberg). Schon Tournefort®) rühmte bie
Birnen von Angora als vörzüglich, bie aber fpät zur Reife kommen,
in Conftantinopel ſehr beliebt find, und Mach. Kinneir beftätigt
es, daß fle auch Heute noch vorzugeweife in N.W. der Stadtebene
gedeiben.
And) die Thierwelt iſt hier zu Lande ausgezeichnet. Die
> Bafen haben Hier ein vorzüglich feines Saar, Hafenhege mit Iagb-
hunden ift ein Hauptvergnügen ver Türken; jährlich, verficdert Aucher
Eloy, würden an 60,000 Stüd auf dem Bazar in Angora ver
Yauft, ihre Selle geben eine Hauptauefuhr für bie Hutfahrilation
nad) Morfeille. Die Kälber, und zumal bie Schafe mit ihren Feti⸗
’°e) Ewliya Efendi, Trav. 1. c. U. p. 232235; 3. v. Hammer, Geſch.
des osman. Reiche. I. S. 161, Note. **) W. G. Browne, Trav.
in Africa, Syriaete. Lond. 1799. 4. p. 415, 417. *) Enliya
Efendi 1. c. Il. p. 240. **) Aucher Eloy, Relation de Vor. ea
Orient ed, p. Jaubert. Paris 1843. 8. I. p. 68. +") Tourelort,
Relat, Lc. I. p. 186; Kinneir, Journ. p. 65.
, Die moderne Türkenfindt - Engürieh. 493
ſchwanzen haben ihres Gleichen mir in Kjutahia. Die Teftel
Letſchi oder Tislik Ketſchi bei Corancez, b.i.die Angoraziege,
mit ihrem feinen, feivenartigen, filberfchimmernden Bließe finvet ſich
nach Ewliya's Meinung fonft nirgends auf der Erde. Die barans
geflochtenen von ihm fo genannten Schallun und Sofs find durch
die ganze Welt berühmt und machen ven Reichtum ver Einwohner
von Angora aus, die dieſe Gabe ihrem Wunderpatron, dem Hadſchi
Beiram, wie ihrer köſtlichen Luft und guten Waſſern verdanken.
Mit viefer ihrer Waare machen die Kaufleute von Angora ihre
großen Reifen nach Yegypten, nah Conftantinopel mb nad
Frankiſtan, um fie dort ven Sultanen, Königen und Fürſten zum
Berlauf zu ftellen. Denn obwol eine angorifhe Ziegenheerbe,
die von ben Bergen herabtrabt, im Sonnenjhein?") dem Silber
ſturze eines Waſſerfalls ober einer vom Sonnenftrahl gerötheten
Feuerwolle (wie in Gilead oder Galiläͤa, Hohes Lied Salom. 4, 1;
6,4; ſ. Erdt. Th. XVI. ©. 799-800) einen glänzenden Aublick
gemähet und ber weiße Glanz an fi ſehr ſchon iſt, fo giebt er doch
auch den Stoffen, die daraus gewebt find, durch Färbung einen
eigenthũmlichen Luſtre, in dem ihm feine andern gleichkonunen. Die
Farbere ien von Angora ſind dadurch berühmt und in Schwung
gelommen, weil bei den Türlen auch die Farben Symbole und
Omina, wie fhon Busbel!) beobachtete, enthalten, die durch
das ganze Vollsleben hindurchgedrungen find; wo auch das Alter
audre Farben trägt als die Jugend, ver Moslem andre als ver
Chriſt und ver Jude. Busbek hätte bei feiner Anbienz zur Frie ⸗
densunterhandlung bei Sultan Soliman I. in Amafia (f. oben
S. 168) keine gänftige Aufnahme erwarten durfen, wenn er es ge⸗
wagt hätte, in ſchwarzer Tracht, welche vie des Unglüdbrin⸗
gers oder des Niedrigen iſt, noch in grüner Tracht, welche nur
dem Nachfolger ihres Propheten geſtattet vird, zu erſcheinen, noch
in Purpur, weil dieſe als blutiges Zeichen bes mit Krieg Fo
Senden angejehen wird. Weiß, gelb, blau, fagt er, umb andre
Farben find mehr vie eines guten Auguriums. Die koſtbarſten
&elften Stoffe des reinften Biegenhaares wurden daher nur in Grin
für die Großſultane und ihr Haus gefärbt; das rohe Haar. und bie
Bließe anszuführen war verboten, um ven Einheimifchen des Ge
wind ber Verarbeitung nicht zu berauben, worin freilich in ben
”*) Paul Lacas, Vor. l.c. 1714. p. 120. ”) A. G. Busbek, Omn. q.
aLap 74
v
494 Slein-Hfen. 6.10.
frätern dahrhunderten manche Veränderungen vorgegangen unb bie
Induſtrie im” Lande felbft zurüdichreiten mußte.
R Erläuterung 3.
Die neuere Ungora, nach den Berichten der europätfchen
Beobachter.
Diefe Berichte fallen freilich weniger glänzend aus, als bie bes
Drientalen, dem bie ftillen, aber ftetigen harmonifchen Fortſchritte
ber Eivilifation unbefannt bleiben, wenn nicht außerordentliche Be»
gebenheiten ihn ans feinem ftationären Traumlehen mit Gewalt
berausbrängen. Tournefort iſt einer der erſten Franlen, ver
einige Auskunft über Angora giebt; nad) ihm liegt die Stadt
4 ſtarke Tagereifen vom Schwarzen Meere, 20 Tagereifen von
Smyrna, 10 von Bruſſa, 10 von Sinope, 9 von Nicomebien, 12
bis 13 von Stambul und 10 von Cäfaren entfernt. Er giebt ihr
40,000 Einwohner Tirten, 4 bis 5000 Armenier mit 7 Kirchen
und einem Kloſter St. Maria; nur 600 Griechen mit 2 Kirchen,
eine in ber Stabt unb eine im Caftell. Der Paſcha habe 30 bis
35 Beutel Einkommen, die Zahl der Janitſcharen betrage 300 unter
* einem Sardar. Unter ben vielen Marmorreften im Orte, die fi"
in allen Mauern und Häufern in Trümmern vorfinden, fand er
aud einige rten von Porphyr und rothen Jaspis, vie er
ven bei Marfeille und in Langueboc vorkommenden vergleicht, fo
wie ihm vorzüglich unter den Sculpturen aud bie verftämmelten
Figuren von zwei Löwen mit Imfcripfionen an ver Porta Cäfarga
auffielen (Mach. Kinneir fand 6 Löwenſtatuen in Augora auf);
zwei biefer Löwen von weißem Marmor, einer in Lebensgröße, ein
anderer coloffaler, lagen auf dem Gipfel der Felſen über dem Ca-
. fell und ſchienen ihm antike Monumente zu fein, und die brei in
gutem Styl gearbeiteten Löwenfiguren am ſmyrnaiſchen Thore 72).
R. Bocoder) zählte in Sevrihiſſar allein 5 Statuen von Wwen.
Löwenornamente find bei Perfern, Armeniern, Seldſchuliden fehr
Häufig; in ven Mauern zu Iconinm zählte Terier”t) allein einige
20, und in ber Weſtmauer 3 coloffale Löwen in Stem, auf
?"2) Macdon. Kinneir, Journey 1. c. pı 69. m R. Pocode, Befchr.
des Morgenlandes a, a. ©, TG. I. 6. 125. ”) Ch. Texier,
Deser. de lAsie l.e. 11. p. 145.
. Die moderne Angora os Gurepäer Beochtung. 495
Couſolen geftellt; aud in decien find fie allgemein in Marwor-
ſculpturen und auf Münzen. In Sculptur vorlommend find fie
Zeichen der Herrſchaft, obgleich feit jenen Zeiten feine Löwen
im öftlichen .Rleinafien mehr befannt finds).
Die ältefte Angabe eines Löwen in Cappabocien ift
aus Polybins Fragmenten belaunt (Polyb. ed. Schweigh. T. V. \
p. 56), der von ‚einem Artarerres ober anbern alten Perferfönige
eählt, daß er auf einer Jagd zwiſchen dem Halys und Taurus
gegen den Bontus hin won einem Löwen angefallen worben, ber fein
Pad, ſchon ergriffen hatte, durch einen vorübergehenden Perſer
aber von dem Tode errettet fei, indem biefer die Beftie nieverftach,
wofür ihm zur Belohnung das Sand, wo dies gefchehen, fo weit
geſchenlt warb, als er es von einem hohen Berge, auf den er geführt
wurbe, überfehen Tonnte, eine Hiftorie, die in Constatin. Porphyr.
. de Thematibus‘Lib. I. 2. p. 19 ed. Bonn. 1840. T. III. wieder-
holt if. Noch lebende, aber nur vereinzelte und nur furchtſam
ſich zeigende Löwen?6) kommen noch heute am Zanthus in Lycien
vor, aber feine bei Smyrna”), wo man fie falſchlich mit Pan ·
thern verwechſelt hatte.
Paul Lucas”), ver nur ein paar dahre ſpäter, 1704, die
Stadt beſuchte, fand Hort ſehr gaſtliche Aufnahme bei ven Euros
piern, zumal Franzoſen und Holländern, deren damals eine
bedeutende Anzahl als Kaufleute angeſiedelt waren; et nennt bie
Firma Palmier u. Daignan, welhe das ſchönſte Haus in Angora
befaßen und feine gätigen Wirthe waren, mit benen er auch das
armenifche Klofter, eine Stunde im Norden von ber Stadt, _
befuchte, wo ein armenifcher Erzbiſchof reſidirte; er beſchreibt die
Kirche mit hohem Dom, aus Quaderſteinen aufgeführt, als fehr ſchon
und die Meſſe darin feierlih. Hiernad und nad Tourneforts
Angabe muß damals bie armenifhe Gemeinde daſelbſt ſehr anfehn-
lich und in Blüthe geftanden haben. Im Caftell ließ er ſich eine
Ruſtlammer mit alten Waffen, Kriegsinftrumenten und Schuppen
panzern zeigen, bie. auch Ainsworth neuerlich ſah; Aucher
Eloy) ſagt, daß es nur ein verächtlicher Haufen von zerlumptem
Kriegsgeräth, Pfeilen u. f. w. fei, welche aus ber Zeit der Türken
‘herrührten, che dieſe das Feuergewehr zu ihrer Vertheibigung an- "
**) Spratt and Forbes, Trav. in Lycia. 1. p.268. "*) Fellow, Sec,
. Exc. in Lycia, 9.153. *') Arundell, Discor. I. p. 17.
9) Paul iueas, op. 1.c, 9108-123.) Aucher Ela, Rela.
pe 70, .
496 alein⸗Aften. $. 10.
nahmen, Paul Lucas hörte von geheimen Gängen, bie von ihm "
an ben Fuß des Bergs zum vorüberfließenden Flufſe führen follten.
Biele Diebesbanden und Raubvolk machten Stabt und Land ſehr
unſicher, felbft bie Geldtransporte am den Sultan wurden damals
eeylnve
R. Pococke giebt einige beſtimmtere topographiſche Details
(im % 1739)7%) von ber Stadt als feine Vorgänger, die aber
bin v. Binde’s Plan etft verſtändlich werden. Er wundert fih,
daß der vielen Zuflüffe ungeachtet die Bewohner ber Stabt dech
nur ſchlecht mit gutem Waſſer verfehen find, das man ſich exft weit
herholen müſſe; in ven außerhalb der Stabt, vielfältig bemerkten
Anlagen over Reſten von fteinernen Röhren und Waflerleitungen
ſah er wol noch Ueberbleibfel der von Ewl iha gerühmten Hunderte
von Sebilchanehs, die auch in anvern kleinaſiatiſchen Stäbten
fich vorfinden. Die Häufer fein im Innern ganz behaglich, aber
nad außen nur ſchlecht von Luftbadteinen aufgeführt, vie Leicht zer⸗
fallen, wie venn aud die Stabtmanern in ſchlechtem Stande aus
Lehm errichtet waren, aus alten eingemauerten Bruchftüden. Die
Straßen ver Stadt waren krumm und ſchmutzig; man fagte, zum
Schuß gegen die häufigen Kurvenüberfälle und Plünberungen in ver
Stadt feien alle Hausthüren mit Eifen beſchlagen. Die Strafen
ver Stabt fand Bromme gut gepflaftert. Die Klagen über bie
Unficherheit wieberholte auch Pocode; nach ihm follte jedoch die
Stabt fogar 100,000 Einwohner haben (Mol um das boppelte zu
hoch angegeben, gegen alle andern Schägungen)®t), davon an 10,000 *
Chriſten, von denen die meiften Armenier, nur 1500 Griechen, deren
Erzbiſchof damals fih Primas von Galatien nannte, aber
teinen Biſchof in feiner ganzen Diöcefe beſaß. Jüdiſche Fami-
lien, vie überhaupt in ven kleinaſiatiſchen Städten feine rechte Wurzel
faffen, wurden nur 40 angegeben. Bom Hanvel erfuhr Pococke
nur, daß damals die Sranzofen vorzüglich vie Wolle, vie Eng-
„länder aber bie Ziegenhaare und ihre Fabritate nach England
überführten, daß die Hügel um Angora einen guten rothen
Wein erzeugten, in ven benachbarten Ebenen an ven Flüſſen aber
Reis gebaut werbe.
W. Hamilton, Mach. Kinneir und Ainsworth ver-
0) MR. Bocode, Beichreibung des Diorgenlandes a. a. O. IL. ©. 127.
2 8 —8 Bevölterunge,dabell e, in deſſen Memolr. S. 132;
ne, Trar. 1.c.
Angora, neuere Zuftände. 497
danken wir bie Nachrichten über vie neuern Zuftände von Angora.
Kinneir (im 9. 1813) im Auftrage feiner Regierung, bie möge
lichen Heeresſtraßen durch Borberafien nach Indien für eine Armee
zu erforſchen, mit welcher ihre indiſche Colonie "eine Zeitlang durch
Rapoleonifche Projecte einer Invafton bedroht fchien, hatte auch die
Hauptſtraße von Conftantinopel nah Angora&) bewanbert
und am 20. September An gora erreicht, als einen wichtigen Kno-
tenpunlt auf feiner Route. "Die Lage ver Stabt, mit ihrem Ca
Mel auf dem Gipfel eines. hohen Felſens, der an brei Seiten
faſt ſenkrecht abfällt, gegen Süben nur allmählich ſich ſenkt,
. vergleicht er mit ber von Edinburgh, deſſen vomantifche
Page befannt iſt. Er ſchätzte bie gefammte Einwohnerzahl ber
Stabt nicht über 20,000, davon er ein Drittbeil fir Armenier
hielt, die den ganzen Handel mit Tuch und Colonialwaaren als
Einfuhr, und die Ausfuhr der Pandesprobucte in ihren Händen
hatten, welche vorzüglich in feinen Cameloten und gefärbten Zeugen
ans dem feivenartigen Ziegenhaar beftanden. Aber bie eigentlichen
Lebensbedürfniſſe wie Korn, Salz, Reis und Brot hatte ſich
der Paſcha felbft im Handel als Monopol vorbehalten, daher fie
ſehr thener waren, obwol fein Paſchalik ſich über 100 Meilen in
die Länge und 60 in bie Breite ausbehnte, und reich an Weiden
und Obft war, jebod; weniger Getreideüberfluß hatte als das ber
nachbarte Kornland im Tſchagra⸗Gebiete. Zum Ritt um die Stabt-
maner brauchte Kinneir zwei Stunden Zeit, wobei er unter ven
vielen Fragmenten aus alter Zeit aud; die zerftörten Reſte eines
Amphitheaters wahrnehmen konnte.
W. Hamilton®), der fein Hauptaugenmerk auf bie Antiqui-
täten Angora's richtete, fand im Jahre 1836 den frühern Handel
dortiger europãiſcher Bactoreien, wie -er noch zu Pocode’& und
Kinneir’s Zeit beftand, und zumal ven der englifhen Kauf-
lente gänzlich erloſchen, und au) den der Armenier, bie früher
vorzüglich die Zucht der Angora-Ziegen und die Erporte in Wolle,
Haaren und Geweben betrieben, durch bie Eiferfucht der türkischen Pa«
has fehr geſchwächt, da ihnen dieſes Gewerbe, wie may es nannte,
mit Tſchiftlik völlig verboten worden mar. Die ganze Zucht
ſammt dem Gewerbe war dadurch gegen frühere Zeiten in Verfall
®) John Macdonald Kinneir, Journey I, c. London 1318. 8. p. 64—75s
*°) W. Hamilton, Researeh. 1. c. 1. p. 418429; W. Ainsworth, Trat,
and Bea. 1. p. 120-135.
Ritter Erhtunde XVIL. \ u 2
a08 Alein⸗ iſten. 4. 10.
gekommen. Andre Handelsartilel, wie Haſenfelle, Honig, .
Wachs, Gummi Maſtir, Gummi Tragant (oder Traga⸗
taut)h, wovon zu Belons?®) Zeit große Conſumtion für ven
Luſtre der Geivenzeuge ftattfand, wie an Gelbbeeren, Krapp
und Anbren Lonnten als Exporte leinen Erſatz für jene Verluſte
Die Gelbbeere ober Kreuzbeere (Yelldw berry ber Engländer,
Rhamnus tinctorius ober infectorius) von Angora war weit vor-
züglier als die von Cäfaren, daher biefer Handel neuerlich and
nach Aücher Elohee) ſehr geftiegen war. Im Jahre 1839 hatte
Ainsworth®) die Probuctign der Gelbbeere aus Angora nach dem
Erporte auf 25,000 Pfund angegeben. Diefe Gelbbeere, fagt
v. Tigigatigeffe), Dſchebri (Dſchechti nad Kotfchy) genannt,
Sicht überall den felfigen Boben aus verwittertem Feldſpath, Tall
und Horublenvegeftein jevem andern vor, gedeiht auf dieſem nor
zuglich, daher find auch alle Trachytfelſen von Konia, Cäfaren und
. zumal aud von Augora mit bem Dſchebri ⸗Strauche bewachſen, tod
halb vie Berge ſelbſt Dſchebri Dagh genannt werden. Die Zucht
ift wegen des beſondern Climas, beffen die Zeitigumg der Feucht
bebarf, bei neuen Anpflanzungen manchen Schwierigleiten. unter-
worfen. Die Nachfrage dieſes Farbeſtoffs, der außer ber gelben
Zarbe and) ein ſehr fhönes Grün giebt, if fo groß geworben, daß
die Aupflanzung bes Gewachſes mande andre Pflanze verbrängt hat.
Ueber Samfun und Si nope findet die Hauptausfuhr fait; Cä-
foren ſcheint aber das Hauptdepot biefes Productes zu fein, aber
Angora wetteifert in neuefter Zeit darin mit jenen. Aus des Bo
tamiters Ch. Kotjhy”s Beobachtung”) im Bulgher Dagh in
Cilicien geht hervor, daß auch dort bie gelbe Kreuzbeere einem wide
tigen Haudelsartilel ausmacht, daß ver ſehr gefucdhte Farbeſtoff aber
durch Vereblung des Gemwächfes einen jehr erhöhten Werth exchält.
Im den bortigen Weinbergen überwuchert das Strauchwerk bes
Rhamnus oleoides bie Rebftiele; wird bie8 mit Rhamnus infecto-
rius gepfropft, fo wird bie Mutterpflange ein fo ganz verebeiter
Strauch, daß ihre Beeren um fo viel trefflicher werben, als etwa
bie verebelte Birnenart über ver gemeinen Holgbirne ſteht. An den
”**) Belon da Mans, Ohserrat. etc. ed. Paris 1554. III. p. 207.
®*) Aucher Eloy, Relat. Il. p.382. **) Ainsworth, Trav. and Bes.
1. p.134. ®°) v. Tehihaichefl, Etat astael etc. Exir. de ia Rerao
j deux Monden. 15. Mei 1850. g.12--d. 9) SR.Matiin,
ſer. a. a. D. J
Aungora, neuere Zuftände, 499
Stellen, wo bie Tranbe nicht mehr gebeiht, werben bagegen bie Berge
ſehr vorteilhaft mit biefer Dſchebri bebaut, bie nur beſondrer
Hütung gegen die Ziegenheerben bebürfe, benen fie ein Lieblings“
futter iſt. Die Mutterpflanze kommt am Südfuß des Bulghar ,
Dagh in dichtſchattigem Unterwald als Halbbaum auf deſſen Nord-
feite nur vereinzelt vor,. aber aus dem Innern Karamaniens Tome
men bie größten Quantitäten biefer gelben Beere in ven Hanbel
file Einopa,
Die Summe ver Häufer von Angora giebt Hamilton auf ‚
11,000, der Einwohner auf 50,000 bis 60,000 an; bavon gehören
1500 Häufer ven Tatholifchen Armeniern, 300 ven ſchismatiſchen,
von benen ſich bei ber legten Verfolgung in Conftantinopel viele
hieher geflüchtet hatten; 300 gehören ben Griechen, die übrigen den
Zürten, die aber größtentheils der ältern turtomannifchen Abſtam-
mumg angehören. Die Latholifchen Armenier hatten gegenwärtig
hier ihren Hauptfig, ihre Zahl gab man auf 4000 an. Die
ſchismatiſchen Armenier haben im Norven am Tſchibuk fu,
eine Stunde von ber Stabt, ihr altes Klofter, das ihre Le
genbe dem Apoftel Paulus zufcreibt; früher war es das Refugium
aller europäifcen Kaufleute und aud der engliſchen Factorei in
Angora; daher auf dem dortigen Kirchhofe viele ver Leichenfteine
bort Berftorbener, zumal englifcher auch franzöfifcher, hollandiſcher
amd andrer enropäifcer Geihäftsführer und dteſidenten in —
Zeugniß von den früheren Zuftänden dortigen Verkehrs geben, ver
mit ber Aufhebung des engliſchen Conſulats in dem zweiten Jahr
zehend des Jahrhunderts faft ganz aufgehört hat. Auch bie fran«
zoſiſchen Kaufhäuſer, die bis vor der Revolution bort anfäfflg
gewefen, waren zur Zeit von Aucher Eloy's Befud im 9. 1834
Thon ‚gänzlich, ausgeftorben. Früher mögen aud Venetianer dort
Handel getrieben haben; von ihren Münzen aus älterer Zeit werben
von ben unwiſſenden Mönchen mebicinifche Eigenfchaften gerühmt®),
Nah Hamilton fol der Haß dieſer orthobogen Armenier gegen
die von ihrer Kirche abtrünnigen päbſtlich gewordenen Neulinge fo
groß fein, daß fie vorzüglich durch ihr früheres Anfehen und ihre
Imtriguen in Stambul bie Haupturfache der dortigen Verfolgung .
ihrer Glaubensbrüber waren. Die Autorität des orthoboren oberen,
jest ſchismatiſch genannten Erzbiſchofs, melde durch ganz Mein
Aften (tie auch in Tofat, f. oben S. 124ff.) immer in großem An ·
®") Aucher Eloy, Relat. I, p. 72.
j Kir)
500.7 Meinten 1
ſehen gewefen, ſcheint durch die armenifchen Römlinge allerbings ſehr
in Gefahr gefommen und zu ſchwinden. Im ſchismatiſchen Kloſter
führten die Priefter ein gemädjliches bequemes Leben, blieben aber
in der alten Nohheit und Ignoranz; bie Priefter ver Fatholiichen
Armenier erhielten aber eine feinere Bildung und Kenntniß in den
rbmiſchen Seminarien, feitvem die im Libanon aufgehoben wurden
Erdk. XVI. 1. 797); fie hatten ‚die Erlaubniß von Länbereibefig"
zur Erhaltung ihrer Convente erlangt, während biefes Band»
eigenthum jenen verfagt war, wie allen Nichtmufelmännern in
ganz Galatien. Bei den fortvauernden Aushebungen des Boll
durch die neuere Confeription, deren Individuen in ver Regel nie
wieber in die Heimath zurüdtehren, muß bie Bevölkerung fehr ge
ring und ber größte Theil des Landes ohne Arbeiter wüſte liegen
bleiben. Die Altarmenier hatten einft 7 Kirhen in Angora,
von denen aber nur die zum heil. Kreuz und ©. Serg ius (ver
oft mit ©. Georgius verwechſelt wird) in Gebrauch blieb, während
die armenifchen Katholiken feine Kirche hatten; die Griechen 2 Kir-
hen, ©. Georg und heil. Dreieinigfeit. Mit dem ſchönen durchſich-
tigen orientalifchen Alabaſter, den man als Schmud in diefen Kirchen
in einigen ſchönen Fenſterſcheiben findet, wird für die Abergläubiſchen
mander Spuk getrieben. Die Glaubensbifferenz der beiven arme
niſchen Secten rebucirt Hamilton nur auf vier Puncte, unter
benen das Supremat des Pabftes- flatt des armenifhen Pa-
triarchen hauptſächlich die Galle beiver erregt; bie Verwerfung des
Fegefeuers und andre bogmatifche Streitigkeiten find doch nur Ne⸗
benſachen. Die fanatiſchen Turken in Angora waren in großem
Verfall; ihr Imam ſuchte damals den Armeniern ihre Söhne
wegzufangen, um fie mit Gewalt durch die Beſchneidung zu Profe⸗
Igten zu machen. Der Paſcha ftand unter dem Einfluß europäifcier
Aerzte. Die Bedrohungen des Bicefönigs von Aegypten machten,
daß feine Truppen von europäifhen Officieren breffirt wurden.
Der Erercierplag mit ver Caſerne liegt auf ver Nordſeite der Fer
flung gegen das fhismatifh-armenifche Mofter zu.
Die Citadelle ift durch eine dreifache Fortificationglinie ver-
theidigt, beren Thore jede Nacht zugefchloffen werben; innerhalb biefer
Veftungsftabt wohnen 4000 bis 5000 Seelen, zumel viele Armenier.
Die äußere Mauer umſchließt das Ganze; "ie zwei te ober mitt
Iere heißt Itſch Kaleh (d. i. inneres Sälof), welche durch viele
quadratiſche Thürme perſtaͤrkt iſt, die wie ihre Zwiſchenräume und
Courtinen oft von oben bis unten aus lauter Fragmenten antiker ‚
.” \ Angers, neuere Zuſtände. 01
Marmore aufgemanert find, fo daß die vielerlei an ihnen befindlichen
Basreliefs, Infcriptionen, Orabfteine mit Gtier-
töpfen, Ouirlanden, Caryatiden, Arhitraven und Sän-
Len oft eher das Anſehen eines Mufeums abgeben, als das einer
Veftungsmauer. - —
Die obere Feſte auf der Felsſpitze heißt Akkaleh, weißes
Schloß; es enthält nur wenig Marmore, iſt meiſt aus dem dunkeln
vulcaniſchen Trappgeſtein, aus dem ber Fels ſelbſt beſteht, aufge-
führt, aber einzelne enorme Blöde darin angebracht ſcheinen einem
weit ältern Baue, wahrſcheinlich der alten Galater, angehört zu
Haben, deren characteriſtiſcher Feſtungebau in ben leeren Um-
manerungen beftanb, die hier in dem großartigften Maßſtab ver
älteften Teotofagen-Fefte noch chasacteriftifch hervortraten; das
her auch in Eonful Manlius Berichte feine Stabt genannt wirb,
bie er eroberte, fonbern nur die Vernichtung des Tectoſagenheeres,
nad} deflen Flucht mit Weibern, Kindern und Gütern die leere Fe⸗
ſtungsmauer auch feine Gelegenheit zu großer Beute oder Plünberung
gab, wovon nirgends’ bie Rebe iſt. Auf vem Gipfel dieſes Weiß-
Caftells Ing aud die Marmorgeftalt des coloffalen ruhenden
Lowen. Zu den größten Merhwixbigfeiten in der Stabt Angora
technet Hamilton die vielen unterirbifhen Pafjagen, die nad ven
verjchievenften Richtungen umter berfelben hinziehen, deren eine auch
vom Fluß bis zur itabelle führen ſoll; fie folle von hohem Alter
fein; leider konnte er fe nicht beſuchen, obgleich er die Erlaubniß
. bazu erhalten hatte, venn die Schlüffel zu den eifernen Thoren ber-
felben follten verlegt fein; ein Armenier und ber Doltor des Paſcha
verſicherten zwar, einer ber Gänge, ver auch in ver Stabt als ein
von Biegelfteinen errichtetes, aber eingefallenes Gewölbe zu fehen war,
folle 8 Meilen weit unter ver. Exve fortführen; aber ſolchen Ueber-
teeibungen, in denen bie Golbfhäge und hindernden Satansfniffe
nicht unberüdfihtigt blieben, war wenig Glauben beizumefien.
Die Klimaertreme des hochgelegenen Angora-Gebieis, große
Kälte im Winter, Hite im Sommer und vorherrſchendes Troden-
clima das ganze Jahr hindurch, find von allen Beobachtern beftä-
tigt; Ainsworth lernte wie Wenige auch die Winterertreme Tennen;
dieſe üben denn auch auf bie Thiere bes bortigen Hochlandes einen
eigenthümlichen Einfluß aus, wie auf Schafe, Ziegen, Katzen,
Hunde und andere Thiere in Bezug auf ihre eigenthümliche Belleie
dung, bie an die daunige Bildung bes Seidenhaares ver-
wanbter Thiere und felbft des Yals auf dem tibetifchen Hodlanbe
502 Rlein-Ufen. $. 10.
erinnert. Jagdhunde und Kameele verficht man dort mit Win-
tertleidern ©). Doc bemerft Ainsworth, daß biefe Extreme wol
vie mitwirkende, aber. nicht die einzige Urfache dieſer zoologiſchen
Erſcheinung fein Tonnen, da ſich auch in andern Gebieten Kleinaſiens
viefelben. climatifchen Extreme wieberholen, ohne jedoch biefelben 300.
logiſchen Berhältniffe zu erzeugen; daß daher aud Boden und Ex
uöhrungsverhältnifie ihren Beitrag dazu abgeben werben, ba bie
Eigenthämlicgkeit dieſer zoologifchen Erſcheinung nur auf eimen ge
wiffen landſchaftlichen Raum eingefhränft fei.
BWährend Hamiltons länger dauerndem Aufenthalt in Angora
war bafelbft fein Wölfen am ganzen Himmel zu fehen. (£8 zeigten
ſich aber außerordentlich ſtarke electeifche Phänomene bei ber ſehr
troduen Luft an leinenen, wollenen und zumal an ben ſeidenen Zew
gen. Am Abend, fagt er, im Bette liegend, zeigten ſich feidene
Tücher oft wie Blätter rauſchend und ganz mit feurigen Flächen
überzogen; bie Hände waren oft ganz mit einem electrifchen Fluidum
auf eine überrafchenbe Weife umgeben. Das Elima um Angora
ift jedod zu rauh, fo daß weder Feigen noch Nußbäume dvajelbſt
reifen Finnen; an ben Bãächen und Waſſern bemerkte Aucher Eloyꝰi)
noch Maulbeerbäume, fogen. wilde Delbäume (Elaeagnus
orientalis), Efhen (Fraxinus parviflore), Bäppeln und auf den
Bergen vorherrſchend Juniperus hispanica. Doch find die mehrflen
Berggehänge ohne Wal, oft ganz nadt, und ſchon Busbek bemerkte,
daß die Flora von Angora ärmlic, fei, wenigftens habe er nur wenige
von den heimifchen Gewächfen verfchiedene vorgefunben. Auch Tour»
nefort giebt mur wenige Ausnahmen hiervon an. Der genannte
Juniperus, der Sebenbaum (Sabina) ift überhaupt weit und breit
auf ven nadten, rauhen Höhen ber centralen Plateauebene hie und
da, zumal an gefhügten Stellen, an den Ufern der Bäche mit me
nigen anbern Gewädfen das characteriſtiſche Strauchwerk biefer
Landſchaften.
Den größten Reichtum des alten hodjgelegenen Landes Gala-
tias und feiner Bewohner, ſowol der Stäbter wie bes Landvolls,
machen die. Heerben aus, bie zugleich bie verfchiebene Lebensweife
der Hirten, des Hauptſtandes der Gefammtbevölferung, in ber
weiten Plateau» und Gebirgs · Gruppe Angora’s, wie das Gewerbes
leben - der Stäbtebemohner, zumal von Angora, ſelbſt bedingen.
Garten- und Obftbau giebt zwar faſt allen Dorf- und Stäbte
’®) Aucher Eloy lc. **) Aucher Eloy, Relat, 1. p. 66, 72.
Angora, neuere Zuftände. 808
Benshnern anch reichliche Nahrung und Unterhalt, Aderbau aber
iR fparfam, und nur auf das Nothwendigſte beſchränkt und giebt
Kirgenbs Ueberfluh. Im Gegentheil, der öfter einteetenbe Mangelor)
maß aus ben kornreichern Provinzen der Nachbarſchaft, durch ver
dabei wicht wenig profitirenden Wucher ver Pafches und ihrer Die
mepoliften, wie as ben bebautern Ländereien von Siwas, Tſchaugri
und andern Orten durch bie Einfuhr erfegt werben, und mır Reit
cultur, wo fie hie und ba an ben waſſerreichern Ufern ber Glüffe,
zumal bes Saugarius, vorkommt, giebt Ueberfluß, wo. fle eifrig ber
trieben wird. Das Weideland und die natärlihen Grafun-
gen nehmen bei weiten ben größern Theil des faft ganp baum⸗
‘Iofen Plateaulandes ein, deſſen einzelne Gebirgaftellen nur in
ven Bertiefungen größere Walvungen haben, während ber größte
Zeil ver Vergeiicen nadt if. (6. bleibt alſo ber größere Flächen
ram ben Heerden übrig, deren Hirten aber meiſt nur in ben
Wixterbörfern augeſiedelt find, wo fie and) etwas Acket im Frühjahr
wie zur Ernte im den Ebenen durch bie Alten beſchicken. Das friſche
Hirtenvolt aber, Halb Bauer-, halb Hixtenleben ‚führend und dabei
der Jagd obliegend, befteigt mit feinen Heerden bie bei weiten geöffere
Hälfte des Jahres bie Verge and bringt bort auf ven Sommer ⸗
frifhen, ven wechſeladen Jailas zu. Das Schäferleben, deun
Rinderzucht ift wur umtergeorbneter Art, bie Pferdezucht ift mehr.
in Cappabocien und unter Turlomanen verbreitet, fpielt alfo im
one ver alten Balater vie Ganptrolle; ihr Extrag von Ziegen
und Schafen giebt ven Spinnern, Webern, Wärbern und Handels⸗
leuten ber Stadter ben Hauptſtoff zu ihren Gewerben, und ihnen
feibft ihre einfache Hauptnabrung .
Mm dieſer Beziehung nimmt das obere Stromgebiet bes
Sangarins in feinen .öftlichen und ſildlichen Verzweigungen, mr
des dem gebfiten Theile nad) das alte Galatien umfaßt, umb
uch oflwärts über ven Halys hinaus bis zum Zris und nad; Tas
vium reicht, ein beſondres Interefle in Auſpruch, als antikes
Hirtenland und buch feine eigenthümliche Heerbenwelt.
Eine von allen übrigen Theilen Meinafiens verſchiedene Erſcheinung
barbietenb, im ber fich-feine ältefte wie jüngfte menſchliche Bes
viltkerung, aus bem üwferfien Weften mit dem Often, auf eine
ſo feltfame und faft- einzige Art begegnet, wie fie fich vieleicht mır
nech eimmal im inbifchen Aſien durch Afghanenftämme aus bem
’) W. G. Browne, Trav, l.c. p.414.
30 . Klein⸗ Aſien. $. 10,
Decibent zum Orient wieberholt Haben möchte (f. Erdk. Afghauen
Th. 8. ©. 191—206).
Hier die älteften Galaterftämme in ihren mehr ober weniger
verbefierten und vermiſchten Weberreften mit ven vom fernen Often
her eingeiwanberten älteren ſehr vefpectabeln Turkomanenftäm-
men ber arabifchen, atabefifchen, ſeldſchuliſchen Zeiten, welche bie
Hauptmafſſen ver Lestlterung ausmachen, vor denen bie mobernen
Türken fehr zurücweiden; denn jene Turkomanen find bie noch von
Ewliya Efendi?®) genannten Og huz, die er durch alte türkifche
Einfalt daracterifirt, die auch von Hadſchi Chalfa%) als vie
Hauptbewohner von Angora angegeben werben. Es ift ver thätige
Hirtenftand und der Landbauer, wie ber Gewerbetreiber ver Stäbte.
Eine geringere Zahl ver hier zurüdgebliebenen gevrüdten Byzantiner,
oder bie jüngere Zahl ver neueingewanberten Griechen, hat mır ihre
chriſtlichen Einrichtungen beibehalten, aber ihre eigene griechifche
Sprache, die türkifche ammehmend, vergeſſen und ſich jenen ange
ſchloſſen. Die jüngften türkiſchen Befigergreifer umd Eroberer bes
Bodens find die müßigften und feparatiftifhen Herren des Landes
geblieben, vie Nichts probucirenden fruges consumere nati, bie fich
fanatiſch und gebieterifd nur hemmend ven Uebrigen entgegenftellen
und die Armenier als Gejhäftsführer für ſich arbeiten kaffen. Diefe
feit ven älteſten Zeiten und während aller Jahrhunderte häufig
eingewanberten, angefiebelten und thätigften, faft überall hin, vor.
züglich aber in ven größeren und Heineren Stäbten trotz aller Ber»
folgungen und Bedrückungen fortdauernden Colonien machen
bie ahtbarfte, induftridfefte und intelligentefte, wenn ſchon
bie gegingere Maffe ver" Bevölferung aus, als die Gejhäftsführer
ber Großen bes Landes, bie Finanziers, die Kauf und Ganvels-
leute. Vielleicht daß dieſem merfwilrbigen Volke, bei beränder-
ten Zuftänden, nod einmal eine wichtige Rolle zufällt. Juden
haben meer in ber Stadt Angora, noch in Galatien über
haupt Eingang gefunden, umb in manden Gegenden war ihr
Aufenthalt (wie 3. B. in Torbaly)%) fogar verpönt. Die jün«-
gern ſtets und regelmäßig alljährlich einwanbernden neuen Tur«
lomanen- und Kurden-Horden find nomadiſche Barbaren,
Hirtenvölfer geblieben und zumal vie legten als Ränder und
) Ewliya Efendi I. p. 239. *) Giban Numa ed. M, Norberg. II.
p-442. - *) Emliya Elendi 1. c. II. p. 241.
Angorifhe Heerdenthiere. 505
Pländerer ver Fluch des Landes; mer hie und da (wie auf
Tſchapan Oghlu's Territorien) find einzelne ihrer Stämme zu
fefer Aufieblung und einzelnen Sortfcheitten ber Civififation gebracht
worben. : °
Anmerkung.
Die Ziegen- und Schafheerben und ihre Hirten im galati-
ſchen Hochlande am obern Sangarius, zumal bie Zucht ber
Biegen von Angora.
Das eigenthümliche Vorkommen ber Angora-Ziege (Capra hircus
angorensis) hat feit Jahrhunderten bie Aufmerkjamfeit ber Europäer er⸗
" zegt, und ben Bewohnern bes Landes einen eigenthümlichen Nahrungs-
zweig geſichert, ber filr fie von ber größten Bedeutung iſt; aber auch
andere Thiere teilen das Abſonderliche dieſes Locales. Kälber und
Schafe von Angora rühmt Ewliya Efendi’) als vorzüglich, denen
ber phrygifcgen Hochebene von Kiutahia gleich zu flellen; bie Zie-
gen aber als weit vorzüglicher, womit and Oadſchi Chalfa wegen
ber feinen feibenartigen Haare, bie fonft nirgenb8 gefunden werben
follen, übereinftimmt. Auch bie Angora-Rage ift hier als eigenthllm«
lid, befannt geworben?”). Einer ber erften Enropäer, ber Nachricht über '
die angorifhe Ziege gab, iſt ber forgfam beobachtende Bnshbet
(im 3. 1554), auf feiner Wanderung durch Angora nah Amaſia.
Bon Nicäa ben Sangarius aufwärts immer an beffen Norbufer hin
anf ber Bergfirage bis zum Eingang im bie Hochebene bleibend, um
bie große Hige zu meiben, traf er beim erften Eintritt in bie weite
Ebene, er nennt ben Ort Tſchauſch-aba (Ehiaufaba), 5 bis 6
Tagemãrſche in Weit von Angora und vielleicht halb fo weit weſtwärts
von Bejbazar (bemm bie Lage ift nur nach feinen Tagemärfchen zu er -
mitteln), auf bie erſte Ziegen heerde mit bem Seibenhaar und
das Schaf mit bem Fettſchwanz, von Nomabenhirten gepütet, bie
in Zelten lebtenꝰ). Aus dem Bließ ober Haar werben die gewellten
„Zeuge (Cymatiles, von zöue, die Welle) gemacht, bie man alfo nenne,
Das Haar jet ber Seide faft gleich, von größter Feinheit, voll Glanz,
hänge Bis an ben Boden herab; es werbe von ben Hirten nicht ger
Ihoren, jondern abgefämmt. Man waſche fie oft in ben fließenden
Bachen; fie weiden auf bem kargen bürren Boden, wo nur ein feines
®) Emliya Efendi 1. c. II. p. 231; Gihan Numa ed. M..Norberg. Il.
ps. *") W. G. Browne, Trav. in Africa, Syria etc. Lond. 4.
1799. p Alk. =) A. G. Busbequüi Omn. q. ext. I. c. p. 68-69
und 74.
D
.
506 Meinen. $.10.
kurzes Gras wachfe, das viel gu ber Feinheit bes Oaares beitrage; dem
es ſei befammt, daß anberteirts ein Wechſel des Bobens und ber Rah-
rung auch bie Ziege fo ausarten made, baß man fie laum als folder
Rage angehörig wieber erfenue. Das auf biefe Weile vom Blick gewon⸗
mene Haar bringe man aus biefem Gebiete nah Angora, wo es bie
Weiber fpinnen, verweben, färben und zu Zeugen verarbeiten, bie
durch ben ſchonen breitwelligen gleihmäßigen Stoff wie Färbung und
Glanz den Namen Eymatilis verdienen unb bei Gultanen zu ben
liebſten Meibungen gehören. Die Schafe, welche Busbel Hier von
. Zeit zu Zeit in Heerben antraf, überraſchten ihn burch ihren Fettfchwang,
ber von 3 bis 4, aber auch bis zu 8 unb 10 Pfund ſchwer war, fo daß
man ben alten Schafen, benen er zu ſchwer geworben, ihn zu tragen, ein
Wagelchen von 2 Rädern zum nachſchleppen deſſelben anhing. Dies mug
wol damals an ber Doman wenig bekannt gewefen fein, ba ſich ber Be
fanbte bei feinem Gebieter, bem er dieſes melbet, ausbrädlich ver ·
wahrt, daß dies feine Uebertreibung ſei. Der berühmte P. Belon’),
ber nur wenige Jahre vor ihm (im I. 1548) Kleinaſien durchwanderte,
hatte zwar vom ber feinen Biegenwolle und bem großen Handel ihrer
daraus gefertigten Tamelotte (Ehamelots), aber von Augora (Augouri)
nur veben gehört, vom Ihm ſelbſt nichts gefehen, und auch von ben Schafen
in ber Lanbfepaft Pamphylien nichts derartiges erfahren. Der Fettſchwen
bes Thiers Habe, führt Busbel fort, feinen guten Ruten, aber bas
Fleiſch des Schafes ſcheine ihm härter und weniger fhmadhaft als bes
ber deutſchen Schafe zu fein. Mit folgen Heerben ziehen bie Hirten wit
Weibern umb Kindern in ihren Zelten weit nud breit im Lanbe umher,
bald im ber Ebene, balb auf ben Bergen, wo fie dem guien Weidelande
für bie Heerden nachgehen.
Auch Tournefort (im I. 1701)”), ber bie erfe Abbildung ber
Angora-Ziege gab, umb ſelbſt durch das galatiſche Land zog, we er
die Angabe Busbels beätigt ſand, hielt das kurze feine Gras
für die Bebingung ber großen Feinheit und bes Seipenglanzes biefes
Ziegenhaars, das in ſchönen gefräufelten Loden 8 bis 9 Zoll Lang wem
Belle in feiner blendenben Weiße herabhänge, das aber nicht roh amsge-
führt werben bürfe, um nur im’Ranbe berfponnen zu werben, von wo es
erſt verarbeitet ausgeführt werben fönne, um ben Bewohnern Angores
night ihren Hanptverbienft zu ſchmälern. Cr hält dafür, daß Strabo
ſchon (RI. 546, Aogxas, Antilope dorcas, bie gemeine Gazelle, Gereb.
WW. 192) biefer angorifhen Ziegen auf ber Oftfeite des Oalye im,
Gedelonitis erwähnt habe. Die Tateinifce Ueherfehunfg giebt das grie”
’*") P. Belon da Mans, Obserrations de plusieurs Singularitde etc. Paris
1554. 4. Liv. I. ch. 114. fol, 169. *”) Tonmelort, Beat. I.c.
Voll, p. 185—186.
Die Angora- Ziege. . 507
Gifte Wort Lögxes and als Caprea wieber, aber ohne hinreichenden
Grmb*), da es fonft etwa and; Rehe bebeuten könnte; hätte es aber
die angoriſche Ziege bezeichnen follen, fo würde Strabo fiher aud dom
ihrem feinen Haare,” wie unmittelbar in ber vorhergehenden Stelle non
der feinen Wolle der Schafe, etwas hinzugefügt haben.
Auf der Dftfeite bes Halys hatte Tournefort Teine angoriſche
Ziege geſehen, da waren nach Konia (Cougna bei Tourneſort) zu alle
Ziegen nur von ber gemeinen Art, braun ober ſchwarz; im Weſten
aber zeigte ſich ihm bie weiße angoriſche Ziege nicht weit über
Beibazar hinaus in zahlreichen Heerben. Zu Giwrihiffar") gegen.
SB. trafBocode ihre erſte Heerde an; Busbek wat bie er ſte Heerde
weiter in Weſt bei Chiauſada (im Wet von Keralha) begegnet). Wins-
worth?) fanb bie Zucht ber Augoraheerden noch weiter verbreitet gegen
Bet über den Verein beiber Sataria-Arme hinaus, jenfeit Sarınbas,
und Aucher Eloy*), vom Weſten kommend, ſah bie erfte biefer ſchönen
weißen Heerben beim Eintritt in bie galatifhe Hochebene zu
Rallyhan. Das Vorkommen biefer Heerben war alfo auf eine engere
Zanbeöftvedle, boch weiter als Paul Lucas") baflür gehalten hatte, 8 bie
10 Zagereifen im Umkreiſe ber Sauptflabt verbreitet, von ber fie den
Namen führt. Anh Paul Lucas mar ber Anſicht, daß ihre Schön.
heit von ber eigenthlimfichen trocknen Grafung abhängig ſei. Es gelang
im, einige Vließe der Angoraziege mit nach ber Heimath zu bringen,
wo das Haar in England und Frankreich zu ben ſchönſten Allongeper-
rüden jener Mobezeit dienen konnte, bie bei dem Berbot jeber rohen
Unsfahr aber fehr kofkbar waren. Die Spinnerei und Weberei geſchah
noch ausſchließlich in Angora ſelbſt, wo Tournefort bie daſelbſt ge
machten Zenge mit bem Namen ber feinften Ramelote belegt, bie in ihrer
größten Reinheit ohne alle Beimifhung nur nad) dem Gerail bes Groß.
fultan® anegeführt würben. Die geringere Sorte bes feinen Ziegenhaars
galt im Angora bie Dia 4 bis 12 oder 15 Livres, bie beſte Sorte 20
bis 25 Shaler. Sie machen den Reichthum ber Bürger von Angora
aus, bie fich alle mit ihr befchäftigen. Was man in Brüffel unter bem
Namen ber Kamelote verfaufe, fei immer mit Wolle vermifcht.
Bocode konnte nichts Neues hinzufügen unb bie Meinung ber Ein-
heimiſchen nur beflätigen, daß jebe Verpflanzung ber Angora- Ziege ins
Ausland nur ansarte, eine Anficht, welche ber Naturforſcher Schreber*)
®°) Straben, Traduct. frang. ed. Coray. Paris 1816. 4. T. IY. 2. p. 35.
3) MR. Borode, Beichreibun, ve Morgenlaudes. Th. III. ©. 125.
*) Busbek 1.c. pı 68. , 3 Ainsworte vorth, R. Geogr. Journ. London.
Vol. X. P. 3. p. 278. *) Aucher Eloy, Relat. I. p.66. ) Paul
Lucas 1. c. p. 120. 3 sh. D. — in Bert, Beide.
des Morgenlandes. Crlangen 1773. 4. Th. IL.
5 Meindl 6.10.
mit einigen Verſuchen glaubte wieberlegen zu Iöunen, welche mit folder
Ucberfiebelung nah Schweden und Deutfland mit günfigem Er-
folge ſchon gemacht fein. Die Ausfuhr der Angorageſpiuinſte war aber zu
Bocode’s Zeit, zumal nad; England, Frankreich und Holland, fehr ge
fliegen, ba jährlich 500 bis 600 Kameellabungen, jebe zu 150 Oken, alſo
76,000 bis 80,000 Dfen Erport angegeben wurben; jebe Dfe hatte 3 bis.
6 Zhlr. bei der Ausfuhr an Werth, brachte alſo ber Stadt ein bebeu-
tendes Capital ein.
Macdonald Kinneir*), ber viel in Kleinaſien umherzog, fah
im Often bes Halys-luffes viele Ziegenpeerben, aber nie eine augoriſche
Ziege; ex ſah alfo biefen Strom bes Kyzyl Ir mak heutzutage als bie
Oſtgrenze ber Angora-Ziege am, was ihm ber bortige englifche
Conſul beftätigte, ber als Weftgrenze ihres Vorlommens bie Begenb von
Nallychau angab. Aingworth'), vom Halys kommend, fah bie
angorifchen Ziegenheerben zum erſten Male, ald er am 8. Dezember vom
Zurtomanendorfe Haffan Oghlan auf bie Weſtſeite ber Gebicgeletie
‚eine Meine ‚Tagereife noch fern von ber Hauptflabt zu ihr hinabſtieg.
Ueber bie Verbreitung ihres Vorkommens gegen Norb und Süb fehlen
noch manche Beobachtungen, außer ben einzelnen oben ſchon angegebenen.
Die Zucht der Angora-Ziege und bie Berarbeitung ihres Er⸗
- trags fand Hamilton’) (im 9. 1836) fehr rüdgängig gegen frühere
Zeiten, weil bie turtiſche Eiferfugt gegen bie Armenier, bie Hauptbetreiber
der Geichäfte, biefen ben Verkehr verboten, und das Monopol ber &p-
Horte nur auf Muhammebaner übertrigen war. Die beffere Einfiht
eines Paſcha "hatte zwar nach einiger Zeit bie Zucht wieder freier gegeben,
aber bie Zahl ber Ziegen war fon ſehr herabgefunten gegen ben Um-
fang bes Gebietes, auf dem bie Zucht hätte ftattfinden Töunen; ber ganze
Ertrag ber Erporten betrug nur noch 20,000 Ofen, und nur wenig Bar
brifate wurben nod in Angora ſelbſt zu Stanbe gebracht. Drei Jahre
fpäter giebt Ainsworth'°) jedoch bie Summe ber Erporten weit größer
am, wobei aber, wie es feheint, in ber Angabe ber Ofen fein Unterfhieb
von Ziegenhaor und Schafwolle gemacht ſcheint; doch mag der Bertehr
bier fehr großen Abwechslungen unterworfen fein.
Ewliya Efenbi (im I. 1648) dankt feinem Allah bafür, daß es
ben ungläubigen Franken nicht gelingen Tonne, das gefegnete Thier feines
Patrone, des Heiligen Hadſchi Beiram, im ihre Länder zu verpflan-
zen, ohne auszuarten, denn natürlich hat es biefer nur feinen devoten
Gläubigen vorbehalten. Die Stoffe, welche daraus für ihre Gultane
gearbeitet werben, nennt er Schallun, bavom uufreitig der im Handel
*°°) Macd, Kinneir, Journ. in Asia Mingr. Lond. 1818. p.76. *) W.Ains-
wort, Trar. and Res. Vol-l. 119. *) W, Hamilton, Rei. I. c.
u pä18. °%) W.’Ainsworth, Trav. änd Rs. 1.c. I. p.134-
Die Angora- Ziege. 509
gelommene Ansbrud ber alten Zeit Chali bei bem Franzoſen, fpäter
verbrängt durch ben inbifchen Shawl ber Engländer. Geſchorene Haare,
fagt der Efenbi, fein grob, bie ausgerifenen fo weich wie Seiden Hiobs.
Da die Ziegen aber fehr laut und ſchmerzhaft freien, wenn ihnen bie
Haare ausgeriffen werben, fo waſchen fle bie Hirten mit Kalk und Aſche,
wodurch bie Haare ohme Schmerz ausfallen, und das Thier nadt wirb,
Es it mertwurdig, daß fon M. Terentius Barro bie Wolle ber
Schafe anf dieſelbe Art gewinnen läßt, welche bie einen Vellera, bie
ambern Velamina nennen, woraus fid ſchließen laſſe, daß erſt das Aus-
zeißen, dann das Scheren in Gang gekommen fei (prius lanae rulsuram
gan tonsuram inventam, M. Terentius Varro de re rustica. Lib. II, 11).
Die Tonfur fei erft aus Sicilien in Italien eingeführt, wobei er auch
ber Bfiege der Schafe wie der Ziegen gebenft, und fagt, baß bie Tonſur
in einem großen Theile Bhrygiens bei ben langen Zotten ber Thiere
gebräuchlich, aber erſt ans Cilicia eingeführt fei, daher man die Tracht
barans Cilicia nenne. Dies konnte bem franzöflihen Reiſenden einige
Beranlaffung geben anzunehmen, fhon zur Römerzeit möge bie Zucht dev
angorifhen Ziege in Phrygien beftanden und Barro davon Kenutnif '')
gehabt Haben, obwol biefer Hiervon nur in feinem Kapitel de pastoribus
vorübergehend ſpricht, in dem de Capra (I. 3) nirgende biefe Sorte er«
wöhnt, obwol er auch verſchiedene Arten berfelben unterfcheibet. Weber
Strabo noch Barro und au Plinins wiſſen noch nichts von ber
engorifGen Ziege. Wir Halten e8 für viel wahrfcheinficher, daß fie fber-
haupt im Alterthum ber Weftfeite des Halys fremb war, und ihre
Berbreitung bis nach dem galatiſchen Angora erft aus fpäterer Zeit
Rammt, und mit der Einwanderung ber Eurfomanenhorben,
bie ihre vorzüiglihen Hfter find, in Verbindung ſiehe. Aucher Eloy'Y)
Helft während feines Aufenthaltes“ in Angora bie, wie er fagt, ans ber
Geſchichte bekannte Erzählung mit, da vor ber Einwanderung der De ·
manen in Nleinaflen aus Choras mien vom Orus ber ein bortiger
Huptfing, mit Namen Soliman Shah, fih Habe dem Einfluffe der
Viingpiefgamiden-Herrfcher entziehen wollen und deshalb fein Heimath-
Hand im ften des caspiſchen Sees mit feinen Zelten verlaffen habe.
Dies beſtatigt and) bie Gefhigte"). Aucher fügt noch Hinzu, baf fie
als Ziegenhirten ihre Heerben, als ihre Hauptnahrung, in Heinen Tage
narſchen vor ſich her getrieben, und baß bies bie ſchöne feldenhan-
tige Ziege fei, bie fie vom Orus mitgebradt. Beim Durchgang
Aber den Euphrat fei Boliman Schah bei dem Schloſſe Dſchaaber er-
trunfen, aber fein Sohn Ertroghrul, der Erbe feiner Tapferkeit und feines
*") Ch. Texier, Deser. de YAsie. T.l. p.91. *'") Aucher Eloy, Relat.
PH BR, ge 7) 3. v. Hammer, Geld. d. ooman. Reichs. I.
10 Mleinm 8.10.
Unternehmens, ſei mach ber Abzweigung Anberer . feines Gtammes im
Syrien mit ben Geinigen bis nad Kleinaften_ vorgebrungen, Dies
geſchah zur Zeit Alaeddins, Eultans der Selvſchuken, bem ex ale
damaligem dortigen Herrſcher fi mit ben ihm uoch übrig gebfiebenen
400 Gliebern feines Stammes anfhloß. Für bie ihm geleiteten Dienfe
ſei er uerſt mit dem Gebiete gegen die Weſtgrenze Augora's belehnt.
worden, und dann noch weiter weſtwärts am Purſakfluß (am Thymbrus)
und Saugarius, um ben Winteraufenthalt in ber Gögübs-Ebene zu
nehmen, ben Sommeraufenthalt in ben Jailas auf bem Karadſcha Dagh
chwãrzlicher Berg) oberhalb Angora. &o feien bie transcaspifhen
Rasen ber Seibenhaarziegen erſt zu angorifchen durch Einwan-
berung im 18. Jahrhundert geworben, eine Angabe, bie für uns viel
Wahrſcheinlichkeit hat, obgleich wir nicht wiſſen, wodurch biefer Zuſatz zur
Erzäplung begründet if. Wir erinnern hier nur baran, baf bie augo⸗
riſche Ziege aus ihrer frühern choras miſchen Heimath und um-
herſchweifenden Lebensweife, wie ihr eutſprechendes climatifches Gebiet in
bem mittelpohen Galatien, fo aud ähnliche Hirten gefunden haben mußte,
um gerabe hier ale eine ifolirt bleibende Colonie zu gebeihen, bie
weiter gegen Weften hin. feine analogen Berhältniffe vorfinden, ſich auch
deshalb nicht weiter weſtwärts habe ausbreiten Innen. Dagegen aber
hat man überfehen, daß biefelbe Ziege mit bem Todigen, langen,
glanzvollen Seiden haar fid viel weiter gegen Often hin in einem
großen Kreiſe ber vorberafistifhen Laudſchaften an gar manchen Locali-
täten noch heute in einheimiſchen Heerben wirklich vorfinbet, welche, ihrem
Bließe nad) zu metheilen, ber Angora-Race völlig gleich zu fein ſchei⸗
nen, wie dies ein ſchöner, zu einem paar Staatehandſchuhen im öflicen
Rurbiftan verarbeiteter Vließ beweift, welcher ganz neuerlich vom Prof.
Petermann in Bagdad erfauft, von ihm mit nach Berlin gebracht
worden. Schon Yinsworth°'*) fand biefe Ziegen nebft andern Barier
täten in Affgrien und in ben oſtwärts bes Cuphrat liegenben Bergen
des Taurus, wo er aufer ber gemeinen braunen Ziege auch bie fogenaunte
> Angora-Ziege (bie er vom feinem Aufenthalte in Angora fehr gut
Tante) einheimifd fand, mit bemfelben feinen, gelodten, lang herab-
hängenden weißen Geibenhaare, mit gelben Hörnern, ueben ihnen aber
auch mit eben fo gelodtem feibenartigem Bließ große Heerben, aber wit
ſchwarzem Haar, das Lang herabhing. Statt alles andern Borlommens
gleichartiger ober ähnlicher Ragen weiter im Often vieleicht bis zu ben
ſchönen Ziegen in Bolhara '*) bei den Wanberfirgifen, worüber man bie
Regiſter früherer Bände ber Erblunbe nachſehen kaun, führen wir hier
nur ba6 Vorkommen berfelben in Galiläg an, wo Steph. Sulz
®+) W. Ainswortb, Research. in Assyria. Lond, 1838. p 4.. '") Alcı.
Burnes, Travels in Bokhara. Lond. 1834. Vol. IL. p- 5.
Die Angora-Biege. sit
Fe in ken Bergen norbweihwärts bes Galilder- Deires im Dicpebel
Digermak’*) autraf, wo ber Seidenglanz ihres Bließes von eben jo
. großer Schönheit, wie ber von Angora und Gileab war, wo er fie
au allen beiden Orten wie in Gilead ganz gleich mit denen in Angera
gefunden.” Dert fertige man ebenfalls bie ſchönſten Teppiche und
Zeuge daraus, welche Beranlafjung zu ber falſchen Benennung Kameel-
baar gegeben haben, ba bie Wolle bed Kameels nur grob und ohne
Glanz 6108 rohe Stoffe gebe; das feine Gefpinnft biefes Ziegenhaars aber,
bat Seil el Kemmel genannt, bie zarteften glanzreichfien Gewebe
gebe, und bie Ziege felbft den Namen Kemmel führe. Unſtreitig hängt
damit auch ber Name ber Kamelote zuſammen, womit Tonrnefort
umb bie älteren europaiſchen Autoren jene Gewebe ber Angoraziege be-
legten. Bor ber Angoraziege ift aber bie nach bem innern Hochaſien
is Perſien, Rafhmir mad Tibet im trodnen kalten Clima, immer
hober anffeigenbe berühmtere Shamlziege (Sa-ha-Ia ber Chineſen
im Romang ju Hi LXXIV. p. 12) nicht fowohl durch das lange Gei-
denhaar, fonbern durch bie weichen Daunen ober bas feinſte Woll⸗
haar an ber Wurzel bed Haares ausgezeichnet und von ihr verſchieden
(Capra laniger). Ueber ben Einfuß ber abfoluten Meereshöhe und bie
baburch bebingende Natur der Nahrung und Elimatit auf dem Wechſel
des Ziegenhaarg ber HimalajasBiege find Aler. Gerards Beobachtun⸗
gen um Shiple zu wergleidien'").
Eorancez hat während ‚feines Aufenthalts im I. 1800 bis 1812
in Borberafien bem Stubinm ber Angora-BZiege eine beſondere Auf-
wmerffaunleit zugeiwenbet, umb v. Tſchi chatſcheff hat die neueſten Nach⸗
richten aus ben Berichten ber Kaufleute won Angora und aubern Han-
weisnästen Kleinaſtens (im Jahre 1864) veröffentlicht, bie wir bier ,
felgen laſſen.
Die Hirtenvölter Kleinaſiens nehmen einen großen Theil ber
Beodtterung ber Landſchaften ein, ſowol bie Schäfer wie bie Ziegen-
hirten. BZweierlei Ziegen-Arten find nah Eorancey') in
Meinafien zu unterſcheiden: bie gemeine Ziege (Capra hirens, Chöre
wire, bie Kara Ketſchi ober Seys in Meinaflen) im Gegenfag der
Angora-Ziege ober Kämel-Ziege (Capra angorensis), Tislit
Eetſchi, ober, wie Ewliya Efendi fie naunte, Teftek Ketſchi, in
Ungora. Beide leben oft nahe beifammen, aber vermifgen fi
") GH. Pr XVL 1852. ©.799--800. A. Gerard, Jouranl of
an Escursion through the Himalaya Mountains from Shipke to *
Chinese Tartarı, In Brenster, Edinb. Joum. 1824. Nele
*®) Itineraire Cune Partie peu connue de l’Asie Mineure. —
Corances), Paris 1816. 8. p.395—406; und beflen Memoire 1dos
pour In Socid6 @ägriculture de Lyen in Moniear 20. Juin 1804,
512 2 Kiekneikfien.: 8.10.
niem als. Hamilton") fah bie erfien Ziegenheerben vom Rorben
ber lommend in ber Tſchibuk Ova, wo beibe Arten unter ein-
ander ihrer Weide nachgingen. Die Angora-Rase iR alſo leines⸗
wegs erft eine verebelte Art ber gemeinen Ziege, wofür man fle früherhin
öfter gehalten, fonbern eine verſchiedene Species befielben Genus.
Die erftere ift aber über gauz Kleinaſien verbreitet, bie zweite hat
aber nur ein beſchränktes Borkommen, zumal, aber doch nicht aus.
ſchlietlich, auf dem Boden bes alten Galatiens im We bet Kyıyı
Irmat, in ber heutigen Angora-Öruppe und ihrer nägfen
Umgebung; ihre wahre Herkunft ſcheint eine viel Bftlichere zu ſein.
Die gemeine Ziege Kleinaſiens und aud bie in Angora ift ber
europäifchen Haußziege fehr nahe verwandt, wahrſcheinlich bieſelbe Epe-
cies, und auch in Syrien, Perfien, Kurdiſtan und bem weiten
Drient in großen Heerben verbreitet. Ihr Bließ iſt meiſt ſchwarz ober
dunkelbraun, in verfciebenen Ahftufungen, das Haar fang, aber gerabe,
bie Wurzel ſehr fein am fell baftenb, nad) ben Spitzen zu aber fleifer
unb bunfler. Sie wird alljährlich geichoren, das grobe Ziegenhaar wird
nicht ausgeführt, fondern zu Zeugen, Säden, Filzen, Zelten u. ſ. w. verar-
beitet, und ift am Orte nicht gefhägter als anberwärts; bie Dia (son
400 Dramen) im Preis zu 39 Para. An ber Wurzel biefes feifen
Haare Liegt eine fürzere Daune ober Wolle von 1 bis 1'/ Zoll
Ränge, baumwollartig, gelblichgrau, und biefe hat größeren Werth. Ein
faturirteg Kallwaſſer Löft ſehr bald beides, Haar und Daume ab, welche
Tegtere (poil de chöwon tm Handel) nach Europa, zumal feüßer nad
Marfeile, dann anberwärte nad} Holland, England u. |. w. erbortizt,
zu leigten Hiten und Manufacturiaaren verarbeitet wirb, aus Sameel-
garnen, bie unter bem Namen Kamelotte 3.8. von Tonrnefort zw
feiner Zeit in ben Mieberlanben eingeführt wurden. Diefes iR ber koſt ⸗
barſte Theil des Biegenertrages, ber von ſehr verfdiebemer Qualität und
Werth if (nah AL Gerard nimmt feine Feinheit mit ber größern
abfofuten Höhe bes Rahrungsortes zu), und häufig, zu Coraucez
Zeit wenigfens, hauptſächlich als Tauſch gegen europäiſche Fabrikate
duch viele Erzerum⸗Karawanen nah Smyrna in ben Handel
kam und fo nad Italien und Marfeille verſchifft wurde. Dieſes Pro⸗
duet von Angora war vorzüglich geigäht, böher im Preife ale bas
von Erzerum und Rorbperfien. Nur bie Nachfrage ber Curopäer
im Orient gab biefem Probuct einen immer höhern Werth, ba es im
Lande für Mannfactur unbenugt blieb und nur zu gemeinem Verbrauch
im Polftern oder bergleihen bienen mochte. Nur in gemwiffen Gegenden
Perfiens wurbe biefe Ziegenmolle ober Daune (poil de chörron) geipon-
nen, unb zu feinen, ben inbifchen ähnlichen, aber weniger gejhmadvellen
*19) W. Hamilton, Bes. l.c. l. p. 416.
Die Angora · Ziege. ST
penis, Teppichen u: ſ. w. verwebt; häufig ans Kerman unb Iran
a unverarbeitet nach Europa ausgeführt. Ein mittler Preis, zu
Gorancez Zeit, war im Handel für die Dfa 4 bie 5 Pinfter.
Die feidenhaarige Angora-Ziege, Zislit Ketfhi, in
von jener ganz verſchieden, und als ſolche ſchon von Buffon anerkannt
(Chöre d’Angora). Ihr Haar if immer blendend weiß, Tang, fein,
feidenartig gelodt, hat nichts von ber Härte des gemeinen Biegen«
haare oder Pferdehaars, fonbern gleicht, ber Weihheit nach, ber ber
Merino-Bolle. Diele Tode bildet das ganze Biieß,. von der Epige bie
var nadten Wurzel, bie ohne Danne bleibt; daher hierin ein wefent-
licher Unterſchied beider Arten zu beſtehen ſcheint, und von ber
Natur ſchon ber Verbreitung bes Thiers ein Biel gefegt zu fein ſcheint;
be bie Angora-Biege nur in wärmeren Temperaturen gebeihen wirb,
ohne höhere Kaltegrade auf alpinen Höhen erreichen zu Eörmen, ba ihr
die Anlage zum Daunenpelze fehlt, ber fih bei andern Ziegen«
arten mit Zunahme von Kältegraben bis ber Alpenhöhe hinaus
(mach Gexarbs Beobachtungen) zu Reigern vermag. Hierin Hegt un-
Rreitig ein Hauptgrund ber beſchrankten Localverbreitung ber
Ungora- Ziege, die überhaupt feiner und zarter gebaut if als die
übrigen, und and) durch harte Winter weit mehr Teibet ale jene.
Die Angora-Gruppe hat eine Gefammterhebung von meift 2000
bie 8000 Buß, aber Teine relativ hohen Gebirgsletten, bie.nad; bieherigen
Weffungen eine um etwa 1000 Fuß größere Höhe nicht. zu Aberfleigen
ſqeinen; daher ein gemäßigteres Elima, kurze 2 Monate Winter-
Foner, mit nur zuweilen fehr harten intern, welche ben Angora-Biegen,
wie dies Hamilton?) in dem falten Winter von 1885 bie 1836 zu
Ienbschten Gelegenheit: Hatte, weit verberblider find, als ben gemeinen
Biegenkeerben. Auf biefen mittleren Berghöhen und Hochebenen, meiſt
wi an Mergelarten reihem, fandigem Boben überzogen,
ftarzen Rafen und troduen feinen Wiefen, bie aber von zahl«
Ifaı Onellen und Bäden bewäffert find, wandern bie Tislik Ketjcht
{8 deerden von 200 5i6 800 Gtüd, von ihren Hirten geleitet, berganf
and bergab, Tag für Tag ihre Standorte wechſeind, von einer Gegenb
at andern, und bringen bie lange ſchöne Sommerzeit Tag und Nacht
immer in freier Luft zu, ſelbſt die kurzen Winter nur bie Nacht
in ſaubende Stalle eingepferät.
Die Ziegenböde fiub geößer und höher ale bie Ziegen; beider
FR MR glänzend weiß nud gefräufelt; das Haar ber Bäde weniger fein
a8 bes ber Ziegen; auch das Fleiſch der Angoraziege ift beficnter, als
des ber gemeinen Sausziege, aber mit bem Alter derſelben nimmt bie
Üeinfeit des Haares ab, daher werben die mehrften ſchon nach 3 Jahren
=) W. Hamilton, Res. 1.c. I. p.415. -
Bitter Erdkunde xvui. gt
„4 ° Mein «Ufen, $. 10.
gaqͥl⸗qͥtet. Cie werben, mach Eorancız, aMähriich in fickenben
Voſſer gebabet, baum wit Tangen Scheesen geſchoren; hie Biege giebt
beſſeres Haar al$ ber Bod, in ber Schwere uon 850 He a00 Dradmen
eine jebe, und bie wirb nie roh ansgeführt, weil bies werbeten iR,
um ars Drie verfponnen zu werben, was ben Wohlſtand ber Einheim-
fen begründet. Nach Durchtammen uns Reimigen mit langen ciferwemn
und dichten Sänumen wirb bas Haar in 2-3 Faden zuſamrienderhend als
des feinfe Gefpinnk von ben Weibern wie Baumwolle, Haar au
Heer gnreihenb, gefpomuen, das 1 Dradine an Gewicht, 18 Paras im
Broin fehenb, ſehr toRbar iR; wahreud mehr Babe, zu Rärteoum
gefponmen wenigen Werth hat, bie Drachme nur zu 1 Para km
Tqwant, Die alle Appretur in feinem —— Bine
und werwebt, kommt Ban und Gewebe zu Augora ſelbſt in
ws wird dann als Ghalit b’Angera (Sqhallun bei’ —8 end),
Ansera-&pewis, weit und Breit verfährt.
IM Augara, fagt Eorancez (um I. 1812), ze man 1000
Mehfiähla, jeher" gab 5 Wis 18 Wehern (alfo wenigßene nad) einer ZU
tuaobl 10,000 Dienfden) Beihkfigung und Ermech, pre fiel
Bauge, au 28 Pie Bänge und %/ Bid Mreite, erhieken ae Urten von
Barbe, hie hellxothen um vistetien waren auı Hödhfen geilätt, wie
feaber bie gitiaen gu Duobete Zeit. Das Chalit von Nmgorn über.
trifft alle aubeen feinfen ſogenannten Sarmelcte am Teidpiigleit, Weinheit
das Gofen, Woeichbeit. Beinpeit, und Rept daher im viel hägerem Preife;
bie gemeinns Art, die vic (ob Ee?) zu 15 Biofer, die feinfte Die zum
180 Thaler 1 Pid; dieſe Iehtere werbe nur mach Aegypten, wenzägiih
ahet wach Kenfaminepel ausgeführt. Ban bee Angeragiege famımt alfe
mas bat Chalit d'augora, vom ben anberm Biegen ührer Uet audh
mol vom fogemenuten Rlsuelgern ans Perfien nub Syrien geferkigte
Zeuge vom geringem Werth ober Beinkeit als Kamelode, gu Denen
bie Dauut (duvet), Nas poll de chäron ir Iu- nud Muklanbe
wird, Uber nur bie ehlene Art ber gemeinen Biege bes Orients,
ſchwarze Ziege, Aara Setſchi ober Seys, konuue buch Zucht mach
Freulreich (Rambouillet) und Weſtenropa verpflauzt und einkeiiih ge·
madit werben. Gegen Die Berpfemzung der Augora- Ziege biich ba6
Bervrthail ihrer Ausartung auf frembem loben, bus aber nach Co⸗
vancez’8*?') Auficht, wie das gleiche früher herrſchende alte Vernrcheil
ber ſpauiſchen Merinoſchaſer won ber Ausartmug ihrer Traafumiantes
auf anßeripanifhem Baden, buch Zucht und Stadium eu nom km
Großen zu überwinden fein würde, wm bie Uugsraziege and aubew
wans im Üsfen Europas gebeihfih und nugken zu machen; was aber
bie dep noch nicht gefchefen. Dagegen hat mau in ber Arimm ub im
#21) Corancez Le
ii
li
- Die Uugora⸗Ziege. . 515
Weir Berfuiie gemacht, von denen bie ierteren mach ben menehen Zar
fer bes Weclimatifationsereine bie gunſtigſte Ansficht zur Erhaltung "
then Ungera gemähren.
v. Tſchichatſcheffoar nenere Angaben (von 1860) zu Obigem be ⸗
Pen das Locale des Borkommens ber ‚Angera-Ziege zwiſchen
im OR und Sevrihiſſar bei Peſſinus an den Saugari⸗
fen in Sübwet und von ba norbwärts bis zum Ufer bes Schwarzen
auf etwa 500 Quabratmeilen geogr. Ausdehnung; innerhalb
Haums dieſes zarte Thier jedoch keineswegs fih überall gleich
und wohl fühlt, fonbern auch inmerhalb biefer Region bei
74
HE
wnpaffenben, localtu Berpflanzungen nicht frei von einer Art Heimweh
m fein ſcheint. Sie bedarf feiner beſoudern Pflege, mus flagnirenbe
Baffer, geſchloſſene Stallluft und ertreme Climatvechſel find ihr ger
Werl. Im ben oft firengen Wintern wiſſen bie augoriſchen Dirten fie
Vai Einfperzung in meiſt ſchlechten Stallen felten Iuftig und warm genug
” erhalten, fo daß bei B bis 18° Reaum. Kältefroft gewbhnlich jehr viele
Uugorazucht Rattfinbet, bie aber bei einiger Gorgfalt in wenigen Jahren
ao wiergehnfache fein und dem Lanbe bie größten Reichthämer einbringen
Bunte. Die rüdiäreitende Zucht mb Inbufrie in Augora, und bas
Nefrehen europaiſcher Mannfacturiften und Vereine hat mit bem Probuct
wen Ungera ſchon manches Etabliſſement in Oolland umb England berei⸗
1; was aber hier in Berasbeitung bes Seidenhaars ber Angsraziege
er im Meinen Naßſtabe tm Einzelnen geſchehen ift, konnte im Großen
wel weiter umb umfefjenber werben. ”
Die Angora-Biege giebt nach ben Angaben ber ammenifchen
Auuflente und Wollgändler in Angora, GSevrihiffer, Kaſtamuni
sub Zihangri (bis wohin bie Bucht fi verbreiten mag) im Mittel
in nem Jahr eine Oke, b.i. fat 1 Kilogramm Seibenhaar; bie Schur
het im April. Mer Ertrag bes ganzen Diſtrieis beträgt mit Au⸗
gora jährlich 350,000 bie 400,000 Dien (d. i. 450 bis 500,000 Kilo-
um). Davon werben 8000 bis 10,000 Ofen im Lande ſelbſt zu
Chaũt und Teppichen verwebt, deren Ausfahr jeboch nur theilwsife erlanbt
®) P. e. Tehihatcheft, Etat actuel et richesses naturelles de asie Mi-
weare, in Extr. de Ia Rerac des deux Mondes 15. Mai 1860. Paris.
p 13 u. 06. Dergl. auf Jul. de Hagemeister, Eseni sur les Res-
üenrees territoriales et commereialen de ’Asie Occidentale. 8. St, Pe-
tepbourg 1839. p.55. u
812
516 Elein⸗Afien. $. 10.
iR. Dagegen ſollen bes Verbots der rohen Wolle ( wahrſcheiulich iR
hier kein ſtreuger Unterfchieb zwiſchen Seidenhaar umb feiner Wolle ber
Ziege, poil de chevron, gemacht) ungeachtet 300,000 ausgeführt werben;
gegenwärtig meift nah England umb nur. eine fehr geringe Quelität
nah Trief und Marfeille. Dies Probuct fol in England unter
dem allgemeinen Namen Caſchmirwolle far mit Golb anfgewogen
werben.
Wir überlaffen die Eritif biefer lehtern Angabe einfichtigern Kennern
der Haubelsverhältniffe, unb verweifen och ais Bervolfändigung un
ferer blos bie geographifhe Verbreitung ber Angora-Biege ber
treffenden Bemerkungen auf ein paar umfangreichere Ahhanblungen **?),
Bir bemerlen hier nur, daß außer ber Angora-Ziege and noch bie
Augora-Kathe bies eigenthimliche jhöne weiße Iodige Seidenhaar mit
der Angoraziege theilt, und wie Bromwne**) meint, auf benfelben Difriet
wie jene befchränft fei. Aber Blumen bach nennt ſchon bie angorifhe
auch bie pevfifhe Kae mit bem Langen feibenartigen Haar, bie ge
- möhnlich ſchwer höre, bie alfo weiter im Orient verbreitet fein muß, mas
die Auficht Aber bie urfprüngliche Heimat ber Angoragiege unterſtütt,
obgleich uns über bie genauere Heimath ber perfifchen Katze, bie and amı
Irtyſch zu Buchturma vorkommt"), fein genaneres Datum Bekannt ifl.
Den Namen perſiſche Katze gab Blumenbach wol, weil ſchon €. Ric»
buhr**) bemerkt, daß eine befonbre Art großer Rage mit fehr Laugen
Haaren als eine Seltenheit aus Kerman nad Abuſchähr am Perfer-
Golf komme, iefelbe Art, bie Niebupr (im I. 1765) in Eonflantinopel
ans Angora gefehen hatte, umb erfuhr, daß biefe Katzen fi nirgends
anbers fortpflanzen ale nur in ſolchen @egenben, wo bie Ziegen mit ber
feinen. feibenartigen Wolle ſich findeh, die man Kämelhaer neme.
Rah Auer Eloy ) nehmen bie reichen Mecca-Pilger in Angore
.gern Angoralagen mit anf ihre Wallfahrt, weil ihnen bie Borfiche
Nuhammebs ihres Propheten file die Kayen belannt it, wodurch fih
die Vorliebe für das Katzengeſchlecht unter allen Muſelmännern verbreitet
hat. Worauf biefe Reigung Muhammebs beruhen ſoll, ift uns unbelannt,
aber ber Mahi Habigi Haly, Sultan von Bornu in Imer-
afrika, der ſich felbR mit Sultan el-Gatons, nder König Rappen ale
®22) L. Arthur Conolly, on tbe white haired Angora Goat etc. in Journ. of
the Roy. Asiat. Socieiy of Gr. Br. Vol. VI. 1841. p. 139172;
P. de Tehihatcheff, Asie Mineure. P. II. 1856. Zoologie chap. IV.
Chöre d’Angora. p. 689725, und des Mcademifers Brandt Mem.
eben. ©. 700-705. ®*) W. G. Browne, Trar. in Africa etc.
Lond. 1799. p. 414; Blumendah, Handbud) der Ratargefegichte.
1807. ©.107. ?*) P. de Fchihatchef, Asie Mineure. Il. p. 722.
*) @. Niebubr, Weifebefäir. nad Mrabien. Gopeuhagen 1778. 4.
2.1. ©. 95, Note. , ?") Aucher Eloy, Relst, 1843. I. p. 69.
Die Angora- Ziege. 517
’
Ehrentitel belegte, ber für eimen großen Zauberer galt, und fich gleich
einem Wehrwolf in eine Kate verwandeln fonnte, hatte ale Gläubiger
bes Koran biefe große Gabe, nachdem er feine Wallfahrt 4 Mal zurüd«
gelegt und zu einem Heiligen geworben war, als Guade von feinem
Propgeten Muhammeb ?*) verliehen erhalten. Bei ben Negern in
Tripoli hatte biefer Sırltan el-Gatous eine entſcheidende richter-
ſiche Stimme. -Nur muhammedaniſche Dichter, durch bie Vorliebe ihres
Vropheten zu Katzen verleitet, konnten auf ben Gebanten kommen, erſchla-
gene Raten in Trauerliebern ihre geliebten Kinder zu nennen und
in beweinen *”) wie Ibn Alallaf. .
Was nun die Schafe mit bem Fettſchwanze in ben galatie
fen und cappadociſchen Landſchaften betrifft, von denen Busbet
bie erſte genaue Beobachtung auf dem Wege nad; Angora mittheilt, fo
feint fie auch für biefe Weffeite Meinafiens ein erfes Borkommeg zu
bexeichnen; gegenwärtig aber ift es befannt, daß bie cappabocifchen
Schafe burd, ven enormen Fettſchwanz, ben fie nachſchleppen, uud ber
zuweilen, nad Terier?), bis zu 20 Pfund Schwere zu 6 Kilogr. an
Gewicht hat, berühmt find. Allerdings hat fon Herodot II. 113 von
ignen bei ben nArabern« gefproden, und fogar zwei Arten mit Ian»
‚gen umb mit breitem Schwanzen (bie eine habe räs odgds maxpds,
bie zweite Tas odgds zAazdas, ci. Bachr ed. Herod. Il. p. 206, wozu dee ⸗
ven unb Leucart in Rot.) genamer bezeichnet, aber Strabo hat keine
derſelben in Kleinaſien Tennen lernen. Es wäre wol möglih, baß fie
andy erſt in den Sahrhunberten bes Mittelalters durch ſeldſchukidiſche ober
turtomaniſche Einwanderer aus dem dftlichen Afien, wo biefe Ausare
tung im bie Länge und Breite (ovis longi- et laticaudata) durch Perſien bie
nach Cabul und Imbien?*) Hinaufreicht, erft fo fpät nad bem Weſten
eingeführt worben wären, wie bie Büffel auch aus bem fernen Ofen
af im Jahr 596 nad; Stafien famen(tunc primum bubali in Italiam
delati Jtaliae populis mirazula faere, Paul. Warnefr, de Gest. Longob. VI. c. 7).
Aber hiergegen ſprechen wol nad Fellow s) Beobachtungen bie ein
halbes Jahrtauſend oder doch wenigftens einige Gahrhimderte vor Chriſti
Geburt alten Zanthns-Monumente in Lyeien, auf benen bas
Sqhaf mit dem Fettſchweif abzebilbet ſich findet, biefe Barietät alfo
and im Suden ber Halbinfel ſchon längſt verbreitet fein mußte, wenn
He auch im Norden berfelben auf dem Hochlande nicht bekaunt geweſen
fein follte. Daß Schaſheerden indeß durch ganz Meinafien einen Schar
*%) Bulletin de la Societ6 Geogr. de Paris. 1849. T.XI. p.258. ) Bell,
Gef. d. Chalifen. Ip. IM. Anh. zu 2. ©. IV, V. 3°) Ch. Texier,
Deser. de l’Asie Mineure. T.I. p. 91; II. p.10. °') B. H. Hodgson,
om the tame Sheeps and Goats of the Sub-Himalayss and of Tibet,
in Journal of the Asiatic}Society of Bengal. Vol. XVI. 1847. P. 2.
p- 1004-1016. ?°) Ch. Fellow, Sec, Exeurs. p. 186.
318 aleis · Aßen. s. 10.
des Landes ausmachten, iR aus wielen Stellen der Alten bekannt; in®
beſondre auch auf dem centralen Hochaſien von Strabo mehrmals er-
wähnt. Sehr viele Schafe, fagt er (ZII. 546), giebt es in Gazelonitis
(elfo am mittlern Haly6), deren Bließ man forgfältig mit Deden wer-
wahrt, weil fie eine ehr feine Wolle haben, an welder gas Pentus
unb Cappabocien großen Mangel leiven, wemit nur bie feine Wolle
gemeint fein kann, nicht bie Schafe ſelbſt, da bie Cappabocier, zur
Berfer Zeit, ihrem Könige jährlich außer "andern Abgaben auch einem
Tribut von 50,000 Schafen abzuliefern hatten (Strabs X. 525). Ob
dies aber cappadociſche Schafe mit dem Fettſchwanz geweſen (wie fie
Terier’) in Loniah und in Perfien mit bem Mppenbig ber Mäber-
tarren ſah, Den Herobot bei Arabern anführte), bie damals erſt nach
Verſlen übergefiedelt und urfprüngli in Kleinaſien einheimifch geweſen,
wie Terier bafür hielt, ift wol mehr als zweifelhaft, Dog Schafe wer
ven es allerbinge, weiche ſchon ben Reichtfum Ariarathes, des erfhen
Königs der Cappabocier, ausmachten (Strabo ZU. 534), und Agnes
im Lycaonien befaß 300 folder Heerben (XII. 568).
Hug Bhrygien war fehr deich an Schafen mit feinfer Wolle, Die
felb bie won Milet an Weichheit übertraf, und bradte den Bewohnern
von Laodieea und Colofſus, da fie von der ſchönſten [hwarzen Farbe
war (Gteabo All. 578: eis zyy mogafiiv xeda», ad corvoram nigredisis
aemalum colorem, ed. Taschukke. T. V. p. 236, non lora riſchem Far
benglange, überfegt Großkurd II. 533, worunter ex ben @eibenglang ber.
Wolle verfieht), große Reichthümer. Vielleicht, meint Soray, habe
Strabo damit bie ſchnſte Wolle der Korarer im weſtlichen Kaulafus
(Strabo I. 144) bezeichnen wollen, bie nad Turditanien eingeführt
wurde, und bie ihm wol burd den Haudel befannt geworben fein mochte.
Dog ſiellt es fih heraus, ba amd im mener Zeit bie Zahl ſchöner
ſchwarzer Schafe in leinafien nicht gering iR; be Pocode ver
fiert, daß er in Phrygien ned zu feiner Zeit drei Viertheile Der Scheſe
von ſchwarzer Farbe angetroffen habe, umb Ritter Brokefch’*) vers
fichert, daß er die Schafheerben ber heutigen Turlomanen im
Aeinafien ſehr Häufig mit bem ſchnſten ſchwarzen uns ganz gläns
zenden Bließe angetroffen habe, Ainsworth fand auf ber Plateau⸗
füge Galatiens um Eski Schehr und Seid el-@hazi vom 3000
Fuß abfolnter Höhe Schafheerden mit einem fehr reinen mmb Heilen
Wollenvließ, und Ziegen, zwar noch feine angoriſchen aber karbiftanifchen,
wie er fie auch nennt, aber. doch mit einem feinen Untervließz, wenn auch
das obere Vlietßz noch aicht ganz Mbenartg genannt werben Torte’),
#23) Ch. Texier, Desor. de PAsie. T. n. p. 10. ur —S Beate
würbigfelten. 1836. Tp. Il. Su wa
in Rop, Gengr, Joaro. Land, A841. Yol.X, P-3, P-ADl-
Hirtenleben in Meinafien. 819
Ge if nttwarvi des das Aort di, cnoc. b.i. Bchafoben Zamım, -
i# ber @dnm Ahead, amis (Cams, de Bell, Gallie. VI. 21), Der Wolfpel;
aber Schaſpelz, fih au bei den Galliern findet (read, rAtmo est
peilidein wei wostis factd de pellibus, pendensque ad umbilitusm glodta Isideri,
ber es für ein beutiches Wort, Barro für ein galliſches Wort hielt.
Alſo Shafpelze waren die natürlichſte Tradt ber Galater ober
Galli, nad denen man fie bezeichnen Ionnte, und zwar daſſelbe Bolt,
das ſchon T. TZerentins Barro als bie beften Hirten genannt hatte
(Galli appositissimi maxime adjumenta, dere rustica II. 10). Im Gegenſatz
des befonbern Gedeihens ber Schaf- And Ziegenheerben in ben galati-
fen und phrygiigen Gebieten im äkeren unb neüeren Zeiten ſteht
bie Race ber Rinderheerben?“) hier fehr zurüd; . fie find Hein, ja
wefßrmlich, ihre Zucht if viel beſchwetlicher ale die vom jenen. Diefe
Degeneration ber Rinder auf dem trodnen Hochlande Temtralafiens ift
die Urſeche, daß fehr wenige Der bortigen Horben und Hirten ſich biefer
Zucht widmen, während Schäfer und Ziegenhirten eine große Claſſe
ber Bevöllerung ausmachen. Wie verfchieven von ben Ländern der Um»
gebung, wo in Aegypten bie kuhlöpfige is, der Apis, in Indien bie
Kuh, in Perfien ber Stier zu Göttern und Götterfymbolen erhoben “
wurden, und aud im bein Niebetlande bes weſtlichen Kleinaſiens das
Rinbergefhleht. Die Kuh ver Eybele und Geres, wie ‚ber ader-
banenbe, bet Pflug ziehende Stier fpielt auf dem Maruiore von
Zanthos Teitte unbedentende Rolle.
Wie verſchieden mußte das Hirtenteden ber Mein-Kfisten
ſchon hierdurch von bein Leben bee Hirtenvälfer it ben entopäifchen
defvettfchen Aipenſyſtemen aubfalen, De einer anberr Naturwelt ange
Yren, wo bie Binbevperibet, bie nalurwilichſig ſchͤnſte Aubſtattuntz jenes
alpinen Bonens, und bie edelſte Husblidung bes Histendebene der
Boltet bebiugen jollten. Der Schäfer bes Hochlandes am Gange-
wine and ber Angora-Gruppe if ber arcabifche Schäfer Klein-
«fee, in feiner Ginfadfeit umd Unabhängigkeit, feit ben alten Beiten
Galatiens geblieben bis heute; ex trägt das Schaffell roh ober beat
Weitet, bie Diphthere (AıpSeglar bei Varro de re rustica II. 11) von
Schafpelz ober Ziegenfell, wie ber Hirte ber Normandie
ober ber Bretagne, auch heute noch um Angora aus zwei Ziegen-
hänten zufammengenäht, als sagum ober Sach, blos mit Lochern,
um Kopf und Arme durchzuſteclen. Et trägt den pedum ober ge-
fefiutmiten Schäferrab, dem er zum Maften Keim Melken gebraucht;
jan Schuhwerk ift Ziegenfell mit Aienten befeſtigt, ſeine Nahrung
M Zughurt, fanre Mic, und die werfätebenartighe Bereitung von
uch and Me wit Mehl ven Gecſte und Weis, Dieb fi bie Gatept-
?) Ch. Texier, Deser. de läsie Min, T. L. p. 91.
520 AMlein ⸗ Aſten. u $. 11.
nahruug ber Hirten; ihr Liebhingsanfenthalt if bie Jaila auf
wilben Vergeshöhen zwiſchen Alpenweiden. Sein tägliches mäßiges Ber
bürfwiß befeiebigt bie Schafheerde, bie Wohlſtand und Keichthum giebt,
. bie weißlodige ſeidenhaarige Biegenpeerbe Befeledigt aud ben Gtäbte-
bewohner.
g 11.
Dreizehntes Capitel.
Das Stromfyften des Sakaria, Sangarius der Alten.
Fortfegung. Der obere Lauf als Angora-Arm mit fei-
nen Zufläffen bis zum Verein bes Beffinus-Arms und
durd die Haimaneh zum Kurdendiſtriete, an ber Örenze
der Igcaonifhen centralen Hochebene.
ueberſicht.
Der weitere Verlauf des Angora⸗Fluſſes ober bſtlichen San⸗
garius- Arms weſtwärts bis zum Verein mit dem ſüdlichen
+ Beffinus, dem berühmtern, wenn aud nicht eben Sauptarme bes
Sangarius und ihren gemeinfamen Borüberlauf bei Gorbium
gegen ben Weiten nad Nicha zu, bis zur Einminbung des Gallus,
gehörte zu ben in fpätern Zeiten unbelannteften Gebieten des cen-
tralen Kleinaftens, obgleich ver ſiegreiche und berühmte Kriegezug
des römifcen Eonfuls En. Manlius gegen vie Galater feit Livins
Zeiten in allen Geſchichtswerken ver folgenden Jahrhunderte wie
erholt wurde, ohne genauer die Wege angeben zu können, auf been
ex feine Legionen geführt haben mochte. Auch heute bleibt uns noch
mandjes auf dieſem Gebiete umbefannt, indeß haben doh Mach.
Kinneirs, Hamiltons um Ainsworths Forſchungen in jenen
Gegenden, zumal füb- und ſudweſtwärts von Angora, andre frühere
weftwärts, wie Tournefort, -Baul Lucas, und neuerlich
Zerier, Aucher Eloy, v. Binde und einige Andere, über ven
mittleren Lauf des Sangarius durch das galatifch-phrys
srfhe Stufenland einigen Aufſchluß gegeben, die wir zur ger
nauern Kenntniß des Stromſyſtems auf ihren Wanderungen
gm ,
wärtig in ber wann des Stromlaufes von Oft nach Weit zu
begleiten haben.
Oberer Lauf des Angora-Arme. 521
Erläuterung I.
Wege von Ungora an der Südſeite des Sangarius durch das
weftliche Haimaneh bis Sevrihiffer und zum Gümeſch Dagh
¶ Dindymon · Berg).
W. Hamilton bahnte ſich den Weg mad eilftägigem
Aufenthalte in Angora gegen S. W. (im Jahre 1836) durch fehr
ſchwerzugaͤngliche Wildniſſe, um den ſüdlichen Arm des San-
garius, bie Lage von Sevrihiſſar und ver benachbarten alten
Statt Beffinus am Dindymosberge kennen zu lernen, ein
Weg, den vor ihn nur R. Bocode (im 9. 1739) md Mach.
Kinneir einmal (im 9.1813), aber nur flüchtig zuräcdgelegt hatte,
amd ber lartographiſch gänzlich unbelannt geblieben war. W. Ains-
worth folgte ihm zwar 3 Jahre fpäter ein paar Tagereiſen weit
in ähnlicher Richtung durch die Landſchaft Haimaneh, wid dann
aber öftlich von verfelben ab, im zum Halys ⸗ Fluß zurüdzufehren.
Solgendes ergiebt ſich für das Stromgebiet des Sangarius aus
ihren Tagebücern.
1. W. Hamiltons Weg voy Angora über die Gala—
terftraße Affarly Kaja und über ven Sakaria nad Mult
und Sevrihiffar (im 9. 1836).
Den 13. September. Statt von Angora®”) die gang
barfte Straße zu gehen, die im Flußthale direct gegen Weſten
fortführt, nahm Hamilton einen weniger befuchten mehr ſüdli—
hen Weg vom Angora-Fluß, duch den weniger befannten Diftrict
Heimaneh8, ber zu dem 24 Stunden fernen Sevrihiffar füh—
von follte. Bon ver fürlihen Stabtmauer Angora’s folgte er
den ganzen Tag berfelben Richtung gegen S.W. über einen meift
uncultivirten Boden von abwechſelnden Erhöhungen und Einfen-
tungen, in welden nur in ven tieferen, Einfchnitten ver Bäche, die
ſich nordweſtwärts zum Angora-Zluß wenbeten, etwas Anbau zeigte. *
-Hie und ba kam er an Felſen vorüber, deren trachytiſches Ge⸗
fein aus plutoniſcher Tiefe die oberen Schichten der blätterigen
Kalffteinlager durchbrochen hatte, bis er nach 7 Wegſtunden das
Dorf Baluk Kujundfchy erreichte,
®) W; Hamilton, Researches 1. c. Vol. I. p. 430—438; deutſche Ueberſ.
v. Shomburgt. I. ©. 396-404.
638 lein· Aſien. $ 11.
2. Tag (14. Sept). Früh am Morgen ſuchte Hamilton
den eine Stunde gegen Süd ſich erhebenben Bergkegel zu erreichen,
auf dem eine Ruine Aſſarly Raja fi) über vem Doc Afarıy
Kidi erhob. Es war ein Telsfegel vom rothen Porphye, Weit
einer eigenthihnlichen Feftungsanlage von ſehr hehen Wide cuf
feiner Höhe. Eine noch 10 Fuß hohe Mauer aus ganz rohen
Steinblöden umgab das Ganze, eine zweite Mauer erhob fih am
der Slwoſtſeite. Das Innere dieſet Unmmenering war mit einem
Labyrintge Heiner Abtheilungen von Mauern, Genädern und Kam⸗
mern bededt unb durchzogen, ohne daß Strafen oder Gänge vom
einer berfelben zur andern führten. Es hatte fein tärfijdies, kein
zantinifches Anfehen; Hatte den Ramen von vem Dorfe erhalten,
das ſich eine Viertelftunde davon in Oft anf großer Höhe eheb,
welche das Centrum ber plutoniſch⸗ trachytiſchen Gefamrlierhebung
des Bodens geweſen zu ſein ſchien. J
Die eigenthümliche Befeftigungsweife, blos durch eine rohe Um⸗
uauerung auf ſchwer zugãnglicher Höhe, entſprach ber Art det altern
Galater, die ſich, wie Lidius fagte, auf die Verghöhen mit Yen
Borräthen zurldguziehen und deren Gipfel mit Gräben tb Bex-
ſchanzungen zu umgeben pflegten, ohne große Vertheidigungtanſtalten
zu treffen, ſchon von der Umzugänglichteit der Beldmaffen, deren
Zugänge Wurch wenige Mannſchaft gu bertheivigen waren, bie =
cherheit ihres Aſyls erwartend (Livius XXXVII. 19 : Is
haec maxime belli ratio sumendi fuerat, quod eum möhtes edi-
tissimos ejus regionis tenerent convectis omnibus, quae ad wm
quamvis longi temporis sufficerent,.taedio se fatigaturde hüstes
censebant ...... et quum ipsa altitudo locdrun eos tutaretur,
fossamm quoque et alia munimenta vertieibus is, quos ittsederant,
circumjecere. Minima apparatus missilium telorum cura fät,
quod saxa affatim präebitusam a$peritstem ipsam locdrtm ere-
debant. —). So hatten, fagt Livins, die Toliftoboger ben
Berg Olympus zu ihrem Sitz genommen, bie Tectoſagen hatten
. einen andern Berg Magaba (f.ob. &.459,461) beſetzt, die Trocıtter
hatten ihre Weiber und Kinber bei biefen in Sicherheit gebracht,
m ſich als Kämpfer ven Zoliftabogern angeſchloſſen. Ortiagon,
Combotomarus und Gaulotus hiefen ihre damaligen Fürften.
Am Olympos wurden die Galater zuerſt Beftitmt und beftegt,
10,000 von ihnen follen, nad Valerius Antias, erſchlagen, 40,000
‚von ihnen follen gefangen fein (Livius 1. o ep. 20-2). Dann
erſt Tonnte der zweite Krieg gegen bie Teetoſagen unb
Dberer Lauf des Angora⸗Arms. 593
Troemer beginnen, als der Eonful in drei Märchen bis zum
Hauptort ihrer Mack nach Auchra lam, von wo ber Feind mach
2 Stunden fern (wahrſcheinlich am Maͤgaba⸗- Berge, ber aber von
Livins nicht beſonders geuaunt, ſondern nur durch „in monte”
daxiichaet wird) poſtirt war, um nun durch liſtige Unterhandlungen
feine —— in dem Lager ver Romer, Zeit zu ˖ gewinnen
feine Weiber, Kinder, Hab und Gut über ven Halys zu flüchten,
Couſul num gegen ven Feſtungeberg vor, den er eben fo wie ben
Diympus erſt einige Tage zuvor recaguoscirt hatte, dann angeiff
mb den deind fe befisgte, daß ein großer Theil veffelben fiel, bie
übrigen auf der Flucht über ven Halys ihre Rettung in das Land
ver Trotmer ſuchten, wo bie Romer ihnen nicht weiter folgten, weil
ver Eonful fein Heer nach gemachter ſehr reicher und am feine
Truppen verteilten Beute in bie wirmern Winterioger nach. Ephefus
Hamilton glaubte in der Verſchanzung des Aſſarly Kaja,
weil ex von beventenber Höhe und einen vor allen Umgebungen weit "
bervorragenpen Punct bilvete, auch ein ifolirter Berg ifl, die Rage
Web verſchanzten berühmten Berges Olympits ber toliftobogifchen
Galater wieber aufgefunden zu haben, ver gewöhnlich weiter im
Norden des Augora ⸗Fluſſes gefucht wurde, wo auch bie Karte ven
latifhen Olymp mit dem heutigen Ala Dagh ober Bainbyr
Dagh identificirt. Daß auch nordwärts Angora im Feſtungsbau
Mm Kara Wiran eine ahnliche Bergrerſchanzung über ven Tſchar · ſu
Ad erhebt, die eben fo große Auſprüche anf einen ſolchen galatiſchen
. Oyepıs und in ned) hoherem Gebirge (editissimi montes, wie
Kotas jagt) machen dürfte, ift ſchon früher nach Ainsworth an⸗
meben (f. oben ©.488). SMögleich biefer tiefer im hohen Gebirge
ber Angabe des Livius mehr entſprechen mag, lag er bach weniger
wuf dem ebenen Wege, ven Manlius mit feinen Legionen genommen
haben möchte. Doch der Olympus feheint jenem als Wahrzeichen
ans einer Galaterperlode geblieben zu fein. '
Bon vem gelatifehen Feſtungsbau Afjarly Raja nach dem
wirdlichen Nachtquartier Baluf Aujtubfehy zwelidgelehrt, wanbe
von da am der Meg in gleicher Richtung W.C.W. bie Beinfches
eyes bei Hamilton) fertgefegt. Man lam über fhwarze
Sıodyimaffen, die in Säulengeftalt gleich Baſalten bie Kalkfiein-
sa ‚Rlein-Aften. $. 11.
ſchihte quer durthſedt Hatten. Reiter Hend waren fe zu 200 Sie
800 Fuß hohen jenfrechten Felſen emporgehoben, zumal mit 2 Kegeln,
auf deren einem ber Gipfel ein caftelartiges Anfehen hatte. Man
> war hier in bie Norbgrenze ver Üben Landſchaft eingetreten, bie ben
Namen Haimanech führt und am Norbweftende ber lycaoniſchen
centralen Hochebene liegt (f. oben S. 36), eben fo gefürchtet wegen
der fie durchſtreifenden wilden Horben der Turkomanen wie ber
rauberiſchen Stämme ber Kurden. Die wenigen in ihr Legenden .
geringen Dorfſchaften mit ihren Heerben werben ſehr häufig von
Bölfen überfallen; das ihnen von den Plünberungen der Raub
horben übrig bleibende Korn bergen fie wo möglich in ihre Silos
oder Erbgruben. Die monotone, weite, bürre, holzloſe Ebene,
die au fhon Eonful Manlius auf feinem Durchmarſche zu dem
Holzloſen (per Axylon quam vocant terram, Livius XXXVII.
18) rechnete, bot im September nur ben Anblid einer Wüfte dar,
bie nur von magern Abſhnthien over Wermuth (Artemisia absin-
thia) übermuchert war, welche alle Lüfte mit ihrem bittern acoma-
tifchen Dufte erfüllten. Nur in weiter Ferne gegen S. O. und D.
fah man ifolirte Kallſteinterraſſen, Kurze ſteile Abfälle des hohen
Tafellandes hie und da jenfeit des Pils von Afferly Kaja ſich zu
mäßigen Höhen erheben.
3. Tag (15. Sept.). Ueber daſſelbe wellige von Sänlenbafal-
-ten burchftoßene wüfte Gebiet der Hochebene, immer gegen
S. W., wurde nach 7 Stunden Weges das Quartier von Mult
erreicht. Aber ſchon nad; den erflen paar Stunden von Beidſches
kam man zu einem fehr ſchmalen, jedoch tiefen Strom, der fich ganz
langſam ſchleichend durch die Oftfeite einer fumpfigen, mit Binfen
bewachſenen Ebene windet, wo fein Hauptlauf gegen Nord, ' ober
genauer an dieſer Stelle von S.S. W. gegen N.R.D. fi wendet.
Es war ber ſüdliche Arm bes Salaria, ber erſt feine Ber-
einigung gegen Norden mit dem Arm von Augora fuct.
Seine weitere Herkunft war wenig, feine Quelle gar nicht belauut;
alle früheren Kartenaugaben waren höchſt falſch, die Umgebungen
. ohne Ortfchaften flanden meift nur den Durhzlgen ver Hirten
ſtämme mit ihren Heerden offen, zumal der Turtomanenhorben feit
der Befignahme dieſer Einöden durch die Osmanen, bie feit Jaht-
hunderten nichts zu ihrer Cultivirung beigetragen.
Am Weſtufer dieſes noch ganz anſpruch sloſen Sangarius-
Arms, wo fih einige Kalkfteinflippen mit Gypslagern erheben,
ſtand ein Wachthaus zur Sicherung gegen bie. Wegelagerer uud
Dberer Lauf des Angora-Arms. 595
Streiflinge, veffen Wächter anf Befrngen des Neifenben, ber ſich
mach Erkundigungen umfah, felbft feine Auskunft zu geben mußten,
als daß es buch ganz Haimaneh feine Wege und Dörfer gebe;
daß nur Kurden darin umberzögen, umb aller Bertehr zwifchen
Angora und Konieh (Icontum) Tonne nicht bivect (von Rorb
nach Sud durch die lyeaoniſche Hochebene, f. oben S. 33), ſondern
aut auf dem Umwege gegen S.W. über Sevrihiſſar und Bul⸗
wadin (Polybotus) betrieben werben. Die Quelle des Sakaria
ſolle 12 Stunden von :Siwrihiffar entfernt fiegen, wo ver Fluß
plöglich aus vielen Quellen ſchon als fertiger Stromlauf hervortrete.
Nur mit diefem unbeftimmten Nachweiſe wurde nad) der Mittags-
ſtunde, um halb 2 Uhr, die höchfte Stelle des weiten faft völlig
ebenen Tafellandes erreicht, von wo ſich ein lehrreicher Umblick über
bie Natur dieſes fo wenig erforſchten Bodens zeigte. Steilabfälle
mehrerer Blateauftufen dehnten fih gegen N.W. im weite
Ebenen aus; „gegen W.S. W. aber in 4 Stunden Berne hob ſich
eine zadige Berglette, gleich einer Juſel aus weiter Meeres-
flache emporfleigenb, malerifh empor. Gegen Süd und Südoſt
Ing eine volltändige Ebene wie unabſehbarer Ocean ausgebreitet;
teine Erhebung, kein Hügel war bahinwärts am ‘fernen Horizont
(gegen das lycaoniſche Plateau) wahrzunehmen. Nur hie unb- ba,
- bei Fortſetzung des Wegs gegen S. W., durchſchritt man von Zeit
zu Beit jene zahllofen Bafaltgänge ımb niebern plutoniſchen
Dämme, die nad allen Richtungen das Hochland durchſetzen und
wahrjcheinlich in ihren zufammenhängenden Tiefen ven Grund ber
gelammten plutonifhen Aufblähung und Erhebung ber
centralen Hochebene bebingten. Ehe bie Station bes Dorfes
Mut erreicht ward, lam man, nur eine Biertelftunde fern von
demſelben, an einer großen Höhle vorüber, bie in einer obern Schichte
ver Kalkfteinlager durch drei Eingänge ohne alle Regularität zu
treisrumben Kammern führt; von ber Höhe über biefen Höhlen
leunte man bie weite Strecke des zurüdgelegten Weges überſchauen,
und bie vielen Stellen ver Erhöhungen, welche vie frühern, fei es
phrtewifchen ober felbft vulcaniſchen (mit Feuereruption verbundenen)
Ausbrüce und Durchbrüche aus der Tiefe nad) oben bezeichneten.
Gegen SB. und S. S. W. aber über Alles erhob ſich bie hohe
Gebirgsgruppe des Güneſch Dagh (Dindymos der Alten,
3971 5. P. ab.d.M. nad v. Tſchichatſcheff) mit dem Eaftell
von Siwrihiffer anf hohen zadigen Pils an feiner S.M.-
Seite, während an feiner S.D.-Seite am ganzen Horizont feine
526 Nlein⸗ Aßen. $.11.
Spur von Bergen zu erfpähen war. Wille non den Banene bei
Dorfes Mult genannten Orte umber ſchienen türkiſche, ven bem
Plunderungen dee Turlomanen ober Kurden rninirte Feden
zu fein. Bon denen, die früher ſchon Kinmeir hier Bei-feinem
Durchzuge genanut hatte, ſchien nur ber einzige Ort Arslauly
. i. Wwendorf) 8 Stunden weiter in S. O. durch feine Ruine
beachtungswerth.
4. Tag (16. Sept.). In Mult ſtaud eine phumpe Warmor ·
fäule mit lateiniſcher Inſchrift, darin die Namen Cappadocia,
"Boutus, Piſidia, Paphlagonia, Lycaonia und Armenie
Minor, ein römifcher Meilenftein von einer ber alten Straßen,
die hier von Ancyra nah Doryläsn oder Germa durchging.
und melde bie Namen ber Wieberberfellung berfelben enthalte hate. °
Weſtwãrts Mult, 2 Heine Stuuden weit, äudert fi das Laub im
ein fruchtbare Thal um, das wit wilden Birnbäͤumen bewacfen
war, am beilen Hügelfeite vie Ruine eines alten türkiſchen Gar
ſtells gegen S. O. von da, ebenfalls 2 Stunden fern durch ein
Thal, das in flufenförmig auffteigenden Terraffenabfägen wieder uf
bie Höhe ver momotonen Hochebene führte, zeigte ſich en au ber
Stelle von Arslanly die Ruine einer verfallenen Stadt mit ber
hauenen Marmorblöden und Gräberftellen, an deren fragmentariſch-
erhaltenen Zuſchriften aber kein antiker Name bes Ortes ſich
erhalten hatte, fo wie manche aubere Refte ———
was ihre Beſtimmung geweſen. Hier zeigten ſich viele
großer Trappen (Otis tarda), die auf dieſen Hochebenen gar wicht
ſelten fein ſollen.
Nah Ortu zurüdgelehrt, wurde an dem ſelben Nachmittage
nach 2 Wegſtunden an einem Bachlein vorüber, das norewarts zu
fließen ſchien, jene zadige Berggruppe vom Siwrih if ſar a
reicht, die man längſt aus der Ferne geſehen hatte. Sie betard
aus einem feinkornigen ſchwarzen unb weißen Granit. Eire ſtei⸗
nige Felsſtraße führte um bie Weſtſeite der Berggruppe darch gut
bebaute Weinberge zu der Stadt Siwrihiffar (b.i. fpiges Schloß),
die höchſt maleriſch am weſtlichen Fuße zwiſchen gerfififteten. Felſen
erbaut if, bie ſie im Halbtreis umfiehend gegen die Line ſcuren,
ber ben Nefler ver Gonnenftrahlen ſehr fühlbar machen. Die ige
war drückend, alle Vegetation vertrodust und Tehı Fluß erfriſcht bie
Landſchaft ober die Stabt, bie einen großen Flachenraum mit ihren
2000 türfifchen and 800, armeniſchen Häufern bebeite, wie mit ihrem
platien vehmdachern Taum von dem umliegenven Lande suherichicnen
An
Oberer Lauf des Angora⸗Arms. 827
nerden konnten. Hier mar dev Berg Dindymon ber Alten er⸗
wicht, am deſſen Südſeite in 3 bis 4 Stunden Berne, bei Bala
Hiffar, die Ruinen des berühmten Peſſinus chen früher von
Terier entvedit waren, zu denen wir fpäter tie zum borliberflie-
henden fünlichen Quellarm des Sakaria zurücegten werben, wenn
wir zuver erſt Ainsworth auf feiner Wanderung durch einen an«
dern Theil des Bftlichen Haimaneh begleitet haben.
ER. Pocode's Weg von S. W. nah Siwrihiffar
(im 3. 1738).
R. Pocode auf feiner Wanderung, von Säoiweft kommend
(a kam won Afium Rarahiffar), fagt, daß er von Alekian
(Bxciftus) nach 1%, Stunden die Bräde eines großen Stroms)
Mesfeitt (es war ber obere Sangarius), bei der ſich einige
Grabſteine mit Zuſchriften vorfanden; daß er ferner von ba am
9. Mai 1789 nad kurzen 4 Stunden bis Siwrihiffar fort
fGuikt, das an ber Nordſeite eines langen Granitberges gegen
die Ebene hin angebaut fei. Auf ver Höhe fand er einige Muinen,
anf Grabfieinen armenifche Inſchriften, und daſelbſt 3 bis 4
Seulpiaren von Löwen, bie auf armeniſchen Trümmern fehr häufig
vorlommen, deren er auch 4 bis 5 in ber Stabt vorfand. Diefe
Stadt hlelt er irrig für die alte Abroftela. Er fand bier an
500 angsflevelte Armenter mit einer Kirche, bie unter dem Erz⸗
hof won Angora ſtand. Stadt ımb Diftrict war damals einem
Bericuittenen, einem Günſtling aus’ dem Serail des Großſultaus,
ale Geuverneur verliehen. Aus den Erkunbigungen, die Pocode
bei ven Bewohnern einzog, ging zwar hervor, daß viele‘ ber zu
Siwrihiſ ſar befindlichen Baufteine und Marmore erft aus ber
Umgegete zuſammengeſchleppt waren, daß es in’ dieſer daher viele
Refte aus dem Alterthum geben müſſe, bie er aber unbeſucht Inffen
mufte. Borzäglih im SD. ver Stadt ſollten große Trümmer
legen bei dan Orte Balahiffar (Balahazar bei Bocode);
hätte er dieſe aufgeſucht, fo würde er ver Entveder von Peſſinus
. Gewehen fein. Dies geſchah aber nicht. Als er am 30. März kaum
2 Stunden weiter gegen N.D. fortgefchritten war, fah er die erfte
Heerde ver [hönen angorifhen Ziege; er war alfo im gala«
tiſchen Sochlaude. Am folgenden Tage, 31. März, während es
daB ganzen Morgens wech ſchneite, erreichte er nach 3°, Stunden
* — Bet, Beſchreibung des Morgenlandes a.a. O. Th. IN.
BT Melakifen sı
Weges zum zweiten Dale ven ſchon früher gefehenen Fluß, den
er Safari nennen hörte, alfo num für ven Sangarins auch
anerfannte, welcher alſo hier feinen Lauf zuvor noch gegen Norvoſt
nimmt, ehe er fih wie an dem Wachthaufe, wo ifn Hamilton
durchritt, gegen den Norben wendet. Auch bier, wo Bocode ihm
traf, war er mod) ſehr ſchmal, weil er noch nicht fehr weit vom
feinem Urfprumge herkommen folte. Doch war ber Fluß ange
ſchwollen, fo daß man erft am 1. April, dem folgenven Tage, ihm
auf einem Flooße überfegen konnte, bie Pferde mußten ihn durch⸗
ſchwimmen. Im Fluß fing man fehr große Karpfen, bie zur
- Speife dienten, denen bie Türfen aber bie Rüpfe abfeitten ab
die Haut abzogen, ehe fie fich biefelben zubereiteten. Am 2. April
rüdte Bocode nad) 7 Stunden Weges über unebenes, baumloſes
Land zu einem Fleclen vor, der mr uod 5 Stunden von Angora
entfernt lag, den er aber nicht mit Namen nennt, fo daß ex, ohne
mähere Localbeobachtungen zu machen, am 8. Wpril in der alten
Au eyra eintreffen konute.
3. Macdonald Kinneir über Germa und bie war—
men Quelhlen durch Galatia Salutaris nah ‚Angora
(im 9. 1813).
Mach. Kinneir, auf einem andern Wege von N. W. kom
mend, hat auch im Herbft des Zahres 1813 die Stadt Siwri«
biffar®9) (er ſchreibt Sever Hiffer) erreicht, ber er mur 1500
Türken und 400 Ehriften zu Einwohnern giebt. "Sie liege, fagt ex,
an ber Seite eines Felsgebirges, aber freier gegen Süben, an einer
offenen Ebene. Im Caſtell fah ereinige alterthämfiche Refte, wie
3 colofjale Löwen von Marmor, die ihn auf den Gevanten brachten,
bier, obwol irrig, die alte Wbroftola gu vermuthen. Er hatte fon
vergeblich fi nach Ueberreſten ver alten bis dahin noch unbelnhert
gebliebenen Orte Amorium, Synnada, Beffinns, Gordium
und anderer einft berühmter antiler Städte umgefehen, ofme ſich
von ihrer Oertlichleit durch Denkmale überzeugen zu Einen. Er
ahnte nicht, daß er nur wenige Stunden nörblih an ven Pracht ⸗
ruinen der alten Peſſinus (Balahiffar) voräberritt, als er
feinen Weg von Siwrihiffar 10 bis 12 Stunven weit gegen
NO. fortfegte, um die Station Germa aufzuſuchen, welche nad
den römiſchen Itinerarien auf ber großen Heerſtraße vom
99) Macdonald Kinneir, Journey through Asia Minor etc. Lond, 1818. &.
lc. p. A564.
-. Oberer Lauf bes Angora⸗ Arms. b29
Peſſinnus nach Anchra hie erſte Station war, auf welcher bie
andere Station eben fo unbelannt geblieben hie wie Bindia und
Bapira bis Ancyra folgten®).
Kinneir erreichte nad den erften 4 flarfen Stunden von
Siwrihiffar gegen S.D. über das Dorf Jazyr, das höchſtens
ein paar Stunden öftlih ver Ruinen von Peſſinus liegen kann,
wärme Mineralguelten, Sammam Aida ver Türen. Oerma,
unfern von biefen Thermen gelegen, wurbe von M. Kinneir von
da bald in eimer milvern Landſchaft am Sakaria⸗-Fluſſe erreicht.
Nach Kieperts Vermuthung bürfte ſelbſt ver, wahrſcheinlich doch
phrygiſche, Name des Ortes mit ven heißen Quellen zufammenhän-
gen, wie die Stammverwandtſchaft zwifchen Sanskrit gharma, Zend
ghör&ma, altperf. garma, neuperf. germ, armen. dscherm, griechiſch
deoaoc, unferm warm, wahrſcheinlich macht. Unzählige Quellen
waren bier, bie viele ſchmale Bäche in reichen Thälern bilveten,
deren allmählicyer Abfall zur Ebene gegen S. W. von Anhöhen ber
grenzt war. Ruinen und Gärten umgaben bie Stabt, die Ptole-
mäus’im Lande ver Toliftobojer als Eolonie der Römer
werut (Ptolem. V. tab.’4. Galatine Tg Kohnie), die aktr-
nebſt andern in ber Nähe gelegenen Ortfchaften untergingen. Kin⸗
neir ſchreibt den Ort zwar Perma, aber daß dies ibentifh war
mit Germa, der Eolonieftabt, hat ſchon Colon. Lenker) ge
xigt. Germa war ein Episcopalfig in Galatia Salutaris®);
Theophanes fagt, zur Zeit des Kaifers Yuftinian führte berfelbe
ven Ramen Myriangelos (Thermis angelorum coetui dicatis)®).
Der Kaifer felbft befuchte biefe Thermen um feiner zerftörten Ges
ſundheit willen. Diefelben lagen aber, fagt Brocop, in Bithy-
‚Ra, wurden damals Pythia genannt und fehr häufig von ben
Kanten aus Byzanz befucht. Der Kaiſer baute) an der Stelle,
wo bie warme Duelle hervorbrach, einen prachtvollen, feiner wilrbigen
vallaſt umb.öffentliche Badehäuſer. Die früherhin zu große Hitze
des Ortes mäßigte er buch füße Waffer, vie er in Canälen herbei»
%) Hiner. Anton. Aug. ed. Wessel. p. 201: von Peffinus nad) Germa
16, nad Bindia 24, nach Bapira 32, nach Auchta 27 rm. Meilen.
Sie And nad; diefen Diflangen aüf Rieperts Karte eingetragen.
M. Leake, Journal in Asia Minor 1. c. p. 70; J. A. Cramer, Asia
Minor. Il. p.88. *%) Hieroclis Synecd. ed, Wen. 638 u. Eecen
siast. Not, +) Noiae Alemanni in Histor. Arcanam Procop. .IIl.
382 u. Hist. Arcan. Procop. 9. **) Procopias de Aedific. Y.
&%G.Did. It. 315; Jacob Goar Not. ad Theophen, Chronographiam,
ed. 1. Bekkeri Theoph. Chorogr. 1841. Vol. Il. p. 458 ad 371, 6.
Kisten Erdtunde Xxuu. 81
330 Klein⸗ Aflen. $.11.
leiten ließ, erbaute and dem Erzengel eine Keirche, und verſchönere
das für bie Kranfen beftimmte Hospital. Schon Weſſeling be
„merkte, daß Theophanes viefe Germe in Galatin mit jener Therme
Pythia in Bithynien Vorderaſiens verwechielt habe, was auch durch
Steph. Byz. durch Pythia am Aſtacenus Sinus ſich beftätigt. Doch
ſcheint es immer noch zweifelhaft®*), ob Procop ober Theophunes
der Borzug gebührt. Kinneir fand wenigftens aud bei Germa
noch ven Reſt eines fchönen quabratiichen Gebäubes, das ihm eime
Kirche geweſen zu fein ſchien. Den Namen einer Galatia Sala
taris (ſchon im britten Concil zu Eonftantinopel und bei Hierod.
Syneed. ed. Wessel. p. 697), zu welder außer Germa au Bef-
finus, Petaniffus, Amorium, Trodnada, Eudorias mb
Myrikion, wie es ſcheint das Bad neben Germa (identiſch mit
Miyriangelon?), gezählt wurden, ſchien Kinne ir wenigſtens dieſe
Laudſchaft mit Recht erhalten zu haben, wegen ihrer heilſamen Baͤder
und ihrer vielen Brunnen und ſchönen Gärten, qbwol dieſe gegen
wärtig ſehr vernadpläffigt find. Auch war die ganze Gegend fo wit
Nuinen beveit, daß fie einft fehe bewohnt und beuöffert geweſen
fein mußte; bie Einwohner fagten, die TZurfomanen verachteten
&, bier in feften Orxtfchaften zu wohnen, umb würden nicht einmal
zugeben, daß in dem bon ihnen eingenommenen Gebiete ſolche Au-
ſiedlungen ftatt fänden. Das Aderland war daher im ſchlechteſten
Zuſtande; alles roh und vernadläffigt, ver Pflug von Holz ofme
Eiſen mit 4, 6, 8 bis 10 Ochfen beſpannt; das Korn wurde aus-
getveten von Pferden und Ochſen, wie bei ber Ernie von Weizen
und Gerfte, vie-hier exft im September, bei Rinueirs Durchreiſe,
Rattfand. Bei dem fleten Wechſel ber Despotie türkifcher Paſche⸗
und ihrer Pächter ver Einfommenfteuern und ber Abgaben mar lein
dauernder Beſitz ober Wohlftand möglich, fonbern fortmähreshe
Fluctuationen der Zuftände, des Befigthums, der Emigration oder
wechſelnder Anſiedlung.
Auch die Turkomanen-Bevölkerung, welche hier gegen die
der Griechen vorherrſchte, die Rinneir*) weniger entartet als bie
weſtlichern Griehen vorfand, und melde damals bie Uehermäctigen
in biefem Theile des galatiſchen Landes waren, hatten ihre Laͤnde .
reien nicht als dauernden Grumbbefig, ſondern nur gegen Tribut
am Bich, Pferben u. |. w., bie fie, wenn man fie dazu zwingen
#5) 5. 4 Cramer, Asia Minor. I. p. 182. *) Macd. Kisneir 1. c-
p.57, 76. \ . \
Berein der Angora⸗ und Peffinus-Arme. 534
tounte, boas bei ber Schwäche der Paſchawirthſchaft keineswegs der
Fall zu ſein pflegte, an die Pforte zu liefern hatten. Jeder ihrer
Tribus ift in beftimmte Familiengruppen unter Begs geheilt, weiche
ven Tribut am die Beglerbegs, die Häuptlinge der Horben, abzu⸗
liefen haben. Kinneir fand in ihrer Lebensmeife nur wenig Un«
terfhieb von denen ihrer einftigen Stammgenoffen, vie auch heute
noch Perfien unter dem Namen der Jlijät bewohnen. Ihre zelt-
artigen Hütten hatten bie Form einer Glode von 10 Fuß Durch-
meſſer umd Höhe, ver umtere Theil war aus Matten, ber obere aus
Flechtwerk gemacht; fie lebten von ihren Heerden und deren Berlauf
an Pferden, Schafen, Rindern, in Unwiſſenheit und Stolz; aber
ihn, tapfer, dabei gaftfrei, ganz verſchieden von ven Kurden. Den
Saft, der mit ihnen Salz genofien, vertheidigen fie mit ihrem Blute;
in ben Städten verbicht daß Gelb ihren Character. Sie find bie
trefflichſten Neiter. Von Zeit zu Zeit ragen unter ihnen unternehe
menbe Anführer hervor, bie, durch ihr Geſchlecht, Wohlftand und
Anhang felbftänbiger geworben, ven Tribut zu zahlen verweigern,
fo lange fie ſich unabhängig zu erhalten vermögen, deren Schidfal
aus Tſchapan Oghlu's Haufe in Ihzgat, auf ber Oftfeite bes
Hals, belannt ift. +
Bon Germa erreichte Kinnetr?) nach einem Marſche von
6 Stunden gegen N.D. plötzlich ven Sataria- Fluß, der hier
mar 30 Fuß Breite hatte, aber zu tief und veißend zum Durchreiten
war, fo daß er nur auf einer Holzbrüde zu pajfiren war, von
wo bie Weiterreife nah Angora jortgeſett werben konnte, die
ohne neue Ergebniſſe geblieben.
Erläuterung 2.
W. Ainsworths Wanderung über Iſtanos zum Zuſammenfluß
der beiden Angora-⸗, d. i. Engürich- und Peſſinus-Arme des
Sataria⸗ oder Sangarius⸗Stroms, und van da füb- und
füboftwwärts durch die Kurbenbiftricte von Haimaneh bis
zum Karadſcha Dagh.
W. Ainsworth verließ Angora nad) feinem dortigen Bir
teraufenthalte, um von da mit Beiftanh einer Escorte, die ihm vom
#7) Macd, Kinneir 1. c. p.57; M. Leake, Asia Minor. London 1824.
p- 8284. .
212
582 allein⸗Aſten. 5. ui
Paſcha für feine Dienfte "bei Befuchnng feiner Mimenbikricte
zugeftanden war, bie Kurden. Diftricte von Haimanch)..
noch weiter füb- und ſüdoſtwärts al Hamilton zu burd«
manbern, wobei er ein bis bahin faft gänzlich unbefanntes
Xändergebiet im obern Sangariusfpftem in ven Umge-
bungen der Angora-Öruppe zu entdeden Gelegenheit hatte, die
wir buch feine Berichte zum erften Male näher kennen lernen.
Sein Weg führte ihn, nachdem er von Augora aus mehrere Er⸗
curſionen zur genauern Kartenzeichnung der Gebirgsgruppe beendigt
hatte, von Angora gegen Weſt, dann gegen Süd auf eine Strede
von Hamiltons Weg, bann aber von biefem oftwärts zum
Halys zurüd.
1. Tag (19. Mir). Bon einigen Kawaſſen des Paſcha als
Escorte begleitet, zog Ainsworth mit Mr. Ruffell und Raf-
fam nur 4 Stunden im Thale des Angora-lufies gegen Weit bis
Emir Iaman, einem Meinen Orte ans 26 Häufer beſtehend; bie
Wege dahin waren, da bie Viehpeſt im Lande wäthete, mit zahl⸗
loſen Stüden verredten Viehes bebeft, die man zum großen Rade
theil ber Gefimbheit ver Ueberlebenden, da wo fie gefallen waren,
liegen ließ, wodurch in ganz Kleinaſien, bei ſolchem Gebrance, viele
andre Seuchen nachfolgen müſſen. Ob vies ans bloßer Faulheit,
oder in Folge vieleicht eines veligiöfen Vorurtheils der Gebrauch
war, konnte Ainsworth nicht ermitteln.
2. Tag (0. März). An einem Heinen See vorüber durch
den untern Theil der Ebene am Tfhar-fu, bie ſchon früher im
obern Laufe als Murtad Owaſſh erforſcht war, wurde am Sid»
ende der Trachytberge, melde. ver Gjök Dagh hier vom Rorben
herab am ber Weſtſeite des Tſchar-ſu fühmärts bis zum Augora-
Fluß vorfchiebt, der dadurch gebildete Engpaß durchſchritten, au
deffen weſtlichem Ausgange das Städtchen Iftano8 (oder Send)
erbaut ift, mit 400 Häufern, davon nur 50 türkiſche, 350 von Ar
meniern bewohnt wurden. Am Eingange des Paſſes liegt eine Bräde
über den Strom, auf welcher fid) die Hauptftraße nech Gonftanti«
mopel von der gegen Iſtanos abzweigt. Die Stabt liegt maleriſch
am rechten Ufer des Tſchar-ſu entlang, in einer Häuferreihe an
einem Quai aufgebaut, und ift ausgevehnt. Ueber ihr fleigen wild⸗
®*) W. Ainsworth, Travels and Research. etc. Lond. 1842. 8. I. c. T.1.
p. 137—150; def. Journey from Angora etc. in Journ. of tke Roy.
Geogr. Soc. of London. Vol. X. P. 3.1841. p. 275—283.
Verein’ der Angora- und Peffinus-Arme. 539
zadige Trachtt- und Conglomeratfelfen empor, die von alten Ruinen
getrint find, auf deren Spigen voll unzähliger Storchneſter ganze
Schaaren von Stöcchen ihre friedliche Heimath gefunden, bie von
Muhammedanern rtiemald geftört wird. Der langen Stabtgaffe
gegenüber auf dem Oſtufer des Fluſſes Liegen die vielen Gärten ver
Stadt, und zwifchen ihnen eine neue Kirche, die von- ben fehr fleie
figen und wohlhabenden armenifhen Einwohnern erbaut ift, die hier
mit Weben und Spinnen von Rameloten, Merinos, Twift u.f. w. in
dabriken · befhäftigt find. Der ſchwer zu erreichende Gipfel bes
Ruinenberges im untern Theile der Stabt ift durch viele Höhlen
und Grotten ausgezeichnet, die auch in den anbern Höhen vorkom⸗
men. ‚Eine der Grotten hatte 9 Fuß Länge und 7 Fuß Breite;
eine zweite 34 Fuß Lüngefund 10 Fuß Breite, eine andre von
3 Etagen über einander Tonnte nur buch verfallene Felsſtufen und
übergebaute wermoberte Holzbritden erreicht werben. Diefe führen -
zu langen Felskammern, bie in einer Strede von 145 Schritt ſich
aueinander reihen, faft alle mit Brummen und Feuerheerden verfehen
find, umd unter ſich ſolche Abtheilungen zeigen, daß fe meift für
verfchievene Familien zu Wohnorten beftimmt waren. Ihre Be
wohner find ımbefannt, fo wie bie Zeit ihrer Ausarbeitung, wozu
auch feine Imfcription Anleitung giebt. Den Einwohnern von
Manos ſchien es nicht geheuer, vie Fremdlinge in ihren Durch-
forfhungen zu begleiten; bie Höhlen mochten Aigle unglüdlich Ber-
folgter in ſehr alten, vieleicht hriftlichen, Zeiten geweſen fein.
3. Tag. Am 21. März wurde gegen Norden über Mergel-
boden hinauf bie trachytiſche Gebirgähöhe des Gjdk Dagh erftiegen,
wo mar nad; 2 Stunden über wildes Bergland zu einer Vorhöhe
mit einer der galatiſchen ähnlihen Mauerumfhanzung ſehr
großer Steinblöde kam (Ain sworth nennt fie hier pelasgifh), die
„Eirige Regelmäfigfeit in dem Aufban zeigten, ähnlich den fhen
früher genasmten zu Kara Wiran, zu Aſſarly Kaja (f. oben
&.523), in Iflani umd im ber Nähe ver Gteinfalzgruben zu
Bejad (f. oben. &.352), fo daß fi bie Zahl der daracterifti»
ſchen galatifhen Feſtungswerke fhon in vier einander fehr
analogen Dentmalen auf galatiſchen Völlergebieten nachweiſen läßt,
von denen man friiher feine Kenntniß genommen hatte. Sicher
. werden noch anbre Denkmale folher Art bei genauerer Beachtung
berfelben nach und nach hervortreten. Ueber dieſer Mauerumfdan-
sung hatte das Dorf Gjötlä, mit einigen 40 Häufern, ſich ange
fiedelt, und noch höher hinauf eine halbe Stunde weiter wurde bie
wu alein⸗Afien. . 11.
- Yaila der Dorfbewohner beſücht, ungeachtet noch beſtändig auf
biefer lalien Höhe Schnee nieverfiel. Ganz in ihrer Nähe, in ver
» Borderwand einer Feldkfippe, die mit ihrer ſenkrechten Felswand bis.
zum höchften Gipfel des Berges emporfteigt, fah man ſchon aus ver
Berne ven Eingang zu einer berühmten jehr großen Höhle, bie
wahrſcheinlich einft auch in Beziehung zu den galatifhen Fe—
ſtungswerken geftanven haben mochte. Sie konnte auch eim ab»
gelegenes Aſhl zahlreicher Bewohner gegen Verfolger fein, da fie
50 Schritte breit, 20 Schritte tief ift und mehrere Seitengänge hat.
Sie liegt in Kalkftein mit breiten Gängen von Kalffpat und Tra-
vertin. ine große Steinmauer umgab ihren vorbern Eingang, ber
jegt nur zum Zufammenhalten ver Viehheerden der Jailas biente,
bie in ber Höhle felbft bei boſem Wetter ihren Schutz fanden.
Unter dem ungünftigen Schneefall und nachfolgenden Regen mufte
ver Rüdweg ohne weitere Beobachtung zu den gaftfreien armenifchen
Shriften nah Iftanos angetreten werben, wo zu Ewliya Efen-
bi’8 Zeit freilich eine ganz andre Geiltänzer-Bevöllerung einheimiſch
geweſen fein muß, als in ber Gegenwart bei ber foliven Armenier -
gemeinde (f. oben ©. 491).
‘4. Tag (22. März). Bon Iſtanos aus wurbe ber Zufam-
menfluß des Tihar-fu zum Angora-Fluß zwifchen fleilen, 200
Fuß hohen Trahytwänden beſucht; dann am Norbufer des jo ver-
geößerten öftlihen Angora-Fluffes gegen S. W. an ver Dorf
zuine Tatlar vorüber geritten. Am bortigen Heinen See erhebt
fi) ein Berg vulcanifhen Urfprungs, Ada Tepeify (d. h. Infel-
berg), von feltfam conifcher Geftalt, ver ſich weit gegen ven Süben
als ein Bergrüden fortzieht, und fo aud ben Angorafluß weit gegen
Süden brängt, bis diefer deſſen füblichften Vorberg min erft um⸗
laufen und ſo ſeinen Normallauf gegen Weſt durch die vorliegende
weite Hochebene fortſetzen kann. Dieſer lange Rüchgrät wurde von
der Oſtſeite her quer überſtiegen, und ſo konnte man an deſſen
Weſtſeite den Fluß wieder treffen, an deſſen Südufer ſich in
ſudlicher Streichungslinie die Fortſetzung bes Ada Tepe» Zuges
unter dem Namen Germeſch Dagh noch weit hin gegen Sü-
den verfolgen ließ, auf deſſen nächſter Höhe ein Caſtell Ger
meſch Kaleh liegt, 800 bis 1000 Fuß vos ſich über die auliegende
Ebene erhebend.
Dieſem Eaftell gegenüber, noch auf dem Norbufer des Angora ·
Fluſſes, liegt die Meierei Kara Kojunly (b. h. vom ſchwar-
zen Schafe) von nur 20 Häuſern, mit einer Ummmanerug wie
Verein det Angora⸗ und Peſſinus⸗Arme. 385
ein arabiſches Dorf. Die Berggüge, die in N.W. ver Meierei
„ terüberftreichen, beftchen aus Kalt, Kreidemergel, rothen und ocher-
gelben Sonbfteinlagern; fie heißen Ajafch Dagh.
5. Tag (233. März). Am Morgen früh follte das Germeih -
Kaleh am Südufer des Angora-Stroms erftiegen werben, deshalb
mußte der Strom durchſetzt werben, was im feiner Furth ſehr bes
ſchwerlich war, obgleich er in ber trodnen Sommerzeit ſich mit feinen
dann etwas ſalzigen und ſehr geringen Waffern in bem weichen
Sandboden, ven er zw burchziehen hat, faſt verlieren fol. Am
nördlichen Abhange des Caftellbergs, dicht am Gtrom, fpringt
eine warme Quelle von 23° 11° Reaum. Wärme hervor, über
welcher ein Badehaus mit einer Kuppel erbaut ift, das ven Genue⸗
fen zugefrieben wird, aber offenbar aus muhammebanifcher Zeit
ſtammt, und in feinem Namen an bie antike griedhifche Benennung
eine Therme, wiebei Germa ober Germe, erinnert. Die Ruine
des Caſiells auf der 700 Fuß großen Höhe des plutonifchen Berge
iſt offenbar römischen Urfprungs und war einft aus Quabern mit
getem Mörtel aufgeführt, darin fehr große Blöde mit eingemanert
worden. ”
Bon da nördlich nah Kara Kojunly zurüdgelehrt, wurde
das nörbliche rechte, mehr ebene, gegen Welt in pittoresfen Win-
dungen fortziehende Ufer des Angorafluffes weiter begleitet, bis
ju von, Nord herabziehenben ſchmalen und nievern SKreiveflippen,
peiſchen : denen das Jokara Turkhaly, d. h. das obere Dorf
Zurtpaly liegt, mo über die Windungen des Fluſſes eine Holy
hrüde führt. Die Berge werden weiter hin größer, mit gerunbeten
Rupyen, aber mit Steilabhängen, an venen vie Kallſteinſchichten in
gxoßen Krummungen übereinander gelagert erſcheinen, und bei ihrem
deſtwerden offenbar vielen Berfchiebungen unterworfen waren. Un
tinem ihrer Durchbruche, ben man hier durchſchreiten mußte, und
des einft erſt durch Felsſpreugungen gangbar gemadt war, fprang
wie an ber Süpfeite des Fluſſes, fo auch hier auf deſſen Norhfeite
ne warme Quelle hervor, eine Beftätigung, daß man fid) auch
hier auf plutoniſchem Boden befand, durch welden der Fhiß feinen
Weſtlauf genommen. Eine große Grotte, in einer Höhe von 400 Fuß
über vers Thale, mit einer Yortification im Felfen liegend und weit
fihtbar, nannte man eine Räuberhöhle, die zur Beherrſchung
des Paſſes gebient habe. Nahe am Ausgange bes Pafies ruhet der
Sallliein auf Schiefer und Quarzfels, von dem ex emporgehaben
worben. Jenſeit, im Weften, Tiegt das Dorf Aſchagha Turkhaly
536 Rlein-Afien. $. 11.
(a8 untere Turkhaly, in "N. mb 2. durch eine Lange Reihe
änförmiger Gypshügel begremgt, mit denen mm bie weite Ebene
beginnt, durch welche ver öftlihe Sangarins oder Angorafluß
feinen Lauf mehr bivect als bisher gegen Weit fortzieht bis zum "
großen Dorfe Sarrubas, das von ba in 2 Meinen Stunden er⸗
reicht warb, wo ein Ajan frifche Pierde für den folgenden Tages
marſch ftellen konnte, ,
6. Tag (24. März). Während am folgenden Tage die Ba-
gage-Pferbe direct gegen Süd über den Fluß nah Masly forte
ſchritten, blieb Ains worth nod an den Gypsbergen Kin auf dem
rechten Ufer des Angoraflufjes, um bis zu deſſen Berein mit dem
füplihen Salaria-Arme, von Peſſinus herlommend, bie
Thalbildung zu verfolgen. Nach 2 guten Stunden Weges fühweft-
wärts von Sarrubas, an vielen Gypsſchichten voll Höhlen vor -
über, bie ſich gegen die Flußfeite öffnen und gewöhnlich zu Fühlen
Ställen für die Schaf» und Ziegenheerven in ber heißen Sommerzeit
dienen, erreichte man ben Verein beider Hauptarme bes
Stroms, deſſen bisheriger Namen Engürieh oder Angora nom
bier an in ben alleinigen Namen des Salarija over Sakaria
übergeht. Die Biehſeuche hatte aud Hier viele Bermüftungen
unter den Heerben angerichtet, viele der zarten Angoraziegen lagen
verredt umber und vienten zahllofen Geiern zum Fraß. Merkwürdig
war am tiefen Defilö bes Vereins beider Fläffe, vie bis dahin
durch die Gypshöhen von einander geſchieden geblieben waren,
ber plögliche Wechfel des Gefteins, in milden, !lippigen Gra⸗
nit- und Syenitfelfen ſich erhebenb, bie dem Gypsgebiete folgten.
Der Salaria-Arm von Süden, in vielen Krümmungen wit
einigen Zuflüfen und Seebilvungen herbei kommend, tritt hier erſt
in die Syenite ein; nachdem er fie mit einigen Wafferfällen
und Stromfänellen zwiſchen Felsprecipicen ein Stündchen weit
durchbrochen hat, vereint er ſich ımter ven lotzten plutonifchen
Klippen mit dem Angoras ober Engürich- «Arme und tritt
dann mit feinen Waſſern bereichert in eine offnere Ebene ein,
die aber„meiter abwärts bald wieber, ver Ansfage nad, von andern
Bergzügen geſchloſſen werben fol. Indeß biefer weitere Lauf iſt
Terra incognita geblieben. Ainsworth hat das Verdienſt, ben
Berein beider Hauptarme zum großen Sangarins-
Strom entdedt ımb genau beſtimmt zu haben, wodurch frühere
Oypotheſen von Steomläufen und davon abhängige Ortsbeſtinnnun -
Berein der Angora- und ‚Peffinns-Arme. 537.
gen, wie bei D’Anville, Rennell, Leake, Reiharbt, aus ber
Kartographie von Galatia und Phrygia verbrängt worden).
Die ſchmale halbinfelartige Landzunge zwiſchen dem Flußverein
wit Öben welligen Gypshügeln durchzogen, in welche ver Germeſch
Dagh weſtwärts ausläuft, wurde in einigen Stunden ſüdwärts
durchritten, bis zum blühenven Dorfe Masly, das gegen das
Suldende des genannten Gebirgszuges in einer Paßlücke deſſelben
liegt, wo bie plutoniſchen Trappgeſteine deſſelben, auf deren
Nordende ſich das Caſtell Germeſch erhebt, hier ſich nur in den
Kuppen erhalten haben, während ver Fuß in Kreidemergel übergeht.
Die reiche ummauerte Gartenumgebung von Masly, melde wahr⸗
ſcheinlich eine antike, aber noch unbelannt gebliebene Ortslage ber
zeichnet, Tiegt im Welten einer Berghöhe, am deren Weftfuße ver
Salaria⸗ Arm norbwärts vorüberzieht. Der einft große Ort ift
jest, wie alle im Lande, nur ein Dorf in Berfall, von dem nur
2%, Häufer bewohnt waren; ber Boden war reich durch Quellen
beiwäflert, von vielen Jerboas belebt, bie in Höhlen hanfen, und
boll von Schaaren der Rebhühner, die gute Jagd boten.
. 7. Tag (26. März). Statt von Masly dem ſchon befann-
tern Wege gegen Weiten zu folgen, wandte ſich Ainsworth gegen
Süudoſten ab, die Duerwege feiner Vorgänger Bocode, Kinneiz,
Hamilton durchkreuzend, durch Haimaneh und feine Kurben-
diftricte fäbmärts bis zum troftlofen MWüfte von Kyzyldſcha
Kale (d. i. dem vöthlichen Schloß), mo ber gewaltige Trachytkegel
des Karadſcha Dagh ven nördlichen Grenzftein bilvet gegen das
ſüdlichere, Igcaonifhe, baumlofe, falzreihe Plateau-
land mit dem großen Salzſee, dem Tatta der Alten.
Ueber ven Paß im Germeſch Dagh erreichte man bald gegen
SB. ein fruchtbares Thal mit dem großen Dorfe Schaban uzi
und einem gleichnamigen bahinter auffteigenven Berge, von deſſen Höhe,
die man nach äiner Stunde Auffteigens erreichte, man einen meiten
Blid über den welligen Diftrict des füdlich anfiegenven Haimaneh
exhielt. Auch das weite Thal des Salaria, mit den Aja ſch« und
Gjöllü-Bergen gegen N.W., den Bergen von Siwrihiffer
gegen SW. und dem Elma Dagh wie dem Idris Dagh in
SD. und NO. ver Stadt Angora, konnte man hier überſchauen
und durch Winkeloufnahme ihre Lage beftimmen.
“) W. Ainsworth, Trav. and Res. I. c. I. p. 142; in Joum. L. G. Soc.
Lex P3.p.270.
338 Klein-Afien. $&11.
Beim Hinabfleigen gegen Süd, an einigen. Heimen Quellen mit
veingehauenen Gewölben vorüber, erreichte man die Sommer-Jaile
Iaghmur Baba (b. h. Regenvater); bamm ein Thal mit Wei⸗
zen · und Gerftenfeldern und das Dorf Larghaly (d. h. Krähenont),
wo der Sitz des Woiwoden oder Statthalters von Hai—
maneh lag, in deſſen Gebiet man alſo hier eingetreten war. Man
hatte hier die Querroute Hamiltons nur weniges oſtwärts der
Station Beidſches gekreugt.
Der Woiwode, dem Beſitzthum nach ein reicher Turkomane,
vol Stolz im feiner Würde und feinen Manieren als Landesfürſt,
‚ging in fehönften Kleidern einher, ‚zeichnete ſich durch bie ſchönſten
Kameele aus, war von zahlreichen ſchwarzen Selaven bevient; ber
Ort war wohlhabend und einige Chriften mit langen Reihen vom,
Maulthieren ſtanden bereit, das durch fle von den Ortsbewohnern
erhandelte Korn weiter zu verladen. Bon ihnen erfuhr man, daß
nur in 2 Stunden Entfernung gegen Süden in Haimaneh bie
Biehpeſt aud fon müthe; am ein tiefered Embringen in jenes
Sand konnte alfo nicht gedacht werben.
8. Tag (26. März). Das bebaute Aderfelv um Karghaly
blieb auf den engen Raum einer Heinen fruchtbaren Daſe beſchränkt,
am deren Örenze der troftlofe, mellige Kreideboden ohne alle Ab-
wehslung, ohne Baumwuchs, ohne Agricultur, nur von wenigen
holzartigen Kräutern, Gramineen und Wurmkraut (Artemisie ab-
sinthium, Wermuth) überwuchert. Nach vielen Beobachtungen betrug
vie mittlere Erhebung ver Hochebene 8000 Fuß Engl. ober 2814
Fuß Par. über dem Meere. Nach einem Mitt von 7 Stunden
Beges ‘gegen S.D. kam man zu einer in zwei Theile gefonberten
Hügeltette aus dichtem Kalkſtein und zu einem’ Bad, ber fi
. gegen Nord zum Angorafluß zu ergießen fheint. Durch einen Eng-
paß aus dem nördlichern nienlichern Thale mit ein paar Dörfchen
in das ſüdlichere etwas höher gelegene Thal eindringend, erreichte
man Adſchuk, und fürlicher von ihm, aber benachbart, das Turlo-
manendorf Alif von etwa 20 Häufern und Zelten, das durch eine
alte Ortslage von byzantinifcher Bauart ausgezeichmet ift, weil
in ihm fih monde Säulen- und Corniſchen - Fragmente wie audre
Baufteine und Gräberflätten vorfanden. Von dieſem lag eim zweites
Dorf, mit etwas öftlicher Wendung, welches früher ver Richterfin
des Gouvernements von Haimaneh geweſen war, und daher Kabhi
Kidi, Richterdorf, genannt wurde. Seine 40 Häufer waren au
Die Landſchaft Haimaneh. 389
vie nedten Hügel ber Kreive- und Kallſteinſchichten angebaut, ‘vie
alle mit 16" gegen N. fielen.
9 Tag (27. März) Nur Stunden von Kadhi Kjbi
fuchte man warme Quellen auf, bie mit wahrer Hige von 41°,
33‘ Reaum. ſehr reichlich aus dem Gipfel eines runden abgeglät-
teten Hügel in einer Höhe von 300 Fuß über der Ebene hervor⸗
traten. Ein modernes Domgewölbe bilvet ein Doppelbad für Weiber
und Männer, das aber zum Theil eingeftürgt und ganz vernach-
lffigt war. Es hatte gewölbte Pforten im ſeldſchukiſchen Hufeiſen -
Ryl, wie bis mehrften Bauten in Koniah, ſchien aber durch ein
Erdbeben zeriprengt zu fein. Ein Theil der Mauern war aus
Bruchſtücken eines antiten Tempels zufammengeflidt, von dem
man aber feine Inſchrift vorfinden konnte. Die Bäder waren im
einen Raum von 400 Schritt Fänge und 300 Schritt Breite ein-
geſchloſſen, und von vielen byzantiniſchen Hänferreften und Grab-
‚Rätten umgeben. Das Ganze, verfallen und verarmt, wurde mit
dem Namen des Japak Hammam ober auch Janina belegt.
Hier oder in Alif möchte and; einer ber Orte der Galatia Calı-
taris zu fuchen fein, die (jegt eine Wüſte) ein wahres Sand ver
warmen Quellen genannt zu werben verbiente®t). Durch ein
enges, etwas blumenreicheres Thal zwiſchen fteil emporgerichteten
Ralffeinfchichten wurde das Auffteigen zum Ardidſch Dagh ber
genen, der unmittelbar im Süd über ven heißen Quellen em»
porſteigt. Obwol er Wachholderberg (Juniperus sabina ober
kispanica, Arbivi der Einwohner, d. i. Sevenbaum, ber auf
dieſem dilrren Hochlande noch hie und da vorkommt), genannt wird,
iſt er doch keineswegs ſehr bewachſen. Sein Boden ift Sandſtein
uns ſchaliger Kallſtein; ex ſteigt nur 600 Fuß mit feinem Rücen
über die füdliche Ebene von Haimaneh empor, an 300 Fuß mehr
ober 900 Fuß über fein nordlich anliegenbes unteres Tiefthal, ab«
ſelat aber nur 8370 Fuß Par. (3671 Fuß Par. nach v. Tſchlch.)
über vie Meeresfläce. Die Ausſicht von feinem Gipfel war höchſt
monoton. Sübwärts flieg man zu geringer Tiefe hinab zum Tur⸗
Inmanenborfe Kyzyl Kidi (Rothoorf), das einft fehr groß ger "
weſen. Bor allen Thüren ber Häufer weideten Kameele, bie
Weiber gingen ohne Schleier, waren zutraulich und auch bie Kinder
bes Ortes, voll Unbefangenheit und Neugier, verfammelten fi vom
ihren Spielorten, fo feltne Fremdlinge in ihrem Orte anzuftaunen.
®e) Aucher Eloy, Halat oc. I. p. 86.
540 Rlein-Afen. gl.
Der Aufenthalt war nur Kurz, denn mit friſchen Pferben vitt man
über grafige Anhöhen weiter gegen Süb zu eimem Berge, ben
Gjdtofhe Bunar (d. i. bläuliche Quelle) hinan, an deſſen
Buße Zelte von Kurden aufgefhlagen waren, bie ihre Früh.
lingswanderung ſchon feit wenigen Tagen hieher begonnen hatten.
Bon da erreichte man in kurzer Zeit das Kyzyldſcha Kale (röth«
liches Caſtell; bei v. Tſchichatſcheff, der es zu 3270 Fuß Bar.
Meereshöge beftimmt, Güzelbice, d. i. [hönes Schloß), wo aber
fein Caſtell war, wie man es angefünbigt hatte, fonbern bloße An
häufung von vielen Steinen, wie fe in jenen Gegenden gar nicht
felten vortommen, und die das Bolt mit dem Namen eines Kale,
de i. einer Steinburg, belegt. Getäufcht in ber Erwartung, hier
Ruinen einer alten Stabt zu finden, mußte man fi von da mit
dem Aublick des wild ans ver Ebene fübwärts auffleigenden hohen
Trachytlegels des Ka radſcha Dagh begnügen (3600 Taf Bar.
nad v. Tſchich.), denn die Nachricht, daß auch dort die Peſt herrſche
ſchredte alle Begleiter des britiſchen Reiſenden zurück; ſte wollten
nicht weiter gegen ben Süden in ber Wüſte von Haimaneh
vorbringen, bie von da in weiter Monotonie und Armjeligkeit fih
durch die baumlofe lycaoniſche Hochebene 5iß zum großen
Salzfee gegen SD. und gegen ©. und S. W. nad) Konia, Al-
fhehr und Bulwadin ausvehnt (f. oben ©. 34). Auch neigte
ſich fhon der Tag, und man mußte hier, am ſüdlichſten Puncte
ver. Expebition, gegen ben Norben zurüdeilen, um über das Dorf
Tſchaltis noch das Dorf Dſchuluk zu, erreichen, das auf ver
Straße von Konia durch jene Wüfte norbwärts am Wege nach
Angora liegt, wo man erft wieber frifche Pferbe erhalten konnte.
10. Tag (8. März), Das trübe Wetter machte aftzone-
miſche Beobachtungen unmöglih, man mußte fih mit Winkelmeſ⸗
fungen nad) ven ſchon fräher befuchten Höhenpumcten zur Berich
tigung der Karte begnügen. Bon dem Boftborfe Dſchuluk mit
Mm 20 Häufern wurben bie Badpferbe direct gegen Nord nach
Kara Gedit (dem ſchwarzen Spalt) einer engen Thalfpalte geſchict,
ans welcher ver Tabak fur gegen Norven nad) ver Stabt Angora
fließt. Ueberall war die Peft in den Ortfchaften ausgebrochen, ver
man nur noch gegen N. O. ausweichen wollte... Die leichten Reiter
nahmen einen öftlichen Seitenweg durch eine weite Ebene, um in
ber Nähe eines Kurdendorfes Kyrkly vorüber vie Ruine eines for
genannten Klofters zu befichtigen. An einigen Sepulcralgrotter
vorüber, die ohne Iutexefie waren, erreichte man bie Bergwand du
Die Laudſchaft Haimaneh. 541
einer Eagſchlucht, im welcher ſich viele Grotten in verſchiedenen Stod-
werlen in Kreidefelſen über einander eingehauen zeigten. Unten
waren es große Felskammern mit Pfeilern, und durch einen Bogen
in der Mitte geftügt, mit Hallen und Gemädern zuv Seite, bie
einſt wol für eine ganze Möndögefellihaft zu Refectorien
und Dormitorien hatten dienen können. Zur rechten Seite fah man
eine Heine Kapelle, nur 7 Schritt lang und 5 Schritt breit, und
zur Linlen einen Felfengang, ver durch einen Umweg zu einer ganz
engen Felfenzelle führte, im ber vielleicht einſt ein einfamer Büßer
fein heiliges Lehen vertrauern mochte. Das Ganze ſchien einem
Heinen Convente, vielleicht nur einem halben Dutzend von Asceten
zum Aufenthalt gebient zu haben. Es mar in demſelben Styl in
bie Felſen eingearbeitet, wie Ainsworth weiter im Often bes
Taurus, zwiſchen Euphrat und Tigris zu Marvin, am Maflus-
Gebirge dergleichen ſchon früher, nur in größerem Maßftabe, fir
zahlreiche Eonvente zu Deir Zafaran (Erdk. XI. 368, 383—396)
geſchen hatte.
Bon diefem Felfenklofter aus alter byzantiniſcher Asceten-
periode eilte man über Kara Gedilk und einige Dörfer, in denen
alles voll Peſtleichen Iag, hinweg, um das große Bergborf Banam,
zwiſchen dem Ura Dagh und Elma Dagh gelegen, zu erreichen.
Hier follten am Ura Dagh die Bergmerfe des Rzzet Paſcha
von Augora befichtigt werben; bei ihrer gänzlichen Bernachläffigung
waren bie Stollen aber ſtatt der Betriebſamleit der Bergleute zu
Hühlenlagesn ver Füchſe geworben, die man bei Beſuchung berjelben
ef ans ihren Winkeln aufjagen mußte.
11. Tag (29. März). Die Kette des Ura Dagh ſtreicht
hier im Süven des uns ſchon früher befannt gemorbenen Elma
Dagh (Apfelberg, |. oben ©. 451) von S. W. gegen N.O., ihr
Ceuntrallern ift Serpentingeftein und Talkſchiefer mit Gängen
von Quarzſtein, Ehalcedon umd aufgerichteten Felſen von Kall- und
Kreiveformation. An feiner Norbfeite find noch andre Gefteindarten
wie Bafanit, Hornflein, Feuerſtein und rothe Quarzite in merk⸗
wärbige Verbiudung getreten; am ſüdlichen Abhange beflelben zieht
cin großes Gypelager hin; fein Rüden exheht fih 807 Fuß Par.
über der Ebene und 4343 Fuß Par. üb, d. M., er war noch Art
mit Schnee bededt. Die Bolot owſche Karte nennt ihn Diva
umd giebt ihm 4539 Fuß Par. abfoluter Höhe Der Süb-
des Berge war noch mit einigen Fichten bewachſen, die an
Norrfeite faft si fehlten, wo aber. noch niebriger Eichenwald
fit
se alein ⸗ fie. sie.
ſteht. Der Berg ift won Heinen, aber fehr zahlreichen Gängen
von Kupfertiefen durchzogen, deſſen Betrieb war aber damals
ganz in Verfall. Bei dem Dorfe Karghaly von 40 Häufern,
zwiſchen ) fhönen Gärten ſund Quellen gelegen, fanden einſt bie
Hätten, in venen das Kupfer gefchmolgen wurbe, daher wool der
Berg ben neuern Namen Ura Dagh, d. i. Feuerberg (?), af
erhalten haben mag. An demſelben Tage kounte ver Uchergang über
ven Halys bei Kjöprä-Kjdi, dem Brückendorfe, bei der Tfcheid-
negiri Kidprit erreicht werben, bie wir aus obigem fhen lennen
8.12.
Bierzehntes Kapitel.
Mittler Lauf des Sakaria, Sangarius, in feinem gro-
Ben Längenthale von DO. nah W. vom Berein der beiden
Hauptarme des Angora- und Beifinus- oder Germa-
Arms, durch das galatifh-bithynifche Plateau und durch
die nörblig-weftlihe Gebirgsummwallung bis zu dem
nörbliden Querdurchbruche bei Lefteh, und Geimeh
und zum Sabandfha See.
Wir haben nım einen ber gefährlichften Pfabe in ber Mitte
Aleinaſiens zu durchwandern, auf dem wir nicht ſowol Turke⸗
manen ober Kurdenraubhorden zu ficchten haben wie mol
anberwärts, fonbern vielmehr die vollftändige Ignoranz über bex
mittlern Lauf des Sangarins, von bem wir ums alfo leicht
auf bie eine wie bie andere Seite verirren köͤnnen, ba nirgends ge
bahnte Wege an ihm hingehen, faft fein ganzer Kartenverlauf us
punctirt fein follte, da er nur ganz hypothetiſch eingetragen werben
fan, und wie bie beffern Karten zeigen, ihm zu beiden Seiten eine
weit audgebreitete völlige Terra inoognita liegt, ein großer weiß
gelaffener Fled in der Mitte ver Halbinfel, über den noch jeve fe
cielle Beobachtung fehlt. Ganz weiß ift diefer Fleck auf Kieperts
Karte gelaffen, auf ver Bolotowſchen Karte, die ſonſt fo manche
Bervolfländigung der frühern enthält, ohne irgend eine einzige
Beobachtung, blos mit nichtsſagenden Strichen ſchraffirt, die offenbar
nur bie Ignoranz zudecken ſollen.
Wir wirben 68" gar nicht wagen lonnen, dieſes Sebiet zu teure
ſchreiten, wenn wir mit menigflens ven Anfang und das Eude
’
- Mittler Lauf des Gakaria. "548
tet mittleru Sangarins«Taufes nach pofitisen Angaben länn⸗
ten unb wenigftens, freilich, nur in größern ober geringern Ahftänben -
son feinem rechten und linken Ufer am ver Nord und Sübfeite
feines Stromgebiet, einige Seitenwege mit mehr Sicherheit verfolgen
unten, die uns wenn andy nur Anhaltspuncte zu Schlüffen auf den
Bufammenhang des Ganzen geben. Wir folgen erſt ver Norbfeite
und gehen‘ dann zu ben wichtigern nenern Entdecungen ver Sübfeite
über, von wo wir uns vorzäglid an bie ſüdlichern Zuflüffe und an
die Monumente zu halten haben, die uns über die bortigen Lande
ſchaften des Stromgebiets Auffchluß geben können.
Die feftern Ausgangspuncte am Oftende wie am Weft-
ende des Sakarialaufes in ber weſtlichen Normalrichtung
feines großen -mittlern Längenthales, bis zu denen feiner
wetligen Durchbrüche gegen Norden (ſ. oben S. 467), das wir,
im Gegenfah der ſüdlichern Sakariaftufe auf dem lycaoniſch-
phrygiſchen Hochlaude, vie nörbliere zweite Sakaria—
Rufe ober das galatifh-bithynifche Stufenlann von An-
gora, Gordium bis gegen Nicäa hin nennen könnten, haben wir
ſchon oben bezeichnet. Es find folgende Hauptpuncte: Iſtanos,
ber Zufammenlauf beider Hauptarme am Germeſch Dagh im
Given, nad) Ainsworths Beftimmung, and bie Lage von Bej-
bazar gegen ven Nordweſten auf ver großen Straße von Angora
and, Eonftantinopel; im fernen Weiten ift es die Lage von Lefteh
wu dem etwas nörblichen Geiweh gegen Isnik (Ricka) bin.
Zwiſchen viefen Punkten Liegen alle uns bekannt geworbenen Deet«
ächleiten, vom denen auf ber Norbjeite biefer Samgariusftufe mer
Zwar mufte in ber ältefien Periode des phrygiſchen Reihe
nb zu Eröfus Zeiten dieſes ganze Sangariusgebiet nad allen
Richtungen bin vielfach, durchwandert fein, als König Midas in
Gordium an der Morbfeite des Sangarius refidirte (Strabo KH.
568) und dies vom allen Geiten ald Emporium beindt war, die
Manſoleen wer phrygiſchen Könige aber auf der Süpfeite des Stroms
ercichtet wurden, und and zu Cröſus umb ver Perfer Zeiten hier
viel Verkehr und Handel war. Der Heereszug Aleranbers ging
uer buch bie Mitte biefes Steomgebietes, von Celaenae uͤber
ven Sangarins nah Gorbium (Curt. Ruf. II. 2, 12); aber
leider geben weder Arrian (de Exped. Alex. I. 30), noch Curtins
die geringfte Auskunft diefes Weges, ber von Süven nach Norboft
Nefe Terra imvognite des Stromgebiers durchzog. Des Conſul
844 Klein⸗ Aſien. 61%
Manlius Feldzug gegen bie Galater ging an ber Süpfeite bes
Stroms hin; die Norbfeite ift in den frühern Jahrhunderten we
iger befucht, doch finden wir in ben fpäteren römifchen Stinerarien
Stationsverzeihnifie wenigftens ver großen Hauptſtraße vom Bo
porus ins Innere, die wir mit: den anbern Angaben zu vergleichen
im Stande findsst),
Diefe Vergleihung, früher auf Grund unzureichender neuerer
Hülfsmittel von Rennell und Lapie ansgeführt, feit v. Binde’&
genauerer Wegeaufnahme mit mehr Zuverläffigleit in Kieperts
Karte von Klein-Afien eingetragen, wodurch wenigflens bie Haupt
flationen Zataium, Dablae, Dadaſtana, Lagania, Muifus. in ihrer
Rage geſichert find, zeigt, daß bie alte Straße weſentlich ver Ride
tung der heutigen durch nördliche Nebenthüler des Sangarins folgte,
und biefen Fluß felbft, außer dem Uebergange feiner untern Thal
bette (bei Tataium), mm an einer kurzen Stelle feines obern Laufe,
abweichend von ber jeigen Straße berührte, bei Suliopolis,
dem alten Gordium, deſſen genaue Lage eben bewegen bis jegt
noch nicht wieder aufgefunden ift. .
Unter den neuen Itinerarien nimmt ber Bexicht von
Busbel im Jahre 1554 bie ältefte Stelle ein; dieſem folgen
Ewliya Efendi 1648; Tournefort 1701; Paul Lucas 1704;
Bocode 1739; Niebuhr 1766; Browne 1798; Scott War⸗
ring 1805; Mach. Kinneir 1818; v. Binde 1836; Auder
Eloy 1834 und 1837, welche in fo verfchievenen Zeiten aud ver
ſchiedenen Wegen folgen, und durch bie verſchiedenen Stationen, an
denen fie halten, wie durch bie verſchiedenen Namen, welche fie öfter
venfelben Stationen, Flüſſen, Bergen’ und Durchgangspuncten geben,
manche Zweifel erregen; doch laſſen bie Hauptrichtungen einiger
maßen fid ermitteln, bis einmal ein Augenzeuge als Beobachter und
Forſcher jener Landſchaft hervortritt,: dem ficher eime reiche Ernte
von Entvedungen zur Belohnung ver Mühen vorbehalten bleiben
möchte, wenn er den Lauf und das Stromgebiet des Sangarins ,
fgftems gründlich” aufnehmen und durchforſchen wollte und Fännte.
Wir müffen uns bis jegt nur mit chronologiſch und topographiſch
etwas georbneten Fragmenten begnügen, umb dürfen babei wicht
vergeflen, wie ſchwierig es war, aud mer diefe wenigen Bruchſtüce
*) Bon Nieia (Nicke) bis Ancyra f. Itinerar. Anton. Aug. ed. Wessel,
p-141—143; ed. Parthey et Pinder. p.65—66; u. Itinerar. Biero-
solymitan ed. Wess, p. 573—575; ed, Parthey et-Pinder, p.271—272.
Mittlet Safarialanf; ältere Routen. 546. .
auf einem fo ungaſtlich gewordenen Beben zu ermitteln. Wir geben _
die Originafnamen- der Autoren in Klammern beigefügt zu ben Nas
men ber Kiepertſchen Karte, wo fie ſich ertennen lafſen. \
Erläuterung 1.
Die älteren Reiferouten durch ben Mittellauf des Sataria-
foftems; nach Busbel, Ewliha Efendi, Tournefort, Paul Lucas,
Newhbery und Niebuhr.
1. A. G. Busbets®) Reife von Nicäa nad Angora
im 9. 1554.
Bon Nicha, dem heutigen Ionif, nimmt Busbel einen etwas
fübfichern Ummeg als feine meiften Nachfolger, ehe er den Sanga-
rius · Fluß ſelbſt erreicht; leider bleiben viele feiner Stationsnamen
unermittelt. Bon Nicäa geht er gegen Süd über Jeniſchehr (er -
färeibt Ienyfar) nah Albijit (Adbyud), wo er den Gallus-Fluß
überfetst haben muß, ohne ihm jedoch zu nennen, nach Bazarbfchyt
(Bazargyek) an einem Iinfen Zuflüßchen ves Purſak Tſchai ober
Thymbres der Alten. Dann nad Bözüjüf (Bofovid), auf Kie-
perts Karte eingetragen, auf dem Wege von Jeniſchehr nach In
Öngü und Eski Schehr (Dorylium). Auf Bofovid läßt
Busbel den Ort Coſſumbaſa folgen, ver unbefannt iſt. Dieſer
legte Ort, fagt er, liege in einer Engſchlucht, denn von Nicäa bie
hierher fei er faft immer zwiſchen ven Bergen des Olymp, d. i.
bie öftliche Fortſetzung des Gebirgszuges von Brufla, gereift. Hier,
fei et in einem Xenobohium, d. i. in einem Sarawanferaj ein-
gelehrt, dem gegenüber ein hoher Feld mit einer quabratifchen Höhle
fich erhebe, aus der eine Wafferrinne herab zum Wege angebracht
fe. Die Höhle werde im Winter mit Schnee vollgepadt, damit im
Sommer das abſchmelzende Schneewaſſer zum Labſal der Vorüber-
reiſenden diene, eine fehr löblihe Wohlthat für ven Wanderer. Da
der Ort In Öngü, d.h. Höhlenort®), auf biefer Strede liegt,
ber von feiner großen Höhle den Namen hatt), in deſſen Nähe
nad Fellows eine Grabmalftätte mit mehreren Säulen,. Car-
') A, G. Busbegali Oma. g. ext. 1.c. Oxford. 1771. p. 67-70.
Fellows Ausflug In Kleinafien. Meberf. v. Th. Jenfer. Leipzig
1843. &.64. °*) Gihan Numa ed. M.Norberg. II. p. 438 u. 440.
Mitten Eritande xviu. Mm.
546 Rein-Aften. 6. 12.
uiefen, Piedeſtals mb reichen Seulpturen geflägelter Figuren gezeigt
wird, fo wäre es nicht unwahrfcheitlich, wenn eine jener Höhlen vie
von Coffumbafa wäre, da Busbel bemerkt, unfern feines Ka⸗
rawanſerai habe man ihm rechter Hand ein Grab, wie er vermute,
Dsmans, des erſten Sultans der Ottomanen, gezeigt. Wahr
ſcheinlicher war es das Grab Ertoghruls®s), Dsmans Bater, der
bier unter einer Kuppel beigefegt wurde. Doch Bu sbek fegte feine
Reife ans dieſen Engpäfen, wie er fagt, weiter fort in eine weite
Ebene, wo er bie erfte Nacht, um die Hibe zu meiden, unter feinen
Zelten zubrachte. Er nenut diefe Stttisn Ehiaufada, wo ein
Haus umter der Erbe lag, in welches das Licht nur durch den Hof
“einfiel. Hier fah er die erfte angoriſche Ziegenheerde und
das Schaf mit dem Fettſchwanz, beren Hirten in Zelten cam-
pirten. Bon Chiaufaba Fam er nad Karalha, von da zu ben
ganz unbefannt, gebliebenen Stationen Hazbengri und Mazots
tho, wo er den Sangarius vom linken zum rechten Ufer über
” fegte. Seine folgenven 4 Stationen bis Angora bleiben ebenfalls
umermittelt, er nemt fie Zugli, Chiloncyd, Ialandid md
Botughin, wie er fagt, alles nur Dörfer ohne Merhvitrbigfeiten,
bis er in Ancyra eintrat.
2. Emliya Efendi’s Reife von Angora nad Con-
ftantinopel im I. 1648.
Ewliya geht über Iftanoz5%) gegen Weſt nach Bejbazar,
wo ein Wochenmarkt für Ziegenhaar und Gemebe gehalten wirb.
Die Stadt legt am Fuß eines Heinen Caſtells und ift in 2 Ouar-
tiere getheift, darin 3060 gute Häufer und 40 Mofcheen erbaut find;
fie hat Säle zur Lefung des Korans und 70 Knabenſchulen; man
zählt in biefer frommen Stabt, deren Einwohner nod vom alten
Schlage find, Oghufen nennt fie Emliya (meil der ältefte Stamm-
vater der Türken und Seldſchulen, Oghuz Chan, diefen Namen
führte)®), 700 Knaben, die den Koran auswendig herfagen Fünmen.
Ein Gebirgeſtrom durchzieht die Schlaͤchterſtätte ver Stabt, der un
terhalb berfelßen in den Safaria fällt. In der Stabt find
7 Khane, 600 Kaufbuden; fie hat in ihren Gärten die ſüheſten
"Melonen und größten Birnen. In ber Ebene wird viel ſchwarze
") J. ». Hammer, Geſchichte des osman. Reiche IE 1. 6. 45.
+) Gwoliya Gfendi, Ucherf. aus dem Türfiihen von 3. v. Hammer
Burgftall a. a. D. I. &.239— 243. ») I. v. Hammer, Geſch.
des csman. Reihe. 1. 6.68.
Meter Salarlakauf; Ciliya's Route. SAT.
Gecſie zu Pferdefutter gebaut, und viel Reis am Salaria. Mm
Bejbazar, fagt Hadſchi Chalfa®®), feien heilfame warme
" Bäber.
Bon Beibazar zog Ewliya Efendi 9 Stunven weit ner»
weßhwärts durch ein Culturland mit mehreren Dörfern beſetzt, bie
nah Sary⸗beg (Sarylar der Karte), wo er ur pon einer gie
gantiſchen Mauer zu berichten weiß, die fein Heiliger, der Hadſchi
Begtaſch, dahin gezaubert haben foll, um fi auf fie zu ſeben.
Es iſt dies umftreitig Ras Promach on bei Procopius, bie gr:
Schutzmauer, welde Raifer Juſtin ian am Fluſſe Siberis in
Galatien bei dem fogenannten Sykeon, wie bie Eingehoremen ben
Ort nannten, erbauen ließ, um ben furdtbaren Berftörungen und
neberſchwemmungen Biefes Gebirgoſtroms, vie er ajährlich amzur
züchten und baburd; die Stadt in große Noth zu .verfegen. pflegte,
zu begegnen. Der Raifer ließ nicht nur, al& er nom dieſer Gefahr
für die Stadt hoͤrte, eine große Brüde bauen, ſondern auch noch
an berem Oſtſeite eine Schutzmauer, welde man ein Promahes "
nannte; im Weiten davon baute er eine Kirche baran. Auch die
Mauern der Stadt, Iulispolis (früher Gordium), fagt Pro»
copius (de Aedific, V. 4), die 10 Meilen meiter weſtwärts Liegt,
wurden von den großen Waſſern des Stroms (bier unftreitig nicht
der Siberis, heute Ala Dagh fu, weil er vom ſchneereichen
Ala Dagh herabkommt, fo genannt; fendern, wenn es nicht der
Scopas if, vielmehr der Sangarius, der an Gordium, wahre
ſcheinlich im Giüven ver Stadt, f. oben bei Eurtius S. 42, zu
Aleranders Zeit vorüberfloß) untermählt; der Kaifer ſchützte auch
fie durch vorübergezogene bis 50 Fuß hehe Mauern, und erhielt
dadurch beim Boden ver Stabt troden. Selbſt die albernfte Legende
des umwiffensen Efendi kennte uns zum Beweiſe werben, daß das
große Wert Laiſer Yuftinians noch in der Mitte des 17. Iahrhun«
bexts, feit einem Jahrtauſend, beſtanden hatte.
Bon Sarybeg kommt ver Efendi in 7 Stunden nah Kö-
ſtelbe g, einem Dorſe mit 100 Häufern, zwiſchen vielen Thalein ⸗
ſchnitten gelegen, deſſen Einwohner fienerfrei find, weil per Ort am
ver Stelle eines frühern Raubneſtes, wo Plünderer waren, mit einem
-geoßen Raramanferai erbaut und mit einer Epfonifation
meu begründet worden, nachdem er eine Bejt Iong verbdet geweſen
& fand dort trefflihe Trauben, die fi lange alten, und ber
*) Gihan Numa I.c. II. p. 443.
“ Mum2
"548 Kein-fen. g12.
Ran, fagt er, fei ver prädtigfte in ganz Anatolien, nur dem zu
Safa bei Damascus (Erb. XVII. 2. ©. 1328) zu vergleichen.
Man fände in ihren Ställen an 1000 Pferde und Kameele für vie
Reiſenden, und alle Dächer feien mit Blei gebeift.
8 Stunden weiter gegen N.W. kam der Efendi nad Rally-
Han, wo ebenfalls ein trefflicher Khast und ein Ort von 100 Häufern
7 Stunden weiter nad Turbaly Kibiluk. In dieſem Dorfe
iſt der heilige At Schems-ed- din begraben. Er war ein großer
Arzt, und fen Son Tſchebeli einer ver größten Dichter. Daß er
ein Nachkomme Abubekrs ift, wird dadurch beiviefen, daß ihm und allen
Gliedern feiner Familie der Heine Finger wie jenem fehlte. Oghu-
fen nennt ver ftolge Osmane verächtlich bie Ufen ober Ghuſen,
d. i · Rumanen ober Turlomanen ber ältern Zeit, die vor ben
Domanen hier eingemandert waren, mit ihmen ebenhärtig find, um
nicht zur Herrſchaft gelangten. Bei den Rufen beißen fie Po-
lowzen, bie aus Kiptfchat®®) zu verſchiedenen Beiten gegen Ze
ſten vorfchritten, zumal auf der Norbfeite des Schwarzen Meeres
durch Süprußland, ımd wol and) hie und da in Kleinaſien auf ver
Sübfeite des Pontus ſich angeflevelt haben werben. Gnfie heißen
die Og huſen bei Ifthakri (ſ. Morotm. S. 1. Aum. 6. S. 139),
die Bewohner des truch menĩ ſchen Iſt hmus zwiſchen dem kaspiſchen
Meer und Aralſee zu Abulfeda's Zeit (im 9. 1330) ebenfalls
Guſie. Das Schloß im Orte wurbe durch die Raifer von Bi
zanz gebaut, aber von Ghazi Osman im Jahre 1312 erobert,
Auf beiden Seiten bes Ortes find Felſen, aus denen bas WBaffer
des Lebens durch Holzröhren herbeigeleitet wird. Obgleich bie Ein-
wohner Türken (ver Efendi meint wol von altväteriſchen O ghufen
herlommend, nicht Osmanly) find, iſt es doch eine liebliche Stadt von 2000
Häufern mit Fichtendäcern, 18 Moſcheen und 8 Quartieren. Ueber
den Häufern hängen bie Kaltfteintlippen drohend herab, es ftürzen _
aud zuweilen Stüde davon ab, bie ‚aber weber Menſchen, noch
Mäufen Schaden thun follen. Unmittelbar über 200 Häufern hin-
gen ſolche Felsklippen; im Orte ift feine Medreſſe, aber er hat 20
Knabenſchulen. Auf dem Marktplatz fichen 3 Khane, die mit Bad
ſteinen gededt find; auch ift eim Bad da, mehrere Mählen und 75
Buben, in benen Sattelzeuge und Pferdedecen verkauft werben. Juden
Binnen bier nicht wohnen, weil fie ſogleich ſterben, fagt ver Autor.
973, 3, Sammer {m Bien, Zahth. d. ileral, B6. LAY. 1834. Rec.
Mittler Sakarialauf; Eroliya’s Route. 549
Bon dieſem Turbaly erreichte ver Efendi, immer gegen
RB. weiter reifend, den Ort Tarakly (Terellii) mit 1500 Häus
fern, einem Bad, 6 Schulen, 5 Khanen, augeblich von einer Prinzeſſin
erbaut, von ben Osmanen erobert. Der Ort habe feinen Namen
»Rommortu, weil feine Einwohner vorzüglich Arbeiter von Löffeln
um Kämmen aus Burbaumbolz feien, das auf ben Bergen
umher in Menge wachſe, und daß ihre Kämme im großer Menge
nad Aegypten und Arabien verſchickt werben. - Es ergiebt ſich date
aus, wie leicht die ältern Namen der Ortſchaften in ven Gebieten
der Türten umlenntlic werben müſſen durch die neue Namengebung
nach den allerverſchiedenſten Zufälligleiten, bie oft jhwer zu ermit-
teln find. Hier hat die Geſchichte der Stiftung des türkifchen Reiche
unter Os man, bem Begründer, ven Auffhluß dieſes Namens ges
geben: denn einer ber erften Raubzüge dieſes tapfern Bergfürſten
am Olymp über Bruffa war nad Modra im Norben, wo bie
berühmteften Nadelmach er wohnten, und nach Tarakly im Often,
das durch feine berühmteften Löffel- und Kammacher ſchon
gegen das Yahr 1299) die größten Reichthümer erworben hatte,
und ihm auf feiner kühnen Streifparthie durch raſche Plünderung
vie erwünfchtefte Beute mit in fein Bergſchloß abliefern mußte.
Der Bergſtrom, welder durch Tarakly hindurchfließt, fagt
Ewliya, heiße Harmen, und ergieße ſich mit dem Safari in ben
Vontus. Acht Stunden von Taraly- liegt Geiweh (Kiva ger
ſchrieben in der Ueberfegung des Ewliia), ein Meines Caſtell für
bie Schafheerden einer griechiſchen Pringeffin, deren Einkünfte zur
Erhaltung ver berühmten Brüde beftimmt find, bie von Sultan
"Bajezid II. Hier über ven Salaria erbaut worden. Die Stabt war
früher ſehr geoß, bie aber unter Sultan Murab IV. durch eine
Ueherſchwemmung des Salaria verheert wurde. Sie. hatte, fagt
Ewliya, nur noch 300 Käufer, Moſcheen, Bäder, 3 Khane,
7 Nnabenſchulen. Die Stabt liegt jetzt einen Bogenſchuß fern vom
Fluffe, und Hat einen großen Khan mit 20 Kaufbuden. Die-Traus
ben und Melonen der Gärten von Geiweh finb berühmt; bie
Iegtere Frucht werde fo groß, daß zwei derſelben ſchon eine Pferde⸗
ladung ausmachen. Der Fluß von Bejbazar, d. i. ver Sakaria,
füeßt hier unter ver Brüde hindurch zum Schwarzen Meere.
Ueber die Brüde gegen Nordweſt fortſchreitend, kam man durch
den großen Wald Aghatſch Denifi (d. 5. Baummeer, ein ger
*) 3. v. Hanımer, Geſch. des ooman. Reihe. 1. ©. 57.
880 lein⸗Aiſen. 6. 12.
wbhulicher turtiſcher Name großer Walder) eei, der voll Wild, aber
‚and voll Raͤnber war, am vielen Grabern ver Erſchlagenen vor
über. Diefe Waldungen gaben auch durch ihre hohen Fichten
und Linden trefflihen Schatten gegen bie Hige des Sonnenſtrahls
und erfüllten die Luft mit ihren füßen Düften. Die Berge wuıher
waren zu Ewliya’s Zeit vor einigen Taufenden von Holzhanern
bewohnt, ein rohes Türlengeſchlecht, das die Baumftäinme zu Holy -
flooßen zufammenband und zum Bontus hinabſchiffte/ auch wol, wem
Pic) gümftige Gelegenheit dazu bot, die Dutchziehenven Karawanen
erſchlug und fie plünderte. Diefer große Wald, zu deſſen Um-
wanderung man wol einen Monat Zeit gebrauchen müßte, ver bie
Sandſchalen von Boly, Ismid und Bruſa bededt, war pur m
einzefnen Stellen für ven Durchgang ber Karamanen zu Wegen um
gehauen, ‘wie eim folder von Geiweh (Kiva) vrei Stunden lang
bis zum Tſchoban Kaleffi, zu dem Schäfer-Schloß, führte,
das auf himmelhohem Gipfel jenen Engpaß am Sakaria zwiſchen
dem Berg und dem Strom beherrſchte, und daher mit Gewalt ven
Zoll von ven Borüberziehenden zu erpreſſen im Stande war. Bon
da wurde in 7 Stunden gegen Wet ver belaunte Sabandſcha⸗-
See erreicht, von wo der Efendi nah Conftamtinopel fortſchriti
Die hier am nördlichen Durchbruch des Salaria in feinem wunder⸗
lichen Zidzadlaufe gegen fein unteres Stromland bezeichnete Wald⸗
region befteht auch heute noch, wenn ſchon in weniger" weitem und
unterbrochenem Umfange, wie wir aus $ellow8s®) jüngfter Wanbrung
(1838) von Ricäa am Safaria über Leflkeh erfahren, der ven Wald .
fich auch noch bis zu den Küſten erftreden, aber aus Fich teu,
‚Eichen und Platanen beſtehen läßt, und im Frühling (20. März)
bei feinem Durchzuge einen blumigen Wald nennt, voll Schmee -
glodchen, Primeln, gelben und violetten Crocus, Eyclamenarten
und Zwerghyacinthen. Diefes ganze, Gebiet ver fo eigenthümlich
geftalteten Durhbrugländer im Sakariaſyſteme, voll
Grenzſchlöfſer des alten byzantiniſchen Reihe, auf dem chen
hier zufammenftogenden antiten Orenzgebiete von Galatien,
Bithynien, Bhrygien (ein Sandſchat von Sultan Öngfi, b.i.
der Hoͤhlen ⸗· Vor derſeite) gegen bie mongholiſchen, ſeldſchukiſchen,
turkomaniſchen und türkfchen Ueberfälle im Mittelalter, iſt auch ein
*) 3. ». Hammer, Geſch. des osman. Reis. II. ©. 137, 144.
e &. Befioms Tagebuch, „überf. von Senfer. Leipjig 1863.
. 62 u fe
Mittler Safarialguf; Tournefort's Route, 551
elaffifder Boden für die Entftefungsgefichte der Anfänge
des türkiſchen Reihe in Aleinafien unter Toghrulbeg, Oß—
man und jeinen Nofolgern®), wovon erft weiter unten die Rede
fin kann.
3. Pitton de Tourneforts Reife von Angora nad
Bruffa (im J. 1701)%),
Nur die erfte Hälfte dieſes Routiers blei
Ufer des Sakaria; die andre Hälfte überſetzt
defien Südfeite, wo man ihn damals Aialı
feint, über Esti Hlffar (Dorylaium) gegen
1, Tag. Bon Angora (Angria bei New
nefort nur 4 Stunden weit über ein gut ar
gegen Welt bis zum Dorfe Sufuz kjdi (b. i.
das auf dem Nordufer des Angorafluffes noch 5
liegt, wo einige Gefährten, die auch nach Bruf
feine Karawane ſich anfchloffen.
2. Tag (3. Nov.). 7 Stunden weit ſchritt man mit Ueber⸗
Reigung eines Berges auf ebnem Boden fort, bis zur netten Stabt
Ajaſch (Aaſch bei. Newbery, 1582), die ſchön zwiſchen Gärten we
legen, nit .ohne alte Marmore war.
3. Tag. Diefer 4. Nov. führte in 9 Wegftunden nad) Bej-
bazar, im engen Thale zwiſchen und auf einigen Hügeln gelegen,
durch melde ein Fluß, nachdem er einige Mühlen getriebe und
Gärten befruchtet hat, in ven nahen Aiala, d. i. ven Sanga«
ring einflieft, der hier ſchen in ben Fluß von Angora, wie ber
Emir tſchai (oder Kerimis fu, f. oben ©. 465), in dem aud) der
Flug von Ajaſch aufgenommen ift, einfließt. Da fehr häufig bei
ven Türken die Namen ihrer Flüſſe von ven Ortſchaften, an venen
fie vorüberziehen, hergenommen find, möchte derſelbe viefe Venen
nung vielleicht von ber Stadt Ajaſch erhalten haben, wie weiter
abwärts auch ver Name Quirmir bei Paul Lucas vorlommt,
vielleicht von Kerimis fu, wenigſtens ift uns vie Urſache viefer
beiden nur vorübergehend vorfommenven Namen. fonft unbefannt
geblieben. Doch nennt Tournefort weiter abwärts den Fluß auch
Sangar, ber von da an in einem ganz baumlofen bürren Rande
73. Ar ——— — — —8 L. S. 44, 24 2.0.00,
deffelben „Karte, ‚Stgmmgebiet der Damanen ‚In den Sanudicha ⸗
3 ar Kr kan Oni er Dani. *),P. de Touraefort, Relat. d’un
Voy. an Levant I. c. UI. p. 186.
5523 Klein⸗Afien. $.12.
fücße, wo man nur Kuhmiſt zur Feuerung habe, da Holz gäny
Tich fehle. “ ‘ .
4. Tag. Am 6. Nov. nad) einem Rafttage rüdte Tourne⸗
fort von 9 Uhr Morgens bis Nachmittags 4 Uhr durch niewre '
Bergkuppen bis zu einem leeren Haufe fort, wo man ven Aiala⸗
Fluß (Sangarius) in einer tiefen Furth, durchſezte, den man
hier durch Ueberſchwemmung auch zu Anbau von Reis benutzen
Ionnte, welder bier gut gedieh. Der Strom ift berfelbe, den
Zournefort, wie er fagt, ſchon bei feiner Vorübertriſe am Pontus,
nämlih an feiner Mündung zum Meere, paffirt habe, alfo fein
anderer als der Sangarius, ber ihn alfo demnach identiſch auch
mit Aiala bezeichnet.
5. Tag (7. Nov.). Nun: wurde alfo ver Weg auf dem Süd»
ufer des Sangarius fortgefeßt, wo bie Karawane von 6 Uhr
am Morgen bis halb zwei, alfo in 7'% Stunden, den Khan bei
dem Dorfe Kahs erreichte, aber nur einen großen Stall zu ihrer
Herberge fand. Hienach ift diefe Station, von ber aber fonft Nies
mand Bericht giebt, in ber Karte bei Kiepert eingezeichnet. Doch
bat Terier feinen Weg von Pefjinus auch über biefes Kahs
nach Angora genommen, wie wir aus einer handſchriftlichen gütigen
Mittheitung. deſſelben fehen, welche Strafe alfo auch heute noch
gangbar ift, obwol fie fonft von Niemand erwähnt wird. Hier fing
der Boden an, fagt Tournefort, wo Anhöhen ſich zeigten, einige
Pinus⸗ und Eichenbäume zu nähren,. die man aber immer Eöpfte,
wodurch fie num niedrig gehalten wurben, weil auch ber Boden ſehr
unfruchtbar war.
6. Tag (8. Nov.). Bon Kahs wurden 10 Wegflunden über
eine volllommene Ebene zurüdgelegt, bie bis auf einige niedre Hügel
und fumpfige Stellen “völlig troden und umbebaut lag; zwar kam
man an einigen Marmorfteinen auf Gräberftätten vorüber, bie viel«
leicht auch Imferiptionen enthalten mochten, aber die Furcht, von
Räubern überfallen zu werben, geftattete feinen Aufenthalt, bis nam
die Station Caragamous (ob Kara⸗Kamyſch, d. i. ſchwarzes
Rohr?) erreicht hatte, die in S.W. einer andern Station Ka⸗
ralla liegen muß, welche aus einem andern Stinerar des engliſchen
Kaufmanns John Newberyẽses) (im 9. 1582) von Rennell®®)
. ; °*%) John Nembery, Sec. Vor. 1852. Purchas, his-Pilgrims. Lond. fol.
1625. T. II. fol. 1419. ) Karte von Phrygla, entworfen und
gezeichnet von Kiepert 1840; m. deffelben Karte von Kieinafien 1854.
Mittler Safarlalauf; Paul Lucas Reife. - 553
in feiner Karte von Kleinaſien eingetragen wide. Auch Busbek
lam über Karalla.
7. Tag (9. Nov.). Durch dieſelbe Ebene an mehrern Dörfern
vorüber, teren Welver durch einen Heinen Fluß (ob ver Purſak,
Thymbres?) bewälert find. Auſtatt in der größern Stadt Eski⸗
biffar (es ift richtiger Esfi Schehr, das berühmte Dorklaium)
einzufehren, die am Thymbres- Fluß nur eine Stunde füblicher Liegen
blieb, und jhöne Marmore hat, die aber Tournefort nicht be
ſuchen konnte, hielt feine Karawane eine Stunde nörbfid von ihr
im Khan Mutal hk (Moumnptalat bei Tournefort), ver nur eine
dlenbe Herberge gab, aber dicht auf ver directen Straße von da nad
Bruffa lag.
8. Tag (10. Nov.). Bon da durch eine fehöne Ebene mit
Wäldern bededt wurde Bozüjüt (Boutdouc bei Tonrnefort, Bou⸗
feine bei Newbery), das auch Busbek paffirt hatte, erreicht, ein
gutes Karawanſerai, mit einer Bleikuppel gebeitt, wo es auch Sau⸗
enreſte und Duſchriften gab, das Zeichen einer aͤltern Stadt.
9. Tag (11. Nod.). Nach 12 Stunden wurde jenſeit eines
Heinen Fluffes am Eichenwald ein fchönes Karamanferat zu Kour⸗
ſounou (Korſchonnou bei Newbery, vichtiger bei Rennell Kur⸗
ſchunly, d. i. Bleiort) erreicht. Der folgende Tagemarſch, ver. 10.
(12. Nov.) führte über Akſu (Weißwaffer) in 5 Stunden zur bes
rähınten Stabt Bruffe (Borfa bei Nembery). .
4 Paul Lucas Reife von Eski Schehr nah Angora
(im Jahre 1704)7),
\ Obwol denſelben Weg wie Tournefort zurlicklegend, kommen
doch mandye Abweichungen in feinen Namen und Stationen vor.
Er verließ erft am Nachmittag den 20. Auguft die Stavt Eski
Schehr mit einer gut bewaffneten Karawane, und war ben Abend am
Fluß von Estiſcheht, den er ſtatt feines eigentlichen Namens Purſak
nach ber oberhalb gelegenen Stadt Riutahia (Contays ſchreibt er)
benennet. -
"2. Tag (21. Aug). Vom frühen Morgen 4 Uhr bis 9 Uhr
wurde eine ſchoͤne Ebene durchwandert und nad) kurzer Raſt, um
der Hitze in einem Dorfe Queur (wahrſcheinlich das tikrfifche Kjdi,
bie Bezeichnung aller Dörfer) auszumeihen, um 2 Uhr der Weg
®") Paul Lacas, Voyage en Gröce, Asie Mineure etc. Amsterdam ma. 8
p. 104108,
554 lein⸗Aſten. $. 12.
weiter fortgejegt, bis in die Nacht zu einem andern Dorfe, beffm
Namen nicht genannt wird.
Um 3. Tagemarſche (22. Aug.) von 2 Upr am Morgen
bis 11 Uhr Mittags erreichte man das Lager an einem großen
Fluſſe Zarcafou (d. i. Salaria-Fluß), den man um 3 Uhr zu
durchreiten hatte, und fam 2 Stunden fpäter zum Fluß Quirmir
(di. dem Kerimis Tſchai), in den jener ſich eingoß, die nun vom
da, in einiger Berne zufammengefloffen, vereint ben Fluß bilden, der
bei Nicomedia (öftlih) vorüber zum Meere flieht. Daß auch
Edriſisce) ven Sakaria, "und zwar an feiner Münbung in ben
Bontus Zarka ſchreibt, hat vielleicht feinen Grund in bem Streben,
dem Namen eine (natürlich falſche) arabifche Etymologie, da jenes
Wort im Arabiſchen gelb bebeutet, unterzulegen.
4. Tag (23. Aug). Schon um 1 Uhr in ver fühlen Nat
geit wurbe-aufgebrocdhen, und hei Sonnenaufgang bie Stabt Bej-
bazar GBechazor bei Lucas) erreicht, in der alle Sonnabend em
großer Markt gehalten wurde. Im der angenehmen Stadt, bei guter
Aufuahnie der Einwahugr und bei dem Woiwoden des Ortes, wurde
ein Ruhetag am 24. Aug. gehalten, am welchem man gute antife
Münzen zum Einkauf fand.
5. Tag (3. Aug.). Von da durchſchritt mar in einer fhönen
Ebene den Fluß Ouirmir (db. i. der Kerimis-fu). Cr ließ
echter Hand eine fhöne Brüde, die über ihn hinwegführte, bie aber
nur bei Anſchwellung des Stroms benugt zu werben pflegte. Die
Gegend war vol Räuber, deren mande ſchon ihre Schuld hatten
büßen müffen, da man am mehreren ihrer utionsftellen, wo fie
auf Pfahle geſpießt waren, vorüber fam. Ueber ſchöne Wiefen und
fanfte Erhöhungen wurde um 9 Uhr am Abenb die Stabt Aafd
(Ajaffe) erreicht, die auch Tournefort kurz zuvor paffirt hatte,
und am folgenden Tage ven 26. Auguſt, aljo in 6 Marfchtagen
(Zournefort hatte 7 Tage dazu verbraudt), in bie Stabt An-
gora eingezogen, und bei franzöfifhen Landsleuten Quartier ge»
nommen (j..oben ©. 495).
5. John Newbery’s, des Englänberg, im 9.1582 ſelb ſt
gewanderte Route, und Earften Niebuhrs Routier (im
I. 1766)®), das ex nur von andern Reifenden durch das Salaria-
®es) Edrisi, Geogr. b..Jaubert. II. p. 392. ) C. Niebubr, Reifes
beſchrelbung nach Arabien u. a. IH. Il. 4. Yambıfrg 1837. ‚Ueber
Gutfernung verfiedener Städte In Natolien 6.221.
Mittler Sofariolauf; C. Riebuhr's Routier, 555
Gebiet erkumbete (denn er ſelbſt nehen eine viel füolichere Straße
waf feinem Rücwege in die Heimatk), führen wir nur ber Boll-
Rändigkeit wegen an, ba es wieberum zwiſchen mehrern bekann⸗
ı tern auch einige unbefannte Stationen zu beiden Seiten bes
Slußlaufes angiebt, Niebuhrs Erkundigungen meift fehr forgfältig
ingegogen zu fein pflegen, und alſo für fünftige Reiſende zur
Drientirung auf diefen Gebieten dienen Fönnen. Selbft ein trodnes .
Ramen- und Diflanzerwergeichniß, wie gegenwärtiges, Bann für die
Rachfolger lehrreich werden. Niebuhrs Routier geht von Angora
bis nah Smyrna (Jémir), meiht alfo in einer Diagonale gegen
S. W. bald von den oben angeführten ab, ift aber leider das legte,
was wir in biefer Biäkeng mitzutheilen haben; denn alle andern
Woutiers, die wir zumächft noch der neuem Zeit verbanfen, bleiben
auf dem rechten over nörhlichen Ufer des Salaria- Stroms
gwäd.
Im Ganzen find es nach Niebuhr 9 Tagemärſche für Sara
wanen, in welchen bie ganze Diftanz von 120 Wegſtunden zurüd-
gelegt zu werben pflegte, von denen jebody nur bie 10 erften Sta»
tionen, von Angora bis Dſchaurkoi, zum Stromgebiete des
Salaria gehören, die 9 folgenden von Uſchal am aber zu dem
Hermusfoftem.. Die Stationen heißen nah Niebuhrs Schreibart
don Angora affe: 1. nah Emir Imam 4 Stunden; 2. nad
Ajaſch 4 St; 3. nad Beibazar 8 &t.; 4. nad Tſchokure⸗
fen 8 ©t. (ganz unbelamt); 5. nah Bozan 3 ©t.; 6. Dogan
Ugli 3 St; 7. Araburen 9 St. (Harab-wiran nah M. Fiſcher
auf Kieperts Karte); 8. nach Ame Bojas 6 St.; 9. nad) Du⸗
gie (ob Duglär am Purſak?) 7 St. (beive find gäͤnzlich unbelannt);
10. nach Tſchalloi (Zal kjdi) 8 St.; 11. Dicaur- (richtiger Gjaur-)
Adi 8 St.; 12. nad Uſchak 7 Stunten u. ſ. w. (Diefe Strede vr
trägt 75 Stunden, die übrigen Stationen ſ. unten).
Iohn Newbery's Routier vom Jahr 1582 im Februar ”o),
des in Reunells Karte eingetragen und beſprochen wurde, giebt
folgentbe Stationen an, deren Namen zwar fir bie Topographie
geuer wenig befaunten Landſchaft interefiant, wenn ſchon wol oft
fehr entftellt find. Er reiſte in 11 Lagen mit der Karawane von
Ungora -Ungria, wo er angiebt, daß bie meiften Grograus und
Chamblets gemacht wirden), den 1. Tag nach Aaſch (bi.
%%) "Parchen, bis Pilgrims Coltest. Lond. 1625. fol. Yöl, II.-Jehn Nentbery,
Sec. Vor. 4882. Sl. 1449.
556 Riein-Mfen. . 12.
Ajaſch); den 2. zum Caſal Ahmet Shalla, von mo ein Flaß, wahr
ſcheinlich ver Safaria, gegen Weft fließt; den 3. Tag nad; Garachan;
ven 4. Tag nad Caſal Gaye; den 5. Tag nad Carralla; ben
6 Tag nad) Sowdegan, wo er einen Strom paſſirt, ber gegen Of
fließt (ob ver Purfat ober Thymbres?); den 7. Tag nah Com
ſcherdenom; ven 8. Tag nad; Bouſejue (Bozäiuf), bie auch Baſerrich
heißen foll (wol Baſardſchyk in ver Nähe gegen Süd gemeint);
dann den 9. Tag nach Korſchonnou; ven 10. Tag nach Actfan (m
ſtreitig Alfu); und ven 11. Tag nad, Borfa (d.i. Bruffe). An
den meiften Stationen waren gute Crouanſales, b.i. Karaman
ferais, umter denen mehrere ganz neu gebaut waren, was aud feine
Nachrichten von dem damals bort belebten Handelsverlehr auf diefer
Straße durch Karawanen, deren ihm mehrere begegueten, beſtaͤtigt
Ueber dieſes ganze Gebiet ver unſichern Routen im Sabaria ⸗Gebhiet
ſ. 8. Kieperts kritiſch-topographiſche Napmweifungen in beffer
Memoir über vie Conſtruction ver Karte von Klein-Aſien, zumal
©. 8490.
. Erläuterung 2.
Die Durchwanderungen ver neuern Zeit auf ber großen Haupt
ſtraße, auf ber nörblichen Uferfeite des Sakaria, von Angora
ng Lefle und Geiweh zum Sabandſcha⸗See; nach v. Binde,
Scott Warring und Aucher Eloh.
Die neuern Reiſeberichte, welche im ihrer Darſtellung bie Stree
zwiſchen Nicãa oder Sabandſcha am untern Sakaria, I
Angora nur an der Nordſeite dieſes Stroms, bis zu ſeinen
Gebirgsdurchbruchen gegen Norden zurüdieget, gehen alle von
Weften aus gegen ven Often, aus ven Niederungen Borber-
Afiens gegen bie Höhere Angoraftufe des centralen Hochaſtens
hinaufſteigend, dem Stromlaufe des Sakaria eutgegen. Ben am
vollſtaͤndigſten in fi zufammenhängenven Bericht verbaufen wir
unferm verehrten Freunde Herrn Obriſtlieutnant im Königl. Prem
ifchen Generalftabe, Freiherrn v. Binde (vom 9. 1888); wit
folgen ihm vollftändig zuerft; dann bie fragmentariſchen, aber wie
berholten Beobachtungen einzelner Anderer, vervollſtaͤndigende Ber
haͤltniſſe hinzufügend nah Scott Waring im Jahre 1808 und
Aucher Eloy in ven Jahren 1834 und 188788,
- Mittler Salatlalauf; 6. Binde's Ronte. 557
1. v. Binde's Bericht über das Auffteigen vom Sa«
Yaria am Sabanpfha-See bis nah Angora (im Jahre
1838)en),
Der Sabandſcha-⸗See GSophon ver Byzantiner), nahe an
dem Weſtufer des untern Sakaria mit feinem öftlichen Ablaufe
zu dieſem Strome, bezeichnet deſſen Uebergang vom feinem mitt»
lern zum .untern Laufe; er liegt auf der natürlichen Grenze des
bergigen Stufenlanbes im Innern des Safaria-Stromgebietes und
feines untern pontifhen Vorlandes. Bon feiner eigenthim-
lichen Stellung zu dem Pontus und Marmora-Meere, wie zu dem
wiſchen beiden liegenden ‚propontifhen Halbinfellanne wird
weiter unten bie Rebe fein. Hier, ihn nur zu feinen Verhältniſſen
zam genannten Stromſyſt eme beachtend, iſt zu bemerken, daß
ſeine Thalſohle nur wenig’ erhöht über dem Meere ſchon im
Tieflande Üegt, von wo man am Sakar ia aufwärts zum Hod-
laude emporfteigt. Nach v. Tfchichatſcheff liegt der Spiegel des
Sabandſcha-⸗Sees nur 307 Fuß Par. über dem Deere, und das
Nivean des Salaria nur ein paar Stunden im Often deſſelben
uch ein weniges tiefer, da des Sees Ablauf von W. gegen N.D.
in denſelben einfällt. Am Sübnfer des Sees erhebt fi auf dem
linlen Ufer des Sakaria ber von W. gegen O. ſtreichende Gjät
Dagh, welcher auch auf deſſen äftlichen Ufer im Karakaja,
Rarmaly Dagh und Abbas Dagh (öftlicher Olympus) das
Stromgebiet des Sakaria gegen Nord zum Stromgebiete bes Bo⸗
Ipfu (Filijaz Tſchai, Billäns der Alten) begrenzt und die Waſ⸗
ferfpeidelinie zwiſchen Sakaria gegen N.W. zu ven propon- "
tiſhen Fluſſen, wie auf ber rechten Uferfeite bie zu den pontifchen
Käfenflüffen bildet. Der Sakaria vurhfegt aljo hier am Nord
faume feines Stufenlandes die große weithin im Parallelismus
gegliederte nordiſch⸗pontiſche Tauruskette im ihren nörblich-
ſten, hier oft noch hohen, in ven Gipfeln ganz madten, aber in. ven
ubrolihen zum Meere fallenden meift reichlich bemalveten Abhängen,
von denen nach allen Seiten fehr zahlreiche Wafferquellen ablaufen.
Der Salaria ſelbſt aber durchſetzt biefen quervorliegenden Ge⸗
birgsdamm, ver vom Sabandſcha-Einfluß nad v. Binde an
3 Stunden aufwärts aus Gneußgebirge Sept, in engem
m) v· Binde,. Geogt. Notizen über Kleinaflen, in Kieperis Memolr
Fr die —** der Karte von Kleinafien. Berlin 1854. 8,
sss Keinen. $.12.
felfigem Querthal, an dem älterer wie jüngerer Sandſtein u
Tage liegt.
An der ſchmalſten Stelle einer alten, wol römiſchen Klaufe
führt eine alte Steinbrücke aus mehreren Bogen Aber ven Salaria⸗
fluß, und am Fuß des rechten Thalcandes, wo ein einzefmer Berg
ſich ablöſt, Liegt die Stelle, welde Kiöprü Bali, ni. da
Brückenkopf, genannt wird. Vielleicht die Brüde, welde zur Zeit
der Comnenen ımter Raifer Michael bei ben Ueberfällen ver
*Saracenen, wenn faiferlihe Truppen im Often des Saugarius auf
ver Ebene von Doryläͤum geſchlagen waren, ihnen zur Retirade
diente, und von Doan. Schliges Curopal. einmal bei eine
ſolchen Gelegenheit mit dem Namen Zompi (rod Zöune)
* belegt wird”). Auch möchte mit ihr die Steinbrüde identiſch
fein, die Macdonald Kinneir”) eine von Sultan Ba-
jezid erbaute, ober vieleicht nur reſtaurirte Vrüde nach einer
dortigen Infeription genannt hat. Im Silden dieſes letzte
ndrdlichen Durchbruchthales Fiegt Geiweh(Kiva) in einer Keffe-
ebene, in Geftalt eines ſtumpfwinkligen Dreiecks, aus deſſen weſ
licher Spige ver Safaria aus einem engen Tiefthale heraustretend,
am Fuß ber nördlichen Berge fortfließt und deſſen Nordweſtſeite
bezeichnet. Bon Oft her flieht ber Heine Bergſtrom Karakaja fu
in ihm ein, am weldem bie bſtliche Bergſtraße nad; Angora m
porfteigt. Ein niederer bewalveter Vergrüden bildet die Süpfeite
des Dreieds; an der Norboftfeite jet der Giök Dagh als Karmaky
Dagh weiter gegen Oft bis zum Boly und Abbas Dagh m
andern Bergzügen fort.
Geiweh (Riva) iſt nur ein Heiner verfallener Ort von einigen
60 Häufern, in einem ungefunden Clima ver Keſſelebene liegend,
ns aber dem Seivenbau gänflig ifl, von bem ſich tie Einwohner
nähren. Im Often des Stäbtehens erhebt ſich ver fünlice Berg
rüden mächtiger zu Hohen nadten Gipfeln mit ſenkrechten Fels⸗
Bpfen, Karakaja, d. i. ſchwarze Felfen genannt, auf denen einft
die Burg Riva ftand, über dem Melas.Fluſſe (d. i. dem Schwer
zen), die zu ven früheften Eroberungen Dsmans?*), des Stiftes
des osmanifchen Reiches, gehörte. Ein fteiler Felsſchlund durch⸗
fpneivet den ſchwarzen Felſen, Karakaja, barin ber Reitweg
®"2) Joann. Curopalatae Hist. ed. G. Cedrenus ed. I. Bekk. IL p. 709. 10.
”®) Macd. Kinneir, Journ. throagh Asia Minor. Load. 1818. p 261..
”) 3. v. Hammer, Gef. des osınan. Reiche. L. ©. 72.
"Mittler Sakarialauf; v. Vinde's Route, 559
nach Angora ſich mühfam Hinaufmindet. Es ift dies bie erfte
maffige Stufe, ber erfte Gürtel zum Plateau Kleinaſiens,
wie fih Auer Eloh ſehr paſſend ausbrüdt?). Hinter jener
Shchlucht, durch eine höher liegende breite Thalmulde auf weiten
Bergrüden, niebriger als ber Karakaja, aus jüngerm Sandflein, .
gelangt man auf einen zweiten ebenfalls niedrigern Thonfchiefer-
räden, beffen Boben fehr weich ift, und durch ein fehr tief ausge»
- fpültes enges Querthal ſüdwärts fi. mündet in ein Längenthal.
Dies nennt Aucher Eloy den zweiten Gürtel des Central»
Plateau, ven man hier nah Tereflü zu überfteigen hat. Im
nordöſtlichen Winkel biefer Vereinigung beider Thäler, fagt
v. Binde, liegt Tereflü (Dables der Alten), theils auf einem
Borfprunge des nördlichen, theils auf einem Vorfprunge bes
füpligen Thalrandes. Der Gjönel fu fließt gegen Wet hin
buch zum Sakaria. In Tereflit nennt Browne die beften
Trauben, die er von Damascus an durch ganz Kleinafien am
duftendſten fand, “aber von Angora an bis dahin waren überall treffe
liche Trauben”). .
Bon Tereflü oftwärts bis Gjönek Baghtſcheſſi, ve
Gönefftug aufwärts, bleibt bie Strafe in einem ziemlich offnen
Längenthale zwiſchen zwei walbigen Bergketten aus Thonſchiefer, ver
ſehr weich und ausgefpült fih zeigt. Im S. O. hinter Gjänel tritt
bie Straße in ein fteiles, tiefes, höchſt grotestes Felsthal, und windet
fih an veffen rechtem Aohange zwilchen ausgewaſchenen Thonſchiefer-
Bpfen hindurch bis Torbaly, das im alter Zeit Gjönek hieß.
Diefes Torbaly (Sadort) mit 150 Häufern liegt am Vereini-
gungspunct mehrerer Telsthäler, darin die Häufer wie eingefhachtelt
zum Theil in ven Felshängen felber eingehauen find, wie dies ſchon
Ewliya Efendi als nicht felten gefährlich und doch unſchädlich
darſtellte. Nicht von ſeiner eingeengten Lage hat derſelbe ſeinen
modernen Namen erhalten, ſondern von ſeinem Hauptgewerbe,
denn hier werben, wie Aucher Eloh berichtet”), bie beſten Haar=
fäde (Torba) von Pferde- oder andern Haaren gemacht, die für ben
Transport der Waaren-auf Saumthieren im Drient fo un-
entbehrlich ſind, und biefen zu beiven Seiten mit der Laft überge-
hangi zu werben pflegen. And) Dnprs?®) hat im 9.1807 wenigftens
*%) Aucher Eloy, Relat. de Voy.’I. p. 378. - ’*) W. G. Browae, Trar.
lc p.47. 7) Aucher Eloy lc. 1.9379. .'*) Voyage en
Perse, L p. 10-13. Ba:
560 Klein-Afen. 5. 12.
dieſen Theil ber großen Straße berüßrt, indem ex von Leſleh am
Sangarius duch bie Flußebene bis zum großen Dorf Judſche
Bungar (b. i. Heiner Duell) zog, dann einen hohen Berg über-
ſteigend in das Thal von Gjdl-bazar (7 Stunden von Lefteh)
gelangte, umb von hier ver Straße über Tarakly, wie er ſchreibt,
und Torbaly, welches damals unter einem Dere Ber ſtand, folgte,
über welche beiden nicht ganz unbeveutenven Orte er biefelben Rad»
richten wie bie übrigen Neifenven giebt. Hier jedoch verläßt er die
Angora-Strafe, um burd die waldbededten Höhen im Norden über
Mubdurly die große nörblicde Straße über Boly zu gewinnen.
Auf der Sühfeite der Stadt beginnt das Kalkfteingebirge, aus
dem Quellen, entfpringen die alles incruftiven, wie bie Carlöbaber,
was man hineinlegt. Durch eine hohe Berglette aus Alpentalt,
vie ſich bſtlich Bis zum höchſten Zuge des Ala-Dagh ameikt,
ſcheidet das nörbliche Läugenthal ven Gjönel-fu von dem fühlich der
Kette in gleicher Normalbirection liegenden Längenthale des Al⸗
Lan-fu, ber auch gegen Weit zum Salaria fließt, aber oftwärts
in vemfelben Rängenthale von einer Waſſerſcheidehöhe an mit öf-
Tier Senkung den Keffe fu feinen Ablauf gegen Oft nehmen
laßt. Die Strafe von Torbaly nad Augora hat diefe Bergfette
von Alpenkalk am rechten Thalranve in ver felfigen Schlucht des
nörblien Meipler fu über einen hohen Sattel zu überfteigen,
- ehe fie auf der Süpfeite durch eine felfige Schlucht am Nerdiwen ſu
0. i. Treppenwaffer) in das Thal des Allan fu eintritt. Die
ubrdliche Uferwand diefes Thales ift mit Wal beberkt, feine füt-
liche Felswand beſieht nur aus Felswänden des Duaderfanbfteind,
deren Schutthügel an ihrem Fuße nur mit Laub- und Nadelholz ber
dedt find. Diefes mühfame Auffleigen von Torbaly über biefe
‚quer vorilber ziehende Kalkfteinkette, welche bie nun mehr gleid-
artige centrale Hodebene von dem nörblic anliegenden ger
birgigern Stufenlande ſcheidet, nennt Aucher Eloy, bie
dritte Umgärtung ober oberfte Ummallung des Central«
plateaus von diefer Norbweftfeite®7%). Unfern ver Waſſerſcheide,
in der Mitte des fühlichen Längenthals ver Barallelfette, in welches
die Straße am Allan fu eingetreten ift, zwifchen ben beiten
Gegenflüffen nach Welt und Oft (dem Allan fu gegen Weſt und
bem Fluß von Nally- Khan gegen Oft), erhebt fi an ver Sudwand
bes Thales ver Shahun Kajaſſy, d. i. ver Königftein, dem
®"") Aucher Eloy 1. c. Il. p. 380.
Mittler Safarialauf; v. Binde’s Route. 561°
der fächftfchen Schweiz am der Elbe in Namen und Form Akmlich.
Die alte Dadaſtang lag im dieſer Gegend, mahrfcheinlic auf ver
Höhe der Waſſerſcheide im Norb dieſes Königsbergs, am deſſen
Fuße, wo die Grenze vom Bithynien und Galatien nad ber
fpöteren Reichseintheilung der Römer‘ und ben Stinerarien nad
Ammianus Marcellinns (XXV. 10, 12) voräberzog, umb wo .
Keifer Iovianus, Nachfolger Kaiſer Iulians, auf feinem Rückwege
von Iuliopolis (Gorbium) plöglic feinen Tod fand.
Bier Stunben weiter in Oft fleigt aus berfelben Bergkette auf
der Süpfeite der Karaſer⸗kajaſſyh (Schwarzherrenfpig) kahl
und ſchwarz empor. Im ihm tritt das Alpenkalkfteingebirge
in feiner herrſchenden Normaldirection mit größerer Erhebung auf,
in ber nadten und mächtigen Felswand des Dawran Dagh (um«
geheurer Berg), deſſen Weitfeite von dem Köffeh-fu (Edten-Wafler),
der bie. jüngern Sanbfteinberge des Mudurly Derbend durch -
Mrömt Hat, nun aud in einem tiefen Felſenthale die Kaliſteinwand
des Dawran Dagh gegen Süd durchbrechen muß, um im bie vor⸗
liegende Hochebene einzatreten. An ber fühlicen Deffnung biefes
Durchbruchthales liegt Nallychan (v. i. Hufeifen-Ehan) 2360
Fuß Par. üb. d. M. Der Ort ift an einem nievern Bergzuge aus
füngerm Kaltftein, ber gegen Norden in fteilen Felſen ſich abfept,
fo angelegt, daß zwifchen feinem Parallezuge und dem Dawran
Dagh ein mäßig breites Thal bleibt, dem ſich der Köffeh fu (vev
don da an Nally Su heißt) fübmärts wendet, um in einiger Die
Ranz in ven Salaria zu fallen. An biefem abwärts laufenden
Fluffe, nach Strabo XII. 568 nahe am Sangarius (ninalor de
6 Zayydgeog), fo wie nady den Angaben ver Stinerarien, ift.die
Lage von Iuliopolis, das alte Gorbium (Togdıo»), zu fuchen,
das noch fein neueret Reiſender wieber aufgefunden hat, wenn ſchon
wahrjcheinlich noch antile Ueberreſte von ihm wieder zu erfennen fein
werben.
Sordium mit feinem Oralelweſen, mit bem Urſprung des phry⸗
giſchen Reichs beginnend, mar uralt®), und als Reftvenz der antifen
phrygiſchen Könige Gorbins und Midas (Strabo XI. 568)
berühmt. Noch beftand es als Orakelort ältefter Periode zu
Aleranders Zeit, und mußte unter peiſerhertchofi ſeine große
. Cramer, Asia Mior. 1. p. 212—214; zumal M, Leske, Asia
Minor, Lond, 1824. p. 78-82; Leironne, Rec, in Jourm. des Savanı,
Suin 1825. p. 3240q.
Ritter Sröhunde ZVIL. - Rn
562 Klein⸗Afien. 6. 12.
Bedentung ſich erhalten haben. Ale rauder verſtand es, durch bus
Zerhauen des mhfleriöfen Knotens ſich deſſelben als eines guten
Dmens gegen die Perſer im Volkswahn zu Rutze zu nenchen. Ben
‚ber Sage und dem gorbifchen Oralelweſen hat Yırftinıus Histor.
XL 7 umſtändlich Bericht gegeben. Alerander ſcheint etwas im
Gordium verweilt zu haben, um dort fremde Truppen zu empfangen.
Zur Zeit, da ber römiſche Conful En. Manlins im 3.189
vor Chr. (Tit. Livius XXXVIII. 18), alfo anderthalb Dahehundee
fpäter, nah Gor dium kam, das im Befige ber teliſtobogiſchen Ga⸗
Inter war, ift vom Orakel feine Rede mehr, obgleih die Stabt noch
ein ſtark beſuchtes Emporium fin das Yanze mittlere Laudgebiet
war. Der Conful fand den Ort zwar voll Waaren zu veicher Beute,
aber ex war: vom Menfchen leer, beim alle Einwohner waren aus
Furcht vor den heranrüdenden Römern mit Weibern und Kindern
in das Gebirge des Olympos geflohen, bort im ihrem feſten Aſtle
die Angriffe der Römer abzuwarten. Seitdem fommt Gorbium
nur noch als unbedeutender Drt vor. Doch vermweilte Conf. Man-
lins etwas in feinem Stanblager zu Gordium, um die Berichte
über vie Pläne ber weitern Kriegführung abzuwarien, bie er von
dem Begulus Eposagnatus, bem Freumde der Toliftobeger, und deifer
Kuudſchafter, dem Geſandten von Orvanda, erhielt. Später m
Strabo's Zeit, war Gorbinm zu einem nur Heine Flecken herab
gefunten. Erſt durch Eleon, der aus Gordium gebürtig war (dx
Togdov xwung bei Steabo XIL 574), hob ſich die Stadt zu nemm
Glanze empor, da fie durch ihre centrale Lage zum Binnenhandel
- fehr geeignet war. Cleon, durch Räuberei bereichert, hatte fi bei
Marc. Antonius umd au bei Auguſtus einzufchmeicheln ger
wußt; er war von ihnen zu ben noch immer fetten Pfrünben als
Briefter des Jupiter Abrettenus in Myfa, wie zu Comaka
im Pontus erhoben,. und noch dazu mit den Diſtricten von Moreme
ind Abrettene in Myſien von ihnen belehnt. So blühte fe fat
Auguftus Zeit under dem neuen Namen Zulio polis wieder für
einige Jahrhunderte auf, fo daß fie bei Plinins, Ptolemäus
und in ven Stinerarien wieder unter ben Städten des Landes mit
“ aufgezäßlt wurde.
Aus der oben ſchon angeführten Stelle bei D. Curtius Rn-
fus exgiebt ſich, da der Sangarius wenigſtens nahe an der
Stadt vorüberfloß, und aus Procopius, daß ein Fluß 10 röm.
Meten in Weſt des Siberis vorüiberfloß, der die Stadt öfter
unter Waſſer fette. Da Procopius ihn wict mit Namen nennt,
Mittler Salarialauf; v. Vincke's Route. 569
auf ven Milnzen von Zuliopolis aber ver Fluß Scopas vor-
lommt, fo fließt man, daß ber heutige Nally fu der Scopas
der Münzen, und'ver Scoping, bei Plinins V. 43 ſei, der aber-
gleid) darauf noch einen andern Fluß, den Hieros ober Hiera,
nennt, welcher Bith yn ien von Galatien ſcheide. Gorbium ober
Yuliopolis liege alfo nahe dem Verein des Scopas und Sar-
garius, wahrſcheinlich dicht bei ihrem Zuſammenfluſſe. Aus neuern
Zeiten ift nichts näheres von biefen Tocalitäten bekannt geworden;
über die weiten Bermuthungen über ihre Lage ſ. bei Reale a. a. O.
Zu Nallyhan, fagt v. Binde, ſieht man zum erften Male,
von Weiten kommend, die ganz platten mit Lehm bededten Dächer,
Dam genannt, bie von da am ganz allgemein werben. Bon hier
oſwaͤrts bis zum Fuß des Gjdt Dagh hinter Ajaſch find 16 Weg-
finden; diefe ganze Strede gehört ver Flözformation an, meift
von einem jungen Kaltftein mit Sandflein, Mergel und Thonfchie-
ferſchichten in horizontalen Lagern bebedt, was ſich in ber
terraffenförmigen Bildungen ver ebenen Plateaus und
ihren Häufig ſenkrecht abfallenden, wenn ſchon niedern Felswänden
ver Flozſchichten der Thäler ausſpricht. Hier ift man auf dem
ebenen baumlofen Boden bes centralen Hochlandes, in
welchem auch ber mweitefte Bid gegen Süben feine Gebirgszüge mehr
erfpähen läßt, wenn ſchon bie Flüſſe in tief eingefchnittehen Thälern
laufen. Nur gegen Norb ziehen höhere Vergfetten weiter fort. Biele
im Sommer troden liegenden Flußrinnen fenfen ſich von da gegen
ven Sakaria zu abwärts, der fi im tief eingefhnittenen
Thale im Norven bis auf eine Stunde ver Stadt Bejbazar nä-
hert, vie 2550 Fuß Par. üb. d. M. liegt. Die von ver reiten —
Seite, d. i. von Norden herabkommenden bedeutendern Zuflüffe find:
der Ala Dagh fu bei Tſchair kibi (Wiefendorf), Sarybeg bei
Ewliya Efendi oder Sarylar, in einem Thale mit ſenkrechten nicht
fehr Hohen Felswaͤnden; dann ver Jartſcha i zu Bejbazar, aus einem
engen Felsthale hervortretend, und der Kirmis oder Kirmir fu,
der auf einer Brüde von 300 Schritt zu überfchreiten ift; alle drei
plotlich aus Engfchluchten hervortretend und nicht felten Verheerun⸗
gen anrichten. Die leiste diefer Engfchluchten, welche, um Angora
“zu erreichen, durchſetzt werben muß, ift der Durchbruch durch einen
bafaltifhen Damm, ber unter dem Namen Kara Bog haz fu,
das ſchwarze Saliunde Waſ ſer bekannt iſt.
Nn2
564 alein-Aflen. . 12.
2. Das Routier nach Scott Waring im Jahre
180581),
Scott Warings Route fügt faft nichts Neues zu dieſen
Daten Hinzu, beftätigt aber manche ber angegebenen Berhältniffe.
Bon NRicka kommend überftieg er in ein paar Tagen bie beiden
vordern Gebirgsummallungen des Hochlanbes bis Torbaly, wo er
zum Bazar fam und ſich auf) bon ver Waare ber vielen Säde
von Pferbehaaren (Torba), die dort zu Markte ftanden, über
zeugte. Dann nennt er bis zum Orte Nallychan noch eine Zwi-
ſchenſtation, dieſelbe welche Ewliya Efen di angeführt hatte, nämlich
Köſtebek, die auch Aucher Eloy nennt, worauf er um Rally-
Han die Pinuswälber, die reizenden Gärten, ihr Obft, Gerfte, Reis
und Baumwolle rühmt, die da gebaut werben. Aus biefen fhönen
, Umgebungen zunächft der Stabt tritt man plöglic wieder herans
in das öde Hochland: ver’ baumlofen Ebene, wo nur noch ba-
rode Felsflippen bie und da aus dem Boden wie durch bloße Caprice
hervorzutreten fcheinen. Am Abend viefes Tagemarſches murbe
Siwrihiffar erreicht (nicht mit dem ſüdlichern Orte gleiches Ra-
mens bei Pelfinus zu vermechfeln), wo nım die Plattdächer von
Holz. und Erde-Aufſchutt allgemein werten. Ueber Bejbazar
wurde der Fluß von Ajaſch erreiht, der in vielen Krümmumgen -
in ven Salaria füllt. Bei Aafch find heihe Mineralbäber, viel
Baummolläder und zahlreihe Ziegenheerben; von da führte der fol-
gende Tag nad} dem belannten Angora.
3. Aucher Eloy's zweimalige Routiers, von Niche
- (88nil) im Jahr 1834 und von Nicomebia (Islimid
« oder Jsmid) im Jahr 1837 bis 38 nad Angora.
>» Nur der Anfang beider Routen warb auf verſchiedenen Wegen
zurüdgelegt, die aber fih bald zu Torbaly in eine und biefelbe
große Hauptftrage zuſammenfinden. Bon Nicomedia führte
der Weg in 6 Stunden bis zum Sabandſcha⸗-See meift durch
Baldımg. -
Den 22. März”)! Bon dem See Eintritt durch das ſchöne
Sataria-Thal, das fi aber bald verengt und an Reften von
Thorn und Thürmen vorüberführt, bie emft als. Pforten bie
Thäler ver <ultivirteften byzantiniſchen Provinzen von Nicomedia
#%) Itineraire d’un Voyage fait par Terre depuis Constantinopel jusgu’a ”
Teheran, in Scott Warings Voy, de’Inde. Paris 1813. 8. p. 274—280.
®) Aucher Eloy, Relations de Voy. ed. Paris 1843. 8. I. p. 378.
Mittler Sakarialauf; A. Eloy’s Routier. 565
unb Nicha, gegen bie beftänbig von Oft anbringenben Feinde durch
viele fefte Schlöffer und Verſchanzungen fügen follten. Hier wurbe
bie fhbne Brüde über den Sakaria pafftet, die auf das Oftufer
nach Geiweh (Kiva) führt, das ſchon oben bezeichnete Dorf, von
vielen Maulbeerpflanzungen umgeben. Den Ort bewohnten Tür-
ten, bie Umgegend aber Griechen, bie nicht türfifch, auch nicht
ihre eigene, ſondern nur bie armenifche Sprache reven follten,
was fehr auffallend zu fein ſchien. Auch Ebn Batuta®), der ven
Ort Kawia (Caouiyah) nennt, wo er bei einem Ordensbruder
Herberge fand, der arabifch verſtand, aber tür kiſch antwortete,
efahr von ihm, nur ber Fakih daſelbſt folle a rab iſch ſprechen.
Aber als verfelbe lam, ſprach er perſiſch, meil er fein arabiſch
lounte. , Um feinen Auf zu vetten, fagte er, ver Gaft ſpraͤche nur
vie alte arabiſche Sprache, er aber nur die modern⸗arabiſche,
daher verftände er ihm nicht; body müſſe man die Gäfte ehren, melde ,
bie Sprache des Propheten ſprächen. Daher fand Ebn Batuta
hier doch als Araber eine gaftliche Aufnahme. Bon da weiter gegen
Norden machte dem Pilger die völlige Unkenntniß des Arabiſchen
bei den bortigen Bewohnern manderlei Schwierigleiten. Bon
Aucher Eloy wurde nad einigem Anfenhalt, ber zu Herbarifa-
tionen verwendet wurde, vom ber erften bald bie zweite Berg-
Umgürtung auf fehr ſchlechten Wegen nad; Terellü, vem Kamm-·
macher · Orte, überſtiegen.
Den N. März wurde von da Torbalt erreicht, das rings
von felfigen Abgründen uingeben ift, deſſen Fluß zum Salaria
fait. Bon Nicäa mar auf ber erſten Tour im Jahre 18349),
ai 5. März, ver Weg nach Lefkeh am linken Ufer des Salaria
zarüctgelegt, wo fi 50 türkiſche Häufer mit 400 türkiſchen Bewoh-
nern vorfanden, die zwifchen nadter Felsumgebung mit Eultux ver
Baumwolle und der Seidenzucht im Thalboven des Fluſſes beſchäf-
tigt waren. Bon Lefkeh wurde der Sakaria am 6. März über
fest, wo aber noch heute feine Brüde if, fondern nur eine Fähre,
bie andy ſchon zur Zeit, da Ebn Batuta (im 9. 1328)%) hier
‘überfuhr, indſchlechtem / Zuftande war. Sie beftand damals nur ans
4 mit Steiden verbundenen Ballen, auf die man bie Waaren ftellte
und ſich an Striden Hinäbergichen ließ; bie Pferbe mußten durqh-
®2) Ebn Batouts, Voy. Trad. p. p. Defremery et Sanguinetti. Pari? 1854.
1. p. 326. °*) Aucher Eloy, Relat. de Voy. lc. I. p 64.
**) Ebn Batouta 1. c, Paris 1854. I. pı 326.
566 Klein-Afen. 6. 12.
ſchwimmen. Sie war jo ſchlecht, daß eine Frau mit ihrem Diener
auf her Ueberfahrt im Waffer ertrahl. Bon Lefkeh hatte Aucher
Eloy in 4 Stunden das Dorf Sudſchar Bunar in ber Ebene
erreicht, danm einen hohen Berg üherftiegen, an deſſen Fuße ein
Wildſtrom über Felſen durch fehr pittoreste Gegend firömt. Mod
. 8 Stunden von da wurde Gjbl Bazar (Seemarkt) erreicht, wo
ein Heiner See in fubalpiner Region wahrſcheinlich von einem ef
weit größern Seebeden ſich erhalten hat, ver feinen Namen uckſt
dem baran Fiegenden Dorfe von etwa 400 Häufern, bie von Türken
bewohnt werben, dadurch erhalten hat, daß daſelbſt alle Dienfing ein
Marlttag gehalten wird. Hier entdedte Aucher Eloh eine nem
Species der Zeitlofe, bie er Colehicum caucasicum genannt hat,
Bon bier traf der Neifende nad 12 Stunden Weges durch Ge
birgsland mit der Nicomevia-Straße in Torbaly, vem Sadborie,
zwiſchen wilder Feldumgebung zufammen, ein Ort, bem ex 500
Häufer in einer fehr romantiſchen Lage gelegen giebt. Ex wurde
durch einen Bergſtrom, der zum Galaria flieht, in zwei Theile ge
teilt, davon eimer eine ausſchließlich türkiſche Bevölkerung hat,
zwiſchen welcher nur ein paar griechiſche Bäder wohnen. Auch äber
Torbaly kam Ebn Batuta auf feinem Pilgerwege von Geiweh,
von wo ihm ein Reiter zum Schug mitgegeben war zu feiner Rord⸗
wanberung über Boly nach Paphlagonien und Sin ope. De
Neiter führte ihn über die große und ſchöne Stadt Denidſcha
enidſcheh auf Kieperts Karte), wo man kein ara bifch verftand,
und von ba nad Keinouckes), dem Sadort Torbaly, ber, wie
wir dur v. Binde wiſſen (j. oben ©. 899), auch Gjünäf heift.
Im 14. Jahrhundert war er von Griechen unter dem Schuß ber
Mufelmänner bewohnt, aber noch beſtand bafelbft erſt ein einziges
Haus von Türken bewohnt, zur Beit da Orhan Begs bet
herrſchte; die türkiſche Herr ſchafl drang hier erft viel fpäter ein.
Der Pilger fand hier feinen Weinbau, aber Safran, ber zum
Berlauf von feiner Wirthin, einer Griechin, ausgeftellt war. Am
näcjften Tage war fo viel Schnee gefallen, daß man ſich aus ber
Berirrung auf dem Wege nach dem nörblichen Orte Mothorrin
(es ift. Mudurly der Karte, Modrenä ver Alten) durch Hadela
in der Naht bis zur Station Ienchten laſſen mußte.
Bon Torbaly führen beide auf dem ginen Weges”) vereinten
"3 Ein Batonta le 1. 9328-337. 9) ebendaſ. Ip. 66 u IL
p. 380.
Mittler Sakarialauf; A. Eloy’s Routier. -567
Rowiers eine Strecke vom 8 Gtumben über wilbes Gebirge, das am
9. März noch mit Schnee beverft war, nad) dem hochgelegenen elen ·
den Dorfe Köftebeg, wo ſelbſt am 30. März noch viel Schnee fiel.
Auch Broione nannte die Stadt Koftabec®) im Of von Tobarly.
Bon da an wurden aber die Wege auf weiten flahern Streden weit
bequemer, unb indem ſich Under Eloy immer der Bergfeite wegen
der noch vorhandenen Wälder nahe hielt, um ver Vögeljagd und
dem Imfectenfang nachzugehen, wurde von ihm Nallydhan in
8 Stunden erreicht. Hier war endlich jenfeit ber nadten Berg
zuge das ebene völlig baumlofe Hochland erreicht, wo man ſogleich
bie erſte Heerbe ber Angoraziegen weiben fah. Nun waren
ale Bäume wie verſchwunden, nur hie und da trat nod ein 'Ge«
venbuſch der Wachholder-Art, Juniperus sabina, hervor; fonft ”
nahm die thonige Ebene bei ſchrecklicher Dittagehige den Character
einer ägyptifchen Wilte an. An den überſchwenunten Ufern einiger
Bluplänfe waren Reisfelder angebaut, wie beim Austritt bes
Nallhchanfluſſes in vie Ebene; fo auch bei dem von ba 5 .Stunben
weit entfernten Sarylar, wo ‚einige Obftanpflanzungen. Der
ſchieferhaltige Boben des Ebene, fo wie ver nächſten Auhöhen gegen
die Bergſeite, jagt Aucher Eloy, gebe durch bie Zerflörung,
welche der Regen und das Schueewafler auf dieſe leicht verwitternde
Dberfläche ver baumloſen Landſchaft ausüben, ein höchſt zerrifienes,
waſtes Unjehen, das bei vem fehattenlofen, heftig zurüchtrahlenden
Sonuenrefler Sehr beſchwerlich werben Tann. Auf dieſem Boden
xigt das Pflänzchen ver überall vorherrſchenden Andzosace rotandi-
folin ein characteriſtiſches Vorlommen.
Nach 6 Stunden Weges von Sarylar (Sarybeg ober fſchair ·
Häi der Karte) wurde Bejbazar, d. h. Fürſt enmarkt, erreicht,
deſſen Hauſerbau aus Zimmierholz auf den Reiſenden den Eindruck
aus chineſiſchen Dorfes’ mit feinen Pagoden machte. Am
13. März wurde Ajaſch von da in 6 Stunden auf ebenem Bo⸗
+ den wit feinem Caftell exreicht, und ver Kermirfluß (Rerimis)
wolfizt, der in ben Salaria bei Gaixs einfließt. Im dieſer Gegend,
w am 14, März des einen Jahres noch ſchneite, am 3. April
tes andern Jahres aber in ben dortigen Obftgärten mb Wein«-
bergen ſchen wie Flox a vergejhritten war, fanden ſich anter wen
Brhutern, die Aucher Eloy hier einfanmıeln founte, auch Arenaria
wmbellate, Alyssum strigolum und ein Cytisas pontisus ber.
7, 6, Bramnp, Trar, I, P- a16
568 einen. 5.18.
Ienfeit nad Angora zu werde ber Weg über das Dorf Emit
Ainlar genommen, in bem man Halt machte, ehe man nad
4%, Stunden in die Stabt eimog. ö
8. 18.
Fünfzehntes Capitel
Der obere Lauf des Sangarius auf ver jüblihen Stufe
ober dem lycaoniſch-phrygiſchen Hodlande, "vom
Purfat (Thymbres) oftwärts bis Germa an der Rorb-
wendung ber peffinuntifhen Sangarins- Arme
Indem wir auf die ſüdliche oder linke Seite bes mittlern
Sataria- over Sangarins- Flufjes. übergehen, haben wir um
obige Bemerkung zu wieberhofen, daß wir uns auch bier noch anf
einem ſehr unfihern Boden befinden, in welchem erft feit ein peut
Yahrzehenben Pfabe gefunden wurben, bie wenigftens vor ben gröb-
fien Verirrungen ver frühen: Zeit in ben Stromgebieten biefes
dluſſes bewahren, ohne uns in ihren einzelnen Stromlüurfen überell
ficher ſtellen zu können. Nur einer ber weſtlichern, größern Zu
fläffe vom Süden her, ber Purfat (Thymbres), oder ber Flak
von Kjuta hia (Cotyaium) und Eskiſchehr (Dorylaium), war
ſchon früherhin in feinem mehr direct gegen R. oder NO, ge
henden Laufe einigermaßen richtiger in bie Karten eingetragen mb
genauer, bekannt worben. Aber das ganze Zwiſchengebi et feines
Lanfes ‘mit den ihm anliegenben größen Ortſchaften von ihm of«
wärts bis zur ſchon in obigem befprodenen Norbwendung bel
obern Sakaria bei Germa war ein Laud der Hypotheſen
geweſen, in weldem bie meiften hie und ba beachteten Flußläufe
nur etwa im der Nähe ihrer Quellen, "wie die Quellarme des für:
lichen Sangarius felbft, bemerkt oder eingezeichnet waren. Der
ber ihr weiterer Verlauf aber bei allen nur durch Conjecturen
over Analogieen mit punctivten Linien angegeben werben Tomte,
wo man dann, was als das Wahrfcheinlichfte erſchien, fie dem
mittlern Hauptlaufe des Sangarins in feiner Wegſtrecke zwiſchen
Angora over Bejbazar und Lefkeh durch die unbelannten, fräher
fo reich bevölterten, feit den jammervollen Verheerungen- ves Mittels
alters durch die anbringenben Völlerhorden gegen das byzantiniſche
Dei peſſinuntiſche Sud⸗Arm des Sangarius. 689
‚Reid aber ganz wüfte geworbenen und veröbeten Länder» -
rdume (Georg. Pachymeris de Michaele Palaeol. Lib. VI. ed.
Im. Bekk. T. I. p. 502) zujuleiten verſuchte; wie bies noch auf
Kieperts Karte von Kleinafien im I. 1844 mit kritiſcher Unter
fheibung des Belannteren und Unbelannten geſchehen war. Ganz
anders die Karten deſſelben kritiſchen Kartographen zehn Jahre
fäter, von 1854 und 1865°%), mit einer völlig veränderten Zeich-⸗
nung des Stromlaufs des obern Salaria, der nun in feinem
früherhim kaum angeveuteten, num aber entfchieven weit aus bem
Beten herkommenden wiberfinnigen Stromlaufe gegen
DR, im Gegenfag des mittlern Stromlaufes von Oft ge-
gen Weſt, mit vielen Seitenfläffen eingezeichnet werben Tonnte,
deren Gebiete und Umgebungen wir demnaͤchſt zu verfolgen haben;
"dem an ihnen treten merkwürdige Denkmale einer hiftorifchen Bor-
heit hervor, die für das hohe Alierthum centralafiatifcer Civilifation
von Beveutung umb im jüngfler Zeit auch näher erforfcht find.
Das nächfte Bervienft um die Berichtigung diefes obern San
geria-luklaufes verdaulen wir den ruffifchen Reiſenden v. Wront-
ſchenko und v. Tſchichatſcheff, deren Darftellung wir hier nach
den Angaben der Bolotomfcen Harte veranfhiden, der anch bie
Kiepertfche Zeichnung zum Theil gefolgt if, ehe wir zu ber Special⸗
erläuterung der einzelnen Territorien und Ortölagen übergehen, bie
wir vorzägli Terier und Hamilton verbanten.
Der Sangarius, fagt v. Wrontfhento®), entfpringt 9
bis 10 Stumden (30 Werft) ſüdweſtlich (öftlich im Text) von Seid el
Ghazy, am Fuße eines runden ziemlich hohen Erdberges, welcher
fat einzeln in ber Ebene liegt, bie mit den Ofinbhängen bes
Murad Dagh (des Dinbynon) in Verbindung ſteht. Die Duelle
des Sangarins ift wafjerreich, daher wird ber Fluß ſchon in Ver⸗
bindung mit dem Heinen Fluſſe von Seid el Ohayy beveutend
Breit. Mnfänglch flieft ex oftmärte zwifiien fchtmachen Ahängen
in ſchr niedrigen Ufern. Sein linkes Ufer wird aber füblih von
Siwrihiffar an etwas fleiler; von ba ab werben aber beide Ufer
fee Keil und hoch und ber Fluß tief. Den weitern Verlauf lennt
ber Berfafler nicht genauer; er weiß nur, baf im Gäben von
") Kieperts Karte von Kleinaflen, im Maßſtab von years, 1854;
defl. Karte von Kleinaflen und Syrien, 1855, Nr. 27_ im neuen
EI Kid. Reime. Brontfenfo a. a. D. IH; II.
670 Klein -Afien. 5. 18.
Siwrihiffer anf dem Wege nach Bulwahin (Polybotas) eine
Steinbrüde über ihn führt, wo der Strom 20 Schritt Breite
hat, daß er weiter abwärts an ſchilfigem Ufer bei einer audern
Holzbrüde, bie auf einer Infel in ber Mitte bes Fluſſes zuhl, auf
bem Wege nad) Angora ya, 30 Schritt breit ſei. Wrontigento
fagt, Daß ver Sangarius aber von ba au einen großen Hald-
kreis beſchreibe, der erft nonbwärts, dann weilwärts bis zu feinen
Durchbruche ende, wo er feinen Norblauf begimme. Dies gefchicht
an ber Vereinigung des Purſal (Thymbres) mit ihm, me cc ſcheu
bis zu eimer Breite von 15 bis 20 Sajen (105 bis 140 Fuß) am
gewachſen fei. \ J
Hier fei der Lauf des Sangarius⸗Stroms, welcher vom
feiner Duelle an bis hierher am Bergräden Tſchuralun Mt
Ailer, ver uns unbelaunt, wahrſcheiulich aordwärts von Estiſchehr
liegend, 80 Meilen betragen ſoli, faR mach brei Viertheilen einer
Kreislinie feiner Duelle wieder fo nahe gerüdt, daß er nur im Ab»
flande von 6 bis 7 Meilen: von ihen im Merven vorüber fließe.
Seinen ganzen Lauf jhäßt v. Wroutſchenko auf 64 Meilen, feine
Quellhöhe auf ven Abhängen des Murad Dagh auf 1400 Eu Par.
üb. d. M. Die Krümmung ves Sangarias ift daher wol 3 Mel
fo lang als ber birecte Abſtand feiner Duelle bis zur Mündung).
Bon den füdlichen Seitenzufläflen zum oben Saugarius
tennt ex nur dex von S. W. kommenden Heinen Seid el Ghazy⸗
Flug, ber, zur 11 Meilen weit im Thale Doghaniy entfpringend,
anfängli nur zwiſchen flachen Abhängen und Hägelu, dann zwiſchen
ſteilen Ufern und zulegt in der Ebene dem Säugarius zufliche.
Oſtwaͤrts veffelben führt er nur nad; zwei geringere Bäche an, die
vom Emir Dagh norbwärts im ben Sangarius fallen. Nur
vom Purfal und ven weitlichen füblichen Zuflüffen zum Saugarius
hat Wrontſchenko fpeciellere Kenntniß; von den Zuflüſſen oR-
wärts des Purfal zum Sangarins Teine geuauere Angabe.
* 0. Zfeihatfcpeff hat bie Angaben feines Vorgängers ver ·
vollſtaͤndigt, da er, mie es feine vielen Höhenmeſſungen nad der
Bolotowſchen Karte erwarten laſſen, weit mehr Specialkeobadtungen
(bie aber bis jegt noch nicht veröffentlicht find) im obern Laufe
dieſes ſüdlichen Sangarius⸗Arms angeftellt haben wird, als
feine Vorgänger. Das Refultat feiner Beſchreibung if fol-
getves®):
®°1) y. Tehibatcheif, Asie Mineure I.c. I. p 136. *") ebendah
Der peffinuntifhe Süd / Arm des Sangarius. 571
Der obere Sakar ia oder Sangarius Kat zwei Haupt-
quellen; bie eine entipringt in R.D. von Afium Kara Hiffar
(Syanada), nahe dem Dorje Bejad, auf dem Bejad Jai—
lafiy Dagh, der von mäßiger Höhe ift und eine Gruppe in ber
weſtlichen Sortfegung des Emir Daghs bildet; fie ift ſchon auf
Kieperts frühefter Karte daſelbſt mit nordöſtlichem Laufe einge
it Aber die zweite und an Waller beveutendere Hauptquelle
liegt nach v. Tihichatfcheff weiter in N. W., 9 Lieues entfernten,
im Säüven von Seid el Ghazy (Prymneſſus), am Doghan
Arslan, in demſelben Maſſif des Gebirgszugs, ber ſich gegen
RB. vom Bejad Jailaſſy Dagh zum Murad Dagh (vem Din-
dymos) hinzieht und eine abfolute Höhe von 4618 Fuß erreichen
mag. Diefer Quellarm ift verfelbe, "ven Wrontfhento nur ven
Heinen Finß Seid ed Ghazy nennt, v. Tihihatiheif als ven
weſtlich ſt en Quellarm des Safaria, ber auch Seid genannt werde.
€ fließt erſt von ©. nad N. durch die Stadt Sein el Ghazy
(unter 39° 26',02 Lat. und 31°-45' Long. von Paris, einer der von
Brontſchenkoꝰd) aſtronomiſch beftimmten Buncte) hindurch; dann
wendet er ſich gegen Oft bis in ven Meridian von Siwrihiffer,
wo ex ſich ſüdwärts dieſes Ortes bei dem Dorfe Tſchandyr mit
dem Bejad-Arme vereinigt. Auf feinem Oftlaufe dahin fließt ex
am Dorf Harab-ören, 3185 Fuß Par. üb. d. M., bonn an
Zihertes Ljdi, 2800 Fuß Par., und bei Tfhandar an 2754
duß Par. nach .v. Tſchichatſcheffs Meffung vorüber. Bis in ven
Meridiau von Siwrihiffar hat der obere Safarialauf eine Strede
dom 16 bis 17 Meilen zwiſchen niebern Ufern, aber auf einer Hoch⸗
ebene zurüdgelegt, bei Tſchandar ift er ſchon reißend unb nicht
mehr furthbar, ‘daher man ihn bier auf einer [hönen Stein-
brüde von hohem Alter überſchreitet. Der bei Tſchand yr em-
fallende äftlihe Hauptarm ift weit kürzer, denn er entipringt im
Süden des Ortes, nur etwa in 12 Stunden Ferne von Bejab.
Ehe dieſer obere Sakar ia unterhalb Germa feinen entſchiedenen
Rordlauf zum Angora-Arme nimmt, wo er feine Phyſtognomie
ganz verändert und im bie einförmige Plateaufläche eintritt, nimmt
& von der Oftfeite noch einem Zufluß in ver Nähe abwärts ver
Stadt Germa auf, den and Kieperts Karte, aber namenlos,
N Deffen Nep der vom Obrift v. Wrontfchenfo in Kleinafien aſtro⸗
nomifch anfgenommenen Punkte 1835—1838. Kartenffigge am an:
geführten Drt Tg. II. Der Name des Beobachiers if bei
ð Tgiatigefis Tabelle S. 20 nicht angeführt. .
.
v2 Klein-Afien. $ 18.
mit einem noch Öftlichern Gjöt fu vereint, eingezeichnet hatte. Er
aiftirt wirffih und wird Kütſchük Salaria%), d. i. ber fleine
Sangarius, genannt. Seine Quelle ſcheint nur wenig fern von
der Hauptquelle des Tfhandar-Zuflufies im Often des Bejad Yair
laſſy Dagh zu liegen, nahe dem Dorfe Hamza Hadſchi, bas am
Nordabhange des Emir Dagh liegt, wo v. Tſchichatſcheff die
Höhe zu 2883 Fuß Par. üb. d. M., und auch noch von 3 andern
im gegen Süboft liegenden Punkten: bei Tuluk zu 2628, Bei
Tſchaltik zu 2615, und bei Haffan Tſchiflik zu 2754, alfo in
ziemlich gleihen Abhängen des Emir Daghs liegend, gemefien
hat, fo wie unmittelbar über der Duelle des Kütſchüut Salaria zu
Mehemmed kjdi bei 3078 Fuß Par. üb, d. M. Weiter abwärts
an vemfelben Fluſſe fand er die Höhe bei Tatar-Dorf 3226,
die des von ihm befpülten Dorfes Tſchakm ak auf 2246, und noch
weiter abwärts gegen N.D. die Lage des Dorfes Tadſchik ver
Karte (Tadſchyr richtiger bei Kiepert) in S.O. von Germa
2572 Fuß, bier auf der wüſten Hochfläche dicht die Grenze ber
anliegenden Kurdendiftricte von Haimanch bezeichnen, die wir
in Obigem mit Ainsworth durchwandert haben. Hier, fagt
v. Tſchichatſcheff, hat das Gefälle diefes Seitenftroms ſchon ſche
abgenommen, wie alle Fluſſe, melde in bie centrale Plateau-
flaͤche eintreten. Schon zwiſchen Tatar und Tſchakmak treten
flatt der Waldbaume nur Binfenwälder (Cyperaceen) und
Schilfwaͤlder (Typhaceen) hervor; der zwiſchen dieſem Schiffe
fich verftedende krumme Lauf bildet oft nur ſtagnirende Flächen,
von bem er nur hie und ba die niedern Stufen in kurzen Eata-
racten abftärzt. Bei Tadſchyr hat er fid in Sumpfboden zwie
ſchen mehreren Armen mit ſchilfbewachſenen Ufern verlaufen. Seine
Ufer find ſchon ganz flach; doch ift er fo tief, daß er nicht burde
veitbar ift, und daher eine natürliche Orenze bes weſtlichen
Galatiens gegen bie öftlihen Diſtricte der umherſtreifenden
Kurden bilden kann.
®%*) v. Tehibatchefl, Asie Mineure. I, p. 140.
Der peffnuntiige Sho-Krm des Sangerius, 378
Erläuterung 1.
Macdhonald Kinneirs Weg von Weit nach Oft, von Eskliſchehr
(Dorpläum) über Seid el Ghazy (Prymnefjus) und Keimat
(Zricomia) nah Siwrihiffer.
Nächft jenen jüngften Wanderungen der ruffifchen Beobachter,
denen wir jedoch bis jegt nur erft topographiſche Details in hydro·
graphiſcher und hypſometriſcher Hinfigt verbanken, lernen wir dies
obere Sangarius-Gebiet oͤſtwarts des Thymbres, jetzigen
Purſak-Fluſſes, nur durch dreierlei Reiferouten und
Beobachter kennen: durch Macdonald Kinneir, der von Weſten
her die Bahn brach; durch Ch. Terier, der ihm von S. W. als
Arhäolog folgte, und W. Hamilton, der von Oſten her als
forſchender Geograph und Antiquar biefelbe Landſchaft durch-
zogen. Durch fie werben einige Localitäten näher beftimmt, jo daß
wir auf fie zurüdzugehen haben, ehe wir dann weiter gegen den
Beften zum Thymbres Fluſſe fortichreiten, an welchem Kjutahia ein
wichtiger Mittelpunet zur weitern Eforſchung des Landes ſein wird.
1. Machd. Kinneir legte ſchon im September 1813 feinen
"Weg ziemlich flüchtig vom Durchbruch des Sakaria bei Lefkeh
(er ſchreibt Lowka, es ift Leucae der Anna Eomm.)®) auf dem
Bege von Eski ſchehr (Dorylaium) nah Siwrihiffar fort®),
wo wir ſchon in obigem ihm begegnet find (f. oben ©.528). Er
nennt Leffeh ein Städtchen im engen Thale am Salaria 'gelegen,
den er aber noch irrig mit dem Namen Gallus bezeichnet, weil dies
fer Name nad) dem Vereine mit dem linken Zufluffe, dem Seiten
arme Gallus, auch öfter auf ven Hauptſtrom des Sakaria
und feinen weitern untern Verlauf übertragen wurde”), wie z. B.
bei Ammian. Marcel. XXVI. 8, und felbft ver obere Lauf bes
Sangarius zuweilen fo genannt wurbe, wie 3. B. von Herobian,
der fogar den Fluß bei Peſſinus Gallus nennt. Kinneir betrat
bier noch die Strede einer alten Römerftraße, die 20 Fuß breit
"mit geoßen Platten belegt war, und ſich unftreitig von dem antifen
Wege, der einft nach Dorylaium führte, erhalten hatte. Sollte dies
nicht ein Reſt der Straße fein, welde vie Kaiſerin Theodora,
*%) Macd. Kinneir, Journey through Asia Minor l. c. Lond. 1818. p.31—45.
®*) 1. A, Cramer, Asia Minor. I. p. 182. *) M. Leake, Asia
Minor 1. c. 9.83, Not. .
374 Niein⸗ Aflen. & 18.
Gemahlin Iuftinians, zur Verbeflerung des früher fehr befhmer-
lichen Weges aus Bithynien nad) Phrygien eine halbe Tage
reife weit mit fehr großen Steinplatten (AlFoıg nayney£Fscı
bei Procop. de Aedif. V. 3. 8. p.315 ed. G. Dind.) belegen Tief,
was ihr als eine große Munificenz von Procopins gerühmt wurbe.
Der Ort Lefkeh ſcheint nur von einer Station an diefer Straße
erſt im Mittelalter feinen im Griechiſchen Weißpappel beveuten-
ven Namen erhalten zu haben.
Ueber Wezir Khan erreichte Rinneir in 14 Stunden bie
Ufer des Sangarius über Sögüd bei Esfifhehr. Hier trat
er auf der Örenze von Bithynien und Phrygien, außerhalb
‚der Waldgebirge des Weftens und Nordens, in ben dürren Boden
ein, ver ihm ſchon der centralen Ebene anzugehören ſchien. Nur
an ven Berggehängen ſah er noch Eichen und Fichten wachſen,
nicht mehr aber auf dem trocknen, durch die Sonnenhitze aufgebor«
fienen Boden ver Ebene. Er erkannte die Stadt Eskiſchehr für die
alte Dorylaium an. Die Stabt beftehe aus zwei Theilen, eineht
obern und untern, nur aus elenden Hütten an zwei Flüſſen, dem
Burfal (Thymbres) als dem größten, der in ven Bergen im Sür
den der Stabt Kiutahia entjpringe und unfern ver Stabt, d. 5.
einige Stunden abwärts gegen Norb in ven Salaria falle; ber
zweite kleinere Fluß von W. gegen D. in ven Purfaf fallend, fei
nur unbeveutend. In ber untern Stadt entfpringen nad) ihm vier
warme Mineralquellen, die zu mehreren Bädern eingerichtet
waren. „Den Weg von Conftantinopel bis Esfifhehr, die alte
berühmte Hauptftraße nad) Syrien, fand Kinneir noch leidlich ge-
gen andre Paflagen in Vorberafien. Da fein Zwed eigentlich war,
zur Napoleonifhen Zeit die Zugängligkeit von Kleinaſien fir eng«
ũſche Heere im Hall eines Landfrieges mit ven Neufranfen in Ia-
dien zu erforſchen, ſo bemerkt er, daß auch für Artillerie dieſe
Straße leicht werbe zu bahnen fein, weit ſchwieriger würbe es aber
fein, bei dem dürren Boden der nun folgenden Ebene hinreichendes
Pferbefutter für die Cavallerie in Kleinaſien aufzubringen. Er
mochte wol an die Noth der Kreuzfahrer denken, bie fie einft bier
erlebt hatten.
Nod war es ihm nicht möglich, am Orte. Erlundigungen über
die antifen Ortslagen Amorium, Synnada, Peffinus, fowie
über die Quelle des Sangarius einzuziehen. Er flug daher bie
gradefte Strafe von Eski Hiffar nah Siwrihiſſar ein.
Im 9 Stunden Wegs gegen SD. über bürres klippiges Plateau.
Bala Hiffar; Yelfinns-Ruinen. 57%
land erreichte er Seid el Ghazy, vas «ie Prymnefſus,
und paſſirte auf dieſer Strede das Schlachtfeld, auf dem einſt
Gottfried von Bouillon ben Sieg.über das übermächtige Seld-·
füntenheer des Sultans von Ilonium im Jahre 1097, am ſchwülen
Sommertage des 1. Juli davonteug®®). Die Gefahr, mit Bären
zu lämpfen, wie jener tapfre Feldherr, hatte er auf biefem verödeten
Boden nicht mehr zu beftehen, aber die bürre Hite und Waſſer⸗
mengel war geblieben.
Nır wenige Marmorfragmente waren es, die ihn in Seid el
Ghazyh anf vie Spur leiteten, daß hier einft Prymneffus gelegen
war (Ptol. V. 2. 120. Prymnesia). Gleich zweifelhaft blieb ihm
Tricomia®) bei Ptolemäus, das nad Tabul. Peuting. noch
7 Stunden (28 Mil.) fern don Peſſinus liegen fol, und von
Kinneir für die Station Heimat (ober Keimas) gehalten wurde,
ein ifolivtes Dorf am einem Zuflufe zum Sangarius (unftreitig
fäbtwärts gehend) im der ſich immer gleich bleibenden Einöde des
Hochlandes gelegen, von dem ex noch 9 Stunden bis Siwrihiſſar
am Nordfuße des Güneſch Dagh (Dindymos) zurüdzulegen hatte,
wovon ſchon oben bie Rebe war.
Erläuterung 2.
3. Hamiltons Beſuch der Ruinen von Bala Hiffar (Peffi-
amd); Weg von Siwrihiffer gegen S.W. über ven Sataria
bei Tſchandyr nach Alekjan (Dreiftus), Hadſchi Hamza,
Hergan Kaleh (Amorium), nach Afium Kara Hiffar
(Synnade), im J. 1836 %),
Bon Siwrihiffer eilte Hamilton am 17. Sept. (f. oben
S. 626) gegen S. S. O., um die etwa 4 Stunden von da entfernten
Ueberreſte des berühmten Pefſinus aufzufuden, deren Trümmer-
reſte kurz zuvor erfi von Ch. Terier entdedt waren. Er verlief
den leisten granitiſchen Borfprung ber iſolirten Gebirgsgruppe von
Siwrihiffer, um über vie wellige Ebene des weiten Hochplateaus
fortzufchreiten, welcher hier, nur in weiter Gerne gegen S. W. ſichtbar,
ver Hohe Emir Dagh, gegen SD. ver hohe Sultan Dagh
bei Ar ſehehr (Philomektum) eine Grenze ſehen (ſ. oben ©. 48).
“8. Bien, Geſchlchte der Krenggüge. Th. I. ©. 154159.
* —*2 Asia Minor. IF. p. 2f, 89. ey #, Hamilton,
Resedtchen in K#fa: Miter ete. 1. e. I. p. 438—446; beutfche Uebe
©. 404-409. “ di
576 Rlein ⸗Aſien. 6. 13.
Nach 2 Stunden allmähligen Abwärtsreitens vom ber Hoch⸗
fläde dad) der weiten Einfenkung des Safaria zu blieb ber hohe,
Kühn emporfteigende Pit des Dindymosbergd im Abſtande einer
guten Stumbe zur öſtlichen Seite und im Rüden Iiegen, an deſſen
Süpfuße einft die berühmte Peffinus Ing. Nach drittehalb St
den war am Südende des Platenus, wo es plöglid am einer ver
engten Stelle nach allen "Seiten fteil abfällt, der Punlkt erreicht, mo
einft die Acropoli8 von Peſſinus ftand. Nur Reſte ſchöner
Marmormauern und neben ihnen einiger anbern fpäteren, aber
mit alten Fragmenten aufgebauten Mauerungen bezeichneten ihre
einftige Lage. Bon da gegen D.S.D. liegt das türkiſche Dörfchen
Bala Hiffar vom geringem Umfange, aber an ber. Norb« mb
Oſtſeite von weitläufigen Ruinen einer frühern Prachtſtadt umge
ben®), vie nioch heute, obwol alle in Trümmern liegend, durch die
Menge diefer Trümmermaffen in Erſtaunen fegen. . Die Ar
hänge ber Höhen find -überbedt mit Haufen von Marmorblöden,
zerbrochnen Säulen, Frießen, Marmorfculpturen, voll Zeichen zer
ſtorter Tempel, Triumphbogen und anderer öffentlicher Bauten,
Nahe am Dorfe find noch Reſte eines großen Porticus mit aufe
rechtſtehenden Säulen, eben fo gegen S.W. noch 6 cannelirte Säulen
in ber Fronte eines Tempels. . Drei Bäche bemäflern das moberne
Dorf, und eines biefer Waſſer fommt vom Didymus; fie fliehen
vereint gegen Süden zum Sakaria. Auch oftwärts fieht man
viele Ueberrefte von Häufern und ganzen Straßen, bie eines Thea⸗
ters, und noch eine halbe Stunde ſüdwärts nach dem Flußthale
zu ift der Boden überall mit Marmorblöcen und Sartophagen über
dedt, Die Ruinen find von großem Umfange, aber fo zerftört, daß
- fie weniger antiquariſch als topographiſch intereffant find; die In
feriptionen find fehr Häufig nur zum Theil leſerlich ), diejenigen
ausgenommen, die mit der Infcriftfeite in der Erde lagen, ba fie
am ber Luft weit mehr verwitterten. Doch ift die Entvedung einer
Inſchrift von Wichtigfeit, welche die Iventität biefer Ruinen mit
ver alten Peſſinus entſcheidet. Sie war von Bala Hiffar
wie viele Marmore zum Bau der Burg nad Siwrihiffar ver-
ſchleppt, wo fie Kinne ir zuerft copirte, aber mit Auslaffung eines
Theile der Juſchrift, welche die Erde zubedte. Der Scharfſiun von
*°ı) Ch. Texier, Deser. de YAsie Miaeure. T.I. Planche LXU, mit Grand
plan von Peifinus. _ *) Corpus Inscript. Graecar. Vol, ILL, 1. 1844.
p. 100—104: Pessinus et vieinia, Nr. 40814098.
Bala Hiſſar; Peffinus-Nuinen. 577
Joh. Franz) entvedte zuerft in ihr ben Beweis, daß fie in
Peſſinus geſtanden *), und feine Conjectur wurde durch eine fpäter,
an- Ort und Gtelle vollftändiger aufgenommene Abfchrift $) von
Hamilton beftätigt. Die Infhrift wird von ver „BovAn xul
Aiuog Seßaoryüv Tohoroßwyiav Ileooıwouvriov” dem Te
ranfıo® des Ortes geweiht, und beftätigt 6) einmal, daß fie eine ver
3 Capitalen der Galater und zugleich vie Hauptftadt der Tolifto-
boger war. Denn alle drei Capitalen, Ancyra der Tectofagen,
Tavia der Troemer und Peſſinus ver Toliftoboger, hatte
Auguftus, ber eine befondre Zuneigung zu biefem ven Römern
früher feindlichen, nun aber fo ergebenen Volle gefaßt haben mußte,
zur Ehre einer Fefaorn erhoben, wie dies nun durch Infhrife .
ten und Münzen bewiefen, und baburch ein wichtiger Punkt zur
Drientirung in dem bisher fo unſichern Gebiete des oben San⸗
garins feftgeftellt werden konnte. Siwrihiffar, eine moberne
Stadt, hat feine eignen antifen Denkmäler. Die benachbarten bis
dahin unbelannt gebliebenen Ortslagen ber antifen Stäbte Tri»
comia, Midäum, Germa und anderer Tonnten nad) den An-
gaben der Stinerarien und denen bes Ptolemäus nun mit größerer
Sicherheit in ihren Situationen eingetragen und irrige Stellen bei
Livius, Ammianus Marcel, u. U. in ihren Angaben berichtigt
werben, was fartographifch in ven beifolgenden Erläuterungen und
der Karte von Kiepert®) vielfach geſchehen ift.
Zwei wichtige geographiſche Thatſachen fügte Hamilton fei-
wem Berichte vom Befuche ver Ruinen von Peſſinus bei”): daß
die Bewohner von Bala Hiffar ausfagten, 3 bis 4 Stunden im .
D. oder S. O. von ihnen liege ein Ort Jerma mit großen Baus
reſten, wodurch die ſchon oben angeführte Entvelung ber alten
Germa mit ihren Vabeftellen durch Kinneir, deren Lage zuvor
umbelaunt geblieben war, beftätigt wurde (f. oben ©. 530); und
daß es nun entfchieven war, ver Sakaria fließe an 2 Stunden
fünwärts diefer Ruine der alten Beffinus von Weft nad
Of vorüber, da man zuvor nur ven Vorüberlauf des mittlern
3) W. Hamilton, Researches. I,'p. 443, und bentfcje Ueberf. Note vom
. Riepert zu ©. 409 m. 514. *) Günf Infepeiften und fünf Stäufe
in Kleinaflen von Joh. Franz, mit einer Karte von Phrngien ac.
Berlin 1840. &. ©.21—23, uebft einer yon Kiepert confuirten
Karte und beigegebenen Crlänterungen. ®) Corpus loser. Gr.
he Be. A005. ) Alerts Gränternngen ©. 24-40, und ie
Korte Bhrpgia. 1840. 7) W. Hamilton, Bes. 1.cı I, P-442-
Witten Cutunde AVIII. Do
brB RU - Aſten: $.13.
Sangkrins Im Norden von Befftnus, di O. gehen W. bhr-
iberflchend, angab, wie er zuvor auf allen Karten von D' Anville,
Rennetl, Leake m. A. dargeſtellt war. Cr etifließe, fahten Ye
Eingebornen mit Beftimmtheit, 8 Stunden in S.W. von Siwri-
Hiffar einem See, und auf dem Wege von Siwrihiffar milffe
Mak den Sakaria Überfchräten, wenn Man nach Afinm Kara
Hiffer (Synnaba) gehe. Dieſer Strom fehlte auf allen fru⸗
Bern Karten, ſelbſt bei R. Poche, der ihn nicht einmal mammte,
Vowol er ihm nahe bei Alekian (Dreiftus) überſchritten haben
Werte; es war baher andy ber beriihmte Marſch des römiſchen
Confnls En. Manlind in dem Krieg gegen die Galater nach Yin
ca bei feinem Mebergange über den Sangarins (Tit. Ii-
vias, Bist. XXXVIH. 18) unerflärbar geblieben (f. unten ©. 580).
Det bie directe Marſchronte des Conſuls mußte, da & von Oben
m und eine Bräde über den Sangarin® harte ſchlagen Laffen,
Mer Wie er feine Legion führte, deſſen zu Hohes Waffer er wit
hatte dirrchſchreiten können, an deſſen Nordufer gegen Oſten vorüber»
Kehen, wo ihm die Proceſſion ver Chbele⸗Prieſter feierlich mit
Poren Siegesverheißangen entgegen fan. Bon ba Tonnteer mm, vhne
BPeffinns ſelbſt zu beunruhigen, am folgenden Tage weiter yieheitb
Gordium erreichen. Auch mit dem Berichte bei Amin. Marcel.
(EX. 9) von Kaifer Inlians Marfee Mimihte dies meh, der
von Nicomedia kam, um nad Aucyra zu geben, nd auf dieſemn
Wege, ohne den Sangarius zu überfchreiten, von vem graben Wege
mas rechts abwid, um Peſſinus und ben alten Tanpel der
Soͤtter⸗Mutter (visurus vetusta matris magnae delubra) Yu Ye
ſuchen, ihr fein Opfer und Geläbbe darzubeingen.
Denn Strabo fügte, daß der Sangarius im Gau Sahyta
m 150 Stavien (7 Stmden, |. oben &. 450) tm Weft von Pef-
finus feine Duelle habe, fo hatte man in neuerer Zeit diefe Wrgtie
"mit Anrecht für irrig gehalten, denn fie mag zienlih correct fein,
und wenifftens einer nörbfichen Seitenquelle des Hauptſtroms ange:
heren, der vielleidft wegen feiner Seebilbung eine befondre Be
deutung für bie mythiſche Entflehung des Sangarius haben mochte,
ba auf dieſem uräfteften Boden Alles in Mythe gehüllt war. Leider
hat noch lein Reiſender dieſen See aufgeſucht, wo vielleicht and
noch ber Name Sanga aufzufinden wäre Die weſtlichſten umt
feolihften Arme hat v. Tſchichat ſcheff angegeben.
ion ben Ruinen von Peſſinus lehrte W. Hamilton®®)
WW. ämilton, esearch. 1. c- p. 445.
Haupiarm des Saugacius bei Vefftnus, ' 579
gegen Norden nah Siwrihiffar zurüd, wo er noch mehrere
Imfcriften anf dem alten Tütlenſchloß und ſchöne Münzen aus den
Kaiferzeiten von Beffinus, Amorium, Iuliopolisu. U. zum
Einfauf bei feinen dortigen armeniſchen Freunden vorfand. Das
Schloß war lange Zeit von einem Tyrannen bes Orts, von Ia-
ſydſchy Oghlu Bei (v.i. Screiber-Sohn Fürft), befegt geweſen,
bis ihn Tſchapan Oghlu gefangen nahın und als Räuber köpfen
Geb; ſeidtem blieb der Ort dem Oonvernement von Bruffa untere
geben. Der. hohe Granitberg über ber Selle von Siwrihiſſar
war ſchwer zu erllettern, bot aber eine weite Husficht gegen S. O.
über ven Dindymus, gegen S. S. W. nad dem höchſten Gipfel
des Emir Dagh dar.
Am folgenden Tage, ven 19. Sept, ſetzte Hamilton feinen
Weg gegen S. W. über ein welliges ebenes Land, meift aus weißem
Kreivelaltftein, fort, in bem große Lager von Selenit vor-
lamen, die mit ihrem nächtlichen Glanze bei Mondſchein ſchon
manche Veranlaſſung zu Fabeleien von Diamantlagern gegeben hat⸗
ten. Nach 6 Meinen Stunden fenkte fi der Weg von der Hoch-⸗
ebene zu einer tiefern flachern Ebene hinab, welde ver Sakaria
von W. nach O. durchfließt. Nach einer Viertelftunde wurde er bei
der Raramanenftation Tſchandyr (2754 Fuß Par. üb. d. M. nach
v. Tſchichatſcheff), einem elenden Ort, ver am feinem Norbufer liegt,
erreicht, mo er tief und Mar vorüber zieht und fehr fiſchreich ſich
xigte. Ex zog reißend unter einer Brüde von W.N. W. nah
O.S. O. hindurch, die von Stein, aber auf ältern Pfeilern von
Steinreſten aufgebaut war, auch mehrere Marmorfculpturen zeigte,
unter denen auch eine ganz ſchön erhaltene ein Weib auf einem
Stuhle figend darſtellte, mit 2 darüber befindlichen Infcriptionen,
die jedoch unlesbar waren. Hamilton hielt bies für ven Haupt
arm des Sangarius, erwähnt aber nicht eines ſüdlichen - Zu-
fluſſes zu demſelben, ven die Bolotomfche Karte aud als einen
Salaria · Arm eingetragen hat. Er wundert ſich 9), daß Bocode
bei feinem Durchmarſche durch diefe Gegend bei dem Orte Alekjan,
den er nannte, des Sangarius nicht erwähnt habe. Er irrt aber
darin, denn PBocode!) fagt, daß er 36 Meilen von Karahiſſar
°) W, Hamilton, Research. L.c. I. p. 446. Diefe Stelle iR daher mit
Mecht in der Meberfepung ausgelaflen. :*) R. Borode, Beichr.
des Morgenlandes. TH. Il. &.124—125; M. Leake, Asia Mi-
nor. p. 85.
902
"880 “ = 7 MeinsAfen. " 18.
(Syumada) kommend ven Fleden Aleljan erreichte, wo er Raß
hielt. Hier waren einige Trümmer und etliche Imfchriften, eine
davon Lateinifch aus der Zeit Conftantins; er glaubte, obwol irrig,
darauf das Wort Amorianorum gefunden zu haben, und hielt ben
Ort für das alte Amorium. Bier Meilen ober 1, Stunden weiter
tam er über die Brüde eines fehr großen Stromes mit einigen
Grabſchriften, und von ba bem folgenben Tag in 3 Stunden nah
Siwrihiffar. Er erfannte alfo nur den Strom noch nicht ald
den Sangarius an.
Auf der Südſeite des Sangarind am Rande ver Ebene
gegen S. W. hatten Turkomanen im Dorfe Alekjan ihre Zelte
aufgefchlagen, in deren Mitt? auch Hamilton feine Stelle einnahm;
fie waren in ihrem Sommerlager, ihr Winterlager lag 3 Meilen
in N.W. Ihre Zelte beftanten aus ſtarkem Flechtwerk, die mit
Teppichen und grauem Filz (Numüd) überzogen waren, und flanben
gruppenweiß zu 10 bis 20. Der Begräbnißplag ganz in ver Nähe
hatte viele Säulenftüde und Marmorfteine, darauf ein Pieveftal das
Bort OPKISTHNOI enthielt, ein andrer Stein eine lange Iw
ſchrift zu Ehren Kaifer Hadrians. Nur eine Viertelftunde gegem
S. O. waren dieſe Steine herbeigeichleppt, und bort lagen die Hefte
einer alten Stabt bis 1’, Stunden in ©. vom Dorfe Alelian,
die nur Orciſtus geweſen fein kann, vom ber jeboch von Strabo
bis auf Steph. Byzanz fein Autor) Nachricht giebt, die aber als
Episcopalfig Galatia's im ber Geographia Sacra genamat
wird. Der Boden war ganz mit Ruinen beveit, noch erfannte
man bie Grundmauern mehrerer großer Gebäude, Tempel oder Kin
chen, dazwiſchen einige Aecer urbar gemacht, und in der Nähe lag
eine Mühle. Am Abend zu ven Zelten zurüdgelehrt, war durch bie
Heimkehr der Heerden aller Art zu ven Zelten ein patriarchaliſches
Leben von großem Intereſſe erwedt.
20. Sept. Nach einer ſehr friſchen Nacht, in der das Then
mometer ſich kaum über dem Öefrierpunft erhalten hatte, wurde,
flatt direct gegen SW. nad, Bejad und Afium Kara Hiffer zu
gehen, ein Seitenweg gegen S. O. nad) Hamza Habidil2) eim-
geſchlagen, um die Ruinen von Hergan Kaleh over Affar Kidi
zu beficgtigen, welche am äußerften Sübrande des Sangargebietes
dem satjgüt Salaria oder der Quelle des Heinen Salaria
#31) Cellarin; Nott, Orb. Aut. I. p-186; 1, A. Cramer, Asa Minor.
1. p-90. *) W. Hamilton, Res, 1.c. I. pr 448.
. Das alte Amorium im Süden des Sangarius. 581
genäherter liegen. Schon Pococke hatte hier von einem Klofter
Herian ſprechen hören). Ueber bie fortdauernde einformige Ebene
und einige aneinanbergereihte Kiehügel fortziehenb, die als Schutt»
gerölle von dem füblicher ſich erhebenven Emir Dagh berfommen
mochten, die einft von größern winterlichen Bergwaſſern herabgerifien
und in bie vorliegende Fläche hinabgeſchwemmt zu fein ſchienen,
wurben bei bem wenig entfernten Hamza Hadſchi auch viele Grä«
berftätten mit Sand und Kies überfchüttet, dann das große Winter«
dorf Purnel erreicht, wo ber Häuptling der Turfomanen ven Rei
fenden im feinem gaftlichen Zelte bewirthete. Nur 1', Stunden
weiter gegen &.S.D. liegen bie Ruinen Hergan Kalch ober
Alfar Kidi ver Türken. Hier in der Nähe lag das Winterguare
tier der Turlomanen, wo einige Bauern mit Ausdreſchen des
Korns beihäftigt waren und nur ein paar Stück Vieh zwiſchen
Ruinen grafeten. In größter Einfamfeit und Eindde lagen hier
bie Ruinen einer weitläufigen Stadt am Zufammenftoß zweier Thür
ler, aus deren Mitte fid, ein-ifolirter Berg ven einer Viertelſtunde
Umfang erhob, mit Mauern umzogen, einft die Acropofe ver Stadt.
Bon einer großen Stabt erfannte man in ihrer Zerftörung nur noch
die Straßenlinien, Reſte von Thürmen und einzelne Bogen, unter
denen zumal ein noch aufrechtftehenber, wahrſcheinlich der Ueberreft
einer einftigen Kirche, durch bie eigenthümliche Ineinanberfügung 1*)
ber Quaderſteine eine befondere Aufmerkfamfeit erregte. Die mehr
len Ueberrefte der Stat ſah man an ber S.⸗ und S.W.-Seite
ber Acropolis. Auch Ueberrefte von andern Kirchen, Gräber
Rätten, im Felſen gehauen, waren bemerkbar; nicht ſowol althelles
niſchen Ueberreften ſchienen fie anzugehören, ſondern aus dem 4. und
5. Dahrhundert einer großen Marktſtadt der Byzantiner Zeit. Kein
entſcheidender Name ließ fi an ven Trümmern oder in einzelnen
unlesbaren Infhriften auffinden; eine Iateinifhe hat Hamilton
mitgetheilt (II. Nr. 155), aber Alles ftimmte dafür, daß hier die
Ruinen des alten berühnten Amorium, das bisher noch unentdeckt
geblieben, an dieſer Stelle aufgefunden feien, welche durch wiederholte
Ucherfälle ver Araber zur Zeit der Chalifen und fpätern Sarar
cenen zerftört und faft fpurlos untergegangen war.
Die höcfte Wahrſcheinlichleit der Ipentität ‚von Hergan
Kaleh mit Amorium im weſtlichen Galatia hat Hamilton
") R. Bocode, Beſchrelbung des Morgenlandes a. a. O. IL. ©. 124.
**) |. die Zeichnung bei Hamilton 0. a. D. I. S. 400. Rr. 13.
582 Alein⸗Aſien. 8. 183.
nad den Diſtanzen und Itinerarien nachgewieſendis), womit auch
Waddington nad Münzen übereinzuſtimmen ſcheint. Amorium
wird von Strabo (rd meg} “Auögıor, XII. 576)16) noch innerhalb
der Grenze Groß⸗Phrygiens gelegentlich angeführt, auch kei .
Ptolemäus Auögıov, in der Notit. eccles. als Amorii Episcopatus
an der Grenze von Galatia (6 roö Auwplov) genamit, und
in ter Tabul. Peut. Amurium geſchrieben, bie fie auf der Route
von Beffinus, Abroftola, Amurio nah Laodicea Eom-
bufta liegend angiebt, was mit ver Rooalität von Hergan Kaleh
gut übereinftimmt. Nach einer von Wahbington!?) mitgetheilten
Münze nahmen die Einwohner von Amorium dem Schwiegerſohn
und Freunde Kaifer Augufts, dem M. Vipſanius Agrippa zu Ehren
den Namen Bipfanier an, wie anbre Städte zu Ehren von Kei⸗
fern; wahrſcheinlich hatte der Felbherr Agrippa während feines
Aufenthalts in Kleinaſien ihnen eine beſondre Gunſt erwieſen, wo
gegen ſich die Stabt banfbar beweiſen wollte, von ber fonft mm
wenig befannt tft.
Erſt unter den Byzantinern erhält Amorium eine größer
Bedeutung, hat zwar ſchon frühzeitig Biſchöfe, da eim Ablarim
- Amorii Episcopus im Nicäifhen, und ein Myſterius besgleiden
beim Chalcedoniſchen Concil ſich beide als aus Galatia unterſchrieben.
Aber als Metropolis Novae Galatiae tritt Amorium erſt nach dem
6. Jahrhundert hervor ie). Vom Kaiſer Zeno dem HYanrier (reg.
474—491) fagt zwar Cedrenus, er habe Amorium gegründet, mas
jedoch mur fo viel als neuer ausgebaut heißen Tann. Der Ort fol
unter Kaifer Leo (reg. 457—A74) der Sig vieler jüdifcher Sec»
tirer29) gewefen fein (Albinganen genannt), vie viel Unruhen ver
anlaßten, unter Kaiſer Conftans II. (reg. 642—668) wiederholt
durch Ueberfälle öftlicher Völfer überfallen, aber von ben Br
jantinern wieber erobert worben fein.
Mit vem ruhmvollen Namen des Chalifen Harun al Ra—
ſchid (r. 786808), des Zeitgenoſſens Karls des Großen, tritt auch
der Name Amorium feitvem rühmlicer als zuvor in ben Kämpfen
mit den Orientalen hervor, deun biefer Chalif drang bis Ancyre
mit feinem Heere vor, und fol durch feine Feldherrn Almalit Ihe
>) W. Hamilton, Research, 1.c. I. p.A5t—455. '*) M, Leake, Ass
Minor. p. 86-87. ”) W. H. Waddingten in Rerae Numismat.
Ann. 1851. p. 157. *®) Carol. a Sct. Paulo, Geographia Sacra.
Amstelod. 1704. fol. 234. " 1") G. Cedrenus, Hist. 641. Bakkeri
Bonn. 1888, 1. p. 615, 625. IL, p. 69.
Das alte Ampzium alg Emporium. 38
Sach auch ſchen Amorium (im I. 798)20) in Schreden geſe
haban, vom wo auf er durch feine Geſaudtſchaft mit tem hetzten
feiner Elephanten und der Waffermühle ven großen Laiſca
ig Abendlande zu feinen Buntesgenoffen auffordern lieh, Yyigk
Raifer Theophilus (reg. 829—842) erreihte Amorium bey
hochſten Glauz; aber es traf fie aud) das größte Perderben. Pie
Stadt war unter ven Byzautinern zu bedeutender Größr vud sine
großen Emporium herangewachſen; ver Saifer, peſien Geſchlecht
dert heimifh und Amorium feine Baterftabt war, hatte fie durch
Borrechte gehoben und buch Palläfte und Bauten umgemeig bey
ſchonert. Er hatte durch feine firgreichen Felpzüge bis zum Kuphzat
und zumal durch feine Eroberung Sozopatra’$, per Vatexſtadt hieß
Ghalifen, und beren grauſame Zerſtörung den Chalifen Al My-
taffim zum Rachekrieg im Jahre 838 aufgereizt. Mit einem
furchtbaren Heere?i), 250,000 Dann fagt Cedrenus, ii
ig Cilicien einbringend, und in drei Abtheilungen, d
er jelbft befehligte, vor Amorium??) vüdenn, wurde
helagert. Auf dem Marſche bahin war Theophiluf
‚Heer, das ihm entgegen getreten ar, zurückgeworfen, ur
hatte kaum Porylaium zur Sammlung feiner zepftreu
i Eönnen, dag nur 3 Zagereifen jenfeit Aygriı
vie arabiſchen Hüffsheere über Cappadocien und Anchra
ven wo Umoripm nur nod 7 Tagemärſche für daſſell
lag. Der Chalif Hatte feinen Truppen gehoten, anf
den Namen Amorium zu fchreiben, weil vie Rache a
mals blühenden Kaiferftadt ihr Hauptziel fein ſollte. Die Frenghe
des Kaiſers, ſchon früher, als fie bei der Nachricht von des Chalifen
Rüfungen hie Gefahr für feine Vaterftapt ahneten, hatten ihm ge⸗
rathen, dem furchtbaren Schlage dadurch auszuweichen, baß er hie
Eimpohner von Amorium in einer anpern Colonie anfiebele,
und pen Barbaren nur bie leeren Häuſer überlaſſen möchte, pies
war ihm aber zu feig und nicht ehrenhaft erſchienen; er hatte hjel⸗
mehr die tüctigften Truppen unter ihrem. tapferfteu ig
Artiyg, dem Patricier bes Orjents, zur Vertheidigung auserfg]
die Stabt ſtark verfhanzt uud mit allen Vorräthen verforgt. (i
”) Weil, Geſchichte der Ghallfen. II. ©. 156. 21) Greggy. Abul
Pharag. Histor. Dynastier. ed. E. Pooocke. Ozon. 1663." p. 306.
22) Gpdreas, Hist. l.e. und Thagphil, Cantin. g.131. 733 Laciai
> ua Ihmalk
584 Klein⸗Aſien. 6.13.
Gefecht vor dem Heranrüden zur Stabt war für Theophilus
flegreich ausgefallen, aber nur durch feine Miethstruppen, 30,000
perſiſche Reiter, welche dem Lagerwalve ver Araber Widerſtand lei⸗
fteten und viele Moslimen nieverfäbelten, ver griechiſche Theil feiner
Armee war zurüdgewichen und feig in die Flucht geſchlagen, fo daß
nur ber einfallende Segen, der bie Bogenfehnen ver Feinde erfchlaffen
machte, fie noch rettete, ſonſt hätten vie Griechen alle und ber Kaifer
felbft dem Regen der feindlichen Pfeile erliegen müflen. Für Amo-
rinm war kein Erfag mehr möglich. Als fie in große Noth durch
die Uebermacht der Saracenen gerieth, ſchickte Theophilus feine
Gefandten und Gefchenke, um friebliche Bedingungen für die Erlb⸗
fung feiner Heimathftabt zu gewinnen. Aber voll Berachtung
ließ der Chalif die Gefandten in Feſſeln fchlagen, fie follten Zengen
der völligen Zerftörung von Amorium fein. Die Einwohnet
zeigten aber bie tapferfte Gegenwehr, und ſchon 50 Tage hindurch
waren viele Belagerungsmafdjinen zu ihrer Eroberung in Thätigteit,
täglich flogen dichte Wolfen von Pfeilgeſchoſſen aller Art auf ihre
Bewohner und Vertheiviger herab, als Aſtius mit feiner Beſatzung
ſich in einer Nacht durch die Feinde muthig durchzuſchlagen beabs
fihtigte, aber verrathen warb. Vielleicht ware das große Heer der
Saracenen dennoch genöthigt geweien, die Belagerung aufzuheben,
wenn ſich nicht ein Ueberläufer gefunven, ber ihnen ven fchwächften
Theil der Stabtinauer an einer Stelle nachgewieſen, die mit ben
Bildſäulen eines Löwen und eines Stiers geſchmückt war, ımb fo
durch Berrath die Stabt ind Verderben ſtürzte. Motaſſems Rade
Gelübde wurde durch Blutvergießen und Brand nur zu grauemoll
erfült; alle Befagung nievergehauen, alle Weiber und Kinder mit
ihnen, ober als Sclaven abgeführt; die große ſchöne Stabt in
einen Aſchenhaufen verwandelt. Die letzte Vertheidigung ber tapfer
ſten Ehriften Hatte in einer Kirche flattgefunden. Die Belagerung
hatte aud an 70,000 Mufelmänmern das Leben geloftet, 30,000
Chriſten follen in der Stabt nievergemeßelt und eben fo viele in
die Gefangenſchaft gerathen fein, von denen man Loſegelder zu ge
winnen hoffte, unter benen auch 42 der vornehmften Männer der
Stadt, die mit nah Bagdad im bie Refivenz geführt, in bie Kerler
geftedt und da auf Befehl des Chalifen nah 7 Jahren geföpft
wurden. So erzählt bie Legende von dieſen 42, vie ald Märtyrer
von Amorium fpäter in ber griechiſchen Kirche anerkannt wurden.
Die Unruhen, welche ver Chalif bei feiner Heimlehr am Euphrat
fand, follten den Friedensſchluß und bie Auswechelung der Gefan
Zerſtörung von Amorium. 588
genen verfpätet (von 224 bis 231 ber Heg.), d. i. vom Jahre 838
bis zum Jahre 845 gehindert haben. Bei der Auswechslung könnte
es wol gefchehen fein, hält Weil vafür9*), daß einige 40 ber an
gefehenften Chriften fehlten, die im Kerler umgelommen oder fonft
geftorben waren, woraus bie Legende der 42 Märtyrer entflehen
mochte. Doch find dieſe nicht zu verwechſeln mit ven viel frühern
XL Märtyrern Legionis XII. aus Galatia, denen ſchon Raifer Ju⸗
Rinian in feiner Reſidenz einen Tempel erbaut hatte (f. Procop.
de Aedif. I. 7. 12). Bon ber Art, wie ſolche gegenfeitige Aus-
wechelung der Gefangenen damals im Jahr 231 der Heg. am Fluß
Lamus bei der gleihnamigen Stadt (ſ. Ervf. XVII. 2. ©. 1818)
in der Nähe von Tarſus, wo wir ihrer ſchon vorübergehend erwähnt
haben, geſchah, giebt Abul Sarapfc}25) eine merkwürdige Nachricht,
ans ber man fi jenen Vorgang wol vergegenwärtigen könnte:
4460 Mufelmänner, 800 Weiber und Kinder und 100 Verbündete
wurden, fagt der hriftliche Annalift, gegen eben fo viele chriſtliche
Gefangene ausgewechſelt. Sie zogen mitten auf einer Brücke von
dem Schiffe ver Chriſten Mann für Mann an einander zum Lande
der Saracenen vorüber, umd im Augenblicke, va fie ihre gegenfeis
tigen Freunde erreichten, riefen bie fo befreiten Moslemen ihr
Allah, die Ehriften ihr freudiges Kyrie eleifon, „Herr er-
barme dich!“ ven Anfang der Meffe, ihren Glaubensgenoffen
entgegen.
Man darf mol‘ vorausfegen, daß vom den frei gemorbenen
Gefangenen viele wieber in ihre Heimath zurückgelehrt fein werben,
und Amorium allmählig wieder aus feiner Aſche erſtanden ſei,
wenn bie Stadt auch zu feiner glänzenden Rolle wie vormals ſich
zu erheben vermochte. Und wirklich giebt hiervon die Geſchichte
and) ihre Beweiſe?e). Dem im Jahre 1068, als Kaiſer Diogenes
Romanus wieder in Kriege mit der vorbringenden Macht der Seld⸗
ſchuken gerathen war, drangen wieberum arabifche Heere in Galatien
bis Amorium vor, und auch fpäter im Jahre 1110 giebt Anna
Eomnene?”) vom Felbzuge ihres Vaters Kaifer Alerius (XV. 470)
Nachricht, der über Nicãa an Armeno-Caftrum und Leuch (Lefteh
am Sangerins) vorüber in der Ebene von Dorylaium Heerſchau
hielt, dann eine Heeresabtheilung über Santabaris gegen Polybotus
"7 Bell, A d. Ehalifen a. a. D. ©. 316, Note. *9 Greg. Abul
Bist, Dya. 1. c. p-167—168, **) Mel, Gel. d. Chaos
lien daD, ap. &.111. v. Hamilton, Ren 1.9454;
M. Leske, Asia Minor. p. 88.
FRA Klein. Aſien. 6. 18.
Gulwadin) und Cedrea ſandte, bie audre nach Amo pium ſchidte,
das wieder in die Gewalt der Saracenen gekommen war, wo bie
Griechen bei einer Brüde Zompi (mol über ven Sangarius), bei
Amorium, einen Sieg davon trugen, und bann gegen Bhilomes
lium (das heutige At Schehr) nahe dem See der 40 Martyrn
(die alfo damals fon ihre Weihe erhalten hatten) ziehend, biefe
Stadt durch Sturm eroberten.
Diefe Nachrichten von Amorium hatten ſich bis am den Hof
des Rommanenfinigs in Unteritalien verbreitet, da Edriſi dort
Amuria eine große umb bei ven Chriften wie bei den Mufel-
wännern durch ihre Kriege berühmte Stabt in feine Geographie
einlrug, die unftreitig nach Ältern, von ihm erhaltenen Nachrichten
ein großes R) Emporium fei, von dem ex auch Karamanenrouten
in die Nachbarſchaft angiebt, aber doch über ihre Lage ſchlecht orien-
tirt ift, da er fie an einem großen Fluß liegen läßt, ber in den
Euphrat fließen foll, ein allerdings bedeutender Irtfum?), mem
er auch den freilich benachbarten Sangarius (dem er an einer
andern Stelle II. 392 Zaghrag nennt) barumter verftchen follte;
benn bie Meinung diefen in ven Euphrat fließen zu laſſen, fan
‚ Im nur aus feinen arabiſchen Sriegeberichten zugelommen fein,
bie alle von Euphrat zum Sangarius vorrüden und beifen obern
Lauf gegen ven Dften fließen fahen, woraus bei ber damaligen
großen Unfenntniß über Kleinaſien jener Irrthum leicht hervorgehen
Konnte. Was er Fluß Kobakeb bei Amurija nennt, Fönnte höde
ſtens nur ein ſildliches Nebenflüßchen nes Sangarius bezeichnen.
Eine ähnliche Verwechslung mag dem arabiſchen Geographen auch
begegnet fein, wenn ex die Grotte der Siebenſchläfer?) und
ihre Legende bei Ephefus nicht zugeben will, fonbern fie in bie
Gegend zwifhen Amurija und Nicäa auf einen Berg vom 1000
Ellen Höhe verlegt, und über ihr Inneres Nachricht giebt. Vielleicht
daß er bie Legende der 40 ober 42 Märtyrer am See, ber Anna
Commene, mit der durch Afien weitverbreiteten Legende ver Sieben-
ſchlaͤfer verwechſelte. Auch Abulfeda hatte wol nur durd Nude
Hänge von frühern Siegesnachrichten feiner Glaubensgenoſſen (er
hatte die Erftürmung Al Mutaffims in feiner Chron. II. 170 be
ſchrieben)?i) die Nachricht der Eriftenz von Amurija im feiner
»a) Eärisi, Geogr. b. Jaubert. II. p. 307. )y —E Asia
Migor..I. p:152. °°) Edrisi Hl. p, 209. EN Tabulae
Geogr. Tab. ANAL. ed. Beicke, in 1 Bitsinas Pr $. v. 1771.
S. 305; Reinaud, Abulf.
Ruine vom Peſſinus am Dindymon. 587
Geographie aufgenommen; ober fie mochte fid wieder zu einigem
Anfehen durch Turlomanen-Anſiedlung erhoben haben, bie dort ſich
hlreich niedergelaſſen hatten, an ber Duelle eines Fluſſes. Er
weiß wol, daß der Chalif Al Motaſſem fie erobert hatte, fagt aber,
noch ſchließe fie ein Eaftell in ihre Mauern ein, und ein großes
Gebäude ſiehe da, das man die Wohnung der Belkis, Gemahlin
Salomons, nenne. Und auch heute find Turfomanen bie zahle
zeichen Bewohner ber veröbeten Stätte bei Hergan Kaleh ober
Aſſar kjdi, ber antifen Amorium, wie wir durch Hamilton
erfahren, ver von hier feinen Weg aus dem Gebiete des Sangarind
ſudwaͤrts über ven letzten Ort veflelben, Bejab?), nah Afium
Rara Hiffar (Synnada) fortfegte.
Erläuterung 3.
Die Ruine von Peſſinus zu Baal Hiffer, nah Ch. Teriers
Entvedung am Dinbymon. Der Tempel ver Magna Mater
Deorum, Kybele; die Vergmutter und ihr Cultus.
NR. Bocode hatte zuerft in Siwrihiffer den Ort Bala
Hiffar nennen hören, mo es Ruinen geben follte, von benen man
einige in das Eaftell von jener mobernen Stabt verſchleppt hatte,
aber weder er, noch andere vor ihm Hatten biefen Trümmerort bes
fucht. Woher Wernsporf?) feine Nachricht genommen hat, daß
der Ort vor 100 Yahren unter dem Namen Peſſin oder Boffene
belannt war, ift uns unbelannt geblieben. Ch. Terier ift ver
ee, der die Ruinen von Beffinus wieder auffand, die nach ihm
BD. Hamilton beſucht hat. Terier hat den Plan der alten
u topographiſch aufgenommen und ihre Ueberrefte genauer
—*
Ch. Texier?) mußte länger nach ihren Ruinen ſuchen, che
er fie auffand; denn alle umgebenven antifen Orte waren gleich
unbelannt geblieben, und feit ben erften chriſtlichen Jahrhunderten
war alle Kunde von dem einft fo berühmten Site ber Magna
Mater Deum, wie fie Livins nennt (XXXVMI. 18), ver-
”) Tit, Livlos XKXVIIL. c.15. 9 G. Wornsdorf, de Bopublica Ge-
Iataram. Norimb. 1743. 4. p. 231. **) Ch. Texier, Deseript. de
Fäsie_Nineure, Fol, T.I. p 164-170. Planche LXI. Grundrig
. vos
588 Klein⸗Aſien. 6. 13.
ſchwunden; denn ihr Einfluß mußte in die dunkle Nacht zurückweichen
als das Licht des Evangeliums ſich in Kleinaſien ausbreitete. Reis
fente der legten Jahrhunderte fuchten die Reſte von Peſſinus in
der Nähe des Sangarius, defien oberer Lauf aber völlig unbelaunt
geblieben. Wie Kinneir in Seid el Ghazi ımb Siwrihiffar,
fo ſuchte au Terier die alte Tempelftabt am biefen beiden Loca⸗
litãten, ohne fie zu finden. Strabo hatte die Lage ver Stadt be⸗
ſchrieben (Strabo XU. 567), von ber er fagte, daß ber Berg
Dindymos fi über der Stabt erhebe, und beshalb konnte man
Siwrihiffar am Norbfuße des Dindymus dafür halten; aber a
hatte auch hinzugefügt, daß der Fluß Sangarius benachbart
(aAnolor) daran vorüberfliehe. Dies ſtimmte nicht mit ber Lage
von Siwrihifler, denn diefer Fluß zieht im Hauptarme, ven man
zuvor nur allein Tannte, noch eine gute QTagereife (20 Meilen nah
Terier) fern im Norven vorüber; der allerdings bei Peſſinus
ganz nahe ſüdlichſte Arm, der noch 5 bis 6 Stunden fühwärts
Siwrihiffer fliegt, war aber völlig unbekannt geblieben. Alle an
dern Verſuche, den Angaben ber Stinerarien zu folgen, führten zu
keinem Refultat, und die Lage des Sangarius war auch ſchwierig
zu ermitteln, weil die bortigen Bewohner venfelben Namen Sakaria
den verſchiedenſten Heinen Zuflüffen der Gegend zum noch une
lannten Hauptftrome, wie Terier erfahren mußte, beilegten. Siwri⸗
biffar, von dem hohen Dindymon aus Granit oder Syenit üher-
ragt und mit einem mobernen Caftell gekrönt, zeigte feine anulen
Grundmauern von Marmorbanten; was fid) in einzelnen Blöden
von Grabſteinen ober Quadern, die zu einem Babe verwendet, ver⸗
fand, follte aus den Steinbrüden®s) vom Süden, von Balc
Hiffer, d.i. der obern Stadt, herbeigeführt fein. Diefe mußten
alfo aufgefucht werben.
Diefes Dorf wurde im S.D. ver Stabt nad} ein paar guten
Stunden erreicht; es liegt auf einem kreideartigen Kaltftein, ber fih
unter der Oberfläche des ganzen Thalbovens hinzieht, und nur an
verfchievenen Stellen von bunfeln Trachytdämmen durchbrochen wird.
Alles Lanv weit und breit umher war unangebaut, aber von vielen
Bachrinmen durchzogen, die jegt troden Iagen. Der große Umfang.
der Ruinen, bie man plöglic) von dem Vorſprunge der Plateauhöhe,
der in die Thalebene ausläuft, erbliden konnte, fette in Erſtaunen
Bom nadten Dindymosberge war es ein auslaufender Ber
#2) Ch, Texier, la Galatie, in Rerue de deux Mondes. Akt 1844: p 13.
Die Artopolis von Peffinus. . 589
räden, ver fi in eine Wuſte voll Trümmer ausbreitete. Der
Boden blenbend weiß vom, zurüdprallenden Sonnenftrahl war nur
von wenigen elenden Hütten zwiſchen ihm befegt, und von ein paar
Menſchen in zerlumpten Kleidern bewohnt, welche zwiſchen ben
Trümmern in ber weiten Einfamfeit hie und ba ſich zeigten, wo
einſt fo viele Taufende in ſtolzem Prunfe und Feftgepränge heimiſch
geweien, und zahlreiche Pilgerſchaaren zugeſtrömt waren. Weitläu
ge Lager von gerumbeten ober geglätteten Kreidelieſeln zeigten, daß
hier die Winterftröme zur tiefern Einſenkung bes noch anderthalb
Stunden fernen Sangarius manche Berheerung anrichten konnten.
Bom Wet her kommend fteht man auf einem gleich hohen Boden
mit der Acropole ber alten Stabt, von ber noch bedeutende Ueber⸗
reſte vorhanden, colofjale ganz weiße Marmorguadern von ber
größten Schönheit und Pracht, denn alle Mauerwände find noch
glatt und polirt. Leider werden fie mur als bequeme Steinbrüche
für die umliegenden türkiſchen Ortſchaften und Dörfer benutzt; eine
Plünderung, die allerbings, feit anderthalbtaufend Jahren fort ⸗
geſetzt, vieles zerftören und unfenntlich machen mußte.
Die große Einfamkeit umd Unficherheit des Ortes nöthigte zu
einer nur eiligen und flüchtigen Aufnahme; die Triangulation wurde
von der Acropolis, bie das Ganze überſchauen ließ, zu Stande
gebracht. Der weitläufige einftige Umfang ver Stabtmauern zeigte
fih nur noch mit Hausreften befegt. Im einer vieredigen Ruine
im Innern der Stabt Iagen noch viele Säulen. Ein Weg führte
bon der weſtlichen Acropolis gegen Often hinab zur Stabt, an einer
turliſchen Gräberftätte vorüber, bie ganz mit Leidhenfteinen aus
griechifchen Marmorftüden bededt war. Der oftwärts fi hinab⸗
ſenlende Weg führte zu der großen Tempelruine ver Mnrde
rür Hear bei Polyb.>%), ver Magna Mater Deorum, ober ber
"großen Erdenmutter⸗, ber Idäiſchen Mutter von Pef-
finunt (Mater Idaea a Pessinunte bei Livius), deren Priefter,
die Galli, welche durch ihre Mugen Oberpriefter (fie hießen
damals, wie Polybins berichtet, Attis und Batt acus) dem Conſul
En. Manlius mit Chorgefang entgegen geſchickt wurben, ihm ven
Beiftand der Göttin zum Siege vorher zu verkünden, was ihnen
ſelbſt nur zum Gewinn gereichen Konnte.
Schon ber gewaltige Haufen von Marmorſtücken beweift noch
heute vie ehemalige Größe des Tempelgebäubes, denn nur weniges
*) Polybius, Histor. XXII. 20.
880 Klein-Afen. 6.13.
iſt aufrecht ſtehend erkennbar geblieben. Mit feinen Temenes,
d. i. ber heiligen Ummanerung feiner weiten Borhöfe, erhebt ex ſich
auf dem fürlichften Vorfprunge des Dindymos, und zeigt neh
vie Terraffe feines pradtvollen Unterbanes von weißen Max-
morquabern gegen bie Seite des Sangariusthales hin, ber zum
Theil noch ſtehen geblieben. In vem innern Tempelraume, der
Cella, liegen Maſſen ver Portifen und Säulen, darunter viele can.
nelirte, bie noch Schäge von Sculpturen umter ihren übereinander
geftürzten Marmorhaufen verbergen. Was erlennbar blieb, zeigt,
daß Alles im Prachtbauftyle der attaliſchen Könige gu
Pergamus errichtet war, bie diefen Tempel errichteten, als fein
Cultus noch im höchſten Schwunge war. Die Eapitäle ber
Säulen find faft alle weggeſchleppt, weil fie fi für bie Türken
vorzüglich dazu eigneten, fie in Mörfer zum Stampfen des Korms
umzugeftalten. Turkiſche Steinhauer waren and jegt hier beſchäf -
tigt, die Marmore mit Reilen zu zerfpalten, bie zu Grabſteinen
dienen follten, wele man auf Kameelen nad Siwrihiffer verlaben
wollte. Seit einem Yahrtaufend fortgehenver Zerftörung dieſer Axt
lonnte vieles vernichtet werben, wenn auch keine ploͤtzliche Zerftörung
der Prachtgebãude durch Barbaregüberfälle eintrat, worüber kein
biftorifches Zeugniß befaunt ift; eben fo wenig vom biefem Tempel
ver phryg iſchen Magna Mater, wie von dem bes galatijgen
Zeus zu Tavium (j. oben ©. 380). Mit der Erbauung bes
Augufteums unb der Erhebung von Anchra, Tavinm mb
Peffinus zu Sebaften oder Kaiferftäbten wurde zwar ber
finfende Glanz diefer Capitale erneuert, und einige Beit and ber
Eultus ihrer alten Götter durch die Spenden ber Herrſcher wie ber
Nero, Trajane, Antonine geſchützt, aber allmählig mußten doch
bie Heidenzeit und ihre Tempel in ſich felbft verfallen, wenn ſchou
ein Raifer Julian ſich einbilvete, durch feine Machtgebote, Verfol⸗
gung, Verachtung der Chriſten und Unterſtützung des Tempels
zu Peſſinus (j. ſ. Epistola ad Arsacium Pontificem Galatiae,
auch Sozomen. V. 15)%7) fie aufrecht zu erhalten. Doch aud bier
teug, wie fi) an ben vielen Löchern (mo früher Klammern von Eiſen
und Blei die Quadern zufanmenhielten) zeigt, die Habſucht meh
den Metallen das Ihrige an ber Zerflörung ber Bauwerke bei, mb
die ſchon zurechtgehauenen Marmorguabern waren zur Benntzung
* Juliani Imperatoris Opp. ed. P. Martino Morentino, Paris 1583.
9323. .
Die Tempetrefte zu Peſſinus. 54
begtiemer al Bruchſteine, die aus den Steinbräcen hätten gewon⸗
Net werben müffen. Wo aber die Marmorbrüce Ingen, ans.
denen biefe Tempelpracht erbaut werben konnte, ift noch unbefannt
geblieben; vom ſchönſten Weiß, war dieſer Stein zur Architectur
vrrtrefflich, zur Sculptur aber weniger brauchbar, meil er ſich ab⸗
ſchuppt und im Bruce ungleich if. Doch hat ſich aus ver Zeit
veb phrygiſchen Tempelcnltus ein fchönes Grabrelief mit Blumen ⸗
gewinden auf dem Sarcophag bes Sagarius erhalten, das von
Zerier PL LI. abgebifvet ift; fonft find hier, gegen andre Temptl- -
reſte, mur wenige Sculpturen bemerkt worden. Bon den Tempel
matiern ſelbſt ift kaum eine Spur geblieben; aber vie flachen, ap⸗
planirt erſcheinenden Wege zeigen wol die Straßenlinien mb
Gafſen der antilen Stadt an, von ber in ver Umgebung bes
Daupttempels innerhalb feines großen Temenos noch viele andre
große Baureſte fih verfolgen laſſen. So liegen am Weftabhange
der Berghöhe die Trümmer eines großen Theaters mit feinen
no vorhandenen Stufen, fo wie ein Hippobrom. Noch weiter
weſtwaͤrts Tiegt ein Tempelreft, der mol einft dem Aesculap,
Hit Norden ein anderer Tempel, ver ben attalifhen Königen
geweiht fein konnte, bie große Verbienfte um ven Prachtbau dot .
Veſſtuns Hatten. Im Oſten des Dörfhens und im SD. des
Hanpttempels führte ein Fanger Porticus mit feinen Saͤulenreihen
zur einftigen Agora, und rund umher um biefe geheiligten Tem- -
pelränme liegen bie Triimmer der einft weitläufigen Stabt. Eine
grane Marmortafel Hatte den etwas verftümmelten Namen
TIEOOINOYNTIRN erhalten. Obwol in, faft. allen Meinaflotie
fen antiten Stäbterninen fih auch Spuren fpäterer chriſtlicher
Anfledlungen und Anbauten zeigen, fo ift e8 merhwilrbig, obwol.
Beffinus in Hlierocl. Synecd. p. 697 ed. Wessel. eine Metropohs
heißt, daß fie hier gänzlich fehlen, ver Eultus der Magna Dea
Mater mit ihrem einftigen fo berühmten Wallfahrtsorte alfo mol
in fich ſelbſt verſank, fo daß der bauluſtige Kaifer Juſtinianus
es nicht einmal der Mühe werth fand, an ver Stelle dieſer Lügen-
utter, wie doch an fo vielen andern Stellen antiker Tempelorte
durch DaB ganze Reich auch bier der triumphirenden Kirche eiten
Tempel, ein Kenodochium oder ein Convent zu errichten. Doch eben
To find zu gleijer Zeit andy die beiden Oräuelorte Comana's, die
Tempelculte zu Ephefus, Magneſia, Aezani, Perga und andere ju
ihr Nichts verſchollen.
Rur ein uralter Wahn und fpäter geheiligter Glaube der frü⸗
592 Kleinen. $. 18.
heſten einheimifchen Bevölkerung an dieſe peffinuntifhe Berg-
mutter, an ihre Macht und ihre Wohlthaten, deren weitverbreiteter
Eultus und Priefterdienft einer großartigen Wilbheit der Bere-
kyn thier ver Vorzeit durch einen großen Theil von Meinafien vom
Ion an duich ganz Phrygien bis zum Halys (Strabo X. 469)
angehörte, konnte mit dem Verlauf vieler Jahrhunderte zu einer fo
exhabenen prieferlichen Würbe heranreifen, bafı felbft die gebilbeifien
Bölfer der damaligen Zeit, wie die Römer, durch ihr ausgebilvetes
hierarchiſches Priefterwefen und bie damit verfchmolzenen politifchen
Soeen ſich berüden liegen, fie zu ſtaatsmänniſchen Einrichtungen
ihrer eigenen Republit zu verwenden, wodurch der Glanz von Peſ⸗
finus erft feine höchſte Stufe erreichte.
Aus einer früheften Naturverehrung ber Walbgebirge und ihrer
hohen Berggipfel, die ihren älteften Anwohnern bei vielen, auch dem
weftafiatifhen Völkern eigenthümlih war, weil fie ihnen Schutz
und Segen ober Drohungen und Gefahr durch ihre großen Natur
gewalten und wechſelnden Naturereignifie barboten, ſtammen vie ur«
ſprünglichen Namen diefer alten phrygiſchen Bergmutter (Ma), bie
von den verfchievenften Berggipfeln fih in ihrem Xempelvienfle
erhalten haben, wo fie Arövunn vom Berge Dindymon am der
" Quelle des Hermos®), over Iloowovrria von Pelfinus am
Dindymos des Sangarins, oder IınvAzyn vom Berge Sipylus
am Mäander, over Begexurdia einem Berge am Sangarius, ober
Idalo vom Berge Ida, wo fie eben fo einheimifch war, ober
Kußöm, was in phrygiſcher und lydiſcher Sprache auch mn Marie
Zoelo, d. i. bie Bergmutter, hieß, ihre Benennungen hatte. Zu
wilven Geftüft der Selfen und in Verghöflen unter büftern Fich-
ten, bem ihr beſonders geheiligten Baum, wie in ven hochragenben
Eichen, in melde die Gewitter einſchlagen, die Donner wieberhallen,
und im Gefolge von Pardeln, folgen Löwen und anbern wilden
Thieren begleitet, war fie heimiſch und gehörte zum geheimnißvollen
Urfprunge ver Dinge der telluriſchen Productionskraft als Gebä-
rerin der Dinge überhaupt, und ifr Cultus (Eybele und Attie)
mit Winter- und Frühlingswechſel, duch das Verſchwinden ber
Attis und Wieberfinden erzeugender Kraft in Weiten gefeiert.
Im jener frübeften Zeit, als ned, die Göttin am phrugifcen Berge
Kißehe ihre heilige Fichte in ihre Felsgrotie trug, und anbre
*%) &r. Greuger, Symbolif und Mythol. 3. Aufl. TH. I. 6. 364-372,
l * Breiter, Griechiſche Mythologie. 1854. L 6.402412.
Die Tempekeofe zu Pelfinus, 508
Höhlen ihre heimlichen Sitze waren, aus benen mauches wunderbare
Wort wie ein ſibhlliniſches Oralel fir die Umwohnenden hervortinen
mochte, war der Hauptſitz ihrer Verehrung?) im phrygiſchen
Dberlande am Sangarius in ber Gegend von Pelfinus umd
dem weitverbreiteten Gebirge Alvöuno», deſſen äußerſtes WeR- und
Oſtende biefen Namen noch bis in ſpätere Zeiten beibehielten, un "
daher der allgemeinfte Cultusname ver Göttin Dindymene. Der
felfige Scheitel dieſes Gebirges, Agdos, gab erft Beranlaffung zu
dem fpeciellen Namen ver Agditis over Agdiſtis, an ben ſich
ſehr viele dort eigenthümlicye Sagen und Legenven anreihen. Auf
vemnfelben Berge war, vie ältefte heilige Höhle ver Ervenmutter, raͤ
KoßeAu genannt, daher ihr weityerbreiteter Name Kußlan, Cy-
bele, und daſelbſt ein Stein, ver als ihr älteftes Bild galt, das
fpiter nach Rom kam und von Urnobius®), ver es daſelbſt ſah,
wie ein Meteorftein beichrieben wurde, an dem manches Gigen-
tgämfiche, aber kein eigentliches Bildwert zu finden war, deun man
tonnte ihn, in Silber gefaßt und dem Munde einer Statue der Roma
eingefügt, auf dem Capitol fehen.
Bon ver Zeit, als unter den altphrugifhen Königen
Gordias und Midas (wol im 7. und 8. Jahrhundert v. Chr.),
deren Gebädtniß nad) bes Mythologen Ausbrud, dem wir hier vor⸗
zuglich folgen, von ver Religion der Kybele gang durchwachſen iſt,
am Sangarins eine neue Macht umd ein neues Leben erwachte;
datirt auch die Grundung eines Heiligthums zu Peffinus, bie
aber einer nur mythiſchen Zeit angehört, in welcher das Königthum -
und das alte Prieftertjum in jenen centralafiatifchen Stanten noch
kam zu unteefeheiben ift%1). Von beiden, wie Vater und Sohn im
den Traditi onen vorkommend, fagt dieſe, ſei Gordias ber erſte
König und Pfleger des Landes, auch der Gründer von Gordinm
mit der alten Königsburg und dem dortigen Symbole ber Künigee
würde geweien; Midas aber habe für den Sohn ver großen
Mutter und des Gordias gegolten. Midas jei bes Gordias
Nachfolger, und wie Diodor Sicul. (UL. 57 und 58) fagt, aud
Stifter des Heiligtjums zu Pelfinus gewejen. Dadurch und weil
er mit den Wallfahrten auch Meſſen und ve Iuftitutionen dama⸗
* Zain zn ©. —F 9— 55 n 1; VII. 19; Note bei
er 6, It. Schlofler, der alt
1826. &.L 1. ©. a Note. na der auen De,
Bitter utan· xvm. Br
594 Klein⸗ Aſten 4. 13.
iger Prieterherrfchaft gemäß auf) den Gang des großen henden
derkehrs durch ganz Vorderaſien in genaue Berbindang gebracht,
habe er dem Lande Macht, Reichthum umd Ruhm geſchaffen. Diefer
Cultus verbreitete ſich aud) durch ganz ydien über Sardes nah
van Sipylod, Magnefia, Troja, von wo einft ein Pallabium vurh
die Toner zu den europäifchen Griechen, mac Athen das Me
1000» kam. Pindar, der große und fromme Dichter, fehle
ihr in Folge eines gefallenen Meteorfteins zu Theb& vor feinem
Haufe einen Alter, woraus fi allerdings wol ſchließen liche, deh
in dieſem Cultus zu feiner Zeit auch wol einft Line befonbre Kraft
med Vedeutung habe liegen müſſen. So ging der Ruhm des Got
tesbildes auch im die Giöylinifcen Bucher des wömifhen Ste
tes über.
&s ſcheint feinesiwegs unwahrſcheinlich, baf; die fpätechin darch
emmologifäe Grübler herdorgehobene Erklärung des Drtaheifigthumnd
(Ikomeös ünd veü neoeiv, vom allen) ſchon eme ſchr fräf
geitige, vom griechiſchen Boltswig ausgegaugene Deutung fü,
weldje die einheimifche vöhng verbrängt habe. Den fihen in
ven Sibylliniſchen Büchern zu Rom war das Bil der
Magna Mater als ein vom Himmel gefallener Mete orſtein
anerlaunt, weshalb auch Ammian. Marcel, XXIL. 9 dieſe Eiyae
Ingie aufführte (Deae ooelitus lepso), bie wenigftens eben fo gut
wie bie Benennung von einem Erbauer Beiftimes ſich Geltung ver
ſchaffen Konnte. Auch Livius fegt ja das Nol zu Peſſums in
ffenbare Verbindung mit den beingftigenden Wundern bes Ste
wgens, WS Italien im zweiten pauiſchen Kriege buch Hannibal
wu vielfache antze Gefahren geängftigt war (im 3. 206 d. Chr. G.
# Livias Hist. XXIX. 10), und die Decemvira fid Raths is
von Sibylliniſchen Büchern fuchten, weil in diefem Jahre fe
viele Steinregen gefallen waren (Civitatem eo tempere
repens religio inraserat invento Oarmine in Libris Sibyllinis
propter crebrius eo anno de coelo lapidatum inspectis ete.)
fanden fie darin den Spruch: mwerm ein answärtiger Feind ven
Krieg in alien führe, fo folle men, um ihn aus Italien zu ver
tweiben umd zu befiegen, die Inäifhe Muster von Beffinus
(sacrum lapidem) nad Rom bringen“. Und diefe Hühere Bei
fung wurde ausgeführt. Rom hatte nod feinen Berbünbeien,
fogt Livius, in Afien, hoffte aber auf die Foeumpihaft Könige
Üttalus I. in Pergamus gegen ven gemeisfamen Feind Philip«
r > Der Eultus der Goetin von Peſſinus. 508
pus, aud wit beffen Beiſtand, ber die römiſchen Gefanbten ſelbſt
aa Bhrygien geleitete, gelang es ihnen, dem heiligen Stein,
ven die Eingebornen für (das Bild ver) die Mutter der
Gätter hielten, nach Rom zu überbringen (Rex Attalus. ,.-
legates oomiter aceeptos Pessinuntem in Phrygiam dedusit:
seerumgue iis lapidem, quem Matrem Dem incolas esse diee-
bant, tradidit ac deportare Bomam jussit; Livius KKIX. 11),
Attalus hatte ſchon einige Yahre vorher (im 9.239 v. Ehr.)
wie Öalatier, welche bie Herren von Peſſinus geweien waren,
Iefiegt, fein Einfluß auf das Tempelheiligthum war daher fo ber
deutend, daß man ſich Den heiligen Stein, wie es ſcheint, ohne Wi⸗
derfpruch entführen lieh. Da ber Tempelbau zwar (nach Diober.
Sicul. IL 58) fen won Midas herrlich ausgeführt fein ſollte,
and der Beurtheilung Teriers des Urchitecten aber dem Styl
ber pergamenifgen Bauten entfpricht, fo ſcheint bie Aus⸗
Auge bei Strabo (XIL 567) wol beftätigt, daß die attalifchen Könige,
ynächft Attalus I, den Prachttempel zu Peſſinus mit Porticus
ab Sanlenhallen ans ganz weißen (Marmor) Steinen auf das
derrlichſte aufgebaut habe; verfelbe 2änig, der durch feine Liebe zu
den Künften und Wiſſenſchaften, zumal au durch feine fonftigen
Wachtbauten belannt genng ifl. Sellie er bie Bollameinung
bes Peſſinunter fin eime ſolche Entführung ihres loſtbarſten, wenn
ſqhon alteäterifchen Gägenbildes nur etwa dadurch haben beſchwich⸗
tigen lannen, daß er ihnen für ihren elten, gewiß ſchon obſoleten
Ban (ſollte ihn Varra de Ling, lat. 5,3 etwa mit dem Namen
Murus Megalesius Pessinwmti bezeichnet haben?) bie Huf.
richtung eines Vrachttenpels verſprochen bitte? Dieb wäre wenig
ſten ei gebherer Vewegungegrund geroefen, das Heiligthum fort
Shen zu laſſen, als ver won Herodian angegebene, es ſei ben
Yelftsumtern die Trennung davou leicht geweſen, weil ja die Mömer
durch Aeneas ihre Bluisverwanbte ſeien.
Die feierliche Anfnahme des Heiligthums in Rom, wo der
»gerechtefte Mann der Republik» nach bem Anspruch bes
Oratkels zu Delphi, das Bildniß in Empfang zu nehmen hatte (es
wer P. Cornelius Beipio Afrianys), umufte ven Pefſinuntern deſſen
Werth. noch doppelt erhöhen, aber auch ven Ruhm ihres neuen
Tempels. Der altväterifhe Glaube an jenes Bild Tonnte bei ihnen
auch ſchon durch andre Umftänhe abgeſchwächt fein, dam am fi
war es ja ganz ohme Bedeutung. Pie fortgefdwittene Bildnerei
' 972
6 tee 1: 7 8. 18.
lonnte fie dam leicht durch ein Armftreicheres Bild tröſten für ihxen
Verluſt. Dem es war ja nur ein kahler Stein, dem mır ber
Wahn etwas höheres abgewinnen konnte; denn er wurde eben fe
von Herobian, bem getrenen Verehrer feines frommgläubigen hei
niſchen Kaifers M. Aurel. Antoninus, mit Wahrheit wie von
dem chriſtlichen Gegner Arnobius unverlennbar als Meteorfein
befcgrieben®2). Bei Arnobius: „Lapis quidem non magams,
„ferri manu hominis sine ulla impressione qui posset, coloris
„furvi atque atri, angellis prominentibus inaequalis: et quem
„omnes hodie ipso illo videmus in signo (scil. Matris Magnse)
„oris loco positum, indolstum et asperum, et simulacro faciem
„minus expressam simulatione praebentem”. Und bei Her
dianıs I. e. 11: „Ipsum simulacrum, dıoner&s, coelitus demis-
„sum negue qua sit materia, nec a quo fabricatum artifice satis
„constat; neque plane manibus hominum creditur factum. Hoc
„igitur olim decidisse ooelitus ferunt in quendsm Phrygise
„agrum, cui nomen Pessinunti, a casu ejus simulacri factum
„putant: ubi enim primum comparuisse ete.”. Auch Pruben-
tius beflätigt es, daß ber Stein (nigellus lepis) in Silber gefot
dem Munde ber weiblichen Statue eingefügt war; das Feſt be
‚Translation ®) dieſes Heiligthums, des Baetylus, nach Rom wurde
alljahrlich in der Gapitale gefeiert. Derfelbe Baetylus wurde vom
Heliogabalus mit dem heiligen Feuer ver Befta zur Zeit ver
Ballavien in ven von ihm erbauten Sonmentempel übertragen.
Daß die Briefter zu Beffinus wie in andern ähnlichen Tem
pelftaaten, mit ben Oberprieftern (Pontifices) an ihrer Spite, in
faft königlichem Anfehen und Würben (Strabo XI. 559 nennt fie
reguli) ftanden, große Reichthümer aufgehäuft hatten, und bie Tem
pelbiener unter dem Namen ver Gallen (T4Aoı, nach Thomas
Magifter ein bithyniſches Wort, oder evirati, Entmannte, nah
Herodian 1. c.), oft in fanatifcher Wuth zu Ehren ver Göttin fih
felbft Verftüämmelnde, ihre Orgien feierten und ihre fanatijcen
wahrfagenden Chöre fangen (Livis XXXVII. 18: vaticinantes
‚fanstico carmine), ift bekanut, und erinnert am bie damaligen Bis
heute im Driente fortdauernden, oft feltfamen eben fo ausſchwei⸗
" #7) Arnobii Afri adrersus Gentes ed. J. Maire. Lugd. Bat. 1651. 4. Libr.
VII. fol. 259. **) Pausanias, Achaica cap, XVII; Aelli Lampridü
Antonin. Heliogabalai. cap. 3.
2 Die Gohher-in-SMleinafien, 597
fenden Orgien. So bei ben Tobtenfeften Ali's und ‚Hnffeins,
mie bei benen des Attis in Rom, am Tage bes „Arbor intr:
d. i. der Selbftverftüämmelung*), unb dem „Dies saneninia“
wo Blutvergiegen nothwendig war. Es erinnert an die n
bei Moslemen fortbeftehenven wilden Horben der Derwi
deren Convente bei ihren fanatiſchen Feſtfeiern, bie nicht |
jene in größtem Unfinn, ja in Selbftverftümmelungen und
tung von Menſchenleben umd blindeſte Wuth ausarten.
war das Hierodulenwefen ebenfalls verbunden, wie in Com⸗
tica und Cappadocia. Ueber die hiſtoriſchen Beziehung
verſchiedenen Eulte |. Dunkers lehrreiche Korfhungen*).
Anmerkung.
Die Gallier in Kleinaſien. Galater. Galatia. Gallogräei.
Shre Einwanderung und ihre Einrichtungen. Des Conful
En. Ranlins Ueberfall in Galatia im 9. 189 v. Chr. ©.
Die keltiſchen ober galliſchen Stämme, welche, mach ber. grie
qijchen Sprachform Galatae (Taldrar)*‘) genannt, auch Galatin
(Nelaria und Galatogräcia) den Namen gaben, haben anf bie Geſchicke
von Alein · Aſten, feine Länber-, Bölker- und Gtaaten-Berhältnifie einen
fo großen Einfluß ausgeübt, wie bie® aus obigen Iocafen. Angaben Hin-
reichend hervorgeht, baß hier das außerordentliche Erſcheinen von weſt ⸗
Iıhen Böltern anf orientaliſchen Gebieten umb ihr Einfluß auf biefelben,
" wenigftene im jo weit bie Localverhältniſſe dadurch auf eine haracteri»
Rilge Weife berührt und umgeſtaltet wurben, ſchon der Berſtändlichkeit
ber damit zufammenhängenben örtlichen Vorkommniſſe wegen, in einer
Anmertung zu berühren fein wird, Schon daß ihr täufchenber,
aber ehrenvollerer Name in Gallogräci bei ben Römern (f. Livius
XEXVIL. cap. 45) in fpätern Zeiten überging und endlich gänzlich ver-
Ihrsanb, ohne daß von ihrer Vernichtung irgenb eine Spur vorhanden,
beweilet, baß fie nad; und nad} ſich ber einheimiſch vorherrſchend werben.
den Vöfterfchaft und ihren Sitten allmäplig anfclofien. Und biefe
Afmilation ging aud nachher mit Römern und Byzantinern wor
Rh, wie mit Annahme des Chriſtenthume wie bes Koran umnb ber
*) Breller, Mythologie a. a. D. S. 400. ) M. Dunfer, Geſch.
dee Mlerifums. 2. Aufl. Berlin 1855. I. Die Völker Kleinafiene,
6. 229263. 2. Dieffendad, Genen 11. Gtuttg. 1840.
©. 243—254.
5 Aein⸗Afien. 8. 18.
Bermuſchuug mit turkiſchen Stämmen, fo daß wir in ben ſpaters
Sahrhunderten außer Stande find zu beurtheilen, wieviel ber Elemente
von ben Nachlömmlingen ober ihren Spuren jener anfänglich fo zahlxeid
und mächtig geworbenen Anfieblungen noch hente in ber Gegenwart fih
als einheimifche Bevölferung ober in Gebräuden vorfinden möchten, be
dieſes Berhältnig noch durch feinen längern Aufenthalt in jenem gas
latiſchen Landergebiete Gegenflanb der Beobachtung und Erforfhung hat
werben Binnen *7).
Zu einer Zeit, al6 nach dem Beſitzthumm Mein-Üfiens unter Bein
umb Wiegander IR. dieſes Land in bie Eewalt ber ſyriſchen Könige ge
tommen war, welche aber fortwährend auch mit ben ptelemäifchen Keri
gen in Aegypten über ben Befig MeinMflens in Fehde finden, unb
zumal mit vielen Meinen Dynaſten und Herrſchaften zu ihrer Unter»
jochung in Klein · Aſien zu thun hatten, das in unzählige freie Gtäbte,
in Tempelſtaaten mit Prieſterherrſchaft, Tyraunien und mehr ober we⸗
niger herangewachſenen Fürftenherrfchaften getpeilt war, bie auch hänfg
unter fi im Fehde Randen, ergoß fi eim fehr zahlreicher Schwarm
wanbernber Keltenhorben von ber untern Dowan über Tpracks
Iommenb Bis an bie Wepküfte Klein-Afiene Aus Mangel au Banb der
ans Sucht nad) Beute, fagt Livius (Hist. XXXVIIN. 16), brangen fie,
ven ihrem KHeerführer Brenans, ber Delphi geplündert Hatte, fih
trenmenb, bie Thratien und an den Delleſpont unter ihren Wnfährent
ober Herzögen Leonsrius uud Lutarius wor, bie Orte, bie fie durchzegen
braudſchatzend sber plünbernd. Die ſchmale Meerruge and das fchäme
gegemüberkiegenbe Sand locte fie zur Ueberſahrt; ein paar Eqhiffe. die am
Ufer lagen, riffen bie Cinen au fi umb fetten in ihnen mit ihrer Dann
f@aft mit Weibern nad Kindern mehrere Tage und Rädte Hubırrd nad
ber nahen Kaſte von Mlein-Afen über, und bie Andern wirrben bach
Schifie des Furſten der Bithynier, ber fie als Hülfsteuppen herbeihelte,
herübergefühet, fo duß an 20,000 Krieger bald demſelben zu Gebot Ram
den. Es geſchah dies im Jahr 280 wer Chriſti Geburt. Ricomenes,
ber Für ber Bithynier, benutzte fle zur Beſiegung feines Bruders
Zybötes, her chen gegen ihm ſich empört hatte, befefigte fich durh
ihren Beiſtand auf feinem Furſtenthron in Bithynien und Phrägien, au
gegen bie mächtigen ſyriſchen Könige. Nicomedes ſchloß mit ihnen
und ipren 17 Herzögen, unter benen Leonorius und Lutarims bie ange
ſeheuſten woren, als tepfern Golbtruppen einen Bund, daß fie bie
Freunde feiner Freunde, aber amd bie Feinde feiner Feinude fein, uub
mit ihm gegen biefelben zu Felde ziehen, aber feine andren Bänbuiffe ohne
®7) Ch, Texier, La Galatie, les Gaulois em Asie. Paris; in Rorge des deux
Mondes. 1840. Aott, p. 1—40.
Die Gallier ie Aeinaſien. 008
feine Einftimmmumg eingehen jollten (Meınnon de Beb. Herasiens Paatic. ap.
Photiem) *). Dafliv exhielten 10,000 von ihmen, bie ohne Rüftung
waren, von Nicnmebes bie Waffen umb Sold. Bald verhreiteten fie
ſich indeß über bie Grenzgebiete bed bamaligen Bithyniens hinaus, aub
wurden auch bem nachſten Rachbarn ber Bithynier, dem Dymaſten vom
Bergamns, durch beſtandige Ueberfalle befchweriich, bis auch beffen
Fürft Gallier in Gelb nahm und dieſe ſelbſ gegen ihre eigenen Lanbe-
Inte ins Feld ſtellte. Wo fie hinkamen, unterwerfen fie fi bus Lamb
und braudſchatzten bie Völter, denen bie barbarifhen Krieger überall
großen Gchreden einjagten. Als Selbtruppen gingen fie bald auch in
Dienfte andrer Fürften, bie fie zu Fehden gebrauchten. Bei den kam
ges Wechſeln geſprengter Oberherrfchaften und ben fortwährenben poll
tiſchen Gahrungen und Zerfpaltungen ber verſchiedenen innern kleinern
Moachthaber der Halbinſel, bie zu ihrem Emporlommmen nur kraſtiger Arme
bebärftig waren, fanden bie Gallier als tapfre Kriegefnedhte Leit Cin⸗
geng. Sie halfen, gegen Solo, eben fo hen freien Gtäbten zer Erhaltung
ihrer Gelbftändigkeit, wie ben größern Fürfen und Heinen Dynaften
gegen bie Oberherrn bes Bandes, bienten aber auch ben ſyriſchen Röntgen
gegen ihre Bafallen, und wo es Bente gab, plänberten fie auch auf eigene
Sand. So brangen fie bald fiegreich unb won ben Kleinafiaten ald um-
herſtreifende immer mächtiger werbenbe Wanberhorbe geflieihiet, bauch
bes Junere ber Helbinfel bis zu ben Provinzen ſyriſcher Mänige uub
&yriens, wie Ciliciens vor, wo ägyptifche Könige 4000 ihren Kriegen in
Sol mit nach Aegypten überführten, J
Ganz Klein-Afien dieſſeit bes Taurus war ihnen tributär ge
worden·ꝰ). Schon viele Laubſchaften waren mähtenb 25 Jahren durch
ihre Reubzüge geſchrelt und geplümbest teorben, als ber dritte in
ber Bleibe ber pergameniſchen Furſten, Snig Attalus J., Bater von
Eumenes Il., aber unter ben Zeitgenoſſen ber Erſte, im J. 289 v. Ehe.
es wagte, ben geforberten Tribut zu werweigern, und je glüdkich war, in
mer Feldichlacht einen Sieg über bie Gallier davon zu tragen, wodurch
er ben Gruud legte zu feiner größern Macht und feines koniglichen Au-
ſebens vor den anbern Furſten in Vorder ⸗Aſien, bem auch bie Grünbung
ber Reſideng Pergamus gefolgt if. Dem Herrſcher Bithyniens hatten
fe gar Rönigskrone werholfen, obgleich er ihnen durch Sold und Tribut
werpflichtet war. Ihrer Uebermacht in ben vorberfien ſchen mehr unter
grietkfcen Enltureinfin Repenben Käßenftasten war aber fo ſchon bie
Grran gejeht, zumal ba es ben Pergamenern and gehmgen wur, and)
+") Fragmenta Historica Graecor. ed. Mullerus. Paris 1849. 4. 7. m.
p. 535, 19. +) Sr. Chr. Schlofler, Geſchichte der Alten Weit.
1826. Th. 1. ©. 29-34; IL 1. © 148-1575 IL. 2, 6. 05—123
u. a. O.
600 Kein Aſten. $. 18.
bre feifche galtiſche Staͤmme ans bem gegenüberkiegenben Thracien, wie
lehr wahrkheinlich bie Wigofagem (bei Polyb. V. 77-78, bie man mel
irrig bei Caſaubonus und Gcweighäufer verſchtieben het) **"), als Sch»
truppen in ihr Zanb zu ziehen, unb fie näher am Helleſpont mit Weiber
und Rindern, bie ihnen auf ihren Kriegfährungen immer nachgogen, wie
Volybius berichtet, anzufiedeln gelungen war.
Die drei Boltskämme, fagt Livins, hatten fi in brei S—
biete Aftene getheilt, bie fie ſich zinsbar machten; es waren bie Toli⸗
Kobojer, Troemer und Tectofagen. Die Trocmer hatten vom
Helleſpont, die Tolifobojer ben Tribut von Aeofis und Jonien ca
A gezogen, bie Tectofagen nahmen bas Mittellandiſche Klem-Afın
bieffeit bes Taurus in Anfprug. Nachdem fie aber bie Sqlech
gegen Atialus verloren hatten und das pergamenifhe Reich mt
feinen Verbündeten, wie das bithemiſche an Macht und Gelbftänbiglek
auuahmen, mußten fie ihre Streifzüge und Braudſchatzungen in bie web
lichern Gebiete aufgeben; fie zogen fih num gegen ben Dften auf bie
Heiden Seiten des Flufſes Halys zurüd, wo ſich ihre Bollszahl durth
vielen Nachwuchs und ihr Anfehen fo vermehrten, daß felbft die Könige
nom Syrien ſich zur Abtragung einer Gtener an fie verfichen mußten.
Früger war ber Halys als bie Bölkerſcheide ber öfllichen uub
werfichen Bölfer und Gtaatenfyfteme im Mlein-Afien amgefehen worden;
ein Berhältnig, das mum ganz zurfdtreten mußte, ſeitdem bie Gallier-
Pämme das Mittelland zwifgen beiden, in ben Gebieten bes Sar-
garin® und mittlern Halys, als Galatia einnahmen und ba dt
Gallogräcier auf bemfelben durch ihre Herrſchaſt in beiden Strom⸗
gebieten bie Vermittler ber Bevditerungen, Sitten und Herrſchaſten du
Weſtens und Oſtens von Central-Aſien wurden. Hier leruu
Strabo fie in ihren heimachlich gewordenen Gigen nicht mehr ds
herumziehende Ranbhorben, ſondern in ihren ſchon fortgefchrittenen Ci
Mfationepufänben fennen, auf welche griechiſches Weſen ber mehlider
Mein Mflaten ben geößern Einfluß auf barbariſches Keltentyum ausgeht
hatte (Strabe XI. 566-567). Attaliſche und bithyniſche Firfen, de
lange Zeit durch fie bebrängt gewefen waren, hatten ihnen biefen Läuder-
beſitz Überlafien. Dreierlei Vollerſtämme, fagt er, bie aber nur
einerlei Sprache rebeten, auch fonft in allem andern Abereinfimmen
waren, bilben eine Bierfürftenherrichaft, bie fie Ketrardie mn
nen, beren Wbtheilung je ihren Tetrarchen unb einen Sidi
(Sıxaorp), einen Stratophylar, b. i. einen obern Heerführer,
und zwei Unterfiratophylaten ale Stellvertreter hat, bie unter dem
Tetrarchen ſtauden. Den zwölf Terrarien Raven 800 Männer als
®s°) Polybius, Histeriar. ed. J. Schweighäuser. Lipe. 1780. T. I.
p. 381, Not.
on Die Gallier in Keinaſien. 808
Wat) zur Seite. Der Großrath verſammelte ſich in Erhumerung an ihve
Väter im Eicenhain, bem Drynemetum (Apuvduerov, bei Strabo
211.567), wo fie über Tob und Leben Beichläfie faßten. Ein Eichen,
bain, Nemer, hieß auch bas deiligthum bes Tempels bei Burbigala in
Südfrankreich (nomine Verme-metis . . . Gallica lingua etc. b. Venautims
Fortunatns I. 9). Alles übrige blieb bem Tetrarchen und bem Ditafes
ur Eutſcheidung überlafien. So war bie Birfaflung ber Galater, fagt
Gtrabo; als Freunde der Römer hatten fie in den pontiſchen Kriegen
durch Mithribates vieles zu erbulben, und waren fehr abgeſchwächt wor-
ben. Bon breien zu zweien Oberherren waren fie zuletzt nur noch gu
Cinem, dem von Julius Eäfer eingefeiten Könige Dejotarns’",
dem letzten ihrer einheimifchen Stammesfürften vom galatiſchen Geſchlechte,
berabgelommen. Unb nicht feinem Sohne Pylämenes überlich die
roniſche Politik feine Erbfolge, fonbern übergab bas Rei feinem
Gräber Amyntas zur Verwaltung (11 Jahre hindurch) mit weniger
Baht und nur über einige ber Difricte, bis nach deſſen Tode fie ganz
Galetien in eine Provinz bes römijhen Reis umwandelte
(a. 25 ant. Chr. n.; Eutrop. VIL). Die aus ber Heimath mitgebrachte
Berfofjung, melde bie Cingewanberten auch auf Galatien übertragen
hatten, zeigte, fagt ber Hiforifer*?), viel Aehnlichteit mit ben deutſchen
Ganeinrichtungen; auch blieb ihnen bie Abtheilung im Bölferfchaften.
ine jebe ber Teirarchien ‚hatte im Tetrarchen ben Borfiger bes Ober«
geihts, Gaugerichts, als Eprenperfon ben Herzog germanifcher Rutiowen ;
die. Dreigunbert find bes gräflihe Gericht im Gegenſatz bes Centgerichto ;
ihr Senat von 300 Perfonen wurde ber Rath ber Zwölf Bierfürken
genannt. Diefer hielt feine Verfammlungen im Freien in Cipenhatnen
(km Drynemetum).
Die Trsemer, fagt Strabo, welche von fpätern Antoren auch
Trogini genannt wurben, befaßen das Länbergebiet gegen ben Pentus
mb Cappabocien, ben beften Theil Galatiens, wo fe brei mit Mauern
umgebene Eaftelle hatten: Tavium, ben Handelsmarkt, mo bie coloffale
Wetofatue des Gottes (Arö5) und ber heilige Hain mit bem Appl für
berbrecher; dann Mithribatinm, das Pompejus vom Pontus loeritj
unb dem Bogodiat arus gab“), das aber feiner Lage nad unbekaunt
#, und Danala, bie eben fo unbekannt geblieben, wo Pompejne aub
&ucnlin® bei ihrem Wechſel des Eommandos im mithridatiſchen Kriege
Aiemmentrafen. Das Gebiet ber Tectofagen nahm einen Theil
on Groß-Phrygien ein, wo Peſſinuns liegt und bie Orcaoryei *)
®) G. Wernedorf, de Republica Galataram 1.c. p.171. *) Br. Chr.
Selcher, Geihihte ver Alten Welt a. a. D. II. 1. ©. 155.
*) 6. Wernsdorfi de Republ. Galatar. p. 223. **) Wernsdorf
Le. P.225; J. A. Cramer, Asia Minor. II, p 91,95. : "
J
cos Klein. Afen. 5. 13.
wohnten. he Saſtell war Ancyra in Galatia, das aber wicht wit
bemm Aeinen phrngifcen Gtäbtäen gleiches dameno zu verwengein iR.
Die Toliſtobo jer greuzten an Bithynien und Bhrugie Epicte-
198; ihre Caſtelle find Blmeinm und Pejum, monon jenes bie Be
dem bes Dejotarus, dieſes fein Shaghens if dj. oben &.266).
Der Eempelfieat Peffinns hatte fi in Bläthe ımeex bem
Einfluß pergamenifher Mönige auch währenb ber Herrſchaſt ber Gelster
56 im bie Römengeit erhalten. Dee Zulauf bes Bolls zum Tempel
hatte jchech fehe abgenommen, wie Strabo fagt;- bo wer bie Gtabt
noch immer das größte Emporimm geblieben. Au cyra war bebentungs»
108 feit ben Ueberfällen bes Conſul Ranlins geblieben, und wurde
ar buch Auguſtus wieber gehoben. Tavium, zu Etrabe's Zeit,
war noch ein großes Emporium, ſcheint aber weder eine große Giteit,
noch eine Mefibenz galatiſchet Herzöge ober Tetrarchen geweſen zu feim,
vie überhaupt feine großen fläbtifen Hofpaltungen geführt zu haben
einen. Gelb Deistarus"""), ihr Ickter Abnig, ber als Geuverain
den Titel Rex von ben Römern erhielt, hatte in feinem ber Hanptexte
ſeine Mefibenz genommen, unb Iebte, nach Cicero’s Sqilderung we»
migfens, mehr wach einfaher patriarchaliſcher Sitte als roher Lringes
mann und nad Urt der Hirten von feinen Heerden. I wie weit bie
Entartung ber Gallogräcen in ihren nenen Sitzen ging, vom bes
Slosue fpriht, Haben wir feine Gründe dieſe zu benrtheilen (...itagas
ut Aragem somina mutato solo degezerant, sic illa genuina feritas ern,
se. Gallegrascerum — Asistica amnenitato mallita est; L. Ann. Flori Läb. EL
11). Floxas folgte barin mel ber Aullagerede bes Luc. Gurins
Yurpuree im Senat gegen Menline, ber beimmptet hatte, ba big
Gallogräcen durchaus nicht mehr bie tapfern Gallier felen, welche bie
Rümer ein aus Italien, und Inlins Cäfar in Gallien haben tanjenbmal
wit größter Mafrengung zurädiclagen müflen; von Manlins ſeien fie
eis Raubharben Leicht in bie Flucht gejagt, und ben Conſul fei dcher
kein Triumphzug zu geftatten (Livins XXXVIL. 45).
Ueberhanpt hatte das Bolt ber Galater ſich wol nur ſehr ſprede
in ber Annahme ber griedifgen Civilifation gezeigt, wie ans Livias
Sailderung ihrer Kriegführung gegen ben Confnl Manlins hervergeht.
usb in Sprache und Gitten (fm ber Schlacht fochten fie mit nadten Lei
bern) in feiner Behheit erhalten. Auch in feinen ſpatern Dentnäteee,
in ben Prachtwerken Aneyra's umb allen aubern Mounmenten Gar
la tials geigt fich dies. Deum wenn biefe gleich vol Inferiptiomen
in griech iſcher umb lat einiſcher Sprache anf ihren Tempeln, Bauten
und Grabpätten find, {p iſt doch keine einzige Spur vargefuuben, pai fe
vr) G. Wernsderf 1, = p. 1684170.
Die Gallier in Seinaſien. 608 .
in untiomaldeisifiher Sprache fh fe eis Denkmal geiett, aber ach
ar einen Set ihrer Herrſchaft aiedergeſch rieben hätten. San Namen
bes Senatus unb Populus Galatarum werben bie Acten ihrer Berweltung
ie griehifcher Sprache verdffenilicht; alle Deereie ber Caſaren und
MRiktäx-agiftratusen für bie Legionen in Iateinifcher Sprache ab⸗
ueicßt; bie Gewoalt iR aber in ben Ounden xömiider Propräturen, uud
und in bes chriſtlichen Zeit ber Metropole zu Unchra tritt fein Ger
Water als geehrter Seinenfcribent harvor. Seine cdronolotuae ober
sneelegiie Aufzählung ihrer Geröge aber Tetrarchen, ober ihrer Het
benipaten und Einrichtungen if durch fie ſelbſi von ihrer drei Iahrhun-
derie lang dauernden Herrſchaft aufbewahrt, and bon zablreichen literaten
Böllern rings umgeben, ſcheinen fie ſich ohne eigne Schrift erhalte
10 haben.
Den Ramen Gallegräci verdaulten fie ſchwerlich ihren eignen Guär
flfeung, ſoudern wielmehr ba wielen in ihren Gebieten ſchon amgeflebait
ameſenen griechifchen Bewehnern, mit denen fie ſich in Galatia vermifge
Weiten, was deutlich ans ben Benatsreden bes Luc. Furiue Pur»
pareo im ber Auflage gegen Conſul Manlius hervorgeht (Livin⸗
MREVIL. 46). Mir Namen ihrer vielen fürſtlichen Geſchlechter unb weichen
Na⸗qͥte uiliage, die fi vach Augnfi’s Beit als rämifhe Bernie, bee
im Prießermürben (eine Tochter bes Pylämenes, Carach yla, tritt eis
Geeofprieherin ver Ceres im anchranifchen Infchrifien auf), ober auf Grabe
Misen, yamal in unb um Anchra'6 Bauwerken, in jenem griechiſchen
unh Inteinifcpen Eapiburfiyl erhalten haben, find auf bie Radmwels ge
leamen, aber immer nur ale Beiheiligte griechiſchen aber ramiſchen Wie
ſert, ohme maliongle geifligere Gelbfänbigleit; wur bie einzige-hadıge
dilene, eBlerkings kühne, aber barbariſche Delbenthat ber treuen
Chiomara, Gattin bes gelatiſchen Herzogs Drtingo ausgenommen,
die habe Gran, bie Bolybins (Histor. AXU. 21) perfünfich in Garden
Iren lernte wub bewnnderte, deren Muhr auch Rivins (m 21 1. c.),
dlutarch (de virtat. mal. c. 34) nnd Audere übereiußimmenb anfht-
wait haben.
Die Tempelceremonten zu Beffinns werben hie Galater fon
Yeglmßigt Haken, weil fie chuen große Einkünfte durch bie Pilgerſchaaren
mu deren Opfergaben brachten; zu bes rohen Tempelweihe bes Augu ⸗
tenms, im Ginne der ſchon entarteten ſchwelgeriſchen Römerwelt, durch
Matige Giabiator » unb wilde Thier-2ämpfe, wie durch Ghmaufereien
en ügre Füren uud ürkenföhne, wie ihr zablreicher Upel ans
ig ſche bedentende Summen, bie fie aus ihren Warhzügen („midi
piandi ghareeterigri fie Binins ZLLVIL. 87) aufemmengehäuft
wozu and bie vielen Tempelorte unb freiem Städte ber Pape»
jenier, bie fie fich guleigt noch unterworfen und ihrer Freiheit deraubt
de Ihcige beigetragen heben merken, Mes Mämern blieben bie
Erf
604 Aiein ·Affen. 8. 18.
Salator fpäterhin mit ihren Truppen im allen Kriegen gegen bie
Perfer teen, uud mit ben Bygantinern feinen fie gan; wie wen
fannofzen geweſen zu fein.
Bas wir won ihnen feit ben Gnabenbegengungen Auguſt's, zumal
von Ane yra erfahren, denn Beffinns nad Tavinm verfanten Sa
in Duulel, fo baß ihre Lage felbft gänzlich in Bergefienheit gerieth, M
fon Hei der Monographie diefer Eapitale erwähnt; hier ſind nur neh
die Umftände aus bes Eonful En. Manline Feldzuge gegen bie
Salater zu eswähnen, infofern dieſe noch einigen Aufſchluß über ie
Land und ihre Leute geben innen.
Der von Tit. Liviue (XXKVII. 0. 12—25) erhaltene Bericht Aber
dieſen Feldzug mit feinen romiſchen Legionen gegen bie Galater if eins
der wichtigften uns erhaltenen Aftenftüde jener Periobe, für bie Zupäute
von Klein-Afien überhaupt, inabefonbre- au für bie von Sallo⸗
Oraeia. Untiohns M., ber König in Syrien und Mlein-Afien,
war in Folge bes erſten macedoniſchen Kriege von ben Römern unter
2. Eornelius Scipio Wfieticus bei Magnefia in einer Bee
flacht im 9. 190 vor Chr. ©. volllommen beftegt, und zu 15,000 Te
Bewten Rriegefoften verurtpeilt tworben; feine Uebermacht war aus Werben
Afen zurfidgebrängt, bie Legionen ber Römer überwinterten in Mag-
nefla. Seipio's Nachfolger, ber Conſul Cnejus Manlius, erhicu
vom Genate in Rom Befehl, ben Frieden mit König Aut iochns
herzuſtellen, aber teimesiwege bie Gallogräcen mit Krieg zum überziehen.
Dies that er fogar gegen ben Willen des Senats, wie ihm dies won
feinem eignen Legaten im Genate vorgeworfen wurde (Livin® c- 451.46).
Wanlins gab zu ſeiner Nechtfertigung an, daß au bie Alliirten
umb die Hülfendlter bes Antiochus, bie ihm in ben vorigen Feh⸗
ben gegen bie Römer beigeſtanden, zu benen vorzuglich bie brei Bolker ⸗
Kämme ber Galater gehörten, und berem Macht hätte vernichtet werben
mäffen, um ben Einfluß ber Syrer ans Borber-Aflen jenfeit bes
Taurus vollends zurüchuweiſen. Die Legaten warfen ihm vor, ae
Raubſucht nad reicher Beute feinen fo eigentpümlich eingerichteten
Weigug ausgeführt zu haben. Statt von Magneſia nud Epheine,
wo der Eonful das Commando übernahm, auf grabem Wege gegem bie
Salater zu ziehen, wählte er allerbings große Ummege gegen ben Sa-
den und Often, über Cibyra, Sagalafius, Synnada, durch 2y-
dien, Carien, Bifidien, Phrygien, che er am Gangering bie
Grenze ber Galater bei Beffinus betrat, um in ben vielerlei Meimem
Gtenten und Gtäbten, bie er babei wie ihre Dimafen branbichagen
Aonnte, fich große Beute zufammenzuraffen, was bem Gebfichtigen auch
Apäter bei feiner Rädtehr nom Genate in Rom zum Borwurf gereicht.
Die frühere Morfchronte wird fiir jene Länder manchen Auffchach
Yen uud ihre Damaligen Zupkube; ‚Mer aber-begleiten mir bau Ceciei
DR Die Galkerrte Meinaflen. “os
aursen ba an, wo :er nahe ben Duellen bes Alasber, bes Müblihen
Zaſtuſſes zum Sangerins, ſich den Grenzen ber Toliſt obojer uns
Bellinus. näherte Eivins XXXxVII. cap. 18). Ueber bie leere Gtaht
Synnade (Afium Kara Hiffar), bie aus Furcht vor bem Rämer-
here und ihren Plünberungen von allen ihren Bewohnern vexkafen war,
309 der Gonful wege ber von ihm mitgeffeppten Bexte fo langiam
fort, fagt Sivins, daß er am biefem Marichtage nur 5000 Schritt por⸗
den Tonnte und bei Beudos Vetus Halt tmaden mußte: Bon be
Iagerte ex bei Anabura, am zweiten Tage; ben brittem erzeihte er
die Onelle des Alander, und am vierten Tage von Synnada
hölng er zu Abbaſſus fein Lager auf, wo bie Grenze bes Gebiets
ber Toliſtobo jer erreicht. war (ad Tolistobejorum fines, Livies ZIXVIH.
180.18). Diefelbe Gegend iſt es mol, weidhe in Tabul. Peuting. made
den Ramen Toloſocaria beibehalten, d. i. Toloröywpn bei Wiolene.,
riciger Toliſtochoxa, b.i. die Stadt ber Eolifiobogii’. Dieſe
neuerlich völlig uubelannt gebliebene Localität lonute erft durch W. Ha»
milton, der benfelben Weg im Geptember bes Jahres 1836 zurücktegtr,
auf felgenbe Weiſe erläntert werben ?’).
Bon Synunada nah Abbaſſus ift ber eimzige. Pımet, ber fh
genauer feſtſtellen läßt, dur; Alandri fontes gegeben. Dies muß eim
Hinß fein, der nah Balatia him fließt; es kaun nur ber Strom fein,
der heut zu Tage das Thal des Ortes Bejab an 2 Stunden ſcheu
oberhaſb beffelben bewäfjert. Bon dieſen Quellen, bie offenbar bie des
Mander find (bei Hamilton wie auf Bolotows Karte iſt ber Strom
mamenlos geblieben), rücwärts, b. i. nad Süben gerechuet, von weher
dad Heer mit feinem ſchweren Gepäde nur etwa 2 Gtunben weit nor
viden. Tomte, würbe bei dem heutigen Dorfe Kyrk In zu der Gtatien
Auabura des Conſule Bringen; von ba ging es nach Eski Kara
Öiffer, d. i. das alte ſchwarze Eaftell, im Gegenfag zu ber Gtabt
Aijam Kara Hiffer (Synnada) benannt, hoch geht ber Erklärer
mel zn weit, wenn er mod im heutigen türfichen Namen ben Bei-
fa Eesti, alt, ale Argument filr bie Identität mit: Benbos Betus
bei Livius geltend macht *). Mur 2 gute Stuben liegt dieſes
Li Kara Hiffar im Norden ber großen Plaine, ber Phrygia
Bororen®, auf ber fi viele alte Dentmale mit Ihfhriften auffinden
haflen, wie anf fah allen bortigen Gräberſtätten, welche nahe ber teile,
we.ber Fluß von Eski Hiffar im bie Ebene eintritt, die Lage vom
Syunada bei Linins bezeichnet; fo daß alfo biefe Strede der 4 Tage⸗
wärfcpe nach ihrer Rocalität bis „ad Tolistobojorum fines” gut ermittelt
afktint (vom Eiyunaba’s Lage ſ. unten). Die Lage von zalaıcy Beudog
* M. Leake, Asia Minor I. c. p. 90. _ *") W. Hamilton, Res. 1.c. I.
9.467. *%) Rieperts Mote zu Hamiltone Reife. Bo. ©. 5id
0. Reini. $.18.
m end Peolem. V. 5 noch Pfrygie Pifibläz fie If eine phragkiige Eiche
und wahrfeintich bie Bovdesa mdls wbeupias bei Eteph. By. in RO.
won Afium Karahiffer, von mo Wabbington eine Münze bes lorbeer ⸗
getzönten polo mittkeilt **").
Um Tage vorher, che der Couſul Manline bie Quelle des
Alauder erreicht hatte, hielt er bie aufmunterude Rebe an feine Legionen,
wma auch bie Geljerähelfer bes ſchon heſtegten Untiechus ebenfalls zu Se
Mo, bie mar darum auf ber Geite bes Feindes geblichen, weil fie ber
feſten Meinung fein, bie weite Entfernung ihrer Bohaang vom !ieh-
meere werde feinem ber Nömer geſtatten, bis zu ihnen vorzudrinzen.
Dies werde ben Legionen, melde bie Gallier ſchen in Gallien
belegt hätten, auch hier, we derſelbe Feind im ber ferne gegen fie auf
wete, wol yelimgen. Gr fäidte daun Boten m ben galliſchen Haupt
fürfen, Epoffeguatus, ber einzige Gallierflirſt, welcher ben Autiochns
HMfeoölter gegen bie Mömer verweigert hatte, amd) fen zaver be
Eumenes von Pergamms befreundet geblieben war, und fi auch deu
Wümerm ergeben gezeigt hatte. Ben ihm ermartete eu Wegweifer im
das Gebiet feiner Stammesgenofien zu erhalten. Durch Mangel am
Eiaheit unter ben Galliern, welche ber Conſul nad Nomerart zu ber
werben wußte, war ihm baburd nun ſchon ein eg in Feindes Lamb
oacbaqxt (wius XXXVII. c. 161.17). Auch die andern Gtänmetvenzten
A von einamber unb fegten fi an ben olympifhen Bergem wie
m anberu Yinter Unchra fe, wo fie bann im Finzelmen leichter
lbeſtegt werben konnten, als wenn fie zuſammengehalten hätten. Mer
Conful brach nun wen bem Fluß Alander mit feinem Hecre anf mb
cereichte am zweiten Marſchtage den Flecken Ty6cos. Hier lumm Ge
fonbte bes Bürger von Oro auda (in Pifibien)“), baten am Freea⸗
haft ver Aber, bie ihuen gegen Zahlung von 200 Talenten yugejagt
wurde. Bon Ty6cos ging ber Bag nach Plitenbns und Alyatti;
Vice fosmen bie ansgefanbten Boten in ba6 Lager bes Conſaie zu
vhR, mub and; Gefanbte bes Herzogs aber bes gallifden Pärfen,
wege ben Conſul baten, bie Tolikobojer mit zu Kekriegen (hierin
ſpeaut Polybins XXIL 20 in feinem Berichte Aber biefen Felbgug mit
Sind a. a. D. Cap. 18 überein). Epifſogaatus feibR wolle zu Ühmen
sehen und fie bereben, fi) den Forderuagen bes Eonfuis zu fügen. Die
wurba ihur bewilligt, imbeß 709 das Rimerherr von Miyatti weiter,
darch bie Lanbicheft, melde man Arylos, bie Holzisfes, uub, wie
Lieins fagt, ai echt fo name (f. oben S. 31); benz ohne Baum,
WIOR ohue Dorugeftändg, she aieh Brenumaterial urefßte mem fh hier
var Feuerung bes Auhmiſtes bedienen (Amo bubals pro liguis etunter, Lär.).
ch l.e. in Revue numism, Ann. 4888. p- 246,
4. ', Asia Minor |. & IL p. 200.
Die Galler in Kleinaſien. vor
ls die Märner bei der Feſte Cuballum (mol eine andere Form deu
hier einheimiſchen Kybele-Ramens) der Gallegräcen im Lager Randen,
zeigte ſich alsbald ein Haufen laut lärmenber feiublicher Reiterei, berem
Mögliher Ueberfall einige der römifchen Golbaten töbtete, bie aber ſogleich
son römifher Eavallerie, Die gewaffnet aus bem Lager hervorbrach, mit
vielem Verluſte zuridigemorfen wurbe. Bon nun an rüdte bev Conful
im Feindeslande nur mit größter Vorſicht weiter und Kom fo in fortge
fetten Marſchen an ben Sangarius, wo er, ba ber Fluß zum durch⸗
xehen zu tief war, beſchloß, eine Brüde über ihm zu flogen.
Der Gangarins, fagt Livins, licht vom Gebirge Aborene
uns Porpgeen (alfo aus ©.W.P), vereinigt ſich bei bem Eintritt in
Bithynten mit dem Thymbres (oder Thymbretes), um zum Pontus
(weig Propontis) zu fließen, und if micht durch feine Größe, fondera
darch bie Menge ſeiner Fiſche merhoürbig. Als nm bie Mömer nad
vollendeter Bräe und ihrem Uebergange über biefelbe am Ufer bee
Feſſes (alſo am nordlichen Ufer des peſſinuntiſchen Sangarine)
hinzegen, kamen ihnen die Prieſter der großen Götter-Mutter von Veſſi⸗
num entgegen und verfünbeten mit ihren „Liedern voll Seherwuthe
(vsticinantes Tanstico cormine) in ihrem Priekerihmud den Rb-
mern für biefen Krieg bie Leitung ber Göttin, deu Gieg
nad. die Herrfcaft in dieſem Lande (Dem Romamis viam baili et
vietoriam. dare Imperiumque ejus regionis, Liv. 1. e. vergl. Polyb. KXIR 20).
Dee Sonfmt Sieh bie gute Borbebentung willlommen, nnd nahm am
defer Stelle fein Lager. Um folgenden Tage lam er nad Gorbiam
¶ eben 8.459).
So weht Livins Bericht, ber zuvor ganz umerflächae geblieben
mar, fo lange ber fübliche Ranf bes Beffinus-Meme unbelaunt bich. Die
diſtor iker gingen an biefer dunkeln Stelle ſtillſchweigend nerüber, bie
Grographen, wie Rennell, Leale und andre, verſchoben wilktäprtid
nach ihren Eonjecturen bie Ortelagen unb ben Flußlauf auf ihren Rautenz
FOR Terier, der nicht vom ber Sud⸗, fonbern von der R.EB.-Beite
Br Giwrihiffar nah Peffinns kam, und alfo ben Lauf bes Finfles
m Ehren von Bala Hiffer gar nicht Kennen lernte, ſpricht nur bei Dor⸗
bimmı dom Webergenge*‘) bes Eonfnls Aber ben Sauzarius, den der
Vericht des Rivins aber bei Borbium eben gar nicht erwähnt; wahr»
WMeinfig weil ba [chen eine Brüde worpanben war, bexen Uchergung
komme Gipwierigkeit darbot. Texier Mbergeht dagegen die vom Gomful
A geiplagene Brüde über dem Süblauf des Zluffes bei veſſeaus gäutid
wis Geifikieseigen, daher auch feine Angaben nicht anereikend find, Gef
*) Gi. Teer, La Calaie 1.c. p.13 und Deffen Dust, de Ts MI:
mare. T.1. p 88.
0) - Meindl. 7 $:18.
Hamilton, bes deſſelben Weges kam wie bas Eonfnlarheer, Sommie
iiber benfelben hiareichenden Aufſchluß geben.
Bon ber Alander-Onelle, jagt Hamilton’*’), folgte Couſal
Manlius aus feinem Lager von Abbaſſus num dem Thale, im weichem
er mit größerer Schuelligfeit hinabſtieg als zuvor; doch folgte er nicht
wen Laufe des Alander (ber links geblieben fein muß umd gegen WE,
18), da ex felbR gegen N. O. bin auffieg gu eimem andern Thale vom
Gemit (ober Gemi?) Kjdi (Guemek leni bei Hamilon), aus bem er
in die Ebene hinabſteigend das Land ber Galater erreichte (perventum
wat ad Tolistoboiorum fines, Liv.). Abbaſſus muß aljo am Eingauge
dieſes Thales gelegen haben, unb daher ibemtifc fein mit den Ruinen,
de ſich DefelöR 27, Stunden (6 Meilen) unterhalb des Dorfes Bejad
befinden. Bon ba eutſpricht Li vius Befhreibung vom Alander über
Die genamnten Stationen bis zur Arylos genau ber Natur umb ber
Veſchaffenheit des darin unverkennbaren fo eigenthümlichen Een tral-
Plateaus, weldes daſelbſt der obere Sangariug-Mim von W. nah
D. durchſließt, am befien Sitbfeite aus ber erſten Feſte ber Galatec.
Euballum, ein Ueberfall kam. Zu Tyscos, Plitendus, Alyatti
wer das Heer noch nicht in bie Arylos eingeizeten, bie BeRung Eu-
ballum mußte alfo irgendwo an ihrem Cingauge liegen, und zwar af
einem ber erftem Grenzhugel ber Ebene, ſaAdwärts bes heutigen Brüden-
ortes bei Tſchaudyr. Die Lage dieſer Feſte Euballum lönute man
war fübwärte Peſſinus auf ber Gübfeite des Stroms vermuthen. Fe
dejer Gübfeite Ierute Hamiltom bie Umgebungen von Hergan Kelch
(das alte Amorium), öflidjer noch bie wahrſcheinliche Lage von Abrokela“’),
Die ex jedoch nicht felbft beſuchte, weiter in, Weſten aber ben Ort Gemi
Hat (Mbaffne) perfönlich kennen, in deſſen Nachbarſchaft and die Graue
feRe Cuballum am wahrigpeinlichften liegen mochte, da bie Brite bei
Ziepambyr wol nahezu bem Uebergaug bes conſulariſchen Heeres be
Ben des Conſul Manlins weiterm Marſche, ber nur am Tem
pelorte won Beifinns, ohne ihn zu beunrupigen, worübergegogen zu fein
ſqeint und auch feinem großen Tempelſchabe teine Coutribution auflegen
eumte, da bie Magna Mater auch bie Beihügerin bes Capitol in Rem
geiworben war, wirb mur gejagt, baß er direct nah Gorbinm fortfdpritt,
Ge genaster Bericht ift leider nicht gegeben. Nur bie Botſchaſt bes
den⸗ge Epoſſo gnatus wird genannt, bie bort im Lager eimtraf mit
ber Modhricht, bafı er buch feine Hinreife zu ben galiſchen Herzögen feine
Villigen Bebingungen habe auswirten fönnen; bie Gall ier verlichen mit
Weib und Kind und aller Habe bie Ebene mit allen ihren Drtfhaften,
ser) W. Hamilton, Bas. 1, e. I. 9.467469. *) 3. A. Caner, Asia
Minor. IL p: 90. 2
Die Gallier in aleinafien. 609
und festen fih im Ocbirge Olympos feht, um von bort, durch die
Bortheile der Lage geſchitzt, ſich mit den Waffen gegen bie Römer zu
vertheidigen. Noch beſtimmtere Auskunft gaben bie Spione ber Gefanbten
von Droanba; fie berichteten, baß bie Toliſt obo jer ben Ol ympos
beſetzt hätten;.gie Tectofagen feien auf bie entgegengefeßte Seite zum
Berge Magaba (f. oben &.451) gezogen; bie Trocmer hätten ihre
Weiber unb Kinder ben Tectofagen zum Shut anvertraut, und würben
mit ihrer waflenfähigen Mannfchaft ven Zoliftobojerm beiftehen; bie
drei Herzöge ber brei Stämme, welche bas Eommanbo hatten, waren
Drtiagon, Cambolomenus, Gaulotns. Den Plan ihrer rohen
BVertheibigungsweife gründeten fie auf bie Boransfegung, daß fie die Römer
durch Ueberdruß ſchon ermüben würben, wenn fie, im Beſitz ber höchſten
Berge biefer Gegenb, auf benen fie ihre Heerben und allen Vorrath an
Lebensmitteln zufammenhäuften, ihnen auf lange Zeit Widerſtand leiſten
tönnten. Die Römer, dachten fie, würben es nicht magen, über fo
Reiten unzngänglien. Boden gegen fie anzurüden, von bem fie mit
wenig Mannſchaft und durch Herabftürzen von eldblöden bie Zugänge
leicht zu fichern hofften. And bie Kälte und Mangel an Lebensmitteln
würbe bie Römer bald zum weichen bringen. Ihre Berggipfel ſuchten
fe duch Mauern und Felsblöde zu umſchanzen, und glaubten, bie
rauhen Höhen würben ihnen hinreichende Mengen von Steinen zur Ber»
theibigung barbieten.
Aber Eonful Manlins, fagt Livins c. 20, forgte für vieles
GSeſchoß aus ber Ferne; nicht auf eine Schlacht in Reihe und Glieb
war er gefaßt, fonbern auf Beflürmung bedacht, umb hatte eine große
Menge von Wurfgeſchoſſen, Teihten Spießen, Bogen und
Sfeilen, Bleieiheln und mäßig große Steine zu den Schleudern
zuſammengebracht, und fo zog er birect ben rohen Berfhangungen bes
Diymps ber Toliftobojer entgegen, feine Elephanten unb feine
Neiterei im ber vorliegenden Ebene zurüdlaffend. Nach forgfältiger Re
cognoseirung ber rohen Belfenburg am Ofympos (f. oben S. 522)
fehritten bie Leichtbewafſneten zu ihrer Erfiürmung, von ben Bogen-
fügen ber Ereter und ben berühmten Schleuberern ber Trallen
und Thracier nnterftügt, gegen bie ungeorbueten Haufen ber Gallier
vor, bie zwar mit ihren nadten Leibern, ba bie Gallier im Gefecht
ihre Aeidung abwarfen und nur von ihren zw kurzen Schildern geſchützt
waren, wüthenb fi zur Wehr fetten, aber von ben geübtefen unb beſten
Truppen ber bamaligen Welt mit furchtbarem Verluſte werjagt nnd zer-
Porengt, gänzlich überwunden, bie vollſte Nieberlage erlitten. Die unge-
Yenerfie Raubbente und viele Gefangene waren ber Gewinn biefes erRen
Siege. Nah 3 Togemärfhen von ba über Ancyra zum zweiten
ganz ähnlichen Standorte der Galler, mämlih der Tectofagen am
Berge’ Magaba (f. oben S. 451) im Ofen von Ancyra, wo auch bie
Mister Erdtunde xviu. 24
so Me. 7 5. 13.
treuen Berhfinbeten des Antiochua, Ariarathes, Lönigven Kappe-
docien, und Morzes, König yon Paphlagonien, nach 4000 Dam
Hülfstruppen geſtellt hatten (Livius a. a. D. c. 26), wurbe bald eim
gleiher Sieg ‚über bie dortigen Gallier davon getragen, zu bexen
Rettung ber Uebrigbleibenden fih nur bie Oftfeite.bes Hakys
darbot, über welchen bie Römer fie nicht weiter verfolgten. Auch hier
war, fagt Livins, bie aus ben Raubzigen von ganz Afien jenſeits bes
Taurus von ben Rauhorben zufammengefihleppte und aufgehäufte
umermeßfig, mit’ ber ber Conful Monlius mun, ba bie Inhreiget
ſchon fpät im Herbſte war, in feine märmeren, Binterquattiere ng
Epheſus zurüdzog, wohin er aud bie Gefanbten der -Balater beihieb,
bie nun um ben Frieden mit ben Römern in Unterhandlungen zu treten
ſuchten (Livins a. a. O. c. 25).
Die Mat ber Galater war zwar gebrochen, ‚aber vernidten
wollten fie weder bie pergameniſchen Könige, mod die Römer, benu tiefe
Tahen wol, daß fie ald Freunde an ipuen tüchtige Hülfstruppen gegen
ihre mächtigen fyrifchen Gegner in Vorber-Afien befigen tonnten. Bei
dem Friedensvertrag mit Rom erhielten bie Galater auch eimem
ehrenvollen Frieden; bes Könige von Pergamns, Eumenes,
Reich, das ihm bei der Befiegung ber Galler durch Prinz Attalus trem-
lich beigeftanben, warb nun burd beide Phrygien, am Helleipont umb
Großphrygien vergrößert. Die Herzöge (reguli nennt fie Livius KIXVIL
e. 40) der Gallier wurden zur Zufanynenkunft am Hellefpont befdjieben,
wo ihnen das Gebot vom Conful vorgehalten wurbe, im Frieden mit
dem König von Pergamus zu verbleiben, fih innerhalb ber Grenzen
ihres Ländergebiets feßhaft zu halten unb bie umherſchweiſenden ber
waffneten Raubzüge einzuftellen. Ein Tribut wurde ihnen aber nicht
auferlegt; die Gefege und Einrichtungen ihrer Tetrarhien wurben
ihnen gelaffen, ihre Unabhängigkeit vom Senat in Rom beftärigt,
mb biefe Milde machte fie für bie Folgezeit zu ben treueflen Anhängers
der Römer, wodurch ihnen auch nuftreitig ber Schuß bes Kaifer Auguf
zu Gute lam.
Erläuterung 4
Der Lauf des Thymbres, des heutigen Purſak von feiner Quelle
am Murad Dagh (Dindymene Mons) bis zur Mündung in
den Sangarius. Cotyaium, bie heutige Kjutahia.
Uns bleibt nod in ver weftlihen Hälfte: des mittlerm
Sangariuslaufes an feinem linfen ober füblichen Ufer bie
Landesſtrece zu betrachten übrig, welche vom den Quellen des Pef-
Mittler Sakarialauf; Tinte Zufläffe. 611
ſtus · Stroms von der Brüde bei Tſchandyr und vem Alander
des Livius weſtwärts von Bejad ſich über eine wenig bekaunte
Laudſtrecke bis zu ber Quelle des Thymbres am Dindymon⸗
Berge, ober dem heutigen Purſak am Murad Dagh ante
dehnt, der norbivärt zum Hauptarm des Sakaria fließt (Sangarius
. miseetur ad Bithyniam Thymbri Huvio, Livius XXX VII. 18),
fo wie von ihm noch weiter weftwärts bis zu feinen nordweſt ⸗
lichen Nachbarzuflüſſen zum linken Ufer des Sangarius, ımter
denen ver Gallus der Alten als ver weitlichfte erfcheint, ver ſich
bei Lefkeh zwilchen ben. bortigen Geöirgeengen zum Hauptftrom
von der Sildweſtſeite ergießt.
„Der größte und beveutendfte dieſer Hauptzuflüfle von der Süb-
feite, ber auch ver. befanntefte geworben, ift der Thymbres,
Thymbretes, Tembrogius bei Plin. VI. 2, ober ber heutige
Purſak, von dem wir daher aud am. feinen rechten und linken
Uferfeiten zur Specialbetrachtung der anliegenden Landſchaften über-
gehen können, die unter der Phrygia-Epictetus ber attaliſchen
Könige zufammengefaßt wurben, weil fie das von den pergameniſchen
Königen zu ihrem Reiche zuerworbene ober wiebereroberte
Gebiet bezeichnete (Strabo XII. 564 u. 576). Sie lag zwiſchen
Bithynien und Myſien, ohne daß die Grenzen genauer anzugeben
wären, woranf ſchon Strabo bei allen feinen Provinzialabtheilm-
gen in Kleinafien Verzicht leiften mußte, ein Uebelftand, deſſen ger
mauefte Erforſchung wir der alten Geographie von Kleinaſien über-
laſſen müflen. Aber er zählt im viefer Provinz am Thymbres-
From die, Städte Cotyalum und Dorylaium, auf deſſen
Weſtſeite Aezani (Tſchandyr Hiffer) und Cadi (Gediz), im Often
deſſelben Midalum und Nacolea auf, obwol er wenig von dieſen
Orten zu ſagen weiß. Wir haben ſchon oben des Murad Dagh,
Dindgmon der Alten, in feiner Streihungslinie von S.O.
nah N.W. und ale Wafferfheidezug in ber Mitte zwifchen
Sultan Dagh (Paroreos), Olympus und ver Ida⸗Kette
gedacht (f. oben- ©. 42), wodurch derſelbe einen fo bedeutenden
hydrographiſchen Knotenpunet zwiſchen dem Stromſyſteme des
Sangarius, bes propontiſchen Rhyndacus und Hermus ber
Alten eimimmt. Bon diefem Murad Dagh, ber von 2850 bis
zu 3262 Fuß Par. abfaluter Höhe, nad) v. Tſchichatſcheffs Meſ-
fung, emporfteigt, fließt ver Purſak⸗Flußee) (Purſuk bei Norberg)
3%) J. A. Cramer, Asia Minor, II. pi}. °') Giban Nama ed, M. Nor-
berg. IL. p. 441.
Dq2
613 - Klein-Afien. 6. 13,
von Süd dire nordwärts mit manderlei Winbumgen üiber
Riutahia (Cotyalım) und Eskiſche hr (Dorylaium) vorüber zum
Salaria, den er etwa nad) 45 Stunden feines Laufes erreichen
mag”). Cr ift der größte ber ſudlichen Zufläffe zum Salaria.
Auf Münzen ans Trojans Zeit wird er Timbris genannt, bei
Livius Tymbris, falſch Thymbris. Bon feiner Duelle bis Kjutahie
erreicht er nad) den erſten 16 Stunden ſchon ein flaches Uferbett,
bat aber body, ehe er in bie volllommene Ebene von Eskiſchehe
äintreten kaun, noch felfige Thalwege zu durchbrechen; unterhalb ver
legtern Stabt teilt er fi in mehrere Arme, bie im Sommer fer
ſeicht find, fo daß das Wafler beim Durchreiten ven Pferben Tauım
an bie Knie geht. Doc ift er gegen feine Einmünbung zum Sa-
karia ziemlich reißend. Seine Einmündung ſelbſt ift noch um
befannt ; aber an ihr ſcheint nach Wandingtons”) Forfchungen vie
Capitale Midaium (Mygdus bei Procop?) gelegen zu haben, wenn
wicht die Loge am Vathyschluß (auf Rieperts Karte) durch eime
Iufeription und Ruinen bei dem Dorfe Harab ören geflcherter fein
folte. de feine Zuflüfle find unbebeutenb; feine mittlere Breite
jchabt d. Tihinatfcheff auf 46 bis 76 Fuß Vreite, währen
der Sangarius unmittelbar oberhalb des Burfal-Einflufies nad) en
92 bis 124 Fuß Par. Breite haben foll, vie Breite tes
unterhalb feines Einfluſſes bei Geiweh 153 bis 184 5. P. Kat.
v. Wrontſchenko fagt, der Purfal entipringe am Nordabhange
des Murad Dagh 50 Werft (14 bis 15 Stunden) im Süb von
Ziutahia, und foll erft eine enge Schlucht durchfließen, bis biefe ſich
in ein offenes Laud ausbreitet. Die Ebene, in welcher Kiutahie
liegt, wurde von v. Tſchichatſcheff auf 2862 Fuß Par., die vom
Estifhehr auf 2770 Fuß Par. gemefln. Da an ver Weſtſeite
des Murad Dagh die Waffer des Hermus entfpringen, fo iR
dieſer Berg offenbar berfelbe, den Herodot (I. 80) ven heiligen
Berg der großen Mutter Dindymene nennt, ber aber ver
ſchieden vom öͤſtlichen peffinuntifhen Dindymon, jedoch gleiche
Berehrung beſitzen mußte, was auch von Strabo beſtätigt wird
(XI. 626 und X. 469).
Cotyaium ober Cotiaium (Korıderov b. Strabo XIL 676;
Korvasıor b. Steph. Byz.; Eotyaion b. Plin. V. 41; Korsvaror
bei Cimamus, Hist. 191. 2) nad) Münzen, vie beweilen, daß
*%) v. Tehikatchefl, Asio Mineure. 1. p.146. *”) Waddingten in Rerae
numism. 1. c. Ann. 1851. p. 76.
Mittler Sakarialauf; der Thymbres; Purfat. 613 -
bier eift auch ein Oberpriefter ver Magna Mater, alfo ein
Zempelbeiligthum ver Kybele war, wie in Peſſinus, Comana
=. a. Orten, deſſen Ruhm nur nicht wie der andrer auf bie Rad
weit gefonmen if. Leider hat Woddingtons Mänpfanmlung hier
Teinen neuen Zuwachs gegeben®). Es ift das heutige Kjutahia
der Türen, das bis in das 12. Jahrhundert eben fo wie Dory⸗
Iainm feinen antifen Namen beibehalten hatte. Es fol nah Suipas
bie Geburtsſtadt des Fabeldichters Aefop, nach Socrates (Eccles.
Hist. IV. 5) auch ein Biſchofsſitz geweien fein, obwol Hierocl.
Syneed. ihn nicht nennt, falls es nicht, nad) Kieperts Vermuthung,
in dem wahrfcheinfich verfcriebenen Namen ovyaparak verftedt
Begt. Die Stat wird zur Zeit des Kaiſer Audronicus im
Jahr 1890, als Sultan Bajezid fie in Beſitz nahm und ihren
Fürften Kermiam zum Gefangenen machte, der aber zu den Per
‚fern entfloß, eine Metropolis genammt (Ducae Mich. Duc. Nep.
Hist. Byz. ed. I. Bekkeri. Bonn. 1834. 18, 6). Bald barauf
(70, 14) im Jahr 1401, nad) der Beſiegung Sultan Bajezids
durch Timurs Raubzug von Angora nach Bruffa, wurde fie völlig
zerftört, miebergebrannt, aller ihrer Schäge und Einwohner beraubt,
die ald Sclaven entführt wurben.
I. Rennel[®) hat diefes Cotyalıım als die Station nachzu ⸗
weifen gefucht, welde Renop hon in feiner auffallend rüdwärts
fehreitenben Marfchroute von der pifivifchen Grenze mit dem Heere
des jängern Cyrus, ald Ceramon Agora (Kırauuv dyopa,
d. i. ein Markt ver Töpferwaaren?)”) bezeichnet, hatte, die
ex die lete Grenzſtadt in Myſta bei dem Ginzuge in Phrygia
nannte (Xenoph. Anab. I. 2. 10); ein Name, ver fonft bei feinem
Autor vorkommt. Das Heer kam von Celänd in 2 Tage
mörfchen (12 Parafangen) über Peltae nad} dieſer volfreichen Stadt,
umb brauchte von ba wieher 3 Tagemärfche zu dem Eatyftrifchen Gelbe
(Caystri Campus), wahrſcheinlichſt gelegen bei dem heutigen Bul-
wabin näher gegen Tiyriaium, welches letztere in 4 Tagemaͤrſchen
von da erreicht wurde, Dies war bie erſte große Ebene auf dem
Wege nach Iconium (Koniah), womit Rennell die Diftanzen nach
) Rach Bas, in Br. — Symbolik und Mythologle. 3. Aufl.
&h. 11. ©. 365; Corpus Inser. Graecar. Vol, II, Nr. 38103830;
W H. Waddington, in Berne numismat. Annee 1851. p. 168.
J. Rennell, lllustrations of the Expedit. of Cyrus etc. Lond. 4.
1816. p.26—32. '°) Herua. V.88, wie in Miben, f. W.M.Leake, '
tbe Topography of Athens. Soc, Ed. Lond. 1841. 7.1. p. 111, Not-4.
614 Klein⸗Aſien. $.13.
ben Stinerarien in Uebereinſtimmung zu bringen fuchte. Allerbinge
ein großer, aber abſichtlicher Umweg gegen ven Norben, um durch
Uf den König in Sufa zu täufchen und feine feinbliche Abfidt
gegen ihn zu verbergen.
Diefe Eeramon Agora ſah Rennell als einen Sammelplag
am, von dem ans ver Zug erſt im feiner ganzen Ausrüftung begin
nen follte, va auf ver Ebene am Cayſtrus auch die erfte Heerſchau
über das ganze Armeelorps gehalten werben konnte. Nach Kieperis
Berehnung??!) würde dieſer Ort nicht fo weit norbiwärts wie bi
Rennell, fonbern ziemlich in die Gegend bes heutigen Uſchak (Era
janopolis) zu Tiegen kommen, was noch befier mit ven 3 Tagemir
hen (30 Parafangen) von da anf ver Ebene oſtwärts nad; bem
Eayftri Pedion (Kuvorgov nedlor, identiſch mit Bulwadin) zu
ſtimmen ſcheint. Was aber Rennell ferner zu Ounften feiner An
ſicht auführt, daß ber türkifche Geograph ver Phrygia Pacatians,
welche der Umgegend von Kiutahia entfpredie, ven Namen Kermian
noch von ihren alten Beherrſchern gebe??), ift ohne Gewicht, da jew
Namen, urfprünglic einer türkiſchen Dinaftenfamilie angehörig
mittelalterliher Zeit feine Eutftehung verbantt. Ohne hierüber be
ſtimmt entſcheiden zu wollen, da uns bie Art der ſeldſchuliſchen
Befignahme dieſes Landes unbekannt geblieben, Tiegt doch im bem
Bopdenverhältniß felbft eine mögliche Betätigung der Iden⸗
tität beiber Localitäten, an bie man früher nicht gedacht hatte, bie
es aber wahrſcheinlich macht, baf hier in ältefter Zeit ſchon Töpfer
waaren eine nicht unwichtige Rolle fpielen konnten, woher ver
Name einer Keramon Agora in der Gegend von Kjutahia ober dem
eines ſüdlichen Uſchal zu Theil werben konnte. Denn beachten
werth ſcheint es doch, daß fhon Niebuhr??) bei feinem bloßen
Durchfluge duch biefen Ort einer Fayen cefabrik erwähnt, der
"einzigen, beren er auf feiner ganzen Reife gedachte, welche das
ganze Land mit ihrem guten Geſchirre, zumal zu Saffeetaffen
u. ſ. w. verfehe Nah Ainsworth 67) geognoftiihen Beobach⸗
tungen iſt aber grade in dieſen Umgebungen bes eigenthümlichen
plutoniſchen Gebietes der Meerſchaum einheimiſch, der hier als
feinſtes Material zur Verarbeitung aus Gruben gewonnen wurde,
*”) Kieperte Note in Anabafis äberf. von Hertleln. Leip vn 1854.
2. Aufl, S. 26. ) Beftätigt durch I. v. Hammer, Geſch. des
osman. Reiche. 1. ©. 39. 9) &. Miebuhr, Reifebefchreibung. 4.
1837. Th. 111. ©. 135. ”*) Ainsworth, Notes taken on a Jour-
mey etc. in Roy. Geogr. Journ. Lond. Vol. X. P. $ p. 490.
Mittler Sakarialauf; der Thymbres, Purſak. 615
vom dem zumal im benachbarten, Esfifchehr nody heute die türe
tiſchen Pfeifenköpfe im Verkehr kommen. Nicht unwahrſcheinlich
alfo, daß auch ſchon zu Zenophons Zeit folche vielleicht erſt Durch
Berfer in Schwing gefommene feinere Fabrikate dem großen Bazar
jener Gegend, fei e8 in Kjutahia ober ven nahen Uſchak, einen
rühmlichen Namen gegeben hatten, va das Fabrikat in andern Ges
genven noch nicht in Gebrauch gelommen fein mochte. Genauere
Nachforſchungen hierüber wären künftigen Neifenven zu empfehlen,
denn bei der Unbeftimmtheit älterer Angaben hat man aud) andre
Rocalitäten für ven Markt der Keramier gehalten, wie Cramer?)
das Ceranä bei Plin. V. 32, Hamilton aber Uſchak, das fpätere
ZTrajanopolis, womit auch Kiepert übereinftimmt, u. A. m.
Im den vortürkiſchen Zeiten, vor ber Zerftörung durch Timur
(im 9. 1400), war Kjutahia unter den einheimifchen ſeldſchukiſchen
Fürſten von Kermian einebebeutende Stabt 6). Siehatte, am Purſak
gelegen, 7 große Moſcheen, 7 große Baͤder, davon das berühmtefte
Balykly hieß, d. i. das fifchreiche, weil in deſſen Mitte ein
Baffin mit altem Waſſer voll Fifche war. “Die Bäder waren von
Kanten ſehr ſtark befucht, und zumal gegen Gliederſchmerzen heil
ſam befimben. Der Berg über ver Stabt trug im boppelter Höhe
ein inneres und ein oberes Schloß, weldes letztere Dſchewhari
Ripfgin, di. bie Iumele des Ringes, hieß. Die Annehme
Tichfeit der heutigen Stabt, deren Häufer zwar nur von Lehm, aber
mehrftödig erbant und mit Holgziegeln gebedt find, fagt Olivier,
wird durch viele Springbrunnen des beften Waſſers ſehr erhöht; bie
Dbftgärten, welde die Stabt umgeben und durch treffliche Aepfel
und Birnen berühmt find, bieten ſchöne Spaziergänge bar 77).
Im neuern, Zeiten ift die Nachbarſchaſt um Kjutahia mehr ber
ſucht als ihre unmittelbare Nähe; die Quellen des Burfalfluffes,
die in der Nähe von Altyntafch liegen follen, find noch von Nies
mand erforfht. Der Ort iſt nur zuweilen durch Zufammenkünfte
bei ihm in ber Nähe von Conni genannt”), C. Niebuhr?®) war
zwar ſchon im Jahr 1766 des Weges von Karahiſſar (Synnada)
”®) J. A, Cramer, Asia Minor I. c. II. p.26; 3. W. Smith, Dietioner
et Greck und Roman Geo. 1 9.580.300. ") Hanial Gpaife
f 3.0. Hammer, @eld. des osman. Reihe. I. ©. 184.
12 Pils Reife, Ueberf. Weimar 1808. Ih. I. ©. 387.
Cramer, Asia Minor. I. p.25. 5 G. Niebuhr, Reiſe⸗
ser. ler <. 11. 6. 134-135. b
616 . Klein⸗ Aſien. $. 13,
nah Kjutahia gelommen, war aber oſtwärts am den Quellen det
Burfal vorübergegangen, daher er ihrer nicht einmal erwähnt. Ex
brauchte 3 Tage, um vom 5. bis 7. Januar mitten im Winter auf
ſchlechtem Wege von dem einen Orte zum anbern zu gelangen. Den
erften Tag legte er die 3%, Meilen von Rarahiffar bis Eiret
in 5 Stunden über die große Ebene zurüd; ven zweiten Tag in
8 Stunden die 5, Meilen nad; Duwartor, den dritten Tag 3,
Meilen in 5 Stunven über drei heiße Quellen, wo viele Marmor
trümmer einftiger Prachtbauten, bie nicht näher befanmt geworben,
bis er Kjutahia erreichte.
Auch Dlivier®) Yam im I. 1798 auf feinem Rückwege aus
Perſien am 9. October von Karahiffar in 4 Stunden nach Altyn
taſch, das er ein großes Dorf auf ber Ebene nemt, ohne ver
Duelle des Purſak zu erwähnen, ben er erft am folgenven Tage
8 Stunden unterhalb Altyn Taſch traf und ein Flüßchen nennt, das
ex auf einer Bogenbrüde überfegte und von da in 1%, Stumben bie
Stadt Kiutahia erreichte... General v. Loehlers Route im Dahr
1800, der Colonel Leake begleitet hattest), aber allein von Adalia
in Pamphylien direct gegen Nord über Kjutahia nad; Conſtantinopel
zurücklehrte, paffirte das Duellgebiet des Purfak eiligft, va es am
Ende des Monats März noch ganz mit Schnee beveit war. E
ging vom Dorfe Sitſchanli im fruchtbaren Thale in S.D. des
Murad Dagh etwas weftlih von Afium Karahiffer (Syunabe)
gelegen aus, und erreichte in 9 Stunden Weges am Abenb bes
3. März die Station Altyn taſch (b. h. Golbflein). Er km
dahin durch melliges Land, durch wenig Wald, traf in mehren
Dörfern mande zerftörte alte Reſte, aber Teine Ueberbleibfel einer
größern Stadt. Aus dem Schnee ragten hie und da bei der Station
gelbe Klippen hervor, denen fie ihren mobernen Namen wahrſcheinlich
verbanlt. Sie liegt, fagt er, auf dem linken Ufer des Purfal, der
bier entfpringt; ein rebelliſcher Häuptling war eben hier durch ben
Vaſcha von Kjutahia beſiegt und ver Ort geplündert worben. Bon
da fam er am folgenden Tage nach Kiutahia. Bon Ueberfchreitung
eines hohen Quellberges ift hier leine Rede; er kam nur über eine
ſchlammige Ebene, die von ber Schneeſchmelze und dem Purſak unter
Waſſer gefegt war, und hatte mehrere Brüden über deſſen Krüms
mungen zu überfchreiten, ehe ex zur Stabt kam. Gegen Altyn taſch
. Dlivlerö Reife. Welmar 1808. I. ©.386. * MLeake,
*98.
Minor L.c. p. 139-141.
Mittler Safarialauf; der Thymbres; Purſak. 617
hatte er nur niedere Berge und ein liebliches Land pafftrt, war auch
an einer Quelle vorübergelommen, bei welder vie Ruinen einer
Moſchee und voneiner alten Kirche halbwegs nad) Kjutahia lagen.
Bon da überfhritt er auf guten Kieswegen durch gute Orafungen
bis zum reißend firömenven Purſak eine Brüde, und Tam fo zur
Stadt, die im Bogen vom Fluſſe umgeben an dem Berg empors
gebaut ift, auf deſſen Borfprunge ein Eaftell liegt, gewöhnlich die
Reſidenz des Beglerbeg von Anatolien, und dadurch bie Eapi-
tale des Landes. Der berühmte Duellberg des Dindymon if
don ven Wanderern auf diefen Wegen nicht einmal genannt, feine
Gipfel nie beftiegen, feine Höhe nicht gemeſſen; die Lage ver Quelle
wurbe dem Major ©. Keppel®) nur aus der Ferne gezeigt, als
er gegen Weit über die Berge von Kjutahia nad Aizana hinüber
flieg, und gefagt, dort habe ein Paſcha über die Duelle ein Kjbſchk
erbaut.
Der Purſak ſcheint wol der oͤſtlichen Seite des Berges zu
entquellen, wie der Hermus ber Weftfeite, welder dort als Mu⸗
rad Dagh fu feinen Quellarm vom alten Dind ymene-Berg
erhält, ver. nach Strabo (XII. 626) ver heilige Berg heißt, von
dem der Hermus durch Katalefaumene fließe. Auch der moberne
Name Murad iſt dem Türken durch feine Altvordern ein heiliger
Name; mit dem Al Dagh ift er nicht identiſch, wie man früher
wähnte, von dem nur bie Norbquelle bes Gediz tfhai zum
Hermus herabfließt. Schon Plinius hatte irrthümlich ven Her-
mus bei Estiſchehr (juxta Dorylaium, Plin: H. N. V. 81) eut-
fpringen faffen und wahrfdeinlidh den Thymbres mit dem Hermus
verwechfelt, was durch Hamilton®) berichtigt werben lounte. Die
mad) M. Fifher auf Kieperis Karte mit Tfcaltidi bezeichneten *
Ruinen auf der Oftfeite, vieleicht das alte Conni der Itinerarien,
Somium bei Plin,, Conna bei Btolem., Coniopolis der Bifcjofafig
Bei Hierockes, an der Sühfeite bie Ruine wahrfcheinlich von Alybba
und am ber Weftfeite die zu Gjöller am Hermus, beweifen wol, daß
dieſer heilig gehaltene Berg einft von größerer Bedeutung und bes
völlerter war als gegenwärtig.
Keppel fand bei Armeniern®) in Kjutahia gaftliche Aufnahme,
am Thore fah er eine ſchöne LWwenſtatue von weißen Marmor;
*2) Maj. G. Koppel, Narratire of a Journey across the Balcan etc. and
Asia Minor. Lond. 1831. Vol. IL p.194. . °”) W. Hamilton, Res
1. c. Voll. 9107-108. *) Koppel 1. c Il p 181.
618 Klein⸗Aſien. $. 13.
aber in 2 Stüde zerſpalten eine andre dergleichen; im ben Mauern
fah er wol einige antife Marmore eingefügt, aber feine Infcripr
tion, wo jedoch Dr. Hall ſchon vor ihm einige bemerkt hatte.
Die Gärten brachten treffliches Obft und Gemüfe, zumal Kohltöpfe
von außerordentlicher Größe Einen Plan von Kjutahia hat
v. Fiſcher aufgenommen®$). Zu Kjutahia war nad ©. Keppel
ein Gouverneur vom Paſcha von Aleppo eingefegt, dem ber Ort
untergeben fein folle; zum Territorium ver Stabf wurden 32 Dörfer
gerechnet, und die Armenier, deren ficher übertriebenen Nachrichten
ex gefolgt zu haben ſcheint, gaben ver Stabt 8000 Häufer, dadon
follten 300 ven katholiſchen, 280 ven ſchismatiſchen Armeniern ger
hören, 400 den Griechen, die übrigen von Mufelmännern bewohnt
fein. Die Eentrallage der Stadt verfchaffte ihr einen bedeutenden
Handelsverfehr mit Conftantinopel, Bruffa, Smyrna, der Iuſel
Cypern und oftwärts mit Aleppo und Bagbab, daher aud ihre
Harte Population wol entftanden, währenb andre weit bedeutendere
Stäbte ver Ältern Zeit gegen dieſen früher geringen Ort zu bloßen
Dörfern zurüdfanten. Zu Niebuhrs Zeit?) muß indeß ber Ort,
veffen Breite er auf 39° 25° N.Br. beftimmte, noch weit blühenber
geivefen fein, wenn er zur Zeit, da er noch die Refidenz eines Bar
fchas mit 3 Roffchweifen war, der hier ein prächtiges Palais er⸗
baut, 11,000 Häufer hatte, wovon nur 1200 von Armeniern bewohnt
fein. Doch war das Caſtell in fchlechtem Stande, aber Niebuhr
führt die Namen von 91 Ortfcaften auf, welche damals zum Ge
biete der Stadt, alfo faft das dreifache von ber Keppelichen An
gabe, gehörten (im 9. 1766), woraus wol ber Verfall des ganzen
Landes ſich deutlich herausftellt. Daß es nur wenig fhöne Gebäude
in Meinaflen giebt, zu welchen, nad Niebuhrs Verſicherung, diefer
Ballaft zu Kiutahia gehörte, fagt derſelbe ſcharfblickende Reifenve,
komme daher, weil niemals ein Paſcha Sorge für feine Nachfolger
trägt. Unter dem Regiment ver alten Seldſchulen -Dynaſtie muß
ein andred Berwaltungsfpftem herrſchend gewefen fein, da aus
dieſer Zeit die ſchönſten Bauwerke ſich bis in neuerer Zeit erhalten
haben, von denen aud das Schloß in Kintahia herzuftammen
ſcheint. Denn ſchon im Jahre 1432 ftand es in feinem brei»
fachen Uebereinanderban, wo es de la Brocgniere bei feiner
’s) Obr. v. vijchet, Blan von Kfutahla und Umgegend., 1838, in Kie⸗
perts Mem. und Atlas bei Schropp. tab. 13. *) C. Niebuhr
a. a. O. IH. &.135—137.
Die Stadt Kjutahia am Purſakfluß. 619
Durchreiſeẽ) als eins ber ſchönſten Schlöffer nennt, Die ex gefehen, Bau-
werte, wo ein Sohn bes Groftärten feine Refivenz genommen. Ex
hatte auch den Weg von Karahiſſar nad Eotyaium genommen,
den ex noch mit feinem alten Namen (Cotthay ſchreibt er) nennen
hörte. Er kam am Purfalfluffe vorüber, dem er aber leider nicht
feinen. bamaligen Namen beilegte,
Einfuhr waren neuerlich, zu Keppels Zeit, frauzöſiſche
und englifhe Waaren; Ausfuhr bagegen, wol meift durch den
Betrieb ver armeniſchen Kaufleute: Wolle, Ziegenhaar zu Shawls,
Hafenfelle und ſehr viel Opium, ver ſchon hier, zumal aber ſüdlicher
um Afium Kara Hiffar gebaut wird, das ven Namen von ber
ſtarlen Opinmcultur erhalten hat. Im Jahre 1830 hatte es
3000 Dien Opium erportirt. Die Stadt und Umgegend von
Kiutahia hatte durch die Recrutenftellung in den legten Reihen
von Jahren auferorbentlih an Entvölferung gelitten, durch bie
Kriege mit ven Ruſſen und vie unbarmherzige Art ber Willlühr,
mit ber alles junge Boll, weggefangen und gefeffelt zur Armee ge»
führt wurde, fo daß meift nur Weiber und Alte und Kinder zurüde
blieben, die das Land nicht mehr zu bauen fähig waren, 25,000
Mann waren hier feit dem legten Kriege gepreßt; anfangs hieß es
ame junge vom 14. Jahre an, keine Bartmänner; aber ba biefe
Yugend bald erfchöpft war, wurden auch die Sakally (Barts
männer), baramter man, im Gegenfag ber bloß fchnaugbärtigen
Unverheiratheten, die Familienväter verſteht, venen man,
am dem Worte des Geſetzes gemäß zu bleiben, mit Gewalt bie
Bärte abſchnitt und dann meift gefeffelt davon führte. So fah
Major Keppel bei der allgemeinen Wiverfpenftigfeit gegen bie neue
Methove ver Eonfeription Haufen ®) von 400 ver Recruten mit
gebundenen Händen und Halseiſen zur Armee treiben. Die Dörfer
ſtanden daher meift leer, die Aeder blieben unbebaut und alle Ge»
werbe ſtockten in den Städten; ein Zuſtand, der in ven legten Jahr⸗
zehnden Kleinaſiens Zuftände immer tiefer heruntergebradht hat. .
Um von Rjutahia gegen Weiten nah Tſchawdyr Hiffar
(Aezani) am Ahyndacns-Fluß, ver von ber nörblichen Vorhöhe
des Murad Dagh und Ak Dagh norbwärts zum Propontis
») Lo Grand d’Aussy, Itineraire du Vor. de Bertrandon de la hroequiere
en terre d’Oultre Mer, 1432, in Mem. de institut National des
Beiences et Art. Paris An Al. p.546. **) M. G.Keppel, Nar-
native 1. c, II. p-190.
620 Klein-Afen. 6.18,
abfließt, und nah Baſardſchyk zu kommen, mußte Keppel eine
bedeutende Gebirgehöhe überfleigen, ehe ex ven legten Ort durch
meift entoölfertes Land in 5 Stunden erreichen Tomte. Bon ber
S. O.Seite von Kjutahia ergießt fid ein rechter Seitenarm zum
Purſak, an welchem nach 8 Stunden Wegs von der Stabt bes
Dorfchen Agha kjdi (2Arrakui bei Fellows) erreicht wird
€. Fellows%®) auf feinem erſten Ausfluge (im Iahr 1838) in
Aleinaſien hatte in Kjutahia ſich nach ver Lage von Doghanly
erkundigt, aber feine Nachricht. varüber erhalten Köımen; er ritt in
‚gleicher Richtung noch 8 Stunden weiter über eine übe Hochebene
fort bis zu auffteigenden Bimsfteinkegeln; dann noch 3 Stunden
weiter fort bis in eine Gegend, wo ber felfige Boden von taufes
den von Höhlen und Grabflätten bucchlöchert war, und eine Gruppe
von folgen Kegeln unter dem Namen Gurdſchare Kaleffi mit
Trümmern aus ber Ebene hervorragte. Im einigen ver Felsgühlen
ſah man architectoniſche Ornamente eingehanen, und in den Zur
ſchenthãlern Tagen Trümmer von Säulen, Thürpfoften, Pieveftaln
und andre Spuren älterer Bewohnung zerſtreut. Noch 2 Stuten
weiter hin follten viele Sarcophage liegen bis nah DuasIn zu
(was auf Leale's Karte mit Doganlu bezeichnet war). Noch weiter
bin gegen bie Station Chosrew Paſcha Chan’ follten noch mer
Ruinen liegen, die man Jazyly⸗Kaja, d. h. beſchriebene Fel ⸗
fen, nannte. Doc konnte der flüchtige Ritt zu leiner Entfcheivung
führen, da man ven Ort Doghanly’nicdt fand und Felloms
veshalb, ohne große Eutdeckung gemacht zu haben, noch am Abend
bis Agha Fidi zurädritt. Wäre er etwas weiter nordwaͤrts vor
gerüdt, jo wärbe er Doghauly und bie berühmten Königs
gräber des Midas, bie ſchon von Leake entdedt waren, wieder
aufgefunden haben, von benen weiter unten bie Rede ifl. Dr
war wenigſtens ermittelt, daß jene Gegend auf ber Oftfeite dei
Burfak wegen ihrer Bimsfteinkegel einft auch zum geogmm
ſtiſchen Bereiche der Katakeka umene, der verbrannten Land
ſchaft, gehört haben müſſe, vie fi weftwärts bes Purſallaufes
in fo merfwilrbiger Weife ausvehnt. Es ergab ſich, daß auch hier
wol einft eim fehr beuölfertes Gebiet Ing, weldes durch fein
Necropolen bezeichnet ift, wie durch viele Marmortrünmer, bie
mad; wahrſcheinlicher Conjectur einft zu Lyſias gehörten, und bie
*) CH. Fellows, Tagebuch auf einem Austige nach Kleinafien. Ueberſ.
ven Dr. Zul. 26. Zenter. Leipzig 1843. ©. 70.
Die Stadt Kjutabia und Umgebung. 62i
bei Gurdſchare Kaleffi zu Metropolis”) Eonful Manlins auf
feinem Selbzuge gegen bie Galater durchzog (Livins XXX VIEL. 15)9).
&s iſt wahrſcheinlich, daß in biefer Gegenb ver Meine Ort Meliffe
Ing, wo Wlcibiabes, ven Lyſander auf Pharnales Betrieb ermordet
hatte, begraben warb, wo Kaiſer Habrian dem ansgezeichneten
Manne eine Statue aus weißem Marmor errichtete und ein jähr-
liches Opfer ihm zu Ehren ftiftete, ein Monument, das Athenäus
bei feiner Durchreiſe von Metropolis nad) Synnada noch gefehen
du haben verfiert®),
Bean auch unfer geehrter Freund Fell ows von feiner Ereur⸗
flon gegen ven Oſten in antiquariſcher Hinſicht unbefriedigt nach
Kintahia zurädtem, fo iſt ins in geographiſcher Hinſicht
dadurch doch das Ergebniß geworben, daß auch von SD. her dem
Thymbres ber Alten ein rechter Zufluß zufließt, ver von den
Höhen von Seid el Shary (Begumeflus) herab gegen Weft ober-
halb und bei Kintahia in ben Purſak einflicht, venfelben Höhen "
alfo entfpringt; dam auf ver Norbfeite ein anbrer Fluß ent-
fpringt, welcher eine öftlihe Richtung zum obern Laufe des Peſ⸗
ſinus· Arms des Sangarins nehmen wird und wahrſcheinlich dem
Alan der ber Alten zugehört.
Bon Kjutahia ſetzte General v. Koehler®) feinen Marſch
am Purſal abwärts bis nad In Ongü 12 Stunven fen fort.
Sein Weg führte ihn über eine vom waſſerreichen Strom übers
ſchwemmte moraftige Ebene, wodurch bie erfte Hälfte feiner Wanbes
rung fehr öde und traurig war. Nur hie und ba ragten Feleflippen
vom Breccien bervor- und zeigten pittoresfe Partien; bie und da
war ein Ader angebaut. Dann ging es fteilab zum Purſakfluß,
der zum zweiten Male überfegt werden mußte. Un feinen hohen
bebufchten Klippenufern führte mm der Weg entlang. An einer
Stelle fliegen die Felſen wie gothiſche Thürme empor, darin Niſchen,
Sepulcrallammert mit Thüren und Fenſtern und allerlei Crypten
wahrzunehmen waren. Das Thal wurde dann wieder offener,
wanbte ſich rechter Hand, während der Weg links vom Fluſſe ab-
lenlte, über Berge führte, bie mit ihren Wälbdyen oft ſchöne Park
landſchaften darboten, deren Hocrüden alle noch mit Schnee (am
®) Kieperts Karte von Kleinaflen, und beffen Karte, von ahrypla an
Frauz. Fünf Infchriften und fünf Städte. ®') 3. A. Cramer,
Asia Minor. II. p. 28—30. °*) Athenaei Deipnos, T. V. ed. Schweigh.
1805. Lib. XIIL 574. p. 76; Plutarchi Alcibiad, 39, 2) M. Leake,
Asia Minor 1. c. p. 142—144,
we Klein-Afen. 5.18.
31. März) bededt waren. Ein langer longer Hinabweg von biejen führte
zur Station In Ongü (DoHi), d. i. Höhlenort. Dies if ie
großes Dorf am Rande einer Meinen 5 bis 6 Stunden laugen und
5 Stunden breiten Ebene, auf der Weftfeite des Purſak gelegen, we
dieſer fih gegen Oft zum Hauptarm bes Safaria hinwendet
Nadte Felsllͤppen überragen das Dorf, bie voll Sepulcraltam-
mern find, beren mehrere damals ben vielen umherſchwebenden
Adlern zu Neftern dienten. Cine ver großen Höhlen hatte in ber
Front eine Mauer mit Baftionen und Thärmen, und konnte ei
Art Citadelle bilven. Im Yahre 1830 war ber Ort buch vie
Confeription ſehr verddet, und alles junge Bolt mit Gemalt zur
Armee abgeführt. Inſchriften Tonnte Major Keppel feine auffin
-den®), Bon In Ongi führt noch weiter nördlich ver Be
auf dem linken Ufer des untern Purſak in 5 Stunden nad) Si»
güd (Shughut bei Koehler). Hier war man von den hohen Zafd-
flähen und Bergen in fanftere Hügel und Thäfer eingetreten, bie
gut bebaut waren, voll ſchöner Eichen- und Buchenwälder; man
näherte ſich ſchon bebeutend ben tiefern Thälern des untere
Satarialaufes; hier zeigten fidh bie erſten Spuren des Früh ⸗
lings, ber aber noch feineswegs fo weit vorgefchritten war, wit
ter Frühling an der cilicifhen Südküſte zur Zeit bes de
bruars, als General Koehler dieſe dort verlafien hatte. Hier um
Sögäd war die Saat hervorgefproßt, Primeln, Veilchen und Eros
waren bie einzigen Blumen in Blüthe; bie Baumknospen waren
aber noch nicht aufgebrochen. Der. ferne Diymp war mod em
1. April tief mit Schnee bevedt. Nur 2 Stunden unterhalb Sögäb
mag fi) der Purſak in den Safaria ergießen.
Sögüd (d. i. Weidenbaum), bas Col. Leute”) beſucht bet,
nennt er einen elenden Ort von 900 Häufern, mit großen Manl-
beerpflanzungen umgeben, in bem viel Seide gebaut wirt.
Als er im I. 1800 hindurchzog, war der ganze Ort in Mebelien
und 300 ver Empörer wurben hingerichtet, welche man durch Trup
pen von Conftantinopel befiegt hatte. Im Jahre 1830 bei Major
Keppels%) fpäterm Durchmarſch ſtaud ein Drittheil ver Häufer
buch die Confeription leer, bie Bevöltermg war auf 700 Seelen
herabgeſunlen und von biefen war ein Drittheil ohne Arbeit, ber
Ort im größten Verfall. So find fortwährend die Zuftänbe biefer
”") Mai ©. Keppe, Namatie 1. I. 178. ®*) M. Lenke, Asia
Minor. p.15—16. *°) G. Koppel, Narratire 1.c. II. p. 176.
‚n: > Der mittlere Sakarialauf; In Öngl. 628
Landſchaften, bie einft die Wiege der osmanifhen Gräfe
Maren, dom ber nur noch das Grab Aly Osmans, bes Grün-
ders der osmanifchen Dynaſtie, hier ein bebeutenver Ueberreſt
iſt. Es liegt am Ende des Thales und wird ſchon aus der, Gerne
erblidt”), wenn man den Weg von Lefkeh Hieher fommt. Cs
gleicht ven fhönen Grabmälern älteften Styls in Conftantinopel, ift
in ber Mitte eines immergrünen Haines von Cypreſſen und Eichen
aufgeführt. Die Gebeine Dsmans wurden hier zur Seite feines
Baters Ertoghrul, in deſſen Geburtsftabt, beigefegt. Zwar wird
aud ein Grab Osmans in Bruffa gezeigt, dem Hauptort feiner
Eroberungen, aber es wird von ben Türken nur als ein Cenotaph
deſſelben angejehen.
Einſt war das benachbarte In Öngi®) von Griechen ber
wohnt,. die ven Sultan Alaeddin, ven Seldſchuken, als ihren
Dberhern anerkannten. . Deflen Ktiegslnecht war Ertoghrul, ber
für feinen tapfern Dienft von Alaeddin als fein Vaſall zu Ehren
dam. Für eine gewonnene Schlacht gegen die Griechen und Tar
Aoxen, über die er bei Dorylaium (Eskiſchehr) am Thymbrus
txiumphirte, übergab Alaeddin dem Ertoghrul als feinem Ba-
ſall das Gebiet von Sultan Öngü zum Winterfig, als fein
amd: feiner "Söhne Eigenthum, und fette fie zu Grenzvertheidi-
‚gern des Selpjhulenreihes gegen bie Griechen an dieſem
Winkel zwiſchen dem Purſak und dem Sakaria ein. Denn das
bezeichnet hie dieſer Grenzmark gegebene Benennung Sultan
Öngi, d. h. bie Bordetfeite des Sultans, die allerdings
gegen feinen Hauptfeind, ben bhzaminiſchen "Raifer, gerichtet war.
Zu ihren Sommerlagern (alas) wurden ihnen die Alpen
Tu mandſchy (Dumanidfh) und Ermeni {mo Ermeni Bazar) ®),
auf ver Karte das Gebiet zwiſchen ber öſtlichen Duelle des Gallus
und ber oberfien Quelle des Tſchaltylyk Dere, wo der Ort auf dem
Norvabhange der Dumandſch⸗Kette liegt, angewiefen; in N. W. von
Kiutahia, wo fi der Dumandſch gegen den Burfat und. Salaria
binabfenkt. Diefe Dumandſch y (jene hohen Berge, welche Nie
bubr Damaludſch nannte, als er fie auf feinem Wege von Kju⸗
®7) Leon de Laborde, Voy. en Syrie en Asie Mineure etc. Fol. Paris
1837. Livr. X u. XI giebt eine Vue generale de la Ville de Chougout,
d. i. Sögüd, und eine Vue du Tombeau d’Ali Osman, jo wie eine
Vue de la Porte d’Entree sur le tombeau, *) 3. v. Hammer,
Geld. des osman. Reihe. Th. J. S.43—44, >) 0. viſcher,
Geogr. Rotizen in Kieperts Mem. ©. 19.
6 glein · Aflen. 5. 13.
tabia gegen N.W. nach Bruſſa überftieg) beyeichnen bie oſtliche
Fortſetzung ber waldreichen Gebirgszüge bes hohen Olymp gegen
" Burfal und Salaria zu, die auch heute noch benfelben Namen tragen.
Auch Ch. Fellows Tam im März 1838 durch Sögäb mb
Iu Öngä (bei ihm irrig Sohut und Onjojnu). Er fand, daß
ſchon in Sögiüd die vulcaniſche Region begimmt, die ſich vom
da immer breiter und mächtiger gegen Süd, nad) ihrem Producte
zu urtheilen, bis in bie weite Katakekaum ene ausbehnt. Nach
ben ſchoͤnſten und wilbeften Eichen⸗, Fichten · und Platanen-Wälvern,
die man, von Propontis durh Bithynien kommend bis hierher
zu durchwandern hat, betritt man bei Sögüd die erſten Bafalt-
gänge und Lavazüge!ıw), und mm folgen ſchon nadtere
Felshbhen. Im tiefen Sumpfthale ver Stadt Sögüp, nahe
dem Zufammenfluß des Purſal ımd Sakaria, war alles voll
Baffervögel, zumal Entenſchaaren und Kiebitze, woran auch vie
Thäler des Hermus und Mäander fo reich zu fein pflegen. : Dem
um bie Felſen in Ianger Reihe angebauten Ort überragen zwei un.
geheure Höhlen, die zwiſchen rothadrigen Marmorklippen
fiegen, und das Thal ald Feſtung beherrfhen; venn fie ſtehen umter
einander in Verbindung und find durch Vormauern, die ſchou
Koehler bemerkte, befeſtigt. O. v. Richter 2) hat fie mit ihren
Vefeftigungen etwas genaner unterfucht und befchrieben. Die meiften
Häufer des Orts find nur mit buntfarbigen Lavaſchlacen aufgebaut,
dazwiſchen einige antife Marmore eingemauert find.
Bon Sögüud ritt Hellows am folgenden Tage (22. Mär)
an einem Meinen See am Fuß ber Berge hin, ver von heißen
Dnellen gefüllt wir, und erftieg dann bie Berghöhen, von denen
ex in ber Ferne gegen Weſt die Schneegipfel des Olymp erblidte,
und auf ver erftiegenen Platenuhöhe, die von ba größtentheils bis
gegen Kjutahia auffeigt, kaum einige Crocusbluthen entfaltet be
merfen Tonnte; jo falt unb bde erſchien ihm das Hochland, das mit
Kreidelagern und wechſelnden Schichten ſehr ſchöner Ach a te umb
Chaleedonlager überzogen war. Nur an einem Grabmale
am er vorüber, an dem er ein paar geflägelte Figuren umb fonftige
reihe Sculpturen für qrriſtliche Arbeit hielt. Die Dede und
Kälte des Bodens, der geringe Vorſchub ver Jahreszeit verleiteten
1000) Ch. gellows, Tagebud) auf einem Ausfinge a. 0. D. ©. 65.
? 2: Sn v. Richter, Wallfahrten Im jenlande. lin 1822.
Der mittlere Salarialauf; Bimsfeinfegel, 625
ihn das Plateau, über welches er hinſchritt, fur doppelt fo hoch
au halten, als es wirklich fich erhebt, mährend es höchſtens nur zu
3300 Fuß auffleigen mag 2).
Im der Nähe der Stabt fielen dem Reiſenden Fellows bie
vielen zuderhutförmigen Kegelfpigen auf, bie den ſchon oben beſchrie ⸗
benen am Halys (f oben ©.312 u. f.). fehr ähnlich waren; ber
ganze Boden ſchien ihm vulcaniſcher Natur zu fein, aus weißen
Kall: und Kreivemafien beftehenb, darin Schichten von Chalcevonen *
lagerten. Unten war reiner Tuff, barin ein zerbrödelter Boden ver
Trümmer verſchiedener Gefteinsarten umb ber verſchiedenſten Finde
Üinge, vor herrſchend barin aber ver Bimsftein; alles von
Waſſerrinnen durchzogen oder angefüllt. Die Kegelfpigen beftanden
wmeift ans reinem Bimsftein, unftreitig weil fie als die Teichtefte
Maffe bei dem Niederſchlage oben aufſchwammen. Die
Spigen dieſer Kegel waren oft von Grabhöhlen durchlöchert wie
Honigwaben, und Treppen und Stufen bilveten bie Berbinbung von
einer zur anbern. In ber Nahe der Stadt Kjutahia war der
Fuß ber Kegel meiſt zertrümmert, ober bie Höhlen waren verſchüttet.
Im mehreren ver Kegel zählte Fellows mehr als 20 folder Höhlen,
vie einft zu Gräbern ober Wohnmgen gebient, von benen aber
gegenwärtig viele zu Stallungen benutzt wurben, in benen wol 50
bis 60 Stüd Vieh Schu fanden. Fellows kehrte von einem
Auefluge gegen Weft zu ven Ruinen von Aezani nad Kjutahia
zurüd, und verfolgte von ba feinen Weg gegen Süd auf derſelben
Route, bie General v. Koehler nordwaͤrts gegangen war, nämlich
über Altyn taſch nah Sytſchauly, und aud in derſelben
redzeit
Am 27. März wanderte Fellows ſüdwärts über weite und
bis 3000 Fuß hoch liegende Flächen, auf denen fein Baum zu
ſehen, und ver Frühling noch nicht angebrocden war, die aber
von vielen Bögeln, zumal von Rebhühnern, Kiebitzarten,
Enten, Öänfen, Schnepfen ımb Waffernögeln aller Art
durchzogen wurden. Auch ver gemeine Kukuk lieh ſich ſchon hören,
und auf einem Fleden konnte er 108 Störche beiſammen zählen.
Es ſcheint vie Zugzeit der Vögel geweſen zu fein. Der Boden
ſchien zur Viehweide ſehr geeignet; derſelbe Boden führte auch jen-
feit Altyn taſch noch eine Tagereife von 13 Stunden Weges
weiter hinaus, wo es eben fo bürre war und nur bie ımb ba
v. viſcher a. 0. D. u. Rote von Klepert. S. 10.
Ritter Cotunde xviu. Rr
626 Klein · Afien. 6.18,
Adatgerdlle mit gebrannten ſchiefrigen Geſteinslagern Bier weh⸗
felten und bis zum Dorfe Sytfhanly auch Anfchwellungen von
grauen Lavazügen ſich zeigten. Daſſelbe plut oniſche Gebiet,
das von Sögüd begonnen, ſetzte alſo hier über die Hochebene
fort und verbreitet ſich von da weiter oſt ⸗ und weſtwaͤrts in bie
große Katakekaumene. Weber der Duellen bes Burfal-
fluffes, nod des in Weft gelegenen Dindymene ober Murad
Dagh erwähnte der Reifende, dem hier Tagereifen meit (30 Mitt)
in Oft wie in Weft alles Land als unabfehbare Hochebene
erſchien, von ber erft weiter fübmärts bie Kette des ſüdlichen
Taurus hervortrat. Es ſcheint demnad, daß der Murad Day}
durch feine hohen Kegelgipfel ausgezeichnet ift, und wahrfheinid
nur feinen Höhlenbilpungen feine mythiſche Bedeutung verbankt,
von denen auch mehr als von feinen Gipfeln bei ven Alten am
Dindymene bie Rebe ift. Eine genauere Erforſchung des jo ge
feierten Bergs ift neuern Reiſenden wol zu empfehlen.
Riutahia ift in neuefter Zeit in politiſcher Hinficht ein Gegenftianb
größerer Aufmerkſamleit geworben, weil in ben Kriegen bes Biceftuigt
Mehmet Ali von Aegypten gegen den Groffultan (im I. 18%)
das Kriegsheer Ibrahim Paſchas, des Eifernen, bis zu vide
Hauptſtadt VBorderafiens, einft das Hauptlager Timurs,
fiegreich vorgerüdt war und bie Hohe, Pforte mit dem Unfug
ihres Throns bebrohte, wenn nicht die europäifdhe Diplomatie ben
felben gerettet hätte. Denn es wäre Ibrahim ein Leichtes ge
wefen, von Kjutahia aus, wo ihm hinreichende Mittel zur Berpfle
gung feiner Truppen von allen Seiten reichlich zufloffen, auch bit
Eonftantinopel vorzurüden. Der europäiſche Einfluß nöthigte ie
aber, hier feine Kriegsoperationen einzuftellen. Schon hatte er and
feinem Hauptquartier in Kjutahia feine Befehle?) zur Reform
zung ber Gouvernements nah Güzel Hiffar, Magneſia mb
Smyrna geſchickt, wo bie Statthalter des Großfultans die Flut
ergriffen hatten. Der Amerikaner Cohen (in naher Berbintuug
mit Baron Rothſchild ftehend) war damals Ibrahim Paſchas
Heereszuge bis im fein Hauptquartier nah Kjutahia gefolgt )
Bei den warmen Bädern, 2%, Stunden im Norben ber Statt,
}
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) F. v. J. Arundell, Discoveries in Asia Minor etc. Lond. 1834. Vol. IL
p. 220 u. 229; J. R. Stewart, Deser. of some ancient Monuments etc.
Lond. 1842. p. 4. *) "Mendes J. Cohen, Notes made during a
tour throügh Asia Minor in 1833; als Maunfeript in Chest. e. der
Roy, Geogr. Soc. in Lond.
Mittler Safarialanf; Eskiſchehr, Dorylalum. 637
flanden Ibrahims Zelte bei Geudfchelt, bie auch ſchon Chevalier
Dtter als heiße Bäder (ec nennt fie Jundſchaly, Youndgela) 5)
gerühtnt Hatte. Es war das Quartier der Diplomaten, von wo
täglich die Eonriere nach Conftantinopel wie nach Alerandrien ihre
Depeſchen hin und her zu bringen hatten. Am 21. Dechr. (1833)
war bie entjcheivende Schlacht zwiſchen ven Aegyptern und den Trup⸗
pen des Großſultans bei Koniah (Jeonium) vorgefallen, welche die
ganze türkifche Armee vernichtet und den Großvezier zum Gefangenen
Ibrahim Paſchas gemacht Hatte. Das ägyptiſche Heer war am
1. Februar 1834 bis Kjutahia vorgerüdt, als ein ruſſiſches Heer
vom Bosphor zu Hülfe kam, die Empbrung in Conftantinopel ges
- bämpft warb, umb ber Friedenstractat der Hohen Pforte ihr Su.
premat über ben Vicefönig von Aeghpten und ihre Erijtenz ficherte ©).
Cohen brachte eine Woche in Kiutahia zu, bem man 20,000
Einwohner gab, zu denen aber damals noch 20,000 Dann Einquar-
tierung ber äghptifchen Armee zuzufügen waren, bie aber mır an
50 Kanonen mit ſich führten. Das Eaftell konnte keinen Wiverftand
keiften; deſſen Grundmauer war von Quaderſtein, die Thürme von
Backſtein aufgeführt; der Umblid pon der höchften Höhe war weif
und umfafjend. -
Erläuterung b.
Die Oſtſeite des Purfat (Thymbres) bis zu den obern San⸗
geriuszuflüffen, dem Alander, dem Seivflug mit Eskiſchehr
(Dorylaium), Seid el Ghazi (Prymnefia) und ven Könige
gräbern des altphrygiſchen Reiches. Die Necropole, das
fogenannte Grabmal des Könige Midas,
1. Estifhehr, die alte Stadt Dorylaium. Eine
Tagereiſe abwärts am Purſak von Kjutahia Liegt auf dem Oft
ufer dieſes Fluſſes die Heutige Stadt Estifchehr, das berühmte ,
Dorylalum ber frühern Zeit. Der Name Eskiſchehr, d. h.
die Altftabt, wurde ihr von den Turken beigelegt, wie Otter fagt,
als frühere Reſidenz turliſcher Herrſcher, im Gegenſatz der fpäter
von ihnen benannten Reſidenz Jeniſchehr 7), d. i. die Neuſtadt,
) Otter, Voy. II, p. 345. *) Voyage du Marschal Duc de Raguse
(1838) en Syrie etc. Bruxelles 1837. T. Il. p. 278—280. . ") Otter,
Voy. en Turguie 1. c. I. p. 51.
Rr2
628 Klein⸗Aſien. 5. 18.
die näher gegen NE. nach Nicka zu gelegen iſt. Im Eski⸗
ſchehr waren, nad Diter, fehr heiße Quellen, und au
Rinneir führt, in der .untern Stadt Mineralquellen m 4
warme Bäder an. Otter hatte bemerkt, daß auf ver Oberfläde
ver heißen Quellen eine Blige Materie (wol Naphtha ?) ſchwimme;
die Umgegenb war. voll Gärten und Weinberge. Col. Leake rüt
am 25. Januar 1800 von In Öngü, alfo von N.W. gegen SD.
nah Estifchehr, und mußte daher, aus der Ebene kommend, ek
bie vorliegenden Bergrüden überfteigen, welde bort am linken Ufer
des Purfak diefen Fluß fi gegen N.O. zu wenden nöthigen
Auf einer Anhöhe verfelben fanden ſich zerftrente Fragmente von
Säulen und andre Architecturreſte; auch mehr als 5 quabratiihe
Bieveftale ‘oder Stelen mit verſtümmelten Iufchriften, darin bes
Wort zölıg, aber lein Name ber Stabt übrig war. Die Türken
nannten fie Beſch Kardaſch, bie 5 Brüder; aber es fichen ud
mehr als nur 5 Stelen da. Bon da wurde am Purſal ⸗Fluſſe die
Stadt Eskiſchehr erreicht, bie Leake als das alte Dorylaium
am TIhymbresfluffe erkannte, ber von bier mur in wenigen
Stunden, nachdem er bei ver Stadt einen Mühlbach aufgenomme
und fi in 2 Arme getheilt hat, die reißend mit ſtarlem Gefälle
wieber in einen Arm von nur 70 bie 80 Fuß Breite ſich vereinen,
welche aber viejenige bei Kjutahia nur wenig übertreffen fol, ven Sau ⸗
garins erreicht. Ueber ven Purſak, fagt v. Wrontfchento®),
find 6 Brüden gebaut, ein Beweis, baß viele Baffage über ihn von
®. nad; Oft dies Bedurfnift erzeuge, da die Türden feine um
thigen Brüden zu bauen pflegen. Obwol feine Infcriptionen
mit dem Namen des Ortes gefunden wurben, aber body ſchon von
Paul Lucas in der Nähe auf Dörfern und von -Rinneir in
der Stabt mehre griechiſche und lateiniſche Infchriften, bie einen
antiken Ort bezeichnen, fo wirb dieſe Lage doch auch durch bie
heißen Bäder daſelbſt beſtätigt, bie ſchon von Athenäus (Lib
IL. p. 43 ed. Schweigh. I. 163) auch als fehr angenehme bar
Inifge Trinkquellen angegeben wurden. Unter ven byzantini«
ſchen Kaiſern behielt die Stat ihren antifen Namen, bis im bie
fpätere Tirkenzeit. Sie lag in der Eparchie von Phrygia salu-
taris, bie ſchon durch ihre vielen Heilbäber mit Recht biefen
Namen’ führen Yonnte (Wessel Hierocl. p. 678). In Itinerario
v. Wrountſcheuko a. a. O. Th. IL S. 69.
Mittler Sakarialauf; Umgebung von Dorylalum. 629
Provinciar. ed. Parthey finb bie Routen a Dorylaeo Ancyram und
nad Peſſinunt gegeben (201 u. 202).
Auf ver Ebene von Dorylaium trugen belannllich die
Kreuzfahrer unter Gottfried von Bonillon in ber größten
Hige des Tages, am 1. Juli 1097, ben erſten glänzenden
Sieg über das zahlreiche ihnen entgegentretende Heer des Sul«
tans Kilidſch Arslan davon, ber ihnen dann einen ſichern
Durchmarſch durch die Mitte Kleinafiens über Koniah (Ico«
nium) bis nah Cilicien und Tarfus bahnte. Das Heer ber
Wallbrilder hatte fi auf dem Wege von Nicäa gegen Oſten in
zwei Züge getheilt 9), vavon ver eine unfern Dorylaiım das lieb⸗
liche Thal Gorgoni erreichte, wo es am durchſchlängelnden Strom,
dem Thymbres, ſich Iagerte, deſſen reiche Weiden am Ufer entlang
ihren Laftthieren trefflihes Butter zur Exholung barreichten. ber
am folgenden Morgen vom furchtbar zahlreichen Feinde ver feld»
ſchukiſchen Türken, an 150,000 Mann Reiterei und ihrem wül⸗
thenden Feldgeſchrei n Allah Atbars überraſcht, und von Pfelle
regen überfchättet, veihten fie fid doch fogleid in Schlachtordnuug,
um dem Feinde Widerftand zu leiften, ber aber erſt nad} großen
Berluften, als ihnen bie zweite Abtheilung aus dem benachbarten
Lager unter dem Herzog von Bonillon zu Hilfe kam, wöglich
wurbe, worauf fie ald Sieger ven Feind in bie Flucht ſchlugen
und Herrn feines Lagere wie feiner unermehlichen Beute blieben,
bei der fie zum erften Male in Befig von großen Kameel⸗
heerden kamen, mit benen fie bis dahin unbekannt geblieben
Anverthalb Jahrhunderte fpäter traf auf vemfelben Boden
von Dorylaium (im 9. 1147)10) die Wallbrüder unter Kaifer
Conrad das große Unglück beinahe völliger Vernichtung, ba fie,
durch Berrath des griechiſchen Kaifers Manuel Comnenus (reg.
1143—1180) zwifhen Engpäffen von Feinden eingefchloffen, den
ſchimpflichen Rücweg ſuchen mußten, auf dem ver größte Theil ſei⸗
nen Tod fand. So blieb der Ort im traurigen Anbenten ber
Ehriften, den bie Kaifer von Byzanz auch gegen bie Perferlber-
fälle wie gegen die Seldſchulen als eine ihrer legten Hanpt-
feften zu fügen hatten, welche aber öfter zerftört warb. Cinnamus
bei bel Gelegenheit eines Kriegäzugestt) deſſelben Kaiſers Michael
8 IE Dit, Geſchichte der er Bremyige Th. 1. 6.141590.
Willen a. a. D. Th. I. 3. 1) Joann. Cinnamus, Hist,
Bonn. A, Meinecke, 81, Fr
680 Klein-Aften. $ 18.
gegen Perferüberfälle, welche die ganze Gegenb verwüſtet und alle
Heerden weggetrieben hatten, fagt, daß bie Stabt Dorylaium m
zwei Flüffen gelegen fei, beren einer Bathys, der anbre Thym ⸗
bres heiße; ‚ob ein beſondrer Zufluß oder nur zwei Arme
veffelben Fluſſes, ift uns unbekannt geblieben. Derfelbe Autor
(294, 12) rühmt jedoch nach ihrer Reftauration??) durch den Kaife
Dorylaium noch als eine der größten Städte im Aeinaſin
Das milde Clima, vie ſchöne Umgegend, bie reihen Saaten, die
fette Weide machen fle zu einem ſehr lieblichen Aufenthalt. Der
Fluß, mit feinem Wafler von gutem Geſchmad, habe ungeachtet dei
fortwãhrenden Fiſchfanges immer großen Ueberfluß an Fiſchen; we
Bäder ſeien beſucht und heilſam, der Kaiſer habe daſelbſt eine
ſchönen Pallaſt, Portikus und Bäder gebaut. Nur von ben Per⸗
fern habe die Stadt viel zu leiden gehabt; fie hatten viele Häuſe
niebergeriffen und bie Umgegenb entoöffert. Nach ihrer Vertreibung
habe ver Kaifer die Stadt in 40 Tagen wieber ganz anders, der
ſchieden von ihrem frühern Zuftande aufgebaut, etwas emtferskr
vom Berge, wo einft das Schloß geſtanden, und habe fie mit eimr
Mauer umgeben. Daß bie Lage von Eskifgehr dem alten Do»
rylatum in jeder Hinfiht entfprict, Hat Colon. M. Leate fir
reichend bewielen!>). Zu feiner Zeit hatte ſich ver Agha des Drkt
erſt feit einem Jahr aus einem Räuber zum Haupt der Gtaht
emporgeſchwungen, und bie Hohe Pforte, in ihrer Schwäche, hatte
ihn, den Rebellen, als Oberberen anerkennen müffen.
Im Often von Eskifchehr breitet ſich num bie hohe baum
loſe Ebene!*) in ihrer weiten unabfehbaren Monotonie mit ale
ihren Schreden durch das centrale Klein-Afien bis Konich
aus, wo bie zahlreichen Heere ber Kreuzfahrer durch Hitze, Waflr
Tofigfeit, Mangel an Lebensmitteln, Ermattung, Krankheiten un
Gefahren aller Art viele Tauſende ihrer Wallbrüber, vom benm
Bfter 500 an einem einzigen Tage tobt liegen blieben, bei im
vielen Durchzügen durch Feindesland verlieren mußten, wovon ir
Berichte vol find an Iammer und Noth, bis fie wieber in De
Tichere Gegenden, wo Bäche, Wälver, Weiden, Herden mb Dit
ſchaften waren, eintreten und ſich erholen konnten.
*#) Manuel Comnen; b. Nicetas Choniat. ed. Bekker. Bons, 1835
.227, 21. 12) M. Lenke, Asia Minor I. c. p. 18—20; wu
um, Fünf Juſchriften uud fünf Städte u. f. m.
2 5 A I, Gef pläte ber Rreuzzüge an vielen Stellen. Si
| u.
Mittler Safarialauf; die Meerſchaumgruben. 631
Dich) Ainsworth!S), der bie Stadt Eskiſchehr (im Dahr
1839, 7. Nov.) faft ganz von ihren Einwohnern verlaffen unb ven
antern Theil der Stabt in allen Strafen und Höfen wie Gärten
wit Srabftätten bededt fand, erfahren wir, daß hier eine Fabrik
won Meerſchaum, einer Art Kaolin, Porzellanerbe, ift, bie eine
plutoniſche, zu Gefhirr und Tabalspfeifen fehr anwendbare
Maffe giebt, welche von dortigen Chriften theil verarbeitet, theils
als Waare in das Ausland gefchidt wird, um in andern Fabrilen
bearbeitet zu werben, um bie befannten ſchönen Formen und Polis
tuxen zu erhalten, bie bei ben daraus gefertigten Pfeifenföpfen aus
dem Orient befannt genug find. Die Gruben, aus benen biefe
Maſſe gewonnen. wird, liegen weiter gegen Süb auf dem Wege nad)
Seid el Ghazi zu, wo Ainsworth biefe feltne, leicht auf dem
Waſſer ſchwimmende, feine, meift lihtgraue Erdart felbft an
einer Stelle auftehenb fand. Das Vorkommen dieſes eigenthümlichen,
wur fehr fporabifch vertheilten plutoniſchen Probuctes, das fehr an bie
Meerſchaum⸗Grube bei Thebä in Hellas erinnert, ift hier zwiſchen
vielen verſchiedenartigen bafaltifchen Formationen mit Breccien und
compacten, brannen Kiefelfelögefteinen gelagert, aus benen es exft
Yervorgezogen und vielfach fortirt und gereinigt werben muß, um
verarbeitet werden zu können, womit fi bie Türken gar nicht abe
geben, fonbern dies Gefääft ven Armeniern und Griechen über
lafſen. Die Höhe über dem Meere von Eskiſchehr beftunmte
Ainsworth durch kochendes Waſſer approrimativ auf 2164 F. Par.
Bon Eskiſchehr, dem alten Dorylaium, erreichte Ainsworth
gegen Süb über bie weite bis zu 3000 Fuß höher in gerunbeten
Stufenabfägen ſich immer mehr echebende Hochfläche in der Nähe
von Seid el Ghazi eine Thalſchlucht, darin ein Fluß 30 Fuß
breit und 1 Fuß tief feinen Ablauf nimmt, jenfeit welchem das
von Moslemen ſehr verehrte Staͤdtchen von 600 Häufern liegt, das-
von Seid, d.h. dem Helden, Herrn, vel Ghazi⸗ b.i. bem fiegreichen,
feinen Namen hat, und wo er bie auf den Klippen umberliegenden
sefigiöfen Bauten, darunter aud ein Tekieh, d. i. ein Derwiſch⸗
Kiofter, in beſſerm gebaulichen Zuftanve fand als gewöhnlich. Da
Ainsworth ausdrüdlich fagt, daß er am folgenden Tage, ven
30. November, der Schlucht des Flüßchens gegen ©. 8° D. folgte,
“4, W. Ainsworth, Notes taken on a Journey etc. L.c. 1841, Journ. of
the Lead. Geogr. Soc. Vol.X. P.3, 490-492; "befien Trav. and
Bas. 1. c. Voll. p. 56-58.
633 Klein-Afen. © 13.
fo ift e8 gewiß, obwol er daſſelbe nicht mit Namen net, auch
feinen Verlauf nicht weiter bezeichnet, daß es ber obere Onell-
fluß des Peffinus-Arms des Sangarins ift, wie ihn bie
Bolotowſche Karte zuerft richtig ald Salaria oder Seid»
Fluß eingetragen hat, wonad auch Kieperts neuere Karte über
biefen Steomlanf verbefiert werben konnte. Diefen S.D.-Lauf gegen
Siwrihijfar und ſüdwärts zum Peffinus-Arm beftätigt auch
v. Wrontſchenko!e), ver noch einen zweiten Arm in N. W. gegen
Estifhehr von einer mit jener gemeinfchaftlichen Ouellhöhe ab⸗
fließen Täßt. Ueber wildes Klippenland in öftlicher Richtung fe
von ben Midasgräbern zur Seite, als Hätte er ihnen aus bem
Wege gehen wollen, feste Ainsworth, ohne von jeuen Kunde zu
erhalten, über das Dürfchen Bardakly, wo eine große chriſtliche
Kirche in eine Moſchee verwandelt war, bis zur Station wem
Chosrew Paſcha Chan fort, wo das höhere Anffteigen zur Kette
des Emir Dagh immer offner und über vie Plateauebene des
Sangarius fid erhebt; der Ort hat nur 200 Häuſer 17).
2. Seid el Öhazi, die Grabftätte des Helden Seibi
Ohazi el Batthal, Prymneſia. Der nächfle Ort um Esti-
ſchehr, der auf viefem Boden liegt, ift Seib el Ghazi in
9 Stunden Ferne, das wir auch ſchon auf dem Querdurchfluge vom
Paul Lucas im 9. 1704, und Mach. Kinneir im. I. 1818
berübrt haben, denen aber bie mommmentenveiche fühlichere Gegend
der Necropole ber älteften Midas» Dinaftie in Vorderaſien noch
ein Terra incognita geblieben war. Sie zogen zu weit im Ror-
ben, Eh. Fellows zu weit im Süden an ihr vorüber, um ums über
fe hinreichend zu orientiven. Die antiquarifce Eutdedung biefes
merkwürdigen Gebiets wird zuerft M. Leake und feinen Gefährten
verbanft, wie feinen unmittelbaren antiquarifden Nachfolgern
R. Stewart und Ch. Terier, bie aber mandes Fartographiig
wünſchenswerthe noch übrig gelaflen haben.
Am 26. Januar 1800, bei laltem ſchueidendem Oſtwinde begab
fi Colonel M. Le ake von Estiſchehr gegen S.S.D. Über weite
unbebaute Ebenen, benen weiterhin einige Anhöhen und Thäler folgten,
bie aber immer nur ein wilber veröbeter Boden überzog, einen ganzen
Tag lang in 9 Stunden Weges bis Seid el. Ghazil). Sim
9 9. Wrontſchenko a. a. D. u 11. &. 68—69. 7) Ainewortb,
—— Aesarch, Ip. % e) u. Lenk, Asia Minor 1. c
P
MRltler Sakarialauf; Seid ef Ghazi, Prymneſa. 683
xigte ſich ein einzelner Baum. Im den Rünbern bei Ebene, am ben
in Stufen hervortretenden Feldwänben, bemerkte man nur viele darin
ausgehauene Sepulcrallammern, Beweife einer früherhin ſtarlen
Bevölkerung der Gegend. Auf halbem Wege an einer Quelle fand
ſich auf einem Marmorblod eine achtzeilige griechiſche Infchrift.
Ihr Inhalt war eine Dankfagung an Jupiter Papiad ven Netter,
und an Herakles ven Unüberwindlichen, für ihre Sorge für bie
Heerden des Damas und Gajus. Der ebene Marmorblod hatte
als Ornament einen Schädel des Ochſenkopfs und Feſtgewinde, dabei
ſtaud eine andre quabratifhe Stele mit Inſchrift. Die legte
bes Weges vom ba bis zur Station war fo eben, daß fie
Hälfte
leicht mit Raderkarren (Mrabah) hätte befahren werben Tönnen.
Lealke fand in Seid el Ghazi nur ein verbdetes Türkendorf,
er erlaunte wol, daß es einft ein bebeutenberer Ort ver Türken ge
weſen, auch zeigten ihm mehrere Fragmente, daß hier eine grie⸗
qh i ſche Stadt geflanden, welche aber, blieb ihm unbelannt. Erſt
duch die vom Baron v. Wolff entbeiiten Infchriften!®) iſt es
ettichieben, daß hier die Lage der alten Prymmefia (Hieroc,
Syneed. Wessel. p. 677) war, bie weber Strabo noch Plinins
genannt haben, wol aber bei Ptolemäus V. 2, 120 unter biefem
Ramen vorkommt, von ber fonft nur wenig bekannt iſt, bie aber im
Phrygia Salutaris als Station in ven Dtinerarien Aufſchluß
Über viele audre Umgebungen barbieten konnte. Der Name fcheint
feüber in Vergeſſenheit gerathen und von dem nachfolgenden in ben
feüheften Zeiten der Moslemen ruhmvollen Namen eines ihrer Hel-
den und Märtyrer verbrängt worden zu fein. Dieſer arabiſche Held
mit Zunamen el Batthal (Seid over. Sid heißt Herr«,
Ghazi Sieger“) ift ber berühmte Sieger, ber unter bem
Chalifen Harun al Rafdio®) hier im 9. 739 in ver Schlacht
als Borlämpfer des Propheten, feines Verwandten, und als
Martys der Mufelmänner fiel, und bei feinen Glaubensgenoffen
in hoͤchſter Verehrung geblieben ift. Die Pilgerftätte feines Grabes,
das ihm hier errichtet wurde, erhielt feinen Namen und wurde zum
vielbeſuchten Wallfahrtsorte und zur Stadt, die von ihm bis
heute ven Namen trägt. Wie in ben ſpaniſchen Geſchichten ber.
Eid el Campea dor, fo fpielt auf Seid el Ghazi als Ritter
47) 3. Srang, Jünf Infegriften und fünf Städte in Kleinafien, mit -
Kieperii
fa Karte von Phrygien. S. 46. 2°) 3, v. Hammer,
° eig. des osman. Weihe. I ©, 44, 5725 II. 405 u. wo.
634 Klein-Aften. 8. 18.
and Nomanheld eine wichtige Rolle im vielen Erzaͤhlungen ber
Drientalen 24),
Wie das Gebiet ver caftellanifhen Hochebene, fo mußte
auch das weite Gebiet phrygiſcher Hochebenen für zahlreiche
Neiterfchaaren in ven Perioven ber Völlergedräuge ımb dem Bew
ſchreiten von Völfermaffen an den characieriſtiſchen matürlichen
Grenzen der Landſchaften zu entſcheidenden Schlachtfeldern
ihrer erobernden Beſtrebungen und ihrer wüthenbften Conflicte wer
ven; fo hier an ven obern und untern Bergeingängen ber Halys⸗
md Sangarius- Ebene bei Pteria zwiſchen Berfien und Lydien;
bei Auchra am Olymp zwifchen römifchen Legionen nd galatiſchen
Volle, wie ebenbafelbft zwiſchen Timuridiſchen Tataren mb
Dsmanen, bei Brymnefia zwiſchen Arabern und Griechen. Se
ſah man auf der Hochebene von Iconimm das Chalifat zum
gehen und das Sultanat ver Selpfhulen fih erheben, die
blutige Schlacht bei Dorylaium zwiſchen Wallbrübern und Sechs
ſchuken ſich entſcheiden, und auf berfelben Raturgrenze ine |
Grenzmark, »der Borberfeite bes Sultans (( |
Konnte das brzantiniſche Kaiferthum untergehen und das Große |
fultanat ver Osmanen fid aus feiner Wiege über Afien mb
Europa erheben.
Auf demfelben Boden hatte einft das großphrygifäe Reich
des Midas feine vorhiſtoriſche Groͤße erreicht, vom dem mm
noch die Grabdenlmale antiler Könige in dem Felſenboden des Jim
des übrig geblieben, unb von ihren einfligen Beſihern Kunde gehen,
nachdem bie größten Völferfluthen alle übrigen Erinmerungen u
ihre Periode vor Jahrtauſenden überfäwennmt und bie fpätere Zeu
am ihre nur bimlle Erinnerung eine Menge von Fabeln und Legen
den??) angereiht hat.
3. Die Gruppe ber altphrygiſchen König ogräber
im Süpen von Seidel Ghazi; Doghanly die Necrepole,
das Grabmal des Königs Midas und feineUmgebung”)
Dem ſchon ver Geſchichtſchreiber, der fih befugt Hält, sach feinen
Kräften ben Gang der Weltgefcrichte nach den Gejehen der Gifte
und der Chronologie zu orbmen und zuvehtzuftellen, fagen Tau),
®1) Otter, Voy. T. I. p. 52. *) M. Dunder, Geſch. d. Witeriium-
MT PAT: >) Sr. Gi Oolofen, Daeiiimie
* fer,
a ver Gefglite ber Fr Belt u.f.mw Th. i. j. 1826.
Mittler Sakarialauf; altphrygiſche Königsgräber. 895
daß ex daB Recht habe, über eine ganze Periode der Geſchichts⸗
entwidlung hinweggehen zu Können, wie bei ben phrygiſchen und
lydiſchen Dinaftien der frühern Zeit, weil ſchon der geborene Mein
afiate Strabo, im Befige ganz anbrer Hälfsmittel, daran ver
Jweifelte, nad} fo vielen vorangegangenen Bölkerderwirrungen (Strabo
XIL 574) hier eine Entwirrung zu verfuchen, und es unterlaſſen
habe, weil bier das rein Mythifche von dem rein Geſchicht⸗
lichen nicht mehr zu unterfcheiden fei, fo liegt dem Geographen
eine anbre Verpflichtung ob, auf bem von ihm zu durchwanderuden
Boden, ber jo vieles im feinem dunleln Schooße verbirgt, was noch
wicht wieder geboren an das Tageslicht getreten ift, fondern wo mur
kaum erſt auffprofiende Saat die Ernte einer reichen Zukunft ver-
heißt, Teinen Keim, kein Würzelchen, Tein Samenkorm, das in bie
Erde gelegt ift, achtungslos zu überfchreiten, fonbern fein locales
Dafein nachzuweiſen im Zufammenhange ber natürligen und hiftoe
riſchen Erſcheinungen zur Erwägung ber Gegenwart, ber Zus
tunft oder der Vergangenheit. Ex hat baher der Wuſte eben
fo feine Gunſt zuzuwenden, weil fie noch vieles verfchleiert enthält,
wie bem reichſten Fruchtgebiete, eben fo ben einſamſten Gräber
flätten ver Vergangenheit wie bem Lehensmarkte der Gegenwart.
IR doch aus ven thebaiſchen, ben ninivitiſchen und nimros
diſchen Wüſten diefer Art. ſchon eine ganze Vorwelt wie hervor
‚, und kann eine ähnliche Erſcheinung etwa ver Wüftenei -
des altphrygiſchen Hochlandes, dem Midaion, ber nad m»
belaunten Capitale over ver Necropole feine Königsgrüfte
mit Recht verfogt werben?
Shemals hatte fon das phrygiſche Nationalleben, fagt
ver Mytholog?), in den Thälern und Bergen bes Sangarios
fich mit reicher Blüthe der Eultur bewegt, aus welden Zeiten ſich
im alten Ortönamen und halbverflungenen Sagen manches Andenlen
erhalten hatte. So erzählte man von großer Macht und Herrlich⸗
keit unter ben Königen Gordinus und Midas, beren Königesgeſchlecht
mit dem Cultus ver Kybele ſchon dadurch innig verknüpft ericheint,
daß ber letztere ein Sohn ver großen Bergmutter genannt wurde. . “
Gordius hieß ber erfte König und Pfleger des Landes, ber
Gründer von Gordium mit ber alten Königsburg, wo ber Wagen
mit dem gordiſchen Knoten, dem Symbol der Künigewärbe; Midas,
der Sohn, galt für deſſen Nachfolger und Gründer des Cultus in
=) 2. Peellet, Sriechiſche Mothologie. 1. S. 405, 483.
636 Leinen. 5. 13.
Peſſiuns. Beide, als Lieblinge ver großen Göttin, werben vom ihe
mit fabelhaften Glüd und Reichthum überſchüttet, umb viele Sagen
Inüpfen ſich an bie des Iegteren an, von Silen, Marfyas, vem
phrygiſchen Dionyſus und an andere, wie an bie des Perfeus unb
ver Pelop iden durch ihre Medea.
Schon Herodot I. 14 führt dieſe Sage in ben Bereich ber
Geſchichte ein, wenn er bei ver Erzaͤhlung von ben Mermmaden-
geſchlechtern ver älteften lydiſchen Könige, bei bes Könige Gyges
reichem Weihgefchente zu Delphi, auch ber kunſtreichen Weihge -
ſchenle des Königs ver alten Phrygier, des Midas, gedenkt, bie
er in Delphi neben. jenen gefehen habe; es fei ver Königsſtuhl,
darauf einft Midas zu Gericht faß, ver ſehenswerth fei (Zövsa
AıoFEnror)). WIN man auch folhe Thatſachen überjejen, und
nur im Sinn einer Tradition don Gordius und Midas die Er-
richtung eines Königthums, aller Staͤdte des Landes, Ordnung eineß
Eultus und überhaupt den Beginn eines civilifirten Lebens außer ·
Halb eines griechiſchen Culturireiſes ſehen, fo ift auch dies für
bie Geſchichte der Menſchheit überhaupt wol ver näheren Exforfchung
des Wiegenlandes biefer Entftehung und dieſes Beginneng nicht olme
Bath.
Beffeling hält dieſen Midas (dem es giebt beren fpäterhin
. mehrere dieſes Namens) für ben älteften biefer Könige, Midas L,
» in Eufebius Chron., der 22 Jahr vor Gyges im Jahr ber
Olymp. X. 4, d. i. im Jahr 738 vor Chr. G., die Herrſchaft ber
alten Phrygier übernommen hatte. Auf ven eigenthümlichen uralten
in Selen eingehauenen Maufoleen mit Iufcriptionen, bie
Colon. M. Leake zu Anfang des Yahrhumberts im Often vom
Brymnefia im den bortigen Eindven entvedte, hat Dfanns?)
Scharfſinn die Namen der 7 Gorgias- und Midas-Regenten
in feinen Erffärungen zufammenzuftellen freilich nur wenig gucklich
verſucht. Die Gegend des Fundes wenigftens ift nicht ſehr fern
vom berjenigen, welde in ber Tabul. Peuting. von Doryleo im
Abftande von XXVIII M. (10 bis 12 Stunden) unter dem Namen
Mideo auf dem Wege nad, Tricomia und Beffinunte eingetragen
erſcheint; ihr Name, der ſeitdem gänzlich verſchwunden ift, mußte
fih alfo aus ver Erinnerung alter Zeiten bis dahin wol beim Bolfe
erhalten haben haben, eine Localbezeichnung, bie inbenandern Stinerarienfehlt.
0 Haod 1 1. 44 ed. Bahr. Ed.2. 7.1. 1856. p.34, Not. *°7) Ofen,
Midas ober‘ Grläuterungeverfuge. Darmftabt 1830. & 41.
Mittler Salarialauf; altphrygiſche Königegräber. 687
M. Leake beabfichtigte, am 27. Jannar von Sein el Ghazi
7 Stunven weit nad) der Station Chosrew Paſcha Ehan gegen
©. vorzufähreiten?®), nahm aber einen Ummeg vahin, um alte Ruinen
- zu fehen, bie da liegen follten. Nach dem erften Anfteigen über
eine ſteinige Heide gegen S. W. und durch einen Fichtenwald (aus
dem ‚viel Terpentin durch Einſchnitte in die Stämme geſammelt
wurbe, ımter denen man Feier anzünbete, um das Harz in Tropfen
” abfließen zu machen, wobon der Baum gewöhnlich abzufterben pflegt
und nicht felten Walbbränbe erzeugt werben) lam er zu einem fchd«
nen Thale in des Waldes Mitte. Bon biefem nad einer Stunde
zur Linlen, an emporragenben Felſen vorüber, erreichte ex einen
Thurm und ein Caſtell, bie fih 150 Fuß hoch und ganz iſolirt
erhoben. Im ven Fel ſen waren alte Eatacomben mit Thüren,
Fenſtern und Gallerien ausgehauen, bie ex für alte Gräber halten
mußte, ba fie Niſchen für Sarcophage umb Stellen für Aſchen ⸗
urnen enthielten.
Weiter in demfelben Thale gegen S. O. fortſchreitend, kam er
zu kunſtvoll ausgehanenen Sepulcrallammern, mit einem
— und zwei Säulen am Eingang ber Thür, darüber ein ges
zöhmeltes Ornament, das die Corniſche bildete. Während General
Koehler bie Slige der Fronte zeichnete, copirten Carlys le und
Leate die Infchriften, die in 2 Zeilen auf ber Façade bes Feljens
‚en waren. Die oberfte mar am Anfang und Ende etwas
ladirt, aber in größern Buchſtaben eingehauen, bie untere in etwas
Heinerer Schrift war vollftänbig erhalten. Beide waren mit antifen
griechiſchen, zum Theil aber fremden Buchſtabenformen umtermifcht
geichrieben, und in einer ber griechifchen offenbar verwandten, aber
doch and; wieber abweichenden Sprache, jedoch ziemlich veutlich von
der Linlen zur Rechten zu Iefen. Der Fels über 100 Fuß hoch ſich
erhebend und ganz iſolirt liegend, Kette am ber Rüchſeite feine natär-
liche Geftaltung behalten, nur feine vorbere Seite im Quadrat
60 Fuß hoch und breit war buch Kunft als eine Façade behanen,
wit einfachen Ornamenten verfehen, bie aber flady nur einen Zoll
tief eingegraben waren. In den untern Theil war nur eine Ber
tiefung wie ein Altar eingehauen, die vieleicht nur ven nahen Ein-
gang zum Grabe fchlau verbergen follte, wie dies bei andern Grabe
ſtätten, z. B. bei Telmiffus bemerkt war (wie die Bafaltgräber im
paläftinifgen Perie). Die Refte jener rohen Schi, weide
19 Col u. Leake, Asia Minor. I, c. p. 21—36.
ss Meinen. 18.
das Thal dominirt, nannten die Türken Piemiſch Kaleffi;
Leale hielt e8 für bie Lage von Nacoleia; bie ganze
glaubte Leake, hieße von einem benachbarten Dorfe Doghanlg,
was von Terier berichtigt wurde, der ſich davon überzeugen Tome,
daß nur eine folhe Gruppe von großen Felskammern mit eimer
Necropole bei den Eingebornen Doghanly (d. i. der Fallenort
wurde; alfo hier das ganze Gräberthal. Die Lage vom
Nacoleia?) ſcheint nad, fpätern Forſchungen weiter in NW. vom
hier zwifcen Prymneſſus und Eotyaium geſucht werden zu müfjen.
Zur Beftimmung ber antifen Lage diefer Localität hat Leake fünf
verfchievene antife Routen, die hier durchführen, kritiſch verglichen,
doc} fonnten -fle zu leiner Entſcheidung, nur zu Wahrſcheinlichleit
führen. Terier®) fah Seid el Ghazi für bie alte Nacoleia
am. Leake fand im ber Architectur des Felsgrabes und feiner
Sculpturen keine Analogie mit perſiſchen Conftructionen, die Bude
flaben den aligriechiſchen wol verwandt, deren Alphabet vor der Zeit
der perfifchen Eroberungen wol aud von Joniern umb Lydiern, ober doch
deren verwanbte in Gebrauch geweſen fein konnten, umb nur einzelnen
lydiſchen Schriftzeichen analog war. Doch war theilweife barba-
riſches darin, wol phrygiſches nah Schrift und Inhalt (we
Baba, als Name des hödhften Gottes, wie ein bithyniſcher Bes
Bapias, oder Namen wie Gafaltaes(?), bie aber an bie ihdiſche Form
ver befanntern Namen wie Alyattes, Sabyattes u. a. erumern),
wie denn Herobot ſchon Phrugier als Barbaren von Griechen
unterfchied; der ganze Styl des Denkmals im Doghanly war nicht
griechiſch, aber die Ornamente erinnerten an diejenigen am There
des Thefauros zu Mycenä, das von aflatifhen Künftiern, N-
Hopen, erbaut fein follte. Aufſchluß über dieſe verfchievenartigen
Unklänge hat man aud in der Einwanderung ber alten thraciſchen
Bryges in das Land der Phrygier gefucht umd in ihrer Abſtam⸗
mung’), Das zweite und vierte Wort ber obern großen Fa
ſchrift enthält nah Le ake's Entzifferung??) den Namen Midas des
Könige (MIAAI FANAKTEIN). Im vem Lande am Sange
rins, nachdem Strabo von Peſſinus geſprochen, jagt er (Strabo
XIL 667—568), liegen bie alten Wohnungen ber Bhrygier,
des Midas unb ſenes Borgängers Gorbins (rd ralaıd ver
) a, Iunte a. a. O. ) Ch. Texier, Deser. de FAsie Min.
*) Vivien de St. Martin, Asie Min. T. IL 9.173.
* 8 aa, Asia Minor L c. p.32—36.
Mittler Sakarialauf; altphrygiſche Königsgräber. 6
Oevycy olansıigıa Midov x. x. 29 amd einiger Audern, bie jedoch
keine Spur von Stäbten®) zeigen, ſondern nur Fleden find
(wöpar), größer oder Heiner, wie auch das belannte Gorbium
mb Gorbeins (legteres ift, wie Gorbicium, Gordacome, Yulio-
gordus, bei Polyb. IV. 223, V. 32 und Ptolem. V. 2 ihrer Lage
nach unbelannt geblieben). Dies ſtimmt genau mit dieſen Dertlic«
keiten, in welchen fpätere Forſchungen mol noch zahlreiche Denkmale
Ahulicher Art auffinden werben.
Hier alfo, im Herzen von Phrygien, zwiſchen ben Umfrei»
fangen bes Sangaring und feiner Zuflüffe von Ancyra in O.
und Gorbium in N.D,, ven Erbauungen des Gorbins; zwiſchen
Veſſinus, dem Aufbau "bes Midas in S. O.; zwiſchen Dorylaium
in N.W. und dem Thymbrus mit Cotyeium in W. der alten
Prymneſſus, im Centrum wäre die Monumentengruppe bes
älteften phrygiſchen Königehanfes wenigftens in einigen Haupt
puncten von Reale wieder entdedt, die aber in weitern Umkreiſen
and; von vielen andern Denkmalem eines weiter verbreiteten und
unſtreitig einſt zahlreichen altphrygiſchen Volke umgeben fein
werben. Eine Gruppe der eigenthümlichften Architecturen, bie von
allen fpätern verfdieben, - einer. erſt erwachenden noch barbariſchen,
aber jelbftänbigen Culturperiode angehörig, eine Graͤber⸗Reihe von
mehr als anderthalb aufeinanerfolgenden Jahrhunderten umfafien
müßte, da die · Dynaſtien ver Midasfönige und bes Gorbius, bes
erſten ber Barbarenherrfcher, welcher, wie Herodot fagte, dem
Dralel zu Delphi Weihgefchente fanbte, wenn deren Leiden einft
hier beigeſetzt murven, vom I. 733 oder 746 bis 570 vor Chr. auf
dem Throne faßen, bis Phrygien feine Selbftänbigfeit verlor, und
von Eröfus, dem König ver Lydier, im 9. 572 erobert wurde.
Denn auch der legte Sproffe des alten Haufes, Adraſtes, ver dem
Eröfus tributbar geworben wor, ‚fand bald feinen Tod, am Ende
einer kurzen Dauer ber Dynaſtie von 200 Jahren, die auf ber
Grenze da Mythe und der Geſchichte im Imern von Mein
Aften Beftand gehabt. Wären bie Dpvyraxa des Agathardides,
des Hermefianar, des Artazes von Gnidus, der Dpvysog
Aöyog des Demokrit, bie Werte mept Dovylas des Eornelins
Aierander und bes Metrophanes, beides Phrygier, nicht ver
Ioven gegangen, fo würde und auch mehr über biefe Monumente
un über bie antifen Buftände des Landes bekannt geworben fein.
=) Strabon, Trad. frau. T. IV. Sec. P. 998.
40 Klein» Aſien. 85. 18.
Dicht neben dieſem Monument mit ber Midas-Infgrift “
Leake eine andre große Sepulcrallaumer mit einem
eingange und 2 Colonnen, aus vemfelben roͤthlichen Saudſtein ge
bilvet, aus weldem jenes gehauen war; bie Säulen im doriſchen
Styl, und die Unsrbnung gleich ven Balfenkäufern ber bortigen
Bauern, am denen bie Baltenlöpfe in Stein als Ornamente tote
eingelerbte Verzierungen des Daches angebracht waren. Doch bie
Zeit war an dem einen Tage zu kurz, um weitere Forſchungen im
der Umgebung anzuftellen, bie voll Sculpturfelfen fic zeigte,
da ber Umweg ſchon ein paar Stunden Zeit geloftet hatte, und des
10 Stunden ferne Quartier, ver Chosrew Paſcha Chan, nah
am Abend erreicht werben mußte. Vieles mußte daher nadfolgen
deu Reifenden zur Unterſuchung überlaſſen bleiben, wie denn auch
vorzüglich buch Eh. Terier und I. Robert Stewart gefchehen.
ö Ch. Terier brang in umgelehrter Richtung von Süben nad
Norben durch das weite Gebiet biefer phrygiſchen Monumestengruppe
hindurch, und Tonnte bei längerm Verweilen efänbigere Berk Berichte
Über die im der genannten Richtung durchwauderten Localitkten
geben, die aud) bie Beobachtungen am Mibas-Grabe wiederholien
und beftätigten. Das ganze centrale Plateau von Alt
Phrygien, nur mit nievern welligen Höhen, am Sübranbe mit
nicht hohen Bergen überzogen, und mr hie und ba noch mit bem
Reſten weitläufiger Waldungen bevesft, gegen Norden und Oſten in
jest dürren unb waſſerarmen Hocdebenen anslaufenb, vie im ihrer
Berwüftung und Verödung gegenwärtig freilich ein ganz anderes
Anfehen varbieten mögen, als in frühefter Seit einer zahlreichen
primitiven Bevölkerung, zeigen zahllofe Dentmale in
Wohn und Gräberftätten eines einft hühern Culturzuſtandes als in
der Gegenwart. Diefe Denkmale und ihre zurädgelaffenen Spuren
zeigen überall von langdauerndem Befig und von Kunftfiun eines
Boltes von eigenthümlicher, origineller, einheimifher Art, darin |
feine Spur von perfifchem, lyciſchem ober griehifhen Bauſtyl
der Umgebungen aufzufinden, bie alfo ven Beweis ber Enltur-
periode eines einheimiſchen alt ⸗phrygiſchen, einft im Vinmen
iande weit verbreiteten und zahlreichen Volles abgeben, das im bew
folgenden Yahrtaufenben eben fo wie feine Geſchichte, feine
Sprade und Schrift, welde ven Denkmalen eingegraben wesche, -
verſchwunden if. So weit bie Quellgebiete des obern Sanga-
rius gegen Süben und Südweſten reichen, fo weit find die veim
phrygiſchen Denkmale Beugen ihrer früheren Aushzeitung, ud
DB
Mittler Sakarialauf; altphrygiſche Königsgräber. 61
innerhalb dieſes Gebietes, von Synnada und den Quellen des
Thymbres nordwärts wie des Alander nordweſtwärts bis Co—
aim, Dorpleinm, Gordium und Peſſinus, zeigen ſich dazwiſchen
eingedrungene griechiſche wie Römer-Werfe viel ſeltner als in /den
Umgebungen ber benachbarten weſtlichen Landſchaften und Provinzen.
Es machte dies auf den Wanderer) dich dieſe Gegenden den Ein-
druck, als wären biefe einfamen Thäler und Höhen ven Eroberern
fremb und umbelannt geblieben, und erſt fpäter hätten Chriften
bier ein Aſyl geſucht gegen die Verfolgungen ver heibnifchen, Zeit
der Römer- und des nachfolgenden Islams. Das Characteriftifche
dieſes ebenen Hodlandes ift es, daß überall compacte Fels⸗
mafien mit Steilwänden an ven geringen relativen Höhen hervor»
treten, welche den Steinhauern einer primitiven Zeit weitläufige
Reihen barboten, daran ihre Denkmaͤler anzubringen. Aus bem
danernden Grün einzelner Wiejenthäler oder ana vem Dunkel zer-
fireuter Fichtenwälber treten hie und ba großartigere elfenfcenerien
mit ſolchen Gtabeshöhlungen hervor, die durch die ewige Ein
famteit und Verlaſſenheit einen um fo ernftern Eindruck anf ven
Wanderer machen, ba er bier nur felten einmal durch eine ärmliche
bewohnte Hütte noch ay das Leben von Menfchen erinnert wird.
Nur zu gewiflen Jahreszeiten werben biefe Ruinen günftigerer
Beideländer von ben Horben ber Turfomanen und ihren Schaf,
Ziegen, Pferde und Kameelheerden durchzogen, und gewinnen dann
eine liebliche Anziehung für ven Pilger, und die Möglichkeit, mit
ihrem Beiftande hier auch längere Tage zu vermeilen.
Bon den fünlihen Zuflüffen ver obern Peſſinusarme des
Sangerins, fünweftwärts der Tſchandyr⸗Brücke und Aleljan
¶rciſtus), gegen Weit und Nordweſt an der Ruine von Bejab
(Beudos Vetus) ımb im Norben von Karahiffar und ver alten
Synnada vorüberſchreitend (f. oben ©. 605), zeigen ſich die erften
Spuren, dieſer eigenthümlichen Felsarchitecturen in den Sepul eral⸗
tammern von Seideler (Seid el Ar bei Terier) und dem
benachbarten Kyrk In, welche legtern nur eine Stunde von Bejad
entfernt liegen. Sie treten in ſehr verſchiedenen Formen hervor, aber
bleiben, alle dem Hauptcharacter des phrygiſchen Styles getreu.
An dieſem Südende der phrygiſchen Monumentengruppe ftreifte
BB. Hamilton nur vorüber, als er fie auf feinem Wege von
Bejad nad Afium Kara Hiſſar (ſ. oben S. 687) berührte, ohne
®*) Ch. Texier, Descr. de NAsie Minenre I. c. I. p. 153. .
Ritter Erdlunde KVIL. Si
2 -. . Mein-Hpen. ° 0 is.
fie damals weiter unterſuchen zu Können. Vor dieſer Statien Be⸗
jad hatte er den obern Su des Sangariws zur rechten Haud
liegen Iaffen und war über einen Boden von weißem, vulcanifcem
Tuff mit überhängenden Feuerſteinſchichten zur Heinen Ebene, von
Berghöhen umgeben, gelangt, in welder Bejad Liegt”). Zwei fee
- große Ehane, feit 300 Jahren vom Sultan Selim erbaut umb
im Weit des Ortes gelegen, zeigen, daß bier ein widtiger Durch⸗
gangsort lag (gefchrieben Biät bei Biandi), die große Pil-
gerroute) ver Melfa-Raramane von Conftantinopelnah
Da mas cus bezeichnenb, bie aber wie ihre Chane gegenwärtig ſeht
in Abnahme und Berfall if. Man ſprach hier vom Vorkommen
von Bären, was an ben ritterlichen. Kampf des Gottfried von
Bouillon mit dem Bären (f. oben ©. 575, 629) erinnern konute;
‚wilde Schafe follte e8 aber von da an erſt ſüdwärts gegen 2
niah geben.
Bon Bejap ging Hamilton am 22. Sept. zu ben berühm
ten Marmorbrüchen von Synnada über Eski Karahiffar ne
Afium Kara Hiffar, wo wir ihm fpäter wieder begegnen wer-
den. Hier aber bleiben wir nur auf bem Örenzgebiete des
Sangarins norbwärts Esti Karahiſſar zurüd, wo im welligen
Thale bei Bejad ein Flüßden (ber oben ais Alander ber Altex
bezeichnete) noch gegen N. und NND. zum Sangarius fließt; auf
der Bolotowſchen Karte wird er, wie der Nordarm, gradezu Sa-
karia genannt. Aus dieſem Thale hatte man gegen Süd ein flei-
leres Schiefergebirge und viele Bimsfteinfelfen 2 Stunden weit
bis zu der größten Höhe zu erfteigen, alfo einen ſchon ‚plutoni-
ſchen Gebirgszug, ver bier das num gegen SB. folgenve
Gebiet der verbrannten Landſchaft, der Katafefaumene,
bezeichnet, Beim Hinabfteigen von biefem Bergzuge über feltium
vorfpeingende weiße Bimsfteinlager mit Feuerfteinfelfen wurde
eine zweite Kette berfelben plutonifchen Art erreicht, bie voll
feltfamer Kegel aus weißem Bimsftein fi) unter dem Namen
des Kyrk In (unrihtig Kirk Hin bei Hamilton)?”), oder ri
tiger Kirk In, d.i. der 40 Grotten, erhob, d. h. die Grotte. vet
Stinerars der Meffa-Raramane a. a. D.3). Es find fenfrechte Geis
°°) W. Hamilton, Research. 1. c: I. p. 458 461. »*) [tineraire de
Const. & In Mecque du turc Kita Menassik el-Hadj p. Bianchi, in
Ree. de Vor. ot Mem. IL. Paris 1825. 4. p. 91. £)
Research, 1.9. 454; Dentfche Ueberfepung, Rote v. Rlepeit. © 514,
?®) Bianchi I.c.
Mittler Sakarialauf; altphrygiſche Königsgräber. 643
wänbe mit einer unzähligen Menge von Felskammern des ſeltſamſten
Ausſehens, von denen viele unter einander in Verbindung ftehen;
fie fleigen bis in bie Spitzen ver Kegel’), aber die in ben oberen
Stodwerten eingehauenen find meiftchtheils unzugänglich geworben,
während die untern Grabhöhlen Häufig ganz zufammengeftürzt
find. Sehe häufig haben vie Treppenfluchten und Stufen der obern
Reihen mit ihren herabgeftürzten- Trimmern die untern Eingänge
verbämmt. Viele der Grotten ſchienen Hamilton meniger Grab⸗
ftätten zu fein, da er feine Nifchen zu Todtenlagern darin bemerkte,
als vielmehr Troglodytenwohnungen, ven in ben öſtlichern
Gegenden am Halys gefehenen ähnlich. Eben fo erſchienen ihm
die. ähnlichen Grottenmerfe bei dem nur eine Stunde von ba
entfernten Dorfe Seiveler (Seid el Ar bei Terier), von benen
der Bimsfteingrund fid zu einem dürren, braunen Trach yt-
boden erhob, beffen ſchaliges Geftein bei feiner Abkühlung aus dem
einft glühenden Zuſtande fi in runde ſchalige Maſſen abgejonvert
hatte, die einen oft 10 bis 12 Fuß diden Kern im Durchmeffer
mit concentrifher Maffe nach außen umgeben, wie Kugelbaſalt,
aber meift in fcyladiger, poröfer Geftalt, eine Wirkung früherer
plutoniſcher Entftehung. Bon biefem Boben ftig Hamilton)
fübwärts hinab in die Marmorregion von Eski Kara Hiffar
md Synnada, die ſich bier wieder in ganz andern Formen im
ſüdlichen Theile Phrygiens an bie biagomalziehenden Gebirge.
züge des Sultan Dagh GPhrygia, Paroreus ber Alten)
anfehnt.
Ch. Terier, der biefelben Kirk Im beſuchte, und uns von
da noch forgfältiger in ven, Midäiſchen Necropolen ber alten
Phrygier zu orientiren im Stande ift, fagt wol fehr fichtig, daß die
Benennung der Kirk In) nur fo viel als unzählige Fels—
Kammern jener Troglodytenſtadt bezeichnen fol, bie mit allen
ihren Einftürgen und feltfamen Berzweigungen durch weite Ruinen
ziehend, zwar ohne eigentliche Bevölterung geblieben, aber feit Jahr»
hunderten den einziehenden Turkomanen gewöhnlich zu Schuge
orten in ihrer Winterftation gedient haben. Er fand fie im Innern
meiſt, wo fie noch zugänglid) waren, durch ven Rauch der Feuerung
geſchwãrzt, aber ohne alle Spur von architectoniſcher Conſtruction;
Rohe en, e dieſer Gern f- Conical hills near Kirk In b. Hamilton
460. *")' W. Hamilton, Research. I. c. I. p. 461, 487 10.
8 à Teer, Deser. de Yäsie Mineure, I. pı 154.
©i2
CI Klein-Aften. 18.
Dagegen nur eine Tagereife weiter norbiwärts, in ven Telsthälern
von Bejad, in ben nächften Umgebungen bes Dorfes In Bazar-
dſchyk ganz andre‘ Eonftructionen, die denen ber altphrugifchen
Sepulcrallammern und Maufoleen viel näher verwanbt®)
ſind. Sie zeigen wirklich zu Prontifpigen mit einer gewifien
Kunft und äußern Glättung behauene Felswände, Hinter beren
Eingängen größere quabratiiche Felskammern mit Stufen und Seiten-
tammern Tiegen. Diefelben Grottenwerke fegen ſich auch eine Tage-
reife weiter gegen ben Norben fort, ımb find alle in einem Tuff»
conglomerat auögearbeitet, das leicht mit dem Meißel zu ſchneiden
war, bis man eine Kaltfteinformation „erreicht, die fi) bis zum
Thale von At Kiliſſa, d. i. mdie weiße Kirche⸗, ausdehnt,
darin die Ruinen eines Dorfes und einer bmantmiſchen Capelle
liegen.
Erſt jenſeits dieſer Gegend und einer bewaldeten Gebige
paſſage, welche zu Jailas, d. i. den Sommerwohnungen
der Beſitzer ver Poſtſtation Chosrew Paſcha Chan dienen, bes
tritt man das eigentliche Thal der phrygiſchen Königsgräber
mit dem von Leake entdedten Mivasgrabe. Das Hauptmonument,
der fogenannte Jazyly Kaja, da h. der befhriebene Stein,
liegt im Weſten 3 Meilen fern von ber Jaila in einem großen
Thalgrunde®), der von Süd nad; Nord abfällt und auf allen Sei-
tenhöhen dicht bewaldet iſt. Mit grünen Wiejenteppichen im ber
ſchönen Yahreszeit umgeben, zwiſchen ven ſchwarzen Fichtenwäͤldern
in ber ſtillen Walveinfamfeit, machen die Felſenwände mit ihren
Sculpturen und großen Felsinfhriften einen wahrhaft eruften
und feierlichen Eindruck.
Der ganz ifolite Fels, ein mächtiger Monolith, wie ihn Ge
neral Koehler zuerft fligzirte, hat nach genauer Aufnahme eine
Oberflache von etwa 1200 Quabratfuß, barauf bie mäandrifch ſich
winbenben Ornamente eine große Niſche von befonbrer Art umlan
fen, von 36%, Fuß Breite und 33 Fuß Höhe. Die Deffnung zum
Einfchiebung der Leihen in den unterſten Theil ver Niſchen im das
Innere des Mauſoleums iſt nur niedrig, gegenwärtig zwar offen, -
aber unftreitig einft durch einen Steinblock zugeſetzt, auf welchem bie
*®) Abbilbung, Planche 57. Fig. 1 u. 2. +2) John Robert Stewart,
Descript. of some ancient monuments with Inscriptions still existing
in Lydia and Phrygia, illustrated with Plates from Skeiches made oa
en Lond. fol. 1842. s. Tabul. Entrance of the Valley of Doganlu
Mittler Sakarielauf; altphrygiſche Königsgruͤber. 645
mãandriſchen Ornamente fortlaufend eingehauen ‘waren, um bie
Contoure des Eingangs täufchend und geheimnißvoll verborgen zu
erhalten. Die Infohriften im Innern ver Vertiefung find une
lesbar gemorben, durch Verwitterung des Felſens und fpätere Ueber
ſtreichung mit rother Farbe, auf ver Ältere und neuere türkifche
Namen die Unterlage unkenntlich gemacht. Zur Seite find ein paar
Bilafter von 3 Fuß Vreite angebracht, auf der Spitze des Frontons
befinden ſich zwei runde Sculpturen, die Schilver ober eine beſondre
Art von Boluten vorftellen konnten“). Die Infcriptionen hat
Ter ier wieberholt copirt, und bie Angabe bei Leake beftätigt ſowol
den Namen Midas als die Erwähnung des Baba, eines Zeus
Bapäus, aber auch ven Namen Bates, ben er für Atys als
Stifter des Denkmals anficht (z).
Zur Seite viefes Midas- Manfoleums ift eine Grotte roh
in Fels gehauen, auch mit einer großen ſchwer entzifferbaren In⸗
ſchriftreihe befrieben; er ift über 12 bis 15 Fuß hohe Steil-
feiten bis zu feiner Spige zu. erfteigen, von ver aber ein paar
Boluten herabgefallen find. Der Stein aller diefer Monumente
iſt ein Tuff von gelber Drangefarde, mit feinen Nadeln von Pyroren
und Amphibolen durchzogen, und. voll bimsfteinartiger Agglo-
merate, bie an ber Luft durch Abbleichen verſchiedene Farbungen
erhalten; und neben biefen und dem großen Maufoleum find bie
ſeltſam geftalteten Formen der Tufffelfen in unzählige Heine, aber
dem Styl nad; ähnliche ausgearbeitet, die alle in gleichem Cha-
racter, alfo auch wol’einer gleichen Zeit und gleichem Zwecke einer
großen Necropole angehören®). Cine chriſiliche griechiſche In⸗
ſchrift Daran ift ans fpäterer Zeit. Cine Anzahl von dortigen
Sräbern, die von Terier auf PL. 57 abgebilvet find, zeigt eine
Annäherung berfelben an die älteften Formen griechiſcher Grabftätten,
die zumal in Aezani vorkommen; fie gehören wol ber jüngern Zeit
an, in welcher ſchon griechiſcher Einfluß auf phrygiſche Sitte Ein»
gang gewonnen haben mochte. Im Innern biefer Denkmale befin-
ten ſich meiftens Niſchen zur Aufnahme ver Leichen, eine Heine
Niſche für die Todtenlampe; in andern find nur Bänke, darauf bie
Leichen zu legen, ein Gebrauch, ver aber bald dem ver Sarcophage
gewichen zu fein ſcheint. Ein zweites), drittes und viertes
*) Texier 1. “u Planche 56 u. Inser. I. p. 155 u. 156. **) Texier
Le. Ailoa oP'kon **) Texier I. c. I. Tab. 58 und bei Stewart, Po-
Mon. 00 the Right entering Ihe Plaln of Dopanlır
“6. Klein-Afien. on.
großes Monument, von denen bie beiden exften bei Texier abge
bildet find, unftreitig aud den Königen ber alten phrygiſchen Die
naſtie der Gordier angehörig, das zweite fehr eigenthünsliche mit
ſchwierig zu entziffernden Iufchriften®”). enthält die Buchſtaben mit
den älteften der Griechen analogen Formen, aber. häufig auch bar-
barifche; deren griedhifche ganz .frembe Worte und Enpformen finden
ſich in geringem Abftande ber vorigen; umb außer biefen find noch
andere von Stewart abgebifvet,
Geht man noch weiter norbwärts von biefer Mida8-Gruppe
fort, ‚deren ganze Pocalität mit dem Namen Doghanly von ben
mobernen Bewohnern bes Landes bezeichnet wirb, jo erreicht man
in gleicher Einfamleit ein Grab im griechiſchen Styl von größerer
“Art, aud in Felſen gehauen mie die vorigen). ber feine Facçade
wird von zwei doriſchen Säulen getragen, und von zwei Pilaftern zu
beiden Seiten, melde das Fronton mit ordentlichem Gebäll um
Triglyphen ftügen. Es gleicht darin mehr der Säulenkalle am
Kivron im Thale Joſaphat bei Ierufalem. Hinter einem großen
Borfale und hinter diefer Vorhalle liegen dann erft 2 Grablam-
lern neben einander, die man bie Gräber ver beiven Ehegatten
nennt. Andre nod weiter gegen Norven bis gegen das alte Brym-
nefias, nad dem heutigen Seib el Ghazi zu ‘gelegene Felſen⸗
kammern zeigten feine Grabftätten, fondern untere rumde Kammern,
zu benen man von oben hineinftieg, bie Texrier mit fogenanzten
Silos, d.i. mit Kornmagazinen vergleicht, wie fie ſich auch in
andern Gegenven des Orients vorfinden (f. Erdk. XVI.38, 52, 137;
XVII. 1565 u. a. O.) B
Ueber ven noch rohen Arditecturftyl ber phrygiſchen
Dentmale, bei denen man ihre hiftorifche_Bebeutung nicht ver-
geflen darf, da fie allen eblern Kunſtwerken ver fpätern Grieden
mehrere Jahrhunderte vorangingen, auch denen der Perferfculpturen
im Often, wie benen der Jonier im Weften, und felbft vie erften
elementaren Stufen der Arditecturen als Mufterbilver in
Hinficht des Style und ver Technik bezeichnen bürften, giebt bas
Handbud der Kunſtgeſchichte folgende für die Eutwiclungs .
periode berjelben wie für ben Kunſtgang lehrreiche Characteriftit,
bei ber es uns jedoch noch einigem Zweifel zu unterliegen ſcheint,
*') Texier 1. c. J. Planche 59 u, p. 155—158; f. bei Stewart, Monument
with Inser, on the Weatside of Doganlu. **) Texier 1. c. I. Pl. 60
und 158.’ =
Mittler Salarialauf; altphrygiſche Königsgräber. 647 -
ob biefer Styl eben fo entſchieden wie ber Incifche, mit dem er zu ⸗
fammengeftellt wird, von der Holzconftruction ausgegangen fein
fol, da hier das Material bes weichen, ſchneibbaren Tuff- und
Bimsfteinbodens wol bei feiner Herleitung eher mit in Anſchlag
zu bringen fein möchte als eine bloße Bretterbecoration. An Fels
wänben®) meift in ziemlicher Höhe über der Erbe, heißt es, ſind
Heine (mitunter auch große) fenkredhte, mit Giebeln gehörte Fagaden
eingehauen, deren Mitte bie ins Innere der Grablammer führenbe
(aber an ven Hauptmonmenten verftedtte) Deffnung einnimmt. Wäh-
rend ber niebrige Giebel ſchon die Nähe Griechenlands zu verrathen
ſcheint (das aber erſt fpäter folde Giebel erbauen Tonnte), ift die
ganze übrige architectoniſche Gliederung außerordentlich matt und‘
‚ohne Rachdrud (vielmehr fehr einfach und elementarifch). Richt
zu überfehen ift es, daß hier nicht don ZTempeln ober Wohugebän- -
den, bie ganz anders vorfpringen müffen, die Rebe fein kann, weil
folche ſich gar nicht zur Beurtheilung erhalten haben, fonbern nur
von ornamentirten Felswänden, von Grabſtätten. Die
Sefimfe treten nur faft unmerklich vor, das Ganze ift moglichſt
flach gehalten nnd fie erinnern am meiften an eine aus Brettern
zuſammengeſtellte Decoration. Der untere Theil der Façade wird
von mäanberartigen und quadratiſchen Berzierungen eingenommen
amd’ in der Regel oben und auf ven Seiten von einem Bande um ⸗
faßt, in welchen wiederum vieredige umb rautenartige Ornamente
angebracht find. Bisweilen, doch wol nur an ben Monumenten aus
bereits griehifcher Beit (dem ſcheint der Untergang der phrygiſchen
Selbftändigfeit mehr als ein halbes Jahrtauſend vor Chrifto zu
widerſprechen), iſt ein Fries mit roher vegetabiliſcher Berzʒierung und
unter derſelben ein Atchitrav angewandt, in welchem ſich jene qua⸗
dratiſchen Ornamente in größere Vierecke eingefaßt wiederholen, ſo
bag man letztere etwa mit ben griechiſchen Metopen vergleichen
bunte. Der Giebel ift in ber Mitte meift durch einen balken-
artigen Streifen geftügt;” feine Schrägbalten find ähnlich decorirt
wie das übrige (auf ihnen find die großlinigen Inferiptionen an»
gebracht). Auch die Fläche bes Tympanon hat einen kaffettenartigen ,
oder ähnlichen Schmuck. Den Gipfel Trönt ein Alroterion, welches
ans den beiben fi freugenben Enden ver Schrägbalten entftan»
ven fein möchte; es bietet insgemein eine aufwärts gerichtete rohe
Dr. Br. Auge, Sunbtnd vor Runfgefäign. 2. Mal, Sitz.
1848. ©. —
648 Klein» Aſien. $.13.
Doppelvolute, und ift in ver Mitte mit einer Roſette verſehen
Diefe ganze Conftruction und Verzierung hat nichts, was nicht offen
bar auf urſprünglichen Holzbau hinwieſe u. ſ. w. ..... Das foge
nannte Grab ver Midas ftellt gleichſam ven Urtypus der Gattung
dar, der dann durch allmählige griechiſche Einflüffe feinen Cha-
racter verliert, und enblid an vem nahen "Solondgrab= bei
Gombetlü, das fhon reihe Sculpturen und Basreliefs hat, vol-
Iommen ins Griechiſche umgebeutet erſcheint.
Diefes fogenannte Solonsgrab, weldes bei Stewart ab
gebilvet ift, hat von dem Entdeder vefjelben‘V) diefen Namen nad
dem Anfang einer Infcription erhalten, welche mit dem Ramen
COARN beginnt, und in feiner Façade mehrere Sculpturen zeigt,
welche andern diefer Grabftätten fehlen. Denn an der Bafis neben
dem eingebrocyenen Eingange ift an ber einen Seite ein liegender
Budelohfe mit dem Höder, wie ver indiſche Zebu, in Stein
gehauen, in berfelben Art, wie dieſes Thier häufig auf ben Münzen,
bie in Phrygien gefunden werben, wie auf den Sculpturen in Liycien
vorkommt, aber gegenwärtig nicht mehr im Lande zu fehen if.
Auf der andern Seite des Eingangs zur Tobtengeuft ift das
große Bild eines Medufenhauptes, das an ben Cultus bes
Verſeus oder Iyeifden Sonnengottes, ber auch mit ber
Mythe der älteften Phrhgier zufammenhängt, erinnert. Ja
der obern Wbtheilung über vem rabeingang ift unter ben mit
Schild ⸗Waffen und zwei Aplern verzieren Frontons ein Sculptur«
feld, in beffen Mitte eine Urne und ihr zu beiden Seiten im ber '
Stellung der Adoration zwei Löwengeftalten von ſchönen For
- men, beren eine rüdwärts, bie anbre vorwärts zu ſchreiten fcheint.
Das Ganze ift in grauem Sandſtein ansgehauen und liegt in be
minivenber Höhe, wo aud das Wohnhaus des dortigen Agha ver
Turlomanenst) des Ortes Gombetlü, einige Stunden von Jazyly
Kaja, dem Schriftfels, entfernt fteht. Auf einem andern Grabe
deſſelben altphrygifchen Styls zu Japul Dagh, 2 Stunden
in ©.D. des Midasgrabes, in beffen innern Kammern feltfame
Medufentöpfe mit ſchmetterlingsartigen Slügeln in Fels gehauen
ſind, die wiederum an die Mythe der Gorgonen und des PBerfens
bei Phrygiern erinnern, zeigt das breiedige Feld der ormamentirten
Bagade unter ber Frontifpig eine Stele oder eine zugeſpitzte
*°) Iohn Robert Stewart, Descript. 1.c. p. 12 u, Tomb of Solon, PlateXVi.
*) JR. Sterart . c.
|
Mittler Safarialauf; altphrygiſche Rönigsgräber, 649
Obelislengeſtalt, der zur Seite zwei Pferde in Geftalt der Ado-
ration ftehen®?), vieleicht vor dem Symbol ber Sonne, welder
Pferde bei den ältern Aflaten geweiht waren.
Diefe und andre Stellen aus Stewarts Monumenten führen
wir hier nur nod an, um auf viele ver von ihm aufgefundenen und
dargeftellten eigenthümlichen Denkmale dieſes weiten Feldes der
großen, feineswegs hinreichend erforfchten phrygiſchen Necros
polis, welde weniger Beachtung erhalten hat, als fie verdient, von
neuem bie Aufmerkſamleit der Archäologen und Hiftorifer zu fernerer
Unterſuchung anzuregen. In geographifcher Bezichung ift ber
von Stewart nievergelegte Schatz intereffanter Beobachtungen noch
weniger ergiebig zu nennen, weil es feinen Wanderungen und aufs
gefundenen Denkmälern an der nothwendigen geographiſchen
Drientirung ber Orte fehlt, denen fie angehören, da fie ein viel
weiteres Gelb, das außer Niebuhrs Breitebeflimmung von Kju⸗
tahia noch feinen einzigen aſtronomiſchen Yirpunkt erhalten hat, zu
amfafien ſcheinen, als das ver andern Beobachter; wo die von ihm
genannten Orte Afghan Kidi, Gheris, Kurkh, Gombetli,
Japul Dagh u. 9. liegen, ift uns unbelannt geblieben. Ste»
wart konnte längere "Zeit als fein Vorgänger bei biefen Monu-
menten und ben Turkomanenſtämmen ber bortigen Ortsbewohner
verweilen, bie aber meift auf ihren Jailas in der guten Jahreszeit
zerſtreut waren; doch mußte er ihr Vertrauen zu erwerben, fo daß
ex ſelbſt mande der Grabftätten, über welche fie ihre eignen Holz
Bänfer übergebaut hatten, um fie zu Silo® ober Magazinen wie
Keller zu benugen, zu unterfucen Gelegenheit hatte. Auch Leon
de Laborbe hat in feinem Prachtwerke fehr intereffante Anſichten
über die Denkmale in Dogkanly®) und ihre Architectur veröfient-
licht, wobei es nur zu bedauern iſt, daß biefer geiftreihe Archäolog
amd Kunſtkenner feine dazu verſprochenen Eritärungen ber Tafeln
durch ven Text bieher zurückgehalten hat.
.m 3. R. Stewart 1. c. p. 11. Piste XV; f. auch die ſhöne Mbbilbung 6.
L. de Laborde, Yoy. de ia Syrieete, Livr. XXVIII, la ville de Combet
(Gombeıli) et je tombeau. #5) Leon de Laborde, Voyage de Ia
Syrie ei de 'Asie Mineure etc. par M. Alex de Laborde, Becker Hall
ei Leon de Laborde public. Paris 1837. fol. Vol. I. Asie. Lim. I.
Doganlou, Yue generale des tombeaux. III. Doganlon, Yue du tombeau
principal, Livr. V. Vue d'une partie de a Vallde de Doganlou, Vue du
second tombeau creuss dans le roc und Details du second tombeau
de Doghanlon.
650 Klein-Aflen. $. 14.
$. 14
Sechszehntes Eapitel.'
Der untere Lauf des Salaria vom Purſak (Thnmbres)
und Bedre⸗tſchai oder Gjdk-fu (Gallus) abwärts bis
zum Schwarzen Meere.
Bon der Einmündung des Burfat- (Thymbres-) Fluffes zum
Salaria abwärts nimmt ber Hauptftrom des Sangarius, ber
wir bisher in feinen Verzweigungen im obern und mittlern Laufe
abwärts verfolgt haben, -eine immer mehr und mehr gegen Rat
ſich neigende Wendung an,. die zwar durch bie querlanfenden parak
lelen Züge ber vorüberftreichenven Gebirgsletten bis zum Durchbenh
bei Lef keh erſchwert und verzögert wird, aber nicht gehemmt werben
tan. Leider ift der Lauf des Strombettes des Salaria Kim
biefem Durchbruche bei Lefkeh noch fo wenig genau befammt, bef
er nur hypothetiſch 58 dahin auf Den Karten eingetragen werben
konnte. Sobald der Strom aus ter Ebene Galatiens und Pr
giens gegen Welten in die nor dweſtlichen gebirgigen Landſchafte
Bithyniens eintritt, werben feine bisher meift nadten und flachen
Ufer von wilden felfigen Bergmaſſen eingeengt und häufig ven
Waldungen in ven feuchten romantif—hen Thaltiefen begleitet; an
mehreren Stellen treten die Derbends ber Türken, d. i. veremgte
Stromftellen ober Engpäffe ein, melde eben bie Urſache find,
daß das Stromufer felbft nicht begangen wird, weil es feine bequemen
Ufertwege geftattet. Zumal von ber rechten Seite bffuet ſich außer
dem fon oben beſprochenen Thale des von Oft zufließenden Al⸗
Lan«fu (j. oben S. 660) und ver Schlucht gegen Giol Bazar anf
wärts, die Aucher Eloy Keging (f. oben S. 666), fein einziger
größerer Thalfpalt, der zum Hauptftrom führen könnte, bis der
Sjönelfluß gegen N.W. bei Geiweh vorüber in. ihm einflägzt.
Dagegen find es vom Sübufer mehrere Zuflüffe, die mit ihren
Thälern von S. W. her zu ihm einlenlen, unter denen ber Kara ſu
ober Tſcheltutut Dere Cſchelts dereſſi ber Bolotowſchen Karte)
und ber Bedre⸗tſchai (Gijöt fu, d. i. Gallus ver Alten) bei
Zefteh bie bebeutenbften find. Unterhalb des Gallus Fommt wur
noch ber Ausflug bes SGabandſcha⸗Sees (Sophon der Alten)
vor, ber von ber linken Uferfeite ber bie Waſſer des Salaria ver-
Det untere Lauf des Safaria, 651
geößert, che ex fi nad kurzem Laufe wenige Meilen ımterhalb
Ada Bazar und Dari kjbi zum Pontus%) .ergieft. Das
Engthal des Sangarius erweitert ſich unterhalb feines letzten Durch-
bruchs bei Lefkeh, das Thal wird offener von Akſerai an; in
der Ada Bazar-Ebene nimmt ver Fluß eine Breite von 368 Fuß
. ein umb bleibt auch in biefer Breite weiter gegen N.D., wo er ſich
im zwei Arme theilen fol, vie eine Infel in ihrer Mitte in einem
Halbtreife umziehen, welche buch die Uzun Kiöprit, d. i. bie
lange Brüde, verbunben werben. Weiterhin treten wieber Mippige
Ufer zu beiven Seiten des Fluſſes hervor, ber eine Strede lang ſehr
reißend ift, bann aber gegen bie Mündung wiever fanftern Lauf
erhält. Bei vem Borfe Indſche fu (d. i. Schmalwaſſer) ſchlaicht
in vielen Windungen durch die flache, am linken Ufer noch etwas
ippige, aber am vechten Ufer fumpfige Ebene ver hier waſſerreiche
Strom zum Meere, ohne an feiner Indung durch eine größere
Anſiedlung oder eine Hafenftelle begünftigt zu fein, bie ihm auch
nur von geringem Bortheile fein würbe, ba er anf feinem ganzen
Laufe fein einziges Schiffen trägt, 'umb auch für Dampfſchiffe zu
feicht erſcheint. Schon die Alten follen ihn wegen feiner Seichtigkeit,
wie Plutarch fagt, Kerobate8%) genannt haben, weil er ven
Sommer hindurch häufig troden liege.
Auf ver Strede von Sabandſcha abwärts, wo ber Fluß
2 Arme bilvet, welche jene lange Brüde oder vielmehr zwei Brüden
vereinigen, ſoll der linfe Steomarm, der Heinere, nur 210 Fuß, ber
rechte Arm, ber größere, 270 Fuß breit fein, doch hängen die bei⸗
den Brüden zufammen, um auch bei hohem Wafferftanbe vie Ueber-
fhwermung zu überragen. Der Fluß ſoll fiſchreich fein, ihr Fang
aber nur bei hohem Waſſerſtande ſtattfinden, unftreitig weil fie erſt
als Gangfifche dann in ven Flüffen auffteigen. Das Waſſer
dieſes untern Laufes foll ſtets träbe fein. Als ein befonveres Er⸗
gebniß führt Procopius zur Zeit bes Kaifers Juftinian (de
Bello Gothico III. 29) vie Erfheinung eines großen Seefifhes
Eñroc) an der Mündung des Sangarius in, ben bie Byzantiner
Borphyrion (mogpvelwv), d. i. eine Art Wallfifh nannten,
und welcher ſchon viele Jahre den dortigen Schiffern viel Unglüd
gebracht hatte, ver aber immer- nicht hatte getöbtet, werben Können.
) P. v. Tchihatcheff, Deser. de Yasie, Vol. 1. p. 138; v. Wrontschenko
1. c. Vol, Il. p. 68. *") Plutarchus de Fluviis ed. Oxon. Geogr.
Min. Vol. 1. p.24.
652 u Klein-Afien. $. 14.
Bei ganz ftillem Deere habe ſich winft an ber Mündung des Pontus
Euxrinus ein fehr großer Schwarm vom Delphinen gezeigt, den diefer
Wallfiſch fehr begierig bis in bie Mündung des Sangarius verfolgt
habe, wobei er ſich daſelbſt in dem Schlamm des Stroms fo feſtge⸗
rannt, baß er nicht wieber Ioslommen konnte. In dem zähen
Schlamm ftedend, fei nun das Volt zufammengeftrömt und habe
das 30 Ellen lange Unthier mit vielen Hieben getöbtet, ihm ba
auf das Land gezogen, unter fih in Gtüde verteilt ımb einge
ſalzen. Das Zweifelhafte an ver Erzählung ſcheint nur zu fein,
baß der Porphyrion mehrere ver Delphine verſchludt habe, mas wol
nur Bermuthung fein mag, ſich die Flucht dieſer Thiere zu erklären,
da bie heutigen Wallfiſche wenigftens feine fo großen Fiſche zu frefien
pflegen. Auch die Verſchlammung des Stroms muß groß geweſen
fein, daß ein Wallſiſch darin ſteden bleiben Tonnte, vielmehr mag er
wol nur auf zu feichten Grund in einer Enge gerathen fein, aus dem
ex ſich nicht wieder erheben lonnte, wie das Stranden folder Seo
thiere auch wol an ben flachen nordſibiriſchen und andern Küften
eben keine feltne Erſcheinung ift.
Der Kara fu ober Zfgeltätät Dere an Biladſchit vor⸗
uüberfließend, eutſpringt gegen S. W. in ver Nähe von Sögüd auf
den dortigen Plateauhöhen, durch enge Felswände erft gegen Weit
gedrängt, mit mehreren Zuflüffen bereichert, die von Bözüjüf umb
Ermeni Bazar auf den norböftliciten Borhöhen des Duman dſchy
Dagh entipringen, wo bie Jailas ber älteſten Osmanen-
familien für ihre Heerdenwirthſchaft angewiefen waren (f. oben
©. 623). Diefe Bergrüden bilven die Waſſerſcheide gegen bie
weitwärts liegenden Gebirgäftröme von Hammamly und Ainer
gidl, die ihre Wafler, aus 10 Zufläfien vereint, nah Jeniſchehr
zum Nebenfluffe, vem Gallus, ſenden. Die Entwidlung des Ra-
rafy-Laufes kann kaum 20 Stunden Weges mit feinen Prüm»
mungen überbieten, bie ihn erſt vom Oft nach Weit, dann von Süd
gegen Norb bei Biledſchik (1847 Fuß Bar. üb. d. M. nah
v. Tſchicha tſcheff) durch eine tiefe fehr pittoresfe Thalfpalte führen,
bie fi weiter nordwärts in bie flachere Ebene bei Wezir Chan
ewöffnet, an welder vorüber der Kara fu, mit einem linken Seiten
flüßchen von Albijik vergrößert, ſich unterhalb des Achir Chan,
nach v. Wrontfhentos), zum Salaria ergießt. Sowol 1 Meile
* 9. Wroutſcherlo 0. 0. D. Th. u. 6.70.
Der untere Lauf des Sataria, 653
era wie unterhalb Wezir Chan Tiegt eine Reihe felfiger Berge,
bie mit ganz jähen Felſen enben.
Der Bedre Tſchai over Gallus ver Alten entipringt weiter
wehlih an ven Norbgehängen des Dumandſchy Dagh und bes
Keſchiſch Dagh, d. i. des myſiſchen Olympus ver Alten,
welcher bie Grenze des alten Myfia in S. W., von Bithynia in
ND. bezeichnet, nahe ven äftfihen Quellen des Rhyndacus.
Er entfpringt aus verfchievenen Quellflüffen; einer von biefen wird
ber Fluß in Phrygia hellespontica fein, ven Strabo als Gallus
bei dem Orte Modra feinen Urfprung nehmen läßt (Strabo XII. '
543), deſſen Lage uns aber unbekannt geblieben iſt. Da mo ber
Sangarius ven Gallus aufnimmt, fagt derſelbe Geograph, ift
dieſer Fluß nur 390 Stadien fern. von Nicomedia, was ben
8 bis 10 Stunden ‚Weges entfpricht, wo ‚ver Berein beider Fluſſe
bei dem heutigen Lefkeh äftlid von Asnik an ber plöglichen Oft-
werbung gegen Norven vorüberftrömt. Durch biefen Verein, fagt
Strabo, wird der Sangarins fehr groß und fhiffbar, va er
in früheren Zeiten (da: üniwrog div) nicht ſchiffbar geweien
fei. Von da an begrenze er bis zu feinem Ausfluffe Bithynien.
Die großen Krümmungen (Auminis Galli sinuosos anfractus, Amm. |
. Marcell. XXVI. 8), welde der Gallus in feinem Laufe macht,
hat der Hiftorifer nicht überfehen, wenn er nicht barumter, wie dies
wol öfter. ber Fall war, mit dem Namen bes Gallus auch ven
Sangarius bezeichnen wollte.
. Den Namen des Gallus brachte aber ſchon Plinius mit
den Vrieſtern der Kybele, ven Gallen, in Verbindung (Gallus, a
quo nomen .traxere Matris Deüm Sacerdotes, Plin. V. 42), und
ſcheint dies durch die naturhiſtoriſche Bemerkung zu beftätigen, wo
ex von ben Quellwaſſern ſpricht, bie den Menſchen der Beflnnung
beranben, und zu biefen auch, wie zu andern Flüſſen im Taurus
nach Callimachus, den Gallus rechnet, deſſen Wafler man mit
Maaß trinfen müffe, um nit wahnfinnig (Iymphatus, Plin. H.
N. XXXI. c. 5) zu werben. Daher die Angabe bei Vibius Se-
quester (Gallus in Phrygis, unde qui bibit insanit more fana-
tico, Vib. Seq. fol. 10, Not. 116)) und bei Steph. Byz. "(s. v.
Tuaaoc) von ven fanatifchen Seldftverftämmlern ver Pota-
mogalleni u. a. m. Diefe Sage fheint, wie bei Martianus
Eapella (6. $. 687. ed. Kopp.) erſt von einem andern Gallus⸗
Fluß zum Sangarius in ber Nähe von Pelfinus anf dieſen weft«
ligen Fluß, der früher Tyras geheißen, übertragen zu fein.
654 Klein-Afen. . 8.14.
Die weſtlichſte Quelle dieſes Gallus oder des heutigen Bedre
tſchai kommt vom über 6000 Fuß hohen Olymp im Oſt von
Bruffa herab umd fließt durch einen Heinen See gegen NO. au
Deniſchehr vorüber, wo ein zweiter Hauptarm von S. O. ber aus
vem Heinen See, dem Aineh Gjdl-(v. i. Spiegelfee) kommend,
ſich mit ihm vereint. Im denfelben Meinen See fliegt ein britter,
oͤſtlicher Zuflug am Dorf Hammam, ven ſchon NiebuhrS”) bei
feinem Durchmarſche (im I. 1766) feiner hydrographiſchen Lage
nad) richtig erfannt hatte Hammam liegt 1829 5. P. üb. d.M.’
nach v. Tſchichatſcheff; die fünlihern Quellen des Hamman-
Zufluſſes · liegen aber noch 1654 F. Par. höher als der Ort, bie
nämlih an 3483 Fuß Par. üb. d. M. herablommen follen. Der
fo aus allen 3 Duellfirömen vereinte Gallus fliegt an dem Orte
Jeniſchehr als Gjök fu Ev. i. blaues Waffer) over als
Bedre tſchai vorüber bis Lefkeh zum Safaria, daher ex amd
der Jeniſchehr fu°®) genannt wird. Die frühere Verwirrung im
der Bezeichnung des Zufammenfluffes vom Sangarins und Gal-
lus an biefer Stelle, welden Iegtern Leake auf der Einbogenbräde
vor Lefteh paffirte, und ven Sangarius, ber body nur 150 Schritt
unterhalb ver Vrüde von Lefkeh ven Gallusſtrom aufnehmend mb
in vierfacher Breite ohne alle Brüde an dem Orte vorüberflicht,
gar nicht einmal nannte und auf feiner Karte ganz irrig eimzeide
nete, dem bann Andre gefolgt find, wie aud; bie von Ainsworth
berichtigte und verwirrende Note des Gloffators zu feinem eigenen
Tagesberiggte®), iſt zueaft von W. Ainsworth völlig ins
Klare gebracht worden, und bie Kartenzeihnung unterliegt daher au
dieſer Stelle feinem Zweifel mehr, wie bie- früher ganz falfche Bei
Rennell, welder Leake irriger Weile gefolgt zu fein ſcheint, der
dann fpäter Reichardt, Lapie und andere Karten ſich irrig
anſchloſſen. Diefem fortgehenden Irrthum ein Ende zu machen,
gab Ainsworth (Trav. and Res. Voll. p. 41) bie nſicht von
der Brüde über den Gallus auf Lefteh in das Thal des San
garius,
Nur durch viele feit Jahrhunderten ſtattgehabte Wanderungen
in bene verfchievenften Richtungen und Durchkreuzungen, unter
den wechſelndſten Baländen des Landes und > feine Bewohner, zwie
*) € Niebuhr, Reifebefihr. a. a. O. 25.1. &.137. 9) W. Ans
worth, Trar. and Res. Vol. Il. p. 52. *#) Note p.489 in Boy.
Geogr. Soc. of Lond. Vol. X, P. 3. P- 489.
Der untere Lauf des Sakaria. 655
fen denen ſich die Wanderer auf einem fo’ unfihern und oft ge "
fahrvollen Terrain meift durchzuſchlagen hatten, ohne viel Zeit auf
ihre Beobachtungen verwenven zu können, find und bie Stromges
biete’ diefer Zuflüffe des Salaria von der linlen Seite her zwiſchen
den norböftlichen Verzweigungen ber Olympusfetten bis zw bem
Hauptfirome des Sangarius und feinen großen Seen am linten
Ufer einigermaßen befannter geworben. Da ihnen feine vollftän«
digere fpeciele Aufmerkfamfeit von dem onvernement, wie bei
europäifchen Pändergebieten, leine Aufnahme u. a. zu Theil wurden,
Konten wir uns auf biejem Gebiete des Orients nur durch Bergleis
Yung biefer Routiers zu orientiren verfucen, die von gewillen
befanntern Hauptpuncten aus- und in anbere dergleichen wie-
ver zufammenlaufen, von benen aus die unbefannten Puncte
duch Wegediſtanzen und Ortsbeſchreibungen zu ermittelr find.
Solche Puncte geben die großen Hauptftationen bes Verkehrs feit
Yahrhunderten, die fid immer wiederholenden Karamanenzüge, Trupe
penmãrſche, Handelsſtraßen und deren Knotenpuncte, wie Kjutahia,
Söghüd, Lefkeh, Bruſſa, Nicka (Ienit), Nicomedia (Ismid
oder Islimid) und Andere, bie ſchon kartographiſch mit größerer
Sicherheit als vieles andre niebergelegt werben Tonnten.
Nur einem einzigen Wanderer, der an Ort und Stelle als
Augenzeuge, felbft ſchon auf der Höhe der geographifchen Betrachtung
ſtehend, einen dharacteriftifchen friſchen Umriß dieſer Gebiete zu geben
verfuchte, unferm verchrten Freunde, dem Kürzlich verftorbenen General
v. Fifcher®), verdanken wir folgende Ueberficht, welche vie bisher
durchwanderte Binnenſtrede mit dem vorliegenben propontifchen Kü⸗
Renlande im Zufammenhange kurz zufammenfaßt und uns fo einen
Ueberbfid des Gefammten barbietet, um uns nicht auf den nachfol»
genden Specialrouten, auf dem Uebergange vom compacten
Centralafien nad dem geglieberten Norbweft-Afien (f. ob.
S. 19), im den Einzelheiten, wie dies dem Geographen nur zu leicht
begegnet, ohne ven Gebanfenzufammenhang im Hintergrumbe fich
gegenwärtig erhaltenb, zu verlieren.
RL. Br. Obriſt v. Bifher, Beogr. Notizen über Kleinaflen, in
Dr. $. Kieperts Memoir über die Conftruction der Karte von Kleine
Afien n. f. Berlin 1854. S. 17—20.
656 Rlein-Afien. $. 14.
Erläuterung 1.
Ueberblick des untern weftlichen Uferlandes von den Salaria-
und Purfal-Flüffen nad dem Myſiſchen Olympus zu, und
ver Gfieverungen ber propontifchen Geftabe, nach dem
Körtigl. Preuß. General v. Fifcher.
Richtet fi der Blick von Conftantinopel nad Kleinafien, fo
trifft er dreierlei Gebirgsmaffen, bie vom Marmormeer be
ginnen, fih parallel gegen Often hinſtreden ımb von einanber
durch zwei tiefe breite Einfenkungen. getrennt find.
Der Meerbuſen von Ricomepia(Ismid od. Islimid, Aftacns
der Alten) mit dem oͤſtlichen Sabandſcha⸗See und der Golf von
Mudania (Myrleaniſcher Golf) mit feiner äftlichen Verlängerung
durch ben vom See von Nicka, Isnik Gjdl (Ascania Lacus),
Beide noch mit weſtihärts zum Meere ablaufendem Emifler füllen
diefe Einfenfungen zwiſchen ven ſüdlich ſten Erhebungen des hohen
Olympus und ben nordlichen Durdibrücden bes Bosporus vor
Eonftantinopel aus. Die drei dazwiſchen gelagerten unter fich mehr
ober weniger parallelen Gebirgsmaffen erheben ſich von Norden
"gegen Süben zu amphitheatraliſch. Die nörblichfte derſelben bildet
ein wellenförmiges Plateau (e8 wird im Oft durch dem untern
Zufluß des Sakar ia zum Pontus natürlich begrenzt), welches ter»
raſſenförmig fteil gegen das Schwarze Meer und ven Bosporus
in flachere Böfchungen gegen das Märmora-Meer und ben
Solf von Mudania abfält. Diefe Abfälle und vie ganze Säpküfte
find fruchtbar und wohl angebaut, die Hochebene dagegen nur mit
‚ einem weiten Wenig erforfhten Waldgebiete überwudjert, welches bie
Türen das große Baum-Meer (Aghatſch Denifi, f. oben
©. 549) nennen. Die von v. Tihihatfcheffet) gemeſſenen ab-
foluten Höhen dieſes Plateaurüdens fleigen am Weſtrande bes
felben gegen Kara Burun, Scutari u. a. O. nicht über 154,
184,.221 Fuß, im einzigen Gipfel bes grünen Bulghurlu mu
zu 738 Fuß üb. d. M. auf. Weiter oftwärts auf dem
zuge vom Gjökſuflüßchen bei Sungurly erhebt fih fünwärts
bis zur Stadt Nicomebia.das Plateau in feinen Luppen etwas
*) Bolstamfige Rare von Rleinaflen, und r. Tehihatehef, Asie Mineure,
.,Tableau etc. p. 55429.
Der untere Lauf des Safaria. 657
Höher; fo im Ara Dagh bis zu 864 Fuß, dann weiter ſudlich zu
500, 725 $., und ımmittelbar im Nord ber Stabt Nicomebia im
Tiheirkidi am höcften zu 1229 $., dem gegen Süd die Stabt
ſelbſt me noch 278 Fuß üb. d. M. am Golf vorliegt. Oeſtlicher
dieſes Querdurchſchnitts zeigt die Bolontomfhe Karte von Süd
gegen N.O. noch folgende Meffungen auf ver linken Uferhöhe des
Salaria an: ber Spiegel des Sabandſcha⸗Sees faft 300 Fuß
Par.; norböftlich davon Ada Bazar 368 F.; noch nördlicher bie
Kuppe über Daghdibi 331 F. P., von wo ber weitere Quer⸗
durchſchnitt des untern Sataria durch diefes Platean bis zum
Bontns erfolgt.
Auch die zweite ver zwifchenliegenven Gebirgsmaffen, ver
Rüden zwiſchen Nicomevia im Norven und Nicäa im Süben,
fallt fteiler gegen ven Norden als gegen ven Süven ab; ſie ſtürzt
bei ver weſtlichen Spitze dem Boz Burun (graues Vorgebirge,
Voſidium der Alten) fait ſenkrecht zum Meere ab. Dieſer ganze
Rüden ift vielfach zerflüftet und äußerft rauh; ein Plateau vom
einiger Ansbehnung ift nirgend vorhanben, und bie einzelnen Känme
des Gebirges, ver Katyrly Dagh in W., ver Samanly Dagh
der Mitte nordlich und der Gjüt Dagh norböftlich, erheben ſich
zwifchen 3000 bis 4000 Fuß über ven Meeresfpiegel, Der Duer»
durchbruch des Sakaria von Leffeh bis zum Sabandſche-
See fegt biefer zweiten Bebirgsmaffe gegen Oft ihre Grenzen.
Selbſt die Hauptquerſtraße von Eonftantinopel nad Nicda,
welche von ba zu dem größten Theile des innern Kleinaſiens und
nah Syrien am beſuchteſten wird und dieſe Kämme überſetzen
muß, iſt außerordentlich ſteil und ſehr beſchwerlich, wo ſie ſich nach
Norden im Kyrk Getfhib-Ders (Thal ber 40 Fuhrten) nach
der Landzunge von Herſek am Aſtacus-Golfe hinabſenkt. Die
Abfälle nah dem See von Nicäa gegen Süb und dem Golf
von Mudania (Myrlea) find fanfter, und beſonders bie letztern
fruchtbar und angebaut. Im Süden des Mudania-Golfs erhebt
fich die Küfte zunächft in fanftern mit Dliven-, Maulbeer-,
Nußbaum- und Weinpflanzungen bevedten Anfteigungen, und
bilbet in ver Richtung gegen Bruffa hin einen flachen, kaum 1000
Tuß hohen Rüden, welcher von bem weiter ſüldlich ſich erhebenden
Gebirge noch durch Das Thal des Uelfer (Milufer, ver alte
Odry ſes) getrennt ift.
Diefes Thal bildet eine dritte, von Weft nach Oſt ſich weit
hinzi ehende Einfenfung, bie mit dem Thal von Ienifhehr
Ritter Erdunde xviu. xt
ers alein tiſten. 5. 14.
(am Galludſttomvereiue) das mac, dem Sakaria geged NO: ab
fat, und anf dieſe Weife einen dritten Parallelr Iken zu den
erſten bildet, welcher zwar vom umtergeorbneie: Grhehung, Tugege
aber fruchtbar und beffer angebaut if. Saduich sen Helfer äfe
ben ſich über dem breiten Thalgrunde befielben mit
die Vorberge bes miyſiſchen Digmp GEeſchiſch Dagh, ah
Mou qhsabet g), und erfi oberhalb, d. i. in &D, der Gtabt Bruſſa,
ſteigt das Gebirge jäher zu feinem 7800 Fuß hehen Gipfel ch,
welchet in dieſem Theile Kleinaſiens der hoͤchſte Punct iſt (f> mund
Bruffa und Olyap)ı
Eben fo fleil wie gegen R, mb N.D. fällt ver Olymp ah
gegen S. Wi ab und lehnt ſich wur gegen S. O. au ion Duma-
nytſch Dagh an. Dieſer, ein maffenhafteres, aber wahrſcheluſich
nicdrigeres Gebirge wie ber Olymp, beine ſich üflich bie zum
Sabkaria aus und entſendet gegen Sünen feinen Gebirgsaf von
verſchiebener Erhebung, der ſich bis zum Müren mei ( 8
mes, {ı om ©. 611) fonſeht. Hm im Mften fliehen vie
Seitenfläffe zum Purfat (Tpymbres) ab} genen Weſt bildet er *
Waſſerfcheide für die Flüſfe zun Marmora-Meere, zuucl dee
Adyrnas Tſchai und feiner Zuflüſſe (des Rhyudaens ·Sy ⸗
Rems). Im Suden des Purſak und Mürad Dagh begimet bie
große Centtalebene, zu ber wir weiter unten wieder zarü
Tahren werden (f. oben ©: 43)
Nach diefer Gefammtüberficht ale Borbereitäng werden
die nachfolgenden fpeciellen Routiers durch bie begeichweten Län
dversäume hinreichend verftäubli efüeinen.
Erläuterung 2.
Die ſubweſtlichſten Rouliers von Kjutahla Aber weh Dume⸗
Htje, Dach mb den obern Lauf ve& Fluſſes Galad ad
Nice und Bruſſa, nach Dlivier, A, Eioh, Busbel.
1. Dlidierd Weg don Kjttahla (12. bis 16. Derbt
1798) Hay —ãAã en ef Sechs
te Folgen te franzb
fotſchetk zuerſt, weil fe zwiſchen beiwen Eubpumtlen bie directeſe MR,
*) 8 A. Olivier, Reifen a. a. O. Th. Ih S. 889--390.
"Der untere Sakaria; Routler über den Gallus. 058
welche amt bichteftet ber Gitbiweftfeite ves bezeichneten Gebiets mit "
Genauigleit folgt, die wir bei vielen andern ber Berichte vermiffen.
Sie begrenzt daher gewiflermaßen das Gebiet der Wiege bes
ssmanifhen Reiches (f. oben ©. 623), auf welches für jetzt
unfre Localbetrahtung zum Beſchluß des Sangariusfyftems
fich fürs erfte zu beſchränken hat, bevor wir fpäterhin zu andern
weſtlichern Gteomgebieten und Länderbreiten fortfdjreiten Yımen.
1. Tag. 12. Oct. 1798. Abreife nah Kjutahia bis
Raza Ejub (8 Stunden). Erſt eine Stunde abwärts dem Strom
Purſak (Thymbres), auf deſſen linker Uferebene, folgend, dann deit-
ſelben verlaſſend, wurden die nahen Berghöhen von Kalt-, Kreive und
Benerftein überftiegen, die ſich hdher und hoher Heben und mit Wäl-
dern überwachen 8 Stunden weit zu burchfegen waren, bis man
in nörblicer Richtung das Dorf Raza Ejub erreichte, das erſte,
welches dem Neifenven als ganz ans rohen Fichtenſtämmen geziut-
mert umd mit Bohlen bedacht auffiel, den Blodhäufern ganz gleich,
wie fie in Rukland, Schweden und Norwegen einheimifeh find.
29. Tag. 13, Oct. Durch fortgefegte ſchonfie Fichtenwalvun ·
gen fißer die füröftfichfte Fortſetzung ver Ofympusfetten, Bis man
nad) 5 Stunden Marſch über biefelben hinabſtieg zum Dorfe Du⸗
many Tſchukurdſchha. Hier waren einft ben Söhnen Erto-
ghruls die Jailas für ihre Heerden von Sultan Alaeddin dem
Seldſchulen angaviefen (f. oben &. 623).
8. Tag. 14. Det. Bon da norbwärts folgten auf Schtefer-,
Duarz« und granitifhen Gebirgen der Dumanytfh-Alpen (bis
8550 Juß Par. üb. d. M.) die fhönften Budenwaldungen,
welche dem trocknen baumarmen bſtlichen continentalen Elima zu
fehlen feinen mtb ſich jhöner im feuchtern maritimen Clima
ver weftlihern Glieder ungen Vorderaſiens entfalten. Diefer
Querzug des Dumanytſch Dagh erſtrect ſich von ver Olympus
kette in S.W. mehr norboftwärts gegen ben innerſten Winkel
des Triangels als untergeordnete Wafferfcheide zwiſchen den
fudoſtwaͤrts zum Purſak von Weſt her zufallenden Flüßchen und
denen, welche gegen W. und N.W. dem Kara fu ober Gallus
angehören. Diefen Dumanhtſch von S. O. her zu erfteigen brauchte
Dlivier 4 Stunden, und 5 Stunven, ihm gegen N.W. wie⸗
der Hinabzufteigen, bis er das Dorf Alibei kjdi (Mlibeler bei
Dlivier) in einer fehr fchönen Thalebene am oſtüichten Quellfluſſe
ves Gallusſtroms erreichie.
4. Tag. 15. Oct. Nur eine halbe Stunde hatte man bie
Tt2
660 Mein-Mfen. 5. 14.
ſchone Ebene zu durchziehen, bis zu einem Meinen Dorfe, das zur
Gerichtsbarkeit der Stadt Ainch Gjdl gehört, die am Meinen
gleichnamigen See liegt, ver feine Waffer nah Tenifchehr feuer.
Ueber einige Kalfhägel wurde an dieſem Tage nad einem Marke
von 6 Stunden die Meine Stadt Jeniſchehr (d. i. Nenftabt),
berühmt durch ihre vortrefflichen Quitten und Feigen (vieim
einem ſeltſamen Auekdoöͤtchen zur Zeit Timurs Veranlaffung
ben)®), in eimer ſehr fruchtbaren Ebene am Bufammenfluß ver
ſchiedenen Arme des Gallus oder Gidt fu erreicht. In ihe wohre⸗
Turlen und Griechen, bie viel Baumwolle und Seide im ihren
Manfbeerbaumpflanzungen, wie Wein auf den Weinbergen vings
umber erzielen. Die Ölanzperiobe®t) viefer Reuftabt, ber fie
ihren Namen verdankt, ift bie Zeit, da Osman, ber Stifter tes
türfifjen Reichs, dort feinen Pallaft erbaute und feine erſte Re
fivenz dahin verlegte, mo Moſcheen ımb Bäder entflanden. Dod
wurbe der Weg noch 2% Stunden weiter norbwärts bis Bambu-
dſchyt fortgejegt, von wo am 5. Tage, 16. Octhr., fon neh
9 Stunden Weges die Station Ricda am See erreidht wurde,
deren Lage Olivier unter 27%° Bfl. 2. von Paris und 40° 6°
N. Br. angab.
2. Aucher Eloy's Ronte von Bruffa nah Kjutahia
(16. bis 21. Febr. 1886)8)
1. Tag. Bon Bruſſa ven 15. Febr. erreichte der Botaniker
gegen Oft durch einen Saflaniemald in 4 Ctunben die Gkotion
At ſu.
2. Tag. 16. Febr. Von Akſu verfolgte Eloy eine fehöme
Ebene 4 Stunden weit bis Jeni Fjdi (Menborf), im weicher fehe
viel Reisfelder angebaut waren und Maulbeerbänme zw
Seidenzucht cultivirt wurden.
3. Tag. 17. Febr. Eine etwas fürsflid, gehende Weudeung
des Weges führte durch eine prachtvolle Ebene (im Süben bes
Aineh Gjöl vorüer?), bie von einem Heinen Ylufie bermäffert
wurde (unftreitig der öftlichfte Zufluß des Gallus bei Alibei Ki
vorüber), bis man nach 3 Stunden die Station Kurſchanly (mi
bleireich, bei U. Eloy Kouronn Chundun, dieſelbe Station, welche
Tournefort als Kourſoumou paſſirt hatte, ſ. ob. ©. 563) erreichte.
8%
*) W. Ainsworth, Trav. and Res. Vol. II. p. 50. **) Gihan Numa ed.
M. Narbng. I. P-477. _*) Aucher Iloy, Relat. et Vor. Le. T.L
p. 138-145.
Der untere Sakaria; Busbeks Routier. 661
4 Tag. Am 18. Gebr. wurde ein hoher Berg mit Eichen
bemachjen (unfreitig ver Dumanytfc, Dagh) Aberfliegen, von dem
man in 5 Stunden gegen Süp binabftieg zum türkifchen Dorfe
Bazardſchyhk, mit 2 Mofceen und 2 Khanen.
5. Tag. Den 19. Febr. ging es durch enge Thalſchluchten
füwärts, die bewäflert waren (von einem linken Zuflügchen des
Burfak, ſ. die Karte), und dann tiber eine Berghöhe nach Durbur-
tar (ver Karte, Dodor ga bei A. Eloy).
6. Tag. 2%. Gebr. Ueber hohe Berge fühwärts, bie noch
vol Schnee Ingen, in 6 Stunden nah Seid Omar; bis dahin
Schiefergebirge, denen dann jaspisartige Gefteine folgten.
- 7. Tag. 21. Gebr. Ueber viele nadte Höhen, nur hie und
da mit hohem Sebenwachholderbaum (Juniperus sabina) bewachſen,
in 4 Stunden zum Purfal-Thale nah) Kjutahia.
3. Paul Lucas Route im 9. 1704),
Ungefähr dieſelbe Route hat wol Paul Lucas im Aug. 1704
vom Bruffe nah Kjutah ia zurüdgelegt, unter großen Gefahren
von Raubanfällen und mit Nennung anbrer Namen. Den 1. Tag
zog ex mit feiner Karawane bis Alf (er ſchreibt Daxou); ven 2.
durch Aineh Gjdl (Meiniquel bei P. Lucas); den 3. durch hohe
Walder umd über ven fehr hohen Berg, ven er Domalis nennt,
& lann nur ber Dumanptfc fein, von dem er in 2 Tagen durch
Berge und Thäler zwiſchen Rauberhorden nah Kjutahia kam.
Diefe Straße füent in jener frifen Zeit diciſecher beganggp zu
fein als fpäterhin.
4 A. ©. Busbeks Routier im 9. 1554.
Diefen Routiers entfpriht ber Weg, ven Busbel”) in ver
Mitte des 16. Jahrhunderts von Nicäa nahm, nur theilmeife; denn
ex durchkreuzte beide in diagonaler Richtung, was ſich aus ven von
ihm angeführten bloßen Ortönamen- doch veutlih ergiebt. Bon
Yenizar, d. i. Ienifhehr, über Adbyut, d. i. Akbijik, über
Bazargyd, d.i. Bazardſchyl, über Bofovik, d. i. Bozujul,
dieſelbe Station, die auch ſchen Tournefort paffirt hatte (f. oben
©. 553), unb von ba durch fehr enge Schluchten über Eoffambaza
(Rofimbazer?), das uns fonft unbelannt bleibt, nad Otman-
üit, d. . Osmanlyk, wo er bes Grabes Dsmans gedachte
(1. oben ©. 546).
*) Eau Luca, Vor. 1714. Amsterd. T. 1. p- 9092. a Gil.
Busbegali Oma, q. eat, l. c. p. 67. -
468 Klein⸗Aßen. $. 14.
Erläuterung 8.
Die Routiers von Sögüb über Wezir Chan nach Lefkeh zu
untern Galluseinmünbung in den Salaria, nach O. v. Richter,
Mach. Kinneir, Ch. Fellows und W. M. Leale.
Auf ven Routiers von Kjutahia den Purſak-Fluß entlang
abwärts bis In Ongiü und Sögüb haben wir ſchon die Reifen
ven Leate, General Kochler, Fellowms, Keppel und v. Richter
begleitet (f. oben S. 621 u.f.). Hier haben wir baher nur auf
ihren Wegen von Sogüd ihnen weiter gegen Weſt zu folgen.
D. v. Rigter‘®) erreichte Sdgüd in ber [hönften Grühlinge
seit, am 28. April 1816, von mo er feinen Weg durch Die pities
resten Thäler umd Wäler am linken Ufer des Sakaria vel
Entzüden fortfegte, an hohen Walbbergen und Bergengen worüber,
wo ein Wächterhaus am Derbend die Paflage ficerte, bie zum
geräumigen Sultan Chane führte, ver in einer fhönen Ehen
am Flüßhen Karafu (auch Tſcheltüluk Dere) gelegen iſt. Miele
Züge von Maulthierlaramanen mit Eifenmaaren belaven,
bie mit ihrem Glodengeläute, Schellen, im bunten OuaftenfChmnd
und Aufzuge an bie Maulthierzüge des Weſtens erinnerten, belebten
dieſe Gebirgsgegend, in welcher das Kamel ſchon weniger als Laf-
thier erſcheint. Starre Felſen am Oftufer des Sakaria, grüme
liebliche, mit Saaffelvern und Wieſen oben auf, mit herrlichen Mal
dungen befrönte Berghöhen und die oft dreifach ſichtbaren Winden
gen bes glänzenden Steomlanfes, die man durch die fchönften
Landſchaften ſich hindurchſchlängeln fah, wurden durch bie foridauern ·
ben Nachtigallenſchläge, deren Sänger in zahlloſen Schaaren
dieſe ſchattigen Thalwindungen belebten, ungemein verherrlicht. Se
wurde das Dorf Jenitſcheri Fjdi in dieſer Einfamfeit erreicht
und dann, ſtets von Machtigallchören begleitet, bie Station Lefkei
die im biefer Jahreszeit auf allen Seiten von den weil
Bäumen ber Prunus padus nod einen befondern Schumd erhick
von ber ein eben fo reizender Weg bis zum See von Nicde
aurädigelegt wurde·
2. Macbon. Kinneirs Weg von Ricke über Lefleh
2.8 v RM i 2
) 8 & X eoten Wallfahtten im Morgenlande. Balin 1022. 8.
Zuſammenfluß v. Sakaria u. Gallus bei Lefleh. 608
nach Eokifchehr (im f. 1818)9) haben wir fchen oben theilweiſe
beräiyet,, weil er vom Lefteh ans einen Theil ver alten Mbner-
ſtra ße am Saugarius aufwärts nach Dorylalum wieder eutdecte
. oben ©. 574). Hier fägen wir hinzu, daß er von Lefkeh
14 geogr. Deilem Zeges, wahelceinlich in 2 oben B Tagersifen,
fmrtwägrend wurd Gebinge- und Walvlayb ritt, ehe er bad Laud
wer Ebene am Purſakfluſſe erreichte. Durch das vomantifdre Thal
des Gallus (ob ber Karaſu ober der Salaria gemeint ift, bleibt
wol unſicher, ſ. oben a. a. D.), am beflen Eintritt er Das ms un
betanute Def Byulakol (wol Böjüt-gidl, d. i. großer See?)
meint, mo eb ihm am vielen Stellen hödftens wur 600 Schritt breit
erfähien, fond ex am 9.-Geptember bie viden Obfkäume veichlich
mit Pfirſichen, Apriloſen, Pflaumen, Birnen und Beilnüffer beinben.
Beim Dorfe Bazir Khan überſetzte eu bie Brüde des Fluſſes,
den ex irrig Gallus nennt (dieſer Cham if wol ibentifd mit dem
Sultan Shan bei n. Richter, liegt aber etwas weſtwärts vom
Salarin,Etsem am Heinen lügen, dem Tfheltülät aber
Earaſn). Sinneir glaubte dabei die Ruinenſpuren dev allen Stabt
Horilium?Y), die auch Laake dort ſuchte, aufgefunden zu Haben.
Rad) AAY, geage. Meilen von Leflch erreichte Rinneir Ohgäp
in ver Nübe dei Salgria, son iwo- er nach 9 Stunden in bie Ebene
am Dorplaanın am Purſak eintrat.
& Eh Fellowe eilte nur flüchtig am 20. März 1888”)
om den Felsengen bed Sakaxia bei Leflch vorüber. Er kam aus
ven reihen Sariesumgehungen und Maulbeerbaumpflanzungen bon
Mike in Beit von 2 Meilen Weges, ober 5 Gtunben, herüßer
am Weſt, und faud von ber lehnen Höhe einem Einblick in bie
lelſige, wileomamtifhe Laudſchaft zes Golaria»-Luffthales bei
Beilch, hie ihm mit ihren Docmälbeen und Gelächfüryen, mit ben
wies gehrispanten Nallſteinſchichten om bie gramdioien lardſcheft ·
Then Kreum pon Ganohen erinnerten. Das wilde Mafler des
Bevre Tochai ober des Gallus Arie pon S. W. her feine
Bewäfler wem Hohen ſchnecreichen Dipapus eiligß Ich in ben
Gonawins, Des vomaukiigen Ciublid in vieles xizeude Gallus⸗
Thal hat Saborps”) in zimer fhönm Abbildung hargelegt.
" Kingeir, Jauraey Ahr, Niger 1818. 2-31-
en han 12.188.775 ——
Pete? anf ei einem Ansfluge nach ‘eleinofen. Ueberf. v. Zeuker.
Baipz 643. S.62m6d. I de ** *
Paria. Fol. 1837. Lim, X Pl. Gau Calaeg de —WXW
664 Klein⸗ Aſien. 8.14.
Fell ows ritt unter ben wilden Felsgehãngen des Hauptſtroms von
Lefkeh, bie auf das prächtigſte mit ber blühenden Arabis purpures,
bie auch im hohen Olymp einheimiſch, geſchmüctt war, bis zum
großen Khan, ber einft bafelbft für die Melfapilger 75) vom einen
Bezir erbaut warb und dem benachbarten Stäbtihen ven Namen
giebt. Von biefem Wezir Chan murben aufwärts bie Gebirge
mit Wälbern von immergrünen, ſchönduftenden Lebensbänmen
(Thuja oceidentalis) überftiegen, bis man nach 6 Stunven Weges
die Ebene von Sögüb erreichte.
4. M. Leake's Weg von Nicka nah Sögäd (im 8.
1800)*). Den 23. Januar 1800 ritt Leake in 6 Stunben
von Nicka nad Lefkeh. Kaum anderthalb Stunden zu mäßiger
Höhe vom Seeufer aufgeftiegen, verſchwand der Seefpiegel ben
Blid des Reifenden, und ein ebenes Bergland mit tiefen beisal-
beten Schluchten breitete ſich weithin aus, bis fein Blick auf das
ſchoͤne Tiefthal des Sangarius fiel, an welchem Lefkeh mit fi
nen Häufern aus Luftbadftein erbaut ſich zeigte. Ehe man in bie
Stabt eintrat, mußte man eine fhöne Steinbrüde paffixen, bie
alſo nicht über ven Sangarius, fondern über feinen linken Zufluß
den Bedre Tſchai oder Gallus, führt, ber noch zu jewer Zeu
. mit dem Safaria identificirt wurde. Ein Irrthum, ber and ia
dem Stinerar ver Mellapilger bei Bianchi feinen Urfprung zu ha
ben fcheint, bis Ainsworth vie babei vorwaltenden Irrthümer
berichtigte (f. oben ©. 654). Der Ort liegt aber in ber Land»
fpige, in welcher ſich beide Ströme gegen Norben vereinen. Des
Thal von Lefkeh, dem Leuch des Mittelalters, fand Leafe fe
ſchön angebaut wie nur irgend ein Thal in Europa. Die Kam
felder waren durch Gräben und Heden eingehegt, bie Berge mit
BWeingärten bebeeft, große Maulbeerbaumpflanzungen gaben reichen
Seidenertrag. Un den Höhen ber Berge weibeten zahlreiche Heerden
von Schafen und Biegen; die ganze Landſchaft war großartig mb |
Höchft romautiſch. Durch viele Dörfer zu beiden Thalfeiten erreicht
er in 4 Stunden Weges den Wezir Chan. Nur wenige türkiſche
Reiter begegneten ihm mit ihren Hunden, die von ber Gafemjugb |
zurücllehrten. Bon Yahrwegen mar feine Spur zu finden, mb
Karawanenverlehr fchien in biefer Winterzeit zu fehlen; das Boll,
das er fah, war ein ſchöner Schlag Meunſchen, die Weiber aber
”s) Bianchi, Itin. 1. c. Reoaeil deM. I. p. 89. '*) Colon. M. Leake,
Asla Minor 1. c. p. 12—15.
Unterer Sakaria; Ainsworths Routier. 666
verſchleiert. Die Haͤuſer in Wezir Chan waren elend, die Umge⸗
gend aber wie bie vom Lefkeh eben fo cultivirt.
An 24. Ian. wurde von Wezir Chan in 8 Stunden Zeit
bie Station Sögäd erreicht. Man ritt erft 2 Stunden im Thale
gegen Süd, ftieg dann über ben Berggug, ber eine Berzweigung ber
Dlympuslette, hier ber öftliche Dumanytfc,, ift, deſſen eine Seite
von dem Safaria bewäffert wird, auf ber andern Seite von bem
Karafa. Die felfige, wilde, wenig bewaldete Höhe des Gebirge-
paſſes führte am einem Kazaul-hana (nicht wie er ſchreibt Ke⸗
tefol hane), d. i. einem Wachthaufe, vorüber, unb dann wieder
in wohlbebeute Thäler hinab, in denen aber fein Denfch ſich fehen
Üe. Die Wege waren gut, weil das Wetter troden war; zur
Regenzeit find fie buch tiefen Schlamm und zähen Boden kaum
zum Fortlommen. Am Ende des Thales, in das man eingetreten
war, Ing Sögüd mit ver Grabluppel Ali Dsmans (f. oben
&.546). Hier hatte, nach dem Tode Ertoghruls feines Vaters,
im 9. 1288, der Seldſchulen ⸗Fuͤrſt Alaendin?s) dem Osman feine
Refibenz angewiefen und mit ber Stanbarte und ben Roffehweifen
als feinen Bafall belehnt.
5. W. Ainsworths Bes von Nicka Aber Lefteh und
Biledſchyk nad) Sögäb (im 9. 1839) 7).
W. Ainsworth verließ am b. Rovenber das „finde des
Sees von Ricka, über einen Kunſtdamm nah Karedun gehend
2 Stunven weit; dann über eine Berglette hinauf umb -wieber
hinabſteigend durch eine felfige Schlucht und einen Engpaß in bas
Thal des Fluffes, den er auch Lefkeh Su bei Griechen nennen
hörte; es ift ver Gallus ver Alten, ver auch Bebre Tſchai—
keigt. Eine Bräde führt über ihn hinäber zur Stadt Lefkeh mit
etwa 400 Häufern. Die Thaltiefe, von rothen und braunen ter-
tiären Kalffteingebivgen umgeben, ift fehr maleriſch; die Berge im
Dft von Lefkeh find brauner Sanbflein mit vothen und weißen
Mergellagen, die gegen Nord abfallen. Ihnen folgt eine Gtrede
Trachytgebirge, dann ein fehr klippiger Kalkfleinftrich, durch
deſſen tiefen Felorißz fich der Sataria hindurdbrängt. Die Erar
chytmaſſe zeigt wol, daß dieſer Durchbruch durch plutonifche Gewalt
hejchehen An Ende dieſes Engpaſſes Liegt gegen Sud bie Stadi
”%) Bianchi, Itin. de la Mecque 1. c. Il. p. 89. ”) W. Ainsworth,
28 taken on a Journey from Constantinopel to Mosul 1839, in
Lond. Joumm. of the Geogr. Soc, Vol. X, P. 3. p. 489-490.
686 Alein · Aflen. $. 14.
Chosrew Paſchas oder Wezir Chan im fchöuer Mangelung,
von 50 bis 60 turtiſchen umb 100 grieqhiſchen Famillen baushet,
bie jährlich 4000 Dias Seide in ben Haudel bringen. Das Thal,
in weldem Wezir Chan liegt, verengt ſich fühwärts fehe bat,
wird weniger fruchtbar, die Hauptfisaße fegt auf einer übe
einen listen Zufluß des Galarin, bann- über ſehr Hippige Tundpk-
laudſchaft zu einem Plateaulaud, das Boch noch ziemlid amgebant
iR, wo der Drt Biledſchik liegt, ver von den meiften abe
Reifarden nicht genaunt ift, umb doch ift er aus mer als Stuuden
ferne ſchen ſichtbar.
Nur Ehen. Otter (im Jahr 1736)77) iſt auch von Wezir
Chan über Biledſchik gegangen, wo er fagt, daß man guim
Wein baue und fehr gute in Gilber und Gold gefiidte Sammei-
Kiffen werfertige, die viel nad) Genftantinopel ausgeführt werben;
doch follen ſolche Kiffen aus ven Fabriken in Vruſſa nnd beiier
fein, was fon Hadſchi Chalfa”) berichtet hat. Bilesfäit
liegt auf einem Laltfteinfels, von dem man drittehelb Stunden
hinabzuſieigen hat, durch ein Lager von Saudfteinceniglomevat mb
Mergel mit Trachyttrimmern. Die Berge nordwäͤrts von ve,
welche der Salaria und feine Zufläffe paſſiren, ſcheinen Kallſteis⸗
ra zu fein, das aber durg vuleaniſche Berrüttungen viel erlitien
*
bezantiniſch· chriſtliche Reich im Sahre 1298 (ber Hes. BE)
dv. Chr. Geh. ihren Anfang nahmen. Weiter fübtoärks folgt eine
Tradiytleite, und auf dieſe wieder eime Ralkfteinfette, vie gut beweldet
iR, und an beren Fuße Sögäp (d. i. Weide, Baliz) liegt, nen
400 Häufern mit eben fo viel ober faft mehr Ehriften wie Min
bammsbanern bewohnt, von wo B bis 4 Stunden Weges gegen
SD. über eine Gebirgätette Eskiſche hr erreicht wirt.
Chevalier Ot ters Weg führte iu non Biledſchik am
10. Desamber durch Nebel über Eis · web Schneeberge, un won In
in 3 Stunden zu dem höhlenreichen Su Dmgit über faR weglefe
Geſtreden. Biledſchit (Beloloma der Byzantinet 7), wie Yinsh
Gibl (Angedeloma?)®), Seniſchehr, Neuñadi, Riöprk Hiffen
Brüdenfhloß, Sögäd, vie Refiben Ostens, mb wire ambue her
??) Cher. Otter, Voy. l.c. T. IL. p. 50. ”*) Giban Numa ed. M. Nor-
weg. U. p.idl. °) W. Muswatb, Tu. and Bor. Le VL D-
wi 477% Summe, @eiaiad de au. Bad, CL
I. u.
Der Gabandſcho· See. 667
dortigen Drte in dem Wiegenlaube ber neuern Demauenherrſchaft
find für desen Specialgefch ich te von hiſtoriſcher Bedeutung und
verdaulen derſelben hier meiſt ihre moderne, auf die griechiſche
Gruudlage baſirte Benennung.
Erläuterung 4.
Der Sabandſcha⸗See (Sophon) und-feine Canaliſirung; bie
Brüdenübergänge über ben Sangerins und fein unterer Lauf
bis zur Mündung im Schwarzen Meere.
Die Wege abwärts des Sangarins-Stroms, melde auf
ber Dftfeite feiner Thalenge über, Geiweh zu bem centralen
Hochlande des Sangarius hinaufführen, haben wir oben durch
Ewliya Efendi, Auer Eloy, v. Binde u. A. ſchon kennen
lexuen (ſ. oben ©. 558). Hier haben wir noch die Wege an ber
linken Uferfeite des Tiefthales bes untern Sangarius bis zu
feiner Mündung weiter zu verfolgen.
Hier nimmt der Sabandfha-See, nur 5 Stunden im Oft
der Stabt Nicomedia und zwei Tagereifen nordwärts bon
Lefteh am linlen Ufer des Salaria jenfeit feiner wilveften Durch
brüche gelegen, die wichtigſte Stelle ein, weil er zwiſchen dem
Strome ˖ und dem Golf von Nicomebia eine natürlide
hydrog raphiſche Verbiudungslinie barbietet, bie zwar wie»
berholt zu Stande zu Bringen verfucht, aber niemals ausgeführt
warbe, aber wenn biefe möglich fein follte, für bie Zufunft einen
für jeme Landſchaft micht unwichtigen Fortſchritt barbieten dürfte.
Kürzlich hat ein einſichtsvoller Kenner des Orients, General Joch⸗
mug2t), von neuem Vorſchläge zur Ausführung dieſer Sanalifation
gemacht, bie aber noch nicht veröffentlicht worden.
Ben Nicomedia am innerften Golf, dem Afecenifgen®) und
Olbianiſchen Bufen bei Schlag (p. 35) und Strabo (XII. 568),
nad den alten Städten genaunt, bie an feinem Ufer lagen, zieht in
der Richtung von Weft nach Oft die abgenannte erfte Einfenkung
awichen dem ubrdlichen niedern Plateau mit dem Aghatſch benizi
Ben Sonne in ber ung ber Londoner Fe! Set, „am
23. Gebr. 1857; f. Arhenaum Rr. 1532. ©. 3
worth, Notes on a Journey ee — —— ——
hr m. 217249; hei r, und Beasarch. in. r.
u >30; Kr Pr, Ta 7
668 Klein-Afien. 514
und ben ſüdlichen großen Höhen des Giök oſtwärts kirräher bie zum
Thalbette des Sangarius. Der Weg von ber Stadt füht
erſt einige Stunden in ver Nieverung an mit Melonen unb Reis
bebauten Feldern vorüber, bie von dem Heinen Flüßchen Kyzhl
Irmal (nad v. Hammer heißt der Zufluß zum See Kires-fn,
d. i. Kirſchwaſſer) zum See bewäflert werde. Berläßt man bick,
über unbebentenbe Hößen von wenigen Fuß anfleigend, über meihe
ber Weg ziwifchen wilden Heben, Hopfen und andern nievern Schling-
pflanzen, zumal dem Tenfelszwirn (Clematis cirrhosa), bier des
allgemeine Gewͤchs der Heden, hindurchführt, fo ift das Serheie
des ſchmalen Sabandſcha in ber Einfenkung bald erreicht, dem
zur Seite in Nord ımb Süd fi wilde bergige Ufer erheben, vie
bald zu Waldbergen auffteigen. Das Baffin bes Sees ift hope
fo lang wie breit, 7 Stunden lang von W. nad Of. Ex flirt
fortwährend auf ber N.O.-Seite durch das Heine Flüßchen Kilis
4 Stunden weit in das Sangariusbette ab, das aber direct in
laum 2 Stunden fern liegt. Der See foll Bi Beim hoch
ſchwellen, und dann auch gegen Weſt feine Waſſer in ben ‚Set
1000 Fuß hohen Mippigen Bergen im Süven und Norven zu fchönm
Hochwãldern emporfleigen®). Der See ift durch dieſe gräme Im
gebung lieblich, aber nicht romantiſch durch feine Formen. Un für
nem Sübufer ift die Poftftation mit 500 Hänfern erbaut, mit
Dſchami und Mesjid und vielen Caffees und Ställen, wegen ber
ſehr häufigen Paflage, in einer reizenden Lage umter gigamtifen |
Platanengruppen. Diele Reſte ans byzantiniſcher Zeit Liegen is |
Säulenftäden, Corniſchen, reich ornamentirten Architecturreſten um |
her in allen Straßen, an Wegen und in den Gartemumgebumgen,
und mehrere Dörfer find an dem Seeufer erbaut. In den Autors
des Mittelalters wird der Berg am See öfter Sophen
(Zöpwr b. Georg. Cedrenus Histor. Comp. ed. Imm. Bekkeri,
II. p. 628) oder Siphones (G. Pachymeris de Androm. Pal |
L. IV. ed. I. Bekk. IL. p. 332, 8) genannt,
Ammian. Marcell. (XXVI 8, 8) läßt ven Kaifer Balens
ſich vor dem Feinde durch den Rüchzug am Sumonifchen See
und durch bie Krümmungen des Gallus⸗Fluſſes reiten (per
) Leon de Lal
’) Lem il a at; go Srrie ee. Liv. XI. Planche, Vae prise
Der Sabandſcha· See. 068
Sumonensem lacum et fluminis Galli sinuosos anfractus). Anbre
nennen ben See noch andey3®®), ver nach ver verftünmmelten Venen,
nung von Sophon ober Siphon bei jenen und Baava bei Anna
Eommena (X. 282) zur Zeit Osmans erft den von ben Türken
zuſammengeſetzten Namen Sabanpfiha erhalten haben mag®).
Unftreitig ift bie ber See, deſſen Sanalverbindung mit
vem Golf von Nicomebien Plinius Caec. Secund. (Epi-
stolarum Libri ed. Gierig. Lips. 1802. T. II. Ad Trajan.
Epist. LXX u. LXXII. p. 473) vem Kaiſer Trajan als.ein feiner
Zeiſerherrſchaft wirbiged und für ihm vuhmbolles, wie für bie
Ricomeder fehe nügliches Wert vorſchlug, um auf vemfelben bie
Marmore, bie Bauhölzer: und die Lebensbedürfniſſe ver
Hanptftabt Bithyniens durch Schiffahrt bequemer und mohlfeiler als
anf Lanbwegen zuführen zu können. Er babe, fagt er, ſchon bie
Ueberzefte eines frühern Canals dort vorgefunden, ben ber
König (ob Mithridates ober ver Perſer könig zur Zeit des
frähern Vefiges von Kleinafien, ober ein bithymifcjer?) dort begon-
wen, ber aber nicht zur Ausführung gelommen fei. Auch wiſſe er
nicht, ob berfelbe nur zur Entwäfjerung des Landes ober auch zu
einer Berbindung mit dem Meere habe dienen follen. Zur Ans
führung fei eine Abwägung bed Seefpiegels, den man 40 Ellen
(Enbitns, etwa 68 Fuß Par.) hoch ſchaͤre, nothwendig, weshalb er
den Kaiſer zur Senbung von Architecten erſuche; worauf Kaifer
Tra jan and eingeht, aber zur Vorficht und zwedbienlichen
Ausführung väth. Ueber ven Exfolg biefes Projects ift jedoch nichts
belaunt geworben. Auch unter ver Turleuherrſchaft Suleiman
bes Großen, fagt Hadſchi Chalfas), habe der große Bau-
meiſter Sinan im Jahr 1503 (Heg. 909) Bei dem Sultan biefen
Verſchlag wieber in Anregung gebracht, umb ber Sultan habe dem
Stotthelter der Provinz dazu die Vefehle ausgefertigt, and Ma-
WB mb Architecten deshalb ausgeſandt, aber die dazu
beſtinnnten Gelder ſeien veruntreut worden, und aus Neid und
Eiferſucht nichts zu Stande gelommen.
Erſt duch v. Hammer wurde die frühere abenteuerliche Er⸗
Wärung bes Briefs an Trojan, als habe Plinius bem Kaifer die
directe Berbindung bes dortigen Nicomediſchen Meerbufens mit dem
®) J. A. Cramer, Asia Minor. I. € is. yo Gamer, Bis.
des osman. Reichs, Th. I. ®*) Giban Numa b. M,
berg. P. II. p. 493; danach — Voy. lc. U. p. 46.
oro Ride. 5.14.
Pontus vermittelſt eines Laudſees vorgeſchlagen, berichtigt, wa deqh
zwiſchen dieſen hohe Berge liegen”), Das Hihmere u audftthe
barere (?) Project, dies vermittelt des Sangarins.Gtroms zu
bewirken, fei, fagt v. Hammer, bes größten türkiſchen Baumeiſters
Sinan würdig gewefen, der dazu bie Veranlaffung gegeben, aber
einer befiern Zukunft vorbehalten. Nicht nur zu Sinans Zeit,
fondern auch im Jahr 1766 wurden bazu wieverholt bie Borichläge
bei bes Hohen Pforte dem Wezir Kjöpräläßt) eingereicht, sum
die Möglipkeit der Ausführung biefer Waflerverbindung wurde as
beiiefen angegeben, aber vie Ausführung foll auch dieſes zweite
Mal Yintertrieben worden fein. Der Sabanpfha-Gee fell
nicht nur gegen Wehen mit dem Nicome diſchen Golf in Be
bindung geſetzt werben, fonbern auch gegen Of mit vem ud
Sangarius, um durch biefen bie Veichiffung zum Pontus zu
bewerkftelligen. Bom Sabandſcha fliet der Sangarins mm
halb fo weit vorliber, wie ber Meeresgolf Nicomedias von ihm
abfteht, ein. ficherer und tieferer Hafen, wo jeht bie Cchiffewerfe
der türfifehen Flotte liegen, und bort gebaute Fregauen und Demepfe
ſchiffe vom Stapel laufen), wo früher nur Barken gebaut wuchen
Kein Berg, Fein Felsgrund, Tein wxüberfteigliches Hinvernig ſich
dieſer Ausführung entgegen. Das natürliche Gefälle gegen MR anf
der ganzen Linie von 7200 Rinftern follte nur 10 Rafter (00 Beh)
betragen (nach v. Tſchich atſcheffs Meſſung fell jedoch das Mivamı
des Sabandſcha⸗Sees 397 Fuß-üh d. DR. bettagen). Rod, weriger
Schwierigleit ſtehe ber Verbindung des Sabandſcha ⸗Seee mt
dem Sangariusfluſſe entgegen; bie Diſtanz beider betrage aut 1000
after, das Flüßchen Sarydere würde ſehr leicht zur Becbindaug
zwiſchen beiden zu benutzen fein. Die Communication von Wer
zu Meer würde verhältsigmäßig leicht und wohlfeil fen. Wär
Helptransport, fir bie Schiffewerfte wie für die debenenitiel zur
Eonftontinspel wärbe eine folde Ganalverbindung von ber ale
größten Bedeutung fein, ba beide fänex Waaren daun bie dechta
nur Waſſertrausport hätten),
) J. v. Hammer, Umblick anf einer Reife don Gonfaysiamd nach
Vrua n. w. Berg 1818. 4. ©. 128—1M. T. Were,
Joarnal 1, c. p. 408, Not. SW. Alnmer, Tre. und here
lee. I. p 25; Aucher Eloy 1. c. II. p. 376; Scott Warring, Voy. Le.
p. 266. 3. ». Hammer a. a. D. ©. 177, Beilage A. aus
Br Beipgerälite im im Yahe dar der ageni 1177 niet.) Gr.)
. 666, im or or —2 — im J. — a — —
einigung enthaltend, ©. 18717
‚
Der Sabandſcha⸗See; Eanalprojecte. 671
Die Veraulaffung gu dem zweiten Antrage war dringenb:e bie
Erte mer te dieſem Jahre (1766) fehlgeichlagen; mehr als 200
Rernfhiffe waren zum Herbflägninoctium an ben felfigen Mundum ⸗
gen des Bosporus gefcheitert. Die Hungersnoth in der Haupftabt
war geoß, die Gefahr drohend. Die Minifter gingen in die Her-
Rellung des Eanalbaues ein, Sultan Muftafa III. beauftragte
der Baron Tottoi) mit ber Ausführung in Nicomedia. Doch
die beingende Noth milverte fih, Korn kam aus ver Rrimm umd
Sadrußland; vie Theuerung Hirte auf und mit ihr war aud das .
Projest des Canalbaues bald wieder von ber Pforte aufgegeben.
Die wiederholte Auregung deſſelben Prejectes einer Canaliſa⸗
tion zeigt wol, daß fie für den Fortſchritt der Civiliſation ber
gegen das Marmorameer, zumal für die Hebung ber
Stadt Nicsmedia, die einſtige große Gapitale, eine debensfrage
fein muß. Durch bie im ben Iehten Zeiten in Gang gelommene
Dampfſchiffahrt iR Nicomedia auf ber Weffeite nur noch
Stunden von Conſtantinopel entfernt; im noch kurzeret Zeit
Tante man aber auf ihrer Oftfeite, wenn ein Weg vorhanden wäre,
vom Salariafluß und alſo zum Verkehr mit vem reichen Inmeraften
und dem Pontus gelangen. Dieſer Weg fehlte aber bisher”);
m die Römer hatten ein ſolches Bedürfniß gefühlt, aber von
inft fiwarto gepflafterten Vin militeris find are poch ei
ine ſchiale Reſte, bie von Nicomedia ausgehen, übrig,
müflen die Anmicalttütswerfte zum Flottenbau bei biefer
Holgvorräthe von Salaria her und vom Pontus
fe ſchwierig biefer Transport auf oft wegelofem Ter-
ſich an dem Geſpann von 20 und mehr Büffeln,
Trautport eines einzigen Baumſtammes dort nicht
Die Helgverthenerung wird dadurch enorm, und
i ſich dadurch Die Kornpreife und alle Lebensmittel
teomebia aub ihrer Umgebung auf das doppelte und mehr-
fache. Bei Anlage einer Canalverbindung iſt bie Hauptfrage, ob fie
auch möglich? wozu tin Nivellement nothwendig. Neuerlich hat
Kay. Hommaire ve Hell®) ein feldes, obwol es unvollftänbig
geblieben, verfucht, und anf 20 Staudpuncten von Nicomedia aus
KpeiT
EN
328
Hill
H
®) Memoires du Baron de Tott. Amsterd. 1785. T. 1. p. 97.
®") Ch. Texier, Bescr. de läsie Min Til. pöl. *) Xatı Hom-
mäire de Hell, Voyage em Turquio ei en Persc. Paris 1854. 8. T.I.
Po: ia Conrier de Constantinnple 29, Mai 18475 dm Muss
land 1855. Mr. 18. Siisle.
673 Mein-Afien. §. 14,
das Refultat erhalten, daß ein zwiſchenliegendes Plateau zwifcen
ihr und dem Sabandſcha ⸗See von 40 Metr. (über 120 Fuß) Höfe
und große Sumpfftrefen einen Canalbau fehr erſchweren, feft uw
möglich, machen würben, weil dazu gegen bie Weftfeite bie Anlage
von 8 Schleufen, gegen die Oftfeite ebenfalls von mehreren Schleufen
nothwenbig fein, unb die Sammlung von Speifebehältern für des
Canal ſehr koftbar fein wilrde. Er hat daher ben Großvezier vi
mehr das Project einer macabamifirten großen Kunſtſtraße
ober einer norbamerifanifhen Holzbahn, weil auch eim
Eifenbahn für die türliſchen Yinanzen zu koſtbar ausfallen würbe,
eingereicht, und für dieſes Project eine goldue mit Brillauten
befetste Dofe vom Groß-Sultan erhalten. Ob ein folder zur Ant
führäng komme, wird die Zukunft Ichren. Es wäre der erſte wide
tige Fortſchritt zur Erleihterung der Verkehrsmittel in
Kleinafien, ein erſter Ausgangspunct ber Eivilifation auch fr
dieſe fo verwahrlofte Heinaftatifche Welt, dem baum Inbuftrie uub
. Handel wie intellectuelle Hebung feiner Bevbllerungen und feciakn
Berbeflerungen, deren fie fo ſehr bebürftig find, nachfolgen Toanten
Eine folhe Strafe wirbe am Sangarins bei Lefkeh für-
wärts zur großen Strafe nad; Cilicin®), nordwär ts zum
Pontus geleiten. Im biefer letztern Richtung führt der Weg am
linlen Ufer des vielgefrümmten Sangarius, in deſſen romazt-
ſchem Tiefthale in 6 Stunden nad Alferai ober Athiffar (Veiß⸗
ſchloß) und am zweiten Tage in 3 Stunden nah Beimeh%), von
pittoresfen Gärten umgeben, wo ber Weg über die Kjöprä
Baſchi-Vrücke gegen Often abzweigt nach Angora, den wir fen
oben (&. 558) verfolgt haben. Schreitet man am Tinten Ufer
aber ein paar Stunden weiter nordwärts fort, bis in bie Breue
des Sabandſcha-Sees, wo ber Nicomebiatweg 5 Stumben of
wärts der Poftftation Sabandſcha zum Thale eintrifft, fo wirb bee
Stelle an der Verengung des Weges durch eine Ruine von Thorn
und Thürmen bezeichnet, die einer alten Verſchanzung des Mitie-
alters gegen bie Ueberfälle ver Türken von Oft ber angehörte).
‚Hier ift e8, wo eine faft volllommen erhaltene Brüde vom 7 Be
gen und in einer Ränge von 1020 Fuß Par. (1087 Engl. n. Ains«
worth) befteht, bie über ein altes faft verlaffenes Wette bes
®) W. Ainsworth, Trav. and Res. II. p.52. °') Aucher Eloy, Relat
lc. 1. p.65. °*) Aucher Eloy, Relat. 1.c. II. p. 378; L. de Le
borde, Voyage de la Syrie et Asie Min. Paris. Livr. XII. Vus da Pont
antique prise en arrirant de Sabandscha.
Der untere Lauf des Sakaria. 673
Sangerins führt, von dem nur ein Meiner Arm feinen Lauf
gegen Norden nimmt. Bier ſcheint ver alte Strom feinen Lauf
gehabt zu haben, als die Brüde über ihn gebaut wurde. Damit
Rimmen die Sagen ver Anwohner; bies beftätigt aud) bie phpfica-
liſche Beſchaffenheit des Bodens und fegt der Brücenreſt außer
Zweifel, der jest Mahamah heißt, an welden ein hoher Kumfl-
damm amftößt, der unftreitig gegen einftige Wafferanfchwellungen
des Stroms beftimmt war. Die Legende am, Orte weiß biefen
anffallenden Wechſel des Stromlaufs leicht zu erklären; fie ſchreibt
ihn dem Gebete eines frommen Derwiſches zu, ber beim Webergang
über vie Brüde feine Zolltare an den Einnehmer nicht zahlen konnte,
weil fein Orden ihm das Tragen von Geld verbot. Da nun der
harte Zollwächter ihm nicht über die Brüde gehen lafien wollte, rief
er Allah um Hülfe an, und fiehe, ver Strom verließ fein altes
Bette und firömte außerhalb ver Brüde oſtwärts meiter fort.
Ueber viefen etwas bſtlichen Stromarm führt gegenwärtig nur eine
Holzbrüde, wo der Fluß eine Breite von 370 Fuß hat und (am
3. Sept.) eine mittlere Tiefe von 2 Fuß zeigte, in ber feine Waſſer
in 3 Miles eine Stunde Wegs zurücklegtenꝰ). Doch pflegt er zu
andern Zeiten viel höher anzufchwellen, weburd dann das anlies
gende niebere Oſtgelaͤnde in weitläufige Sumpfflaͤchen ſich verwandelt,
das dann von Schlammftrömen durchzogen, ungeachtet des weit hin
durchgeführten Hoch dammes von Zimmerholz gebaut, faft ganz
undurchgehbar werben Tann, wie dies Ainsworth zu andern Jah⸗
teßzeiten erfahren mußte, wo er einmal einen Räderkarren mit
Baumſtämmen beladen und mit vielen Büffeln beſpannt antraf, die
516 zur halben Höhe des Rüdens im Schlamme fteden blieben.
Auch wird dieſe Nieverung, die fi zwar mit Büfchen und Bäumen
begrünt hat und ſelbſt hie und da gute Früchte in Obftgärten er»
zeugt, zu einem wahren Fieberlande, wo nur ein armer Zoll
wähhter mit den Seinen das Leben in fortwährenden Fieberzuftänden
vertrauert, ben ber Meifende auf dem Hinwege nad) ven Euphrat⸗
ändern im $ieber traf und ungeachtet ber ihm vorgefchriehenen
Cur andy nach Jahr und Tag auf dem Rüdwege wieder im Fieber
vorfand. 7
Mit Recht rühmt daher wol Procopins feinen bauluſtigen
Kaifer Juſtinian wegen ber großen Wohlthat, die er zu jener Zeit
dem Lande durch den prächtigen Brüdenbau erzeigte, ber ſich noch
7) W. Ainswortb, Notes 1. c. IX. p. 219; Trar. and Res. I. p. 28.
Mitten Erdtande XVII. Un
Rein fen, 6.14
Heute faft im feiner gamyen Bellftänbigfeit erhalten hat; vielleicht
weil ex feit Jahrhunderten Feiner zerfiörennen Stromtgewalt
wcht widerſtehen brauchte. Da wo zuvor niemals eine fee
Brüde der gewaltigen Strömung des Sangarius Widerſtaud geleiſtet
up ſelbſt was Perſerheer Des Zerreg, wie Brocopins verfüher,
nur auf aneinandergeletteten Barlen auf einer gefahrvollen Schiffe
7
blieb, eben da, fagt Procop, ließ der Raifer den Grund zu feiner
Brüde legen. Und, fügt der Verichterſtatter hinzu, fie wird wei
34 Stande konunen, wie Alles was ber große Kaiſer mit Cifer be
giunt, wenn fon das Unternehmen anfänglich öfter feine Kräfte
3m Überfleigen ſcheiut, aber durch Gottes Beiftand vollendet wird
(Ragcop. de Agdific. V. 3). Nah Cedrenus war fie im 34. Ro
gierungsjahte des Kaifers (alfo im 9. 561 m. hr. ©.) vollaet
(Gedrenus 1. c. T- I. p. 678). Nach Paul Diaconus foll ver
Saifer den Fluß auf ſeinem Bette abgeleitet haben (?), der aber
ſpaͤter wieder in fein altes Bette zuxüchelehrt fei.
In den fpätern Yahrhunberten, wo der Sangarius noch eime
Hanptlinie zum Schu bes byzautiniſchen Kaiſerreiches gegem vie
- apringenven Perfecheere, Mongolen -, Zataren-, Seldſchulen · ub
Turlenhorden zur Zeit des Chalifates und bes Anbringen der fpär
tyra Mosleen abgeben mußte, Hatte biefer Strom eine hiftorikh
und politiſch größere Beventung als in ber Gegenwart, umb wir
aft von den byzantiuiſchen Chroniſten in ven Kriegführungen er
wähnt, melde die Gebiete jenfeit und bieffeit des Saugarint
van Echauplabe hatten. Im dieſer Periove, unter den Commenen
yar aumal unger Kaiſer Michael VII. Paläol. (veg. 1262 16
1382), wurden viele Burgen und Verſchanzungen ver
an biefeg Strhmungen angelegt. In diefer Periode, unter Michsel⸗
Rachfolger, Andronicug IL, müflen ven unten Sangarint
belondere verheerende Schlamm · und Wafferfluthen zu Ucherfchmeme
und Veränderungen feine? Strombettes in ver Nähe er
Arde Iyfinians veranfaßt haben, vie ©. Pachhmeris zum
als eine einftige über ven Strom gebaute, aber längft vom Bafle
ugplofiene hezeichnet, in welche derſelbe Strom einmal wieder im fein
allg Bette zurüdgelehrt fei (G. Pachymeris de Andronico Palaeol
ed. ]. Bekk. Bonn. 1835. L. IV. c. II. p-330ete.). Da fein Waffer aber
durch Mulhe wieder in das fpätere Bett zurüdgeleitet war, und ein
anderer dluß. ber Melas, bie Gtefle des alten Vettes eingenonumen
"0, Der untere: Eauf bed Salaria. ern
hedie, Dex bach hinreichend groß genug war, um beim Ueberfall ver
deinde den Durchgang zu vermehren, fo lehrte ver Hauptſtrom doch
wieber bei großen Regengüffen in das antike Bett zurüd. Das
von ihm zurüdgelaffene Steombett hatte num aber zu wenig Wafler
behalten, um ben Feind abzuhalten, weil daſelbſt mächtige Schutt
maſſen rothet Exbe, welche der Strom von den Bergen herabgeriffen,
ſich angefegt hatten. Die Garnifon der Brückenverſchanzung, welche
diefe Stelle zu vertheibigen hatte, war durch diefe Veränderung bes
Flußbettes, das nun feine Sicherheit mehr gegen Ueberfälle darbot,
fo im Schreien gefegt, jagt der Chroniſt, daß fie ihren Poſten vers
ließ. Über auch biefer Zufland war worübergehend, benn nachdem
& einen ganzen Monat wieder geregnet hatte, kehrte der Strom
doch wieber in fein jingeres verlaffenes Bett zurüd, das aber fo
ſeht verfchlammt und feicht blieb von ben herbeigeführten Schutt ·
maſſen, daß es ben Durchgang des Feindes nicht ſehr erſchweren
konnte. Dieſe umſtändliche Veſchreibung tes byzantiniſchen Wutors
iſt lehrreich, weil fie uns Aufſchluß über den gegenwärtigen fo eigens
thümlichen Zuftand der dort doppelten Stromarme und ber zwi ⸗
ſhenliegenden flachen Injel des Sangarius giebt, und über bie
Veränderungen, bie mit ihm feit Sahrtaufenden vorgegangen
fein müffen, wozu wol and; Bergſchlüpfe in den Gegenden bes obern
Laufes der rothen Sanvfteingebiete, vielleicht auch partiele Zerfld«
tungen und Berfcilttungen durch bie dort fo häufig vorfommenven
Grobeben das Ihrige beigetragen haben mögen. -
SH. Terier, der vom Sabandſcha-See mit feinen fanbigen
Ufern ven Weg zur fehr langen Iuftiniansbrüde zurüdlegte,
fogt, daß fie über einen Moraſt und den Heinen Flußarm führe,
aber bei den Ueberſchwemmungen doch auch heute noch von großem
Rugen fei und jener Einfamfeit durch ihren Riefenban einen große
artigen Eiudruchoe) verleihe. Die Brüde von 8 Bogen hat nad
feiner Meflung eine Länge von 1320 Fuß Par. (429 Metr.); jever
Bogen hat 70 Fuß Par. Breite mit Arcaden zu beiden Seiten,
aber unter ihnen war fein Wafler. Sie ift aus großen Kallſtein⸗
bloden erbaut; die Bogen bilden Halbkreife. Der Uebergang über
de Brüde ift vollfommen horizontal. Am Weſtende ſieht man noch
vecſchließbare Eingangsthore und eine Wendeltreppe, die im ber
) Aufnahme und Aufelö bei Ch. Texier, Deser. del’Asie I. c. Fol T.1.
p. 55. Planche IV. uch bei Leon de Laborde, Voy. en Syrie ete.
Lim. XII. Plan, coupe, eleratiogs et details du Pont antique-
Uu2
676 \ Klein Afen. $. 14.
Mauer aufwärts führt; am Oſtende ift ein Vorbau mit Warren
magazinen und Stallungen für Laftthiere, Conriere, Haudelslente
Die dammartig fortgeführte Brücke ſtößt unmittelbar au bat
"Höhere Oftufer des Sangarins an. Die große Strafe wene
fich von ihr plöglich gegen Süb unb eben fo gegen Nord zum
Bontus. Der Brüdenban ift ein” großartiges Architechurbentmel
ans Kaifer Iuftinians Zeit.
Sollte Teriers Angabe richtig fein, baß bie gau ze Euſe⸗
fung vom Nicomedia-Golf vftwärts zum SabanpfchaSer mu
aus aufgefhwemmtem Land von Sand und Kieſelſchutt beftänte,
fo wäre es nicht unwahrfcheinlih, daf der Sangarius einft dert
feine Auslabung zum Meere hatte, wie ver Rhein von Ragaz m
Sargans zum Zuricher See, und fein Bette norbwärts exft einen
jüngern Durchbruche verdaulte. Daß die hydrographiſche Ber-
uadhläffigung biefer Gegend bis im bie neueſte Zeit ihre nad
theiligen Folgen ausübt, fehen wir aus Kinneire Romte®), vom
es auf feiner zweiten Reife von Nicomevia darum zu thun war,
eiligſt nah Boly und zum Pontus zu formen; als aber am
5. Mai der Saugarius eine fo große Ueberſchwemmumg am jenen
Brudenwege auf ber birecten Strafe gemacht hatte, mußte er cin
großen Ummeg von da gegen Süben über Geimeh machen, m
nach Boly zu gelangen. Diefer Umweg vom Sabanpfha-Gee
aus ift der eimzige Bericht, den wir über dieſe Querftredfe am Finke
Ufer dieſes Tagemarfches erhalten haben, worüber alle andern Rad
richten bis jegt fehlen. Kinneir erflig im Güben von Saban-
vſcha eine Berghöhe, kam dann durch das romantiſche Thal de⸗
Afta-Fluſſes, den feine Karte aufführt, welcher aber oftwirh
zum Sangarius einfällt. Er durchſchritt mm bie in Felſen ſteil
auffteigende enge Thalfchlucht des Sakaria, ein Defils von5
bie 6 Stunten Länge, das leicht zu vertheibigen und eimft bumh
zwei Felſenſchlöſſer geihlgt war, bie jegt in Ruinen Tagen mh
wol den byzantiniſchen Zeiten angehörten. Auf ſchattigen Pfaben
vom Hodwald ver Eichen, Buchen, Eſchen und Sycomorer
309 ber Reiter hindurch. Der Salaria mit einem
Baflervolumen ftrömte reißend gegen Norden hindurch im eimr
Breite von nur 100 Schritt. Erft nad 8 Stunden Wege erreiche
Kinneir bie Stelle der Sangarbrüde von Stein, die, wahr
ſcheinlich die Kjöprü Baſchy bei v. Binde (f. oben S. 558), am
®) Macdon. Kinneir, Journey thr. Asia Minor. Lond. 1818. pr 261.
Der untere Lauf des Salariı. 677
Ausgange des Paſſes nach einer Infcription einft von Sultan
Bajezid erbant fein ſollte. Der Strom zog hier majeftätifch hin ⸗
durch. Die Brüde führte zum wohlcultivirten Thale des Stäbtchens
Geiweh hinüber, von wo Kinneir erft feinen Weg über die Ge
birgshõhe, die Ueberſchwemmung tes untern Sangarius an ber
Suftinionsbrüde vermeiden, weiter verfolgen konnte. Der Ort
Atferai ober Akhiſſar im Tiefthale des Sangarius marb von
Kinneir nicht genannt; vielleicht daß es bie Benennung einer jener
von ihm bemerften, aber namenlos gebliebenen Schloßruinen bes
zeichnet.
Bon ber Oftfeite der Brüde führt ver Norbweg am
rechten Flußufer tes Sakaria fehr bald gegen Norboft auf beſſern
Wegen bergan zur nahen Station Chandak, wohin Ainsworth
feinen Weg über Düzpfheh und Uskub nad Erefli (Heraclea
Pontica) nehmen tonnte. Abwärts ber vereinigten alten und neuen
Arme des Sangarius, bie hier eine Infel bilven follen, auf welcher
der Ort Ada Bazar in ben Karten eingetragen ift (f. ob. &.661),
fängt die völlige Unkenntniß des Mündungslaufes tes Sa-
faria an; bie Karte hat ihm nur hypothetiſch eintragen Fönnen.
Außer v. Tſchichatſcheff hat fein Reiſender diefe Gegend näher-
erforſcht, alle zogen die große Heerſtraße weiter ſüdwärts anf jenem
doppelten Brüdenmege und vermieden das übe Geſtadeland; leiner
giebt über eine Schifferftation am Sangarins-Munde Aus-
tunft. Ob fih Strabo's oben angeführte Worte von dem früher
unfchiffbar gewefenen; zu feiner Beit aber ſchiffbar geworbe-
nen Sangarius (f. oben S. 653) auf befien Mündung beziehen
foßlen, bleibt uns unllar; Procops Angaben von dem reißenven
Laufe des Sangarius, feiner großen Tiefe und meergleichen
Breite (Sangarius, cursu violentissimus, in medio profundus ad-
modum, Iatitudineque aequoreus, Procop. de Aedifie. V.3. 1.c.)
iſt wel nur Uebertreibung, um Juſtinians Brüdenbau zu ver⸗
herrlichen; ſeine Geſchichte vom Wallfiſch paßt vollends nicht zu
Blutarchs Benennung des Fluſſes ohne Waſſer (Xerabates). Aber
alles gewinnt bod ein andres Anfehen, wenn man an bie großen
Wechſel denlt, denen ber Steomlauf nad obigen pofitiven An-
über die Brüdenbauten und bie heftigen Ueberſchwemmungen
umb Schlammznführungen ausgefegt geweſen ift. Ein beobachtender
Phyſiler würde Aufſchluſſe über diefe Erſcheinungen durch Autopſie
geben fönnen, wie ber vorüberreifende E. Bord aber feiner war.
An der Flußmündung des Saugarius, den auch Marcianus
678 Klein-Aflen. $.14.
Geraceota einen ſchiffbaren Sing nannte, liegt im Abſtande
weniger Stunden am Bergebirge Kefken Adaſſy, nahe vem
Calpe Promontorium, da Infelden Thynias vor, weiches
won dem Thunfifhfang im dieſer Gegend ben Ramen erhalten
hatte. Die Iufel hieß früher nad) ber dort von Heracleoten er
bauten Stabt Apollonia, erhielt aber fpäter wegen des bort fh
anebildenten Fiſchergewerbes ven ' veränderten Ramen (Guru
Marc. Herael. 70; Thynias Pomp. Mela. I. 2. 5; Arrian. Post.
Bax. Peripl. p. 18).
€. Bors hatte am 2. Mai 1838° Eonftantinopel verlaffen ut
im einer Schaluppe die wenigen Fiſcherhütten zu Ealpe=w), jet
Kerpe Liman, erreicht, im denen er ein kärgliches Umterkonmen
fand, an demſelben Drte, wo einft Kenophon auf feiner Rädiche
vom Euphratzuge im Lande der Barbaren ansgefhifft war, ım von
da bie Heimath mit feinem Heere anf dem Landwege zu erneichen
tCyri Anabas. VI. 4). Den Ort verlafend, wo fein Srmchtreide
tum mehr aus alter Zeit zu bemerken war, vitt Bors!) weh
Sumpfwalbungen gegen Oft und dann am Derfe Irveza vom
über, wo uoch einige Weizen- ımd Flachefelder fih außbreiteten,
dann bei den Dörfern, die man ihm Duretlu und Eusbi name.
An einem großen Felsblock am Wege mit Sculpturen, aber ame
Yuferiptiom,, den er für eine Grabflätte hielt, worüber un» be
mehrern Gräbern erreichte er am Abend das Dorf Scheherfer
(e. 5. Stäbte, wol Scheichler ver Karte) und das Dorf Hopfde,
in einem reichern Fruchtboden gelegen.
Am 6. Mai hatte er ſich dem mörblider liegenden Bere
Kulakly genähert; ex ritt durch einen Wald von Eichen und Gais
Inden, im dem auch Birn- und Apfelbaummwälver hervortraten, bie
fih, wie am Thermodon und Iris, bis an vie Ufer des Meerc—
ausbreiteten und and die Mimbung bes Safaria erreichten. Das
gelbe Wafler dieſes Fluſſes, in ver Breite ver Seine bei Baris,
ſtrömte reigend vorüber. Meine ruſſiſche Schiffe fah Bors bier
Korn einladen, und Zimmerholz zum Schiffbau entführen,
das auf großen Floofen ben Sangarius herabgefchifft wurde
Der arabiiche Geograph Edriſi ) giebt am, daß zu feiner Zeit de
Sangarius, ven er Zaghra nennt, fehr breites Waller eu
°°) J. A. Cramer, Asia’Minor 1. c. I. p. 199. ') Eug. Bord, Cer-
respondence et Mem. d'un Vorageur en Orient. Paris 1840. T. B.
p 188106. *) Rarisi,.Geogr. b. Janbartı. IE p 399.
Die Mümptiig ves Salaria. Ks)
feiner Einmündung zum Meere habe und von großen Fahrzeugen
befchifft werbe; eine Nachricht, die er nur aus einem Schifferberichte
am ber pontifchen Küfte geſchöpft haben fann. Die Tabula Peu-
ting. ſchreibt den Sakaria⸗Fluß bei Nicomedia ein (f. oben
S. 664). Eine ſchlechte Fähre von Meinen Booten führte Bord über
den Strom zum anliegenden Dorfe Darikeni (Dari Höi ver Karte).
Ein großes Waldland voll Rinder- und Schafheerven breitete
fich vor ihm im Oſten des Stroms aus. Die Beft vom Jahre
1837 hatte bier fehr viel Menſchen weggerafft und das Land ent ⸗
völfert. Die Schaaren ver Wölfe hatten jo zugenommen, daß fie
die Heerden in den Ställen üßerfielen. Gtoße — freiften durch
die Wabet, auch Flichſe in Maige ad Erd erhdßehl id ven
Nächten ihr lautes Geheul. Ueberall ſchwebten Raubvögel umher,
anf Beute lauernd. Der Schrei des Kukuks verkündete auch hier
ven Frühling. Aber dichte Nebel fühlten die Luft und wurden von
den Winden weit über Land und Meeresflächen gejagt und fielen
in vielen Regengüſſen hernieder. Ende Juni ftellte ſich hier die
heiße" Jahreszeit mit Dürre und Fieberaufällen und. Dyſſenterie
ein, die das Sand fortwährend veröden. Erſt nad) einem halben
Tagemarſche von Dari kjbi wurden die Dörfer Ingerlü (mol
Inpfirlä, d. i. Feigeiort) und Marafı am Merre direct,
unb am Abend oftwärts der Heine Kaſtenſtuj Meban⸗ſu, über
ven eine Fähre zum Berge Kurlum führte, der 3 Standen vom
Flußchen abftand. Erſt nach 9 Stunden Wege bemıte am Abend
de Einkehr im Städten Aktſcha Schehr Ratifinsen. Weiter Mt
vom Küftenlande des Salaria une keine genunere Kunde zuge
konımen.
680 Klein-Afen. 4.16.
Dritter Abſchnitt ·
Der pontiſche Küſtenſtrich Klein-Aſiens mit
ſeinen Küſtenflüſſen und Hafenſtädten.
|
8.16. .
Siebzehntes Tapitel.
Ueberſicht. Das Berhältnif des pontifhen Meerbedens
zum Entwidlungsgange des anliegenden Geftade-
landes Klein-Afiens,
"Nachdem wir in Obigem bie Küftenentwidlung ber Rorb-
geftade Kleinafiens im allgemeinen Meberblid Hiunfihtih
der Hauptftröme, ber großen Buchten und ber maffenhef-
ten Borfprünge in zwei Hauptabtheilungen, vie öftlige
Hälfte von der Tihorofmünbung weſtwärts bis zum Borgebirge
von Sinope (Indſche Burun) und bie weftlihe Hälfte vmn
bis zum Bosporus, kurz daracterifirt haben (f. oben S. 23— N),
dann aber die zum Pontus ſich einmünbenden Hauptfträme, we
Tſchoöruk, Termeh, Jeſchil Irmal, Kyzyl Irmak mt
Sakaria mit ihren Zuflüſſen und Stufenländern von ihren Duck
gebieten bis zu ihren Mündumgen im Meere genauer in ıufre Be
trachtung ziehen Tonnten, lehren wir noch einmal im dieſer dritten
Abtheilung, welche zur Einleitung S. 175 und ven Sim
foftemen ©. 75—679 ben dritten Abſchnitt unferer Gefammt |
Betrachtung bilvet, zu ver engern pontifhen Küftenumfänmung
mit ihren Ufergebieten, |peciellen Anfieblungen und kürzern
Heinern Küftenflüffen zurüd, deren genaue Verhältniſſe zu
Bollenbung ber Kenntniß des pontiſchen Küftenftrichs, wie zu feine
natürlihen und Hiftorifhen Stellung nothwendig gehören, |
um biefen pontifhen Naturtypus in dem Zuſammenhange
Der ponsifge Räfenfcid, os
feiner Erſcheinungen und feiner Wirkfamteit für den Gang ver
Bölter- und Culturgeſchichte des Halbinfellandes uns vergegenwär⸗
tigen und dann zu ben andern Süd- und Weftfeiten beflelben
+ übergehen zu Türmen.
Die in der vorhergehenven Abtheilung vorzüglich ver Einfluß
des centralen Hochlandes auf bie inner-anatolifhen großen
Stufenländer und ihre Stromfyfteme in ven mamichfaltigſten
Erſcheinungen hervortreten mußte, jo wird hier der Conflict bes
maritimen Weltverkehrs mit dem Geftadelande eine Haupt
volle einnehmen, ein Conflict, der nad) ben verſchiedenen Culture
perioven ber die Außenſeite der Halbinfel umgebenden Bevölterun
gen and) ein ungemein wechſelnder und ſehr verfdhiebenartiger fein
mußte, ver auf bie innern Zuftände ver Heinafiatifhen Bes
völferung und ihrer Entwidlungen mit zwifchenliegenben obes
bleibenven Intervallen ungünftigerer Beitperioven von jeher von
der allergrößten Bedeutung geweſen ift.
Ganz unabhängig ift dieſe Küftenentwidlung jedoch fo
wenig vom Einfluß der continentalen Seite geblieben, wie umge
lehrt der maritime Einfluß aud auf die centrale Entwidlung
des Binnenlandes zurückwirklen mußte, wie dies zumal aus dem
ofen Karamanenverfehr von ven Küftenftäbten nach allen Rich-
tungen durch bie Mitte ver Halbinfel das ganze römische und
byzantinifche Mittelalter hindurch bis in vie türfifhe mor -
derne Periode, fowie bis heute, allgemein befannt ift, wo überall
ſchon feit ven Zeiten des griechiſchen Colonieweſens und ver
römischen Occupation der Fortſchritt des höher ſich civilifirene
den Weſtens gegen ben ber verſinkenden Cultur des Oftens
fich lund thut. Dagegen mußte wol in ven allerfrügeften Perioven
der noch bunfeln Vorzeit, als das affyrifhe Weltreih am
Tigris und Enphrat mit feinen Nachbarſtaaten von Phönicien,
Babylonien, Baläftina und andern untergeorbneten Heinen
Stricken, noch auf der glänzenven Höhe feiner Herrſchaft in Vor⸗
veraflen ſtehend, weithin bie Völfer unter feine Dienftbarteit gebracht
hatte und bie Sübgeftade bis Tarjus, Eilicien, Cypern und
Lycien ihnen Rede ftanden, auch ber pontiſche Norden von
ihnen nicht unberührt geblieben fein. Obgleich kein vollftänpiger
Zuſammenhang ſich hierüber hiſtoriſch nachweiſen läßt, fo ver
breiteten doch die Eroberungspläne der mächtigen Dynaſtie nen
Riniveh ſich auch weit gegen Welt nach Kleinaſien hinein, wo⸗
hin ihre großen Handelsverbindungen ſich, eben fo wie fie gegen
688 Klein ⸗Aſten. 6. 1.
Wegypten und Arabien His Aila mid Eziongeber au Mapa
Meete reichten, fo auch über ihr großes ciliciſches Einpotiant Lat ·
fas und über die Euphrat ⸗Thaͤler, dutch ihren Vaſallenſtaat He:
menien bi zum Pontus und über ven Halys heuaus, fügen IM
Ginope ausdehnten, beflen Gebiet von ihnen zuerſt ia Beſih ge
Kommen war. .
Diefes atte Beflttfum ber Affyrier ih Oberaflen wäh
800 Iahren (bis gegen das Yahr 747 v. Chr. ©.) femıt Herobet
E 9%, fowie daß das erfte der Völler hafelbft die Meder ware,
welche von dem aſſhriſchen Joche ſich befreiten, deren Herrſcheft
damals bis an den lydiſchen Fluß Halys gereicht hatte
tHerob. I. 72). Meder aber blieben da nur 128 Jahre die Hertcn
bis auf Aftyages, dem damr durch Eyrus die Berferherriceft
Buch gan Borberafien felgte ( Dereb. I. 190). VDaher Tan 4,
daß die im Halysgebiete einheimifgen, ihrer Wbfkueumm
nach unbekannt gebliebenen Bewohner Eappadoeiemg sy, ubwd
ſchon anter perfiſcher Hoheit, von den Griechen voch noch Shrer,
in verfärzter Sprachform, gemmmme wutden, weil füd eiaf enter dam
großen Reiche ver Affyrier geſtanden, ohne geroiie Darm Mi
Stamme nach Affgrier zu fein, und als ein heltfarbiges Wolf geh
andere dunkelfarbigere Kleinaflaten, am bene a5 and) heute nah
nicht ganz fehlt, felbft noch fpäterhin bei Nömern, ya Straben
Zeit, den Namen weiße Syrer (Leucofhri) behalten Yatkı
(Strabo KU. 544). Daß aber viefe Berhältwiffe in ſche fräNe
Zeit (ein Iahrtaufend vor Geiftlider Zeitrechtag) and Eis
bis auf die Atteften Enlturzuftände wie Handeldverbintungen
ber mmmittelbar dem Pontno anwohnenden Boller ausgendt Joh
wäüflen, beweiſt nicht mır bie älteſte Geſchachte babykonifcher m
affhriſcher Reihe, an deren Begrändungen bis vom Ponte
in bie mefopotamifhe Ebene am Emphrab aud Tigris hinab»
geſtiegenen chaldäiſchen Heerfhaarem, als nrträftige Sim
die erfihlafften Kräfte Ninivehs, wie Moers fh anserädt, wie
pi ge a ee Ani
tepfere Krieger an bem Fortbeſtchen ber effgrifchen Macht
neuen Reihe von Ninivch über das gebrädte Babtlou ſich
Beamit, betheifigten, ſondern es geht dies auch aus mod,
Unftänden hervor. Wir heben hier nur ben weitberbruitsten Catan
vs alfyrifhen Sonneng ottes des Sandon (oder Serayif
Bin
: 9 Blau, Beiträge ac. in Zeiffge. d. d. M. Be. IL. 5 M-M
Der ponttſche Kaftenſtrich. 05
herdor %), ver auf die Thaten des Deracled (Mirdrs röv Hos-
xAla, bei Agathias II. 24 und Joh. Lydus u.a.) amd bie Alteſte
Sandoniden-Dynaſtie, der afſyriſchen Beraeliben in
Sarbes, vor der Mermmaden-Dinaflie, hie mit Erdfus endete
{Hexov. I. 7), abertragen war, und baf Sinope aut Porttıt6
alo ältefte Stiftung der Syret 5) genannt wird, che fie zu
ner griechiſchen Col onieſtadt fi erheben konute. Plutarch
ſagt, daß Lucullus, als er im Mithrivatiſchen Kriege Sinope
eroberte, die Bilbſaule des Etbauers von Sinope, des Auto⸗
Iytus, Sohn des Deimachos, der den Heraeles auf ſeinem Arge
nawtertzuge begleitet hatte, am Strande liegend gefunden. Dieſer
habe mit feinen Gefährten bei Pevalion Schiffbruch gelitten, zur
Zeit da die Syrer bie Herren vom Sinope geweſen, vie box
einem Syrus, Schm des Apollo und ver Sinope (Samape over
Sanapio), abſtammen mollten. Audolykus habe Den jchon Burkart
demen Ort mit Wallengewalt in Beflg geuommen und daſelbſt erſt
die grbechi ſche Stadt erbaut (Plwtareh. Vita Lueall. $. 88%
Eine Stadt, die freilich nicht mit ihrem Namen genanui wird, be⸗
Rand alfo, eye Sinope an verjelben Stelle von Hellenen in Beſttz
gemormmen und zu einer Mileſiſchen Colonie werden kounte (Steatß
AU. 545). Dier zeigt die Mythe das Zuſammenfallen des vordet-
aſlatiſchen oder griechifgen Sonnengottes Apollo mit dem ägyp-
tif fyr ifchen (Sanapis, bei ver fielen Verwechslung des n mr,
fast Movers, wol ein Serapis?), ver alfo hier mit dem Sau⸗
don, ber Aflgrier Sonnengett, erft in ven fpäten Heracliven-
Enltus am VPoutas überging (cf. Dionys. Perieget. v. 772 b.
Bustath.; Seymmi Chi Fragm. b. Letronne v. 949. p.417; Vaher.
Fiace. Argon. V. 110, 113.9). In wieſern au phoͤnieifches
und cypriſches Eultugwefen, das mit afiyrifchen Zuftänden in
fo ianiger Berbindung ſtehend und au ven pontifchen Coloniſatienen
au Hanrelsverlehr Anteil habend vort größer Einfluß gewonnen
it und noch Ymufler geblieben %. Movers erimert daran, daß
Holinx (im Onvmaftiton IV. ba, 55) ſagt: bie im Gebiete won
Heratien ven Griechen als Leibeigue dienenden feldarbeitenden
+) Greuger, Symbolik und Mothol. I. 3. Ausg. ©. 490, 624; Racul
Rochette, Men. sar |'Hereulo Assyrien Paris 1848; 2. Breller,
Grledn. Mytyolol. Tg. I. 1854. S. 111. *) 8. €. Movers, bie
Bhönigter. TH. IK 1. @. 372-4978; Ik. 3. ©, 286-308.
*) Movers 0.0.0. Th. U. 2. ©. 300
084 > Stein-Afen, 515.
Sclaven fangen noch in helleni ſcher Zeit phöniziſche Adonis-⸗
lieder zu Ehren des ſyriſchen Gottes.
Mit größerer Klarheit und Beſtimmtheit laſſen ſich dagegen
die Einwirkungen griechiſchen Culturlebens am ganzen Meinafintifchen
Geſtade ‚von ver maritimen Weſtſeite her gegen ven Pontus verfol⸗
gen, den bie Hellenen durch ihre Eolonifation wie mit einem
Saume helleniſcher Bildung gleichſam einfaßten und wo fie, wie ein
geiftvoller Autor fagt!”), wie Miffionare der Humanität in ale
Meeresbedten, Buchten und Winlel einbrangen, wo irgeub ein vor
theilhaft gelegener Punct ſich ihnen varbot. Vom Hellespont und
der Proponti gingen die Hellenen minyeifch-olifcher Abkunft ans
und fiebelten fi am ten nächſten Küften an, und ihre weiteſten
Fahrten gingen bis zur füblichen Küfte von Koldis hin. Sie war
ven damals die titterlichen Seefahrer am beicränften Pontus, mad
fpäterhin die abenteuernden Gennejen, Spanier, Bortugiefen im
15. Jahrhundert einem weitern oceanifchen Welttreife geworben ſind.
Diefen Argonautenfahrten folgten mit feſteren Anſiedlungen feitere
Seftaltungen, vorzüglich um bie Zeit, als das lydiſche und perfiſche
Reich dem Handelögeifte ver Griechen und durch die Einverleibung
Phoniciens in fein eigenes Reichöinterefie auch an ben Heinaflatifcen
ciliciſchen Küften wie im Norden am Pontus entgegentrat.
Damals waren e8 das doriſche Megara mb das ioni ſche
Milet, welche fi ven Bontus zu einer Reihe von Gruudungen 9)
augerfahen, wo fie zumal Milet als Haupt ver ionifchen Comfer
deration und ihrer Macht wie Erfahrung von nahe an 80 oder
mehr 9) gegründeten Colonieftaaten mit an ben Pontus hinüber
nahmen (Strabo XIV. 635). Milefier waren e8 vorzüglich, bie
den früher unwirthlichen (d&ewog) Pontus im einen wirthlichen
(eögeıwog) umgeſchaffen haben (Scymn. Ch. v. 738—736). Die
berühmte Herallea, nah Xenophon von Megareern, nah
Strabo von Milefiern gegründet, Sefamos, Amaftris,
Sinope, von Milefiern gehoben, welche dem Autolykus und ter
Nymphe Sinope als Stiftern göttlihe Ehren bezeugten, Amifns,
Kerafus, Trapezus umb viele andre, meift von Sinepe an
'07) 8, Preller, über Vedeutuug des Schwarzen Meeres für Hankel
und Berker der Alten Welt; eine Rede. Dorpat 1842. ©. 1.
S. J. W. Hoffmann, Griechenland und die Griechen im Alters
um! 8. Ih. II. 1841. ©. 1573—1592. ) Piin. B. N. ed.
Sillig. V. 29 (31). Miletus, Ioniae aapıı .. .. super XC orbium
per cuncta maria genetrix.
Der pontiſche Küſtenſtrich. 68%
gehend, ja faft alle bedeutenden Küſtenorte bis Dioskurias dem
Schutze der beiden Heroen gegen bie Meeresgefahren am Weftfuße
des Kaulaſus übergeben, find nachhaltige Zeugniffe diefes mari-
timen Einfluffes von außen her in ber ältern griechiſchen Periode
dieſer pontiſchen Geftavewelt bis heute geblieben, welche feine gleich
rege und bevorzugte Theilnahme unter ber römischen Herrſchaft er⸗
werben konnte, bie weniger feefahrend und handelsthätig, mehr einem
continentalen Volle angehörig, mehr mit der allgemeinen Empor
bringung und Organifirung des Binnenlandes der Halbinfel ber
ſchaͤftigt war. Noch weniger haben Byzantiner bie Küftenftänte
und das Küftenland fördern Tonnen, da fie fortwährend mit ber
Beiägung der innern Landſeite Kleinaftens gegen bie anbringenven
Bälle des Orients beichäftigt waren, denen fle zulegt ſelbſt dennoch
unterliegen mußten. An ihrer Stelle bemächtigten fid in ver Bere
wirrung aller politiſchen und ethnographiſchen Verhältniffe feit ven
durchziehenden Schanren der Kreuzfahrer, melde fie zum Theil dahin
und nad) dem Orient bis Armenien, Syrien und Paläftina geleitet
hatten, die catalanifchen und italienifhen Seefahrer, vor
allen Benetianer und Genuefen, deren italienifhe Sprach—
formen) in ben meiften Namen der pontifchen Küftenftäbte die
wichtigſten Zeugniſſe · ihres civilifatorischen Einfluſſes auf jene Ges
genden geblieben ſind, der ſo weit ging, daß Genueſen unter dem
Kaifer Cantacuzenus in Byzanz ſogar im Jahr 1351 einem
Tractat zu Stande bringen konnten, der ihnen die exclufine
Schiffahrt bis La Tana am Tanais im Mar Nero fihern
ſollte. Und als nad} einigen Seeſchlachten mit ihren Nebenbuhlern
des dortigen Schiffahrtverkehrs ven Genuefen doch noch die Ober
macht geblieben war, mußte ſich derſelbe Kaifer von Byzanzg von
ven Genuefen!!), welde die Catalanen und Benetianer völlig zu⸗
vädgemiefen, fih aber mit den vorbringenben Türfen verbindet
hatten, einen zweiten Tractat vom J. 1353 gefallen laſſen, in
welchem die Genuefen ven byzantinifhen Schiffen nur gegen
beſondre jevesmalige Erlaubnig und gegen einen Sundzoll am
Eingange aus dem Bosporus die Einfahrt in das Schwarze Meer
geftatteten, das mit feinen Probuften und Lebensbeniktfnifien body ber
ſtarlen Bevölferung ber Reſidenzſtadt ganz unentbehrlich geworben war.
*°) Anton v. Gevay, Periplus Ponti Eurini oetuplus ad Adem tabularım
Ms. Biblloihecae Caesareae Vindobonensis (1847). '") Conte L.
Serristori, Ulustrozione di una Carta del Mar Nero del Anno 1351,
mit Karte. Firenze, 8. 1856. p. 20 29.
2 = Meinen, 5.15,
Eine bedeutende Anzahl handſchriftlicher Karten über Bes
Schwarze Meer, die ſich aus jenen Zeiten ver Catalauen mb
Genuefen in verfehievenen Bibliothelen erhalten haben, Künnen bei
dem Mangel vollftändiger Berichte?) aus jener Zeit doch mande
Aufſchlüſſe über die dortigen Beftrebungen ver damaligen Handelt⸗
Teute und Schiffer abgeben. Die ältefte ver catalauiſchen Schiffer
iR in der Parifer Bibliothel vom Jahr 1375, vie vom I. A. Bu⸗
on ebirte, mit Commentar, ber fogenannte Atlas Catalan??).
Aeltere von Italienern fine von Genuefen: Petrus Bes-
sonte be Janua im-Y. 1318; von einem unbelannten Genmefen
in ber Paurenziana zu Florenz vom I. 1351 ); die ber Fratri
Pizzigani in Wien 1367; desgleichen bie im Venedig gefertigte
1408; die von Gratiofus Benincafa 1480; vie von Comes
Hoctomanus Fredufins ve Ancona 1497 in Wolfenbüttel;
eines Anonymus 1530—1550 anf ver Bibliothek in Wien; eime
deögleichen anonyme zu Dresben, ber Pontus, bier Mare majas
genannt, vom 9. 1536; und eine zweite ebem daſelbſt vem Ge
auefen Baptifta Agnefe Januenſis fecit Venetiig 1544 (ax
Codd. Mser. Dresd. Bibl. F. 139, d); eublid bie vou Joez
Martines en Meffina 1570, und von Franciscas Dlive
ebenbafelbft 1614. Möchten” diefe und andre theils evixte, theils
noch in Manuferipten verborgen gebliebenen geographiſchen Quellen
der mittelalterlihen Gedichte des Bontus Eurinus, wie fie für
deffen nördliche kaukaſiſchen und ſüdruſſiſchen Geſtade vom Graf
Botodi, I. dv. Hammer und Andren ſchon gepräft und beuupt
find, aud für ‚vie ſüdlichen Geftade Kleinajiens durch befese
als bisherige Gritif benugbar gemacht werben, ba fie, wie Dies ſcheu
der erfahre Hiſtoriler des Orients!) austrüdt, in der That fr
die Geographie des Mittelalters veichfirömende Quellen ge
naunt werben Können. . ,
Mit dem Vorbringen der osmanifhen Schaaren aus Ya
Innern Continente Afiens, die wienald zu den ſeefahrenden
Boͤllern ſich erheben Tonnten, ging ber blühende Zuſtand nu
m) J. A. Formaleoni, Storia Filosofica e Politica della Navigazione del
Commercio e delle Colonie degli Antichi nel Mar Nero. Venezia 8.
1789; zumal Tom. II. cap. XIX — XXIV. +2) 4. A. Buchen &
3. Tastu, Notice d’un Atlas en langue Catalane, Mscr. de l'An 1375.
Paris 4. 1839. s. Tab. 2. p. 80-82. Cötes de la Mer Naire.
b **) Zuerft von Graf Serifort edirt. 3. y. Hummer, Re⸗
aufn von 5 Werfen über das Schwarze Meer. Wien. 7b. d.
2. B. LAY, 1834. 6. 1-31. s 30
Der yeräfhe Euftenſtig. 7)
Baches an der Nordkuſte des pontiſchen Meincfiene päglcd in
Golge der Verbrängung ver Chriſten durch die Iutoleranz der Dis
hammebaner zu Ende, als Eonftantinopel im Yahre 1463 erobert
web der Pontus den chriſilichen Schiffen verfehloffen wurde. Die
bejeſtigten Factoreien und Gafenorte ber Ehriften mußten verfaffen
werben unb veröbelen, bie Hafendämme, bie zur Aufnahme ber Ga⸗
leerenflotten und zu ihrem Schug im ten Winterzeiten und wider
die Unbill der ürmifchen Climate an fo vielen ver natürlichen guten
Häfen entbghrenden Geſtaden des Pontuß, zumal durch bie Kunſt
wu Beharrlichleit der Genuefen mit Schutzeaſtellen aufgefühet
werben, waren num dem Einſturz durch bie Brandungen und Stürme
überlaffen, und max ehoa hie und ba haben ihee granbiofen Meberrefie,
wie 3. B. die Subftructionen ber alten Hafendämme in Samfun
wm Trapezunt, fi bis in bie Gegenwart in Trümmern ex
Welten. Ueberall aber find- zahlloſe Ruinen größerer und Heiner
It als Zeugen ihrer ehemaligen weiten Verbreitung und ſtarken
Bewöllerung, wie ihres frühen Wohlfiandes und ſelbſt ihres deeich⸗
tbums, am Geſtade wie tief nach dem Innern des Landes hinein,
Ver ihre eiuft großartig eingerichteten und reichbeladenen Karawa⸗
wanzüge, noch im Andenlen am dieſe friedlichen Dandeloveller ſelbſt
bei dem jüngern kriegeriſchen und rohern, fauatiſchen und thatloſen
Verdrãugern geblieben. Daher die Unwiſſenden, die Türken, Tur⸗
famanen und Kurden, bie feine Chronologie, feine Geſchichte und
Wine Upteriheivung dor Völker als nur Gläubige mb ———
tennen, alles Bauwerl im Lande, ale Manern, alle Schlöfler, ale
— ohne Unterſchied, mögen fie aus helleniſchen, röwie
fürs, hyzartmiſchen ober fpätern Beiten herſtammen, immer wur
Wa @engvefi zufczeiben. Sie verdienen .oft, wenn and nicht
isapen, diaſen Namen; ihre Baumerke, bie fle hinterließen, waren alle
don tüchtiger ſolider Art, wie der prächtige Geuueſenthurm in Gas
iaa: ihre alten Schlöffer ſiehen noch jegt umd verſpotten bie tün-
Hige moderve Anlage; ihre Molen find vom dem Meere zugenedt,
aber trogen ihm doch noch im ihren Grundbauten. Erſt die neyere
Zeit hat der Critik der Europäer durch Epigraphit, durch Studium
der Architechrg, der Sculptur und ber Geichichte bie Wege zu ber
Unterfcheibung diefer Ueberrefte gebahnt, die als die merkwürdigſten
Denkmale aus ven verfchiebenften Zeiten auch ven miannichfaltigften
Bildern ihr Dafein verdanken, aber vom einheimiſchen Bewohner
mit größter Gleichgültigkeit völlig ignorirt oder zu häuslicher Bes
untzung als Baufteine fortwährend bis auf Die Ueherrefte der Brüden
es Senn . 18.
und Pflaſterſtraßen zerftört, oder meiſt zu Grabſteinen weggefchleppt
uto mit vem gleichgültigen Namen ber —* hiſſar, alter Stadte
over Feſten ver Genovefi belegt werben. Wenige neuere große
Honptftvagen türkifher Berwaltungs- und Kriegszüge abgerechnet,
geriethen bie meiften antifen Straßenzüge in Berfall und Bergefien
beit, und Kleinaſien ift eins ver wenigen Länder der alten Weit,
dem alle gebahnten Kunſtſtraßen bisher fehlten. Die Ri-
merzeit hatte beren jebodh viele durch das Junere gebahnt, mie
dies. viele durchgehauene Felsengen über Berge, gepflgfterte Heer
firaßen, Dämme durch Sumpfebenen und freilich meift zexftäck
Brüdenrefte beweifen. Die frühern Dere Beys ober einheimifchen
Stammfürften im Inmern des Landes, die Feudalherren des Mittel
alters, hatten bei ihren fortwährenden Fehden, Raubhänveln mb
gegenfeitiger Plünverungsfuct, wie in ven Zeiten bes Fauſtrechte
weder Zeit noch Luft, an ven Wohlftan des Landes zu denken, amd
als ihre Macht durch die Einführung des Pafcharegiments umd des
Berpachtungsſyſtems ver Regierung völlig vernichtet, fo wie jebe
Värforge für das Wohl von Land und Volk durch Berarmumg,
willtührfiche Erprefiung, Confeription u. |. w. unmöglich gemacht
wor, konnte auch feine Verjüngung ber Zuftände flattfinben. And
die Küftenfchiffahrt der Ausländer am Pontus war faft völlig ge
ſchwunden; denn ber Verlehr von außen hörte bei ver Unficherkeit
tm Innern nothwendig auf. Nur elende Heine Barken einheimiſcher
Küftenfahrer konnten kaum noch hie und da ben in einem großen “Theile
des Jahres für fie allerdings vorherrſchenden Gefahren des ftärmi-
fen und Mippigen Pontus wiverftehen, um bie Meinften Uferftreden
zum Behuf ihrer Lebensbedurfuiſſe für ihre Wodjenmärkte in gegen
feitige Verbindung zu fegen. Der Fiſchfang, der in frühen
Zeiten, zumal die Thunfifcherei, die ſchon feit den alten Hellenen
die größten Reichthümer und auch im den chriſtlichen Zeiten ber
Bwantiner eine Duelle großen Erwerbs durch Schiffer und Fiſcher
gervefen war lus), hörte bei ver großen Apathie der Moslemen um
ihrer Gfeichgüftigfeit gegen Fiſchſpeiſen faft gänzlich auf. Die Ge
ſtade entoöfferten fi und veröbeten, verfanken in Sumpfe umb
iberwucherten mit Wäldern; die Bergwerke, welche einft den Chas
#16) Tagıyog ou Recherches sur histoire et les antiquitds des pöcheries
ieh Russie meridionale avec une Planche. St. Peiersbourg 1832.
156 Seiten Großg. und Recenf. I. v. Hammer in Wien. Jahrb.
„ d. &it. 3b. LIV. 1834, ©. 1—7.
Der pontiſche Küſtenſtrich. 689
lybern und Ehalbdern, und fpäter den Byzantinern noch reiche
Eifen-, Stahl-, Silber- und Kupferfchäte bargeboten hatten,
ließ man zufammenfallen und fih mit Waſſer füllen. Mur Heer»
denzucht und Holzſchlag für die Belöftigung der Hauptftabt
Eonftantinopel und für die Schiffswerfte der Aomiralität am Mar-
mormeere, obwol auf ven ſchlechteſten Wegen auszuführen, blieben
faſt allein als Gewerbe am pontiſchen Geſtade übrig,” bis auch hier
nach völliger Erfhlaffung und Vernachläſſigung des Regimentes und
des Berlehrg, noch Verwilderung, Schwächung und Entneroung ber
einpeimifchen Venölferung ven Fortſchritt des Auslandes, die
Dampfihiffahrt, zur Belebung einer Neuzeit -in den letzten
Jahrzehnven herbeiführen konnte, die freilid nur einzelnen Puncten
der Küfte zu Gute kommt, aber ungeachtet ver Einfeitigfeit bes
dortſchrittes im der Zeit, da hier fein Land ber Eifenbahnen fein
lann, doch von nicht unbebentendem Einfluß für das Ganze zu
werben feet. Die frühere Berfchloffenheit des Schwarzen Meeres
fet dem Jahre 1453 für die europäiſchen feefahrenden Nationen
war durch die Capitulation der Hohen Pforte mit Frankreich, dann
mit Großbritannien und im Friedenstractat von Kainardſchi im I.
1774 auch mit Rußland für ihre Handelsfhiffe zwar aufgeho-
ben, im Tractat von Adrianopel im 9. 1829 war ver Bontus
zwar für ein Mare liberum, jebod nicht für Kriegsſchiffe, für alle
Europäer von ven Diplomaten erflärt; aber die Vortheile hiervon
lamen meift nur ber ruſſiſchen Geftabefeite zu Gute, bie Hein-
aſiatiſche blieb in ihrer Verfchloffenheit und Verödung; denn bie
barbariſchen, rohen Stüftenbewohner blieben in ihrer Zügelofigkeit,
Raubſucht und Armuth, das Land in feiner Unſicherheit und Uns
durchgehbarleit zurück.
Der Dampfſchiffahrt ſchien es vorbehalten geweſen zu ſein,
mit den dazu gehörigen andern Verhältniſſen der Zeitfortſchritte die
alten großartigen Handelsbeziehungen mit fernen Binnenländern,
zumal mit Armenien, Perfien, Syrien, über das Bontus-
geſtade won neuem anzuregen, und dadurch über dieſe durch Jahr⸗
hunderte exftarrten Länder, fagt hoffnungsvoN ein erfahrener Augen
genge 17) ver jüngften Zuftänbe und ſchon herbeigeführten Berän-
derungen, ein friſches neues Leben zu verbreiten. Das erfte
") Rudolf Göbel, faif.fön. Conful zu Trapezunt, Ueber den pontl:
ſchen Handelsweg und die Berhältniffe des europäifchen Verkehrs.
Bien 1849. 8. ©. 2u.f.
Ritter Erkunde AVIL, %
60 Mein-Afen. 6.15.
Dampfboot erfhien am imnerfien Pontus im Sale 1896 umier
engliſcher Flagge. So beſchränlt waren damals noch die Berfchre
verhältniffe von Trapezunt, daß ſelbſt biefes eine Dampfbeot
feine Reifen aus Mangel an Geſchäften einftellen mußte. Später
erſchien hier ver öfterreihifche nyerbinandon. Die Donan-
Dampffiffahrts-Gefellfhaft, weicher er angehörte, ließ vie
Fahrten muthig fortjegen, und fie erntete bald ven Lohn für ihre
Ausvauer. Es war dies ein große® Verdienſt Defterreichg sm bie
Eivilifation des Orients; ber alte Zug des Hanvelsugfehre dahin
erhielt daburd einen neuen Aufſchwung. Wenn früher ver Kaufber
in Trapezunt zum Bwed feines Einfaufs auf der Leipziger
Meife feine 15 Monate gebrauchte, konnte er nun in 34 Tagen
über Conftantinopel nad; Wien unb Leipzig feine Geſchaͤfte vol
führen und in 20 Tagen wieder zu Haufe fein. Seitdem war kaum
ein Decennium verfloffen, und fchon wurbe bie Küfte monatlich
6 Mal von Dampfern befugt. Drei Gefellfcaften: der Lleyp,
die Compagnia Ottomana und Peninsular and Oriental
Steam Navigation Comp. theilten ſich in bie Geſchäfte, und
fanden ſämmtlich ihre Rechnung dabei. Die Stäbte von Trape-
zunt, Sinope, Smyrna, Conftantinopel traten dadurch in
lebeudigen directen Verlehr mit Warna an ber Donaumiknbung,
mit Athen und Trieft, eben fo wie mit Beirut und Aleranprie,
Der Gewinn war nicht mehr zu berechnen. Schon im Jahr 1838
hatte das öfterreihifche Dampfichiff »Fürft Metternich“ für eine
Million Fabrilate am Bord nach Trapezunt und für ben armenijſqh-
perſiſchen Verlehr; es brachte Tabak, Früchte, rohe Seide,
perſiſche Shawls, Galläpfel, perfifhe Gold- und Sil-
bermünzen in Maffen nad; Conftantinopel zurüd, bie bort weiter
geſchifft, und die legtern in Maſſen zu ſchlechter türliſcher Münge
umgeprägt werben Tonnten!!E). Außer ven Hauptplägen von Tra-
pezunt, Samfun und Sinope wurbe nun auch Ineboli regel
mäßig von fämmtlihen Dampfbooten befugt. Die tilrkiſche Unter
nehmung ging damit um, ein eignes Dampfboot bier aufzuſtellen
weldes in Verbindung mit der Hanptlinie von Conftantimopel
Zweiglinien einerfeits mit den zwifgen Trapezunt und Sam-
fun Tiegenden Plägen, ambrerfeits aber mit Rizeh, Choppa,
Batum herfiellen jollte, und bie Liverpoler Geſellſchaft
m) v. Moltte, Briefe über Zufände und Begebenheiten in der Zürtel
aus den Jahren 183539. Berl. 1841. ©. 200.
Der pontiſche Kuſtenſtrich. 601
wLevantines ließ durch ihre Schraubendampfboote Probefahrten
hierher unternehmen, von benen drei dazu beſtimmt wurden, während
ver beſſern Yahreszeit eine directe Verbindung zwiſchen Trapezunt
and-England zu unterhalten.
Die Erzeugniffe der mit reihen Probuctionsfräften gefegneten
inneren Ländermaffen im Süden und Often Kleinaſiens, welche bisher .
gar keinen Ausgang finden Tonnten und baher werthlos im Lande
verbleiben smußten, und blos ber eignen einheimifchen Confumtion
anheimfalletg Tonnten, da alle inbuftrielle Berwerthung derſelben fehlte
und bie reihften Hochwaldungen auf ihren eignen Wurzeln vermo-
derten, dürften nun durch ihren möglich gewordenen Abſatz nad
Außen dem Heimathlande mehr zu Gute kommen als zuvor, und
die einheimifche fo fehr vernachläffigte Agriculture und Induſtrie
aller Art dadurch in neuen Schwung bringen. Die europäifchen
Smouftrienrtifel haben durch die Bekanntſchaft mit ihnen in ven
verſchiedenſten Reibungen des Orients und Occidents eine weit
größere Nachfrage als zubor erregt, und ver große Tranfit auf
den Haupffiraßen nad Armenien, Perſien, Syrien trog aller ihm
entgegenftehenven Hemmungen doch nie aufhören fönnen, und er wirb
nun bei der reihlihen Zufuhr den Handelsgeiſt ver Befähigtern
uuter ver mannichfaltigen Bevöllerung des Landes von neuem bes
leben. Die Verbefferung ver Communicationsmittel im In»
nern, bie fiherere Bahnung der Straßenzüge, bie Anlage
von’ neuen Dämmen durch die Verfumpfungen und von ficheren
Fähren und Brüden über die Flußläufe zum leichtern und
fehnellern Waarenverkehr, die bisher gänzlich fehlten, und madıten,
daß die Preife ver Lebensbedürfnifſe das Doppelte des Urmerthes
Aberftiegen, werden eine wichtige Folge dieſer Fortſchritte fein, zumal
des ſchon geficherteren Transportes zu ben Meeresanfurthen durch
die Dampyfſchiffahrt.
Allerdings find die zu fanguinifchen Hoffnungen eines folden
Fortſchrittes durch die Hemmungen bes letzten Krieges zwiſchen ben
eſtmachten ımd Rußland zum Beiftand ver Hohen Pforte wol in
ihr befcheivenes Geleife zurückgewichen; das Mare liberum bes
Bontus Eurinns wird aber doch einem allmähligen Fortſchritt ent ·
gegen führen, wenn ber Frieden Beſtand hat. Gegen die Zuftände
im Anfange des Jahrhunderts find Die gegenwärtigen doch ſchon
ganz anbere geworben, und es wird nicht überflüffig fein, fid vie
der frühere Zeit nad den Erfahrungen eines einfihtigen Augen ⸗
zeugen aus jemer Werivbe, des Agenten P. Umedse Jaubert,
*r2
698 Mlein-Afen. 5.15.
Vrofeſſors der tärfifhen Sprache zu Paris, in dieſer Begiefung aut
den Jahren 1805 und 1806 zu vergegentoärtigen.
Zur Napoleonifchen Zeit, als ver Schad von Perfien Grank
veih um Hülfe gegen Rußland und England rief, hatten bie pehr
tifchen Miſſionen eines General Garbannel!9), des Colonel Trezel
und Truilhier im Jahr 1807, mit vielen andern zur Folge, deuen
man eben fo bie genaue Landeslunde des pontiſchen Kleinaſiens de
maliger Zeit, wie, nur fpäter, dem Engländer Macd. Kinzeir
verbanfte, Gelegenheit, vie türtifhen Zuftände in Kleinafien näher
als zuvor kennen zu lernen. Während die fpeciellen eingefammeller
Aufnahmen umd Erfahrungen jener Zeit ein politiſches Geheimmik
geblieben find, haben nur bie Verichte des P. Amense Fanbert
als damaligen Interpreten, und des Adrien Dupre zu Txrapezund,
als Begleiter der Miffton, einige Aufſchlüſſe geben innen, vie uns
im jene Zeiten verfegen; wir meinen in die Verwirrungen im Sunem
und in die Gefahren ver Küftenfahrten.
Seitdem die Krimmſche Halbinfel, welche nad ihrer moßlemzifchen
Bevölterung und Unterthänigfeit unter die Hohe Pforte zur zuffr
ſchen Provinz wurde, hörte jever maritime Verkehr”) mit der Sie
tüfte des Pontus auf, ver überhaupt während ber größern ftärnir
ſchen Hälfte des Yahres nie fehr lebhaft betrieben war, und da be
Küftenfahrt für Segelſchiffe türkifher Seecapitäne immer gefährlich
blieb. Die Woltenmaflen, von den falten Nordwinden gegen bie
Süptüfte getrieben, häufen fi in Wolfendämmen an ven hohe
Küftentetten und Plateauzügen im Süben Cappabociens auf, die fe
nicht überfteigen können, und ergießen ſich 9 Monat hindurch in Re
bein und feuchten Niederſchlägen, meift heftigen Regengäfien anf das
pontiſche Küftenland, das dadurch feine mächtigen Waldungen zu
grünen Weiveländer gegen das contraſtirende bürre, baumloſe, ar
loniſche Hochland erhält; aber auch feine Unzugänglichleit, da fe
alle Zugänge und Wege zerftören, ‚vie Fluſſe anfchwellen, die Brüden
und Stege einreißen, die Ebenen mit Sümpfen überſchütten umb vie
Bewohner in ihrer Iſolirtheit und unzähmbaren Unabhängigkeit nk
Wiloheit erhalten. Hiezu kommt, daß nicht felten?!) Die direce
Küftencommunication ber Küftenorte auf dem ohnedies fehr befchwer-
"") Virien de Saint Martin, Hist. des Decouvertes Geogr. Asie Mineure.
T. III. Paris 1846. p. 155—159. ?*) P, Amedee Janbert, Voyage
en Armeaie ei en Perse. Paris 1821. Chap. XI. p. 101 09.
®) W. Ainsworth, Notes ia Lond. Joura. Geogr. Soc. IX. P.223 etc.
Der pontifhe Kuſtenſtrich. 693
lichen Landwege am ebenen Strande hin durch amfchwellende Flüffe
umd hänfige Meeresbrandungen ganz unterbrochen werden lann,
wenn andauernde Nordwinde, welde das ſalzige Meerwaſſer er⸗
hohen, weit lanbeintreibend hinzutreten, und dieſelben Gefahren
dem Wanderer am Pontusrande entgegentreten, wie fie Ulerander
der Große auf feinem Heeresmariche an ber Sübfüfte Lyciens am
Climar bei Sildwinden erleben mußte, die ihn mit dem’ Untergange -
bedrohten (Arrian. de Exp. Al. 1.27). Die Dere Beys konnten
fich bier am längften gegen das Supremat ber Pforte und die Ge-
walt der Paſchas behaupten; die Bevöllerungen blieben kriegeriſch,
vanbfühtig, in ihren alten Zuftänden unberührbar, wie die Lazen,
die Mbaffen, die Dianits und Andre, und in ihrem Dumfel
dwräd. Nebellionen auch der einmal eingefegten Paſchas und fort
währende innere Kriege waren bie Folge davon.
Die Rüdfahrt auf dem Meere, immer nur Küftenfahrt, von
Zrapezunt nah Conftantinopel, Tonnte mit günftigem Winde in
7 bis 8 Tagen wol zurüdgelegt werben, während fie meift mit um«
günftigen Weftftürmen zu kämpfen hatte. Yaubert??) ſtieg am
2. Sept. mit N.O.-Wind im Hafen Platana bei Trapezunt
in fein Schiff ein; ſchon das Cap Vona war nicht zu dubliren;
man mußte zwiſchen Felſen landen und 3 Tage an unwirtbbaem
Geſtade ohne Wohnung in Felshöhlen Schu gegen Sturm unb
Regen fuchen. Das Cap war dennoch bei einem neuen Verſuche
wicht zu umfchiffen, die Stürme warfen das Schiff gegen ven Often
faft den ganzen Weg, den man gekommen war, über Kerefun,
Zireboly, Böjüt Lim an bis beinahe zum Ausgangspunfte wieder
zurüd. Nach 3 Tagen wurde ein zweiter Verſuch zum Auslaufen
gegen Weſt gemacht; bis im die Höhe von Unieh an ber Oftfeite
der Thermodonmündung gelangt, wurbe das Schiff zum zweiten
Mal zurüdgeworfen; bei dem kurzen und harten Wellenfchlage litt
es faſt Schiffbrud), das Meer bevedte fih mit weißem Schaum, bie
Bolten jagten gegen den Often zurüd und verbreiteten ſchon allge
meinen Schreden, als ver Sturm gegen Weſt umfprang, und bas
SHiff gegen den Golf von Samfun vorüber gejagt im Schuß ber
Berge an ber Oftfeite ber Mündung des Kyzyl Irmak anf ber
dortigen Rhede zu Kumdſchas noch glüdlid genug war (f. oben
©. 438) die Anler auszuwerfen und ſich erhalten zu Tönnen. Aber
die ganze- Gegend in Weft zwiſchen der Mündung des alten Ama-
#7) Am, Jaubert 1. c. pı 380-389.
694 Klein-Afien. $.15.
zonenfluſſes von Themischra bis zum Kyzyl Irmak war unwirth-
bar. Hier, fagt Jaubert, lernte er die Benennung der Alten,
eines Toyroc &ewog im Gegenfa des edEevog im ihrer. wahren
Bebeutung Tennen, was ihn am bie analoge doppelte türfifce
" Benennung des Sturm$ erinnerte, den fie wie die Italiener mt
dem Namen Fortuna, aber aud mit dem ver Peſt, el Mu-
barel, bezeichnen. Daſſelbe Schicſal teilten noch ein paar audte
Schiffe, die von Phaſis mit georgiſchen Sclaven und Schavinnen
belaben, und von der Krinum mit Kom file die Donaymünbungen
gefüllt, hierher verſchlagen wurden. Noch waren erft 70 Lienes auf
dem Meere zurüdgelegt; zu einer weitern Fahrt von biefer RXhede
bei umgünftiger. Herbftzeit, im September, wo man 17 Tage auf
verfelben Stelle vor Anfer liegen mußte, würden nod 2 Momate
Zeit zur Erreihung von Conftantinopel nöthig geivefen fein;
Yaubert 308 alfo die weitere Reife dahin zu Lande vor. Dies
nur ein Beifpiel der Schwierigfeiten und Hemmungen für dem ba-
maligen Schiffahrtsverfehr auf ven Küftenfahrten am Ge
ſtade entlang bei der höchſt unvollfommen gebliebenen türkiſchen
Rautik, bei einem Reiſenden, dem doch bie befte Hülfe zu Gebote
fand. Aber auch ver Landweg zeigte feine Hemmungen. Nur von
wilven Kohlenbrennern bes Uferwaldes Tonnte Jaubert Maul»
thiere zum Transport feines Gepäds bis zur nächften Stabt Bafre
an dem untern Halys erhalten. Damals fand das ganze
Dſchanik unter feinem einheimifchen Dere Bey, Tahyr, noch m
Rebellion gegen den Großfultan; bie türfifchen Truppen verramnten
ven Weg auf ver Weftfeite des Halys, wo fein Durchlommen war.
Iaubert mußte alfo auch bier zuräd zur Rhede von Kumdſchas,
wo fein Schiff indeß mit gewechſeltem Wiude abgegangen war mb
ex froh fein mußte, noch eine Salzbarte vorzufinden, die ihn wenige
fiens bis Sinope brachte, wo er nad) einem Monat Zeit von ver
Ausfahrt von Trapezunt am 30. September anfandete!?), Dies
Beifpiel mag ftatt aller andern genügen,- in bie frühern Küſten ·
verhältnifie jenes pontifchen Geſtadelandes zu verjegen, bie wu
durch die birecten Dampfſchiffahrten eine etwas geregeltere
Geftalt gewonnen haben.
ALS Beifpiel der fortgeſchrittenen Kenntniß der pontiſchen Ber-
bältniffe durch die letzten kriegeriſchen Begebniſſe und ver dadurch
erwedten größern Aufmerkſamkeit auf das Beden des Schwarzen *
#22) A, Jaubert l.c. p. 304.
Der pontiſche Küftenftrid. 685
Meeres, worüber wir bald lehrreiche Auffcläffe durch wiſſenſchaft ⸗
liche und practifche Beobachtung zu erhalten hoffen dürfen, mögen
in Folge wiederholter jüngfter Beſchiffungen die Andeutungen Alfr.
Lenoys dienen.
Wenn man von Eonftantinopel nordwärts gegen Enbe ber
Heröftzeit mit dem Schluß des November durch die Enge des
Bosporus, Iſtambul Boghaz, in das Schwarze Meer einſchifft,
veränbert fi Luft, Wafler und pittoresfes Uferland aus Harem
Himmelblau und prangendem Grün in graue bunlere Färbungen,
und gegen bie paradieſiſchen Ufer des Bosporus in Mippige Eindden
des Geftaves, Während eines Theil des Herbſtes, den Winter
hindurch vorherrſchend und die beiven erften Monate des Frühlings
bepält der Himmel feinen grauen Ueberzug; das tiefe Gewäſſer
wirft feinen Spiegel noch viel dunkler zurüd, und Tann in fofern
wol ſchon ven Namen des Schwarzen Meeres tragen. Selten
durchbricht dann die Sonne über ihm ven Wollenſchleier. Die
Schiffer nennen daher aud das Meer.ven „Schwarzen Himmelu.
Die Tataren und Mongolen nannten bei ber erften Belannticaft
das Meer ſchon Kara venghiz, das Schwarze Meer, wie es
bei Benetianern und Genueſen Mar Nero hieß. Die Schreden
der alten Zeiten verbreiteten ſich feit carifchen, phöniciſchen,
tautafifhen Korfaren bis in vie neuern tatarifch- türkifchen
Zeiten über die gefahrvolle Beichiffung viefes Meeres, und nicht
ohme allen Grund, obwol gefteigert durch Uebertreibungen (Ovid.
Epist. ex Ponto IV. 10. v. 30: Hic agri infrondes, hie spicula
tineta venenis, Hic freta vel pediti pervia reddit hyems etc...
neo te causas nescire sinemus, Horrida Sarmaticum cur mare
duret hyems ete.), und dadurch, daß man bie periodiſch allerdings
vertommenden Gefahren bei langdauernder Unwiſſenheit der Nature
verhältnifie für die Regel hielt, da fie nur als Ausnahmen ex
feinen.
Die furchtbaren Orlane, welche das Schwarze Meer jo ver-
rufen machen (Pontus . . . inflectitur ad formam Seythici arcus
mazime incurvus: brevis, atrox, nebulosus, raris stationibus,
non molli neque arenoso circumdatus litore vieinus aquilonibus
et quia non profundus est, fluctuosus atque fervens etc. . Pom-
pon. Mela de Situ Orbis. I. 19), fehlen leineswegs ganz, find aber
doch nur auf feltnere Ausbrüce in ihren wüthenbften Wirkungen
beſchrãnlt, und es Tann ihren zerftörendften Wirkungen durch den
Fertfgritt einer rationellen Nautil auch mehr und mehr begegnet
696 . Klein-Aften, 615.
werben. Seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts hat man ik
Vorkommen zu zählen angefangen, und nur in den Jahren 1801,
1818, 1838 und 1854 immer in ben Herbfimonaten, zumal dei
Novenibermonats, dergleichen verzeichnet, in welchen allerbings mal
fenhafte Schiffbrüche die Geftade mit Dutzenden von angetrieben
Schiffwrads bededten. Die vereinigten Flotten der Weitmädte u
ven legten Kriegsjahren ſcheinen aus einer Reihe Beobadrtungn
einige neuere Thatfachen ermittelt zu haben. An vielen Stellen u
reiht das Senkblei den Grund des Schwarzen Meeres nidt, d
berbergt alfo für feinen befchränften Raum ein verhältnißmäßig fer
großes Wafferquantum, das einmal in Bewegung gelomme,
da ihm überall an feiner Sübfeite fteile Uferwände ohme ermeitertn
Foriſchritt feiner bewegten Maſſe entgegenftehen (vemn ver Dank
bruch des Bosporus von Conſtantinvpel ift zu eng, um bergleiden |
gu geftatten), ſich nicht leicht wieder durch forticreitenen Sen
drud beruhigen Tann, fondern durch Gegendruck und Nefler in lang
anhaltenve Empörung verfegt werden muß. Vorherrſchende ſchwert
von Falten Höhen im Norden und vom Kaufafus im Dften herab
fürmende Winde gegen das Sübgeftade können biefe Repereuffiser
auf das höchſte Maß fteigern; zumal bei dem ftarfen Exp
der colofjalen Strömungen aus ven ſüdruſſiſchen und Tautafilde .
Gebieten mit ihren Waflern zur Zeit der Schneeſchmelzen, veam
die wafferfargen Südflüſſe, wie Tſchoruk, Halys, Irit,
Sataria, fein Gegengewicht bieten. Doch bemerft man zwei gi
flige Eigenſchaften des Schwarzen. Meeres, daß es durchweg ſeht
tief und überall frei von Klippen und Sandbänken if. Be
dem Austritt aus dem Bosporus zeigte es überall 40 Brafla
ober gegen 250 Fuß Tiefe, und bis gegen Sebaſt opol waͤchſt birle
bis zu 60, 80, 100 und 150 Braffen, 900 und mehr Fuß Ziee
An der Südküſte ift bie Tiefe weniger ermittelt.
In der Sommerzeit und ben guten Monaten von Früh
Ting und Herbft ift feine Oberfläche ruhiger, ver Himmel heite,
bie Temperatur warm, wie in ben Gewäſſern bes ſüdlichen Mitte
meers. Seine Gefahren theilt e8 mit allen eingefchloffenen Meere,
die aber für gute Dampfſchiffe von größerer Kraft nicht umüher
windlich find. Locale Zuftrömungen der Flüſſe md Küftenftr
mungen verbumben, mit gewiſſen Winden zufammentreffend, Fömmen
ven forglofen Schiffer zu Unglücsfällen bringen. Die Hauptfiri-
mung wälzt ſich gegen feine einzige Mündung zum Bosporus,
gegen Weft, und bringt durch die Darbanellen in das ägäiige Mer
Der pontifhe Küftenftrich. 697
(ME denghiz, das Weiße Meer der Türken) ein. Ihre Geſchwin⸗
bigfeit bei ruhigem Wetter am Cingange des Bosporns beträgt
11; Knoten, nimmt bei ftarfen Brifen eine Schnelligfeit von 3%,
bis 4 Knoten an; auch ift der Eintritt aus dem Schwarzen Meere
in bie Enge des Bosporusl2*) von Conftantinopel oft ſchwierig
und gefährlich. Diefer ift an ber engften Stelle ver Einfahrt, zwie
ſchen dem Poiras und Karybdſche Kaleſſi bei ven afiatifhen..
und europäiſchen Batterien nur einer deutſchen Meile breit
und bietet, in ver Entfernung gefehen, einen zerriffenen, wenig dharac»
terifirten Anblid dar, dem mehrere andre Puncte berfelben Küfte
zum Berwechſeln gleihen; und fo treibt der Oſtſturm bei Täufchun-
gen. leicht zum Untergang, zumal bei Nebelwetter. Da das Schwarze
Meer von geringer Ausdehnung in feiner größten Ränge nur 682,
in feiner Breite nur die Hälfte dieſer Seemeilen einnimmt, fo kön⸗
nen die Schiffe, wenn ver Wind heftig 30 bis 40 Stunden in_einer
und derfelben Richtung weht, leicht an den Strand getrieben wer-
den, und laufen. dann große Gefahr, da die Häfen, Rheden und
Unferpläge an ihm fehr felten find. Die Nebel, zu gewiſſen Jah-
rezeiten anbauernb und dicht, madhen- ebenfalls häufig große
Schwierigleiten, die Küfte aus einiger Ferne ſchon zu erkennen, und
an Leuchtthürmen fehlt es nicht mur, ſondern aud den wenigen,
welche vorhanden find, an zweimäßig unterhaltener Lichtgebung.
Die umgebenden Gebirge rufen zahlreiche und abwechſelnde Luft-
firömungen hervor, eine Urſache der häufiger eintretenden und wech⸗
felnden, ja plöglid) umfpringenden Winde und- Stürme Die
Strenge des Climas auf dem Schwarzen Meere ift übertrieben
worben. Im Februar eines ber Iegten Jahre hat die Dampfe
fregatte » Baubanı während ihrer Kreuzfahrten im Februar nur
einmal eine Kälte von 2 bis 3° Reaum. (3° Celfius) gehabt, nie
ſank e8 tiefer; im März wär bie mittlere Temperatur 4° Reaum.
Wärme. Nur Nord» und Nordoft-Winde treten mit empfinb-
licher Kälte ein. Im April war die mittlere Temperatur 4 bis
5° Reaum., 8 Mal erreichte es 8° Reaum. Wärme. Im März
fiel häufig Schnee und Regen. Im Mai mittlere Temperatur
von 8 bis 9° R., mit 22 Tagen dichter Nebel, vie große Vorficht
124) greihert von Molke, Hauptmann (jept General) im Königl. Br.
Seneralfiobe, Karte des nördlichen befeitigten Thelles des Bosporus
am Schwarzen Meere, in! Auftrage des Sultan Mahmud II. aufs
genommen im 3. 1836—1837. Berlin 1849.
688 Klein -Afen. . 16.
erheiſchten. Im Juni erreichte das Thermometer oft 16° Neaum.
Wärme, im Juli 20° Reaum., im Auguft 21 bis 24°, im Sep-
tember 15 bis 16°, im October 9 bis 14° R. Die Monate
November und December haben keine große Kälte gezeigt, wur⸗
den aber durch häufige Regen läſtig. Die Schiffahrt braucht nah
diefen Erfahrungen nicht umterbrochen zu werben, und namentlich
‚eine Dampfflotte war im Stande, gegen bie heftigften Stürme
anzukämpfen. Obwol viefe Beobachtungen meift im ber nörblicen
Hälfte des Pontusbaffins, in ver Nähe ver Krimm und ber rufe
ſchen Geftabe angeftellt fein mögen, fo ſind fie doch auch mehr ober
“ weniger maßgebend für das ſüdlichere Heinaflatifche pontiſche Ge
ſtade, deſſen Vegetationsverhältniſſe dieſer climatifh günftigen Ste
fung entſprechen, und ſchon hierdurch wie durch feine Wãlderfülle
und bie Verbreitung wie das Gedeihen feiner Obſtwaldungen
und Garten früchte fein Name des Djanik, ald Garten, am
Pontus gerechtfertigt erſcheinen Könnte, wenn nicht alle hiſtoriſchen
Gründe dagegen, und bie türkifche Etymologie ver darauf begrün-
deten Bezeichnung eines flüchtigen Touriften eine ganz falſche uud
ſcheinbare wäre (f. oben ©. 101, 443 und unten).
Kehren wir nun von dem befpülenden Meere zu ven pontifchen
Geſtadelaudfchaften felbft zurüd, deren geringerer Grad
der Entwilderung auch dem nachtheiligen Umftande zuzufchreiben
ift, daß feine Gegengeftabe, wie die kaukaſiſchen, vie taurifchen,
die füdruffifhen und die Oftfeite Numiliens in der europäi«
ſchen Türkei, am Oftgehänge des Balkanfyfiems keineswege
zu den begünftigernben, verlodenven, anregenden für Völlerciviliſatica
>gehörten, und exft fehr fpät Anthejl nehmen konnten an ben Grgeb-
niffen europäifcher Humanifirung ihrer Bewohner, während Das ganze
Weſtgeſtade ver Heinafiatifhen Halbinfel barin eine hohe
biftorifhe Begünftigung vor dem norbifhen voraus hatte, feiner
Weltſtellung nach ver hellenifchen Welt zugelehrt zu fein, umd
aud eben fo das fübliche ciliciſche Geſtade der alten Culturfeite
Spriens und Aegyptens als feinem Gegengeftabe.
Pontiſche Küftenfläffe; Filijas Tſchai. 609
8. 16.
Ahtzehntes Kapitel.
Die pontifhen Küftenflüffe Billäus, Parthenius, Ly⸗
cus, Hypius, oftwärts zwifhen der Sangarius-Mün-
bung und dem Carambis Promontorium.
Erläuterung 1.
Der Filijas Tſchai (Billaeus) nach feinem Stromfyften; ver
öftliche Hauptarm Soghanly-fu mit feinen Zuflüffen, ver
weftliche Hauptarm, ver Bolysfu, und ihr Verein bis zur
Mündung bei Filijas (Tieum),
Der größte der Küftenflüffe der Nordküſte zum Pontus,
welcher zwiſchen den Stromgebieten des Halys in Oft und des
Sangarins in Weit mitten inne liegt, und in feinem untern Laufe
ven Alten unter den Namen des Billäus125) bekannt war, aus
welchem (Plin. H. N. VI. nennt ihm fuvius Billis) bei den Tihrfen
ver Name des Filijas Tſchai entftand, gehörte, mas fein inneres
Stromgebiet und die Entwidlung feiner Duellftröme und Zuflüffe
betrifft, Bisher zu den unbelannteften der Nordküſte, jo daß
W. Ainsworth, nad feiner erften Berichtigung?) diefer Fluße
Läufe durch Autopfie im Jahre 1838, noch im I. 1842 mit Recht
fagen konnte: vor feiner Reife im Jahre 1839 war es völlig un«
befannt?), daß biefer Filijas die Flüſſe von Tſcherkeſch (Antie
nenpolis), von Baindyr und Hammamly, von Aradſch und
von Zafaramboly wie von Wiran Schehr (Aorianopolis?)
ſammt dem weſtlichen Fluſſe von Boli (Bithynium, Claudiopolis)
im ſich vereine und derſel be fei, welcher unter vem Namen Filijas
durch Paphlagonien und Bithynien an Pendſchembeh vorüber, und
bei den Ruinen ber alten Tium fid) in ven Pontus ergieße.
Es hat au P. v. Tſchichatſcheff, ber nur weniges fpäter
hindurchzog, wie wir gern anerkennen, Yeine geringern Verdienſte um
»25) 4. A, Cramer, Asia Minor. I. p.208. 2")-W. Ainswortb, Notes,
datirt Angora 24. Dechr. 1838, in Journ. of the Roy. Geogr. Soc.
of Lond. Vol. IX. 1839. p.241—242.. ?”) W. Ainsworth, Trav.
and Res, in Asia Minor Ic. 1842, Vol 1. p.46, Note.
700 Klein-Afen. $. 16.
die Erforſchung dieſes Flußfyftems, das durch ihn und feine Höhen
meffungen, wie feine geögnoftifchen ihm eigenthinnlichen Eut-
defungen daſelbſt, venen wir mit Verlangen wie aud andern Fort
ſetzungen feiner Iehrreichen Beröffentlihungen entgegenfehen, bedeutende
Berichtigung und Vervollkommnung erhalten hat!?). Indeß frühe
waren feine Zuflüffe nur in einzelnen Verzweigungen überfchritten,
ohme ihren hydrographiſchen Zufammenhang zu dem Hauptſtrome
zu kennen, ver erſt durch Ainsworths Wanderungen nach verfihie
denen Richtungen durch fein Steomgebiet befannt wurde, und hienah
ſchon in die Kiepertſche Karte von Kleinaſien 1844 berichtig
eingetragen werben konute.
Der Filijas mit allen feinen Zuflüffen entipringt nur ven
Nordabhange ver großen pontifchen Parallelfette, die unter dem |
Nomen des galatifhen Olympus bie öftlihe Bortfegung be
Olympus bei Bruffa bildet. Diefer Parallelzug fegt in feiner ven
W. nad O. normalen Streihungslinie etwa ımter 401° RB.
vom Durchbruch bei Lefkeh an ber Oftfeite des Sakaria mit ven
Namen: Karalaja, Elmaly und Kurmaly Dagh, und nörid |
von Turbalü als Abbas Dagh (bithyniſcher Olympus) oberhalb
Boly oftwärts fort 6i8 zum Ala Dag h (dem galatifhen Olympus).
Im dieſer öftlihen Fortſetzung ift diefer Zug der Orminius a
Galatien, bei Ptolem. V.1,117. Ihre äußerften norböftlichen Bar-
böhen reihen fi an bie metallreihen Höhen bes Iſchil
Dagh an, veren Südabhang Ainsworth an dem fühmärts zum
Angora-Salaria-Arm ablaufenden Kerimis-fu befucht Hat (j.obn
©. 466); fie verflachen ſich in die Platenus und ſalzſteinreiche
Plateauhöhen bei Tſchangry (Gangra) auf der Weftfeite des Ha-
198 (f. oben ©. 353). Defien nörbliche Abhänge und Borhöhe
gegen Baindyr (eigentlich Bajandyr) und Ticherkefh werden Bain-
dyr Dagh genannt, am ber alten Grenze bes pontifchen amt
bithynifhen Reiches, ein Gebirge, das einft vom König Mithri-
dates M. überftiegen wurbe, als er feinen Feind König Nice
medes in der erften Schlacht befiegt hatte und num weiter gegen
Weſt in fein bithhniſches Reid) zum Sangarius vorbrang. Appiar
nennt biefe Höhen ven Scorobas (Bell. Mithrid. 183. ed. Al |
Tollii. Amstelod. 1670. p. 314). An biefem Norbofl-Abhange vet
Baindyr Dagh und Iſchek Dagh haben wir ſchon früher bie
Waſſerſcheidehöhe bei dem flachen Sattelpaß zwiſchen Kara
428) y. Tchihatcheff, Asie Mineure, I. p. 164.
Filijas Tſchai; Billaͤus. 701
Biran (Karadia eurene bei v. Tihihatfcheff)®) und Larauler
oder Laradſchilar kennen lernen, von wo bie Bergwaſſer gegen
DR (als Dewerek tihai) zum Halys, gegen Südweſt (als
Tſchar fu und Kerimis fu) zum Angora-Arm, und gegen
BRD. zum Filijas ihre Richtung nehmen (f. oben ©. 405).
‚Hier liegt alfo der Urfprung des Filijas oder Billäus an
bem äußerften O ſtende feines Stromgebietes; aber er befteht aus
zwei Hauptquellflüffen, vie vom ben beiden Oft» und Weft-
enden des galatiſch⸗ bithyniſchen Olympus oder dem Ala Dagh aus»
gehen und wol über 30 Meilen weit (vom 31 bis 33',° DR,
dv. Gr.) mit ihren Onellen auseinander liegen, und erft durch
ihren Gegeneinanderlauf nad der gemeinfamen etwas nörd⸗
licher liegenden Mitte, oberhalb Pendſchembeh zum Haupt ſtrom fih -
vereinigen, ber dann direct gegen Norden zum Meere abfließt. Der
weſtliche Arm ift der geringere, unb heißt bei ven Türken, weil er an
der Stadt Boly vorüberfließt, Boly fu; ver öſtliche Arm ift ver
Soghanly-fu (das Zwiebelwaſſer), der aber verfchievenen Zuflüffen
fein Waſſer verdankt, die ihre eigenen Namen haben. v. Wront⸗
ihento?), ver das Stromgebiet fon vor Ainsworth, im Jahr
1884, durchforſcht hatte, wonad wol die Bolotowſche Karte bei
v. Tſchichatſcheff ihre berichtigte Zeichnung erhalten mochte, giebt
folgende Beſchreibung dieſes Küftenflufes. Faſt in ver Mitte zwis
fen Erekli (Heraclea Pontica) in W. und Bartan (Parthenium)
in O. fält der Filijas tſchai (falſch Filbas bei Wroutſchenlo)
in den Pontus, ver aber erſt furz vor feiner Einmündung feinen
Namen erhält. Er beſteht aus vielen Armen, die alle von Oft dem
Soghanly zueilen, ver felbft anfänglich gegen Weft (als Ulu-fu)
fließt, dann aber rüdläufig wird (gegen Oft fließt als Tſcher-
leſch⸗ſu), und dann wieder weftwärts als Soghanly feinen Nor-
mallauf bis zum Boly.fu fortfegt. Ex theilt in biefen- wider«
finnigen Ymbiegungen und Krümmungen feines Laufes hicht nur
die Natur feines linken Nebenftcomes, des Sakaria, ſondern auch
die feiner öſtlichen Nachbarftröme Halys und Iris, die insge⸗
ſammt ſolche wiverfinnige Umläufe innerhalb des parallelen Syſtems
der pontifchen Taurusketten nehmen müffen, um die geeigneten Durch-
bruchſtellen zu finden, in venen fie aus dem höherliegenben Stufen
laude in den vorliegenden tiefern Küftengrund abfliegen Können.
%) y. Tehibatchefl, Asie Mineure. 1. p- 161. ”) 9. Brontfhenfo
a. a. D. 4. Th. I. ©.62—64.
702 Rlein-Afen, 6.16,
1. Der bſtliche Hanptarm des Soghanly-fn. De
öffihfte und oberfte dieſer Omelfläffe if der Ulu fu (iii
große Waſſer, ein häufiger allgemeiner Name fin ven Hauptquil
bad; eines Flußgebiets), ver in Weit des Dewerel tjdai ki
Rarauler am Verein des Ala Dagh (Orminius) mit dem Belek
des Alkas Dagh (Olgafiys) feinen Urfprumg nimmt, und ge
Wet nad) ein paar Stunden an Tſcherkeſch (Antinoupolis) 4
Fuß Par. üb. d. M. vorüberflieht over vielmehr ſtürzt bis Han-
mamly, wo er einen zweiten ſüdweſtlichen Arm, auch Mix ſu
genannt, aufnimmt, bei dem Dorfe Chinzireh (Kinsre bei rm
ſchenko) = 3210 Fuß Bar. üb. d. M. Diefer ſüdweſtliche Arm"!
des Ulu · ſu entfpringt bei dem Dorfe Gurdſchuk kjdi 4336 8.8.
üb. d. M. ımmittelbar am Norbabhange des trachytifchen Ala Dayt
{bumten Berges) von dem Platenn Karadſchören, ver Heap
6343 Fuß auffteigt, und in feinem Nordoſtufer zu 6036, bei Gut-
dſchuk zu 4836, und am Verein mit dem Öftlichen Uln fug
3210 F. An feinem Iinten Ufer, vem Keredi Dagh 4801 8.
liegt der Ort Geredeh (Keredi bei v. Tſchichatſcheff, Guerrde ki
Diter), die alte Cratia Flaviopolis, 40105. P. üb.d.M. Dr
Heine breiedige Kara Gjöl (Schwarzfee), 4666 F. in RB. is
dem Dorfe Chinzireh (Kynzre), ein Säftvaflerfee (wol irrig Ser gt
bei Wrontjchento) liegt in einer ziemlich weiten, gut amgebauten m
ſehr benölferten Ebene. Der See ift von niebrigem Schiffufer m
geben, hat viele, aber nur Heine Fiſche. Einen andren Heinen Se.
der etwas weftlicher auf. dem Wege von Keredi nach Boly et,
ſcheint v. Wrontſchenko mit dieſem dftlichern verwechſelt zu han,
da er von biefem fagt, daß er nörblic unter dem Namen Earı
Tſcheſchme (gelbe Duelle) in ven Boly ſu abfließe, was vom den
weſtlichern See gelten kann, aber nicht vom dſtlichen Ser, ver ud
deshalb wol auf der Bolotowſchen Karte richtiger Kara Gibl heit
und von bem weſtlichern weftwärts Geredeh zu umterfcheiben #
Unter dem Zufammenfluß beider Ulu⸗ſu-Arme zu Kynzre werde
fich der vereinigte Strom, ſchon wild und reißend, plötzlich get
Oſt als großartiger Alpenſtrom an ven Orte Baindyr 37888.$.
Hammamly 3034 Fuß und Kuleki kjbi 4644 F. P. vorübe
und kehrt van unter dem Namen Tſcherkeſch oder weiter abwaͤru
Hammamly Tſchai, nach nördlicher Durchbrechung einer Ora
fette, durch Stürze in den wildeſten Schluchten im feinen Normallarj
#1) . Tehibatchefl, Asie Mineure 1. c. I. p. 150.
Filijas Tſchai, Billäus. 203
gegen Wehten zuräd und firdmt am Habfchi Abbas vorliber. Im
der Oftbiegung gegen Welt ift auf der Kiepertſchen Karte bei
Milan (?) ein öftlicher Zufluß von vechter Uferfeite eingezeichnet,
der auf ver Bolotowſchen Karte namenlos geblieben iſt. Seine
Eintragung beruft nur auf einer Erkundigung Ainsworths622),
daß 3 Stunden unterhalb Hammamly ein Zufluß von ber rechten
Seite aus dem Gebirgsbifteicte von Schah Butun ımd Olak mit
dem Hauptorte Akb aſch herablomme, welcher 4 Stunden von Milan
fiege, mit einem andern Orte Pahlawan, der 8 Stunden von
Milan liege. Milan aber, dem Aliſchah hiſſar gegenüber, folle
heiße Mimeralquellen haben. Abwärts dieſes Milanflufjes vom
Süden her, alfo zum linken Ufer, fagt v. Tſchichatſcheff, daß
ein Wildbach Gjöt Agatſch (v. i. blauer Baum) aus Trachyt-
gebirge, deſſen Zidzadlauf v. Tſchichatſcheff zehmmal zu Fuß
teeuzte, um paläontologifche Schäge, die er bort vorfand, zu
ermitteln, zuftürze, und an biefer Stelle bie einzige Holzbrüde über
den Hanptftrom erbaut fei, wo fein Waflerfpiegel nah Meffung
fon bis auf 2089 Fuß Par. herabgeſunken ift.
Unfern Hadſchi Abbas (nad) v. Wrontſchenko's Beftim-
mung umter 41° 12' 26“ Lat. und 32° 43° 50" O. L. v. Paris)®)
fließt ihm ein andrer ſüdlicher Wildbach zu, der feinen Namen von
dem Orte Wiran Schehr hat, bei welchem er als weſtlicher Pa-
rallelbach mit dem Gjbk Agatjc feinen Urfprung an ber Gruppe
des Soghun Dagh einnimmt. Bon der Ulu⸗ſu⸗-Quelle bis zum
Einfluß des Wiranſchehr bei Hadſchi Abbas, fagt v. Tſchi—
chatſcheff, durchziehe ver Haupfftrom eine Strede von 27 Lieues,
auf welcher er in jever ver Meilen ein fehr ftartes Gefälle von
74 Fuß zeige. Nur bis dahin habe er ihn als Wanderer verfolgen
Gaumen. Die Duelle zu Wiranſchehr, wo nur eine Mofchee und
ein alter Chan ſteht, durchzieht gegen Nord eins der wildeſten Fel-
jenthäler, das in das, ſchönſte Defils einer Felsenge ausläuft, deren
Gelsfirnen wie ein Gewölbe ſich nad; oben emporthücimen und kaum
dem Blick des Wanderers noch in engen Spalten ven blauen Himmel
zu ſchen geflatten. Das Bfter teodne Bette des tief unten zu bircche
ſcheritenden Wildbachs ift voll Trümmerblöde am Ausgange. Nur
5 Stunden von befien Zutritt erreicht der Hauptſtrom gegen W.
das Dorf Kyzylbel (rother Sattel) 1914 Fuß Par. üb. d. M.
») W. Ainsworth, Notes in Lond. Geogr. Journ. 1839. Vol. IX. p. 242.
3°) r. Tehihaicheff, Asie Mineure. I. p. 20.
704 Klein» Afen. $.16.
gelegen, wo drei andre umter dem Namen Soanur-fu (mel um
Mißverſtãndniß ftatt Soghanly) vereinte Gebirgsſtröme von D. mb
NO. der zum Hammamly Tſchai treten, ver num jenen Namen,
oder Soghanly⸗ ſu (wörtlich: Zwiebelwaſſer, wahrſcheinlich aber
nad einem gleichnamigen Soghauly kiöi, m Zwiebelvorfs benannt),
bis zum Verein mit bem MWeftarme beizubehalten ſcheint. Der
Bftlichfte dieſer drei vereinten iſt aud ber größte umb heit
Aradſch-ſu. Seine Quelle bei Taſchbunar, 3963 Fuß Par.
ub. d. M., liegt nach v. Tſchichatſcheff gegen den Alkas Dagh
Olgafiys, Illas bei v. Tſchichatſcheff) nur wenige Stunden in S. B.
des Hochlandes Dadahi im Iflani von Kaftamuni, dem oſtwärtt
der Gjbt Irmak an Taf Kjöprü (Pompejopolis) zum Halys ale
fließt (f. oben S. 420), weftwärts dieſer Aradſch-ſu aber gegen
Zafaramboly Hin zum Billäus, Er fließt an ven Orten Aradſch
2393 Fuß Par. üb. d. M. und Samatly 3316 5. P. üb. d. M
vorüber, bis der Zerbdere-fu von Iflani aus Norboft reipenden |
Laufes ihm zuſtrömt. Im Winter foll fein Waffer vom hohen
Altas Dagh gewaltig herablommen, aud im Sommer hat jen |
breites. Bette viel Waſſer; nur felten hie und da eine durchgehbare
Furth; aber er wälzt fo viel, Schlamm, daß es nicht trinkbar fen
fol. Zumal nad Gewittern ſoll er ftinfendes Waſſer führen. Dem
Zerbvere-fu, ver auf der Bolotowſchen Karte feinen Namen mb
nur eine punctivte Linie erhalten hat, ſcheint weiter weſtwaͤrts ei
anberer parallellaufender zur Seite zu fließen, ver auf ver Bolotem |
fen Karte auch von Iflani Ajan kommt, aber falſch Sirh-fu ge |
nannt if. Denfelben aber, der von Kara Bunar abwärts fl |
und fi) unterhalb Bafaramboly mit vem Aradihrfu zum So |
ghanly vereinigt, nennt Yinsworth, der an ihm gegen Kaſtamui
emporftieg, mit vem Namen Sirb Dere, wie ihn auch vie Ki
pertſche Karte eingetragen bat; es ift wol nur eine irrthümliche
Wiederholung jenes felben Namens; ver weitere weftliche Be
lauf diefes Hauptſtroms ift aber ſowol durch Winsworth we
duch v. Tſchichatſcheff nicht näher erforſcht, umd daher anf ber
Kiepertſchen wie auf der Bolotowſchen Karte eine punctirte, mr
zweifelhafte Linie geblieben. Deren weitliher Zufammenfluf
mit dem linken Hauptarm des Filijas, dem Boly-fu, Hat vie
Bolotowfhe Karte mit dem Namen Soanur-ſu eingetragen,
die Kiepertſche Karte hat ihn mit dem Namen Soghanly-ju be
zeichnet. Diefe Flußſtrede bleibt alſo auch für ünftige Reiſende
näher zu ermitteln. Winsworth erfuhr am Zufammen-
Filijas Tſchal; Blllãus. ros
fung!) aller obern Stromläufe unterhalb Zafaramboly, daß ber
Soghanly-ſu zwar von dieſer Stelle weſtwärts zum Bolhy - ſu
fließe und in Entfernung von 8 Stunden (20 Miles) mit ihm ſich
vereine, was er aber für eine von der Wahrheit ſehr abwei⸗
ende Angäbe erachtete, da der Abſtand offenbar viel größer
fein müſſe.
2. Der weſtliche Hauptarm, der Bolysfu. Diefen
Arm beſchreibt v. Wrontfhento”) nur im allgemeinen, ohne
ihn in ſeinem · obern Laufe näher lennen gelernt zu haben. Biele
Bäche, die von Höhen herabfliegen, melde die geräumige und fehr
bevölferte, auch gut bebaute Ebene ver Stadt Boly umgeben, fagt
er, vereinigen ſich im nörblicen Theile derſelben und bilven ven
Meinen Fluß Boly Tſchai. Sein Hauptarm, welder 4 bie 5
Stunden in weftlicher, richtiger fühwetlicher Richtung auf dem Wege
von Geredeh (Kerevi) nach Boly entipringt, ift 15 Schritt breit,
ziemlich tief, mit moraftigem Grunde. Am Ende der Ebene flieht
der Boly Tſchai zwiſchen ziemlich, fleilen Abhängen und verbindet
fih mit dem Sary-Tfhefhme (ven W. vorher aus dem Meinen
Sary Gjdl abfliegen ließ; wahrſcheinlich ift diefer Bericht nicht
ohne Irrthum). Genauer berichtet v. Tſchichatſcheff, der ven
ganzen Hauptquelların des Boly-fu von Süpmeft an aufmärts
bie in die Nähe ver Aufnahme dieſes rechten Tfchefhme-Nebenfluffes
und 618 zum Sary Gjöl durchwandert und viele Stellen? deſſelben
nah ihren Höhen gemeflen hat. Diefer Weſtarm, ver Filijas
tſchai, entfpringt nad ihm am Norbabhange des Tihurulun
Dagh (in N. O. von Zorbaly, |. ob. S. 700,566) 3828 Fuß Par.
üb. d. M., unfern in SW. ver Stadt Mupurly (Modrenae)
3200 Fuß Par. üb. d. M., von mo er in ziemlich grader Linie
norbwärts zur Mündung fließt, eine Strede von etwa 30 Meilen,
Nur von der Duelle bis Boly heißt er Boly fu, weiter abwärts
Filijas. Er hat nur wenig Waſſer am feiner Quelle, fließt eine
Stunde unterhalb Mudurly bei 3078 Fuß Par. Höhe unter Hohen
Ufern vorüber, die ſich am feiner linken Uferfeite im Boly Dagh
bei Guni biß zu 4533 5. erheben). Durch Walpgebirge zieht er
dann als alpiner Strom bis Boly, 2763 Fuß Par. üb. d. M. ge
legen. Bon da bis zum Einfluß des Soghanly fu von der rechten
"»)"W, Ainsworth, Notes I. c. in Lond. Johrn. of the Geogr. Soc. Vol, IX.
1839. p. 242. >) y. Brontfento a. 0,D. &h. UL ©. 63.
#%) y. Tehihatchefl, Asie Minenre I. c. I. p. 157—160,
Ritter Catunde XVOL 9
706 einen 6.16.
Uferfeite if fein Lauf unermittelt. Auf dieſer Strede nit m
jedoch von der rechten Seite den Abfluß von bem lkleinen fee
oben genannten See auf, der in Weſt von Geredeh liegt. Unterhalb
des Vereins beider Arme fließt dem Filijas von ber Weflfeite
bei Perfopembeh in einer fehr pittoresfen Umgebung ein Heiner Fluj
Kara Dere zu, wo der Filijas, nur noch 389 Fuß P. üb. d. R
in zwei Arme getheilt, eine lange Imfel bildet; dann aber fehr
waſſerreich, doch überall in ver Ebene bei 280 Fuß Par. ib. d. R
bei Burum Fidi, in ber Breite ver Loire bei Orleans, durchohba
iſt und ſich bann bei Filijas (Fiswm) zum Meme minvet.
Erläuterung 2.
Die Querreiſen durch das obere Stromgebiet bes Filijas von
O. nach W.; won Tſcherches über Hammamly, Bainpyr uch
Belg u. f. w.; nach Otter vom Jahre 1743; 8. Morier 1908;
X. Duprs 1808; Macdenald Kinneir 1814 und
Ker Porter‘ 1819.
Die Alteren Reiſenden haben zwar das Gtromgebiet bes am
tilen Billäus wicht ganz iguerirt, aber da fie es mur theimeii |
er and meift ſehr flüchtig durchzogen, fo haben fie mer einzelne |
Zweige deſſelben iu ihren Routiers berührt, wie Ebu Batute,
Diter, Duprs, Morier, Kinneir und Andere, deren hiecha
gehhrige Berichte zu den Iehrrichen für die. Speriaffemutwiß; bob
Landes gehören, und die wir hier ihrer Gronoiogiſchen Mnfeinander
folge nach zu begleiten Haben. |
1. Dtter’s Duerreife von O. nach W., vom Thal
des Deweret Tſchai (Tufiie, ſ. oben S. 169) werRmwärts
über Zihertefh und Boly, über Chandak nad Saba
fh (im 9. 1743).
Chevalier Otter ), der von Zufija über Kodſch Kiffer gegen
Weſt die Wefferfheide zwifhen Halys un Filijas äherflinge
Batte (f. oben ©. 406), erreichte den Ulu fu bei Tſcherke ſch, aim
ihm wit Namen zu uennen, und eilte an bem Gteincaftell dieſes Ortet
und dem Hammanly Boghaz durch bie große frudztbare Ebene wer
über, um zeitig die Stadt Boly zu erreichen. Durch Berg umb
Thal auf der großen Hauptſtraße ziehend, entging er glüdlich ven
'27) Otter, Yoy. en Turguie L c, Vol. U. 2 35156.
Filijas Tſchai; Billing, Boly fu. 207
Füntenfhüffen von Raubgeſindel und erreichte nah 6 Stunden
Beges das Dorf Bajaub hr (Baindgr), das ſchon zu Boly gehört,
ier fand er viele rebelliſche Janitſcharen, die zur Ahfegung Gultan
ahmuds, der linderlos fei, mie fie ausjagten, uud ein zu ſchlaffes
Regiment führe, ſich verſchworen. Den zweiten Tag exreichte
a bie Station Gerebeh,.zu ber 78 Dorfihaften gehörten, welcht
der Zurisdietion von- Boly untergeben waren. Sirene lien
2 Tagemaͤrſche in Oft von Boly zwiſchen dieſer Stadt und Wirgar
ſqehr (. h. zerſtörte Stadt) in einer bene, die ſich gegen, Sud
dB Berges Eren (bie Bolotowſche Rurte ſchreibt Eurene, de Dren)
erweitert. Geredeh hat 4 Quartiere, 2 Moſcheen, ein Bad; ver
Fluß, am dem ber Ort fiegt (ver Ulu fu), kommt yon Süp vom
Ala Dagh umd ſcheidet die Diftricte von Angora, von Kanguixi
ſqangri) und Kaſtamuni von einander. In ber Nähe von Ge
redeh liegen zwei Heine Seen; der in Of heist Tuzlu Gjöl, di.
der Salgfee, und der in W, heißt Kara Gijöl, d.i. Schwarzr
fee. Maroquin, ber in Geredeh fabricirt wird, ift berühmt wegen
feiner Güte. x
Um 3, Tagemerfhe von 12 Stunden bis Boly ſah
Diter auf ben Bergen und in ver Ebene an bem großen Narar
wanenwege eine Menge von Steinblöden, wie Fragmente yon Säge
len, vie bald ſtanden, baly auf den Boden fagen, und mit grischir
ſchen Infcriptioneg und Kreuzeszeichen verjehen den Gedanken
erwedten, daß hier wol alte Grabftätten von Chriſten Lagen.
Dos Gebiet von Boly wird im Often vom Piftrict Kaftamyni
begrängt, in Nord vom Meere und in Weit von Kodſcha If, ia
Säb durch den Diftrict Chodavendſchar. Die Ebene Boly ift in
PR. und D, von Bergen eingefchloffen, die Stadt hat keine Um
mauerung, 4 Mofcheen, mehrere Karawanſerais, 3 Bäder und
warme Quellen. Ein Heiner Fluß (ver Bolyfluß) zieht gegen
Nord porüber; ex kommt aus ven ſüdlichen Bergen von Moudreni
Muburlg) und fließt zwiſchen Gjöl Bazar uud Hiffer Ongh zum
dontus. Bei Boly ift ein See und zwei Quellen, von denen bie
dine alles petxifi cirt, bie anbere die Steine auflöft, daher man
dieſe nur im Hol; faſſen lann. 32 Dörfer gehören zur Stadt; ip
mehreren derſelben wählt bie Fiſti Funduk, d. i. Piſtaziennnß.
Die Gebirge find hier Hoch, und der Ala Dagh (di. bunte Berg)
gehört zu den höchſten. Große Wälber von Pinns, Wach holder,
Eigen und Platanen haben fir bewachſen, auch fehr yiel Opft-
wäber, zumal Hafelnuß- und Kaftanienbäume. Piefen Diſtriet
v2
208 Slein-Afen. 5. 16.
bewäffern viele Flüfſe, davon vie bebeutendften ver Milan, Wi⸗
tanfhehr, Geredeh, Filijas, Derbend und Mupreni.
Am folgenden Tage ftieg Otter über fteile Berge gegen Weſten
durch große Wälder und über mehrere wilde Flüſſe, die von einem
Gewitterſchauer ungemein angeſchwollen und ſchwer zu paffiren na
en, ba fie feine Brüden hatten. Nach 12 Stunden Weges gegen
BD. wurde der Ort Düzpfcheh (Duztche bei Otter), Duſae te
Alten, erreicht; das weftlichfte Dorf im Diftrict Boly, ſchon außer⸗
halb des Boly-Stromgebietes, liegt an einem Bergſtrom, von bem
man in 12 Stunden Chandaf erreicht, das wir ſchon anf de
Route zum Safaria kennen gelernt haben.
2: 9. Morier's Durchflug auf demfelben Bege im
$. 180828),
Aus den nievern pontifcen Flächen des untern Halyslanfes
und feinem wälverreichen Reviere hatte J. Mor ier, der damalig
britiſche Geſchaͤftsträger am perſiſchen Hofe des Schach, auf ſeiner
Heimreife über Tufija, derſelben gangbarſten Haupt ſtra ße, ben "
obern Lauf des Ulu fu und bie Gegend von Geredeh erreicht,
deſſen hohe Lage umb geringer bewaldete Umgebung ihm gegen früher
durchzogene Landſchaften auffiel; dagegen fanb er bier ven Kara
Gjöl in einer romantifchen Landſchaft, ven gelichteten, fruchtbaren
Boden durch Eultur in eine zufammenhängende Gartenlanpfchaft
verwandelt, und überall Kornfelder mit Weinbergen und Obfl-
gärten wechſelnd, mit ven fchönften Wallnugbäumen bejegt
und nur bie und da mit einzelnen Eichen bewachſen. Auf bem
Wege von da nach Boly traf er, wie Otter, die vielen Quadern,
Säulenfragmente, Pfeiler und Trümmerrefte mit griechiſchen Iw
feriptionen und Kreuzen?®) bezeichnet, die hier auf eine einft zahl
reiche chriftliche Bevölkerung hinwieſen. Erſt in Weſt von Boly
begannen wieder die bichteften und fchönften Hochwälder, die er auf
der Oftfeite des Halys zurüdgelaffen; aber ver Wuchs der Eichen,
Wallnuß⸗, Eſchen⸗, Ulmen-, Platanen«, Pappeln⸗, Bucen- und ver
Navelwälder nahmen an Pracht und Größe immer mehr zu, bis zu
den Wäldern am Salaria, je näher man dem Propontisgeftabe
rüdte, wo bas große Baummeer Aghatſch Denizi (ſ. ob. S. b409)
einen noch unverwüſteten Schag an Zimmerholz für ven türkifchen
Flottenbau in ſich bewahrt, wo aber aud Wölfe, Unſicherheit durch
*°9) I. Morier, Journ, 1.c. Lond, 4. p. 356-361. 9") Tabula p. 357
bei Morier.,
Filijas Tſchai; Billaus, Boly fi. 709
Raubhorden und wegen des feuchten Bodens und der Verſum⸗
pfungen vie ſchlechten, zu gewiſſen Jahreszeiten faſt undurchgeh -
baren Wege in gleichem Maße zunehmen.
3. Adrien Dupreö’s Houte von Tereflü über Mu»
durlg, Boly, Hammamly nad Karadſchylar zur Oftquelle
des Billäns (vom 14. bis 17. Sept. 1808)%),
Auf uns fon befannten Wegen vom Sangarius bis Te-
reflä (dem Kammaderort, ſ. oben S. 549) von Weſt gegen Oft
vorgejchritten, wandte fih Dupre, ber die nördliche Haupt«
firaße vom Sabandſcha über die Zuſtiniansbrücke und den Sans
garius nad Chandak vermeiden mußte, weil biefe durch ben
bortigen Dere Bey (b. i. Thalfürften, ein antifer Titel, ver aber
beim türkiſchen Gonvernement zum Schimpfnamen geworben ober
zur Bezeichnung eines Rebellen biente), ber im Kriege mit ber
Pforte ftand, unzugägglic; geworben war, über Tor bal h, dann aber
don ver Angoraſtraße abweichend gegen N.D. durch das Bolyfu-
Thal nad) Boly. Ex erreichte am 14. September, am Morgen
8 Uhr, Mudurly (Mobrenae), das er einen großen Flecken in einer
Thalſchlucht gelegen nennt, ohne bie’ hohen Berge zu überfteigen,
welche auf ber nörblichern Straße, die er vermieden hatte, ben aller-
dings birectern Weg beſchwerlicher machten, weshalb einft der Bezier
Kjdprüli über venfelben eine Pflafterftraße Hatte anbahnen laſſen,
von ber uns jedoch nichts mäheres bekannt geworben ift. Am rei⸗
Genben Flußlaufe ritt Dupre am 15. Sept. bis Boly, mo 5000
(50000 ?) Einwohner, von denen 3000 griechiſche und armenifche
Chriſten fein follten, die ſich vorzüglich mit Goldſchmiedearbei⸗
ten ‚befchäftigten. Im Süden ber Stabt befanben fih warme
Mineralquellen und Bäder, Jlidſcha genannt.
Nach einer Stunde Wege fam Dupre von da zu Ruinen
von Estihiffar (d. h. alte Stadt), wahrſcheinlich das alte
Bithynium, welches nach Strabo oberhalb Tium, alfo ſüdwärts
Tag, im einer Gegenb Salona genannt, bie durch ihre vortreffliche
Viehzucht und ven Käfe (Zurwvirng ruoöoc, b. Strabo XII. 665),
der ihren Namen führte, jelbft in Rom berühmt war (trans maria
Bithynus fere, scil. caseus, in gloria est. Plin. H. N. XI. 97).
Steph. Byz. nennt die Stabt Salonia in Bithhnien; Ptolemäus
V. 1. fol. 117 fagt, daß dieſes Bithynium (wahrſcheinlich feit
+) A. Dupre, Voyage en Perso 18081809. Paris 1819. T. I.
p- 10-21. . j
10 Kein-Aflen. ‘ $. 16.
Caud. Tiberind Zeiten) auch Claudiod olis Häßemm); vaher ük
MOL ber Henere betſtunmelte Name Boly geblichen. Do wide
Bithynium der Geburtsort des Antinoud, Keblings dei Kaife
Havrians wat, ſagt Baufartta® (Areadie. VIIL.9), und bemern
ver Ort fei Eine Colonie der Arcadtet von Mantinea geweſen, nt
Tiege oberhalb dem Satgarine. Alſo nicht dn’deflen Hfern, für
dein fiefet im Innen, tdie dies auch die Angabe bei Blinins
(V. 49: ceterum ihtts in Bifhyhia . . . Bithynion ete.) beſtaͤngl
Die Ruinen dieſes Eskihiſſar fand Dupts groß und umfenp
1&6, Boll Inferiptiönen, nnd gründet feine Anficht, daß Eier dk
alle Abrianbpolis zu ſuchen fei, auf eine bert von ihm gefzeuätne,
nach wweldet Habrian der Stadt die Libertas utiter einem Disappine
Ariftens geheben haben foll, der und aber unbelanut geblieben ML.
Doch hat auch Seftini amd dei Ruihen, die 1'/ Meilen sa
Bolht oftwärts Tiegen; und für die Lage von Habtionopolis @&
vieſer Stelle") zu ſprechen ſcheinen, Fragmente mitgetheili )
Am 15. Sept. Nah 2 Stunden Wegs ten Boly gap
DM, burch eine Ebene über Hügel und Thäler, traf Dupre ces
fans jene fen von Otter und Morier geſehenen Grabfleine nit
Erxenzen und griechiſchen Ifchtiften, auf denen ſich auch Nauten ber
Kaifer (ol byzantiniſche) befinden ſollen, deten nähere Augabe jeteh |
fehli. Bel einem Wachthauſe zur Seite des Weges bemerie «|
eine fhöne Fontaine mit Säulen, die er Kjor Oghlu Tfhef
meſfi (Brunnen des Sohnes des Blinden) nennen hörte. Er &
teichte Auf ſchönem Wege, an einzelneh Schäferhütten zut Gele
dörüber, ein paar Meine Seen (vie Kara Gjdh, nd in dm
Gegend, die Ih Auch, tie Mor er, durch ihre Nadtheit auffel,
erreichte er Geredeh (Oubrede bei Duprs) in einem Thale von
Ougen umgebea, meift von Türfeh und. einer Meinen Zahl von
Chriſten bewbhnt beten Hunpigefhäft Schmiedewerk und Ger-
derei war. AS Ed Batuta“) im Dahre 1827 durch Muurh
vos er Mothorni ſchreibt, nach Geredeh kam, farb er de
ſeleſt einen eigenen Sultan, Schahbec genannt, ber wwar mie de
geritge Matht beſaß, aber voch ſeinen eignen Prieſter bon der Gere
ver Hanbaliten hatte, und ben wanbernden Derwiſch bein Abſchiche
der) Mrpert, Wendt über dit Genfttnction ber Karit von Kieitafltu
a... D. ©. 93, Note. **) A. Böckh, Corpus Inseript. Graecar. |
fol. Vol. 11. 1843. P. XVI. ‚Inseriptiones Bithyniae. fol. 080. Nr. 8802,
8363 u. 1304. *) J. A, Ciemer, Asia Maar. I. p. 210.
**) Ihn Batoutah, Voy. I. c. II. p. 333.
Filijas Tſchai; Billäns, Boly fu. 711
mit ehren ſchhnen Reitpferd mit Sattel und Zeug und einem Ehren.
lleide beſchentte. Getebeh, fagt der Reiſende, war eine ſchöne
Stadt, und die naͤchſte gegen Oft, wabrtſcheinlich Baindyr, hatte
Medreſſen und gelehrte Schulen. Weitethin ſetzte auch Duprs
feinen Weg bis Baltıdyr (Baiendir bei Dupre) fort.
Den 16. Sept. nım eine Viertelſtunde von viefem Orte aber⸗
ſchritt er den Bfllichflen Arm ves Billäus, links blieb ber
Drt Hammamiy liegen, und jenfeit erftieg man vie Kallberge, auf
bene an der Orenze des Diftricts von Boly eine Grenzwacht
gegen die Turkomanen im Often zur Sicherheit ver Strafe poftirt
wat, Die Wege weiterhin führten durch das ſchöne Thal bie zum
Stabichen Tſcherkeſch mit 2 bis 3000 Einwohnern, daruntet einige
Armenter, die tue einen geringen Bazar hatten. Auf ihm ſah
man ſchneeweißen Honig und Steinfalz zum Berfanf, ans ben nahen
Steinſalzgruben von Tſchaugri (f. oben S. 853). Hier zeigte ſich
bie erſte angoriſche Ziegenheerde mit bem [chönen geftäufelten
Geivendaar. Ienfeit ver Ebenen, die Big Faranfchhlar um Ka-
rabſcha Biran (Karadjeuren Bei Dupts) fih ausdehnen, das am
Abend als Nachtherberge erreicht wurde, war die Waſſerſcheidehbhe
gegen bie Zufläffe zum Halhé erreicht, Duprs glaubte hier zur
Seite duleaniſche Bergformen wahrzunehmen, fpige Pils mit Laven,
den denen gelbliche Streifen wie don Schwefelfurchet herabzögen.
Das Dorf von Laven auf der Höhe über einer Schlucht erbaut,
verglich er ven don ihm gefehenen Dörfern am Aetna (ben weiten
Bertfgeitt |. oben ©. 406).
4. Maebonald Kinneirs Route von Tereftä über
Bold, Gerebeh nad Kaſtamboly (Raftamon), im Jahre
18149).
Vom Sangarins hatte Kinneir bie gewöhnliche Angora-
ſtraße über Geiweh und Tereklünbis Torbaly verfolgt mb
verlicß dieſelbe ebenfulls, wie Dupto vor ihm, fich über vie nörde
lichern Berge wendenb, die er ſtromreich nennt, wo er nach
9 Stunden Weges am 7. Mai die Station Muburly (Movtenä)
mit Helzhäufern, von 600 Familien bewohnt, erreichte. Der. Boben,
benerkte ex bier, zeige horlzontale Schichten von Porzellanjad-
Pisarten. Bon ba erreichte er am Boly fu abwärts in einer
{ehr fruchtbaren Gegend die Stadt Boly, melde er au für Ha- -
drianopolis hielt. Er giebt ife an 1000 Käufer, und alfo wol’
*") Macd. Kinneir, Journ, thr. Asa Mitor. Lönd. 2818. p. 268280.
712 Klein⸗Aſien. 616.
eben fo viel Familien als Einwohner, meint Dapre. Dienon Türke
ſehr ftarf befuchten Minerakquellen und warmen Baͤder liegen kin
volle 2 St. in S. O. ver Stadt bei dem Dorfe Bala jah (Aladſcha?),
aber noch viele andre Mineralbrunnen treten außer dieſa
noch in andern Gegenden ber Ebene, zumal gegen bie Bergfetr
hin, hervor, die, wie e8 hieraus und aus ihren Porzellanjaspisihik
ten erſcheint, einer plutoniſchen Bildung angehören mag.
Bon Boly brauchte Kinneir 12 Stunven Zeit, um gem
SD. die Station Geredeh zu erreichen. Beinahe 4 Stunden gig
es in der Ebene von Boly fort, die im Norden jedoch von den
- hohen Boly Dagh und Eren Dagh begrenzt war, deren Rüden in
Mai no nicht von Schnee befreit war; die Ebene war mit den
reihen Srühlingsgrün überzogen und Tomte wol einft eine Goloit
arcadiſcher Hirten, die hier gute Viehweide vorfanden, zur Anfit-
lung eingelaben haben. Nach 6 Stunden wurbe ein engered Dal
mit einer hohen Gebirgäfette zur rechten Seite, alfo gegen Sit,
erreicht, in welchem im gut angebauten Umgebungen ein Ser in
Giol von. etwa 1%, Stunden Fänge liegt, den Kinneir Moga
nennen hörte. Auf dem ganzen Wege von Boly bis zu dem md
oſtlicher Tiegenden Orte Geredeh (Kereve bei Hadſchi Chalfe!®),
Geirda bei Kinneir) ſah aud Kinneir eine Menge Gräber mit
Stelen, deren viele Infcriptionen zeigten. Fünf von viefen, met
Grabinſchriften, die Seftimi mitgeteilt Hat?) und bie bei dem Kara
©jöl ober in ber Nähe von Geredeh gefunden worben, zeigen, deh
biefe Geredeh oder Keredi vie alte Eratia war, welche mi
Flaviopolis hieß umd von Ptolemäus angeführt, im Hier
Synecdemus fol. 695 als Episcopalfig genannt wird, won bem man
fonft nichts näheres weiß*), als daß er mit den benachbarten Städten
Elaubiopofis und Iuliopolis in Bithymien in einem ziemlich Ill
Clima Ing.
Bon Geredeh, das nur aus Holzhäufern aufgebaut war, &
reichte Kinneir in 8 Wegftunden Hammamly; ber Baindjr
Dagb, zur Kette bes galatifhen Olymps gehörig, welcher Bitir
nien von Galatien ſcheidet, blieb zur rechten Hand Liegen. Auf ben
Wege nach Hammamly wurde fon eine Stunde zuvor ber.Bain-
dyr fu, der Zufluß zum öſtlichen Arm des Billäus, erreicht, ber
'**) Gihan Numa ed. N. Norberg. II. p. 463. *)) A. Böckb, Corpus
Inseript. Graccar. Vol, II. L. c. Nr. 3805, 3806, 3807, 3808 u. 3800.
*) 3. A, Cramer, Asia Minor. IL. p- 210.
Files Tſchai; Billäus, Boly fu. 718
bier ſehr fiſchreich war, eine Breite von 30 Schritten hatte und
feine Richtung gegen N.D. nahm. Kinneir hielt ihn deshalb noch
irrig für den Fluß von Bartan (Parthenius), der fi ale ein
öftlicher paralleler Küftenfluß gegen N. W. vorüberzieht. Auf viefem
Wege, der als große Haupfftraße von Armenien nad Conftanti«
nopel am meiften begangen wird, begegneten dem britifchen Reiſenden
fehr viel armenifche Bauern, die anf Sommerarbeit nad) Cons
Rantinopel gingen; eine ver vielen, alljährlich nad allen Weltgegen-
den aus bem hohen Armenien auf fernen Erwerb ausziehenden
Schaaren von Arbeitern, die in dem heimathlichen Hochlande, wie ber
Savoyarde in den Alpen, ober der Fuldaer im Heffenlande, zu wenig
Eriftenzmittel finden, um das Winterhalbejahr bort ohne von außer
halb gewonnenen Lohn ſich in ihrer Armuth erhalten zu können
(j. oben im obern Halysthale in der Akſchehr Owaſſh, wo von ähn⸗
lichen Auswanberungen der Armenier die Rebe war, ©. 211).
Bon Hammamly, ein fo ärmlicher Ort, daß man damals
nicht einmal Brod erhalten konnte, verließ Kinneir bie große öfl-
liche Hauptſtraße, die über Tuflja nad Osmandſchyk und Amafia
führt (f. oben ©. 432), um ben meniger befuchten Weg nördlich
nah Kaſtamuni einzufclagen. Fünf Stunden ging es über ein
öbes Land, dann überftieg man fteilere Gebirge durch dichte Wälder
von Eihen-, Buchen⸗, Ulmen: und Obftbäumen, wie Wall-
nuß⸗, Kirſchen-⸗, Pflaumen, Hepfel- und Birnbäumen, bie
hier ganz gewöhnlich die Waldungen bilden, melde nad) ven Berggipfein
zu durch Nadelhölzer erfegt werben. Der Boden war felfig, aus
Schiefer und Sandftein beftchend. Der Baindyr fu (ber ſchon
vereinte Hammamly fu) flieht erft öftlih, dann nördlich,
Dann weſtlich bei Failos (b. i. Filijas, bie Beſchreibung ift
ſehr unbeſtimmt gelaffen) in das Meer. Da wo Kinneir ihn auf
einer Steinbrüde überfegte, bei Hadſchi Abbas, das aber nicht
genannt ift, fagt er, es fei einer der vorzüglicften Ströme von
Kleinaſien. An dem Orte des Ueberganges (wahrſcheinlich wo
nad v. Tſchichatſcheff jet nur eine Holgbrüde binüberführt und
wo bei dem Zufluß des Wiranfchehr das romantijche Felsvefild an⸗
gegeben wurde) ſah Kinneir bie Ruinen einer alten Brücke und
fand, daß von nun an bie Landſchaft wilder werbe. Nach einem -
äurüdgelegten Wege von 14 Wegftunden wurbe das romantiſch lie»
gende Dorf Hadſchi Abbas in einer fehr veröbeten und fparfam
bewohnten Landſchaft erreicht. Auf dem Wege dahin erhoben ſich
an ber reisten Seite des Stroms, ven er hier, ungeachtet ex ihn bei
714 Kien-Aufen. 8.16.
Filijas münden läßt, doch noch einmal mit dem Strom von Bar-
tan (Barthenius) verweihfelte, bemerkte er fehr ſteile und gewaltige
Seldmaffen, in denen er viele Höhlen fant, doch ohne Einwohnern
zu begegnen. In einer derfelben in einen Felſen, der wie herabgeftärg
ausfah, fand fi eine kreisrund ansgehauene Grotte mit rei vier-
eigen Thüreingängen, die Kinneir mit ben Meinen der indiſchen
Grotten zwifhen Bombay und Puna, nämlich zu Catlh, ver-
gleiht; eine zweite, bie an einer ganz ſenkrechten Felswand bei
elliptiſche Thilreingänge zeigte, mar fo unzugänglid, daß man flh
ae an Selten zu ihr hinaufziehen laſſen kounte, um fle zu betreten:
fle follte von den Geiſtern (Dſch inn en) gebaut fein.
Am nächften Tage, den 13. Mai, erreichte Kinneir von
Hapvſchi Abbas nah 2", Stunden ven Afıhar fu, ber vom
Dorfe Tſcharaglar von DO. nad W. vorliberflieht, das ven
Obftgärten und Aderfelvern umgeben if. Bon da verfolgte er ven
ganzen übrigen Thell des Tages denſelben Strom, der nicht ſche
tlef, aber Bis zu % engl. Melle breit war, an Sarpandfda
vorüber zur Poftftation Aſchar (Aradſch der Karte). Bon be
verließ er am 14. Mai ven Strom und kam vurch elne Lartofchaft,
bie er ber Natur Schwedens vergleicht, über rothen Boden mt
fumpfige Eroftellen, aur hie ımd da bewohut md angebaut, ma
Tſchergona und dann nah Tſcharmani, von wo er fiber m
rere Bäche, nach zurlickgelegten 10 Stunden Weges, die Statt
Kaftamuni (Eaftamon, |. oben S. 420) erreichte,
5. Ker Portere Route von O. nah ®. auf ver
großen Landſtraße von Katadſchylar durch dae obere
Stromgeblet des Filijasſhſtems über Boly nach Ehmm-
baf zum Sangarius und Iskimiv (Nicomedia), vom
3. bis 26. Nov. 18191),
Obgleich die Wegbeſchreibung bei Kinmeir noch ziemlich, unflnr
gebtieben, geht doch aus ihr mit Beſtimmttheit durch ver Don Ah
von Baindyr nad) Kaftantımt abzweigenden und fo felten begeugene⸗
NO. Weg die Verzweigung des Fiinaeſhſtemo mit dem Kradi fr
und beffen Verfcievenheit vom Barthenins (Fiuß von arten)
hervor, ber früher immer mit jenen kventificirt wurbe. Wolkftäubtge
Ermitielung erhielt viefe Thatſache erft fpäter vurch Ainsworth
Ker Borter, der künſtleriſch amsgebilvete Heifende, verfolgte, mit
Ye und ba gegen früher erweiterten Bemerkungen, bie große ge-
) Ler Porter, Trav. Lond. 4. 1822. U. p. 121-731.
Filijas Tſchal; Billdus, Boly fu. 716
wohnliche Lanvftraße, im bie er am 22. Novbr. bei Kara⸗
dfchvlar (Carajnlar bei Ker Porter) eintrat. Am 23. Nodbr.
feritt er weiter durch welliges Bigellatt und ſchone, aber daum-
loſe Biehweiben, über die Dörfer Satſcha (Sachah) und Tier»
reſch (Ehirfif bei Ker Porter), wo er eine ſchöne Steindrüde
nennt, bie ihn über den Strom führte. Er beſtätigt hier ven Handel
mit Steinfalz, das aus fünligen Bergen (offenbar von dem
denachbarten Klankarl oder Tſchenghri) hierher Tomme, ımd mit
trefflichem Honig, den die Aelpler ans ven Bergen bringen. Dur
Waldung und am ſteil hinabrauſchenden Gebirgafttom Dammamly,
der aus dem Ala-Dagh lomme, viele Waſſer ſammle und dann
norbwarts als Bartin ſa (irrig, wie Kinneir vor Ihm) abfließe,
erroichte er in 10 Stunden den Ort Hammamly, den er ganz in
Zerfdrung antrat.
Din 24. Nov. erreichte et gegen ©. 60° W. über bergiges,
Wood Land an Baindyr (er ſchreibt Pyandor) vorübetzichend, in
7 Stunden das Poſthans von Geredeh (Garivi). Die zugehörige
Stadt, die er, mit D’nville, Cratia Flavianopolis nennt, fand
er voll Induſtrie, mo er das Kupfergeſchirt, das da gefertigt
"wurde, und die Getbereien zühmt, bie ein dunkelr othes Leder
Wei den ruffiſchen Suchten liefern, das vorzüglich zu tartatiſchen
Sitten ſich eigne wie zur Bußbeheivung.
Welterhin durch eine angenehme Laudſchaft, einft von arkı»
diſchen Goloniften bewohnt, wo die fhöuften Viehwelden, vie auch
Jagt noch die fhlnen angorifhen Ziegen nähren (es fins wol
Die eutferuteſten, vie in N. W. von Ungora gefehen worden find,
fi tm S. 507), ging e8 an mehreren häbfchen Dörfern and am
Tſchaga Gib! (Ehauggh Biexln bei Ker Porter) vorliber. vurch
ein engeres Thal, me einige Heime Säulen am Wege lagen, bie
wehrſcheinlich Giwabfätten bezeichneten. As einer ſchon gelegenen
romantiſchen Quelle (wol vie von Duprs Kjor Oghlu Tſcheſch⸗
meſſi genauate) ging es vorüber, von deren Säulen und Pilaſtern
eine griechiſche Inſchrift copirt wurbe. Sie ſollte don einem bes
nachbartta Dorfe (Ker Porter nennt es Dainggainy? offenbar
ein ſehr verſtummelter Name; ein Daghſiſchma liegt hier im SD.
auf der Bolotowſchen Karte) erſt hierher geführt fein, von vielem
wsern duiaen. Nach einer Stunde Ritt am 5 Stelen biefer Art
(Säulen mit Juſchriften) vorüber, erreichte Ker Porter das Thal
von Bold, in dem cin Waldbrand mit Feuer auf allen Berghäßen
uinen erhabenen, aber ſchaurtlichen Einvrad made. . Bur Gele foh
716 Klein⸗Aſien. 5. 16.
ex mehrere Spuren einer alten Römerftraße von ſehr trefflich
gelegtem Steinpflafter, die immer auf den Höhen hinfief umb fdyen
don Amafia aus ihm am mehreren Stellen biefer Straße nah
Boly, die er auch für Habrianopolis auſprach, zufammenzuhängen
ſchien. Den Namen Boly tfhai und Boly meinte er eher vom
Billäns ald von einer antiken möAıs ableiten zu bürfen (?). Boa
Geredeh bis Boly hatte er 12 Wegftunben zurüdzulegen gehabt
Die Gegend verbient offenbar fir künftige Reifende noch einer ge
nauern Unterfuchung; denn alle bisherigen Wanberungen waren mr
eilige Durdflüge, Und auch Ker Porter, ver Kunſtfreund, fast
bei biefer Stabt, daß das Mißtrauen ihrer türfifhen Bewohner ik
leine Unterfuchung ver vielen Reſte ſchön bearbeiteter Marmore ge
ſtattete, die meift zu muhammebanifcen Grabftätten benutzt waren
Auch er giebt der Stabt 5000 Einwohner, und. nemmt bie ſüdlicher
gelegenen Mineralbäder, ohne Genaueres darüber mitzutheilen.
Am 25. Nov. verließ Ker Porter die Stadt in ber irrige
Meinung, daß fie am Parthenius- Fluffe liege; ihr Thal nennt er
prachtvoll und reich, eines ber ſchönſten, feitvem er das Thermodo ⸗
Thal verlafen hatte; die Cultur flieg überall die Gehänge ver
Berge hinan, deren Gipfel mit Wäldern gekrönt ihn an die Schie-
beiten feiner Heimath in Devon- und Somerfet-Shire
innerten. Er folgte nicht dem Flußthale gegen Süd, ſondern flieg
gegen Weſt an einem Duellftcom zu ven Walbrevieren hinan, uud
fand hier .umter allen bisher gejehenen ben herrlichſten giganti«
fen Hochwald aller Ärten von Bäumen, mit den mächtigfen
Stämmen über das weite Bergland ausgebreitet, das einft ben
. Blotten des Mithrivates das Zimmerholz fpenden mochte, wie eb.
heut zu Tage auch die Schiffswerfte des Großfultans mit Maften,
Kielen und mächtigen Bohlen verficht. Das Unterholz, aus Lor-
beer, Myrte und Burbaum und vielem andern Buſchwerl
beſtehend, erinnerte ihn mit feinen aromatifgen Düften an Taflo'e
liebliche Haine. Alles war nod im Herbfte voll bes herrlichſten
Grüns. Nah 3 Stunden Weges durch diefe fehr verwachſenen
Wälver, in denen jedoch noch oft bie Reſte eines Pflafterweges
den richtigen Pfad verfolgen ließen, betrat er in der 6.
ein elendes Dorf Düzpfcheh (Doog- cher ſchreibt Ker Porter,
das alte Dufae), das einft befiere Tage geſehen. Denm es war
vol Marmorfragmente mit Quadern, Säulen und Sculpturen, vie
jegt zu Brunnentrögen und Orabfteinen dienen mußten. Es ift dies
bie Station der alten Straße, welche in ber. Tabula Peutingeriana
Filijas Tſchal; Billans, Boly fu, 717
VII. C. u. IX. A. Duse pros Olympum geſchrieben wird, woraus
duch Nichtberückſichtigung ber zweiten, in der Ausgabe der Tabula
getvennten Hälfte, die irrthümliche Namenangabe Dusepro ober
Duseprum bei Mannert, Rennell, Leale und Ains-
worth!) hervorging, ein Irrthum, den EramerSt) und Kie-
pert®?) berichtigt haben. Zwei Meine Stunven in Weft von da
nennt er ein und umbelanntes Flüßchen Mandaris, und bann
wieber Waldung umb Ungemitter, das ihn in ber Dunkelheit überfiel,
da er nach 11 Stunden Weges von Boly die Station Chandal
erreichte, ein großes blühendes Dorf.
Am folgenden Tage, den 26. Nov., langte er von ba durch
große Wälder am Salaria an ver Holzbrüde nad) 4 Meilen
Weges an. Hier verlafien wir ihn, dem W. Ouſeley bald
darauf, leider ohne neuere Beobachtung, in einem bloßen Durch-⸗
fluge im Jahre 1823 auf verfelben Lanpftraßes®) gefolgt ift, und
begleiten nun das fernere Stromgebiet des Filijas, ben beiven
jüngeren Reifenven folgend, bie mehr das Untere Stromgebiet
des Filijas durchzogen haben.
6. Ainsworths Durdflug auf Ker Porters Wege
von D. nah W. im Juli (1839).
Auch W. Ainsmorth) kehrte auf vemfelben Wege, mie Ker
Borter, im Sommer 1839, aber „nm flüchtig in die Heimath
zurück. In der Nähe des Iſchik Dagh, mo er ben vorherigen Winter
in ben Bergntinen norbwärt® Angora zugebracht hatte, kam er zum
obern Laufe des Ulu fu nah Tſcherkeſch, was ſchon Leake für
Antinoupolis erfannt hatte, jegt nur ein Meines Stäbtchen von einer
einzigen Straße, durch welche der große Weg weſtwärts nach Bain«
dyr geht. Ein paar Nefte römifcher Wachthäufer follten dem Orte
in älterer Zeit Sicherheit geben, wo auch heute eine mufelmännifche
Garde den Weg ſchützen ſollte. Man fleigt von da den Rüden
einer Berghöhe hinauf, von der man am Fuße den Hammamly-Fluß
ſich vorüberwinben fieht, in ver Ferne aber über fruchtbare Felder
hinaus die fernen Berge von Boly erblidt. Beim Hinabftieg zum
Ufer des Hammamly, mo eine Brücke über ven Strom führt,
*“) W. Ainsworth, Trav. and Res. 1842. T. 1. p. 30; derſ. in London
‚Geogr. Journ. 1839. Vol. IX. p.220. °') J. A. Cramer, Asia Minor.
Vol. 1. p.211. ®?) Kiepert, Memolr über bie Eonfiruction ber
Karte von Rleinaflen a. a. D. S. 93, Note. ®) W. Ouseley,
‚ Tray. Vol. II. p. 498—508. **) W. Ainsworth, Trav. and Res.
Vol. IL. p. 38—40. -
18 Nlein⸗Aſtau. 5. 16.
lieat eine Voſtſtation mit 100 Hãuſern und den Ruinm eines Fau
das einſt von einem Chef, dem Hadſchi Ahmed Oghlu, eium
Porteigänger Tſchapwan Oghlu's, beſetzi war, der hier feine Unab⸗
bängigfeit behaupten wollte, ‚Die er doch nach vielem Yrtvergieen
im Orte aufgeben mußte, Weiter im Weſten murbe auch ber Hein
Dt Baindyr erreicht, von wo man zu einer höheren Stufe, am
Giol Baſchi vorüber, nad) Geredeh (Lereie, Cratia Flaviopohs)
gelöngte. Obwol der Drt von allen Reiſenden als fehr belebi mt
gewerbreih geſchildert wird, fo möchte bei Yinsworths nur flüd
tigen Paſſage die Angabe von 15,000 Einwohnern und 3000 Chriſta
bafeibft doch fehr übertrieben erfgeinen.1ss)
Der 23. Juli führte an einem Heinen Säilffee binab in au
Ebene voll Reiscultur, wo viele Dörfer am einem anderu größe
See (wol der Tſchaga Gjöl) lagen, ienfeit welhem wieder cu
Aufſtieg durch felfige Waldberge zu einem Wachthauſe führte, das
aus Marmorbloden erbaut war, an benen ſich griechiſche Iuſcriptie ·
wen fanden, und babei ein Caffee. Im fruchtboren Thale ware
dann die ſchon früher befannte Boly erreicht; fie follte 10,090
Seelen, davon 3000 Ehriften zu Einwohnern und viel Handel mit
Baumwolle und ever haben, und hatte damals, nad; der unglüd.
lien Schlacht von Nifib, eine Quarautsine unter einem europäifchen
Arzte, bie dem eurspäifchen Reiſenden aber feinen weitern Aufem
Halt verurſachte, fonbern nur bie gebrüdten Armenier traf, bie fih
ihre unterwerfen mußten, um dann mit Geſundheitspaͤſſen die Yrüge
über ben Sangarius nad Gonftantinopel paſſiren zu Fonnen,
wohin au Yinsworth diesmal im Fluge eilte,
Erläuterung 3.
Die Ouerreife durch das untere Stromgebiet und Münbunge
land der Kuſtenflüſſe Lyeus, Billäus, Parthenine.
Bon Erefli (Heraclen) am Kilidſch fu (Lycus) zum Filtjee
(Billäus) nach Pendſchſchembeh und Tieum, Von da zum
Bartanflug (Parthenius) nach Bartan, und im Orbeiri-Thofe
(Parthenius) aufwärts gegen SD. bis Zafaramboly am
obern Soghanly fu (Billäus).
Zu beiden Seiten des unteren Baufes des Filija e (ilkins)
gießen fi in ver Nähe feiner Mandung bei vem alten Fisum
*#*) W, Ainsworth, Trav. and Ren. II. p. 39.
Unterer Boly fu; Ayrus mad Parthenius. 719
zwei nicht unberühmte Küftenflüffe ver alten Zeiten: ver Lycus
in Beten, bei ber alten Heraclea Pontica, dem heutigen Erefli;
und in Oſten ver Parthenins-Fluß bei Bartan, bie öfter
wit dem Laufe des heutigen Filijus verwechſelt worden. Da fie
vorzüglich durch W. Yinsworths Duerreife in ber Nähe bes
Pontusgeſtades, zu welchem wir doch unmittelbar nachher forte
zuſchreiten haben, in ihrem wahren hydrographiſchen gegenfeitigen
Berhältnifie hervorgetreten fine, fo wird e8 am Iehrreichften fein,
diefe im Zuſammenhange, wie fie ſich von felbft aus Ainsworths
Routier ermitteln, hier zu verfolgen; venn beide Küſtenflüſſe neh⸗
men nur ein geringes Kerritorium am der Nordſeite des Billäns-
fpftems ein.
1. Ainsworths Route von Erefli am Lycus auf-
wärts) zum Filijas-Strome bei Benpfhfhembeh (im
9. 1888).
Die heutige Erefli ift die berühmte Heraclea Pontica ver
Alten, zu der wir fpäter ala Hafenftabt zurücklehren werben, Ihre
Hafenfeite gegen Süden if die Mündung bes Küftenflufes Ki-
Lipfc fun, der. Bycns oder Wolfsfluß, von dem man
glaubt, daß er, wie viele andre gleichnamige Lycus ber Alten, von
der Heftigleit und Wuth feines oft fehr plöglichen Anſchwellens
ven Namen erhalten habe (Ovidius Epist. ex Ponto IV. X. v.47:
„Huc Lycus, huc Sagaris” hat in feinen Klaͤgegeſaͤngen über vie
Wildheit des Pontus auch den andern reißenden Nebenftrom
v. 59: „Partheniusque rapax” ihm zur Seite geftellt.) Kilidſch fu
geigt "der Schwertfluß« und ſcheint verfelben reißenden Gewalt
feines Stromlaufes feinen heutigen türkiſchen Namen zu verbanfen,
Am 8. Dltober”) verließ Ainsworth die Stadt Erefli,
um im Lyeusthale aufwärts zum Filijasthale bei Pendſchſchem⸗
beh (vulgär Perſchembeh) vorzubringen. Auch hier war es ver Reſt
einer antiken Pflafterfirafe, welche mit Sanpfteinplatten ge
vet, von 2 bis 8 Fuß Länge und 1 bis 2 Fuß Breite, fih am
untern Flußlaufe eine Strede lang im Thale erhalten Hatte, zum
Borwurfe der Türken, die fih nie um die Wegbahnung für ven
Wanderer ober Weiter, felbft nicht ihrer eigenen Truppenmarſche
**) W. Ainsworth, Trav. and Res. Lond. 1842. 8. Vol.l. p.42 -46;
vergl. damit’ Eng. Bore, Nem. et Corresp. I.c. I. p. 214246,
Müchtige Usırife ohne Inhalt. *) W. Ainewortb, Notes on a
Journey ete. in Journ. of the London Geoge. Soc. 1839. Vol, IX.
p- 226-229.
720 Rein -Afen. $.16.
befümmern. Nach ven erften zwei Stunben Weges zeigte fih zur
Seite der Straße ein Denkmal von großen behauenen Oua-
derfteinen, die über einander geftellt nad; inmen Hohl geblichen.
Es war ungemein maffiv!S), höchſt einfach wie ein Druidendentmal
und wol fehr alt (ob noch von Galatien herrührend? f. oben
©. 464). " Wahrfgeinlid) ein Grabmal auf einer Anhöhe errichtet
und von einem Pinushaine in ver Nachbarſchaft eines Dorfes um
geben. Die Trabition nannte es Koſchak Taſch, d. i. Helden
ftein. Eine Stunbe weiter oberhalb im Lycusthale Fam uam zum
Bafle Berefetler, d. i. ver Segnungen, obwol der Fluß hia
durch eine fehr fteile Sanbfteinlippe in Wafferflürzen fich Baba
brechen muß; zahllofe Meine Waſſerbäche fliegen hier aus den höhe
ven Waldbergen zu den Durchbrüchen des Hauptftroms herab. Im
feit dieſes Paſſes erhebt ſich eine 90 Fuß hohe, ifolirte, ganz jenk
rechte Felsmaſſe mitten im Strom, veren Spite fehr pittoresf mit
Bald bewachſen ift. Nah 5 Stunden Weges von Erelli, immer
unter Regengüffen, erreichte man das Dorf Jaltſchylar. Unfen
davon follte eine Felfengrotte Bal Kajafy (v. h. Honigflippen)
voll Grabftätten liegen, die aber wegen der Regengüffe nicht befuct
werben Tonnte.
9. Oktober. Die Regengüffe waren fo heftig, daß fie den
Lyecus um4 Fuß höher anſchwellten, und fein Wafler wie em Ne
ner See ſich über die Ebene verbreitete, voll Treibholz und Bau
fämme aller Art mit ſich fortreißend, woburd auch ber oben ge
nannte Paß Verefetler, der am Tage vorher noch hatte pafſirt
werben tönnen, unzugänglic geworben war. Nach einigem ülb ·
warten ber beftigften Negengüffe mußte ein gebirgiger Seitenweg.
der durch fehr malerifches Gebirgsland führte, erftiegen werben, um
ven Fluß an einer andern Stelle wieder zu erreichen, wo eime
Holzbrüde an einer Jaila über ihn hinwegführte, und derſelbe
einen fo wafjerreihen Zufluß von der linken Seite her erhielt, und
beide Flüſſe dann vereint Trapp- und Sandſteinklippen durch⸗
ziehen. Die Jaila (Sommerfriſche, wie ſolche Sommerftatie
nen fo paflend in Tyrol heißen) gewährt, von einer Höhe von 840
Fuß über dem Thalboden, einen höchſt intereffanten Ueberblick über
das Thal des Fycns, der hier erft felfiges Land durchſtrömen
muß, um dann in das fruchtbare Thal einzutreten, in bem er von
D. nach W. weiter zieht, und hinter diefer Ebene, an feinem rechten
1) S. die Zeichnung bei Ainsworth a. a.D. I. S. 42.
Unterer Boly fu; Lycus und Parthenius. 721
Ufer, fich gegen die Norbfeite des Owa Dagh (ber Berg ver Ebene)
erhebt, ein Bergzug, der theils voll nadter Klippen, theils bewaldet
yu mäßiger Höhe aufſteigt. Gegen die Südſeite des Thales zeigten
Ad nur runde Berge, auf deren einer Kuppe eine Eifengrube
iegen follte. Auf dem Hocrüden weiter, über einige gerumbete
Berghöhen wieber zum Lycusthale hinabſteigend, traf man einen
einen Fleten mit vier Hütten, von denen eine ohne Bewohner war,
aher man fie zum Nachtquartier in Befig nehmen konnte und
Schutz gegen die Regengüſſe der Nacht darin fand.
Das bisher durchreiſete Land am Geftabe entlang) beſtand
we ans irvegulät zeiftreuten Gruppen von Bergen ohne einen ſy⸗
tematifchen Zufammenhang von Hauptletten, bald mit Klippen von
yartem Kalf- ober Sanbftein überragt, bie mehr ober weniger pit-
orest erſchienen; bald mehr gerunvete Höhen habend, vie nad)
verfdjievenen Seiten mit Culturland überzogen waren und in Dör⸗
ern bewohnt; bald in tiefere Schluchten zerriffen und von wilden Waf-
ern buchftrömt. Nur felten erhob ſich einmal ein mehr kegelartig
yeftalteter Spitzberg in ber normalen Geftaltung bes. im Sid als
vobe, zufammenhängenve, zadige Gebirgäfette fihtbaren Kara Dagh
Schwarzer Berg), welche alles norbwärts liegende Land mit ihren
Contouren weit überragte, voll ſchwarzer Pinuswälver und tiefer
Einfenitte der Felsſchluchten. Die Umgebungen ver Nachtherberge
varen angebaut, mit grünen Flachsſaaten bedeckt; Mais, Hirfe,
dohl, Gurken und anderes Gewächs fah man vor ber Erntezeit
ie und ba auf ben Eulturfelvern ftehen.
Am 10. Oftober ritt man weiter am Lyeusſtrom aufwärts
u ber Ruine einer Steinbrüde, die durch eine jüngere Holzbrücke
rſetzt war, an welder wieder ein ftarfer Zufluß von S. W. zum
ycus trat, ber faſt eben fo waſſerreich wie ex felbft war. Ueber
ieſen Zufammenfluß erhob fih ein Pik des Kara Dagh noch
00 Fuß höher, wo nad zwei Stunden ein zweiter Zufluß zum
dauptſtrom fiel, wobei ein Chan am Wege in einem Garten ohne
dern erbaut iſt. Bon hier mußte eine Stunve lang die Paßhöhe
es Kara Dagh over Schwarzberges, 1500 Fuß üb. d. M.,
iberfliegen werben, wo das Dorf Kara Bunar (Schwarzquell)
iegt, von welder das Kara Dere (Schwarzthal) auf der Oftjeite
iber ein bergiges Land wieder abwärts führt, zum Fuß ber Berg ⸗
ette in das Thal des Filijas. Der weite Blid von hier ſchweift
®®) Ainsworth, Notes 1. c. IX. p. 227.
wis Cataude xvmi. 33
722 ü Klein⸗ Aſien. $. 16.
aber aus dieſem Diſtrict Kidl Bazar gegen Oft auch Über der
fernere Thal des Bartanfluffes (Parthenius) hinüber, das m
der rechten Uferfeite von ben alpinen Ketten des Kaja bibi (dee
fenfuß) oder Itſchiller Dagh mit den Ruinen eines Bergcafteit
überragt wird. Der Abftieg durch das Kara Dere (Schwarzthef)
führte fühwärts zum Dorf Baſch Boghaz (Ober-Ba), melde
ven öftlihen Eingang am Fuße des Paſſes beherrſcht und am Fake
bes Ipfil Dagh (?) liegt, ein ſchwerlich richtig verftandener Name,
in dem wunterlid genug Yinsworth ben Namen Hyp ſipylat
zu erfennen meinte.
11. Oftober. Der Kara Dagh if die Wafferfheide
fette greifen tem Lyeus in Weſt und Filijas in Of. Da
Bergſtrem des Schwarzthales fließt an einer ımbemohnten Hätk
Dfchumaſi (d. h. Freitagsmarkt) vorüber nah Vendſchembeh
Nur eine ſanfte Höhe von da aufwärts ˖ wurde der gleichnamige EA
des Ajan im Diftricte Pendſchembeh erreicht.
2. Ainsworths Route von Berfhembeh am Filtjet-
ſtrom (Billäne) zu den Ruinen von FLieum(Filijae)®,
Perſchembeh, richtiger Pendſchſchembeh (ver von ven Br
fern entlehnte Name für den 5ten oder Donnerftag, zur Bezeichnung
von Orten, wo am dieſem Tage Markt gehalten wird), ter Sit det
jan, der Hauptort des Diftrich, zeichnet ſich fhon aus Ver Terz
durch feine weiße Dſchami over große Moſchee und darch das grefe |
Gebäute des Ortsvorſtehers aus, hat aber mir etwa 30 Wehe |
häufer. Nah Ainsworths aſtronomiſcher Beobachtung Tiegt er
amter 410 IYN.Br.; von ihm fleigt man no 2 Stunden abwärt
zum tiefern Thale, two ein Flüßchen Abdallah Paſcha Dereifi
it einer einfamen Mofchee zum Schwarzthal, Kara Dere, Köft,
die num, beide vereint, noch eine Stunde durch em offenes Thal mt
3 Dörfern, in tem man fi an ben Töftlicften Weintrauben ed
quiden Tonnte, zur Ebene bes Filijas führen. Diefer ſche
Strom, der Billäus der Alten, ift hier dırcch mehrere Inſeln zb
Riefelbänfe in fünf Arme getbeift, die hie ımd da mit Platanen,
Tamaristen, Ahornbäumen und ſchönen Oleandergruppen
bewachſen find. Das Flußbett iſt hierdurch fehe breit, Mberfinthet
oft, emgt fich aber auch wieber infammen, ift weiter abmärts br⸗ !
300 Fuß breit. Das ſchöne Thal if voll Dörfer, aud gemäer |
#0) W, Ainsworth, Trav, and Res. Vol. I. p. 46—54; beflen Notes Le.
Vol, IX, p. 220231.
Unterer Boly fa; Tieum. 128
weite ſiebliche Umblide; es zieht ſich nordwärts und Bat auch an
feiner Oftfeite bewaldete Berge, bebantere Landſchaft und Dörfer,
wo ein zweiter, Berfhembeh genannter Diftrict ſich ausbreitet,
in dem aber wor Turzem bie Weit wüthete. Der Weg wurde auf
wem Weltufer norbwärts verfolgt Bis Tſcharſchembeh, richtiger
Thſcqh eharſchembeh (d. i. Mittwohsmarkt, gleichfalls perfiige Be
zeichnung), der Hauptort des zweiten Kadylyl ober Gerichtsbeziris,
wo die Nachtherberge genommen wurde.
12. Oltober. Der Abmarſch mit friſchen Pferden von dieſem
Orte Führte durch eine bis dahin vbllig Terra incognita gebliebene
Baundſchaft, die zu deſto größerer Aufmerkſamleit anf. Alles auffer-
derte, weil alle früberen geographifchen Meifter, wie D'Anville,
Rennell, Leake und Andere, hier über ben Lauf ver Fluſſe und
die Lage fo mancher antifen Ortſchaften, wie Bith ynium, Mans
tinium, Tieum, im Lande ver Mariandynen und Cauconen
nd Anderes in Unſicherheit geblieben ober in Irrthmer gerathen
waren, und Rennell es noch zweifelhaft gelafien Hatte, ob über-
Haupt nod) Hefte der alten Stabt Tieum aufzufinden fein. Das
Thal abwärts am Strome ift hier auf beiden Seiten von 600 bis
TOO Fuß hohen Kallſteinbergen, vie meift ſehr gut bemalbet ſind,
begleitet; aus dem Laube dieſer fhönen Walvungen ver Höhen ra
gem viele Hänfer ber Bewohner” hervor. Auf ven Inſeln des
Stroms und an feinem Ufer war viel Hanf angebaut, ber bie Mi»
ſenale von Eonftentinepel mit Seilen verficht. Nach ven erften
Karten Stwaven werde ein 7 Schritt breiter und 1Y, Fuß
tiefer, Linker Zufluß, aus dem Degirmen Dereſſi (Mühlenthal)
Gsmmend, durchſchritten, an dem einige kleinere Dörfer und eim
größeres, Tfhamanly Midi, mit 40 Häufern am Bergabhange
Giegt. Bon da ab nähert fi der Fluß, ber eine große Biegung
macht, ber linken Seite bei dem Dörfhen Tſchai kjbi, das zum
Theil auf einer Ruinengruppe erbaut iſt. Dieſe zeigte mehrere
geoße behauene Quaderſteine, ud ſchien eher einem Wachthauſe,
feiner Stellung nad, angehört zu Haben, welches ben Thalweg ber
Geurfchen tom.
Der Ort jenfeit Akbunar (Weißeubrunn) liegt, nad einer
dert abgenommenen Sonnenhöhe, unter 41° 29° R.Br., umb eine
Stunde weiter das Dorf Gölmektſchiler kjdi (Töpferborf), mit
30 Häufern, auf ähnlicher Höhe über ven Reften eines gepfla⸗
ſterten Straßenweges, wo behauene Quaderſteine und Mar-
morſãulen eine alte Ortöftelle, welche bie Straße beherrſchte, bes
332
Te alein⸗ iften. si
zeichnen. Eine baſaltiſche Felsmauer, die mit prismatiſchen Siuin
anfägen quer durch ven Weg vom ben weſtlichen Bergen herakzicht,
bifvet Hier eine Art Defild bis zum Strome. An dieſer Stelle fh
die Ruine eines alten Thorwegs umb jenfeitige Ruinenhaufen, gas
mit Buſchwerk übermuchert, bezeichnen eine zweite Art von Br
ſchanzung, ober bie Reſte eines Wachthauſes. Eine prächtige Ble-
tane von 16 Fuß im Umfang noch bei 24 Fuß Höhe über ven
Boden, und Ausbreitung ihrer weiten Aefte von 120 Fuß Ant
nung, giebt mit ihrem herrlichen Laubdach ein Zeugnif ber Fruit
barleit des Bodens und des fhönen Climas. Nur eine halde Stu
weiter winbet fi der Strom am gerunbeten Fuße eimes Bey
zum Meere hin, umd auf dieſem Berge Liegen Baureſte ans da
verſchiedenſten Zeitepochen, ſicher die Lage des einftigen Cafteildner
Tieum!N), das Ewliya Efendi einen Ba der Genuefen nam.
Diefe Lage zeigt, daß hier einft einer der bequemften Eingänge ad
einer alten Römerftraße, von ver fo viele Spuren fid vor
den, wie Straßenpflafter, Wachthäuſer, Thorrefte, Dr
files und antike Ortfgaften, vie ſich and noch viel mir
landein bis Anchra verfolgen lafien, vom Pontus ans beganre
war, und aud; heute noch auf bem kürzeften Wege das cautk
Halbinfelland erreichen ließe, aber vom türkiſchen Regiment wi
unbeachtet geblieben iſt. Der Fluß war fo tief, daß mehrere Li:
ſchiffe in ihm ftanden, wie am Hafenplatze des modernen Dörkkeat
Saferdſchi Oghlan. Die Berghöhe des alten BergcafelH
wurde buch eine Thorruine und ein bahinterliegendes ſchönes Def
Beglerin kibi, und noch durch ein zweites Dorf, Hijfaraalt
(Dorf mit Eaftell) genannt, überftiegen, um bie Reſidenz bes Yon
> zu erreihen, wo man bie Nachtherberge nahm. Als Ewliye
Efendi im Jahre 1648 Hier vor Anker Ing, liefen ägyptild:
Schiffe”) Hier ein, um Fracht von da zum Nil einzuladen; wahr
ſcheinlich Zimmerholz.
13. Oktober. Der erſte Spaziergang wurde zur Befihtigumg
der alten Acropole ver Stadt Tieum verwendet. Durch die pitt⸗
resle Ruine eines Thoreinganges gelangte man auf einem alm
Straßenwege zu ben Mauern ber Stabtruine; ihm zu beit
Seiten erhob ſich eine Allee von Rorbeergehege (vom Lau |
#%) J. Russel, Memoir on the Defences of Asia Minor in United Serie
Journsl b. Ainsworth, Trar. and Res. l.c. L 1240. *ı) Beine
Efendi 1.c. Yol, Il. p. 86.
Unterer Boly fu; Tieum. 725°
nobilis), bie offenbar nur aus den Wurzeln an tiker Lorbeerſtämme
emporgeſchoſſen waren, da es ven Muhammeranern nicht einfällt,
dieſen Baum zu pflanzen umb zu hegen; es erinnerte dies an eine
ähnliche Lorbeerbaumallee aus alter Zeit, welche die alte Straße
von Antiohia in Syrien auch heute noch nad Daphne ſchmückt.
Hinter den Mauern am Eingange lagen viele Pfeiler und Frag-
mente zu Boden, auch fliegen mande der Ruinen noch fihtbarer
empor, iaren aber mit einem fo dichten Gehege von Gebüſch, Dorn
gefträud, und Ranfen überwuchert, daß fie völlig unzugänglid, blie⸗
ben, doch zeigte ein etwas freier gebliebenes Gemäuer, ganz mit
Epheu überfleivet, nody die Ruine eines einft Sehr ſchoͤnen Tempels
oder einer Bafilica. Viele fehr maffive Gruppen von Bauwerlen
Banden umher, audy ein Ballaftreft, mit zwei zu einem niebrigern
Theile der Stadt herabfteigenden Terraffen, große Bogen eines
Aquäductes; auf der größern Berghöhe feltfame Ruinen und viele
Selfengräber von eigenthümkicher Conftruction mit Sarfophagen;
auch ein Meines, aber vollkommen erhaltenes Amphitheater, jedoch
nirgends waren Iuferiptionen zu finden. Aus dem dichten Laube
walde ragten eine Menge Refte von zertrümmerten Wohnhäufern
hervor. Das Caftell, eine Maffe von Conftructionen aller Art,
von großem Umfange und aus verfdievenen Zeiten, vielfach, ohne
Schönheit und Styl reftaurirt, bot das menigfte Interefle zu einer
gemauern Unterfuhung dar. Dennoch war bie Lage tes alten
Zieum an der Mündung des Stromes Billäus aufgefunten, und
mit biefer Entdeckung befriebigte man ſich und fette nach einer leich-⸗
tern Aufnahme des Plans der Stadt, deren Umgebung von
großer Schönheit befunden wurde, deren Inneres noch dell unge»
lannter antiquarifcher Schäge verborgen blieb, aber ein wahres
Juwel am Pontus genannt werten dürfte, wenn ein ebleres Gou⸗
vernement bort die Herricaft führte, die weitere Wanderung gegen
den Dften zum Bartan fort.
Bu Strabo’8 Zeit war Tisum (Tieov, Strato XI. 543,
565) ein unbedeutender Ort, von dem er nichts beachtenswerthes zu
fagen mußte, als daß er der Geburtsort des Philetaerus, res
Stammvater8 des Geichlehtes ver attalifhen Könige, fei.
Scylar 34 nennt die Stadt Tieum eine griechiſche Statt. Arriani
Peripl. 14 aber eine jo niſche Griechenſtadt, die eine Colonie
der Milefier war. Philo Byblius fagt: die Etadt, die er
Tiog ſchreibt, habe ihren Namen von Tios®), einem Priefter aus
®2) Mullerus, Fragm, Historic. Graec. III. 574, 16; Steph, Byz. &. r.
220 Rein» Üfen, 8. 16.
Mitet; Steh. By. nennt einen Patarus al$ Gründer ver Staxt,
und bringt jenen Namen mit dem Cultus des Zeus in Berbintung
Polybins nennt die Stadt Trjiov oder Tior, und laͤßt fie im
Zractat, der im 3.575 a. U.R, mit BPharnaces abgefchlofien war, en
Eumenes zurüdfallen, ver fie aber bald baranf dem König von Bythe
nien, Prufias, abtrat. Die Tabul. Peut. IX. 6 giebt eine Lüften
firaße von Heraclen über Tium nah Sinope m. Marcies
Heracl. f. 70 u. 71 fagt, daß die Stadt Tios am Flug Billäns
Tiege, der die Grenze zwiſchen Bithynien und Paphlagonien bilvek,
doch werde aud von Einigen der Barthenins für dieſe Flußgrenx
angefehen. Wahricheinli find Tieums Arditecturem im’ de
fräteren Zeiten zur Verfhönerung von Amaftris verfchleppt wer
ven, als ber Ort in Vergefienheit verſank.
3. Ainsworths Küftenreife nah Bartan, an ber
Mündung des Bartanfluffes, des Parthenius ber
Alten“).
Bon Tienm. wurde noch am 13. Dftober ver Billäus ef
einer Fähre gegen Oſten überfchifft, und ver Landweg durch Die weile
Aluvialebene des Stroms gegen Oft fortgeſetzt, die aber weite
von ihm überfhwenmt, voll Lagunen und Moräfte ſtand ımd daher
siele Umwege nöthig machte Mau mußte in die Wälver eintris
gen, lange beſchwerliche Berglehnen über Trapp und Kalkfteingebirge
in den Diftrict Kol Bazar überfegen, mo nur wenig Dörfer Liegen,
und erreichte erft nach 4 Stunben Wege mit ber Dämmerung be
Station Kyzyl Elma (d. h. Rothapfel), die Reſidenz des Wien
in einem lieblichen Thale, das fi eine ſtatle Stunde nordwaͤrts
hinab zum Meere fenft, wo man die Nacht zubrachte. Der Ajen
war Gapitän eines Handelsſchiffes, das bie Geichäfte zwiſche⸗
Bartan und Conftantinopel betreibt; als intelligenter Mans
voll-Erfahrung konnte Ainsworth aus feinen Angaben bie Küften-
linie ber Karte zwiſchen der Mündung des Sangarius bis nad
Amaffera (Amaftris) Hin berichtigen .
14. Oftober. Auf dem Weitermarſche am folgenden Dorgen
über ven Hochrücken von NKreivebergen hin, erreichte man much 4
Stunden Wege die Stelle, von ver man einen ſchönen Bid anf
das Thal des alten Barthenius erhielt and in ber Ferne bie
Lage ber Stabt Bartan erblidte, bie vom ihm den Namen trägt.
ven) W. Ainsworth, Trev. and Res, Le. Vol.1. p. 52-54; beflben Notes
in Joum. 6. 8. bein 231-23 233.
Der Bartan-Fluf; Parthenius der Alten. 727
Der Blid war Hächft reizend. Auf biefen Höhen im Kreidelallſtein
zeigten ſich einige Abdrücke von Algen, aber keine Mufchelverfteine-
rungen. Durch moraftige Gegenven, an einer zeichen Duelle vor»
über, wurde bie Stabt erreicht, welche nur fehr felten einmal non
Europäern befucht worben iſt.
15. Oktober. Bartan, am Berein zweier Flüſſe, des
Kodſchanas ſu von ber linfen Seite her, ver von einem gleid«
namigen Dorfe an feiner Quelle genannt ift, und bes Drbeiri, des -
von der Oftfeite kommenden Hauptfluffes, erbaut, liegt, nad Yins-
worth Beobachtung einer Sonnenhöhe, unter 41° 36’ N. Br. (na
Oauttier 41" 33'523" N. Br. und 33° 1418” D,L. von Greenw.).
Der Orbeiri, ber aus größerer Ferne in S.O. aus bem
Diſtrict Zafaranboly vom Durna Sailafiy Dagh herablommt,
hat feinen Hauptlauf von S. O. nah N.W.; ver Kovpfhanas fu
von S. nach N.; am beider Verein erhält er ven Namen Tſchaly fu
und dies ift ver Parthenius der Alten, ver jungfräulihe
Fluß, der wegen der Schönheit ver Wiefenthäler, die er durchfließt,
diejen Namen, wie Strabo fagt (XI. 543), erhalten haben fol,
ten ſchen Homer (Ilias II. 854) mit dieſem Namen benannte,
deſſen liebliche Gaue aber von den trogigen Paphlagoniern umb
den Enetern bewohnt wurden, „wo wild aufwachſen bie
Mäulern (59er ipuudvamylvog dygorsgdos). Cteph. By. läßt
ven Parthenins durch das Gebiet von Amaſtris fließen, und
fagt: feinen jungfräuligen Namen habe er, weil Artemis an feinen’
Ufern ver Jagd obliege. Andere nennen ihn fo wegen feines lich-
bien, janften, jungfräulichen Laufes; noch andere, weil in ihm bie
alte Königstochter Parthenios ihren Tod gefunden, daher er nad)
ihr genannt fei; auch liege die Stadt Parthenia am Ponius.
Der Zufluß von ber linfen Seite des Kodſchanas fließt durch
einen tiefen Alluvialboden, in dem er leicht von 6 bis 8 Fuß Tiefe,
die er gegenwärtig hatte, bis zu 10 Fuß anſchwellen foll und in
einer Breite von 70 bis 80 Fuß eine gewaltige Waffermafje dem
Owtzri zumält. Bon 2 Gteipbrüden, die über ihn hinmweggeführt
nd, iſt nur noch eine übrig; die Trümmer ber zweiten mußten
duch} eine Holzbrüde erfegt werben. Der Ordeiri ift etwas breie
ter, an 90 Fuß, aber weder fo tief noch fo reißend wie jener. Ueber
ihn geht nur. eine Fähre; eing Ältere Steinbrüde Liegt in Trümmern.
Am tiefen Strom wurden mehrere Schiffe gebaut, auch eins von
100 Tonnen Laft; der Hafen liegt aber den Fluß entlang noch
1% Stunden abwärts; zu Lande birect ıpır 1%, Stunden fern,
728 MeinAen $. 16.
Die heutige Stadt Bartan. Saubert!%), ver 3 Tage zu Bar-
tan verweilte, iſt entzüct von ber unvergleichlichen Lieblichteit Dickes
Thalgebiets, das feinen Namen von feiner idylliſchen Schönheit uud
Einfamteit mit Recht verbiene. Das Elima fand er veigenb, ten
Boden fehr fruchtbar, den Strom Mar umd hellen Waſſerſpiegels
tief zur Einfahrt fir Segelſchiffe, und ven Hafen als fichere Station,
ber aber ſehr vernachläffigt und jegt ohne Bebeutung fei. eberall
zeigten ſich Refte edlen Altertfums, und die Natur bot nene Pflan-
zen und Thiere. Der Maler würde bier Stoff zu Claude Lor-
rains finden; eim tiefer Friede herrſchte im lieblichen Stromthak,
wo aud bie Ruine eines Kiosk eine romantiſche Scenerie biete un
der Schiffer in ven benachbarten Hütten ein Aſhl gegen die Stürm
finde, die auch hier in diefen paradieſiſchen Gauen nicht ausblicken
Er ſelbſt konnte gleich darauf nad) feiner Abfahrt dann Die Erf
rung machen, daß der Kampf der Elemente an dieſen Hüften die
größten Gefahren bringt. .
Diefe Stadt if auf zwei Bergen aus Kreidekalkſtein erbaut, |
deren Schichten unter ‚einem Winkel von 20° gegen SD. fallen,
aber auch zwiſchen beiven Bergen im Thal find ihre Häufer gelegen,
die zu beiden hinauffteigen, am Orbeiri wie am Kopfhanasfn
Die Stabt ift nicht groß, hat nur 650 Häufer, davon nur 8 ben
Ehriften gehören; fie find insgefammt zwei Stod hoch erbaut uns
werben nur im obern Stod bewohnt, wegen ber Feuchtigkeit des
Bodens, daher die Straßen ver Stabt fehr gut mit Kalffteinplatten
gepflaftert find. Antike Reſte fanden ſich zu wenig in ven Strafen
der Stabt zerftreut, aus denen ſich fein Alter derſelben ermeſſe
Läßt. Auch ift uns fein antifer Name ver Stabt befannt, die mem
früher für Bithynium oder Claudiopolis gehalten hat, was Wins
worth nod wiederholte, obwol Rennell, Leake, 9. A. Cramer
längft von biefem Irrthum zurüdgelommen waren. Die Muham-
mebaner haben 5 Mofcheen, vie Ehriften aber feine Kirche. Die
antite Stabt Amaftris, welche fhon Homer unter vem Namen
Sefamus zur Zeit des trojanifchen Krieges aufführte, am verem
Stelle die heutige Amaffera fich erhebt, liegt nur 4 Stunden im
ND. von Bartan, wohin Ainsworth am 16. Oktober einen
kurzen Ausflug machte (f. unten) und nad Bartan zurüdtehrte,
von wo mit dem 18, Oktober am Parthenius ⸗Strom e aufwärts
#6) A, Jaubert, Voy. I. c. p. 405—507.
Bon Bartan nad Zafaranboly. 729
die Reife bis zu deſſen Duelle noch in das Thal bes obern Bil«
Täns nad) Zafaramboly fortgefegt wurde.
4 Ainsworths Wanderung von der Mündung bes
Drbeiri, d. i. bes Bartheniusfluffes bei Bartan bis zu
feiner Duelle, und zum obern Billäus-Thale bei Za—
faranboly am Soghanly fu (vom 18. bis 20. Oltbr.)®).
Bon Bartan wurde am 18. Dftober der Ordeiri⸗Fluß
gegen SD. aufwärts bewandert; an feiner Oftfeite erhebt fid ein
wilver gebirgiger Bergbiftrict, Kajadibi, d. h. Felsfuß, em
rauher Gebirgszug, ver ſich aud gegen N.W. nach Amaſtris hin-
wenbet; er zieht in fübdftlicher Fortfegung mit dem Namen Katar
Yaja Dagh (Schwarzfelfen-VBerg) mit wilden und hohen Abftürzen
von Kallſteinfelſen bis zur Duelle des Orbeiriflufes fort. Seine
Contouren find ganz verfchieven von den bisher durchwanderten Ges
birgöformen ber bithyniſchen mehr gerumbeten Bergzüge, fie ſchließen
ſich füdwärts auch durch den Durneh Yailaffi Dagh an bie füb-
lichen Gebitgemaſſen des Orminius und Baindyr Dagh an. Im
feinem mittleren Stromlaufe hat ver Ordeiri⸗Fluß die Duerfette
des Itfhiller Dagh, der von ©. nach N. ſtreicht, in einem
Engpaß zu durchbrechen, deffen Berge am Durchbruch ſich faft
2000 Fuß über dem Steomfpiegel erheben. Nach 4%, Stunden
wurde diefer Paß von Bartan aus auf Umwegen erreicht, nachdem
man ben ımtern Lauf des Orbeiri an brei Stellen hatte durchſetzen
mäfen. Am Eingang des Paſſes ftarren 2 hohe Berge zur Seite
des Fluffes empor, zwiſchen ihnen rauſcht der Strom im Tieffpalt
über ein Steinbett hindurch. Aus dem Engpaß erreicht man bald
wieber fübmärts eine ſich erweiternbe, fhöne, aber unbemohnte Ebene,
die fi bald wieder verengt und dann zwiſchen großen Maſſen von
Sanbfteinfelfen und Sanbfteinconglomeraten hindurchführt, bie von
den fchönften Laubwäldern von Lorbeer, Epheu, Burbaum, Miyr-
tengebüfch und Oleander und andern Gebüfcen überſchattet wur.
den. Damm folgen Birkenwälder, dann Platanen und Pins
umb vieles andere Gehölz, deſſen Samen und Gewurzel durch ven
Strom von ven benachbarten Höhen herabgeſchwemmt und hier an-
geſiedelt wurde, wo ber Ordeiri feine reichen Zuflüffe von ben nörb-
Then Bergtetten im Razyly oder Diſtriet Oluz erhält, wo im &rın-
"lichen Dorfe Sarniſch die Nacht zugebracht wurde. '
“) W. Ainsworth, Trav. and Res. l.c. I. p. 59-66; defl. Notes.l. c.
Journ. Lond. Geogr. Jon. IX. p. 236-239.
780 Klein⸗ Aſten. $.16.
19, Oftober, Da es bier feine hiureichende Zahl von Veh»
pferden gab, mußte die Bagage auf Karren von Büfleln gezegen
fortgeführt werben. Nach ber erften Wegftunde durch Waldung
reichte man eine Moſchee, in welcher bie Holzhauer ver benach⸗
barten Diftricte zum Gebet verfammelt waren und nad; beenbigter
Eeremenis ein paar Hammel, die man gebraten hatte, verfchmauften.
Hier wurde der Fluß durchſetzt und ein langer Bergabhang durch
Baldung auf Pfaden, die mit Kuüppelbrüden belegt waren, empoze
geſtiegen. Ea ging über hohe Kallſteinfelſen und Abftürze des Kar -
ralaja Dagh gegen N.O. über des Orbeiri minder bebeutenten
Zuflug durch gebirgsgrüne Alpenwiefen und an wilven Gebirge
Büflen vorüber, die fi von Felſen in ven Ordeiri herabftürgten.
Man erreichte fein oberes Gebirgsthal, wo gute Sägemühlen
angelegt waren, in ber Nähe von Dyrfanly (corrumpirt gus Döpt
Haflanly, d. i, Drt der vier Haflane), wo tie Nefivenz des Ajar
des Kaza (Bezirks) von Diwa (d. i. Ebene) erreicht wurde.
20. Oktober. Nach kurzer Wanderung durch Wälver won
Blatanen und Korleichen, mit Unterholz und groben Grasarten durch⸗
wachen, erreichte man die Duelle des Drbeiri und die Moſchee mit
dem Dorfe Baghdoſchewis (d. i. Wallnußgarten), über das ſich
das hehe Thal des Diſtriets Ova noch wiel weiter gegen Morbeg
ausdehnt. Der Weg nach Zafaranboly führt aber fürmärts
Hier hatte man eine großartige, wahrhaft alpine Gebirgslanpfcaft
reicht, über weldhe der Durna Iailafjy Dagh noch mit hohem’
Gipfel und mwilben Belöllippen und Abftürzen emporcagt, melde tie
Heimath ver Antilope, tes Steinbod$ und andern unerreide
baren Wildes fein follen. Hier und ba ragten aus den Thalgrüne
den nur wenige einzelne Hütten aus dem Walddidicht hervor, meht
xrſtreute Häufer ald Dörfer, pie von einem eigenthümlicen, von ven
Turten völlig verfiedenen Volke bewohnt wurden,
Ainsmorth nennt fie eine eigene Menſchenraçe mit eigen«
thümlicher Sprade, bie nur einen fehr corrupten Dialect ber
Türken reveten. Ihr Ausfehen war dunfelfarbig, ihre St
war eiugebrüdt, fie trugen langes, ftruppiges Dear, ihre Geſichts-
bildung war ganz verſchieden von bem Schlage tatariſcher Benölle
zung. Es blieb ihm unentſchieden, pb fie etwa von der Lüfte aach
dem Innern der Berge verbrängt dort eine entaxtete Rage bildeten
Ihre Haut war wie von Rauch gefhwärzt und gebörrt, ihr Veneh-
men roh unb wil. Ob eine flavifche Rage, die einzige hier
befannt geworbene, ober von ſerbiſcher ober bulgazifcher Woflammung,
Iflani, das Plateau am oberen Parthenius. TAL
weint er, ober wel gar noch vom älterer einheimiſcher Ablunft, der
älteften Eneti, vie ſchon die Ilias II. 851 als Bapblagonier7)
unter Pylaemenes Führung zu ven Hülfsvölfern der Troer zählte,
mit denen einft fi Strabo als Eoloniften in Thracien und am
Aria (Benetia) viel zu ſchaffen machte, da man verſchiedener Mein
mung über fie ſchon zu feiner Zeit war, aber doch damals ſchon
teine Gneter mehr in Paphlagonien anfäffig fein ſollten (Strabe
L61; V.212; XIL 543). Es ift beachtenswerth, daß an ver einigen
Stelle, wo Herobot ven Barthenius- Flug nennt (I. 104), er
fagte, daß feine Anmohner wie ihre Nachbarn, die Mafroner und
die Surier am Thermobon, die Beihneidung von den Keldiern am
genommen hätten. Auf jeven Fall wäre ihre genauere Erforſchung
zumal ihrer Sprade wünfdenswertb, eine Aufgabe für künftige
Reiſende, da fie im Lande der Meriandynen wohnen, mit denen
Strabo die Cauconen am Partheniusfluſſe verbindet (Strabo XII.
542u.544 fagt, daß fie ſchon zu feiner Zeit ein verſchiedenes Volk ſeien).
Bon Durſanly ſüdwärts fleigend brauchte man noch 44
Stunten, umten Rüden ver Waſſerſcheidekette des Orbeiri
oder Parthenius gegen ben Billius zu erreichen, we in ber Nähe
des etwas öftliher liegenten Ortes Sapandfdylar das Baro⸗
meter eine Paphöhe auf 3200 Fuß üb. d. M. ergab. Bis hierher
immerfort bergan gefliegen, breitete ſich nun hier eine ganz andere
Landſchaft aus. Sie nahm ven Character einer hohen Plateau⸗
fläche an, die ſchon Rennell vie Felsfläche Iflany genannt
hatte. Und in der That dehnt es ſich von da eſtwärts bis gegen
Kaftamuni als ein hohes, ebenes, häufig mit Moorboden überzoo
genes Plateauland unter vem Namen der beiden Iflani (d.h
Hochland) aus. Diefe neuere Raturform, in bie man hier ei»
trat, veicht oftwärts über die Plateaubiftricte Iflani, Karaghatſch,
Uzun Burun, Daurikan hinaus, von dem obern Quellfluſſe des
Soghanlg, Aradſch, Serb Dere und andern bes Billing. bis zu
dem obern Laufe des Gjök Irmak bei Kaſtanumi, der an Taſch
Köprü (Pompejopolis) und Bojabab vorüber zum Halys für
¶ oben ©. 409 u.f.), und dieſe Naturform nimmt eineu großen
Teil des centralen paphlagoniſchen Laudes ein.
Diefe Plateaubildung aiumt in Weſt am ber hohen wilden
alpinen Gebirgslette Durna Iailafiy Dagh ihren Anfang,
=”) Weber Altehe Bi joner |. Movers, Phönigter. 2, Br. 2. Th.
et ‚Pine ..
m. Kiein-Afen. $ 16.
welde ven Urfprung bes Bartan ober Orbeiri enthäl Da
viefer ber Parthenius ift, fo entfpricht der Durna Jailaſſi Dagh
dem PBoemen-Gebirge (IToıumv b. Steph. Byz. s. v.), ber bie
Quelle des Parthenins in bemfelben pontifchen Gebiete angiebt
Gegen Süd dehnt ſich dieſes Hochland Bis zur Culminirung des
hohen Sarchun Yailaffy aus, des Orminius ber Alten, ber mit
Schnee bededt war, als man ihn am 20. October von hier erbfikte.
Obere Kreibeformationen bebeifen mit ihren Horizontallagern
biefe weit gegen Oft ſich fortziehende Plateaulandſchaft, welche bis
gegen Kaſtamuni hin in zwei Kadiliks ober Amtsbezirke, eime
weftliche und eime öftliche, zerfällt, die bırcd die Waſſerſcheide des
Uun Burun getrennt wich, baher fie unter dem Namen der zwei
Iflani bekannt iſt.
Weiter ſudwärts wird dieſes Plateangebiet von vielen
Schluchten und Flußläufen durchbrochen. Iſt die obere, fteimige,
harte Felsplatte dieſer Hochebene durchbrochen oder geſprengt, ſe
wird dadurch bie darımter liegende reichere Erdſchicht bloßgelegt und
von den Bergwaſſern leicht ausgewaſchen und fortgeſpült, bis wie
der eine härtere Steinſchicht darunter biefer Waflerfpälung wider ⸗
ſteht; Daher zeigt ſich beim Anfang ber obern Flußthäler nur eime
harte Felsterraffe über ihrem Laufe; aber beim Abftieg zum Thale
nimmt die Zahl dieſer Felsterraſſen zu, es folgen viele Stufen
abfäge und bie Thäler erweitern fih, bis fie in dem Tiefthale des
Soghanly fu "gegen Welt ihren Auslauf zum‘ Billäus finden.
Doch erhebt ſich ſudwärts dieſes Fluffes noch einmal eine vaſte
Plateaumaſſe dieſer eigenthümlihen Gebirgsform, Kaz Jaſchi
(Sänfenaden) genannt, ver ſich 1000 Fuß ſteil über den Strom
erhebt, feine eigentliche Gebirgsfette, ſondern noch eine abgeriffene
Bortion des Plateaulandes, meift ganz nadt und von Waſſern
durchzogen, das in gleihem Niveau mit. dem nörblihern SHflami
feine 3000 Fuß abfoluter Höhe hat umb von dem Tiefthale aus
gefehen auch wie ein Gebirge emporfteigt. Es iſt diefer Kaz Jaſchi
die erfte Höhe, auf welcher der Reiſende fehr weit verbreitete zufam-
menhängende Bänke von in Kalk verfteinerten Auftermufchele
vorfand, und zwifchen ihmen zerftreut andere gigantifhe Mu ſchel⸗
verfteinerungen von Conus-rten, fpiralen Univalven und am
dern Fofftlien, von denen das Felsgebirge Zafaramboly voll iſt, und
einige ber dortigen Gebirgelager beftanden ganz aus Nummuli—
tenverfteinerungen. Ueber dieſes Nummulitenterrain, bes
Hier eine ber merkwürbigften geognoftif—en Sormationen im Samen
Zafaranboly am Billãäus. 738
des Gebirgelaubes einnimmt, hat v. Tſchichatſcheff bie richtigſten
und Iehrreichften Auficläfie gegeben).
Ueber foldje terraffirte Stufenlandfhaft, von foſſilen Gebilven
erfült, wurde von ber Culmination des Gebirgspaſſes auf ber
Waflerfceivehöge des Durna Sailaffy das Tiefthal des Bil-
läus bei Zafaramboly von Ainsworth erreiht. Zwar hat
auch Eug. Bors biefelbe Route im Jahre 1838®) von Bartan
den Partheniusſtrom aufwärts bis zu den Iflanis zurlidgelegt, aber,
ihm fehlte leider die Gabe der treuen Beobachtung, bie feinen Vor⸗
gänger fo ſehr auszeichnet; er ſchildert nur feine Anfihten und
Empfindungen, ohne mit Thatſachen zu beweiſen, fpricht von wilden
Bergfläffen, grünen Wiefen, tyrolifhen Thälern, wo Sägemühlen
find und vergleichen mehr, nennt Localitäten wie Olos, einen Ort
ſtatt eines Diftricts, eine Ova, b. i. Ebene, daher ein Fluß Ova
ferai, ver den Fluß der Ebene bezeichnet, ein Duro bani ſtatt Durna
Sailafiy und mehr, ohne topographiſche Nachweiſung, fo daß feine
hochſt flüchtigen Angaben meift ganz unbrauchbar für bie poſitive
Wiſſenſchaft bleiben. Er tavelt Strabo, daß er Apollovor Borwirfe
made, keine Nachrichten von ven Städten und ihren Einwohnern
gegeben zu haben, und doch fpricht er felbft nur von ben verſchie⸗
denen Sprachen und Stämmen ver Baphlagonier, vie er doch nicht
verftanben habe u. berg m. Bir lafle daher feine Angaben hier
auf ſich ſelbſt beruhen.
Erläuterung 4.
Zafaranboly und ber Verein aller oberen Quellflüſſe des
Billaus im Thale des Soghanly fu zu feinem Weftlaufe 0).
Zafaranboly, eine den Europäern früher faft unbekaunt
gebliebene Stabt, Tiegt unter 41° 13° N.Br., unter 32° 53° OR.
von Greenw., nad einer Barometerbeftimmung 1125 Fuß Par,
(1200 Fuß Engl.) im Soghanly-Thale, wurde, nachdem ein
beutfcher Doctor, Leibarzt des Statthalters zu Samfun, fie zum
*%%) Mömoire sur les terrains jurassigüe, cretac# et numulitigue de la Bi-
thai ie et Paphlagonie in Ballet. de la Soc. Geol. de France.
T. VIII 1851. p. 10-17. “) E. Bore, Mem. et Corresp. 1. c.
1.p.246—258. _’*) W. Ainsworth, Trav. and Research. 1. c. I
p. 64-74; beff. Notes of a Journ. in Journ. of the Lond. Geogr.
Boc. Vol, IX. P. 239-244. ,
734 Klein-Aften. $. 16.
erſten Male als einen merfmärbigen Ort gegen W. Hamilton
erwähnt hatte, da fie bis dahin auf feiner Karte verzeichnet war zn,
von Ainsworth genaner erforfcht, weil die Kenntniß ihrer Umge
bungen wefentlid zur Berichtigung der Berirrungen ver Geographen
Über vie ſtets verwechſelten Stromgebiete des Parthenius mb
Billäns das Zhrige beitragen konnte. Sie liegt am Berein zweie
Flüffe, deren einer von N., der andre von NO. herablommıt, bie
beibe vereint unter einer an Felsabhängen hinüber gefpreugten, wit
Ephen romantiſch beffeiveten Brüde fünmärts abfliefen, dur Tele
engen und Schluchten in ven Soghanly fu. Gegen SD. ae
das terraffirte Plateauland in niebrigen Kfippenabftürzen, auf were
einem eine Moſchee und eine Barade erbaut if. Im Thal zwiſche
dieſen und ver nörblichern centralen Plateanerhebung Liegt —
und an zehn Minuten jenfeit derſelben am nördlichen
welcher Raja Og hlu (Belfenfohn) Heißt, vie große Vorſtadt at
kulah (di. Bierzig Thleme), wo ſich eime abgerifiene Telsmafk
erhebt, die auf ihrem Gipfel die Ruine einer Ummanerung träg,
welche fein fehr hohes Alter verräth. Das centrale Plateau
Sand mit feinen kreisrumd um bie halbe Stabt herabfallenden Tele
Rufen fegt auch bis zur Mitte der Stabt mit einer abgeriffems
Felsterraſſe fort, die auch von zerfallenen Fortificationen umgeben,
jetzt vie Refivenz des Gouverneurs ift und zum Stabtgefängeik
dient. Das näcfte öftlihe Thal, im zwei Tleinere getheilt, hat i-
dem einen viele Gärten mit 150 Häufern ver Tolater Vorſtadt
(Tolatly) genannt, auf ver Spige einer Felsterraſſe, zu melden
eine fteile Treppe binanführt, eine andre Vorſtadt Kuram kibi
(Koramvorf), wo die Griehen ihr Quartier haben, um jenfeils
derfelben liegen noch zwei große Dörfer Baghlah (v.i. Weinberg
ort) und Bulak (d. i. Quelle), jenes mit 150 bis 200 Häufern.
Die Stadt felbft im Thal gelegen, an ver Mündung ber verichie
denen Schluchten, ift von beveutendem Umfange, Hat 3000 Käufer
der Muhammedaner, 250 Häufer der Ehriften mit der St. Stephans ·
Tirhe, gute Bazare, vier ſchöne Mofcheen und viele Heiner. Anh
Tekiehs ( Derwiſchtloſter), Medreſſen, zwei große Chans, vier Bffent-
fiche Bäder umd eine Bevöllerung, die auf 15,000 Seelen angeſchla-
gen wir. Sie iſt offenbar eine der blüheneften, bevöllertſaen und
wohlhabendſten Staͤdte in Klein - Aſien, umb verbarft ihren Namen
amb ihren Haupterwerb ber Cultur und dem Vertrieb des Saffran
*") W, Hamilton, Research. I, p. 289.
Zafaranboly, die Safrancultur. 735
(xo6xog, Crocus sativus), bie fle reich gemacht haben. Die Umge⸗
bungen ver Stadt fand Ainsworth in ber Enbwodre Oftober
mit den blühenren Safranfelvern herrlich geſchmückt, aber über
vefien Cultur und die Exporten in dem Handel bat er gar keine
nähere Nachricht mitgetheilt.
Die Entſtehungsgeſchichte von Bafaranboly ift in Dan
gehuult; die Legende ber Chriften fchreibt die Erbauung ihrer St.
Stephanskirche ber Katferin Theodora, Gemahlin Yuftinians,
zu, bie eine Bithynierin fein umd hierher Reliquien dieſes Märtye
„vers mit Kofler und Hospital geftiftet haben follte, worüber aber
Brocopins und andere Anforen ſchweigen. Hadſchi Chalfa nennt
war Bafaran Bolu??) mit großem Chan und 50 ihm umter⸗
gebenen Törfern, Bädern u. f. w., aber ſpricht nicht von ſeiner
Safrancultur.
22. Oktober. Ein Ausflug gegen RD. auf die Platennböhe
über die Stadt führte 3 Stunden weit zu ver Kara bnnar
(Schwarzquelle), wo in einem bunteln Fichtenwalde zwiſchen vielen
muhammedaniſchen Gräbern aud viele Capitäle und Säulenreſte
aus der byzantinischen Periove lagen und ein ganz rohes Steinbild
einer weiblichen Geftalt in etwas geringer als natürlicher Größe,
mit nadten Brüften, verftümmeltem Gefiht, aber Schulterblättern
ſich verfand, an denen man noch Anfüge von Flügeln wahrzunehe
wen glaubte. Dies, behaupteten Muhammedaner wie Ehriften, follte
der Gig ihrer Vorfahren gemefen fein; vielleic;t ber Meberreft eines
Tempels over Kloſters, over eines Grabmal wie aus früherer Zeit.
Yet haften hier Zigeunergruppen, welche bie Fremdlinge anbeb-
teften. Bon da zog man fünmärts durd eine Schlucht Kaja Oghlu,
in der auf einer ganz nadten Kalffteinfläche zwei Meiereien ftehen,
dis zum Tiefthale des Serd Dere (d. h. rauhes Thal), welches
die Gegend der Stabt wie durch einen natürlichen Graben ganz von
dem höheren Terraſſenboden abſchneidet, und zu einer natürlichen
Verſchanzung dienen könnte. Diefem Thal voll Dörfer folgend,
deſſen Fluß weſtwärts zum Soghanly fu fid vereint, kehrte man
nad) der Stadt Zgfaranboly zurüd. Das größte biefer Dörfern,
Sazy.kjdi, mit Häufern ver Mufelmänner und 75 ver Chr
Wen, hat fehr viel Safranban, die Chriſten bauen Opinm im
geringer Menge, aber bereiten aus ihren Trauben Wein.
Die Stadt, fagt Ainsworth, iſt eine der wenigen in Klee
”) Burla var Drudiehler in Gihan Numa b. Norberg. TI. p. 464.
136 Klein⸗ Afien. —. 16.
Aſien, die unter dem türkiſchen Gouvernement ihren Wohlſtand a
halten hat, denn alle anderen, wie einft Ilonium, Cäfaren, Anger,
Sehafte u. a. find tief gefumten gegen früfere Zeiten, andere wie
Mus, Anazarba, Amorium u. ſ. w. liegen in Ruinenhaufen. Po
Hhlagonien wie Bitbynien hat feine glänzenbere Periode gehabt, um
ſelbſt unter den zerftörenben pontiſchen umb römiſchen Kriegen ai
flanden immer neue Städte, Metropolen, Colonien, wo bie eveifen
Geſchlechter, Künfte, Wiſſenſchaften Gewerbe ſich erhoben, währt
unter dem Türtenregiment das Ganze erjchlaffte, feine neue Gr |
Ionie, tein Hafen, feine Straße erbaut wurde, höchſtens hie un da
eine vergängliche Brüde oder eine Mofchee, die man immer wide
einfallen lieg. Igricultur, Inbuftrie, Handel im dem reifen
Fruchtboden unter dem glüdlichften Himmelsftrich, und jede geifig
höhere Regung ift durch den Fluch ihrer Religion verbrängt. Un
fo erfreulicher war Zafaranboly, das in fo mander Hinficht cm
Ausnahme von biefer allgemeiyen Erſcheinung darbot. J
Anmerkung.
Die geographiſche Verbreitung ber Safrau-Cultur bes
Koöxos, Crocus sativus, Zafran ber Araber.
Der Croeus ober Safran ift ein fo beliebtes Gewäche bet
Driente und für biefe Gegend ein fo deicher Erwerbezweig baf es mi
- der Dahe lohnt, einen Augenblid bei feiner Geſchichte und geograpfilden
ſehr eigenthämlicden Verbreitung zu verweilen. Daß bie Pracht der
lichtgelben bis vollgelben Frühlingsblume jugleich einen (d>
nen bauernden Färbeſtoff und andre officinelle Eigenſchaften entfiel,
ficherten ihr bie weite Verbreitung nicht blos zu techniſchen und mei
niſchen, ſondern aud zu religiöfen Zweden, zumal im Orient. Gier |
Dioscorides I. c. 25 nannte fie, weil ihr im ber Magie befondere
Kräfte beigelegt wurden „Blut bes Heracles“ (alus ‘Honzleow);
die Blume felbft war Sinnbild des Frühlings, und bie Gafranfark |
bezeichnete den Fruhling, den bie Göttin gebracht hatte. Als Zens die
Hera auf dem Iba umarmte, fang Homer, fproßten Lotos, Krotos dab
Hyacinthos auf, d. i. bie ganze Natur warb im Frühling verwandel
Der Pallas Athene, ber Göttin bes Gräßlinge umb ber guten Jahretzeit
durch bie befruchtenden Gewitter, webten bie anserwäßlteften Fungfraum |
din Schleiergewand, einen Peplos von Safranfarbe, ber an ihrem Par
thenienfet al Segel des Schiffes biente. Das Wehen bes Gafranbafis
was ein Lieblingeduft ber @ätter, bei Hellenen wie bei Oßaſiaten, we in
Zafaranboly, die Safrancultur. 137
den imbifchen Dichtungen bei ben ſiegreichen Helden in ben friſchen Hi⸗
malayapöhen das Spiel des Safran- und Mofhuspuftes in ihren
Haarlocken ein beliebtes Bild iſt (Exbf. Th. 1.2. 1833. ©. 655), wel-
es die Annäherung von Kaſchmir und Tibet bezeichnet. Durch bli«
hende Krolos wurde felbft bie Winterzeit in Eyrene verherrlicht (Kallimach.
Byma. Apoll. 80). &o warb ber Erocus im Weften ber Hellenen ge-
feiert, mehr noch im Often feiner Heimat. Bon bem hebräif—en Karkom
und bem ſyriſchen Korkom leitet Bochart (Chanaan I. VI. 360) ben
phoniciſchen und helleniſchen Namen, bie beliebte Farbe bes Kupuxos
mb Koöxos her, von bem ber Mons Eorycius feinen Namen führte,
wo die Krokosfelder in Ciliciens Felegrotten den beten Krokos
gaben (Strabo XIV. 671; Plio. H. N. XX. 16)2). Schon Plinius
lennt die Zwiebel des Crocus satiras, bes orientafifchen in Cilicien uub
peien vorzüglich angebauten Gewächſes, bas im Weiten begenerirt und
don Crocus sylvestre zu unterſcheiden iſt; und in der That, feine eigent-
fie Heimath iſt der ferne Orient, wenn er aud in Sieilien, Cyrene,
Andalufien n. a. DO. gebaut wird.
Auf dem Iranplatean, wo bie Türfisminen von Nifhapor liegen,
und in Kafchmir ift feine Heimath; ber beutfche Name Safran ift der
derſiſche Zafferan, ber bort der einheimifge if unb mit ber Cultur
bes Gemächies gegen ben Weſten wanderte. Dort werben einzelne Kara⸗
wonferais mit dieſem Namen (Robat Zafferani, bie Safranherberge,
Erdt. 1838, vui. S. 830 u. a.) wie mit bem Namen ber zweiten Lieb⸗
Äimgeblume, ber Rofe, bezeichnet. Schon das Avefta rühmt ben Gar
itan”*) als eine ber Tiebfichften und buftendften Blumen, bie von Menſchen
gehegt werben, deren Gaft fchön färbt, bie Reibung erhebt. Der Priefter
der Parſen fohreibt am großen Aderbaufefte feine Gebete mit Safranfarbe
auf die Hirſchhaut. Auch zu Arabern if berfelbe Name Übergegan-
gen), daher ber Spanier ben echten Safran, ihn von anbern gelben
Harbpflangen unterfcheibend, el Azafran oriental nennt, ben Cartha-
mas inetorius (Gaflor) aber el Azafran rumi, b. i. ben römifen. Zu
Kaſchmir if die Euftur des Safran in höchſten Ehren, vom edelſten
und reichften Ertrag und Reichthum bringenb (Erbt. Th. SI. 2. 1838),
und fehr ausgebilbet unb verbreitet. Die Farbe ift von ber präctigften-
Art; bie Vläthezeit ber Felder eine entzüdenbe für bie Bewohner. Die
Zwieber iR weit größer al6 bie gewöhnliche, von benen Moorcroft
nach Europa gefejidt Hat”). Das Verein ber Stirn ber
9) Dr. E. ©. $. Meyer, Botanifche Erläuterungen zu Strabo's Geo:
grabiem.[.i. Königsberg 1852. ©. 01-02. ”%) Kleuker
. p. 106, 245. *#) D. 3. Conde in Xerif al Edris, Deser. de
Espagnn. Madrid 1799. p. 192. ”*) Moorcroft, Notic. in Joura.
of the Roy. Geogr. Soc. of London 1832. Vol. Il. p. 268.
Ritter Grblunde AVIL. Ana’
- 738 ' Klein-Afien. $.16. |
Gaſte durch bie Priefter mit dem Heiligen Safangelb iſt eine faecache Cere ·
monie bei allen großen Zufammentünften und Feſten, nach bene der Ginbe
nicht wenig luſtern iſt (Erdl. ebd. S. 899). Den tibetifhen Fürßen
dient ber Safranabbrud feiner Hand zum Siegel als Unterzeichuung fei-
ner Decrete, dem Ehinefen if Safrangelb bie Ehrenfarbe, daher &
and feinem Strome von höchſtem Range, dem Hoangho, ben Namen
Safranfrom giebt (Crocus, ſ. Erdt. IV. S. 610). Der Gar
aus Ladakh heißt Keſari (Erdt. I. 2. 828), Auch ber fogenemmie |
Gebirgefafran in Kemaoon wirb unter hem Namen Naglefarı”) |
mie in Ladakh ausgeführt. Die größten Geſchenle, melde Die Bewehe
Kaſchmirs und ihr Beherrſcher Mirza Heibur im Jahre 1548) am den |
Großmogul von Indien zu machen hatten, beſtanden in Safran um
ſchönen Shawls; und ald Kaifer Albar fi im J. 1586’) Kefcmir
unterwarf, behielt er fih mur bas Monopol, der Mimjfätte ums bes
Regale des Safrans daſelbſt vor. Erſt feit dem Jahre 1820 if Wie
Ihöne Safranzwiebel aus Kaſchmir nah Inki bei Sabathn ner
pflanzt worden, und von ba in das Dheradau. Die Ausfuhr bes
Safrans aus Kaſchmit und Afgpauifen ift ein Kebentenber Gambeis-
artilel ꝰe).
Schon Ebn Haukal im 10. Jahrhundert“) rühmt in SD. non
Samarland, am obern Laufe bes Scheghanion-Flufſes, ber ſich bei Term |
zum Opus ergieße, bie Cultur des Safran, ber son Weiſhgerd is
Spuman gebaut werbe; beögleichen deſſen vorzüglichen Anbsur zu Decken
an ber Weſtſeite bes caspiſchen Sees, wo er zu widtigen Faͤrbereien wen
Teppichen und Tapeten diene. ben da iſt es, mo zu Sanwan's")
Zeit zu Baku ber einzige Ort war, wo man Safran baute, ber be
ſonders berühmt war, weil bie devoten Feuerbiener bort wie die Ginbes |
ihm göttli; verehrten und ihre Stirn im Dienft der heiligen Kuh bamiı
gel6 färbten. Nah Müller") hatte Peter ber Große die Safram-
euftur in Derbent befonders begünftigt, und Soimonomws Verfade
deshalb waren nicht erfolglos geblieben; aud zu Terki wurden Verfude
zum Anbau gemadt. Zur Zeit Marſchall v. Biberſteins ) war
*") Troill in Asiat, Research. T. XVI. p. 226. *) Ferishta, Hist. ed
Briggs. Vol IV. p. 258 u. 501. **) Forbes Royle in Transaction
of the Medic and Physic Society of Caleutta. 1826. Calcutta. Vol. IE
pP. 419. °°) Forbes ‚Boyle in Nataral History of Himal. Ms. and
of Casbmir. Lond. 1833. P. I. 28; berf. Obserrat, of the. Vegetation
and Products of’ Afghanistan etc. 8. 1847. p. 18 u. 19. *) In
Oriental Geogr. b. Ouseley. p. 240 u. 159. *”) 3. Hanway, Hister.
Account of British Trade over ihe Caspian Ses. Lond. 1754. 4. T.1.
p. 261, 263. °) Müller, Sammlung. ruffüder Gchbigte.
29. VII. ©. 530. °*) Flora Taurica nad Marfchall u, Biberkeins
Beſchreibung ver Länder vom Zeref und Kur. 8. 1800. S 82 u. 100.
Zafaranboly, die Safrancultur. 739
deſſen Cultur am Derkent und Vala im vollem Gange and gab reiche
Ontrag; ale Sehänge der Hügel im ber Nähe ber Städte warem mis
diefem Produkt bebedt, das eine reiche Ausfuhr gab. Nußer dem Crocus
sativus, voll Axoma, das ben anbern fehlt, Ierute v. Biberſtein in ber
tanzifchen Flora noch vier anbere Species: autumnalis, vernus und luteus
und Croc. speciosus fennen, ben ex ben großen Herbfl-Erocus nannte.
Nah Gamba“) betrug bie Ernte des orientalifgen Safran,
der voll Aroma ift, das Hauptprobuct in Baku, im Jahr 1820 16,500
Pfund, davon jebes Pfund einen Preis won 8 Bis 15 Franken hatte;
mit Sefamöl wurde er zu Kuchen und Brot verbaden, das ſich lauge
Hält und zur Färbung gebraudt wird. Drei Jahre fpäter fcidte der»
ſelbe 300 ber beiten Batu-Zmwiebeln, die, im Jardin da Luxembourg ge-
Monzt, dort begenerirten mnb- feinen beffesen Farbeſtoff gaben als bie
Gafran-Zwichel, welche im Gatinois, im Eomtat und zw Avignon in
Frankreich gebaut wird. Außer ber Hauptenltur bes echten orien»
taliſchen Safrans, bes in Kleinafien zu Zafarauboly am Bil-
lane feinen Mittelpunet bat, wird er auch im bebeutenber Menge um
Zolat’‘) am Rie gebaus*”), und von da mit großem Gewinn über
Bafiora nah Indien ausgeführt.
Haffelquift®) fagt, er fei fo glüclich gewefen, auf dem Berge von
Smyrna gegen Magnefle zu ben Crocus satirus unter den Frühlinge-
gewãchſen in feinem Baterlande zu finden; derſelbe fei zwar nicht von
dem europäifchen Safran feiner Geftalt nach verſchieden, aber fein Aroma
noch weit höher; baher im officinellen Gebrauche feine Dofen weit ge-
ringer find. Er wachſe auf Hügeln zwifchen Arbutus andrachne, nicht auf
ber Spitze ber Berge, ſondern an ihrem Fuße, nicht in freier Sonne,
fonbern nur im Schatten. Meinafien beſitze einen reihen Schatz an bie-
ſem Gewädhe, zu dem die Kultur nichts hinzufügen me. Auch um
Baguefia, zu Bruſſa nud auf ben Infeln des Archipelagus werbe viel
ielt und nach Europa gefhidt. Auf bem Ida in Ereta fand
&erke**) drei Crocnd-Arten: aureus, vernus und candidus, aber Feine
sztivus. Der in Nieveröfierreih um Wagram, Ulm und ein paar
andern Drte gebaute Safran foll in mebicinifher Hinſicht Vorzüge vor.
dem orientalifhen’) haben. In ben Pyrenäen foll dieſelbe Art wilb
wachfen, am beflen umb allgemeinften aber wirb er in ben heißern Bro-
®) Gamba, Voy. de ia Russie meridionale. Paris, 1826. T. II. p. 217
u. 296. _%°) Decandolle, Rapport sur un Voy. hofsnigne dans fer
Degartemens de ’Eat. Paris 1810. 8. p- 80. °) Itineraire 1805,
in Scott Warridg, Voy. de lInde et Schiras etc. Paris 1813. 8. p. 292.
*. —8 Reife in den Drient. S. 10. Clarke, Trar.
1 p1 2, Bateeänsifar Blätter für den öfterzeig). Kaifer:
Rast. 108. &.0
Aaa2
740 Klein-Afen. - g16.
vinzen Spaniens '"'), zumal um Mabrib, in der Sierta Morene,
2a Mancha und in Andalufien angebant, nnb ale Gewürz if erim
allgemeinen Gebrauch in jeder ſpaniſchen Küche.
23. Oktober. Um fih von dem Zufammenhange ver chem
" Billäusflüffe an diefer Stelle vollftänbig zu überzeugen, dem
feiner feinen Norblauf zum Parthenius durch das Hochgebirge
nehmen Tann, wurde auch der Zufammenfluß des Soghanly ſu
ſüdweſtwärts mit tem Hammamly-Arme abwärts von af
ranboly aufgeſucht.
Der Weg führte über das Bulak Dere (Quellthal) an de
Wetfeite der Stadt durch eine fehr pittoresfe Thalſchlucht am ber
rechten Uferfeite des Soghanly fu 3 Stunven weit zum Verein
beider Flüffe, wo eine Holgbrüde über fie hinführt, und der fe
vereinte Strom 2 Fuß tief, 42 Schritt breit, mit der Schnelligkeit
von 3 engl. Meilen in einer Stunde gegen Weft eilt. Der Kit
weg führte wieder in andern Richtungen durch gut cultivirte Ade⸗
felder, voll prachtvoll blühender Safranpflanzungen bis zum Dort
Bulat zurüd, banm über eine felfige Bergkette in ein eingefchlofk:
nes Thal am Fuße der nördlichen Bergkette ganz voll Weinberg
und Landhänschen, deſſen Thalwendung nad Norb- zwifchen put
niſch aufgeborftenen und emporgehobenen pittoresfen Kalffteinfelier
zu einer reichen Duelle führt, die unter dem Felſen plötzlich hervet
bright; ein Lieblingsaufenthalt der Stabtbewohner, vie hier ihn
Feſte und Picknics feiern. Im ver Nähe nannte man zwei berühmt
Nöfter, eines dem Theodorus und der Theobora gemeiht, det
andere Johannes dem Täufer. Bon hier lehrte man zur Bu
ftadt Baghlar zurüd, nachdem man bie Umgebung ver gan
Stadt recognoseirt hatte, deren Refultat die an biefer Rocalität ber
richtigte Eintragung ber Flußläufe des Soghanlyſhſtems fein Lomate.
. Am Orminiusgebirge in ber Umgebung von Zafaranbely
hatte man aufer Trappfel® und Trappconglomeraten auch Kell⸗
fteinformationen gefunden, die aber ohne Mufchelpetrefacten
waren, während vie darüber gelagerten Sanpfteinebenen um
Raltfteinfhidhten ganz mit Betrefacten erfüllt waren, ale
offenbar auf eine ganz verſchiedene Bildungsperiode beider Forme⸗
tionen binwiefen. , '
Es blieb nun noch übrig, bie öſtlichſte Begrenzung det
es) eafling. Reife nach Spanien, von C. v. Lönne. 1751. 5.106
u. 137,
Waſſerſcheide zwiſchen Billäus und Halys. 741
Billäusſyſteme am Zerb Dere Thale 5i8 zu deſſen Duell»
flüffen gegen das hohe Iflani von Kaſtamuni zu ermitteln und bie
Waſſerſcheide am Gjöt Irmak zum Halysfluffe nachzuweiſen, um
dem Billäusftrome feine Selbftftändigfeit nach allen Seiten bin zu
Ken.
Erläuterung 5.
Meberfteigung des Hochplateaus beider Iflani von Zafaranboly
und Kaſtamuni von W. gegen D. auf ver Wafferfcheive zwi-
fchen ven beiden Stromſyſtemen bes Billäus und Halys *).
Nachdem die Tiefe tes Landes erforſcht war, flieg man auf
dem fchon zunor betretenen Boden auf die Höhe des Plateaubos
dens zurid bis zur Paßhöhe von Sapandſchylar, bei 3200 F.
Ab. d. M. Der Weg auf ver Hochfläche ging durch Wälder, in
denen nicht felten noch Schneeflede lagen, während bebeutenbe
Streden mit Moorbrüchen bebedt, andere ganz wüſte lagen und nur
bie und da einzelne Dörfer ſich zeigten. Bei dem Dorfe Osman-
diſch yk lagerte ſich eine 20 Fuß mächtige Quarzſchicht quer über
den Weg, der fonft durd bie Einförmigfeit der Moorlandſchaft wer
nig Intereffantes darbot, bis man erft fpät in ber Dunkelheit bie
einfame Wohnung bes Ajan viefes 15 Dörfchen umfafjenden Die
ſtricts antraf, der nod zur Jurisbiction von Zafaranboly gehürte
unb baher das Iflani von Boly heißt, aber durch Räuber fehr
unfider gemacht wurde. ”
26. Oftober. Weber nievrige Sandfteinhöhen ſchritt man zur
Einfentung ver Plateauhöhe gegen Often fort, die Bedil heißt, zu
welcher 5 Dörfer gehören mit Aderfelvern, bie hier ihren gemein-
famen Marktort haben, wo man am Wochenmarkt eine Reihe
aufgelchlagener Kaufbuden antraf, in welcher die meiſten Geſchäfte
am Sabbath der Moslemen gemacht wurden. Bald varauf Fam
man zu einem zweiten Thale mit mehreren Dörfern, in deren Mitte
ver Bazar ven Namen Iftambol Bazar führte, eine fonverbare
Sitte, ven Markttag am zweiten Tage ver Woche, nah dem
Wochentage in Eonftantinopel zu benennen.
®?) W. Ainsworth, Trav. and Res. I. c. I. p. 70-73; deſſelben Notes in
"Journ. ef Lond. Geogr. Soc, I.c. IX. p. 242-244.
742 : Blein-Afen. & 16.
Im Orte Tfpelebi ki di Inne bei einer Sounenhahe befien Bag
zu 41° 24° M. Br. beftimmt werben. Vier Stunden weiter werke
durch einen fehr fleinigen Plateaudiſtrict die Reſidenz eines zweitm
Ajan erreicht, unter deſſen Jurisdiction (Kadheiht) 20 Dice
liegen follten, die zu Kaftamuni gehörten; biefer wurde daher der
Iflani von Kaſtamuni genannt. Dies find bie beiden Iflani
oder hohen Plateaudiſtricte zwiſchen Zafaranboly und Kaftemmi.
Indeß ſcheint man in der Angabe der Dörfer der Kadhylyls fh
nicht ſehr gleich zu bleiben, da man von den Ajans darüber fe
verſchiedene Zahlen hörte. Die Urſache war wel, daß in bem wert
bevölterten Hochland fi zu ben Tarationen und Bffentlihen Br
handlungen meift 8 bis 4 ber ſchwach beſetzten Dörfer zufamme
* thun, bie man dann gemeinfhaftlih zu einem Divan reiad,
d. i. als eine Gerichtöbarfeit zählt, umd nicht ala 3 oder 4, it
auch gemeinfchaftlich bie Abgaben zu erlegen haben. Der kim
Ort ftand an einer Stelle, wo früher ein Schlachtfeld geweſen
Das Iflani von Zafaranboly zeigte eine Höhe von
2814 8. P. ibn
Das Plateau von Tſchelebi Kibi 2607 » .
Das Iflani von Kaftamuni 2663
Die Plaine mit dem Bazar des Iflani von Bat Gegt am
100 Fuß tiefer als Tſchelebi Kijöi.
Auch der norddſtlich am Kaſtamuni Iflani anfiegenbe Diftit
Dadaſi kann als Fortſetzung des Hochplateaus gelten, und iſt em
von Bergen und dem Iflani umgrenzte Hochebene von 2251 $. 8.
durch bie Kette Uzun Burun (b. i. lange Nafe), an ihrer sn
Einfattlung noch 3376 Fuß Par. üb. d. M., von dem in SR
anliegenden Iflani von Kaſtamuni geſchieden, und mit vielen pitte
resten Thälern und Bergfirömen gegen Nord zum Pontus obfie
end, während fie ihre öſtlichen Waffer aud durch den Gil fe
zum Halys ſendet. Den Boden dieſes Hochlaudes rähmt Aint
worth als einen der fruchtbarften In Kleinaſien, ein wahres Ger-
ſten⸗ und Weizenland, wo aud) etwas Mais an fonnigen Stellen,
doch nur wenig, gebaut werde; dagegen eine Art Polygonum in des
Feldern wachſe und ein Chenopodium, das, zu Hilhnerfutter gebraudt,
reichlich Eier gebe, beide Gewächſe aber auch zu Brod dienlich fen
Die Gärten geben Kohl, Gurken, Gemüfe, und wilrden and ge
deihliche Kartoffelernte bringen. Die Yeder werden gut gehängt
und bebaut. Die Laudſchaft zeigte viel Analogie mit ber un
Irland; eben fo Häufig in den vielem moorigen und fump
Wafferfepeide zwiſchen Billäus und Halys. 743
Stellen vie Binfen, Sqchwingel (Festuca) und Xrespen- (Bromus)
Werten wie dort. - "
Am 27. Oktober zog man über den Kaltfelsboven des Iflani
nach dem Culturthal Süghär (d. h. Stier) gegen Oft fort, und
erreichte jenfeit einer Meinen Ebene 5 Dörfer als einen fogenannten
Divan (Obergerihtsort) und jenfeit beffelben ein Tekieh Kibi
@. i. Derwiſchlloſter ⸗ Dorf). Von hier an änderte ſich ber land⸗
ſchaftliche Character ver Iflanis ober ver Hochplateaus; ftatt ber
bis dahin vorherrſchenden Ebenen ftiegen hier Gebirgehöhen auf mit
fanften Gehängen, die bad in Walpgebirge, in fcharf geſchnittene
Regelberge, in enge und tiefe Thäler, unten mit Fichtenwälbern, oben
mit Birlengehblze bewachſen, Abergingen; es ift der Diftrict des
Rara Agadſch (b.i. Schwarzbaum, worunter bie Türken gewöhn ·
Eh Tannen verfichen), der zum Ajanlyk Tſchilany gehört, beflen
Bortfegung die hehe Gebirgstette des Uzun Burun bildet,
bie Wafferfgeide zwiſchen Billäns und Halys, von der ſchon
feier bie Reve war (ſ. oben ©. 411), denn von hier führte ver
Weg mad, Kaſtamuni.
Erläuterung 6.
Der Küftenfluß Milan fu, Hypius der ‘Alten, mit feinem
Stromgebiete von Uskub (Prusias) und Düzefche (Dusae), bis
Attſche Schehr, und der Küftenweg von da bis Ereffi
“ ” (Heraclea Pontica).
Zyriſchen der Billäus- und ver Sangarius-Mündung
im Bontus bleibt noch ein Küftenflüßchen der Alten, Hypins!®)
ga erwähnen übrig, ber von Gchlar, Arrian, Apollon.
Argon. II. 794, Marcian. Peripl. und Andern genannt wirb, und
ven heutigen Milan fu over Milan Irmak entſpricht. Er
Fepeimt zu anbebeutend zu fein, um eime geößere Rolle fir das.
Biunenland überneimen zu konuen, doch muß er durch eine gute
Hafenmiadung auögegeichuet fein, da einſt ein großer Theil ber
Wlotte des Könige Mithridates VI, ber auf der Ueberfahrt vom
Serieſpont nad) Heraclea von eiman heftigen Sturme überfallen
wurde, bei welchem er, wie Memnon fagt, nur ein paar Trieren
—i
492) Fatoc, aicht “Yramıer, Wie ſchon Arrani Nichmed, Fran. ed. Mull.
Fr. H. 6, Ill, p. 594, 44 berichtigt hat.
744 Klein-Afen. 6.16.
einbüßte, in berfelben Schuß gefunden habe (Memnonis Fragm. b.
Muller. Fr. H. G. III. p. 548, 42). Doc) verbient er bei der
Alten Beachtung, auch wegen der am ihm gelegenen Stabt Pru-
sias ad Hypium, bie Ptolemäus Prufa nemmt, aber von ber
Prufa am Olymp (jest Bruffa) unterſcheidet, weil fie von Han»
nibal (Plin. V.48) angelegt war. Dieſe zweite Pruſa ae
Brufias lag nad Plinius unter dem Berge Hypius (Prusa alters
sub Hypio monte); vie hypiſchen Berge, von den Myſiern
bewohnt, führt au Nymphis Heracleota (de Heraclen Frage.
in Mull. H. G. Fr. III. 13,3) an, ver dabei bemerkt, daß be
Fluß Hypius zum Gebiet ver Heracleoten gehört habe !%), und ve
Scholiaſi bei Apollonius (Argon. IL. 797) fagt, daß der Hypins
in biefen Bergen entipringe. Diefe Prufa möge wol, wenn nich
von Hannibal, dod durch ihn von einem Könige Brufias gegrüukd
fein, wie jene olympiihe unter dem bithynifhen Könige gleiches Nr
mens, die aber hiſtoriſch viel berühmter geworben if. Ein Epis
copus Heſhychius von Prufias hat nech das nicäifche Concilin
unterf&rieben, im 4. Jahrhundert beftand alſo ſchon der Bifhefäit
in biefer Stabt, die damals unter der Form Prufias auftrat, we
fie aud auf Münzen nad) Seſtini vorkommen ſoll (ITPOYSIEQN
IIPOS YIMIQ2),. vahingegen jene olympiſche Stadt Pruſa heiß
(auf Münzen IIPOYZAERN).
Schon D’Anville und Rennell haben biefe Prufias wi
Ustub .iventificirt, obwol fie vefien Lage viel zu nahe am Das pw
tifhe Geſtade rüdten, ba ihnen deren genauere Tocalität unbelumt
geblieben war. Durch Ainsworth lernen wir ihre Lage eteet
genauer, und durch E. Bord Einiges über bas Borlommen re |
Ruinen fennen.
Ainsworth%) verlieh, vom Sangarius kommend, die States |
Chandak (durch Macd. Kinneir, und Andere belauut, f. ob |
©. 292) am 25. Septbr. 1839, die im Walde an ber Hanptfirei
gelegen, eine befuchte Poftftation ift, die ihre 200 Pferde halt
mußte. Sie zeigt nur wenige zerftreute Spuren von alten Archite-
turen, wenige behanene Duaberfteine, Säulenftüde u. vergl. Art
Ummegen durch Buchen» und Eichenwaͤlder gegen Oft gelangte @
nach 4 Stunden Wegs zur offenen Ebene nach Düzdfcheh, deike
’») J. A. Cramer, Asia Minor: I. p. 201. ) W. Ainsworth, Trar.
and Res. Le. 1.9. 30-38; Def, Notes ia Load, Geogr. Jos IE
p. 220-224.
Der Milan ſu; der Hypius der Alten. 745
Ramenöverftürnmelung aus Dusae pros Olympum wir ſchou
oben im antilen Namen Dufae (f. oben ©. 716) nachgewieſen ha⸗
ben. Wie Ker Porter, fo fand auch Ainsworth bie Landſchaft
ber dortigen 5 Stunden langen und 2 Stunden breiten Ebene, die
anf allen Seiten mit Bergen umgeben ift, von befonverer Schönheit,
die Niederung von bem ſchönſten Grün geſchmückt, von großer
Fruchtbarleit, aber faft völlig unbebaut, die Berge bis zur Höhe
mit ven fhönften Walvımgen bebeft, und das Thal vom Milan-
Binfle-in vielen Windungen nordwärts durchzogen, wo ein See Al⸗
teni Gjöl im fürweftlihen Winkel der Ebene durchzieht. Hadſchi
Chalfa nennt diefen See Afnaniy), und fagt, der Egri fu er-
gieße fein Wafler hinein. Dort werben viel Rinder gezogen, bie
Aeder geben zothen Reis. und die Wälder Banther, Marder und
viel großes Geflügel.
In Düzpfcheh (Duzge bei Norberg, Gih. Num. II. p. 464),
das mar ans 20 Häufern beftand, fanden ſich viele Refte von Säus
len, Eornifden auf Grabftätten aus byzantiniſcher Zeit, welche
zeigten, daß der Ort einfl in größtem Wohlftande geweſen; eine
Brumnenfäule bei einem Chan war mit netten Sculpturen von’
Tauben und Guirlanden ornamentirt. Die Stadt iſt ohne belannte
Geſchichte.
26. Sept. Von dieſer Station ſah man gegen die Waldge⸗
birge von Boly, gegen SD. 1500 Fuß hoch, und gegen N. bie
eben fo hoch ſich erhebenven Jaila Dagh, gegen W. einige niebrigere -
Berglüden; ter Milanfluß hatte aber große Streifen ver Ebene
äberfchwenmt, und dies mag mit dazu beigetragen haben, ber Fluße
zeichnung eine fo umfangreiche Geftaltung auf der Karte zu geben,
welche von der Bolotowſchen Karte fehr abweicht, vie freilich mır
in pumctirter Finie einen ungemein füblihen Urfprung bei Keſtebel
weſtwaͤrts von Nallythau (f. oben ©. 561) anweiſet, worüber wir
ganz im unllaren geblieben, da biefe Wegſtrecke noch unbeſucht war.
In Weſt von Düjzdſcheh find zwei Höhenmeffungen am Milanfaufe
belaunt, zu 1190 und abwärts von da zu 864 Fuß Par., zu beren
öRlicher Seite eine Berghöhe eingetragen ift, auf ber Uskub am
Sädabhange einer Yaila in 1384 Fuß Höhe angegeben ift, welche
wohrfcheinlidh vie Montes Hypii bei Plinius bezeichnen. Bon
Düzpfcheh wurben nad; manden Ummegen wegen ber Ueberſchwem ⸗
ungen bes Milan ⸗Fluſſes, die ſich gegen Weft hinzogen, nad
*) Giban Numa.l. c. Il. p. 464.
246 Mein-Afen. 4. 16.
0} Heinen Stunden Wege Uskub, gewöhnlich Esti Bagh gmanal,
in der Richtung von N. bꝰ O. am Fuß jener Berge errricht, em
nicht unbeveutende Stabt, davon ein Theil der Stabtmauer, weider
bie Runbung bes Berges umgiebt, guet erhalten iR, ein anbrer Theil
der Stadt aber auch außerhalb der Mawer liegt, bei welchen fh
Nefte von Aguäducten erhalten haben, vie jedoch aus wenerer Jen
berzuftammen fchienen. Dagegen geigten die Ummmanerumgen in ihra
Thoren, auf welche die Straßen ber immeren Gtabt zuliefen, ei
eigenthümliche Conftruction aus ſehr großen Quadern, wit mädt
gen, horizontal übergelegten maffiven Querfleinen, vie zum Thordeche
dienen, welche bie Länge von 12 Fuß und bie Dice von 8 Fuß 3 Zel
an einer der völlig ungeſchmückten Thordecken erreichten. Sie fd
wen, nach Ainsworths Eindruck noch einem antifem pelasgifden
oder chelopifchen rohen Bauſthle anzugehören!”). Im einige
dieſer Architecturen ſchienen Anlagen von Tempeln geweſen zu fin;
eine verftümmelte Iufcription von vier Zeilen amf dem Pierid
eines Weihedenkmals fhien einer Statue angehört zu haben, ae
aus fpäterem Jahrhunderte zu ſtammen.
€. Bors hatte Uskubee) am 20. Mai 1837 von ber ie
voßfeite her befucht, und feine Acropole, in weicher ein Bey vefiirk,
beftiegen. Sie liegt auf fteiler Anhöhe über ver Stabt und zeige
Grabſtaͤtten mit Säulenreften, an benen er corinthifche Capitale mehr
nahm; er nannte fie eine griedhifch-römifche Colonie, m
copivte bort viele Imfcriptionen, bie aber niemals Europa erredt
su haben feinen; auch Münzen von Golb und Silber führt ex von
Orte am, bie nur zu häufig eingeſchenolzen würben, und ben BR
eines Amphitheaters®). Die Statue einer Maria mit ben
Chriſtuslinde, die er in einem Garten fah, machte es ihm mar
" fgeimlich, daß bier frühzeitig eime qhriſtlicht Kirce geſtanden. Ir
der Weſtſeite der Stabt trete aus einem großen ſiſchreichen See cu
Heiner Fluß, über ven eine Steinbrüde hinwegführe. Er fah dert
la in Blüthe (Springe), hörte Nochtigallgefang und hielt bir
Berge im Gäben ber Stadt, wo er noch eimen Kegelberg mit Schee
bededt ſah (Quarduz? genannt; wol nur ein Gipfel bes Abbas
Dagh, Olympus) für den Mons Hypius. Er eilte von Ustal,
wohin er nur vom Hafenorte Altſche Schehr einen Ausflug gr
”) * die sing Bieee Thors bei W- Ammon, Tre. sd Bu.
E. Bore, Nem. et Corresp. I. p. 197—200.
* &. ve Ashibung bei P. v. Tehihaschelf, Asie Mineure, I, Als
PL. 16. Theätze antique & Uskub (Brasise).
‚ Melub/ und der Usküblũ fu. 2747
macht Hatte, nach dem Hafen zurück, den er für ven Hafenort von
Bruſias hielt, um fi von da nad) Heraclea einzufciffen.
27. Sept. Ainsworth verließ Uskub unter beſchwerlichen
Auffteigen ans Ufer eines Bergwaflers, an welchem zerſtreute Ruinen
durch kothige Wege, in denen die Pferde fait fteden blieben, ihr
mähfam 1350 Fuß üb. d. M. zur Höhe des Walbbergs führten, ber
mı Gihan Numa Tſchileh Dagh (Chile bei Bors), von Ains-
worth Jaila Dagh, die Sommerftation genannt wird. Im
Walde fah man überall die Wirkungen ver rohen und zerflörenden
Urt, das Zimmerholz und die Maftbäume buch Yeuer-
brand, ben man an bie Wurzeln Iegt, fich ſelbſt fällen zu laſſen,
am damit die türfifche Marine mit Schiffbauholz im nächſten Ha-
fenorte zu verfehen. Das Knarren ber plumpen Holzräder ber
Rãderkarren durch den Moraftboden ver Wälder, von 10 bis 12
Geſpanu Büffelochſen langſam gezogen, dröhnte auf allen Seiten
om Wege hin, den man 618 zur Abenbbämmerung zu nehmen hatte,
che man das Küſtenflüßchen Ustüblü fu erreichte, das fih in ge
ringer öftliger Ferne von ver Mündung des Milan fu (Hypius) in
das Meer ergieft. Es mußte in feinen Windungen mehrmals
durchſetzt werben, ehe man im Dunkel zum Hafenorte überfchiffen
Ionnte. Diefer, aus einer langen Reihe von Holzhäufern und einem
Strandufer beftehenb, zu dem man bei ſchlechtem Wetter vie Küften-
fahrzeuge ans Land zieht, wurde Tſchuwally Isteleffi (Stala,
d. i. Landungeplatz) genannt. Nur eine Biertelftunde weſtwaͤrts von
da liegt Altſche Schehr (d. i. bie weißliche Stadt, von dem Weis
ben Anfehen ver alten Ruinen jo benannt, wie es in einem Wioder-
un un ermeriihen Periplus erklärt wirb?"), nicht, wie Yinsworth
ellärt: „@eloftabte, weil aktscheh, d. i. weißlich, auch vie ſchlechte
turtiſche Scheivernänge genaunt wirb), die Reſidenz des Ajan, melde
ach Akhiſſar, d. i. Weißſchloß, heißt, die zu erreichen man von
Ustab 9 Stunden Zeit gebraucht hatte. Ein altes Diospolis
wird hier nur im Periplus des Marcian. Heracleot. p. 70 genannt,
30 Stadien in Oſt von der Mündung des Sangarius, nämlich
150 Stabien (7%, Stunden) 618 zum Hypius, und von ba bis
Diospolis 60 Stadien (2, Stunben), wo eine bequeme Anler⸗
fation, ein Ögopuos ſei. Bon ihm zum Eulius noch 90 Stabien
) Dinas Bſheſchlian von Trapezon, Beſchrelbung we Bunte Curl⸗
uns, Venedig 1819, im vulgaͤr⸗ armen. Sprache, 12 mach Kies
peris —E
748 Klein-Afien. $. 16.
(4%, Stunden) und von ba nach Heraclea noch 200 Etabm
(10 Stunden), alfo von da bis Heraclen rechnet derſelbe von Diokpelit
noch 14'/, Stunden (290 Stabien) Entfernung. Diefe Atide
Säehr?V!) war früher die Refivenz eines Woiwoden und eine be⸗
deutende Stabt, bie aber durch frühere Kofadenüberfälle vom Trier,
die den ganzen Pontus durch ihre Seeräuberzüge im 17. Yahıkıw
dert noch in Schreien fegten, unter Sultan Ahmed I. (1608-1617)
niebergebrannt umd zerflört wurde, wie jo mandye andre.
As Ewliya Efendi fie im I. 1648 befuchte, war fie bis m
600 Häufern herabgefunfen, war aber noch ver Hafenort der Stabi
Boly am Filijasfluß, wo 70 große Magazine mit Zimmerholz unt
Maften zur Ausſchiffung gefüllt lagen. Akhiſſar, wie die Etat
heutzutage genannt wird, hat nur noch an 20 Häufer; ein Heine
Schiff, von der Donautüfte bei Warna kommend, verfah vie Stat
mit gebörrtem Fleiſch und wurde auf den Strand gezogen, ein
Brigg wurde hier gezimmert, an dem Strande wuchs in Menge de
Beriergurfe (Momordica elateriun), deren braftifch purgirendel
Heilmittel fon dem Hippofrates befannt, hier aber noch vll
umbefannt geblieben war. Die Regengüffe nöthigten hier zu einigen
Aufenthalte, während welchem man die Mündung des Milan fr
auch nicht zu fehen befam, die aber Bors in einer Fähre hate
überfeiffen müffen, und als man and) am 29. September geyn
Dften aufbrach und den angeſchwollenen Ustüblä {u oder Atſa,
der bis zu 13 Schritt Breite und großer Tiefe angefchwollen war,
ſchon überſetzt hatte, konnte man doch wegen ber nachfolgenven Ki-
fienfläßchen bei dem Dorfe Akkaja Kidi (Weißfelfen-Dorf) wiht
weiter vorbringen. Das Dorf war von ZTärkifhrevenden, aber von
einer ganz fremben Völferrage, bewohnt. Die bei Nordwinden or
ſtürmende pontiſche Meeresbrandung, welche tief in das Rand eintrat,
machte es unmöglih, auf dem böfen umd engen Strandpfade bie
Belskfippe der Vorgebirge zu umgehen, warf Pferde und Menden
um, fo daß man, um nicht Gefahr zu laufen, im Wafler zu ertrim
fen, ba aud die Felsküſte unüberfteiglih war, umkehren wmıhte
nad dem Dorfe Akkaja Kidi, defien Lage unter 41° 4° RE.
ermittelt wurde. Die Küfte nimmt bier eine fehr nörblide Wen
dung an und beſteht aus Horigontafen und wilo, ja ſenkrecht in Zidzat
und plutoniſchen Krümmungen emporgehobenen Schichten von Rall-
*H Ewiiya Efendi, Narrative of Trav. transl. b, v, Hammer, London 1850.
vol, II. p. 35.
Die Küfte ver Mariandynen. 748
Rein, Thenſchiefer mit lydiſchem und THoneifenftein. Die Bege-
tation am dem Norbgehänge bes Hypiusberges ober des Daila
Dagh gegen die Meeresküſte ift eine ganz andere, mildere ge»
worden, als bie innere des cohtinentalen Gebirgslandes. Statt des
Unterholges von Ranfen, Dornengebüſchen und Farrnkräutern traten
am ihrer Stelle die liebliden Gebüfhe ver Rhododendren,
Dieander, Myrten, Burbaum, Eiftus, VBaccinien ımb
Daphnearten hervor, und eben fo große Mannichfaltigfeit unter
den Balpbäumen, unter denen der Kaftanienbaum eine beveutende
Stelle einnahm; aber für Agricultur ſchien die Küſte feineswegs er-
tragreich zu fein. Das tief einfchneivende Kreisfegment der Mee-
resbucht vom Borgebirge Ealpe (Kerpe) über die Mündung bes
Sangarius und Heraclen oftwärts hinaus bis zum Pofibium
Bromontorium, bem heutigen Baba Burun und Tſchauſch
Burun, war von ven Mariandynen in alter Zeit bewohnt, an
deren Geſtade nur menig zu holen mar und an vem alle Reiſenden
feit Xenophons Zeiten bis in bie jüngfte Periode vorüberſchifften,
and nur erft am Oſtende zu Exegli (Heraclen) anlanbeten.
2. October. Erſt als das Wetter ſich beruhigt hatte, konnte
man wagen von ber Oftfeite bes Hypiusgeſtades foeiter bis Hera⸗
elea, ven heutigen Eregli, fortzufchreiten, wozu zwei furze Tage
mörfche hinreichten. Den nädjften bebeutenden Küftenfluß von
Altaja Kjöi, den Kodfhaman, konnte man zu durchreiten ſchon
wagen, leichter war ber nächſte Kokala zu durchſchreiten, der ſchon
bis auf einen halden Fuß Tiefe gefallen war. Er durchfließt ein
fhönes breites Thal, das aber unbewohnt war; Wälver von Buchen,
Eigen, Kaftanien, Piftacien, mit dem ſchönſten Unterholz
siert, ſchmüctten das Land, das voll Vögel, zumal von fehr vielen
Wach teln und einer überraſchenden Menge von Ziegenmeltern
(Caprimulgus) bevölfert war. Gegen ©. erblidte man die Jaila-
berge, bie fübmärtd bis Boly ziehen, gegen N.D. und D. erhoben ſich
die Berge bes Lycus und die Trachytkegel bes Kara Dagh
gegen Nord nach dem Vorgebirge Poſidium und Alablh hin wurde
noch der Meerfeite zu das Land offener, und ohne weiteres Hinder⸗
niß wurde am Abend der Hafenort Alably erreicht.
Der Alably-Fluß Hat 17 Schritt Breite und einen Fuß
Tiefe unter ver Holzbrüde, die über ihn führt; fein Vette erweitert
fich aber noch oberhalb und unterhalb derſelben zum Meere; er ent-
fpricht nach Marcians Angaben vem alten Euläus. Marmore
fanden ſich nicht, außer vinigen Fragmenten von Säulen, bie im
750 Mein-Afen. en.
Haufe des Ajan angebracht weren. Der Ort hat am 50 Hänfer
unb wird meift von Fiſchern bewohnt. Von der Höhe Aber dem
Orte konnte man in ber ferne ſchon gegen Norb die Mauern der
alten Heraclea erbliden und ven Leuchtthurm, der dort aber durh
die Bernahläffigung der Wächter kein Licht im der Noth ſpendet;
der Umblid über Meer und Land ift hier großartig und erheben,
au berjelben Stelle, die einft von Heracles ihren Ruhm erhielt.
Da man in dem Fiſcherdorfe feine Poftpferde erhalten Ton,
mußte man fi auf einem Küftenboote nah Eregli einfchiffen, des
nad Dublirung des Caps Tſchengel Burun, aus Trachyt und
Kalkſteinllippen beſtehend, und nach Vorüberfahrt am der Mint
des Kilidſch ſu oder alten Lycus aud) am deſſen jenfeitigen ref
ten Uferfeite in ein paar Stunden erreicht wurde.
8. 17.
Neunzehntes Capitel.
Die pontifhen Küftenftäbte der weſtpontiſchen Küften-
linie zwifhen Sangarius, Halys und Iris.
Am pontifchen Geftade find außer den wichtigſten Cäftenfläffen,
bie wir zwiſchen Sangarius und Halys fpeciell begleitet und arq
von da im Oſten über den Thermobon bis zum Tſchoruk tier
landein verfolgt haben, die Hafenorte und Hafenftänte nehm
ihrer Bertheilung und Einwirkung auf den Verkehr und die Ber
bung der Halbinfel beſonders in Betracht zu ziehen, da in ihnen
meift der Focus der Thätigfeit des dahinter ansgebreiteten Conti» |
ments ſich concentrirt, der, wie das Land feine Waſſer durch die
Flußmündungen ausftrömt, fo aud buch das Land feine Pre
ductionen, die es in Ueberfluß barbieten kann, vom Hafenorte
vermöge ber Cabotage oder Segelihiffahrt, in meuefter Zeit eh, |
zumal da ber innere Verkehr durch ben völligen Mangel am fahr
baren Sandftraßen faft gänzlich gehemmt ift, durch die neubelebte
" Dampffhiffahrt in die Fremde ausſendet.
Die großen Emporien wie Trapezunt; Samfun, Sinope,
Amaffera, Eregli find zwar befannt genug buch emopäiiher
Weltverlehr, aber zwiſchen ihnen liegen viele geringere, bie zu ihrer
Zeit nicht ohne Bedeutung für den Gang ver Völlerverhältuiſſe mh
Eroilifationsguftände waren, und auch ſchon in ber Gegenwart ger
Die pontifchen Küſtenſtädte. 751
heben ih einer diel geöferen Entwidelung für die nächſte Zukunft
erfreuen dürften, wenn es unter Gottes gnädigem Beiſtande auch
den humanen Beſtrebungen der Regierungen und der Politiler ge⸗
fingen follte, ein verjüngtes menſchliches, fittliches und chriſtliches
Leben auf einem ber begabteften und entwidfungsfähigften Gebiete
der alten Welt zu erweden, das einft ſchon beffere Tage erlebt
als die traurigften der die Menſchengeſellſchaft entehrenden Ge-
genwart.
Ehe wis jedoch zu den Specialangaben in ben beiden großen
natürlichen Sectionen der pontifhen Küftenlinie: ver
oftpontifhen zwiſchen Tihoruf und Halys, und ver weft-
pontifchen zwifchen Halys und Sangarius übergehen, feheint
und eine Bemerkung Ainsworths über die Küftenbilvung ver leg»
teren lehrreich zu fein, die das Zerftrente ihrer Geftaltung ala
Refultat feiner Beobachtung kurz anveutet, worüber fpäterhin bie
Geognofie mehr Licht zu verbreiten im Stande fein mag, bie bisher
erſt angefangen hat auf dieſem Gebiete zur Unterfcheivung und Ente
wirrung ber bisher bort meift unbekannt gebliebenen Bobenverhäft-
wife nad, Gebirgsformeationen ſich zu orientiven, mas, wenn biefe
Arbeit?) einft zu ihrer Vollendung gelangt ift, ein noch weit ſtrah⸗
lenderes Licht über das Ganze zu werfen im Stande fein wird.
Bon dem bithnnifchen Vorlande weitwärts des Sangarius
bis zu den paphlagoniſchen Norbcaps von Eregli (Heraclen), fagt
Yinsworth°), hatte er bei feinen Durchwanderungen der Küften-
gebiete vorherrſchend nur die äfteren ımb jüngeren Kalfflein- und
Kreidelager, aus weldhen jener Boden befteht, im Contacte mit ven
plutonifchen Gebilven gefehen, welde jene an vielen Stellen durch⸗
brechen, umb babei bemerkt, daß der dadurch metamorphofirte Kalle
fein faft nirgends in kornigen Kalkftein oder Marmor übergegangen
wer, wiel häufiger aber in ein hochrothfarbiges Schiefergeftein, veffen
Bildung nicht ohne Feuereinwirkung ftattgefunven haben Könnte, wie
dies auch überall die fie begleitenden Contortionen ihrer Schichten
ſtellungen nachweiſen.
Die nicht durch Feuereinwirkung und Contact mit plutoniſch⸗
e) P. de Tehihaicheſt, Memoire sur“les Depots acaimeniaires de l’Asie
Mioeure; Bullet. de la Soc. Geolog. de France. 2. Ser. 1850. T. VII.
p- 388 etc.; bei. Memoire sur les Terrains Jurassique, Cretacd et
Nummulitique de la Bithynie, de la Galatie et de ia Paphlagonie,
ebend. 185f. Bullet. T. VIIL. p. 280. ) W. Ainsworth, Notes etc,
in Boy. Geogr, Jouraal of Lond. 1838. 1. c. Vol. IX. p. 236286: _
—
752 j Klein-Afen. gt.
vnlcauiſchen Gefteinen daſelbſt vorhandenen Gebirgsmafien fhiesen
ihm einen ganz gleihartigen mineralogifhen Character zu haben,
Sedimente aus einer Periobe, da noch feine Organismen, wenig
Algen ausgenommen, und noch gar Feine Mufchelarten ans dem
Meere niedergeichlagen wurden. Dagegen zeigten weitverbreitelt
DOftraciten-Sandfteine umd fehr muſchel reiche Kalkſteine
offenbar einen neueren litoralen Urfprung.
Das Gebiet gegen das nicomediſche vordere Halbinfelland, wd-
ches mit jenen erfteren mufchelleeren Sedimenten überbedt ift, jhien
ihm daher vor deſſen Hervorhebung in einer ſehr großen ſubmeri⸗
nen Tiefe geftanden zu haben, bie im Süden vom Olymput-
Gebirgszuge begrenzt war, der zu gleicher Zeit gegen Norde
die centralen lacuſtrinen Nieverfhläge, die" Hamilton beſchrich
in Süd und durch bie. weftlichen Verlängerungen des Taurus um
ſchraͤnkte. An dem Süboftabhange des Taurus hatte Ainsmworth
dieſelbe Epoche der oberen Kreideſchichtungen umb ihrer Nieverihlägt
wie dort nachgewiefen, die in Norbiprien in ben bei tiefen Mean
muſchelleer gebliebenen Felsbildungen nachfolgte, welche demnach ber
ſelben Epoche wie die der bithyniſchen Bildungsperiode anzugehirn
ſcheinen.
As Ainsworth nun auch das Küſtenlaud von dem Sau-
garius und ven Hypius bis zum Parthenius durchwandert hatte
und dieſes überall ſich bergig zeigte, fo konnte dieſe Stufe ver
Küftenberge doch ftets fehr gut von dem ſüdlichern hohen Zuge
der Olympuskette unterfhieven werden. Obwol biefer auch he
und da mehr ober weniger unterbröchen ſich zeigte, und and er
ſchiedene moderne Namen trägt, fo weichen feine Contouren jdn
auf das fihtbarfle ab von ven lateralen Zweigen und trank
verfalen Bergzügen, welde fo vielen Heinen Küftenfläfien, de
direct zum Pontus abfliegen, ven Urfprung geben, over aud) ber
tributairen Zuflüffen zur Seite der aus dem Hinterlande hervet ⸗
brechenden größeren Ströme, wie Sangarius, Lycus, Billäus, Bar
thenius. Diefe vorgelagerten Maffen nım als fuftematifde Abpre-
‚ gungen und auslaufenve Glieverungen des Taurusparallels anzufehen,
würbe zu ganz incorrecten Borftellungen führen; denn eben fle fiat
file ſich, fagt Ainsworth, ganz diſtincte Gebirgefnfteme von der
ſchiedenem Urfprung und verfdiedener Structur, meift Gruppe
plutonifhen.Urfprungs, melde bei ihren Durchbrechungen au
ihren Flanken nur die Schichten früherer Sedimente mit emporrid
‚teten, aufftülpten und deren Iosgeriffene Fragmente mit anf ihren
Die pontifhen Aüßenfläbte. ‚208
Säultern emporhoben und fe tengen, die alfo mit zum Compoſition
jener mehr gerunbeten Formen ber irregulären Bergdiſtricte Bithh-⸗
niens gehören. So die Öruppe des Kodſchaman Dagh, (d. i. gror
Ber Berg, |. oben ©. 749), des Kara Dagh bei Pendſchſchembeh am
Weſtufer des Billäus, des Itſchiller Dagh am Parthenius u. U.
mit ihren Tradyilegeln und Bafaltgängen, eben fo die Ge
birgsgruppe der drei biftincten Borgebirge gleicher Natur, vie in das
Meer weit vorfpringen zwiſchen ven Münbungen des Billäus und
Parthenius und die einen gemeinfamen Felslern ver felofpath-pter
roreniſchen Reihe bilden, dem dann weiterhin die tradytifchen
Bildungen von Amaflera folgen. Die zwiſchen ſolchen Gruppen
liegenden Streden find meift irregulaies bewalbetes Bergland aus ,
rothen Sanpfteinen, veränderten Kalkfteinen, Kalkfteinfchiefern, deren
Zwiſchenthaͤler, mit den zertrümmerten Schuttmaſſen und Alluvionen
gefüllt und bededt, dann in ber Regel die der Eultivirung zugäng-
ũchſten Fruchtthaͤler und Einſenkungen des Geſtadebodens bilden.
Eine dritte allgemeine Bemerkung Ainsworth 620), die Küfte
des Pontus betreffend, haben wir noch beizufügen, welche im Gegen-
faß der reihen Muſchelbildungen an den. Geftaven des Mitteländi-
ſchen Meeres die große Seltenheit der Meermufdeln im
Schwarzen Meere betrifft. Keine der Arten, die dort fo häufig
find, wie Turbo, Buccinum, Purpura, Solen, Mactra u. a. finden
fich hier. Statt ihrer finden fi hier nur felten einmal Tellina,
Benus oder Cardium; nur Najades ober Flußmuſcheln kommen
haufig an den Mündungen der füßen Wafler vor; dagegen ift die
Fälle ver Fiſche, zumal der Thunfifche (Thyanus vulgaris) und
ihr reicher Fang feit ven älteſten Zeiten befannt, Ob die Abnahme
der mediterranen Salzigfeit des Pontuswaffers bei feinem fortwäh-
renden Abfluſſe zum Bosporus ohme Zutritt vom falzigen Meere
und befien Abi hwähung dadurch die Urſache ver condyliologifchen
Differenz fein mag (Pontus semper extra meat in Propontidem,
introrsus in Pontum nunquam refluo mari, Plin. H.N. II. 100),
ober ob die Ueberfhüttung ver norbpontifchen Fläffe von Donau
Bis Kuban mit fühen Waſſern über die Sübfeite des pontiſchen
Beckens hierauf zurildwirkt (Ovid. Epist. ex Ponto IV. 10. v.63—64
fagt: „Innatat unda freto duleis leviorque marinä est; quae
proprium misto de sale pondus hebet.”), ober ob bie heftige
Brandung und Anftürmung an ben ſudlichen Felsküſten des Pontus
20°) W. Ainsworth, Notes etc. l.c. IX. p. 226.
Ritter Erdtunde XVLL bb
754 - Rena. . 17.
hietven die Urſache fein mag? Ganz andre Werkätsifie trehn uf
jeden Hall hinſichtlich der Teſtaceenbildungen an. der ägkifgen un
cypriſchen Weft- und Säpküfte Meinaftens hervor, wo fie von Bar
be8?%) fo forgfältig erforfcht worden, eine Arbeit, bie mod ben
Vontusgewaͤſſer fehlt.
Zu den wichtigften Küſtenſtädten, welche durch ihre Haflik
dungen und Landungẽſtellen eine allgemeinere Aufmerffamkeit in den
Hergange ihrer Geſchichten feit älteften Zeiten erregt haben, gehtrm
zwiſchen Sangarins und Halys die Emporien: Heraclkı
Bonti (Exegli), Amaftris oder Sefamus (Amaffera) und 6i-
nope (Sinub); zwiſchen Halys und Acampfis (Tſchoruh ade
Amifus (Samfın) und Trapezus ober Trebizomd, bie beat
Zarabuzun. Zwiſchen ihnen liegen anbre, mitunter ebenfals fir
den Berlauf der Sahrhunderte, zumal ber älteren helleniſchen
zömifchen und germanifchen Zeiten bes Mittelalters, kim
wegs unbebentenbe, zumal in ver Geſchichte der Colon iſatioueu
für die Anfänge ver Civilifation oft vecht ſegensreiche umd wis
tige Sichtpumkte; aber ihr Glanz ift bei den meiſten im ver Ge
wort erloſchen.
Die Beriplen 6) ver früheren Periove haben fie mat mi
großer Sorgfalt und Bolftänpigfeit für vie Küſten ſchiffaht
verzeichnet, aber wenig zur Leuntniß ihrer Verbindung mit bar
Bimenlande beigetragen. Diefen Mangel haben vie Eommentatea
erfegen müffen, an deren Spige 9. Rennell 7) und Andre fein,
anf bie wir hier zurüdweifen. Die Geſchichte der griechifgen mt
anderen Colonifationen im Pontus find in ben Werten von Het
wifh, Raoul Rogette, ©. F. ®. Hoffmann Ami
gemeinen und in banfensiwerthen Monographien feit 8. E. Rum
bah8®), Polsberws, Menns, W. Th Strenbers, Fall
meragersn. A. antiquariſchen Werken umftänblich nievergelegt; u
°o8) Spratt and Forbes, Trav. in Lycia. 8. Lond. 1847. Vol. IL. p il
—128. *) Scylaz Caryandensis Periplus, Artiani Peripl. Pusi
Eaxini, Marciani Heracleotae Peripl. Ponti Eaxini et Macotidis Pılsds
Periplas, Scymni Chii Fragm. 7) Jam, Rennell, Treatise ea ie
Comparative Geography of Western Asia, with Atlas. Lond, 8. 18.
Vol, II. Examination of Arrians Periplus of the Euxine Sea. p. 271-3.
®) Fr. Eb. Rambach, de Mileto ejusque Coloniis. Hal. Sar. 17%. 4;
Poleberw, de rebus Heracleae Ponti. Brandenb. 1833. Marim. Seap-
busch, Sinopicarum Quaestionum Specimen. Berol. 1846. Streabe,
Sinope. Basel 1855; 9. Ph. Ballmeraner, Gejchichte des Kar
tyums von Trapezus. Münden 1827. 4; Einleitung. E14.
Weſtpontiſche Kaſtenlinie PM zum Halys. 755
heben Hier mr die geographiſchen Berhältniffe der Gegen»
wirt mit gelegentlichen Mädbliden auf bie Vergangenheit hervor⸗
anheben, infofern fie die gegenwärtigen Zuftänbe erläutern.
I Die weſtpontiſche Kuſtenlinie zwiſchen Sangarius
und Halys: Eregli, Amaſſera, Sinub.
Erläuterung 1.
Heraclea Pontica, Penderachia des Mittelalters, Eregli der
Turlen, ober Benderegli, d. i. Hafen Eregli.
Strabo in feiner Beſchreibung des Pontus (XI 542) ſagt,
daß mit Heraclen oſtwärts bis zu den Koldiern das pontiſche
Reich feinen Anfang nehme. Bon ver Propontiß bei Byzanz ges
gen Often ſchiffend, Iaffe man Bithynien' rechter Hand Liegen,
bann folge das Land ver Mariandynen, bann ber Baphlago-
nier bis an ben Halys; dann folge Cappabocien, dann Bontus
bie Colchis. Diefe ganze Küſte von Heraclen bis Colchis fei dem
großen Mithrivates, König von Pontus, unterwärfig gewefen, Daher
heiße alles auch bei Römern, obwol fie die Könige abgefegt, bie
Grenzen der Provinzen aber gelafien hätten, was weftwärts Liege,
Bithynien, ofwärts aber ber Pontus. Man fage zwar,
deraclea ſei vom den Milefiern bei ven Mariandynen gegränbet,
aber woher dieſe gefommen, was ihre Sprade und Abſtammumg
geweien, darüber jet man im Dunkeln, Theopompns aber, dem
Strabo hier zu folgen ſcheint, ſage, daß diefe Mariandynen, melde
javor das Sand bewohnten, von ben Mileflern unterworfen feien,
daß fie zwar biefelben als Kuechte hätten im Lande, aber fie nicht
über bie Orenge des Sanbes hinens verkaufen dürfen. Dierdurch if
ws ein Blick in den ganzen Eolonifationshergang des pontie
fen Geftades in feinem Uranfange gegeben). Denn auf biefe
Weiſe, wie es auch bei den Kretern und theſſaliſchen Peneften ver
Gebrauch geweſen, jagt derſelbe Geograph, wurden die Marian
dynen von ben griechiſchen Coloniften zu feibeignen Banern
®) Ueber Marlandynen und ihre älteflen Suflände ſ. Movers, die pho⸗
nigier. 2.80. 2.25. ©. 297-304.
8552
.
WB Me it.
gemacht, im haͤuslicher und Ländlicher Sclaverei oft viel hauec au
vie Heloten bei Spartanern gehalten; und in denſelben Verhaltüiſen
ergiebt es ſich aus allen andern Beobachtungen, erhoben ſich ich
alle griechiſchen Küſtencolonien des Pontus. Ste mm
an günftigen Hafenſtellen, an durch die Natur geficherten, ſchon King
von andern Völkerftämmen bewohnten Uferorten und Borgebirgn,
von mannichfaltigen, zahlreichen, insgeſammt von Griechen barbarkt
genannten, kriegeriſchen, fehr verſchiedenartigen Urbemahmen da
Nachbarſchaft oder auch mit früherer Colonifation gemifcht, wir mit
Kariern, Phöniziern und Andern umgeben, deren Heine Stammes
Hänptlinge fie ſich zu unterjochen mußten. Die rohen, unter ſa
gefonverten, noch wilden, mehr oder minber zahlreichen alten Urbe
wohner der Küfte, wie die Cauconen, Mariandynen, Baphle
gonen, Chalybier, Mofynölen, Macronen umb Anden
mußten ſchon der höheren Eivilifation ver fortgeſchrittenen griedilde
Anſiedler weichen, bie bei ihrer freien republilaniſchen Berfaffen
als Democratien oder Ariſto cratien ſich dieſes Sclavenbienfel
zu eigenem Bortheile jo zu bemöchtigen verftanben, daß fie dadech
zu Wohlſtand, Anfehen und Macht gelangten, in einer Zeit, word
Sclavenweſen überhaupt bei allen Völkern des Altertfums we
bei ven Hellenen und felbft bei einer Plato umb Ariftoteles md
als eine Nothiwenvigleit, als ein Naturrecht des Gebilbelm
über den Barbaren angefehen wurde, ba ber Sclave zum Diem
des Herrn beftimmt fei. Im biefem Hergange liegt die Gcdihe
ber berühmteften, zu größter Macht gelangten Uranfievelungen, we
von Heraclea, fo von Sinope, Amifus, Cerafus, Tre
pezus, eben fo wie ver durch ihren Einfluß weiter verbreiten
pontiſchen Colonifationen, wie Tieum, Amaftris u. X, dem
Zahl fo groß war, daß file ſich gar nicht mehr alle nachweiſen uf
(Seneca, Consol. ad Helv. 6 ‘gab deren 60, Plin. H. N. V.#
80 an, Neuere fteigern ihre Zahl auf mehrere Hundert). Borpigid
von Megara und Miletus, als den reichſten blühenbfin Bir
telpuncten des Handels und Verkehrs und des Dranges ber Ernb
terung ihver auf engen Raum beichränften politiſchen Bechättsifk,
gingen befanntlich dieſe Eolonien aus, und Heraclen wir sa
Zenophon, Arrian, Diodor, Ephorus, Steph. By ws
Anvern als eine Colonie von Megara, bei andern vom Böotien
genannt, weshalb Strabo's wieberholte Angabe, daß Milefier it
Gründer fein, auffallen mußte. Ob dieß vlos ein leicht vergeht
Irthum und eine Verwechslung des Namens bei bem Autır ge
Weftpontifche Käftenlinie bis zum Halys. 757
wefen, ober in ver Unficherheit der Berichte über die Uran
Ringe ber Aufiedlung Ing, die zuletzt erft in bie Oberherrſchaft
ver Milefier gelommen fein mochte, if vielfach ohne Res
fultat beſprochen worden, da berjelbe Geift helleniſcher Berfafr
fungsweife das ganze pontifche Colonieweſen fo durchdrungen hat,
daß jeder individuellen Entwidlung des Einzelſtaates dadurch feine
Selbſtãndigleit verbleiben Konnte. Doch ift- aus doriſchen Schrift:
sügen auf heraclidiſchen Münzen am wahrſcheinlichſten geworben, daß
Megaren wie Begründer waren. Heraclea, von dem Rennel 1220)
fo fhöm als wahr fagt, daß feine Geſchchte e& zu dem Küchen
Ruhm erhoben und in ver tiefften Erniedrigung begleitet habe, hat
an Herodorns, Nymphins, Promathidas, Dom. Ealli-
Rratus, Timogenes, Memnon feine meift einheimifchen Ge
ſchichtſchreiber 4), was ſchon an ſich Beweis feiner einftigen Bebeu-
tung geweſen, gehabt, unter benen zumal ber Ietere ſehr wichtige
Einblide in die Geſchichte und Eimrichtumgen viefer wie anderer
Colonien "geftattet, um ben wirklichen Entwidlungsgang fo ſcheinbar
Holivter Punkte verfelben, von venen bis hente noch fo viele groß-
artige Denkmale, Erinnerungen und Einwirkungen auf die Nachwelt
fi) erhalten haben, nur einigermaßen begreifen zu Können.
Da dieſe meift zerfiörten und verſunkenen ifolirten Locafitäten
wit ihren verarmten und entoölferten Umgebungen uns in ber Ge
genwart Teinen Auffhluß über das, mas fie einft waren, und für bie
Zuknuft einft in eimer anberen Phafe ver höheren Umgeftaltung
menſchlicher Berhältniffe wieder werden Tönnten, geben, fo müſſen
wir wenigſtens an einige ber vergangenen hiſtoriſchen Zuftänbe er»
inmern, welche hie und ba einen Wingerzeig zur Erkenntniß ver fo
inhaltleeren Gegenwart geben mögen.
Griechiſcher Fleiß und Thätigteit, fagt der Siforiter Schloſſer
in ſeiner alten Geſchichte, verwandelte bald alles Land in der Nähe
feiner Landſpitzen und Vorgebirge, auf denen die Colonien an güm⸗
ſtigen Geſtadeorten angeſiedelt waren, in ‚einen Garten, durch die
Unterjochung ver ihnen leibeigen gemachten Barbaren. Ihre Stäbte
wit ihren griechifchen Verfafjungen wurden aber bald durch Handel
und rührige Schiffahrt, in denen fie für jene Zeit die Meifter wa-
ven, mit ihren Stammgenoffen in der Nähe und andern Völkern in
#10) J. Rennell, Western Asia. Lond. 1831. 8. T. II. p. 115. J
A). L. Polsberw, de Rebus Heraclese Ponti etc. Specim. Bran-
denb. 1833. - "
158 Klein · Aſien. gl,
ver derne an ben pontiſchen usalten mebiterranen bis zu ven [pc
ſchen, ägyptifchen, iberifchen Geftaben wohlhabend uud vi. Se
wurben die Aigle ver Flüchtlinge und Verfolgten, bie aus be
weſtlich kleinaſiatiſchen und dem eigentlichen Griechenland var m |
litiſche und andere Wirren verſcheucht ſich zu ihnen retteten, mb
* bfüßten auch durch griechiſche Kunſt und Wiſſenſchaft auf, weideh
Hellenenſtaͤmme ftets in ihren Schuß genommen und gefördert haben
So wuchs vie Macht der Eolonien oft weit über die engen ke
zen ihrer Localen Anfievelungen hinaus, und es erhoben ſich im
- einzelnen Stäbte oft zu bebeutenden Staaten und Staatenvereisn,
zumal aud) durch -vom ihnen wieder ausgehende Töchtercolenin
Und viefe Verhaͤltniſſe blieben auch vorherrſchend, wenn ihre tens
cratiſchen oder ariſtocratiſchen freien Berfaflumgen, wie die meiſen
zulegt unter vie alte Gewalt von einheimiſchen Regesiten eder D⸗
zanmen famen, bie body nur den Flor ihrer Herrſchaft zu hal
und zu ftügen ſuchten.
Sinope, bie reichfte und glänzendſte biefer Eolonien, echch
ih auch am längften als freie Republik, da fie exft 200 Jar
vor Chr. Geb. durch den König von Pontus feinem Weihe a
verleibt, ihre Freiheit verlor. Daſſelbe Schickſal traf auch Ami.
ſus, aber beide Städte blühten deunoch auch unter der Regiercz
der ponnſchen ‘Könige fort, Bis ſie darch Mitfripates DM. Cam
auch zu Provinzialftänten ver Römer wurden.
‚ Heraclea2l2), welche unter den pontiſchen Colonien als Ir
ſtocratie ven erften Rang einnahm, war auf Mahnung eines Ou⸗
telö gegründet, dem Heracles eine Stadt zu bauen. Bon iht mb
ihrem bequemen Hafen gingen andere Colonien, als ihre Grir
dungen genannt, aus, wie Cherſoneſus, Callatis u. a. (Gtsobe
XH. 542). Ob biefes urfprängliche, primäre, oder nur von ifeen
fogenannte, wie bie helleniſtiſchen Autoren es varzuftellen pflegen,
wirkliche erfte Gründungen waren, wie dies aber bezweifelt werke
Kann, laſſen wir dahin geftellt fein. Da jevod auch Heraclea jAhR
ſchon vor ber Ankunft der Megareer oder Böntier einen phönici«
fchen Cult hatte, fo ift ‚dies ein emtfchievener Beweis, daß ad
bie griedifche Heraclen eine ältere, von Phoͤniziern ausgegungee
Stiftung geweſen fei, wie dies zuerft Movers13) als entfhicen
Thatſache nachwies.
.in Menonis Fragmente da Rebus Heraclene, in Muller, Hit. Gr. fr
Vol.lil. p. 526—558. '°) Movere, Phönigier. 1.2, 6.20
Heraclea Pantiea; Eregli. 72
Die ariſtocratiſche Berfaffung gab aber zu vielen Parteiungen
er augeſehenſten Familien Veraniaffung, bie damit enbigten, bafı
iner ihrer Vorficher, Klearchus, ber früher erilirt war und ala
Berbannter fich in Kriegsbienften der pontiſchen Könige ausgezeichnet
atte, auch vom perſiſchen Könige Artarerres II. (Muemon) begün⸗
tigt war, bei feiner Zurüdberufung in feine Heimathſtadt ſich zum
Weinheren berfelben aufwarf. Obwol ein Schiller des Plato und
Holrates, wurde er der graufamfte Tyranıı feiner gekuechteten
Bürger, wobei er aber als Freund ber Literatur bie berühmtehe
Jihliothel feiner Zeit in Heraclen ahlegte, welche die größte vor ber
zeit der Ptolemäifchen war. Unter ihm und nad) feiner Ermor-
ung folgten feine Brüber und Neffen, unter benen bie Herrſchaft
us einer bloßen Stabt und Colonie au, einem vielmehr felbftänbigen
Rarianpyuifhen Fürſtenthum herangewachſen war, in dem
gar der Tyraun Dionyſios, der Zeitgenoffe Aleran-
ers M., als dieſer nad) dem Siege über die Perſer am Granicus
Den griechiſchen Stäbten Kleinaſiens ihre Freiheit wievergab, ſich
wc auf feinem ufurpirten Thron, auf dem er ben Titel König ame
nommen hatte, erhalten Torınte. Als ihm der für feine Tyranuei
Uerbings ‚fehr frühzeitige Tob Alexanders fehr gelegen kam, errich-
te er der⸗ Freude · in Heraclen eine Statue. Hierauf heirathete
u die perſiſche Fürſtin Amaſtris, Tochter des Oryarthes,
Auders des geftärzten Königs Darins, den Alexander in feine Leibe
arde eingereiht Hatte, und als biefe zur Wittme geworben und
päter dem Lyſimachus, vem Nachfolger Alexanders neu vermählt
var, brachte fie diefem auch ihr Erbe Heraclea und die Ma-
iaudtzuenherrſchaft zu der feinigen hinzu. In dieſer Zeit legte fie
ie neue Colonie Tieum am Billäus an, und aus einem Berein
täherer Coloniften bei Sefamus förberte fie die Berjüngung diefer
Solonie, welche ihren Namen Amaftris erhielt. Nach Amaftris
Ermerbung durch ihre eignen Söhne wurden biefe ihre brei hinter»
affenen Städte Heraclea, Tieum, Amaftris non Lyſimachus
elbſt, in Folge feiner neuen Verbindung mit ver ägyptifcen Ar»
inod, einer ptolemäifchen Königstochter, erft ausgeplündert, baum
vieder als freie Städte erflärt. Obwol ber Handel Heraclea's
10 fertblühte und zumal bie Flotten der Heracleoten bie
mögezeichnetften im Pontus waren, welde in ven Seeſchlachten
vu Ausfall zu geben pflegten, fo wurde body bie zweite Stadt
Amaſtris von der Mutterftaht abwenbig gemacht, wodurch Hera»
tleg geſchwaͤcht werben mußte.
760 Mein-Afen. lt.
Der Freiſtaat Heraclea hatte fi auf Koften des Ungfäds
feiner weftfichen bithyniſchen Nacbarfänige bei ihren inneren eher
bereichert, gleiches traf ihn num durch den Aufſchwung feiner öftficher
Nachbaren, ver Könige von Pontus. Der treulofe Statthalter von
Amaftris verfaufte die Colonie gegen eine große Gelbfumme m
Ariobarzenes, ben König von Pontus, wodurch dieſer eine Flotte
erhielt, die ihm eine Uebermacht zur See zu Wege brachte. De
Ruhm und das Anfehen von Heraclen ging dadurch an Amaftris
über, zumal da ber nächſte pontifche König feine Reſidenz nah
Amaftris verlegte, bis hundert Jahr fpäter unter Bharnacesl
Sinope zur glänzenden Reſidenz ver Könige von Pontus erhehm
wurde, in welcher Mithridates der Große, deſſen Ente, feine
höhere Ausbildung erlangte,
Heraclea wurde durch bie fpäteren Mithridatiſchen Krieg
‚mit in bie Händel des Mithrivates und ver Römer verwidelt, a
hielt fi zwar noch eine Zeit lang ſelbſtändig und in feiner Bike,
und hatte felbft noch feinen Handel anfehnlic erweitern Können, it
daß dieſer Drt von Mithrivates Truppen eingenommen mare
Lueullus verjagte dieſe Zwar bald wieder Daraus, aber bei er
zweiten Beſitznahme durch bie pontiſchen Hälfstruppen, wo ve
treulofe galliſche Anführer fie an ven Feind verrieth, drangen be
Römer unter Cotta’s Commando abermals in die Stabt ein m
übten mm die größten Graufamteiten gegen bie unglüclichen Be
wohner aus. Er plünberte ihre Tempel und Schäte, beranbie fe
aller Zierben, Kleinodien und vermüftete die Stabt gänzlich, ließ den
Hafen verihütten und verkaufte fogar die Einwohner zu Sclava
Zwar wurde Cotta im Senat zu Rom angellagt mb verutheil,
man habe ihm zur Einnahme ver Stabt commanbirt, aber nicht zu
Zerftörung, doc nicht weiter beſtraft; Rom gab bie Koften zum
Bieberaufban der Stadt Her und ben Berfauften bie Freiheit zurkd,
aber die Bfüthe Heraclen’8 war vernichtet und ihr Wohlftan ver
über. Die Bürger ver Colonie,. welche bie Römer nach Heraclen
ansfandten, Hatten das Unglüc, kurz vor der Schlacht von Adiam,
durch den Ueberfall eines galatiſchen Tetrarchen ermordet zu werben,
ver dies auf. Antonins Befehl gethan zu haben behauptete, mofär
er im Triumphe aufgeführt und hingerichtet wurde (Strabo XII. 549).
Unter den Byzantinern und das ganze Mittelalter hindurch, in
ver Periode des trapezuntiihen Kaiſerthums und ver Gemefer
Sciffahrten im Pontus, bie fid vorzüglich nad den Rorbläfien
wandten, wo Sa Tana am Tanais ihr Hanptemporurm wurde, oruzie
Heraclen, Eregli, Benderakli. 761
bie alte Heraclea, welche unter dem Namen Bunta rech ia in ber
catalaniſchen Karte vom Dahre 1875 eingetragen ift, unb bei ven
Schiffern des Mittelalters meift als Penderachia oder Pende⸗
rachi ober richtiger Benderalli, d. i. Bender ober Hafen Eraffi,
wie fie noch Tournefort nennen hörte (im Jahr 1701)21), vor-
Tommt, zu feinem großen Aufſchwunge fommen, und nod weniger -
unter ver nachfolgenden turkiſchen Herrſchaft, als Iegtere von Mur
hammed II. aus Penberadji verjagt wurben. Doc; hat ihr Verkehr
wel niemals ganz aufgehört, denn felbft Edriſi nannte fie noch
mit dem antilen Namen Heraclea an der pontiſchen Küſte (im I.
1160)35), und aud Abulfeda!e) ermähnte fie noch, doch freilich
wm, um zu fagen, daß fie vom Khalif Harım al Raſchid bei einem
Ucberfall in Kleinaſien ausgeplündert und zerſtört worden fei (im
Jahr 806 unter Kaifer Nicephorus)17), um feine Legenbe von ven
Siebenfhläfern auch dort anzubringen), Ewliya Efendi,
der fih im 9.1648 dort nicht anfhielt, fondern nur vorüberſchiffte,
fogt, Daß er am dem Meinen Caſtell Tſchoban Kaleffi (v.i. Schä-
ferſchloß) daſelbſt gelandet, wo feine Garnifon ftand, doch das
Standbild des Erbauers bes Caſtells gefehen, das ganz nad
dem Leben gearbeitet ſei, auch noch eine antife von Genueſen einft
dort errichtete Statue, bie ſeitdem micht wieber genannt wurbe!P).
Tonrnefort hat auf feiner Himeeife nach Trapezunt (im J.
1701) und zum Ararat, obgleih ex nur kurze Zeit in Heraclea
verweilen konnte, ihrer Lage?) einige Aufmerkſamkeit gewidmet;
ihre Ummauerung mit Thürmen ſchien ihm byzantiniſch zu fein,
aber an vielen Orten ver Stadt traf er Reſte von Säulen und
Inferiptionen aus älteren ‚Zeiten und die Stufen zu einem Türken
hauſe ganz aus Säulen gebilbet, auf denen er ven Namen Trajans
noch gut leſen konnte. Die hohe Lage der Stadt ſchien ihm wie
zur Beherrſchung der ganzen‘ Umgegend gemacht; umter derſelben
breiteten ſich gegen das Meer aber Sümpfe und Moräfte aus, bie
ihm das weitere Umhergehen verfagten, doch war er glücklich, dort
ꝛr) P, de Tournefort, Relat. dun Yoy. du Lerant. T. Il. XVI. p. 8488.
"%) Eärisi b. Jaubert Il. p. 392. *%) Abuifede, Tabul, Geogr.;
Reiste In Düfhings Magay, Th, V. 1771. 6.303. ') @. Mel,
Befliicpte der. &palifen. 1848. Th. Il. ©. 160. '%) Reinand,
Deser. des Mon. du Cabinet du Duc de Blacas. T.1. Paris 1828.
p. 184. *") Emliya Efendi, Narrative of Trav. 1. c. Il. p. 35.
2°) Anficht der Lage von Heraclea in v. Tchihatchefl, Asie Mineure.
T.1. Atlas. pl. 21.
262 lein ⸗aten. 5. 17.
ala Botaniker ſchbae Doldengewächſe zu finden, in denen a eine
offiiwelle Pflanze des Dioscorives wieder zu erkennen glanbke (er
ante fie Sphondylium orientale maximum). Es ſchien ihm mit
Recht, daß Strabo von einem guten Hafen (eöAsuerog, KIL549)
der Colonie ſpreche, die ohme einen ſolchen unmbglich durch ie
riegsgeſchwader, vie fo häufig Seeflege bavon trugen, eine fo große
Dat jätte erlangen Tonnen, daß fie Seiten und "mädtigen 2
migen Trog bieten konnte. Die Küfte, an welcher Erefli King,
Mreiht von Süd nad Nord und endet mit einem Borgebivge, ven
Baba Buran (Acherufia der Alten); die Bai von Erelli oe
Benverallia (b. i. Bender, der Hafen, von Eralli) 221) bringt
von Weit her erft in Halbtreisförniger Bucht in bie Küfte ein, ia
deren innerftem gefchügten Winfel die Stabt entlang über dem
Strande anf ber Höhe erbaut ift, mo alich das Schiffswerft Leg.
Die offene Rhede ift nur theilmeife nor den N.O.- und Oftwinten
geichügt; aber noch zeigt der Reſt eines’ Mole’s, ver gegen SB.
die Bai im zwei Tpeile getfeilt, daß inter ihr ein Fünflider
Hafen von bedeutendem Umfange für zahlreiche Flotten auch gegen
die Norbwinde gefchügt Liegen konnte. Hier nur Tomte ber geit
Hafen liegen, ven Arrian (Peripl. P. Eux. 16) und Strabo ii
der ſehr großen Stadt Heraclen, auh wie Marciam. Hera
cleota (Periplus 70 öl» weyiosn») anführten. Den uod het
fihtbaren, obwol zerſtörten Molo hielt auch Tournefort für einen
Genueſenbau, ver aber einen älteren Molo zur Bafis gehabt hebe
Im Schuge dieſes alten Molo ſtauden aber ſchon zu Zenophons
Zeit ſehr viele Schiffe, weiche dem vom Euphrat rüdkehrenden Grie
henheere feine glücliche Heimkehr zur See ſichern kounten (Kenopb-
Cyri Exped. V. 6.10 und VI. 2.1), fo wie ihre Kriegsflotte und
ihre Handelsſchiffe Hier vor Anker liegen mochten. Sie keunten
einſt dem Autigonus 13 Galecren gegen Antiohus, 40 Triegeickik
den Bpzantinern zu Hülfe ihiden, und dem aghptiſcheri Abuige
Ptolemãus zum, Sieg in der Seeſchlacht gegen Autigonus bach
ihre großen ZLriegoſchiffe mit 4 und eins mit 8 Ruberbänfgn, vem
Lowen, verhelfen, die damals am größtgebauten Schiffe des Alter
thums; und als fie ſchon im Berfall von der noch größern paul
ſchen Flotte des Triarias beſiegt wurden, hatten fie doch noch 30 Re
berfgiffe im Hafen.
»*1) Taitbout de Marigny, Pilote ei Atlas de la Mer Noir, Odessa 1838
Tab. 36. Baie de Penderaklia.
Heraclea, Eregli und fein Hafen. 108
A. Zaubert, der hundert Jahr fpäter nah Tournefort
(im Jahr 1806)) diefe Eregli befuchte, Rimmt mit jenem darin
überein, daß ver Hafen auch heute noch ein ziemlich ficherer fei, da
ihn ja von der Lanbfeite bie umliegenden Höhen theilweife fchügen ;
aber die Bewohner des Hafenortes will ex nicht beſonders rühmen,
fo wenig wie andre pontiſche Strandbewohner, bei denen vie Schiffe
bruchigen wenig Erbarmen fünden: Nächtlich angezündete Feuer
ſollen ihnen ſogar nicht ſelten dazu dienen, bie in Stürmen bedräng ·
ten Schiffer vielmehr irre zu leiten, um ihre klippige Küſte mit
Bente zu bereichern. Bis zu Jauberts Zeit, bemerkte er, habe
fih kein emropäifcer Conſul ohne Beiftand der Pforte in Eregli
ehalten Eonnen, den einzigen M. Allier ve Hauteroche ausge
nommen, der es aber verftanden habe, ſich bei den 5000 Bewohnern
des Ortes im Reſpect zu erhalten. Im einer Note deſſelben, bie
Yanbert von ihm mitgetheilt erhielt, ſuchte ex zu zeigen, daß
D'Anville's Anfiht ver acheruſiſchen Halbinfel, die Xeno-
phon noch als die 2 Stabien tiefe Stelle des Eingangs zum
Tartarus, aus welchem Heracles hier ven Eerberus heraufgeholt
haben ſollte, ſchilderte (Xenoph. Cyri Exped. VI. 2. 1), eine irrige
war. Die Stadt liege am Weftabhange ver Höhen um bie Bat,
800 Toifen fern von der Acheruſia⸗Halbinſel, zu ber er oft ſpa⸗
zieren gegangen fei, und ſtets bis zu ihr 20 Minuten Zeit gebraucht
Der ganze Golf habe 5 Lieues Tiefe, die Stadt liege in
Mitte wie im Amphitheater an deſſen hohem Ufer umher ge»
. gelehrt. Die Schiffswerft liegt am Nordende außerhalb
von Thürmen flanlirt. Die alte Burg im Rüden ver
iniet die als Strand durch Schuttboven erſt vorgefhobene
infel, von welcher der Mo[o gegen S. W. ausgeht, der
nur ein tünflicher, aber in fruͤheſter Zeit aufgemorfener
zb cn natürlicher Hafen fehlte und bei ver Anflevfung ſcheint
Dienfte des Heracles, des fhügenden Heros, ver auf
— und Kunſtwerken ver Stadt verherrlicht wurde, nur
die ſichere, das Ganze dominirende Tage ber fteilen Laudſeite im
Ange gehabt zu haben. Mit ver Zeit aber kam das Bedürfniß
amd Kuuſthafeus hinzu. Sie warfen einen boppelten, großartigen
Damm deshalb in bie Meeresbucht, vefien ſchützende Mafien man
noch gegenwärtig an der Norbfeite in einem Halbkreife bis auf 360
oder 400 Fuß weit vom Ufer gerechnet ſich ausdehnen ficht (auch
—
*') 4. Jaubert, Voyage en Armenie eis, Paris 1821. 8. p 408413.
264 Klein⸗ Aſten. gl.
auf PI. 21 fihtbar). Da wo fie an das Ufer aufloßen und mit
dem Seftlande fid in ven fefteften Eouftructionen verbinben, peigen
ſich mächtige Steinquadern von wenigfiens 10 Fuß Länge, bie ned
in großer Breite neben einander und in Schichten über einauder
gelegt den Jahrtauſenden trogten. Die lange Reihe von 30 Ihe
hunderten, fagt de Hauteroche, hat bie Eden ver colofjalen One
bern zwar abrumben, aber nicht zerflören und ihre Lage nicht ver
rüden Tönnen. Tournefort, der zu kurze Stunden in Exdli
war, irrte, biefen Batı ven Genueſen vindiciren zu wollen. De
noch beſtehende Reſt des trodnen Molo, ver wie eine Art Cap bilde,
verliert fi jedoch ſchon 20 Schritt vom Ufer umter den Belle,
aber bie Diſtanz beiver einftigen Dämme von einander beträgt über
1500 Fuß und biefer Raum ift der heutige Hafen, ver nahezu vr
fanbet und auch mit ven Trümmern ver alten Dämme gefällt if,
und daher nur Barfen und Heinen Schiffen von Höchflens 1'/, Braflen
Tiefe zum ankern dienen kaun. Bei Süd und Weſtwinden fichen
auch diefe zu unſicher und werben mit Hülfe von Schiffewinben anf
das Trockene gezogen.
Der Rilivfh-fu (d. i. Schwertfluß, der alte yes) füch
nur eine Heine halbe Stuude im Süb ver Stabt, ohne Moräfe e
feiner Mindung, zum Meere, die eine Breite von 30 Fuß einnimmt;
wie ein Mäander ferpentirt er, in tiefes Bette eingeengt, durch eine
liebliche Ebene, auf beiven Uferfeiten von großen Weivenbäumen be
ſchattet, deren weite Verzweigungen bie ganze Flußbreite gewölbarig
überfcatten und romantiſch verjchönern. Außerhalb ver Stabtmum
am ver Norbfeite zwifchen dem Molo und vem Cap Baba (einſt be
Spige der acperufihen Halbinfel) iept fit vie Küfte gegen Bel
und bilvet eine Vertiefung, die wegen bes hohen Terrains jedem
Schiff und ſelbſt Kriegsſchiffen einen guten Untergrund fichert gegen
N. und R.OWinde, eine bloße Rebe, die gegen ©. um SB.
jedoch offen bleibt, fo daß fein Schiff darin überwintern Könnte ut
nur etwa zuweilen von Stirmen verſchlagene Schiffe hineingejcht
werben. .
Der Pilot?) giebt ver Bai von Penderaclia von En
Baba in N. bis Cap Kaba Salal in S., mo wieder Berge an
fleigen, eine Ausbehnung von 2'/, Meilen und eine Tiefe von 1M.
von W. nah D.; in ihrer nörbli—ern Hälfte liegt vie Stabt ud
zwiſchen ihrem Norbende und gegen das Cap Baba hin fpringt ber
»27) Pilote etc. de Taitb. de Marigay I, & p. 166-169.
Heraclen, Eregli und feine Ruinen. 708
antile Molo an 1500 Fuß gegen S. W. vor; ‚die Seetiefe am Mole
iR 3 bis 4 Braffen auf Saudgrund; die Anferftation außerhalb des
Molo am deſſen N.W.-Seite ſcheint aber wegen bes größern Schuges
vor R. und NO-Winden doch dem Cap Baba vorzuziehen zu
fein; gegen. die Mitte ver Bai findet man bei 6, 7 bis 9 Braſſen
Antergeumd in Sand und Schlammboden. Die aftronomifche Lage
wird zu 41° 17° N.Br. und 29° 06° 30° D.R. v. P. angegeben.
Yanbert zählte hier. 5 Moſcheen, 2 Khane, 2 öffentliche BA-
der, 200 Ranfbnben und 5000 Einwohner, bie nur wenig Handel
treiben umb in Elend und Armuth lebten unter tyranniſcher Ober-
gewalt; ihre wenigen Exporte beſtanden in Seide, Leingarn, Wachs,
Aepfeln, Nüflen und etwas Bauholz. Der Boden umher war aber
fehe fruchtbar umb der alte Anefprud: „Mariandynorum terra
semper viret” noch heute wahr.
Us Ainsworth (im. I. 1839)) diefe Stabt beſuchte, um
ihre Lage genaner zu erforſchen, hörte er ihren Hafen Bend⸗Eregli,
die Stabt aber Herakli nennen. Da er ſich 4 Tage hier aufhielt,
gelang es ihm, einen Plan ver Stabt aufzunehmen und durch drei
Meridian» Obfervationen ihre Breite unter 41° 15° 30" N.Br. zu
beſtimmen, ihre Länge nad) einer mittleren Obfervation auf 31° 307
DL v. Gr. Capt. Ganttier hatte ven Leichtthurm auf 31° 24°
56" DL. v. Gr. beflimmt. Die heutige Stadt mit ihren 260
moslemiſchen Häufern und 40 ver Griechen, die eine Kirche und
eine Schule haben, nimmt nur die Südweſtecke der antiken Eolonie-
ſtadt ein. Die Mauern ver Stadt, am Meere entlang ziehen,
Reigen, wie auch die Stabt, ven Berg hinaun bis zur höchſten Spike,
wo fie fi in zwei Arme theilen und bie Acropolis umgeben,
mb wo eine byzautiniſche Inſchrift an ihrem Eingang fteht. Die
Mauer wendet fld dann gegen bie Geite des Thales Tabana
Dereffi (d. i. Sohlen-Thal), in beflen Mitte ein Meiner Fluß,
unmittelbar im S. W. der Stabt, zum Meere flieht. Ein runder
Hügel dafelbft, ver jegt mit Grabfteinen der Turtengraber bevedt
ift, zeigt in feiner Mitte die Ruinen eines Tempels, ven man fir
die Refte ver Diospolis halten könnte. Die Stabtmauern find fehr
verfallen und meift aus ben antiken Mauerreſten aufgebaut, an
deren behauenen Quadern und Säulenfeagmenten, Corniſchen und
Tafeln viele Iuferiptionen und Kreuze aus der Byzantiner Zeit ſich
.
*) W. Ainswortb, Notes eic. in Roy. Geogr. Soc. of London 1. c. Vol. IK.
1839. p. 225-—226; defien Trav. and Res. Vol, I, p. 3:42.
vo Meie-Mfin. en.
" geigen. Au ber Merresfeite Tüuft noch eine Außere Maner um
jene innere, fie ift ans irregulairen Maſſen von Bafaltbläcen u
Kaltfteinen mit Mörtel aufgeführt, ohne Spur byzautiniſcher Arie
tectur, daher fie Ain sworth für älter hielt, welche ſchon vor jener
fpäteren Periode den Bewohnern zum Schutz dienen mochte; aber
das tiefere Einbringen des Meeres habe bei madjf:
faurationen dazu gemöthigt, bie Schutzmauern tiefer i
rüden. Mit dieſer äußeren Mauer fiche ver i
„bindung, welder am Nordende der Stabt in bie See
vorfpringt. Die jegige Mauer fängt im Süben am
am, dehnt ſich gegen N. aber nur bis zur Hälfte
auf dem bie ganz verfallene Acropole fid erhebt.
der antifen Stadt lag innerhalb dieſer Dauer, ver
im Norden gelegene wird noch an ben dort vorkommenden Bofeik
blöden, an Tempelreſten und Getäfeln erkannt, gegen bie dreiecige
bene zu, wo einſt der Hafen lag. Die Stelle wird Gjaur Ir-
mat (Fluß der Ungläubigen) genannt; fie ift jegt ein bloßer Mom
grund, aber unftreitig ein ältefter Theil der Anſiedlung zur Zeit, da
bier der Hafen zum Schuß ver Flotte angelegt und aus ber Tick
des braufenven Meereegrundes berangeleitet wurde, woraus man
ſymboliſch die Mythe von Heracles Bänbiguhg des Cerberns ja
eflären fucht (Jaxta specus est Acherusia, ad Manes [ut ajus]
pervius-atque inde extractum Cerberum existimant, Pomp. Mes
1. 19. 7), welche, wie an andern Orten, bie Mythe?25) ſchon ze
Zen oph ong Zeiten auch hierher verlegt hatte (Xenoph. Cyr. Bx-
ped. VL 21). Yenfeit viefes älteften Hafenplages fieht uam ua
Reſte eines römischen Tempels, vielleiht eines Metroon, und fee
ſchones Mofaikgetäfel; wo aber einft die coloffale Prachtſtatue ve
Seracles, deſſen Löwenfell, Keule, Köcher, Pfeile und Bogen, as
getriebenem maſſivem Golde gefertigt, die der Römer Cotta plän
derte, anf ihrer Pyramide geftanden, fo wie viele anbre Loftkam
Staubbiler und Tempelbauten der berühmten und reichen Heraclean |
laßt ſich nicht mehr ermitteln (Memnonis Fragm. de Reb. Her-
lese. Lib. XVI. $. p. 554. 1.c). Norbwärts vom da liegt des |
felfige Borgebirge Acheru ſia, jegt Chazne Tepe, d. i. Schaphägd,
geannt, wohin bie Helventhat des Heracles von der Mythe verkgt. |
wird. Am Fuß deffelben liegt eime Heine Batterie und auf ber
Spitze der von Gauttier genauer beftimmte Leuchtthurm. der einigen |
sie}
Bl
*
J
5) 8, Preller, Griech. Mythologie. 1854. B. Ü. S. 155.
Eregli, vie Höpfe Acherufia. 167
Derffepaften der Nähe gegen Tarenfreifelt zur Feuererhaltung
vertraut iſt, bie ihn aber zu Ainsworths Ft fo ——
vaß ex lein Licht ausftrahlen konnte.
Die Höhle Aderufia, die Pomp. Mela noch fpeciel
angiebt, ſcheint Bors wieber (im 9. 1838)2%) aufgefunven zu har
ben. Die Stabt fand er von ben fhönften Gärten umgeben, da⸗
zwifen Reſte von Aguäbucten und Trümmer aller Urt; Reſte
Iweier- Tempel, bie in Kirchen verwandelt wurden, weldie om Wege
lagen, der ihn zur Grotte Acheruſia gegen bie Norbfeite ver
Stabt führte, wo er die Seitenwände des VBergabhanges wie zu.
einer feftlichen eier künſtlich behauen fand, am Fuße aber im
vorüberziehenven Bache viele Schilofröten ſchwimmen jah. Hier fand
ex ben verfhütteten Eingang kiner Grotte, bie mır felten beſucht
wird. Er konnte nur gebückt hineinkriechen, fie tropfte vol Waſſer
vom ber Decke, ein Stufengang führte hinabwärts zu einem Meinen
Ser, an deſſen Wänden umber Nifchen in ven Fels eingehanen mar
ven, bie einft zu Statuen dienten, höchſt wahrſcheinlich das Heilig-
tem des Heracles, da ſtets die Peninsula Acherusia mit ber
gleichnamigen Grotte in Berbindung genannt wird. Nach Ammian.
Marcel. XXI. 8. 1777) wurde fie von den Eingeborenen uuyo-
nbyzıov, der Meerwinkel, genannt; nad Duint. Smyrnaeus war
es ein Nymphäum, dem Pan und den Nymphen des Pontus ge
keifigt, deren Statuen und Symbole man barin abgebilvet fand.
Bors hörte, die Stadt habe feine volle 7000 Einwohner, die
gelbe und vothe Maroquins in ihren Gerbereien liefern, und bei
dem großen Reichthum an ben verſchiedenſten Fiſcharten, wie Thum
fie, Pelamiven, Salmen, Doraden und andere, auch der Fiſcherei
obliegen follen. In ver Schömbeit ver Geſtadelandſchaft ſtimmen
Tournefort, Yaubert, Bors mb Ainsworth überein; ber
leptere allein giebt Bericht über die Bodenbeſtandtheile, vie theils
pltoniſcher Natur find, theils aus fruchtbaren Sevimenten beftchen.
Plutoniſche Felſen find es, welche fih im Chazne Tepe un
Eap Baba zn wilden Höhen erheben, aber auch die Grumblage
bilden, auf welcher die Stabt erbaut if. Es find Dolerite, Trapp
und Trapp Gonglomerate, anf benen ımb aus benen bie Stabte
Mauern errichtet worden; viele colofale Blöde derſelben find ihnen
ingemanert. Zum Bauflein benugten die Alten vorzüglich ein
9) E. Bors, Corresp. et Mem. diun Vor. en Orient. 1838. I. p- „208-212.
*7) ed. Erfardt, Not. II. p. 457 eis.
768 Klein · Afien. g17.
vothes, ſchieferiges Conglomeratgeſtein für ihre Wohmngen wih
öffentlichen Anlagen. Am Fuß der Acropolis bricht eine Dace
aus einem grobförnigen Sandftein hervor, ver fehr zerreiblich iſt um
auf einem fehr mufchelzeichen Kalkftein aufliegt, ver voll litoraler
Mufcelverfteinerungen ift, in denen Aineworth Patellen, Of
ceen und mehrere Zoophyten eutdedte.
Erläuterung 2.
Amaftris, die Hafenftadt, das Emporium; Seſamos vie Bun;
Amaffera die Tarkenſtadt.
Oſtwärts von Tieum (Filijas), das wir oben femmen leuten,
und öftlih des lieblihen Thales des Parthenins (Bartan, jet
Ordeiri) liegt Amaffra, die alte Amaftris, melde mit Tiemm
gleichen Urſprung hatte und ihren Namen ihrer perfifchen Grin
derin, der Bruderstochter des von Alexauder M. unglüdlich ar
thronten Königs Darins, verbanfte. Auf einem hohen Bergiegl
war in weit älteren Zeiten vermuthlich, wie auch Sinope, eiuft va
Mitefiern (wenigftens entfäieven von Grieihen, bean Scylaz 6
ryandenſ. 34 nennt an ber paphlagoniſchen Küfte noch Sefamos ce
Hellenenftabt, mas Arrian. Peripl. Pont. Eux. p.15 von Aus
firis wiederholt) Sefamos erbaut, das ſchon Homer als Auf
lung im paphlagonifchen Lande kennt, mit Kytoros, Barthenius
Kromna und anbern benachbarten Geſtaden (Ilias IL. 851856),
deren Civilifation alfo im bie früheften Tarifen und phöniciſche
Zeiten binaufreicht?%). Durch bie Fürfin von Heraden, Amafrik,
welche, um ihren Namen baburd) zu verherrlichen, vier verſchiede
Gauen, die Strabo Sefamus, Eytoron, Cromna und Zienn
nennt (welcher letztere aber bald davon abfiel), zu einer Hanpt-
eolonie zufammenzog, wurde ver Name dieſer bald anfblühenen
Hafenftabt fo einverleist, daß Amaftris bie Stadt bezeichnet,
Sefamus als Name ver Burg galt (Strabo XII. 544), Die
neue Stadt warb unterhalb ber älteren Aufleblung auf ber Exge
einer Halbinfel erbaut, woburd fie einen boppelten dafen erhit
und bald zu bebeutenber Seemacht heramnadjfen fomnte. Der
Prachtgebaͤude von ihrer Stifterin geſchmückt, war fie unter Kaifer
Trajan eine fehr jhöne, von Plinius dem Yüngern gerühute
”2) Movers, Bhönigier. 2. Bd. 2. Th. 1850. ©. 302 f.
u: Amaftris, Seſamus, Amaffera. 769
Stadt (Amestrianorum civitas et elegans et ornata ete. C. Plinüi
Epist. Lib. X. XCVIIL ad Trajan. p.519 ed. Gierig. IL. 1802),
deren Canäle jedoch noch zu verfchönern und zu überbedien waren.
Später als Episcopalfig meiftens Amaftris, aber au) Ama-
frion genannt, war fie ein großes Emporium für den Seever-
lehr des Pontus geworben, das von ven Kirchenſchriftſtellern das
"Auge Paphlagoniens« und fogar das j„Auge der Welt
(Paphlagoniae, aut Orbis potius ocellum, cf. Wessel. Itin. Ant.
in Hierocl. Synecd. p. 696) genannt zu werben verbiente. Gie
gehörte zur Eparchie von Paphlagonien; unter den Genuefen, zur
Zeit der Comnenen, wurde die Stabt ein Hauptfig ihrer Macht,
und ihre zurüdgelaffenen Bauten bezeugen dies noch heute, aber ihre
beſondern Schidfale und die ihrer Umgebung liegen im Duntel; fie
fil mit dem blutigen Sturz des trapezuntiigen Kaiſerthums im
3. 1461 an den Eroberer von Conftantinopel, Muhammed IL,
der einen Theil ihrer Bewohner in feine Nefivenz nad Pera ver-
pflanzte, und fie felbft in Elend und Armuth zurüdlieh. In neuern
Zeiten iſt fie nım wenig beſucht und gelannt.
Die Lage der Stadt?) ift fehr eigenthümlich zwiſchen zwei
Baien in Oft und Weit auf zwei vorfpringenben felfigen infelartig
liegenden Vorgebirgen?") erbaut, die durch Landengen mit ein-
ander nerbunden find, in deren inneren Buchten boppelte Häfen
gegen Norden und Südweſten geöffnet Tiegen. Dem nörblichem Ha-
fen liegt wiederum eine fhügende Zelfeninfel vor, ber ſüdweſtliche
Hafen aber wird auf der Süpfeite vom feften Geſtade beſchränkt.
Diefe beiden Hafenbaien find nur von Heinem Umfange und gegen»
wärtig halb verfanbet; die Bai gegen Oft ift aber von fehr weiten
Umfang und geräumig, aber ganz gegen Norden geöffnet; fie zieht
ſich im großen Bogen lanvein gegen Oft auf einige 20 Stunven
weit fort bis zum Borgebirge Tſchakros?i). Bon der Meeres-
feite her geſehen zeigt ſich die Stabt mit ihren verſchiedenen Theilen
wie eine Gruppe aus verſchiedenen Infeln gebilvet, und wirklich bes
ſteht fle vorzüglich nur aus zwei Mippigen Halbinfeln, vie durch
ganz ebene fanbige und female Iſthmen mit einander in Verbin»
dung ftehen. Der erfte verfelben, welcher vom Feſtlande zur erften
*") Taitbout de Marigny, Pilote de la Mer Noire 1. c. Tab. 35, Plan d’Ama-
stra, u. p. 163—165. 3°) ©. die lehrreiche Anfcht in P. v. Tchi-
hatchefl, Asie Mineure. I. Atlas, Planche 24, Amasser.. °') Ma
dem Piloten liegt Amaſtra unter 41° 45° N.Br. und 30° 0% 56”
DR». Or
Witten Crdtunde xviu. Eee
zo Mäh-Aften, g17. |
Halbinſel führt, Hat nur eine Breite von 300 bis 400 Fat in
dient zum Schiffszimmerplatz fin beide Hafenſeiten; der zwi
Iſthmus, ber bie erfle mit ber zweiten Halbinſel, auf welcher dar
Caſtell liegt, verbindet und durch einen Damm zum Uebergang
erhöht wurde, iſt zwar etwas breiter, über 1000 Fuß, aber doch ft
niedrig, daß das ſtürmiſche Meer ihn oft mit feinen Wogen übe:
ſchlägt und dann beide Stabttheile ſchwer äugängfid; macht. Die
vorliegende Heine, aber felfige, ganz unbemwohnte Juſel ift hoch, mt
die Einfahrt zwiſchen ihr und vdem hörblichen Meinen Haf
nicht ohme Rippen, aber doch 30 bis 36 Fuß fief. Die fül
Seite der vorderſten Halbinſel mit dem Caſtell, wo
Befagung und ein Staatsgefängnig), i in bem zumal wãhrend ie
ögyptifhen Krieges viele Neufranfen, wie ju Tofat, Amafia m
anderwarts, gefangen gehalten wurben, beſteht aus wilden, or fa
rechten Felſen, die ſich ‘über die Bai erheben, und wird Diwar
Burun genannt, d. i. Diwan-Nafe Der Hafen jr
war einft mit großen behauenen Quadern eingefaßt. Die ſhee
zugängliche Sage dieſes Caftells, zwifchen Klippen "und jenfeit ve
engen Zugänge über vie Mihmen, eignet auch heute baffelke 2
zu einem Verweiſungsorte abgeſetzter und revoltirender
Statthalter, die in Ungnabe gefallen. Debrigene ift der —
ganz unbedeutendꝰ), hat nur 145 Bäufer' und keine 1000
Ohne die noch übrigen Bauwerke aus den Zeiten ver Gemda
würde der Ort noch viel unbebeutenber erfdjeinen, denn das Tall,
die alte Sefamus, ift größtentheils die Genueſenburg des Bit
alters, von welcher aus diefes thätige Handels“ und Schiffenel
vorzüglid) die pontifchen Häfen und ben bortigen Verkehr beherrle
Tonnte. Sie waren bie Erbauer der Maper und der —
welche die ganze alte und neuere Stadt noch heute umgeben, Int
dies die Wappen der Genuefenrepublif Über den
Hängen nachweiſen, obwol biefelben zu verſchiedenen Zeiten —*
worden ſind, aber ihr Hauptentſtehen doch ihnen verdaulen. Den
mit den denſelben einvetleibten antifen Marmorreften, Blöcen, äte:
Sarcöphagen, Säulenreften, die wol aus den Zeiten der Hoi
nigfn Amaftris (die man 'wegen Ihrer hohen perſiſchen —*
ihrer Münnerbeherrf hung und ihres großartigen Städtebaues and
#°°).&. Jaubert, Voy. l:c. p. 403. °°) W. Ainkworih, Trän.’and Be
Vol. I. p. 5458; deil. Notes 1. c. Roy. Geogr. Jonm. Load. IE |
p- 233—235.
Amaftris, GAanıus, Amiaffera. ar
weal de Semtramis von Rleinaften gemmmt hat), ober voch
ans den Zeiten Trajuns und nadjfolgenven- Mömerzeiten berühren
darften, find die byzantiniſchen Baurefte vermiſcht, aber im Guir⸗
ALendenſtyl der Genueſen ornamentirt und häufig mit ihren forge
faltig in weißen Marmortafeln ausgehauenen Adlerwappen in Bas ·
Slieſs an wielen Eden und Winfeln der Mauern nat) ihrem Ge
Brauche verfehen, die meift als Trümmer berabgeftürzt find. "Die
Stavtfronte ſteht in ihrer gamyen Ausdehmung (gegen ben Norden
ud hängt durch ihre Landenge nur mit: dem Feſtlande zuſaumen.
Dre Häfen können gegenwärtig mır noch ein paar Duhend von
Schiffen herbergen; der ubrdliche Meine ‚Hafen ift fat verlaffen, der
Füpmeftligge aber noch immer trefflich geſchützt gegen die Sturme
und Kuſtenſtrzmungen, doch ‚wenig beſucht. Die größte Geite ver '
"Stadt iſt gegen die Sübfeite nad) dem Lande zu ausgedehnt, wo fie
ſtch ihr vurch ein fehr'pittoredfes Thal mähert, das auf allen Seiten
on hohen Bergen eingeengt umb 'mit bichter Waldung bebedt iſt,
ber voll: Mefte alter Trummer liegt. ine ver größten berfelben
"zeigt ein weitläuftiges Gebäude aus Tothem Ziegelftein errichtet, (well
Son Bogenconſtwuction und fehr irregulaͤr, mit rohen geofen Qua⸗
verſteinen iberderlt. Ein ſchoͤner Thoreingaug ımit halbfeisförmigen
Bogen Fährt zu · dicſem vom Volte Badiſt an genannten Bau, der
Ainsworth einft ein Kloſter geweſen zu ıfein ſchien. Am Fuße
der Berge gegen Weſt find Reſte eines Aquäducts, welcher ver
Salbinſelſtadt nicht fehlen durfte, ‚um fie mit friſchem Waſſer / zu
verſchen. Die Berge umher, voll antiker Baureſte, die aber wie der
Babiſtan ven Vegetation, dem ſchönſten Grün von Wald und Ge⸗
bliſch Aberwuchert find, geben der gamzen Landſchaft eisen einzig
romantiſchen und :piftoresfen, “ächt pontiſchen Character, der nur noch
non der Landſchaft Sinope’s übertroffen wird.
Auch von der Landſeite vom Partheniusftrom, alfo von Wehen
dertontmend, bietet der ſehr enge-und einyige Zugang, ven Ains⸗
"srth begehen konnte, manches Beachtenswerthe zur nähern Unter»
fuchnng bar, was früher: unbelannt geblieben war. Noch -Teine:brei
idolle Stanven von der Mündung des Orbeiri bei Bartan erreicht
oktin- das Thal des Karatſchai, ber ſich ſehr bald zu phantaſtiſchen
Klippen verengt und zu Waldbergen hinaufführt, von benen man
witder das Meer erblidt. Oſtwärts führt ein Steilweg bie Felſen
hinab, deflen Stufenabfäge aus maffivem Fels gehanen find und ven
einzigen Zugang . zur Halbinfelftabt bilden, der aud nicht ohne
Schwierigkeit bleibt, wormuh alſo Amaſtris fehr geſichert erſcheint.
€cc2
7”2 Mein-Afen, gr.
Bon wen biefer felfige Zugang gebahnt wurbe, ift unbekaunt. Eier
zur Seite eingehauene Niſche hat eine lateiniſche verftünmelte Ia-
ſchrift, auf der nur die Worte: „Protage Norenti Claudi Germs-
nici” (?) ftehen follen. Etwas weiterhin ſah man noch eine Bafıs mit
einem Gewölbbogen und ber fehr verſtümmelten Statue, die in eine
Toga gehüllt, zwar ohne Kopf, aber in graziöfer Stellung von guter
Arbeit if; dicht dabei ſteht eine Säule mit Pieveftal ans folben
Felſen gehauen, mit einem coloſſalen Adler, dem auch der Kopf abe
geßrodien. Im der Nähe noch zwei andere Tafeln mit Inferiy⸗
tionen, bie aber ganz unleferlid geworben. Die Säule war 128. hoch
die Statue von natürlicher Größe; die Baſis des Bafaments 7 F. breit, |
12 F. Hoch; der Mbler 4Y, Fuß hoch, doch wol dem Grbaner ber
Felsſtraße zu Ehren errichtet. Weiterhin folgten noch andere Dat
male am Wege, wie eine ſolide Mauer im halben Kreisbogen,
14 Fuß hoch, 7 Fuß breit und 16 Fuß tief; eine Biertefte
weiter auf einer hohen dominirenden Stelle, die vom Meer über
ſchaubar war, zeigten ſich Ueberrefte eines alten Manfoleums ud
neben ihm ein fehr ſchöner Sarcopkag, vielleicht das Grabmal der
Königin Amaſtris, das auf einem Berge erbaut fein follte, wes
diefer Pocalität wenigftens entfpräde. Bon biefer Höhe führt es
gewundener Bergpfab, auf dem noch großartige Ruinen von Ay»
ducten ſich zeigten, unter fhattigem Laubgemölbe und durch äppig
gewachſenes Gebüſch, der ſchönſte Burbaum (ruLos, Strabo XI.
6545, Buxus sempervirens), fagt Strabo, wachſe bei Amaftris
zu Rytoron%); und weiter oftwärts um Trapezus hat ihn and
R Rod bis zur Höhe von 4500 Fuß üb. d. M. in ſchönſten Maſſer
als Niederwald vorgefunden, hinab zur Hafenſtadt. Aus einer fo
ciellen. geognoftifchen Beſchreibung des Terrains um Amaftris von
Sälehan®) gegen S. W. der Stabt bis Thrla aghay geht ber
vor, daß man hier auf Spuren von Steintohlenlagern geftoßen
if, die für die Zulunft vielleicht von einiger Bedeutung für die
Dampfichiffahrt werden dürften. Zwar find ſie bis jegt mr au
einzelnen Stellen fragmentarifc, entdelt worden; das ganze Lüſten⸗
gebiet hat aber auch viele Verwerfungen biefer Kohlenlager e⸗
ũtten und gezeigt, daß daſſelbe verſchiedenen plutoniſchen Ummmäk
) . 9. 8. Meyer, Botaulſche Erläuterungen zu Strabo x. 1852
S. 42, 78. °*) Stlehan, Verſuch einer geognoflifchen Beige
bung ver Gegend zwifden Amasıy und Tyrlasafy am der R.Es
Küfe von Rleinafen, in Zeitfehrift der denrfch. geolog. Gefeliſcheft
in Berlin. Jahrg. 1852. ©. 96-142.
Sinope, Sinub der Türken, 773
zungen, Hebungen und Einfenkungen des Küſtenlandes unterworfen
gewefen, die auch heute nody manche Zerrüttungen und Veränderun ⸗
gen des bortigen Küſtenlandes bedingen.
Erläuterung 3.
Sinope (Sanape?), bie aſſhriſche und griechiſche Colonieſtadt,
Sinub ber heutigen Türken.
Sinope liegt, nah Hamiltons Beobachtung, unter 42° 1’
52" N.Br., zwilhen 32—33° O.L. v. P., in ähnlichem Parallel
wie Conftantinopel und Marſeille. Sie ift lange Yahrhunderte
hindurch die berühmtefte Stadt des Pontus gewefen, bie mit ihren
Flotten das innere Meer von den Kyaneiſchen Infeln an beherrſchte,
aber auch außerhafh, derſelben, wie Strabo fagt, für bie Hellenen
an vielen Kämpfen Theil nahm und bis zu ben Mithridatifchen
Zeiten einen mächtigen Freiſtaat bildete (Strabo XII. 545); ein
Emporium, das aber aud, dann noch als Reſidenzſtadt Mithri-
dates M. und durch die ganze Periove der Römer, Byzantiner
(Eustathius ad Dionys. v. 772)%) und Türken, bis in bie neueſte
Zeit der Dampfſchiffahrten fi in Bedeutung und Anfehen erhalten
tonnte, Die Geſchichte ihrer Begründung hat Mythologen, Hifto-
riler und Dichter ſchon in ältefter Beit vielfach beicäftigt?”). Ihr
Name wird einer Nymphe Sinope, ober einer Amazone Sanape
(was in tbracifcher Sprache vweintrunfen« heißen foll) zugefchrieben
umb bamit ihr Anfang bezeichnet. Die erften Anfievler follen Syrer
gewefen fein, ie ein Gefährte des Jaſon ober ver Heracles
Autolyfos (f. ob. ©. 683) fid mit Geivalt unterwarf, der fpäter
als Heroß verehrt im Orakel (einem uuvreior) feinen Einfluß aus-
übte. Dann erft gründeten Milefier bort ihre Colonieftavt und
zwar nad wieberholten Anfieblungen, nachdem vie. erfte, wahr
ſcheinlich affyrifche Colonie etwa um das Jahr 785 vor Chr. durch
Kimmerier zerftört war, und num erſt die zweite (hiſtoriſch beſtimm-
tere, um das Jahr 630 v. Chr.) von Milefiern bahin ausgefanbte
ſecundäre Eolonie zur Blüthe heranreifen konnte. Beweiſe genug
für das hohe Alter und die frühefte Bedeutung biefer merkwürdigen
3%) Dionys. Perieg. ed. Bernhardy. p-246. ?”) Max. Sengebusch, Si-
mopicarum Quaestionum Specimen. Berolini 1846. 8; WB. Th. Streu:
ber, Sinope, ein Hiflorifcpsantiquarifher Umriß. Bafel 1855. 8.
1-18.
TUR, Klein⸗ Mies. $. 17.
Anlage, deren Ruhm: weit in bie daulelſte, wenn ſchon nur / urytlüſche
aſiatiſche Vorgeſchichte zurückreicht 8), ehe er noch im friſchen Lraux
ver helleniſchen Geſchichten, werm ſchon von Varbaren umgrenzt, in
ſchönſter Blüthe Hervorglänzt. Doch hatte auch vor den Mir
leſiern die aſſyriſche Cultur Mittelaftens wenigftens dieſe
Pontusgeſtade ſchon berührt, im der Periode des mittlern aſſhriſchen
Reiche (1273 imd 748 v. Chr. G.), das vom caspiſchen Merre kit
gegen ven Halys hin eben fo. feine Handelsverbindungen ausbreitete,
wie fübmärts Kin zum rothen Meer und zum Nilftrom, als viefes,
wie nad) Samaria, fo auch nad) ven Pontus, feine aramtifcen
Golonifationen bis nach Sinope am meiteften nordweſtwärts vorfhob,
mo Chalpäer neben Syrern genannt wurden, bie mit bemen ber
Leucofyrer in Cappabscien und Eilicien, in Tarfus, die Sanherik
während ben Periobe ver jüngeren chaldäiſchen Dynaſtie anzuficdela
bemüht blieb (Strabo XIV. 672), in Verbindung ſtauden.
Die damit ſchon früher amgeveutete Verbreitung (f. ob, & 682}
affgrifcher Eulte, wieder Aftarte Tanit, ver tauriſchen Art» |
mis, der Mythe von Heracles als aſſhriſcher Saudan, des. Perfent
wie am Bontus als einheimischen Aſſhrer und Sarapis (identiſch mit
Sanape ober bem Namen der Stabt Sinope?), wird durch bie ge
mifchte Bevöllerung einer helleniſchen und einer nich thelleni⸗
ſchen Einwohnerfchaft Sinope's beſtätigt, ‘die feine andere ala je
primitivere fein konnte, welche auch zu Zeiten die Ober hand über
Die helleniſchen Eoloniften hatte. Dieß ift durch die aramät«
ſchen Schriftzüge auf ven Münzen Sino pe's durch Movers,
mb O. Blau's?) Forſchungen dargetham. Sinmone war ale
vor Mileſiern ſchon ein Stapelplatz bes aſiatiſchen Handels mit
feiner Münzfätte geweſen, der nun erſt durch die betriebſamen Dir
leſier weitere weſtliche Beziehungen erlaugte.
Hieraus ergiebt fi von ſelbſt, wie es hierdurch möglich wurde,
daß Milets Colonien, wie Sinope, von ber auch bald ihre
Tochtercolonie Trapezu® (im I. 756, alfo ſchon 2% Dahre nah
der erften Gründung von Sinope) ausging, vom Anfang am, obe
ſchon im innerſten · ſcheinbar barbariſchſten Winfel des Pontus, je
ſchnell emporblügen und durch ‚Großhandel mit Inner Aſien fh
ꝛe) Movers, Bhönizier. TH. J. S. 375, Anmerf. 3. Th. U. ©. 19,
287, Anmert. 32 u. a., wo die Sewetſe für afyeifche Gründung.
) Nah Mowers a. .D.; D. Bleu, in ber Zeitſchrift den deuls
Rhyen morgenländifchen —2 BL IK 1855. & 80-402. u;
Streuber a. a. D. ©.1
Sinope,, Sinub ver Türken. 775
begeichern Tounte, wozu ihm bie Hanbelöwege ſchon durch bie voran
gegangenen ſyriſchen Handelsleuie gebahnt waren. Derſelbe große
artige Wagrenzug i in die Euphratlander, zum Perſergolf unb nad)
Indien (ver auf biefem, pontiſchen Wege in ben letzten Jahrzehnden
vurch Dampfſchiffahti nach Sinub und Trebizond erſt wieder von
No beruorgezaubert wurde) beftand ſchon damals am Anfange
Korg dor chriſilicher Zeitrechnung. Wie innig aber
viefer Verkehr mit dem ättefen Boltscultus und dem alten Aber-
glauben der Sinopier zuſamtnenhaängt, beweiſet die wunderbare
hranslatieu ihres antilen und berühmten‘ Götterbildes, des Sera⸗
yis ober Zeus Hades aus Sinope nach Aegypten (Serapis
und Sinopus lautet im äͤghptiſchen auch Kanopus) unter König
rn IL, um feine "neubegrünbete Alexandria vor jedem
all zu fihern, worüber Tacitus, Plutarch u. U. umftändlih Be
"gaben®), ein uraltes Götterbild, deſſen Name nad) etyinolos
eif ver Erklärung auch identiſch mit Autolykos (. i. ver Selbfte
harnafes, di Sonnengott, mit Baal, Men und
im (als omg: ott im Namen Sinope) zu fein ſcheint und über«
Haupt mit der anyen Si pbe der Lügtgötter, zu deren Geſchwiſtern
auch der aſiatſche Apollon gehörte, bie aus jenem pontiſch· kaukaſi
ſchen Winle ſchon im feühefter mythiſcher Zeit ihre weite Verbrei⸗
unter ben verſchiedenſten Namen und Eultusformen gewon ·
tten.
Wi geographiſche Sage von Sinope auf ber Halbinfel, auf
ſich einft auch Kimmerier anfievelten, deutet ſchon Herodot
6; W. 12); aber Strabo und Bolybius*t) bezeichnen ſchon
enauer ins aracteriftifche ihrer Situation auf dem Rüden einer
& malen, nur 2 Stadien breiten Candzunge*), welche bie öͤſtlich vore
liegende Hafbinfel ı mit dem paphlagoniſchen Feſtlande in Weſt ver-
binibet und zu beiden Seiten im Norven wie im Süben Häfen und
Sciffewerfte hefigt und trefflich gelegen ſei zum Einfangen von
Thunfiſch en.
Pl ie Stabtlage fei die mehr zugerundete Halbinf ei bie
weit gegen ft ing Meer hineinrage, ganz vom Feftlande geſchieden,
aber durch biefelbe einen ganz bequemen Zugang. Diefe Halb
infel, weiche die fpäteren Autoren wie Darcian Deracl. ünd Andere
*) Streuber 0.0.0. S. 68277. +1) Zunbo AU, 546; Bolyb. IV.
56,5. Nach einer Sandzeichnung Sinope's vom Kin. Preuß. '
Jugen. Obriſt v. Mũhlbach, im Beſih des Kön. Pr. Gencralftabes,
vom Jahr, 1839.
|
|
776 Klein» Afien. . gen,
Scopelo8%) nennen, jest Boz Tepe Burun, fleige ven alln
Seiten teil aus dem Meere hervor, habe nur wenig Zugänge mt
am ihr fei fhwer zu landen. Strabo bemerkt, daß ihre Felötäften
Grotten wie Keſſel zeigten, vie bei anfchwellendem Meere fih mit
Waſſer füllen und ſchwer zugänglich find, weil überall yfig
Felstlippen hervorragen. Die Stadt, von fruchtbarem Erdreich mi
vielen Gärten und Vorſtädten umgeben, fei gut ummanert, wit
ſchönen Gymnaſien, Marktplag und Porticus. Doch wurde fie cn
paar Mal erobert; Lucullus ließ ihr zwar ihre Zierben, entfähre
aber zweierlei: die Statue des Autolykos, ihres Stiftes m
Vorſtandes ihres Oralels, und vie Sphära des Billaros, mı
ber wir leider feine genauere Kenntniß erhalten haben, bie ebe
daran erinnern bürfte, daß dort auch aſtronomiſche und andere mr
thematische Wiſſenſchaften gepflegt wurden. Außer dem Diogenet
von Sinope, dem chnifhen Philofophen, führt Strabeo noch ante
Dichter umd berühmte Männer ver Stabt an.
Obgleich ſchon Tenophon, wie Strabo und Andere, die Statt
in Baphlagonien gelegen angeben, fo wird fle doch vom Pir-
lemäus zu Oalatien gerechnet. Pomp. Mela fagt, daß fem
Lande der Chalyber liege, und Scylar von Caryanda in Alt:
rien, wozu auch die Chalyber der ältern Zeit gehörten, dem iz
feinem Periplus nennt er noch die pontifche Küfte zwiſchen da
Chalybern, Halys und Paphlagonien mit dem Thermodon, Siuch
und Cerafus zu Aſſyria am Pontus (Scyl. Caryand. 89). Ei.
nope theilte in ber perfifchen Zeit das Schidfal*) aller kleineſu⸗
tiſchen Städte und zahlte, obgleich einem eigenen Tyrannen geher
hend, einen Tribut an ben Perferfönig, bis in dem Cimonifde
Frieden (449 vor Chr.) aud) die Küftenfläbte und Sinope, zumal
duch Perilles Einfluß, ihre Freiheit und Selbftänbigfeit erhiele,
benen ein politiſches und Handelsbündniß mit Athen folgte, und ein
Anſiedlung von 600 athenifchen Eoloniften, die ſich in Sinode
anffvelten, nachdem ber Tyrann der Stabt verjagt und ein beme
tratiſches Gemeinwefen eingerichtet war. Zu Kenophons Zei
als er mit feinen Zehntauſend, die aber auf 8600 herabgefhmohes
waren, um das Jahr 400, die Gegend von Sinope erreidte, bo
herrſchte die Stabt aud ven Küſtenſtrich, den fie ben Barbırm
abgenommen hatte, unb der auch fpäter noch oſtwärts bis an da |
#7) Geogr. Graeci Minores ed. C. Müller. Paris 4855. p- 407, 571. |
*) Steeuber 0. 0. D. Sinope. 6. 40. .
Sinope, Sinub der Türken, 777
Halys reichte. Die Sinoper und Heracleer waren bie einzigen
Hellenen der Küfte, die ihren Landsleuten hinreichende Schiffsanzahl
zum Xransport (hundert Schiffe meint Zenophon) zur Rüdfehr
in bie Heimath liefern konnten. Die von Sinope aus gegrünbeten
Colonien lagen öftliher: zu Kotyora, oſtwärts des Thermobon
(wo Buzuk Kals nördlich von Orbu), zu Kerafus (nicht Phar-
nacia, das heutige Kerafunt, fonbern in Often von Tireboli), und
Trapezus (Trebifond) im Lande ver Kolchier, das fid aber erft
unter Römern zu größerer Bebeutung erhob.
Ueber ven damaligen Hanbel des pontifchen Emporiums find
wir wenig unterrichtet; außer ven koſtbaren affyrifchen und inbifchen
Baaren Inmerafiens, die doch wol wie über Colchis fo auch hier‘
. Über biefen Stapelplag ihren Tranfit finden mochten, haben wir
leinen Fingerzeig bei Polybius oder Strabo, die vorzüglich mr
Häute, Sclaven, Honig, Wachs und Olivenbl, das nah
Strabo um Sinope häufig gewonnen wurde (Strabo XII. 546),
und Schiffsbauholz für bie griehifhe und römiſche Flotte
(Pontica pinus, b. Horat. Od. I. 14, 11) anführen; auch ſchöne
Ahornarten (Acer pseudoplatanus) und wildwachſende Berg⸗
nußbäume, deren Holz zu Tiſchplatten verarbeitet wurde. Da
die Türken Heutzutage, bemerkt ſchon Tournefort®), feine Tifche
gebrauchen, fo verwenden fie dieſes ſchöne Holz neuerlich zu ihren
Divans und Sophas. Servilius Damocrates ed. Didot.
p.121—125 giebt Rha ponticum, Phu ponticum, Castorium pon-
tieum und andere Artifel als ſinopiſche Handelswaaren an).
Bon Metallen waren es wol bie reichen Eifengruben und
die Stahlbereitung der Chalyber over Ehalväer, wie fle zu
Strabo's Zeit hießen, und die Silbergruben, wie aud Kupfer
und Blei ver Chalyber, die zu Zenophons Zeit ven Mofür
nöfen unterworfen waren und meift von Eifenarbeit lebten, welche
Sinope's Verkehr belebten. Wahrſcheinlich wurden biefe aud im
Sinope verarbeitet. Unter den vorzüglichſten Stahlarten nennt
Steph. Byz. aud ven finopifhen Stahl, ver votzüglich zu
Zimmermannswerkzeugen diente. Schon Homer hatte die Silber-
geuben ver Chalyber genannt. Ein Hauptverlehr Sinope's war
der Küftenhandel mit den griechiſchen Colonien, mit den Landespros
+) Touraefort, Relat. dun Vor. etc. L.c. II. p.95. **) Blan, Beis
ige ver Nünzfande, in Zeitfepr. der morgenl. Geſellſch. IX. 1855.
7. Heinen. sn.
1, aber auf mit der Auchuht anf, da
m Häfen der Barbaren, pas ſchon aus
von den Hyperboreern für ben Apollo
inge ber, Früchte vom, dem Hellenen
34 werben pflegten. Im Dibia, hat
man neuerlich Müngen vor Sinope gefunden, wohin, alfo bex Ham
def ging, da big finopifgen Münzen gleihe Symbole wie die
der Münzen von Olbia führten. Auch die bosporenifchen Könige
fanden mit Sinope in Handelsverbindungen. Ein Hauptgeiperhe ber
es Reichthums war ver Thunfiſchfang.
aß € fih wegen her mod ger
a früheren Zuflande Sinope's
die Abgeorbneten ber Gtabt au
3 Gewicht darauf legten, daß ſiß
freie Griechen angeſehen fein woh⸗
n Freiſtaat mit —— gi
yon dem mächtigen Nachbartonige
ıcht gehalten war, wie Xenophor zu
das Verhältniß zur Zeit der
bie Sinoper yöllig unterworfen no
für ihre zum Berferfönige diehenben
R im Lande ber Marder 'aufl
ließ, uyd aus dem Tribut,
aus jugleich erhellt, daß fie Irinem
kerung bes frügeren fyrifchen un
em Elgmentes erllaͤren fih die pol»
je ber Sinoper, bie bald mehr mit
verbunden erſcheinen, und au Aleren
Untertanen ' bes Perferfönigs au
anerlaunt, nicht einmal zu dem allgemeinen helleniſchen Verbande
gehörig, ven ihn gogelchen Wurden (Arriani Exped. Alex. III. 29
Der fo häufige Kampf zwiſchen Helleneuthum und Barbarenthum
in ben Wechſeln von bempkratiicher Vollsfreiheit und oſtaſiatiſcher
Ügbergemalt aber eigenes Verwaltung, wie von Tyraunenherrſchaft,
geklärt ſich eben daraus, von welcher Iehieren ber finopiſche König
(rex, bei Tacitus)®) Schhrothemis um das Jahr 300 bei der
#7) 9, Blau, in Zeitfehr. der deutſch. 1. Qefellig. IL. ©.82—88.
l 3 Tacitos, Historlar. IV. 83, 86. defelſc.
Sinope, Suub des Türken. 708
Uebesfenkung, ver. Gnttehkilbes: dea Serapis nach Jegyntea ein Peis
ſpiel giebt. Aus dieſer Zeit, als Meines Körigreich, hahen ſich
Mangen echalten, auf denen der Gott nom Sinope, ven Tacitus
Jupiter, Dis nennß, ala Baal (mie her. Baal, Tars von Tarfus
auch. Zeds Tügors gemannt). Ingeidueh, wir, den Cuſtatbing ela
Zedg Zwwriing nennt.
Dieſen Woechfeln macht bie. Unterwerfung unter hie, panfifchen
Lünige ein Eude, we Sinope erft hie Hauptſtadt eineg Koͤnigreichza
wurbe Pharnaces L, König von Pontus, aus der älten Reihe
her Mihribatifden Mnige (ug. 184-157 9. Chr. G)s die: vom
den 7 Perfern abſtammen ſollten ), welche den Magier, Smerdis
ermordeten, wird als derjenige genuannt, welcher Sinope, plötlich
überfid und ſich unterwarf, ohne daß bie Umſtaͤnde baxühen genouen
befannt geworden. Ihm folgte Mithridates V. Euergate⸗
(56-121), der Sinope zu. feier Reſidenz exheb, mancherlei Wohl
thoten onzeigte, und dieſem fein miuderjätriger erſt. 12, Jahre alter
Sohn, Mithridatee Eupator VL, ver Er oße M., der in Ghr
one gehocen und erzogen war. Dieſer —8 feinen Zeh,
(maximus sup aetate regum, Plin. Eh N, XXV. 2), ber legte felbfte "
Rüwdige König der Alten, Welt nach I. v. Müller (reg, 12198
vor Che &.), der dem römiſchen Weltreiche noch eng Zeit long (m
wegwerte 57 Jahr) Wiverkand leiten kounte. hob dag poutiſche Keih
vr größten Höhe, Sinope erhielt burd ihn hie Bärkfie Defehi-
gung, verniöge welcher ca fo Iange der Belagerung des Lucnllus
Widerſiand leiſten lonnte. Es erhialt Gymnaſuun, Agara, Märkte
mit Saulachallen. Amphitheater, Koönigspalläſte, Konigegzuft, Kunſt⸗
ſcdabe, wie die Eryllatue des Autolheus, des Dicgenes (Fr ſtach amp
gleichen Tage wie Ylerander M., aber fat 3 Mal ja alt, als
Miähriger Geeis), den Globyg des Aſtronomen Billgros und
andere Berke der Wiſſenſchaft und Kunſt. Biele Autorgp us
Zanſtiler, zumal ausgezeichnete Muſiler und andere wiſſenlchaftliche
Mönnex lebten in Sinopet),
Erſt nach mehrjägriger Belagerung, als Mithridates M. ſchou
in die Flucht geſchlagen und durch Armzmien im ſein Boaporaum ⸗
Reich nordwaͤris bes Pontus geflohen war, fiel Sinope in Ränge
gemalt. Die Pirtenflotte, make Mitheivateg gerirt hatte, yar-
lzenate Die ſchweren Schiffe im Hafen gud euifloh mit, den leichten
+) Strenber a. a. D, Sinopt. ©. ort, ®) Sengebusch, Sinopic.
Quaest, Specimen 1. 4, P 4418. '
180° alein · Afen . n.
Segeln. Rad Erſtürmung der Stadtmauern und einem Kurzbauern-
den Blutbade fchenkte Lucullus den Sinopern, um eines Traums
willen, die Freiheit (im 9. 70 vor Chr. ©.). Nicht zufällig ſcheint
es zu fein, daß die Befagung ver Stabt aus 7000 Eiliciern, Sprade
und Religionsverwanbten ber alteinheimifcyen Bevölferung, beflans
(Plutarch. in Lucull. 23). .
As Pharnaces Il, ver Sohn Mithrivätes M., unter Bons
pejus Commando zu den Römern abfiel, nahm fid) der kriegeriſche
Greis (im I. 63 vor Chr. ©.) felbft das Leben; feine Leiche mare
in ber föniglicher Gruft zu Sinope beigefegt, wo Pompejus die
Koften feines prächtigen Leichenbegängniffes trug. Wird man dieſe
Königsgruft einft aufgraben, fagt Blau, fo werde ſich auch Si⸗
nope's Geſchichte wol noch etwas mehr aufhellen als biäher, wo
- vieles dunlel blieb.
Diefe Sinope als Römerftadt war es num, welche das
buch die Mithribatifcen Kriege tief verwundete und entvöllert
Meinafien mit zahlreichen Eolonien verfah, indem I. Cäfar allan
80,000 rõmiſche Bürger dahin fanbte, bie gleich andern Staͤdten
auch Sinope wieder in Aufnahme bradten, das ſeitdem auf feinen
Münzen fi) eine kaiſerliche Colonie nannte (Colonia Julia Felis,
ober Colonia Julia Augusta Sinope u. n. a.). Bithynien md
Bontus ſeitdem zu einer römifchen Provinz vereinigt, erhicten
ihre kaiſerlichen Legaten. Einer von biefen unter Kaifer Trojan
war aud) der wohlwollende Caj. Blinius Cäcilius Secundus, |
der duch feine Epifteln an ven Kaiſer befannt ift, woraus mar
fieht, wie das rbmiſche Leben, die Bauluft der Gymnaſien, Amphi⸗
theater, Aquäducte, die Leidenſchaft für Gladiatoren, Thier- und
Stier- Gefechte auch in Sinope Eingang fanden.
Aber zu feiner Zeit, im Anfang des zweiten chriſtlichen Jahr
hunderts, fand ſchon bie Verbreitung bes neuen Evangeliums in |
Kleinaſien, zumal bei ven Serapispienern am Pontus großen An
hang, wo zwar bie Anhänger des ſchwärmeriſchen Aberglaubens«,
wie fie Plinius in einem Schreiben an Trajan nennt, als Ber
ächter des alten Glaubens verfolgt wurden, aber doch ſchon am
Anfange des zweiten Jahrhunderts in Sinope eine chriſtliche
Oemeinde mit einem Biſchofe beftauden hatte, vie dem Episcopus
von Amafia untergehen war, welche in ven chriſtlichen Jahrhunderten
zur Metropolis erhoben warb”). |
?*1) Gtreuber, Sinope a. a. O. ©. 114—122.
Sinope, Sinub des Türken. 781
Bis in die Mitte des dritten Jahrhunderts hinaus banerten
die glüdfien Berhättniffe der Colonia Julia Felix Sinope
fort, wie dies eine Menge erhaltener Infchriften und Münzgepräge
aus biefer Periode beweiſen; bann aber folgen bei ver Abſchwächung
der öftlichen Provinzen des römischen byzantiniſchen Reichs ſchnell
nad einander die Ueberfälle der Barbaren, welche, wie einft bie
Kimmerierzüge, viele Stäbte des Nordens von Kleinaſien verheerten,
durch Gothen, Saffaniden, Alanen. Ammian Marcellin,
unter Kaiſer Iulians Regiment (362 n. Chr.), konnte als Angen-
Zeuge von ven Pontusverheerungen ſprechen; er nennt noch Heraclen,
Sinope, Tios, Amifos, Amaftris, Trapezus u. a. (XXIL.8)
als bebeutenbe Städte, und bis in das zehnte Jahrhundert amter
Naiſer Conftantin Porphyrogeneta wird Sinope noch immer ale
folche aufgeführt. Obwol das Land zu runde ging, bfieben unter
ven Ueberfällen ver faflanibifhen Perfer und Araber doch immer
einige Hanvelsftäbte übrig, zu benen ber Saramanenverlehr forte
ging, wie dies bie Stinerarien und bie Tabul. Peuting. zeigen, und
. unter biefen waren Trapezus und Sinope vie hervorragendſten.
As im neunten Jahrhundert die ſeldſchukiſchen Türken
FKimme in Kleinaſien einfielen, übermächtig wurden und ganz Pa-
phlagonien verheerten, blieben doch bie gut befeftigten Küftenftäpte
wie Sinope und Trapezumt von ihnen unberührt, in Abhängig-
Teit von der Reichögewalt in Conftantinopel, bis zum Umſturz des
byzantiniſchen Reichs durch die Kreuzfahrer im Jahre 1204. Als
in Folge hiervon die flüchtigen Comnenen, Alerios und David,
Söhne des ermordeten Kaiferd Manuel, am pontifhen Geſtade
vom Phafis bis zum Thermobon ihr fogenanntes trapezuntifdes
Kaiſerthum errichteten, das aber bald van ven Seldſchukiden-
Sultanen, theilweife wenigftens, im Jahr 1214 nad) Abulfaradſch
and Fallmerayers Zorfhmgen‘?) überwältigt warp, fam Sinope
umter die Botmäßigkeit diefer Türlen. Damals (im I. 1328)
fand Ebn Batuta®), ber Berber-Keifende, die Stabt, bie er,
Sanub nannte, und von ihr fagte, daß fe die Feſtigkeit mit ber
Schönheit verbinde, von einem Ibrahim Beg, Sohn Sultan Su-
leiman Padiſchah Emirs, beherrſcht. Ex bewunderte dert eine der
ſchonſten Moſcheen, und ſchiffte von da nach der Krimm über.
33:39, Ballmeraper, Gefgigt des Kalſerthums Trapezuat, 1827,
8 it. *) Ebn Batouta, Traduct. frang. I. c. Il,
38-301.
vr eins afen. en.
n vieſen Dahrhumverten Ver herebgeftaitenen Schoſtamigheit
wifteiheit md politiſchen Verwirrungen blieb Si nope jerch ia
“ter noch bedeutende Seeſtadt, wurde aber ars einem fruhen
Rhrbaren Emporium ein verwilbertes ſeldſchutiſches Vintenaſ dot
fith von Neberfällen imb Pllindeiungen der behantimiſchen wie de
Danbelsflotten der 'Gentiefen nach La Tana und anderer Seciha
Mi Vontus bereicherte. Es war ein darbariſches ud Jrauſeeri
Gewerbe dem in jenen Zeiten Chrifteh wie Moslenfen ergchen me
"fein, weithes ulle ‚pentifchen, agäiſchen / und Anittellänbifäien Mher
hdehſt nifcher micichte 8 iſt dich vie verwirrie Periode, in weder
Simope meiſt imitkt eigenen türlifchen Eniren fund, bald an de
Vupennitifchen Kaiſer vder am Die Furſten Yan Kaftermeihti trier:
“Miätig wurke, und vann fein Sthicfal an ven anf Aue *
Vlanzetiden Seerätberftaat von Kaſtamumi gekullpft war, it
"ich feinem Vorgänger Iofendiar ſich der lahme Bajezid Ai
von Reffemaiti aid Emir von Sinepe titulirte. Diefe derrat
teaf it Timuts Verheerungen 'in Neinafien and mit / bem Mr
lanchen ves vann ſich erweiteruden Obmanenreiches, zii Cal:
Bajezids Hilderim (der Weiterſtrahl) Tobe, zwar "nie Vernith⸗
rung, wobon früher die Rede war (ſ. oben S. 416), doch be
Ale Ber lehie Emir Osfend iar (Sphentjares der Byzarce
Asch, eine Zeit lang gegen Tribirtzchteng feine Unabhangigen mi
‚außer, bis endlich nach Ersberung Conſtantinopels (tm 9.188;
anch vas trapezunt iſche Weich gänzlich vernichtet ui Chin
im 9. 1461 von Muhähnitieb’EL. «mehr ‘mit Lift iemd Betrag a
init Gewalt in Vefly genommen wurde.
Dis Gebiet der Emire don Sinvpe Hatte ſich durch fer
&tehetrfihäft lange genug gegen "das Uebergetsicht der Baskbitsikt Ver
Särfäniten, Dartomanen, Obmanen itifmer mid) weſtwarie Sie
Paphlagonien bis —* das meiſt im Beſttz der Gene
flaud, wol erhalten-ımb ausbreiten "Atmen; / die reihen Er zgreken
umoal init Kupfer mid Silber, fullten die Kaſſe bes Beſek
ſchets, und vas Piratenweſen war nicht amergiebig,ſelbſt derifin:
"göantenzug über dieſes Emporium, wer ſchon unficher geworven Mt
ade Hinz erloſchen.
Die Byyantinifäheh "Autoren toie'Y. Chal aw ebuvvias Dr
cas u. A. bezeugen, daß ſelbſt noch zu jener Zeit dieſe Sinode
von Bedeutuug war. Die Wälle ihres Iſthmus und ihre Beflumzr
* werte, wehthe-ihte-pwei · Hifen überragten, waren mit 400 Städ vor |
großen und Heinen Gejhägen befegt. Die Gornifon Seflknd ass
Sinope, Chnub ber Türten. Ku}
2000 Weistetieten ind 10,000 toaffenfähtgen Meuntern, ik inlt
Speer, Bogen, Schwert und eiferner Keule bewaffnet baren. Bicte
Briegegaleeren und große Schiffe lagen Tegelfertig in ven Häfſen;
eins derſelben bon 900, Pilfoi (06 Tonnen?) war das größte Ih
den Öftlichen Meeren. Die Magazine waren mit Lebensmiltein "üb
Rriegsvorräthen gefüht, bie öftlih der Stadt vorliegende Kafbinfel,
Borbapas genannt, war eine Stunde weit mit einem Wilspatt
‚von Hafen, Rehen und anderen Jagdthieren verſehen, und die gähje
Rage eben fo feſt wie aumuthig; fie wurde bon Timurs Biographeh,
als jener fie in Beſitz nahm, im orientaliſchen Styl „die Infel
der Liebenden genannt, deren Schönheit zum Sprüchwort ‘de
worden var2et), u
Der Berluft von Sinope war für'das Raifertfirtn Tra-
— von dem allergrößten Nachtheile, weil dieſem dadurch ſebe
erbindung mit dem weſtüchen byzantiniſchen Kaiſerthum abgeſchnlt⸗
len wurde, aus dem Immer noch eine hervorgehende Verjfingung tt
Reſtauration des trapezuntiſchen Reiches in Hoffnung geſtanben,
"eine Andfiht,'die nun vurch deſſen vollſtändige olirung im Oft-
wintel des Pontus gänzlich verſthwand, und auch Trapezunt mim
mehr als die Halfte feines bisherigen Anfehens und feiner Macht
sen gehen inußte, *
Mi — Stabt theilte Sin opedas Schiltſal des linner
größer werdenden Verfalles mit allen andern Stäbten ves tutkiſchen
eichesss). Im J. 1614, unter Sultan Murads IV. Regierund,
Kälte Sinbpe einen nächtlichen Ueberfall raubſüchtiger Koſaklen vom
Don aus zu erdulden, deren Plünberung noch unermeßliche Beute
aiis der Stadt entführte und fie ſelbſt mit Feuer ind Schwert ver -
ker. Doc) behauptet Ewliya Efendi®), der im dahre 1648
inope beſuchte, die Ruffen, Hätten ihr nichts anhaben tönuen;
‚dad Caſtell, das er wol dabei im Auge Hatte, ſagt er, fei mit
bteifadhen Mauern von Schedad (b. i. chelopifchen dieſennjauern)
"ideen, "habe 7000 Sätitt in Umfang, 8 Thore, die alle don
‚boppeltem Eiſen, und bergl. mehr. Der Commanbeirf j
orte
rend ein Gefangener im Caftell, das ex’ nicht ai Band fchußtöeite
verlaffen biltfe, weil dann die Einwohner ohne Weiteres vas Hecht
B " * 3,
*°) Mac Achmed Ion Arabſchah, THU. ©. 384, "nal arlinerapers
” & — ——— — 'S.30. pipe
.*) 3, 0, ‘Hammer, Gefhlhlg des o6män. Melde. Sf. IV. &. 470.
“) Re a Var, 27-3.
284 aleis / Alten. sm.
Hätten, ihm tobtzufilngen. Diefer Befehl fei gegeben (mie in Aagera,
f. oben ©. 488), um jede plögliche Ueberrumpelung unmöglich zu
machen; damals hatte das Caftell 600 Mann Garnifon und war
fireng bewacht. Zu feiner Zeit wohnten 1100 Chriften am See
ufer von Sinub und zahlten Tribut; 100 Ehriften waren bavon
befreit, weil dieſe bazu verpflichtet waren, die Feſtungsmauern in
Stand zu halten. Die Stabt hatte nah Emliya 5060 Häufe,
und follte von Sultan Alaebdin erbaut fein. Man rühmte im,
in berfelben follten 2000 Knaben und Mädchen fein, welche ven
Koran auswendig herfagen Fünnten; das weiße Brod war von vor
züglicher Güte, der Hafen?5”) gegen alle (?) Winbe geſchützt und
nähft vem von Balaklawa ber befte Hafen am Schwarzen Meere.
Gutes Waller, ſchöne Knaben, Mädchen und viele Heiligen feien ix |
der Stadt, fagt er. Bon dem Berge Buz⸗depeh (tichtiger Boy
tepe, d. i. grauer Hügel) auf der Suͤd⸗ (und Oft) Seite der Statt |
könne man das ganze Norbufer des Schwarzen Meeres überbiidn |
Auf diefem Berge der öftlihen ifolirten Halbinfel (jest noch Bez
Tepe genannt)S®) gebe es Füchfe, Schafale, Bären. Im öſtlichen
Hafen der Stadt, Schatir kjdi, lagen große Vorräthe von Zim
merholz zum Verſchiffen zum Schiffbau. Tournefort (im Jahr
1701)®9) ift der erſte Beobachter, welcher bie ſchlechte Kartenzeichuumg
feiner Zeit von Sinope rügt, und auf genauere Orientirung ber
Geographen überhaupt in ver Natur bringt, bie oft ganz gedanles
108 (mie auch wol noch heutige Kartenfabrifanten) ihre Striche und
Linien zeichnen. Hierzu gab ihm bie fehr eigenthümliche Lage Gi-
nope's die Veranlaffung, weil von ihren characteriſtiſchen Küften
Contouren allerdings ihre ganze Gefchichtsentwidlung auf das ent
ſchiedenſte abhängig wurde. Das Caſtell auf dem Iſthmus der
noch doppelten Mauerverfhanzung, von 3 und bedigen Thürmen
flanfirt, aus byzantiniſcher Zeit, fei, fagt Tournefort, zwar in
Berfall, aber doch würde zur Belagerung der Stabt noch immer
eine zwiefache Flotte nothwendig fein, bie eine in Norven, bie
andere in Süben. Die Beſatzung beftand damals nur aus wenigen
Janitſcharen; Juden wurben in der Stabt nicht gebulvet. Griechiſche
Chriſten durften nur in ber Vorſtadt wohnen, bie feine Vefeftigung |
!
{
2") Moniinge de Sinope in Piote de Tibot de Marie. Tab 34. Gl
de Sinope. p. 138161; Plan der Mhebe zu Ginope, Berlin, bei
Schropp. 1853, ®*) Dr. &. Braune geologifche Karte der Halbe
ie von Sinope, in Zeitfärft für Allgem. Gehtune. 9. 8. 1857.
zgL +) Tournefort, Belat. d'un Vor. T. I. p. DIE
Sinope, Sinub der Türken. 785
bat, da Türken gegen fie zu mißtrauifch waren. Bei ihnen nahm
Tournefort fein Ouartier und fand einen guten Wein, ven fie
aber nicht aus Weinbergen erhielten, fonbern nur von Hausreben
Das Wafler fei vortrefflich, jagt ex, Olivenbäume geveihen hier noch
wie zu Strabo’8 Zeit und erreichen eine beveutenbe Größe. Das
Elima ift alfo Hier fehr günftig für Obftbau, womit auch nener»
lich Jaubert (im I. 1806) übereinfiimmt®), ver aber bemerkt,
bag weftwärts von. hier an der Norblüfte über Heraclea hin«
ans ver Delbaum nicht mehr vorfomme, was ſchon zu Tenor
phons Zeiten ber Fall mar (Xenoph. de Cyri Exped. VI. 4. 6);
der auch fagt, daß bort Alles gebeihe, ausgenommen ver Delbaum
nicht, was auffallen mıng. Näher gegen Eonftantinopel hin, fagt
Yaubert, hindere die Feuchtigkeit des Bodens und bie Inconſtanz
der Winde das Gebeihen biefes zarten Baums. Bon ber Flora
von Sinope war Tournefort feineswegs erfreut; er fand nur
ganz gewöhnliche Pflanzen, anfervem einen nievrigen Strauch eines
Absinthium ponticam, mit fehr bitterm Geſchmack feiner Blätter
und Wurzeln, ein Gewächs vorherrſchend am Sandſtrande, das
ſchon Ovid in feinem Unmuth im Eril am Pontus verewigt hat
(Ovid. N. ex Ponto II. 8. v. 15: Tristia deformes pariunt ab-
sinthia campi etc.). Der Boden von Sinope ift nicht grün, fagt
Tournefort, fonvern roth, weil daſelbſt Boluserde ven Far-
benton angiebt, dieſelbe Färbung bes Bodens, vie ihm auch im
Innern des Landes fo häufig vor Augen Km (f. oben ©. 121,
134 u. a. O.).
Der ſinopiſche Bolus(u/Arog, rubrica), Röthel, ober ver
lappadotiſche, gehörte nad Plinins XXXV. 6, und Xheophraft
(nepi 449. 52) zu den berühmteften im Altertfum. Sinopiſch
nannte man ihn wol, weil er vorzüglich von da in den Handel kam und
daher er auch ſchlechtweg Sinopis genannt wurbe (Sinopis inventa
est primum in Ponto: inde nomen a Sinope urbe, Plin. XXXV.13);
dach wird er and) ba wol in den rothen Sanbfteinfchichten vorkom⸗
men, obwol er heutzutage feine befonbere Erwähnung erhalten hatt),
Iaubert vergleiht®) die Lage Sinope’s mit feinen Doppel»
hafen zu beiden Seiten mit dem berühmten Doppelhafen bes
ägyptiſchen Alerandria’s, die beide gegen D. und W. geftellt
.) A, Jaubert, Vor. en Armönie 1. c. p. 395. *) Dr. A. Braune
Beobachtungen in Sinope, in Zeitſchr. f. Allg. Erdk. a. a. O. N. 8.
1.6.27 ) A. Jaubert lc. pı 304398.
Ritter Erdkunde XVIIL Dod
186 Klein ⸗ Aſten. gr.
ſiad, bie von Sinope aber gegen Nord und Süd, ven team da
Süphafen durch feine Sicherheit ven Vorzug vor jemem hatte De
nbrdliche wird jedoch, täglich mehr umb mehr vom Sande verfäätie,
nur noch von Fiſcherbarlen befucht; ver anbre gegen Säb bat da
größten Vortheil für die won Oft her einfahrenden Schiffe mi
Bietet ein tiefes und ficheres Aſyl für ganze Flotten.
Nach Yaubert hatte die Stabt 12,000 Einwohner, deren poci
Dritttheile Türken, vie übrigen Griechen in ben Vorſtädten fa,
wo aud bie Eomfulate der Franzofen und Ruſſen liegen. Di
Griechen find die Haudelsleute und Fiſcher; fie Führen vorzägfih
das Kupfer und Kupfergefchirr von Tolat aus, das Ange
gelpinnft, Maften, Bretter und Zafelage; fie ſalzen und börren be
von ihnen eingefangenen Mafrelen (vLıpos, Scomber) und Thru ·
fiſche, die Pelamyden ver Türlen. Die Türken find Gärten,
Aderbauer und Schiffbauer. Auf ber ſüdweſtlichen Seite te
Stadt auf dem Continent ift der Boden fehr fruchtbar an Ara,
Ras und Früchten, das Elima ift fehr angenehm, vie Lanbfäet
lieblich. Mean zeigt auf der Anhöhe, welche die Stabt im Bein
beherricht, den Hügel des Mithridates Eupator, beflen Leihen
begängniß Pompejws in Sinope feierte, wo ex in die bortige Gl
beigefegt fein foll; doch wird fein Grab auch bei den Bospar-
wen gegeigt, wohin ex vielleicht fpäter verfegt warb. Im Wet
Sinub, zu ihrem Gebiete gehörig, nur eine Stunde fern, 4
wunähft in alter Zeit ber gute Hafen Harmene oder Armen,
wo jegt nur ein Dorf ift, durch ben fünftägigen Aufenthalt zu
Kenophons Mannſchaft daſelbſt, die man nicht in die Stadt ur
mahın, befannt, wahrſcheinlich eiuſt ein Heiligthum ber Schiefer bet
Apollo, der Artemis, die dort als Monbgöttin unter. dem Ruma
Mene?®) (wie Menes in Comana) verehrt ward. Auch O. Bla
(im 3.1857) hielt ven fünweftlichen Abhang ver dortigen Berge für
den Har-Mene, d. i. den ver Mene heiligen Berg, an dem
man nod Spuren fünftlicher Bearbeitung des Bodens, Grühe,
Wälle und einen dem trojauiſchen nicht umähnlichen Hügel in bar
ſcher Form bemerkt. Auch auf deſſen Höhe find Spuren alter In
lagen; man zeigt hier ben Thurm des Diogenes und pie Trämme.
Weiter norbwärts fpringt das Vorgebirge Lepte weit vor, Mi
mit feinen klippigen Borhöhen am Paſchios Dagh und Ju
) Strenber, Sinope a. a. O. S. 32, 44, 40, 76.
Sinope, Sinub der Türken. Tr
dſche Burun ſchwer zu doubliren ift. Ale Beſichtigungen und
Ausgrabungen in und um Sinope find ſehr erſchwert durch den
Anferfien Fanatismus der türkiſchen Bewohner, melde ſelbſt Eng-
lãudern und Franzoſen zur Zeit ver Allianz nicht geſtatteten, der⸗
gleichen zu unternehmen. Die Hauptbefeſtigung ver Stadt, ſagt
O. Blau, zieht ſich im Rüden derſelben anf dem hügeligen Ihe
mus ber Halbinfel und zu beiden Flaulen bes Feſtlandes hin. Ihre
Grundmauern ſcheinen alt, fie Tünnten, nad Blan’s Meimmg,
das ITrepia ver Griechen gewefen fein; leider Tomte er ber Duſchrif ·
ten, bie dort angegeben wurben, wegen einfallenver Nacht nicht an⸗
fichtig werben.
Nur wenige Reiſende haben von Sinope ven Landweg
weitwärts bis Ineboli, Jonopolis, zuridgelegt, das 83 Stun»
ben entfernt ift, von wo Janbert mit einer Felucke nad; Conſtan ⸗
tinopel ſchiffen wollte. Der Weg dahin ging bis zum Dorf
Oſtifan (Stepkanos) durch angenehme Walbuugen; ber zweite
Tagemarſch war weit beſchwerlicher über Berg und Thal und Steil
wege durch Didichte, in denen man ſich erft ben Weg an ver Küſte
durch das Beil bahnen mußte, bis man das Dorf Ajandan er
reichte. Noch beſchwerlicher war ber Dritte Tagemarich über das
Dorf am Cap Kinoli (Einofis), das durch viele Schiffbrüche ge»
fürchtet iſt. Keine Spur fand fi da vom Fußpfad an ben fleilen
Velöwänden, bie furchtbare Abftärze zum Meere bilben, mit einer
Waldwildniß von Kumbertjährigen vielfach zufammengeftärzten Bit
men bereit. Cap Kinoli Liegt direct dem Cap Erimmetopon am
ber Süpfpige der taurifchen Halbinjel gegenüber, dem jegigen Ra«
radſcha Burun (Marcian. Heracl. Peripl. p. 72), wo ber, Pentus
am ſchmalſten if. Wenn tie Flüge ter Kraniche, fagt Plimins
(X. 30), ſich anſchiden ven Pontus Euxinus zu überfliegen, fo pfler
gen fie vor allem fid auf ven beiven Borgebirgen, dem Eriume-
topon und Carambis zu verfammeln, um direct von einem zum
mdern hinüber zu fliegen. Das Cap Carambis (jegt Kerembeh)
Kegt aber nur wenig weſtlich von Kinoli. Es ift eine alte Sage,
baß bie zwiſchen beiven Borgebirgen Hindurchſchiffenden in ber Mitte
des Bontus ſowol das eine wie das anbere- biefer Borgebirge im
Norden und Süben erbliden könnten. Da ber Abſtand beider had
gelegenen Caps nicht über 2 Breitengrabe, alfo nicht über 50 Lienes
(80 geogr. Meilen) beträgt, fo fchien dieß nicht unwahrſcheinlich zu
fein. Iaubert, ver dieß früher bezweifelt hatte, überzeugte ſich
bei feiner Durchfahrt im Yahre 1819, am einem ganz Maren Tage,
Dvp2
88 Klein⸗ Aflen. Ef.
von der Wahrheit dieſer Angabe%). Ewliya Efendi, ver die
ſelbe Sage vom Berge Boztepeh im Süben von Sinub wiederhelt.
fagt vom Cap Kerembe, an vem er worüberfchifite, daß am befen
Belfen ſich eime fehr merkwärbige Infcription®) befinde. Sie
iſt ſonſt nicht befannt geworben und es würde bei Doublirunz det
Caps darauf wol kunftig zu achten fein. Weiter weſtwärts vom
Cap Kinoli erreicht man am dritten Tagemarſche Imebeli
¶ Donopolis oder Abonutichos), wo man zum fruchtbaren Thale vs
Küuſtenſluſſes Daurikan Irmak hinabſteigt, der aus ven nick
lichen Bergen von Kaſtamuni entfpringt und am ven Kupfergrube
von Bakyr Kureffi, die wir fhon oben mit Ainsworth be
fucht haben (f. oben S. 411413), norbwärts zum Meere abflich.
Hier ändert ſich die Wildheit der Küſte in eine liebliche Lanbfdeft
Ein fruchtbares. Thal Bffnet fih, voll fhöner Wiefen, zahlreite
Heerben; überall ift Sicherheit, Induſtrie; hohe Minarets erheen
fi) aus ten fhönften Obftgärten. Imeboli, von ben Griechen
durch Eorruption des mißverſtandenen alten Namens auch Nechel
(MReuftabt) genannt ), von Stadtmauern umgeben, zeigt Wohlket
wie wenige Orte Kleinaſiens; ihre Werkftätten, ihre Schmieden, Jin
merpläge und Schiffswerfte zeigten die größte Betriebſamleit. He
ſchiffte ſich Jaubert nah Europa ein.
Im den letzten Zeiten ift Sinope eine Dampffchiffahrte
Station geworben, in welher das Schiff Metternich im Min
1838 auf ver Fahrt mit ein paar hundert Paſſagieren nad Tra-
pezunt feine Kohlen zur Feuerung einnahm, als unfere darauf ir
ſindlichen Landsleute leiver nur wenige Stunden bort verweils
Tonnten®”). Nur im Monpfein Tonnten fie das alte genneide
Caſtell in Augenfchein nehmen, das auf ver Landenge liegt, die de
ungewöhnlich gut gebaute Stabt und eine bergige Kalbinfel vom
Eontinente abfperrt. Der Ort ift ſehr haltbar, hat ſchöne Schi
werfte und viel Delbäume, fhöne Cypreſſen, viele alte Mauern mit |
Thfrmen und ein leuchtende Meer. Das vierfeitige Eafell, |
fagt v. Muhlbachee), durchſchneidet die Landzunge, auf bem
Näden vie Stabt liegt, fo daß feine zwei gegenüberftchenden Erw
ten auf der Nord- wie auf ber Silbjeite vom Meere befpält fü |
ie} h Jaubert I. c. » 400. *s) Emliya Elendi, Narrat. of Trav. lc
p. 36. . Bihefhlian, Beigreibun; des Pontns Gurinnt.
©. 38. 7) v. Moltfe, Briefe über Iuflände umd Begebeafeit
{n der Türkel. 1841. 6. 199.
Sinope, Sinub der Türken. ?89
Hamilton®) hat während feines breitägigen Aufenthaltes
in Sinope, das er Sinub nennen hörte, neuerlich bie beften
Nachrichten von da (im Jahr 1836) mitgetheilt. Er kam vom ber
Lanpfeite und ftieg über Sanbhügel an ver türkiſchen Gräberftätte
voll alter Saͤulenreſte, zu Grabfteinen verwendet, zu ben Stabte
manern anf den engen Iſthmus hinab, ber durch die Nordweſt ⸗
winde von feinem Sande übermeht if. An biefer Seite ) wirb
Sinope durch eine ſtarke, wahrſcheinlich noch von Byzantinern er⸗
baute Mauer geſchützt, fie zieht in der Richtung von SB. nad
RD. vorüber uud wirb durch Thärme verftärkt, von benen mehrere
aber ſchon eingefumken find. Durch das äußere Thor führt ein
enger und krummer Eingang gegen Oft am ber Eitabelle, die rechts
Tiegen bleibt, zur nördlichen Seemauer links und zum inneren Thor,
von wo man die ganze Stabt durchziehen muß, um anf ber Ofle
feite wiever hinaus zur Borftabt, dem Griechenguartier, zu kommen,
das gegen die erweiterte Halbinfel zu liegt, wo ver Reiſende, mie
einſt au Tonrnefort, fein Ouartier angewieſen erhielt. In ver
Stadt ſchaͤrte Hamilton die Zahl ver Häufer auf 500, die von
Türen bewohnt werben, außerhalb in ber Vorſtadt 300 griechiſche
Häufer.
> Characteriftifch für tüurkiſche Zuftände war ber Vefuch bei bem
Gonverneur ver Stadt, ber den Meifenden äußerlich ſehr hoͤflich
empfing, aud bie neueingerichtete Dampfſchiffahrt Iobte, weil fie
eine Berbinvung zwiſchen Eonftantinopel und Sinub bewirke, aber
nur weil ver Padiſchah fie favoriſirte; nicht als eine Wohlthat an
Ach, welche doch feinen Untergebenen große Bortheile zuführen mußte;
wicht die geringfte Neugier over Wißbegier hatte ihm bewogen, ſich
am ven Mechanismus biefer merfwilrbigen Maſchinerie zu beküm-
mern; fein nil adınirari war völlige Gleichgältigfeit.
Am Oftthore fand Hamilton bie ganze Quermauer bes
Iſthmus gegen bie Seite der Worſtadt aus Fragmenten alter Archi⸗
tecturen aufgebaut; aus Säulenreften, Arditraven, vie aber doch
Teine reiche Ernte von Imfcriptionen barboten. Im Hofraum einer
Moſchee, nach der Mitte der Stabt zu, wo biefe zu beiden Geiten
als Avenle zu einer großen Fontaine führte, waren viele antile
) Sanptmaun % —X — Briefe an v. A. 1838. Dat. 19. März.
Meer. Hamilton, Researches in Asia Minor etc. 1. c. I.
p- 307313; Betreuung aD. 6. 3,281 7 keit
38 de Butt von Siubpe in v. Aeie Mineure. I.
280 Klein⸗Aſien. El,
Sragmente fihtbar; eben fo in’ ben Grundmauern vieler Haͤrſer;
wach an ber Außenmauer im Weiten ver Stabt waren ein paar
Iufchriften (cf. Append. No. 53, 55). Biele ſchienen Bauten un
gehört zu haben, bie vem Germanicns zu Ehren errichtet man.
Auch eine große Löwenfculptur war ver Maner gegen Sud ew
gefügt. Durch das Thor der innern weftlichen Mauer kommt zn
A einem Thoriweg, über dem eine lange Inſchriſt eingefügt iR, de
mon nur auf einer Leiter hinanfteigenb Iefen konnte, aber bie fh
wi? als eine mobern griechiche vom Jahr 1781 herausſtellte. De
Citadelle Itſch Kale, das inmere Schloß, quer über dem Mir
mus im Weit ver Stabt gelegen, von Meer zu Meer reihen, i
ebenfalls ein Conglomerat antiter Bauftüde. Ein kreisruudet Sup
gefiel einer einftigen Statue, jet zu einem Mörjer zum Etage
des Korns ausgehöflt, trug einſt mach ver Duſcription zu urtheia
(ef. Append. No. 52) die Bildjäule des Antonin, Scha Auim
Pins, mit ven Schlußbuchſtaben: C. I. F., b.i. Colonia Iulia Fer,
wie auf ben Münzen der Stobt.
Der innere Theil der Mauer auf ber Weſtſeite ber Ciubck
iſt auf Bogen erbaut, von Pfeilern fchönfter römifcher Eonftruce
getragen, die wol Refte eines Aquäducts zu fein ſcheinen, wie da
Lagat Kaiſer Trajans,-C. Plinius Caecil. Sec.?7), einen felda
der Stadt aus ber ferne von 6 Stunden mit bes Kaiſers Bank
ligung gu erbauen beabſichtigte, da ihr gutes Waſſer fehlte. Tre
jans Vorficht, die Feſtigleit des WBobens zuvor erforfchen zu Iafen,
weiche ſolche Laften tragen follte, hat ihre Bewährung bavurd &
halten, daß vom ben Thürmen daſelbſt mehrere wegen bes led
Sandbodens wirllich aus ihrem Perpenbitel gewichen find. Hab
wutoge Hat die Stabt auf der Halbinfel jelbft ihre Weſſer. Em
Theil der inneren Mauer auf der Seite der Halbinfel if i
demfelben Styl gebaut wie der Aquäduct und durch zwei quader⸗
tifhe Thürme befeftigt, beren Eden nach außen abgeflumpft fnb;
> bie Quaderſteine find alle von einerlei Größe, bie Feufter für
oblong, bie Conſtruction vortrefflich, ficher eine antile römifde
Dauer. Aber die zweite äufere Maner, welche quer übe da
Minus zieht, ans alten Vrucftüden zufammengejegt, iR mel en
Bert ver Byzantiner ober Genueſen. Durch das Erxweichen bei
Saudbodens haben die dadurch ſchiefſtehenden Thürme ein gr
#"1) C. Plin. Sec. Epist, ad Trajenum. X. Ep 90 u. 9. ed. Girie Ik
p- 403 etc.
Sinope, Sinub der Türken. rei
tesfes Anſehen erhalten, und darauf find noch nenere Fortifleationen
aufgeſetzt. Bon Thirmen an dem Sädweftende ber Stadt konnte
Hamilton ven alten Molo verfolgen, der ven Hafen einft ſchützte,
wmter dem Wafler in irregnlärer Linie, vie ganze Gibfeite ber
Stadt entlang fortziekt und nur für Heine Schiffe noch eine ſchmale
Einfahrt offen läßt, wo ber hentige Hafen Liegt. Die Gitabelle
fließt etwa 50 Häufer in ihrem Sunern ein, bie nur von Türten
bewohnt find.
As Hamilton aus ver Mitte der Stadt nordwäris durch
ein Meines Thor zum Meereöufer hinabftieg, wo bie Maner auf
leicht zerbrdelndem Muſchelkalkſt ein erbaut ifl, war er verwun ⸗
* dert, biefen voll Heiner kreisrunder Röder zu finden, bie ihm
am die von Strabo erwähnten Waflerkefiel, die zowınldas erin ⸗
merten. Doch die von ihm gefehenen waren nicht über 9 Zoll im
Durdymeffer, nur 1 bis 2 Zoll tief. Diefe Höhlen würden, wenn
fie größer wären, es einem Menſchenhaufen unftreitig unmöglich
machen an bas Ufer zu waten, wie dies Strabo bemerkte (XII. 646).
Sie ſcheinen vom Lieſeln hervorgebracht zu fein, die bon der Hefe
tigkeit ver Wogen in Heinen Löchern umbergeichleudert wurden (wie
die nordiſchen Jettengräber, wie wir fie bei Gothenburg und ben
—— Luſten dter zu ſehen Gelegenheit hatten, bie ſogz
neunten Thopfe⸗) und ſich dieſe Töpfe erſt gebohrt haben. Der
Muſchellalk wurde viel zu den öffentlichen Bauten verwendet. Im
Hofe eines Gerber fländen mehrere Sarcophage mit Inſerip⸗
tiomen (f. Append. bei Hamilton No. 56), vie zu Waflertrögen
benutzt wurben. An der Oftfeite ber Stadt, etwas bergan ſtehen
die Ruinen einer byzantinifchen Kirche (aus wechfelnden Quader⸗
md Bardftein-Schichten erbaut), die man für einen Tempel ausgab;
fie zeigte im Innern noch eine zweite unterirdiſche Crypte mit wies
lerlei zerbrochenen Säulen und Infchriften (f. Append. No, 58).
Bei einer Befihtigung ber biſtlich vorliegenden Halbinfel, bie
von D. nad) W. wol kaum 2 Stunden lang ift, zeigte ſich eine
genauere Uebereinftimmung berfelben mit Polybius Beſchreibung
(Polyb. Historiar. IV. c. 56, nad ihm ift ver Iſthmus nur
3 Stadien, d. i. 1200 Fuß breit, die Halbinfel in Oft zwar höher
auffteigenb, aber eben, bie Ränder am Meere nennt ex fehr fleil und
ſchwer zugänglich). Etwa 3 engl. Meilen in O.S.D. ver Stabt
liegt das Dürfen Nefi Kidi (fo genannt, weil es noch auf ver
Halbinfel Kiege), mur aus wenigen Hänfern beftehenb, mit Kornfel ⸗
ven; ein Flügen zieht da gegen Sud; bei einer Quelle liegt ein
7923 Klein⸗ Aſien. $.17.
ſehr großer Sarcophag, jet zum Troge dienend, ber einft von
einem ehr berühmten Arzte des Alterthums herzurüßren ſcheiut
(f. Append. Infeript. No. 59). Der Boden dieſer Halbinfel if
vulecaniſcher ober vielmehr plutouiſcher Natırr, er ift fruchtbar,
trägt aber nur wenig Bäume. Auf ihm find mehrere Fragment
mit Inferiptionen zerfirent. Die geologifhe Eomftrnction ber
Halbinfel ift fehr einfach. Ir Oftende beftcht aus trachyt iſchen
Gebirgsarten, auf bie gegen Weft, theils anliegend theils überlagerst,
ſchwarze vulcaniſche Breccien und Pigmente mit edigen
in Trapp und Trachyt folgen. Der weſtliche Theil ber Halbinjd
befteht aber aus Kallſchichten ber juraffifchen und oberen Sreivefen
mation. Alle biefe find horizontal geſchichtet und ruhen auf ben
unterften feften, compacten Kallſteinſchichten, dem Scaglia, welcher
ven Hauptbeftanbtheil ber joniſchen Infeln und Griechenlands bite
Diefe find ohne Mufchelverfteinerungen wie jene; aber dieſen if
eine 30 bis 40 Fuß mächtige Schicht von jüngeren Sormatioms
übergelagert,, die außerordentlich reich erfüllt ift mit großer Man
nichfaltigfeit von Mufchelpetrefacten, varımter andy Corbul,
Madiola und anbere vorfommen. Die Schichten variiren im Härk,
manche bis zum Fiefeligen. Nahe ven Berggipfeln find alte Strin
Brüche, darin noch fertig behauene, zum Transport bereite Quaden
liegen. Aus bemfelben Stein ift die Stabt gebant, ber alfe wol |
hier gebrochen wurde; bie Berührungsgrenze des Kallftein mit bem
Trachyt war nicht genau zu ermitteln, das Alter der Yormatioa
blieb alfo unbekannt. Cine genauere Unterfuhung diefer geogue-
ſtiſchen Verhältnifie hat Brauns?7?) nebft einer geogmoftifden
Skizze gegeben, der die Trachhtmaſſe dem Anbefit vergleicht mt
bie mit ihm aus ver Meerestiefe bis zu 600 Fuß emporgehobemen
finmpfen Kegel ver Plateaumaſſe Ada (v. h. Infel bei Türken)
nennt, auf welher Kreidelager mit emporgehoben wurden, über
und an welche fi Kalte, Mergel und Sanbftein Iagerten, währen:
ſcharflantige, ſehr fefte tertiäre, aber befehränfte Mufhelfalffteine fih
nur an ber Norblüfte finden, wo fle jene höhlenartigen Vertiefungen
bilden, weldje die Küfte, mie ſchon Strabo bemerkte, fehr ſchaver
zugänglich machen mußten. Auch führt er hier eine Grotte von
Anvefitgeftein an.
*”) Dr. D. Branns Beobachtungen in Ginope, in Zeitſchr. für Allgem.
Erdt. 1857. N. 8. I. &.27—34 mit Karte; ebendaf. X.
mann, Note S. 31.
Sinope, Simub der Türken. 793
Am Oftabhange der Höhe, auf welcher bie Stabt fleht, zeigten
fih mehrere Subftructionen und Gewölbe aus römischen Badften-
werfen (Opus tessulatum) erbaut; beſonders beachtenswerth ſind
drei große gewölbte Gemächer, bie, nad) ven Incruſtationen der
Manern (einem Stucco) zu urtheilen, wahrſcheinlich einer Ciſterne
angehörten. 200 Schritt höher, auf vemfelben Berge, war eine
Duelle mit Fontaine aus dem Felfen gehauen, zu ber ein enger,
regelmäßig gepflafterter Steinweg hinaufführt. Das Wafler, das
man jegt in ber Stabt byaudt, ift nur von ber Halbinfel aus
dahin durch irbene Röhren geleitet, in welhen auch das Waller ver
weſtlichen ‚Berge zum Oftthore geführt iſt, wo fie fi) vereinen und
eine Brüde über fie hinwegführt, von wo ſich das Wafler dan
mach verſchiedenen Richtungen durch die Stabt verbreifet. -
Obwol Sinub, fhließt Hamilton feine Bemerkungen, noch
heute ein ſicherer Hafenort zwiſchen Trebifond und Conftantinopel
iſt, fo entfpricht feine Population doch Teineswegs einer fo günftigen
Stellung. Ueberall trat ihm Armuth und Entbehrung entgegen an
demſelben fo ungemein günftig gelegenen Orte, in dem noch heute
fo viele antife Münzen aufgefunden und feil geboten werben, melde
den früheren Wohlftand und Reichthum ver alten Colonie bewei⸗
fen.. Mit diefen Bemertungen Hamiltons flimmt auf Branns
jüngere Nachricht in allen wefentlihen Puncten überein, ver in einem
Slachfee auf dem Plateau der. Halbinfel den Ueberreſt eines wafler-
gefüllten Craters vermuthet, mit dem fie einft als Infel (wie es ihr
Name Ada beventet) emporſtieg. Ihre Oberfläche, einft zu Timurs
Zeit ein Wildpark, ift jet ganz baumlos, diente aber als
Grafungsort für Pferde» und Dromedar · Heerden, die im Krimm ⸗
ſchen Krieg hier zum Transport aus Anatolien aufgefauft waren.
Durch die Seeſchlacht und das Bombarbement vom 30. November
1853 wurde der weſtliche Theil der Stabt gegen bie Caſtellſeite
ganz verheert und in Trümmer geſchoſſen, fo daß nur noch die Öfte
Tiche Hälfte der Stadt beftchk Die heutige Vegetation und bie
Zauna der Ada flimmt ganz mit ven fon von Tournefort ge
machten Beobachtungen überein. Alle europäiſchen Zugvögel und
Sufecten fanden ſich auch hier ein; fehr viele Ratten (Mus decu-
manüs) niachen eine Plage aus, die griechiſche Laudſchildkröte kommt
Hier in Menge vor, ſelten eimmal ein ſhriſcher Bär wie zu Ewliya's
Zeit (f. oben &. 788). Nah Brauhs hat die Stabt heute noch
8000 Einwohner.
194 Klein⸗ Aſien. gl,
Rad dem Piloten?) heißt die öſtlich vorliegende Helbiche
Bo; Tepe, der ein Meiner ifolirter Fels vorliegt, Scopelos ba
Marcian. Heracleot. 'Periplus p. 72, welder feine Gefahr bringt.
Im der Mitte der Halbinfel liegt ein Heiner See und am beffen
Weſtſeite eine Verſchanzung mit Batterie; ein Dorf in S. O. verik
ben wird Ada Kidi(Nefi ver Griechen) genannt. Nach allen Seiten
flärgen fteile Selsmände ab zum Meere, und gegen Weft fextt fih
die Halbinfel allmählig zum nievern Ifhmns hinab, auf dem
die Stadt erbaut ift. Im Hafen der Statt werfen die Schiffe in
1 bis 2%, Rabeltau Länge vom Ufer, bei 5 bis 10 Braffen (30 bu
00 Fuß) Tiefe, ihre Aufer in Sand und Schlammboden; bei gr
herer Annäherung, bis zu 3 Braſſen Tiefe, ift der Grund bh
Mauerwerk oft unficher; auf der geſchützten Rhede haben vie Schi
im Winter und Sommer einen vollkommen gefiherten Stand. De
Nordhafen wird nicht mehr beſucht; dann werfen im ber Wine
weit bei vorherrſchenden Nordwinden die Schiffe ihre Anler im Se
fen von Harmene.
Anmertung.
Die Thunfiſcherei von Sinope und im Bontus.
‚Der Fiſchreichthum im Pontns war ſchon ben Alten hinreichend kr
fannt (Plin. A. N. IX. 19: Piecium genus omne praecipua celeritate ne
lescit, maxume in Ponto; eausa multitudo duleis inferentinm aqua). Dr
Fiherei ein Hauptgewerbe ber Bewohner von Sinope umb zumal be
Thunfiſchfaug eine der Hauptquellen ihres Reichthume war, ba ınaa de
dort im größter Menge fing, eimpdlelte und verfenbete, fo if hier med
Winzupufügen, was bie Alten, zumal Strabo XI. 549, ums baräber mit
geibeilt haben. Ju biefer Beziehung iſt aber zu bemerken, baf in da
weiften Berichten ber Geographen alter unb nener Zeit breierlei verkfie
dene Arten nahe verwandter Fiſche, Thunfiſche ober Makrelen mit cin
ber verwechſelt zu werben pflegen, ber eigentlihe Thunfifch (Thymur
vulgaris ober Scomber Thyanas Lion.) gewöhnlich mit ber gemeinen
Matrele (Scomber scombrus ober Cordylus ber Alten) wie mit Scrmber
sarda ober Pelamys Sarda, ber Bomite bes weſtlichen mittellänbikhen l
Meers, bie bei ber Nachricht vom ange zuſammengefaßt werben, wel
fle unter eimanber viel Achnlichteit haben.
23) Pilote de la Mer Noire I. c. p. 158.
Thunſiſchfang von Sinope. ꝛos
Bu Pharnaeia (Fegvaxsıa Arrien. Peripl, P. ua. 17), bem fruhern
&erafus, eine Eolonie ber Sinoper im Lande ber Chalbäer und Kir
borener zwiſchen Tripolis und Cotyora gelegen, bie ihren fpäteren Ramen
von Pharnaces, dem Großnater Mithribates- Magnus, erhalten hatte, jagt
Strabo, konnten bie Bewohner, wegen ber bit an das Meer ſtoßenden
Waldgebirge ohne Aderbau, faft nur ald Bergleute ober nom Fiſchfange
leben. Daher find ihrer auch viele Fiſcher, die zumal ans bem fange
ber Pelamyden ihren Wohlftanb gewinnen (dx rjs anlauudias), denn
dieſe werben bier zuerft eingefangen. Zahlreiche Arten von Fiſchen, auch
Delphine kommen da zuſammen, welche zumal bie großen Heerben ber
Cordylen, Thune und Pelamyden (xogdulns re xal Iiyyns zul adris
Ts a7dauvdoc) verfolgen, welche durch beren Fraß ſich mäften unb ham
ſelbſt leicht gefangen werben, wenn fie ihre Beute gierig bis bicht an das
Ufer verfolgen. Diefe Delphine zerhauen dann bie Pharnafier und
Bebienen ſich des reichlichen Speds zu allerhand Gebrauch. Die dreierlei
Benennungen ber Fiſche ſcheinen hier nur drei verſchiedene Stadien der⸗
felben Fiſchart bezeichnet zu haben, wenn ſchon derſelbe Rame Cor⸗
Dyle and andere Heine Fiſche und Pelamys auch einen auderun
Fiſch (Mugil cephalus Linne, nach Schneiber) bezeichnen konnte, ber eben⸗
falle im Schwarzen Meere reichlich ausfällt, und ſelbſt Thynnus ober
Dhunfiſchen von beſonderer Größe auch noch andere Namen gegeben
wurden (mie Orcyne, Oreyn, Athen. Deipn. VII. 301). Cor dyle vejeich
nete auf jeden Fall einen Meinen Thun ober Pelam yden.
Un einer zweiten Stelle fagt nun Strabo (XII. 545), baf bie
Sino per befonbers beionnbernswärbige Fangteiche (nnlauudıa dau-
yamorc, ober vielleicht richtiger mlauudein, Coray trad, fr. III. 93 und
IV. 143, reservoirs, ou des endroits de la cie disposds par nature, ou pa
“art, de maniere que le poisson y entre spontandment) für Pelamyben
ober jüngere Thunfiſche haben, von bemen er ſchon an einem anberm
Drte gefagt hatte, daß fie ben zweiten Fang geniehen, bie Byzantiner
aber den britten hätten.
An ber dritten Stelle (Strabo VII. 320) fagt berfelhe: das Horn
ber Byzantiner if eine bem Hirfchgeweihe gleichartig ſich vielfach ver-
zweigenbe Einbucht, bie fi bis 60 Stabien weit fortzteht, im welcher bie
Schaaren ber Pelamyden, durch die Wellen leicht Hineingetrieben, fich
in folder Menge verbreiten, daß man fie oft mit Händen greifen Tann.
Diefer Fiſch entfleht in den mäotifhen Sumpfen (mo fie laichen,
daher Pfinins von ben bortigen jüngeren Fiſchen fagt: Cordyla appellatar
pertes, qui foetus redenntis in mare autumno comitatar. Limosae vere aut
& Auto Pelamydes incipiunt vocari et cum annum excessere tempus thynni,
Plin. IX. 18. Cordyla war alfo ber Name bes jungen Pelamys, bes ein
Jahr alten Thuufiſches, ber aus bem Oceau bis zum Palus Mäotis
auffieg und bann alljährlich mit ber jungen Bent in Heerſchaaten zum
796 . Klein⸗ Aſten. 5. 17.
Oxeau zurädtehrte. — Thyani intrant e magno Mari Pontum verno tempore
grogatim nec alibi foetificant ebb.).
Strabo fagt weiter: biefe Brit (ber Eorbylen), in bem mästif—en
Gümpfen einigermaßen zu Kräften gelommen, bricht in Heerben durch
bie Mändbungen hervor, ſchwimmt an ben Küflen Afiens umher, bit
Trapezus und Bharnacia, wo fie zuer ſt gefangen werben. Do
iR ihr Fang dann noch nicht fo fehr ergiebig, ba fie bie wahre Größe
noch nicht erhalten haben. Bor Sinope if ihr Yang befler, fie ſind
daun zum Ginfalzen tauglich. Sobald fie aber die chaneiſchen Infeln
vorüber finb,Mehredt fie ein weißer Fels an ber Seite von Ehalcebon
fo zurüd, baß fle auf bie Gegenfeite geworfen burd bie Strömung ber
Einwohnern von Byzanz unb ben Römern ben reihlichften Unterhalt
gewähren. Die Bewohner von Ehalcebon haben aber feinen Bortheil von
biefen Fiſchen, bie ihm gahz fehlen. Daher das Drafel des Wpollon für
die Anflebler von Byzanz: fie follten fid ben Blinden gegenüber anfıe-
bein, bie ben Keichthum ihres Meeres nicht einmal anerkannt hätten,
Herobot IV. 144 ſchreibt dieſes Bonmot zwar bem Perſer Megakuzus
ya, als biefer in Byzanz war, aber Tacitus legte es in ben Oral,
munb zu Delphi für bie Anflebler von Byzanz (gusererent sedem
Caecorum terris adversam, weil Ehalcebonier bie ſchlechteſte Stelle go
wäßlt: quippe Byzantium fertili solo fecundoque mari; quia vis piscum
ionumera, ponto erumpens, et obliquis subter undas saxis exterrita, amisse
alterias litoris dexu, hos ad Pontus defertur, C. Tacitus Annal. XII. c. 63) *".
Noch Heute iR der Pelampbe auf dem Filhmarkt in Conflantr
nopel ber Hauptfiid für bie Bollenahrung. Der Belamybenfang im
weſtlichen mittelänbifchen Meere, wo bie Bonite vorherrſcht, am bem
Küften von Marfeille, Balencia, Portugal bis zum Ocean if anbermeit
berüfemt. Bon ber Nahrung ber Thunfiſche, von ben fogenamten
Eiqh eln bes Seegraſes |. bei Strabo II. 145 °°).
Erläuterung 4.
Amifus, Esli Samfun die Acropolis, Samfun bie moderne
Stabi ber Türken.
Die Küftenftrede über ven Halys von Sinub nad; Bafra und
von da nad Samfun, wie weiter ofiwärts über ven Iris bis zum
Thermodon, haben wir zwar ſchon in obigem (S. 437—445 ımb
#0) Ct. Plin. B, N. IX, 15, 20 et. *%) Darüber ſ. C. 6.8. Meyer,
Keataniihe Grlänterungen zn Strabo's Geographie. Königsberg
“ Amifus, Samfın. vor
©. 98—104) durchwandert; wir find dabei aber nur an der Hafens
flabt der Alten vorüber gegangen, deren fpecielle topographiſche
Lage und Verhältnifie und hier noch am unmittelbaren Geſtade
zu ermitteln übrig bleiben, ehe wir zu ber öftlichen frapeguntifejen
Abtheilung des Bontuögeftabes übergehen Tonnen.
Diefe Amifus ift eine dreifach von Milefiern, Bhocäern
und vielleicht au Athenern wieberholte Colonie (Strabo XII.
547), bie ihr eine Zeit lang den Namen Peiraiens gegeben haben
ſollen und auf ihren Münzen das athenifche Wappen ver Eule
einfährten. Schon auf der Oftfeite des Halys gelegen Tonnte fie
weniger felbftändig bleiben als Sinope, umd mußte ſich frühzeitig
ben perſiſchen und dann den pontifchen Königen unterwerfen, bie
jedoch vieles zu ihrer Bergrößerung und Verſchönerung beitrugen.
Mithrivates Enpator bante fid neben ber Stat eine
Reſidenz, nad ihm Eupatoria genannt, ein Name, ber auch ber
Stabt felbft, zu welcher er einen neuen Stabttheil hinzugefügt hatte,
Bfter gegeben wurde. Aletander M. hatte ihr ihre Freiheit zurüds
gegeben gehabt, aber bald wurde fie ihrer freien Berfaffung wieber
verluftig. Nach Beſiegung ihres Gebietes durch Rucullus erhielt
fie ihre verlorene freiheit wieder und nach kurzen Werhfeln iwurde
ihr dieſe auch durch I. Cäfar und die Römer erhalten, unter deren
Schutze Amifus fehr zunahm und wohlhabend wurde. Strabo
nennt fie eine ſehr bedeutende Stabt (dEoAöyog), die im Wohlftande
fei und auch das Sand von Themifchra bis Sivene beſitze. Plinius
ver Züngere unter Trajan nennt fie eine Civitas libera et ſoe ·
derata (Plin. Caec. Epist. X. 92). Auch einen Theil der frucht⸗
baren Gabilonitis und Saramene beſaß fie, ihr Anfehen war mehr
auf Seemacht als auf Landbeſitz begründet. Strabo neunt Geo
meter und Mathematifer aus Amifos ımd einen Grammatifer, ver
fein Lehrer war; fonft giebt er aber nur bie Entfernungen ver Stabt
von andern pontifchen Stäbten in Stabien an, bie auch im bem
Ninerarien unb Periplen gegeben find. Amifos bat meber ven
Slanz, nod die Unglüdsfälle von Sinope erlebt.
Im Hierocl. Syneed. wird Amifos neben Sinope als Epie
copalftabt in der Eparchie Helenoponti genannt, ein Name, ben
Kaiſer Iuftinian dem Bontus Polemoniacus gegeben hatte (Wessel.
p- 701 u. 702). Die türfifhe Benennung bes Ortes Samfun
ſcheint ebenfowohl nur Corruption des antifen Namens zu fein, wie
die Formen, welche ſich auf ver fränkifhen Karte des Mittelalters
finden und bie uns von ber Zeit der Pizziganiſchen Karte 1318, bis zu
ros Mein-Afen. 6. 1.
ver des Frauciecns Oliva in Meſſaua 1614 vom Pontus Emiuns
zugelommen find. Bei ven Pizzigani 1818: Simifo; auf ver
Karte aus ber Laurentina in Florenz bei Serriftori??%) vom Jahr
1851, Simifo, mit der Flagge der Genuefen mit dem rotken
Kreuz, die and zu Eaffa, Trapezonda, Santodoro dere
balo (Pontus Symbolorum), Bera und Simifo ober dem altın
Amifo eingezeichnet iſt. Im der catalaniſchen Mappe Mondo
som 9. 13767) Sinufo. Im ber Karte von Baptista Agnme
Januensis in Venedig vom I. 1544 Mfer. in Dresven Suniffe;
in ber Rarte von Contes Hoctomannus Fredutius de Ancona
1497 zu Wolfenbüttel Simiffa, und in allen 8 Karten des Poa-
tus Euxin. bei Anton. v. Gway Scriptor”®), bis auf bie dei
Franciscus Olius von Meffana 1614, wiederholt fidy ſtets bu
im bie legte Zeit vom Aufang des 17. Jahrhunderts der Name
Simiffo over Simifo. Die Tabula Peuting. hat Miffes
* (Best. IX. C.).
Die erfte Nennung des mobernen Samfnn finden wir in ben
Prolegomena bei Abnlfeba (im 9. 1831), obwol ber Lage mah
noch fehr irrig unter gleicher Breite von Sinope zu 59° 20’ N. at.
ungegeben ”°), daun aber bei Ewliha Efendi und bem titrfiidhen
Gergrapken Hadſchi Chalfa (er ftirbt 1685), der jedoch ihre mie
drige Lage ungefund nennt und fagt, daß ber Hafen feine fiher
Station für Schiffe biete®). Indeß habe fie Moſcheen, Bären, |
auch zeige man ein zerflörtes Caſtell (bie alte Amiſus) aus fer
früher Zeit. Ihr im Weften fließe der Kyzyl Irmal in ven Bew
tus, und an deſſen linker Seite ver Alatſcham Tſchai (Zalecus), anf
wehden man and ben bortigen Hochwäldern die Mafbäume in fer
großen Flooßen nad) Conftantinopel verſchiffe (f- Zaliscus bei de
lecus oben ©. 445).
As Ewliya Efendi im Jahre 1648 dieſen Ort beiudhte®),
war er von ben ruſſiſchen Koſacken bei ihren Raubzügen vom Den
geplümbert und zerflört worben, daher er damals von feinem Wohl
#"*) Conte Luigi Serristori, Illustrazione di una Carta del MCCCLI er
Firenze 1856. 34, 38. ’7) Bei Buchon et Tasta, Notice dan
Atlas en Langue Catalane. 4. Paris 1839. p. 100. ”*) Peripkus
Ponti Eazini Octoplus ad Adem tsbularım Mscr. Biblioth.” Caesarces
Viodobon. 1847. ?°) Geographie, d’Abulfeds, Trad. p. Reisand.
Paris 1848. 4. Tom. IL Proleg. 9.30. +) Gian Nama .
Norberg 1.0. I. 2.408. ®r) Ewliya Efendi, Narrat. ol Tr. Le.
1. 9 39.
Andfus, GSamſun. K,
habenden, fondern um von gemeinem Bolt, von Padkwechter und
Bootsleuten bewohnt war, bei benen man ner Stride und Taue zu
laufen belam. Die Angabe bei Abulfeda beftätigt die Verſchie⸗
denheit der alten Amiſos von ver modernen Samfun, welche nur
einen Theil der Neuftabt bezeichnete, weldhe bei der erften Theilung
jener pontifchen Provinz nad) der Eroberung ver Seldſchulen an
ihren Sultan Rukn ed-bin abgetreten werten mußte, währenn die
andere Hälfte, die Altſtadt, mit der Acropole dem griechifchen
Statthalter Sabbas verblieb, der einen eigenen Titel anmahın unb
ſich, doch ohme Erfolg, unabhängig zu erhalten werfuchte. Mit feinem
Untergange und der Obermacht ver Seldſchuken kam det Name ver
Neuſtadt ver Türken, Samfun®), erft in Gebrauch; der alte
helleniſche Name blieb nur bei ven Abenbländern in antifer Erin
nerung und in ber Literatur übrig. Im Lande ſelbſt Temt man
den Ort nur unter ben Namen Samfun. Tournefort®) iſt
um an ben Ruinen von Amifus vorübergeſchifft, ohne fie zu be
treten, umd nennt nicht einmal ben mobernen Namen Samfun.
Die Lage der modernen Samfun nah dem Piloten) iſt
41° 18° 59° N.Br. und 34° 0° 29" O. L. v. Bar. Die Rhede iſt
aur im Sommer günftig gelegen und hat bei 3, 4 und 6 Braffen
Tiefe Anfergeund, aber N. und N.D.-Winve find hier gefährlich.
Nur in Weſten liegen ſchützende hohe Berge. Die niedere Delta-
ebene an der Mündung des Halys in N.W. und ver Thermo-
don in S. O. bieten feinen Schuß var. Als Dampficififtation ift
diefer Hafen in 2 Zagefahrten von Conftantinopel zu erreichen und
bietet für die Sommerzeit eine gute Station, aber bei ſtürmi⸗
ſchem und grauen Nebelmetter ift die Anlandungsſtelle wegen der
4 Meilen weit vorfpringenven Lanbzungen und Nieberungen ber
Münbungsländer vom Halys und Thermodon nur ſchwer zu unter
ſcheiden und nicht ohne Gefahr zu erreichen. Doch Iommt Sam.
fun, das früher ganz darnieverlag, wieder in Aufnahme durch ben
Handelsverlehr ver Dampfſchiffe, da vom hier aus ber nächfte
Landweg für bie Reiſenden und ven Transport der Waaren nad
den inneren größeren Städten von Amafis, Siwas mm nah
Syrien führt. Es fehlt dem Hafen, wie allen Süphäfen am
2} & Baflmgrayer, Geſchlchte des Salfeijume Trapezunt. 1827.
*>) Tourselort, Voy. I. c. II. *+) Pilote de Ia
de — lc. P. 157; Plau ver Bugt * Samfun, Pi. 38
800 Meinen. sin
Bontus, am einer ſicheren Landungeſtelle. Der Aublid der Stat)
iR von der Serfeite angenehm; ein altes genueſiſches Caftell, einige
gutgebaute, turkiſche Häufer, ein paar Moſcheen und Ehane us
Stein gebaut, zeichnen ſich ſchon in ver Ferne aus. Der Ort if
ſeuſt noch unbeveutend, aber von Dlivenwälpden und Gärten
umgeben, aus benen viele Kiosls und freundliche Landſitze hervor⸗
zagen. Die Gipfel der Hügel frönt meift ein griechiſches Darf,
dahinter ragen bewaldete Bergkuppen bis 3000 Fuß hoch über de |
Meeresflähe hervor. Mit dem Meßtiſch nahm v. Moltte vom |
Dampffchiff ven Plan des Hafens und des Ortes mit ber Umge
gend auf. ine Viertelmeile nordwärts der Stabt liegen bie Ruinen
eines alten Molo mit mächtigen Fundamenten, bie am Ufer ned
aus riefigen Quadern anfgeführt ſich zeigen. Der ſchmale Straud
iſt mit Moorgrund bededt, aber weftwärts bie Anhöhe von alten
Mauerreften umgeben, welche wol bie Rage ver antiten Amifns
oder Eupatoria bezeichnen mögen, von dem Samfun weiter fü
warts gefondert Tiegt. Auch heute nannten vie Eingeborenen nd
die Trümmer der Ucropole nad) D. Blau mit dem Rama
Amiffo. Nah v. Mühlbach liegen viefe alten Ruinen, wahr
ſcheinlich ver einftigen Reſidenz Mithridates des Großen, cms
300 Fuß über bem Meeresfpiegel; an ihrem Fuße gegen bie beiden
in das Meer vorfpringenden Molen bemerkte ex eine Unterlage eines
Steinwerts von eyelopiſcher Arbeit. j
Mach, Kinneir kam von Wet von der Lanbfeite, von Bizit
Kiöprä (im 9. 1814) %) über walbiges Gebirgsland, von befie
Oohe ex ſchon die ſegelnden Schiffe erblidte, che er zu der roman
tiſch gelegenen Stadt Samſun am Weſtufer ver Bat hinabſtieg
Er fanb nur einen Reft ihrer alten Stabtmaner, ber aber von ber
Belle des Meeres befpült wurde; bie benachbarten Dörfer waren
von Griechen bewohnt, die meift als Schiffer auf dem Pontus ir
Gewerbe treiben; in ber jet Meinen Stabt lebten nur etwa 2000
Einwohner, doch Hatte fie 5 Moſcheen und einen großen Chan für
bie Herberge vieler durchziehender Handelsleute. H. Suter), dm |
im October 1838 als engliſcher Bize-Eonful zu Tpapezunt dem
ch 9. Moltke, Briefe über Zuftände und Begebenheiten in ber Zürfei
1835—1839. Berlin 1841. S. 199—200; f. Blau von Sanfsz.
Berlin bei Schropp. 1854. ®*) Macd. Kinneir, Journ. thr. Ast
Minor I, c. Lond. 1818. p. 301—303. *7) H. Suter, Notes om
a Joura. in Journ. of the Roy. Geogr. Soc. Vol. X; 2. 181.
p· 42 444.
Amiſus, Samfın. 80
Einfluß der Dampffchiffahrt auf ven Wohlftanb des Pontus zu
beurtheilen im Stande war, kam von ber inneren Landreiſe über
Amafia nah Samfun zur Zeit, da biefer Ort unter vem Par
ſchalik von Trapezunt ftand, deſſen Paſcha, Osman Paſcha, feir
nen Bruder Abdullah Beg zum Statthalter (Woiwoda) von
Samfun eingefegt hatte. Er fanb bie Stabt mit 450 Familien
nur von Türken bewohnt, das nahe Dorf am Merd Irmal,
Kadi Kjdi(Michterborf), aber von 150 griechiſchen Chriftenfamilien
befegt. Am Oſtende ver Stadt ſtand die neue Feſte, bie zu einem
Staatögefängniß dient, am Weftende war ein großes Waarenhaus
errichtet, früher ein Kormmagazin (Hambar), jest ein laiſer ⸗
liches Magazin für Kupfer und Blei, bie im Lande gewonnen
und von hier weiter verfchictt werden. Die Dampffchiffe merfen
wöchentlich zweimal ihre Anker vor der Stabt, verweilen mehrere
Stunden bier und fegen dann ihre Fahrten weiter nach Trapezunt
fort. Der Küftenmeg follte ofimärts zu Lande durch Schifferleute
etwas unſicher gemacht werben. Bei gutem Wetter ift die Unter»
fation gut. Die Bazare find Hein, aber gut mit Waaren verfehen‘;
in ber Mitte ift ein fleinerner bededter Theil, ver Bezeſtan, in wel⸗
em ver Detailmarlt mit Manufalturwaaren gehalten wird. Die
Sonfumtion der Waaren am Orte ift nım gering, etwa nur in
Eiſen bebeutend, aber als Tranfitort hat er ſich ſchon fehr ge
- hoben. Im Zeit von vier Monaten hatten vie Dampfidiffe an
2480 Ballen Güter eingeführt, vie für das Innere beftimmt wa-
ren, unb dagegen 4850 Ballen Güter Wanren als Landespropucte
ausgeführt. Eifen, Indigo, Britifh Cottongarn, baum»
wollene gebleidhte Zeuge, Shawls und Colonialmaaren
würben ſich bier zu einem ftarfen Abfag eignen für vie vielen grö«
Feren Städte im Innern Anatoliens. Das bis jest comfumirte
Eiſen war nur ruffifhes Eifen. Samfuns Verkehr muß fehr
in Zuwachs kommen, wenn bie guten Conjuncturen (f. unten ten
Rudblich) bleiben. Die Haupterporte der Küfte und bes Inlandes
find Weizen, Gerfte, Mais, Reis, Hanflaat, Leinfaat,
Hanf und Flachs, Häute, Bienenwahs und Tabak in
Ueberfluß; auch Zimmerholz würde dusgeführt werben können,
wenn bie Pforte die Ausfuhr geftattete. Das Innere würde Wolle,
Seide, Galläpfel, Gummi, Korn und viele andre Probucte
zu liefern im Stande fein. Hierzu fommt ver Tranfit der Exporte
von Trapezunt, das in einer Tagefahrt erreicht wirb. ber bie
Küster Erdkunde XVIL. Eee
902 Klein-Aften. $. 17.
Peft iſt Gier noch ein dauerndes Uebel, das noch zu überminen
Durch W. Hamilton?®), ver von der Oftfeite von Tihar-
ſchembeh am Iris fommend (f. oben ©. 101) in Samfun ein
trat, lernen wir deſſen Eingänge aud von diefer Seite keunen
wo zanãchſt das Vorgebirge Derbend Burun als das erſte ve
alten Amifns vorliegt, ſicher der Ancon bei Apoll. Argon IL
869, weil auf ber ganzen flachen Sanbftrede weiter oftmärts is
Zihalty Burun (das Heraclenm Promont.) an der bortiger
Bucht fein anderes vorkommt. Doch weichen die Diftanzangaben
der Alten an biefer Stredfe etwas von einander ab, was jedoch bei
dem ſehr bebentenben Wechfel der dortigen flachen Uferränver des
vorherrſchenden weit verbreiteten Deltabovens nicht auffallen lam
Die Abhänge der Bucht am Derbend Burun find mit Lor-
beergebüfch bewachſen, wo ein Heiner Küftenfluß zwiſchen zwei
. Berghöhen in das Meer fällt, wol ver Chadiſius (Marc. Hersd
Peripl. 74), der nur 20 Stadien von bem kurzen Küftenflug Men
Irmal, d. i. der Wiefenfluß (Lycaftus ber Alten), entfernt ift, mb
er bei der Stadt Samfun in das Meer fällt. An ihm geht der
Weg gegen S. W. aufmärts nad Ladik umd zu den Bädern ber
alten Bhazemoniten (bei Kawfa), wovon früher die Rede wer
(f. oben ©. 183). Weiter weitmärts von ihm erreicht man bie
Manern des türkiihen Forts von Samfun; ber Boden iſt flach
und marfdig. Von ber Acropolis der alten Amifus bis zum
caſtus waren aber noch 20 Gtabien (ab Amiso ad Lycastum fe-
vium Stadia XX. Marc. Heracl. 74), alſo liegt die heutige Sam-
fun eine Stunde ſüdlicher ver Acropolis der antifen Amiſas,
weil unter ber Acropole der Hafendamm Tag, von welchem die
Meſſung unftveitig ausging; eine Angabe, melde die Correctheit bes
Periplus bei Marcian von Heraclen auf eine erfreuliche Weik
beftätigt. Die Ebene ift hier mit Korn bebaut und mit Dliven-
bäumen bewachſen, doch wirb fie gegen Samfun immer enger,
wo aber bie nievern Vorhügel eben fo bebaut find.
Das moderne tikrkifhe Caftell, von der alten Acropelis
gänzlich verſchieden, da es am Südende der Bucht liegt, die Aero⸗
polis aber am Norbenbe, wird von Meereswellen beſpült und ſcheini
#0) W. Hamilton, Researches .c. I, p. 288—294; derf. in Extras
from Notes made in a Jonrney in 1836, in Journ, of the Bor. Ge
Soc, Lond. 1837. Vol. VII. p. 48 eis.
Amifas, Semfun. - 808
im zwei verſchiedenen Perioven erbaut zu fein; ber untere Theil bes
ſteht aus großen Quaderblöcken, ver obere zeigt nur Reparatur aus
Heinen Steinen, Der untere Bau ift aber nicht hellenifch, ſondern
Bbyzantiniſch, jedoch aus bem Material ver hellenifhen Amifos
aufgeführt; ver obere Theil ift blos türkiſche Reſtauration. Ha-
milton beſuchte am 19. Juli Esti Samfun, bie alte Samfun
der Türken, melde 1, engl. Meilen in N.N.WB. der modernen Ha-
fenftabt am Oftgehänge des Borgebirges Kajalü Burun liegt,
wo am fandigen Ufer ein mobernes ort fteht, da wo einft ber
jest zugefhmwenmte Hafen von Amifos lag, deſſen troden
gelegter Boden mit Gartenfand bedeckt ifl. Noch fieht man hier
ven ſchon oben genannten Molo, der an 300 Schritt weit gegen
S. O., aber meift unter ber Wafferfläche hinſtreicht, und aus maͤch⸗
tigen Blocken von plutonifhem Geftein erbaut ift, deren viele eine
Länge von 19 Fuß maßen, bei einer Breite von 6 bis 8 Fuß und
einer Dide von 2 Fuß. Sie verbienten alſo mit Recht vie Be
zeichnung eines chclopifhen Baues bei v. Mühlbach. Der
fogenannte zweite Arm des Molo, welcher gegen O.N.D. ftreicht,
iſt aber, nad) Hamilton, ein natürliches Felsriff, das alſo
von biefer Seite den Hafen ver Umifener zu fügen im Stanve
wer. ' Beim höheren Auffteigen gegen Nord zum Vorgebirge bes
merkte Hamilton eine Heine Grotte, bie einft durch eine ftarfe
Bormauer geſchützt war, beim Hinabfteigen zu ihr fprubelte inner
Halb eine Duelle des koͤſtlichſten Waſſers; am ver Dede über bem
Eingang waren nur rauhe unleſerlich gewordene Schriftzüge einge
hauen; ber Führer nannte diefe Grotte die Quelle (7 ann).
Bon da hinabblidend zum dicht vorliegenden Meere erblidte man
geifdjen ven Felſenllippen das Spiel vieler Schaaren von Fiſchen,
xepakal genannt, von benen ver Führer nur bebauerte, daß man
fie nicht fangen körme. Auf ver Höhe, wo einft die Acropole ver
alten Amifos ſtand, fieht man nur noch viele Refte von Schutt,
von Mörtel, Terracotten, Biegeln und eine große Eifterne, bie
ihren Stuceoüberzug nody hat, gegen S. O. auch Reſte eines qua .
dratiſchen Baues mit einem runden Thurm am einer ber Ecken, der
aber byzantinifhe Eonftruction, ans römifchen Biegelfteinen
aufgeführt, zeigt. Bon biefer Höhe erblidt man ven Molo fehr
deutlich am alten Hafen. Am Sübenve des Iegtern erkennt man
noch Refte einer hellenifchen Mauer, vie fi durch bie genaueſte
Steuctur, wie alle Werke ver Griechen, auszeichnet; aber es ift
von ihr nur eine kurze Strede fichen geblieben. Am Fuße des
Eee 2
804 - Mein-Aflen. $. 17.
Berges ſtcht eine.Meine Kirche, Set. Theodora, jet eine Moſchee
deren Grundmauern aus großen Blöden ber alten griechiſchen Ami -
108 aufgeführt wurben. Auf dem Rückwege von Esli Samfun oder
von dieſer antiken Lage der verfchievenen Amifos zum mobernen
Caſtell entvedte Hamilton in deſſen türfifhen Wänden noch das
vereinfamte Marmorrelief von ein paar Cupibogeftalten, in dem
Händen Guirlanden tragend, am rohen Neuban eingemanert, deſſen
Thürme, ftatt quadratiſch zu fein, blos vorſpringende Winfel bildeten
ober nur Triangelthiirme vorftellten. So wenig hatte ſich won ver
einfligen reihen Prachtſtadt der alten Amifos erhalten, vie unter
Lucullus Belagerung duch Kallimachus Berrath fhändlich zur
Hälfte in eine Branbftätte verwandelt, und mas noch übrig geblie
ben war, von ben habfüchtigen Legionen räuberifh rein ausgeplän-
dert wurde, fo daß Lucullus ſelbſt über die völlige Berftörung
Thränen geweint haben fol, da er ihr nicht Einhalt Hatte thun
&nnen (Plutarch. Lucull. 14 1.19). Zum zweiten Male Hat im
neuerer Zeit um das Jahr 1806 bie moberne Sam ſun das Schichal
der alten 'Amifos buch Niederbrennung ihrer ganzen Stadt
eilt, als ver lebten patriarchaliſchen Herrſchaft einer einheimifchen
Fürftenfamilie Tahirs im Dſchanik, vie ein Dorn im Auge ver
hohen Pforte war, durch den mächtigen Rivalen Iuffuf Paſcha
von Trapezunt und Diarbelir ein Ende gemacht werben follte,
und befien Macht im Pafchalit des Pontus dadurch gehoben und
geftätt wurde, daß bie türkiſche Flotte felhft die Reſidenzen ihres
ihr bis dahin unterworfenen Randesfürften zu Samfun und Ünieh
in feiner Herrfchaft des Dſchanik nieverbrannte und mit Feuer und
Schwert zu vertilgen fuchte, zum Verderben von Tahir Bafche
und zur Machterhebung Iuffuf Paſcha's von Trapezunt, des
Kurdenbändiger829),
Im Yahr 1850 hat Dr. Schmidl®) die Bay von Sam ſun
und ben flachen Strand beſucht, der vom felfigen Rüden an ver
Norbweftfeite, welcher bis 500 Fuß hoch fteigt, jo eng eingeichloffen
wird, daß Taum eine Fahrſtraße übrig bleibt, die aber durch eine
tärtifche Strandbatterie, welche auf der Anhöhe angelegt ift, beftrichen
werben fann. Noch ragten bie und da aus ben Lorbeergebüfchen
und Hainen, welche dieſe Abhänge bededen, einzelne Nefte alter
#0r) 4. Jaubert, Voyage en Armenie etc. Paris 1821. 8. p. 104.
*) Dr. Schmidl, Keifenotigen über Samfun, im Sipungeberichte der
£. £. Mademie der Miflenichaften. Phul.rHif. El. 1850. 2. Abty.
Suni u. Jul, ©. 160-161.
Amifus, Samfun. 805
Amifusmanern hervor, fo auch am ver änferften Norbfpige bes
Borgebirgszuges. Deſſen Gipfel bilden mehrere niebrige Terraſſen,
offenbar Abtheilungen früherer Gebäube, wie bie 3 bis 7 Fuß hohen,
dicht bewachſenen Manertrümmer, melche diefelben einfafien, es bes
zeugen. Das Ganze zeigt eine keilförmige Geftalt, mit dem ſchma ⸗
len Ende landeinwärts reihend, wo ber Rüden ſich verengt und
die noch übrigen Trümmer am bedeutendſten find. Ein Graben
von 12 Fuß Tiefe wird von eben fo hohen Mauern überragt und
eben bier ftehen noch ein paar halbrunde Thürme. Größere Bruce
füde fehlen, aber vie ganze Urea ift überfäet mit Meineren Trage
mienten vom ſchönſten weißen Marmor. Bei flüdtigem Beſuche
fand fi das Edftüd eines korinthiſchen Capitäls, das Fragment
eines Oberarms, ein paar Reſte eines Mofaitgetäfels, mande Terra
Cotta u. a. m. An einer andgren Stelle, eine halbe Stunde fern
am Meeresufer, follten die Ruinen eines Tempels mit Säulen
und Basreliefs ſtehen, doch fand der Wanderer ein Chaos fo dicht
und furchtbar mit Wald und Dornen überwuchert, daß man ſich
nur erft mit ver Art hätte einen Weg hindurchhauen mäffen. Zahls
reihe bilnne Platten des fhönften weißen Marmors von 3 und 4 Fuß
Breite lagen umher, aber von Säulen und Bildwerlen zeigte ſich
wenigftens feine Spur; auch waren die Trümmer nur niebrig. Der
Paſcha hatte aber erft ein Jahr zuvor die Säulen und Sculp-
turen von ba in feinen Palaft bringen laſſen. Noch ftanven in
einem Schuppen zwei Säulenſchäfte von großer Schönheit, 12 Fuß
lang aus weißem Marmor. Ohne Zweifel würden bier Ausgra-
bungen fehr ergiebig fein. Sollte hier niht vie Eupatoria bes
Mithrivates erbaut gewefen und bei ven nachfolgenden Zerftörungen
völlig zertrümmert und ihre Reſte zerſtreut worben fein? An Pracht
der Werfftüde Hatte es ihr gewiß nicht gefehlt, va Mithridates
fein karger Beſchützer der Kunft war. Die untere Stabt, bemerkt
D. Blau, ift faft ausſchliehlich von Turlendi) bewohnt, deren
Tracht der Frauen nicht mehr wie noch in Sinope bie tirkifhe ges
wöhnlihe von Jaſchmak umd Feradſcheh ift, fordern das einfache
weiße ober blau und weiß carrirte vichte Kopftuch und ein kürzerer
grober Ueberwurf. Die Männer tragen Turbane und zum Theil
ſchon vie auatoliſche vidgefütterte Jade, welche in Stambul als
Sinnbild ver Didfelligkeit fprihwörtlih if. Auf halber Berg
höhe über ber Türkenſtadt liegt das reizend gelegene armenifdhe
) D. Blau, Mer. Mittheilung.
806 Mein-Afien. 8
Viertel; viele der Wohnungen find Blodhäufer ans Ballen zuiem-
mengefügt. Den Weg von Samſun über Kuru Balur (Eufene),
Kumdſchughaz (Conopiun) und Indſchir Burnu (Ma
ſtathmos) nach Bafra an ver Halysmündung haben wir ſchon in
Dbigem kennen Iernen (f. oben ©.437—442). Weder Bord, m
Ainsworth haben in ihrem Durchflug die Kenntniß des Orte
bereihert?®).
$. 18.
Zwanzigſtes Eapitel.
Die Küftenfläpte der oftpontifhen Küftenlinie
zwiſchen Iris ind Tſchoruk.
Diefe ganze Küftenfirede von 70 bis 80 Längenmeilen von
Welten nad Often verbankte bis zu Ende des 18. Jahrhundert
ihre fpeciele Beobachtung, die wenigen kaum zugänglichen Hafen
puncte abgerechnet, fat nur dem antiquarifhen Imtereffe,
welches für biefelbe von ber Landſeite durch die meifterhafte Bejchreir
bung. Zenophon& von dem Landwege feiner rüdfehrenven Mannfcaft
der 10,000 aus dem armenifchen Hochlande allgemein ermedt war
und die verſchiedenſten Commentatoren ſich mit ihr zu befchäftigen
bewogen hatte, unter benen I. Rennell durch fein Meifterwert®)
an ber Spige fteht, der nicht nur daß ſtrategiſche, fondern vorzüglich
auch das hiſtoriſch⸗ geographiſche Element dabei ungemein geförbet
und eigentlich aus dem bis dahin gänzlichen Dunkel hervorgehoben
bat. So vortrefflich auch die Benutzung der Periplen des Pontus
Eurinus und fo mande Itinerarien älterer und neuerer Zeiten,
welche letztere vorzüglich nur ihm handſchriftlich zu Theil geworden
waren, zu Gute tommen fonnten, fo mußte body vieles nur Con
jectue und Wahrfcheinlichkeit bleiben, und vie nachfolgenden Routiers
tiefer Iandein, von Gardanne, Trezel, Duprs, bie Colon.
Lapie's Karte des Pontuslanves berichtigen halfen, kamen doch
weniger bem Geftabelanbe felbft zu Gute. Es gehörten genauere
#°°) E. Bord, Mem. et Corresp. I. p.290; Ainsworth, Trav. and. Res. IL
p. 30. °°) J. Rennell, Illustration chiely Geographical of the
History of the Expedit. of Cyrus zmd the Retreat of the Ten Thou-
sand Grecks ec. Lond. 1816. 4. Chapt. KI-AV. p. 180-273.
Pontiſche Küftenftädte zwifchen Iris und Tſchoruk. 807
afteonomifche Ortsbeftimmungen von Beauhamp und Gauttier,
wie in neuerer Zeit von dem ruffiihen Capitin Manganari,
Hinzu, um die Küftenpumete zu berichtigen, und Landreiſen, bie nicht
in weiter Ferne, fondern dicht am Geſtade hingingen, welche vie
Localitäten felbft nicht blos aus ver Ferne, wie die Vorüberſchiffen-
dem ober die mit Karawanen auf Landſtraßen Gehenven beichrieben,
fondern mit eignen Augen in der Nähe beſchauten. Diefe Küften-
fireden faft ganz ohme Landſtraßen, oft ohne Pfade und Brüden
zu durchziehen, ohne Herberge, in einem früher verwilverten Lane,
von meift umgezügelten Bollsftämmen bewohnt, war keine leichte
Aufgabe und fonnte nur mit Gewinn von Wenigen vollführt wer-
den, unter benen wir vorzüglich nur Macd. Kinneir, A. Jaubert
und vor allen W. Hampilton zu nennen haben. Was heut zu
Tage durch die Anlanbungen und Communicationen der Dampf
ſchiffahrten eim leichteres geworben, war bamals noch eine ſchwere,
oft unüberwinvbare Aufgabe duch die ungünftigen Zuftände im
Lande und auf ver Ser.
A. Saubert®) führt ums auf feiner Nüdreife aus Armenien,
als Vorläufer der nachfolgenden franzöfiihen Emifjäre der Napo-
leonifchen Zeit, in jene Verhältniſſe eines Landes, dieſer Küften-
provinz des Dſchanik ein, bie eben in ber Ummanblung in bie
moberne Pafchavermaltung begriffen und bis dahin faft im geogra⸗
phiſchen Dunkel geblieben war und ſich in ziemlich unbeftimmter
Ausdehnung weftwärts von Trapezumt bis zum Iris und Halys,
über den alten Pontus Polemoniacus hinftredte. "Ein Gebirgsland, ein
feuchtes Nordgehänge des Küftentaurus, von zahlloſen Heinen, aber oft
gewaltig anfchwellenden Küftenflüßhen von Süden nach Norden durch-
ſchnitten, bie e8 öfter unmegbar machen, ift es babei mit einer
reihen Vegetation begabt, aber von vielen Didichten und Waldungen
aud im feinen Felsabhängen und lüften überwucert. Seine Um
wegfamfeit umb feine große Fruchtbarkeit konnten feine Bewohner
lange in Abgeſchiedenheit erhalten. Der Mais giebt, in Zeit von
3 Monaten zu feiner Höhe aufſchießend, reihe Nahrung, der Wein
bringt Trauben, der Delbaum trägt aud viele, aber nur ſaure
Dliven, ber wenige Ackerbau ber fehr beſchränkten Ebene wirb
duch Kaſtan ien und Nußbäume, wilde Obftarten, Kir-
{hen u, ſ. w. erfegt; Heerbenertrag und Milchwirthſchaft
giebt veichlihe Nahrung, Der Handel bereichert bie iſolirten
) A, Jaubert, Voy. en Armenis etc. I. c; Paris 1821. p. 101104.
808 Klein⸗Aſien. $. 18.
- Bewohner nicht, denn Wege und Pferde fehlen wie Karawanen; bie
Küften find meift durch Stürme over Stranbräuber veröbet, mar
felten von Fifchern belebt. Auch Sclavenfang und anderes Gewerbe
ber Bevölferung wie an den ftlichen Küften des Kaulaſus gab hier
feinen Gewinn, fo wenig wie das Räuberhandwerk, va die Armuth
im Lande vorherrfchte, aber dafür auch Sicherheit von innen und
von aufen gab, denn nicht einmal vie Kurven fetten ihre Räube⸗
reien aus bem Binnenlande bis hierher fort, und bie Erpreffuungen
türliſcher Verwaltungen fanden hier keinen Eingang, fo lange ein-
heimiſche Derebeis ober erbliche Fürften wie die Familie Ta-
bir, der nur ben Titel Paſcha führte, im Dſchanik die Obergemalt
hatten. Der Städte waren im Lande faft feine, und nur Anlam
dungen mit geringen Holzhütten und klaicien Uferbörfchen verſchen
und wenige Hafenftellen waren etwas zahlreicher bewohnt, vom denen
die meiften auch nur glänzende Namen aus früheren Zeiten, aber
ſonſt nur Ruinen aufzuzeigen hatten. Auch von ben Türken
war dieſer Küſtenſtrich wenig beſucht; fie fahen ihn ſelbſt als ein
Land der Barbaren an, und dadurch blieben dieſe für Barbaren
gehaltenen Untertanen ver Hohen Pforte längere Zeit in einer gläd-
lichen Unabhängigkeit und Dunkelheit ihrer heimiſchen Zuftände.
Einer der mächtigften und reichften einheimifchen Familien fol nad
einer einheimiſchen Ausfage diefem Dſchanik feinen Namen und
Titel verbankt haben (f. oben S. 101—102), welche zugleich bie
Herrſchaft als Erbtheil, wie einft Tſchapan Oghlu in Mzgat die
feinige als Exbfürft beſaß. Die Familie Tahir Pafhas wer
es, die nur den Titel Pafcha führte, aber unabhängig war und bie
patriarchaliſche Macht befaß, die Abgaben eintrieb, den Miri umb
die Contribution nad) Belieben an die Pforte regelmäßig einfanbte,
die fi) dies ganz wohl gefallen ließ, wegen ver Sorge vor ver fs
lien Nachbarſchaft ver kriegeriſchen Xazen, die fie zu fürchten
hatte. Sie vehnte ſogar die Macht des Tahir Paſcha oſtwärts
bis nah Trebifond aus. Als aber Juſſuf Paſcha das Gom
vernement von Armenien erhielt, fah er neibiih auf das Gläd
von Dſchanik, und Tahir Paſcha, veflen Gouvernenr,, war fein
perſonlicher Feind. Er ſchwaͤrzte ihn als einen Rebellen bei Hofe
an und erhielt durch einen Firman von Conftantinopel ven Befehl,
das Dſchanit zu feinem Paſchalik zu ſchlagen. Tahir Paſcha
verfagte natürlich den Gehorfam, mit ihm alle feine Ajans oder
Municipafitäten ber Dorficaften, Städte und Gauen, und fo brach
der Prieg aus, ber das Vſchenit verheerte. Suffuf Bafıhe, mit
Pontiſche Küftenftäpte zwiſchen Iris und Tſchoruk. 809
20,000 bis 25,000 Mann aſiatiſcher gelibter Kriegstruppen, wünfchte
in einer entſcheidenden Schlacht zu ſiegen; aber nirgends trat ihm
fein Feind in Maſſe entgegen. Die Cavallerie konnte in dem con»
pirten Terrain voll Flüſſe und Wälder nicht wirkfam fein; bie
Dſchaniklüs, die Tyroler Kleinaſiens, waren die trefflicften Schügen,
die aus ihren Wäldern und Klippen ihren Mann zu treffen mußten.
Dex habfüchtige Juſſuf warb felbft begierig, ben langwährenden
Krieg zu enden, um gegen das reichere Diarbeler vorzubringen, das
ihm größere Beute verſprach. Lift, Gelobeftehung, Parteiftiftungen
durch Emifjäre halfen mehr als Gewalt, vie Türkenflotte von Con⸗
ftantinopel fam zu Hülfe und brannte die Küftenftäbte nieder, wie
Samfun, Unieh und andere, Tahir Paſcha entfloh in einer
Borle zu den Abazen (wie einft Pharnaces vor den Römern), bie
ihm ergeben waren, aber durch Wiberwinde nad Trapezunt und
zum Phaſis verfchlagen, fand er feine Rettung nur in einem ruffl-
fen Hafen, indeß nun Juſſuf Paſcha feinen Truppen das
Dſchanik zur Beute, Raub, Mord und Plünderung preisgab, um
gegen deſſen Bewohner wie gegen Rebellen nach Luft zu wüthen.
Aus dieſen Zuftänden ging diefe Küftenprovinz ber neueften Zeit
entgegen, ald Hamilton fie bereifte und fle unter dem Drud des
Vaſcha von Trapezunt (Osman Pafcha)?%) kennen lernte, ber
noch viel willtührlicher als die früheren Derebeis, fie als habe
füchtiger Despot zu umnterbrüden und auszufaugen bemüht war.
Unter ihm feufzte damals ver ganze Küſtenſtrich; er war ver reichfte
Mann im Lande, dem Geldgeize, dem vorherrſchenden Lafter
der Türken ergeben, die nur Gelb anhäufen und dadurch ihre Un
tergebenen plagen umb verarmt in das Elend ftürzen, gegen welches
fie ſelbſt ganz gleichgültig bleiben. Sein Einkommen, erfuhr Ha-
milton aus guter Duelle, was Ballmerayer®%) aus gleicher Duelle
beftätigte, being vier Mal mehr als ber jährliche Tribut, den
er nad) Eonftantinopel einſandte. Er hatte das Monopol des
Tabaks, des Hauptproducts für den Handel der Provinz, an ſich
geriſſen, das ihm jährlich 3, Million Piafter einbrachte, davon er
nur eine halbe Milion nach Conftantinopel an die Finanzkaſſe als
Tribut einſchidte. Seinen Bruder hatte Osman Paſcha als Woie
woden in Samfun zum Zuſammenſcharren eingelegt, feine Neffen
und Bettern in die anderen Berwaltungspoften, jo daß feiner Hab«
**s) W. Hamilton, Researches in Asia Minor I. c. Vol. I. p. 292.
®*) Brägmente aus dem Orient, von Ballmerayer, 1845. I. ©. 258.
J
810 Klein⸗ Aſien. 8. 18.
gier nichts entgehen konnte. Bei einem ungeheuern Aufwande, ben
er machte, follte et doch jährlih 3 Million Biafter (glei 30,000
Bo. Strl.) in feinem Privatſchatz aufhäufen. Diefer Zuftand konnte
dem Lande nur Verberbensbringen, da deshalb nichts für Induſtrie,
Handel und Verkehr geſchehen konnte, feine Brüde, fein Weg, fein
Magazin u. ſ. w. gebaut wird, um das Capital nicht anzugreifen,
bas ruhig im Schatze liegt. Das Gouvernement felbft begnügt fih
eben fo mit einer geringeren Summe, um feine größere anzugreifen,
und fo geſchieht e8, daß das Bergmwerfswefen des von Natur
fo metallreihen pontifhen Gebietes, weldes bie größte Aufnahme
zum Wohl ver Bevölkerung und des Staats verbiente, im größten
Derfall liegt, und ber durd die Dampffchiffahrt fo fehr begünftigte
Umſatz mehr durch bie Societäten des Auslandes betrieben wird uf
zum Bortheil ver Einheimifchen.
Die einzige volftänbig durchgeführte Küſtenreiſe durch dieſe
Strede des Geſtadelandes von Trapezunt bis Sam ſun verdan⸗
ten wir W. Hamilton (vom 9. 1835), durch deſſen vortreffliche
Beobachtungen wir ein ganz neues Feld geographiſchen Fortſchrittes
gewinnen, ben wir daher auf ber ganzen Tour zu begleiten haben,
ehe wir in Trapezunt felbft als dem Haupthafenort ums zuletz
noch umfehen. Zwar hat Tournefort?”) auch von Sam ſun
am 11. bis Trapezunt am 22. Mai dieſe Strede zurüdgelegt,
aber nur zu Schiff und nur einzelne Stellen berühren fünmen, fo
wie U. Jaubert in entgegengefegter Richtung bald von ber Lane,
bald von der Seefeite einzelne Stellen genauer ins Auge faßte,
aber fie meift nur vefultorifc und fragmenfarijch befchrieben hat°®,
fo daß wir bie wgnigen von beiden ihnen eigenthimlichen Beobach⸗
tungen ober Bemerkungen leicht vem zufammenhängenden Berichte
Hamiltons beifügen können. Eben fo verhält es fi mit Mact.
Rinneirs nur flüctiger Küftenreife (im Jahre 1814)®), und ven
ſpaͤrlichen Berichten armeniſcher Autoren, von denen In dſchid ſcheau
nur einzelne wichtige Kuſtenſtädte näher beſchreibt, ver Trapezuntier
Minas Bfhefhkian dagegen in feiner zu Venedig im Fahre 1819
in vulgärsarmenifcher Sprache erſchienenen "Befchreibung des Pontus
Eurinuss einen vollftändigen Portulan aller Küftenorte und Anter-
pläge und zwar in biefer Gegend größtentheild aus eigener An
*) J. de Tournefort, Relat. dun Voy. du Lerant I. c. T. II. Lettr. XVIL.
P.95—99: **) A. Jaubert, Voy. 1.c. p. 382384. **) Mad.
Kinneir, Jon, through Asia Minor, Lond. 1813. p. 313—8$1.
Von Trapezunt nach Platana. 811
ſchauung, zu geben verſucht bat, aus melden Werfen wir ein⸗
zelne von den europäiſchen Reiſenden unberührt gelafiene That⸗
ſachen betreffenden Orts nach den für dieſen Zwed von Kiepert
gemachten Auszügen beibringen werben.
Erläuterung 1.
Der pontifche Küftenweg von Trapezunt über Platana (Her-
monaffa), Altſche Kaleh (Cordyle), Cerafus, Kereli Burım
(Coralla) nach Tireboli (Tripolis) und Argyria.
Die Landreife von Trapezunt nah Amifus mb Sinope,
fagt Hamilton, ift nicht nur an fich ſehr beſchwerlich, ſondern
wird es noch mehr durch bie grobe Ignoranz, der man dort überall
bei den Einwohnern felbft begegnet, aber auch durch die wirklichen
Hinderniſſe, welche dem Fortlommen und der Beobachtung entgegen«
flehen; um deſto banfenswerther ift es, daß ber Reiſende, durch
alles dieß nicht zurückgeſchreckt, die Wiflenfchaft mit einer fo reichen
Ausbeute feiner Wanderung beſchenlt hat.
Beim Ausmarſch aus dem Seethore von Trapezunt?O), zu
dem wir weiter unten zurüdtehren werben, Mittags ven 6. Juli
1835, nur von einem Tataren, ben ber Stadtgouverneur mitgab,
begleitet, folgte Hamilton dem Küſtenwege gegen N. W., wo ber
Blick auf das nächſte nörblichfte Vorgebirge Joros Burun (Hie
ron Prom.) fiel, hinter welchem das ferne Ziel ver Reife lag. Unter
ben Mauern ber Stabt flieg man plöglich gegen Weſt durch Gärten
zum Meereöftrande hinab in geringer Ferne von ber verfallenen
Kirche Hagia Sophia. Der Boden erhebt fi wieder allmählig
mehrere Meilen von der Stabt, ift gut bebaut mit Mais, Tabal,
Slachs, Melonen, Kürbiffen und Bohnen. Noch 3 Meilen von ver
Stabt durchſchreitet man ein Flüßchen, das aus einem Walbthale
tommt und erfteigt nievere Berghöhen, die fiber dem Meere hängen
(ein Dewrend, eigentlih Derbend, d. i. Engpaß, wie bie
Dertlichleit auch benammt wird, mit zwei weißen Säulen als
Refte des Alterthums nah Biheihfian’s Angabe); es find
verwitterte Trappconglomerate mit vielen Heinen Blrmen-
kraͤutern und mit Unterholz überwachen, jet in ſchönſter vufe
tender Blüthe: gelbe Gerfte, Gummi⸗Ciſtus, Myrie, Ar-
3°) W, Hamilton, Researches in Asia Minor. London 1842, 8. Vol. I.
p- 245278; ventflpe Ucberfepung von Gepomburgt. Beipig 1843.
©. 230-260.
8123 Klein-Aflen. $.18.
butus, Zorbeer, Heidekraut, wilde Rebe umb andere Sei-
terpflanzen; Rhodo den dren und Azaleen, welche höher aufwärts
das Gebirgsland über Trapezunt ſchmücken, blüheten nicht mehr.
Ueber ein paar Uferflüßchen, Gera und Kalanoma Dereſſi,
(Serez und Kalanima bei Bſheſchkian), wo bie ſchöuſten
Platauen ſtanden, vie Gerſte eben geſchnitten zu werben au
fing, flieg man von den Höhen wieder hinab zu den Gärten des
Hafenorte8 Platana (Hermonasse, Arrian. Peripl. P. E. p. 17},
die nah 4 Stunden Weges von Trapezunt erreicht wurten. Hier
-flanden Dlivenpflanzungen in ſchönſtem Wucfe Die niedern
Berge entlang dem Seeufer beftefen aus einem weihen Muſchel⸗
taltftein, ver viele Fragmente und Abprüde von jüngften Schaek
thieren enthält. Nach einer Viertelftunde am Ufer entlang erreidke
man das Stäbthen Platana, beren größerer Theil aufwärts in
einem veizenben, gut angebauten Thale liegt, das reich ift.am OR
umb Dlivenbäumen. Es fol 200 türkifhe und 100 griechifche Hän-
fer haben, die nahe am Mittelpunct einer offenen Bai liegen, welche
als Winterhafen für Trapezunt dient, da er den N. W.-⸗Winden
weniger ausgejegt ift als bie Rhede von Trapezunt. Aber feitvem
bie Rufen im Jahr 1807 hier einige Schiffe verfenfen ließen, i&
der Anterplag ſehr verfchlehtert”1). Doc hat auch von hier ans
das Doubliren des gegen N. W. auffteigenden Ioros Buram,
des Hauptfignals für Schiffer in weiter Ferne, feine Schwierigfeit.
If die Spitze dieſes Vorgebirges mit Wolten bevedt, fo hält ver
Schiffer das Doubliren deifelben für eine Unmöglicfeit und zieht
es vor, fein Schiff nordwärts mit den Strömungen gegen bie
Keimm fortfegeln zu laſſen, und dann erft gegen S. W. vie Einfahrt
in den Bosporus zu ſuchen. Die türkiſchen Schiffer verlaffen,
wie die Argonantenfahrer, fagt ſchon Tournefort 2), niemals
die Küfte, wagen fi nimmer ind freie Meer, und aud am ber
Küfte fhiffen fie nur, wenn das Meer ruhig ift, wo nicht, fo ziehen
fie ihr Boot auf das Trodne des Strandes und warten bie Beile
gung des Sturmes ab.
U. Iaubert ſchiffte fih vom biefem Winterhafen (am 2
Sept.) gegen den Weften ein; er meint, ex heiße urſprünglich Palati
Chaneh und habe nur durch Verftümmelung feinen Namen durch
Schiffer erhalten, ver feinen Urfprung feineswegs etwa bortigen
Blotanen verbanke. Richtiger giebt der Armenier Bſheſchkian bie
3°1) The turkish Provinces etc. in Aslatic Journ. New Ser. Vol. XI. p.122.
*) Tournelort, Relat. de Voy, T. UI. p. 77—79.
Don Platana Umſchiffung des Cap Joros. 819
tärtifhe Bulgärform Boladchana (b. i. Eifenwerkflätte) als eine
Corruption des urſprünglich neugriechiſchen Namens Platana an.
Auf den meiften pontifchen Karten aus dem Mittelalter wird er Pla-
tena ober Blatina geichrieben. Eine Kirche der Griechen, Hagios
Migeit, follte dafelbft vor 800 Jahren erbaut fein; fie zeigt im
bygzantiuniſchen Styl auch noch dem entſprechende ſchöne Ornamente
in Niſchen, Kirchenfenſtern und Altargemälden, mußte ſich aber ſtatt
der Glocken, deren Gebrauch noch immer den Chriſten durch die
Moslemen verboten iſt, mit Anſchlagen an Bretter zur Kirhenvers
fammlung begnügen. Während bes letzten ruſſiſchen Kriegs und
der Gefchichte des Handels ift es befonders bemerfenswerth, fagt
D. Blau (im Jahr 1857), daß dieſe Bucht von Platana um ber .
Ausfuhr von Bau» und Nutzholz willen von ben Agenten und
Schiffen der vereinigten Armeen ganz beſonders heimgefucht wurbe.
Am Orte werden viel Reben um Ulmen und Maulbeerbänme ges
zogen und gehegt, viel Wein, Del und Feigen erzeugt und vor
züglich viel Tabak gebaut. Mufchelfalt ſcheint an der pontiſchen
Küfte nur felten vorzulommen, deshalb wurde er hier zu Kalt ges
brannt und nad) Trapezunt verfendet. Untife Reſte zeigt der Ort
Teine, doch flimmt die Angabe Arrians, daß hier Hermonaſſa
Tiege, aud mit Strabo, ver die Lage von Hermonaſſa ebenfalls
zwiſchen Cerafus und Trapezus anführt und Hermonaffa eine
nicht unbedeutende Stadt nennt (Strabo XII. 548).
Am 2. Tag (7. Iuli). Aufbruh um 6 Uhr nah Böjät
Liman (d. i. großer Hafen). Un einzeln ftehenden Häufern am
Meerufer entlang ging ber Weg vorüber, deren Beſitzer ihre Küften-
boote, auf benen fie den Holzbebarf für die Küftenanmwohner zu ver-
führen pflegen, meift auf den Strand gezogen hatten. Das Myr-
tengebüſch ift e8, welches ‘hier zwifchen dem Wege und dem Meere
ven Boden bededt und zur Feuerung bient, während der Boden
fints am Wege fanft, aber viel höher auffteigt, gut gebaut ift, deſſen
Gehänge bis zu den Hochgipfeln dicht bewaldet find. Nach ver
erften Stunde führte der Weg an dem Vorgebirge Zeitun Burun
(Dliven-Näfe) vorliber zu einem Heinen Küftenfluß, über ven eine
Brüde nod in ſehr primitivem Styl errichtet hinüberführt. Nur
Bfähle find in den Grund gefälagen, mit Flechtwerk aus Weiden
rnthen wie ein Korb umgeben, den man mit ſchweren Steinen füllte,
um anf diefem Damm hinüber zu reiten. Die Küftenfcenerie wurde
immer ſchöner durch fühne, wilde Vorgebirge, die ſich zwifchen dem
Wege und Cap Joros erhoben. Die Berge waren von Wald
su Mein -Mfen. 6.
thaͤlern voll reicher Vegetation unterbroden, bie fanft hinab ſich
fentten zum blauen nahen Meere. Die Wärme, vie Feuchte, hau⸗
figer Regen und ber fruchtbarſte Boden förderten die Appige Bege
tation auf einem verwitterten plutoniſchen und Trappfelögeftein.
Eines ver Vorgebirge ans unvolllommenen Bafaltfäulen empor
gehoben, wurde umgangen und nach 2, Stunden bas verfallen
Sort Aktſche Kalch erreicht, das mit einigen Holzhütten auf einem
Borgebirge liegt, welches in dem Kriege von 1807 von ven Ruffen
mit großem Berlufte befegt, aber nicht behauptet werben konnte.
Aktſche Kaleh (d. i. Weißburg) liegt halbwegs zwiſchen
Platana und Cap Joros (Hieron Promont.), wo einft Eor-
dyle (Arrian. Peripl. 17) ein Hafenort lag, 40 Stadien von ihm
fen. Es hat eine Heine offene Rhede, welche bie Türken einen
Kiman nennen. Die Bauern an biefer Küfte waren immer bewaff-
net, jeber trug feinen Karabiner auf ver Schulter; ohne Ruf großer
Ehrlichkeit waren fie weder roh, noch ungaftlih; fon Kenophon
hatte die Vewohner dieſes Diftrictes, die Sannen und Mafronen,
ein friegerifches, feinpfeliges Volt genannt (Xenoph. Anab. IV.
e.8—17), das auch noch (Arrian. Peripl. 11) von feinen Burgen
ans ſtets feinblich gegen die Zrapezuntier war, ohne König lebte,
and ben Römern den Tribut verfagte und dem Raubleben anheim
fil. Ganz fo lebt noch heute der Küftenanwohner von ganz Las
fan bis zum Phafls in Wilvheit und Raubſucht. Daß die Befatımg
von Aktſchelale nach der Einnahme von Trapezunt durch die Die
manen diefen noch volle acht Jahre widerſtanden haben ſolle, führt
Bſheſchlian aus noch lebender Tradition an.
Die Küfte von Aktſche Kaleh, d. i. Weißburg, mit ben
Ruinen eines einftigen Caftell® und Klofters im wilpfchöner
Lage auf ſchattigen Belfenvorfprängen®), zu ber man an das Ufer
hinabſtieg, befteht ans einer Aufeinanderfolge von Felsgebirgen und
zwifchenliegenben Plainen, durch ein Felsriff geſchützt, das eime
Meile vom Ufer aus dem Wafler hervorragt. Zu Merfin ging
es an einem einſamen Haufe vorüber, vor dem ein Boot anf das
Ufer heraufgezogen Ing. Dann durchſetzte man mehrere Küftenfläße
gen zum Borgebirge Joros Burun, aus einer Maffe von Man
delftein- Trapp» Gebirge beftehend, bie immer größer ımb
wilber mit jeder Stufe ſich höher hob, 6i® zum Grandioſen. Der
Pfad, drang durch dichte Obftwälber, die hier in ihrer Wildniß ein ·
*5 Fragm. ans dem Orient, von Ballmerayer. 1. ©. 243—244, Rote.
\
Das Vorgebirge Joros. 815
heimiſch erſchienen, wie Kirſchen⸗, Feigen⸗,, Maulbeer»,
Birnen- und Kaſtanienbäume und Rebengewinde, während
das undurchdringliche Unterholz aus Rhododendren, Azaleen,.
Arbutus und Lorbeer beſteht, dazwiſchen Iururiöfe Farrnkräuter
wuchern. Um halb 11 Uhr wurde der Indſchir Liman, d. h.
Feigenhafen, eine kleine Bay in Oft des Joros Burun er-
reicht, und unmittelbar daran gegen N. W. die Spitze Kütſchül
Merfin mit der Ruine eines geringen Caſtells; auf dem Vorgebirge
Joros aber, das um 11 Uhr überftiegen wurde, zeigte ſich, obwol
Anonymi Periplus P. E. dort eine Ortslage angiebt, doch nicht die
geringfte Spur von Trümmern; doch bilvet es das Weſtende ver
Zrapezunt-Bat und befteht aus einer Gruppe von wenig gebogenen
Bafaltfäulen, "vie fächerartig von einem gemeinfamen Centrum
ſtrahlig auseinander gehen. Auch Ballmerayer hat vie Vorge⸗
birge mit feiner herrlichen Vegetation erftiegen und bewundert *).
Bom hohen Joros Burun wandte fid die Richtung des Küften-
weges aus dem bisherigen N.W. gegen S. W. bis zu einer-2 Meilen
weiter entfernten Stelle, wo bei einem Halt eine Meridianbeobach-
tung die Breite auf 41° 4/ N. Br. feſtſtellte. Von hier aus wurbe
ver Küftenfluß Iſskefe Dere (Iskefieh bei Bſheſchtiau) durchſetzt,
der ans einem tiefen Thale hervorfließt, in welchem ſich viele fpige
walobebedte Hügel zu beiven Uferfeiten erheben. Gegen das Meer
weitet fid das Thal zu einer breiten Ebene aus, in der vieles Bolt
mit Aderwirthihaft beſchäftigt war. Jenſeit der Küfte erhoben fi
einige aufftarrende Trappfelfen, bie nach allen Richtungen von Feld⸗
fpathgängen vurhihwärmt wurben und badurd) ein ganz zelliges An
fehen erhalten. Um 1 Uhr wurde die Ruine eines Caftells Gellita
Kaleh (Rlita-Kalefft bei Bſheſchlian, der den Namen vom gries
chiſchen xAsides, d. i. Schlüffel, ableitet) paffirt, die auf dem Raude
einer Bergſchlucht erbaut von Rhododendren und Azaleen überwach⸗
fen war; dann flieg man wieder in eine Ebene hinab zu einem
größeren Fluſſe, der aus dem Verein zweier anderer Ströme aus
verſchiedenen Thälern entfteht, deren Ebenen, wo nur Irrigation
ftattfinden konnte, mit indiſchem Korn bepflanzt waren. Diefer Fluß
Is kefe macht vor feinem Einfluß in das Meer eine große Krüm⸗
mung durch ein fleiniges Gerölbette gegen Oft, eine Eigenthümfice
keit der Oftwenbung, bie fid bei fehr vielen Flußmündungen am
Schwarzen Meere wieverholt und durch die vorherrſchenden N.W.-
*) Sragmente aus bem Orient. 1845. I. ©. 240, 241.
816 Klein⸗Aſien. $. 18.
Winde bebingt erſcheint. Diefer wirft am Ufer entlang Barten
oder Sanbbänte auf und möthigt die Ströme ſich gegen OR zu
wenden, ehe fie ven Eingang zum Meere finden, ein Prozek, welcher
durch den Mangel der Ebbe und Flut im Pontus Eurinus fer
erleichtert wird. Nachdem bie Ebene durchritten war, wurde wieder
eine Bergreihe überftiegen, deren vegetativer Lurus durch die ſumpfige
Natur des Bodens fehr vermehrt wurde; benn überall war er mit
einem Didiht von Rhododendren, Azaleen, Eichen, Arbu-
tus, Myrten, Heidearten und Gummi-⸗Ciſtus (mol das
Laudanum gebende Cistus cretieus?) bevedt. Nur eine Meile weiter
wurde ein anderer Fluß Kerafun- (nad) türkifcher Ausſprache viel
mehr Kirefün-) Dere erreicht, der den Geographen bis dahin unbe
tanmt geblieben war, woburd aber ber Ort Keraſus bei Xen®
phon (Xen. Anab. V.8.2) Iocalifirt wird. Es iſt Stabt und Fluß
pieſes Namens, ver in Anonymi Peripl. Pont. Eux.%S) (verfchieden
von ber wetlichen Stadt Pharnacia, die auch Keraſus hiek)
feiner Lage nach genan bezeichnet wird. Bon Koralla oftwärts
nad) Rerafus, Stadt und Fluß, find 60 Stadien over 8 Millien, von
Kerafus aber oſtwärts zum Hieron-Worgebirge 90 Stabien over
12 Milien. Die Diftanz von Joros Burun ift 8 engl. Meilen.
Bis dahin konnten Kenophons Truppen wol von Trapezus aus
in drei Tagemärfchen gelangen, aber zur Erreichung des weſtlichen
Cerafus, fpäteren Pharnacia, witrden wenigftens zehn Tagemärfde
nöthig geweſen fein, da bier ein Heer nicht in breiten Zügen neben
einander, fondern nur in langen Zügen einzeln hinter einanber
marſchiren konnte. Die Conjectur bei Cramer), daß dieſes Ke-
rafus die griechiſche Colonie der Sinopier war, am welcher
Zeuophons Heer 10 Tage Rafttag hielt, und nicht die weſtlichere
Bharnacia, melde ſchon Arrian und Andere damit verwechſelt hatten
umb die auch Kerafus genannt wurde, fand Hamilton vollfom-
men beftätigt, obwol er hier an biefem Kerafun-Dere keine Spmr
einer Stabt oder griechiſcher Baurefte fand, die aber freilich andy,
wie er bemerkt, weiter aufwärts am Fluſſe liegen fonnten, wohin
er nicht an. Der Kerafunfluf fließt nur 2 Stunden (5 Meilen)
fern von Iskefe Dere; an feinem Delta wächſt viel Mais und
Reis, daher viele Felver unter Waſſer ftanden.
3ef) Geographi Graeci Minores ed, Carol. Mullerus. Paris 1855. Vol. L.
in Anonymi (Arriani ut fertur) Peripl. Pont. Eux. 36. p. 410, ed.
Hudson. T. Ill. 12,13. 3. A, Cramer, Asia Minor. I. p. 281.
Die pontiſchen Küſtenſtädte; Weg nach Tireboll, 817
Unfen von da in Welten wurbe das Dorf Fol (Viopoli
3 Mittelalters, das G. Clavigo im 9.1400 beſucht hatte) pafe
irt, und ein Landfig eines Mehmed Agua, eines der vielen Heinen
Hutsbeſitzer, die als einftige Häuptlinge an der Spike von Herr-
haften früherer Yeubalterritorien jtanden und einft als erbliche
Derebeis oder Landesfürften größere Macht befagen, bie ihnen auch
ioch nicht ganz duch das Pafcharegiment hat eftriffen werden Fün«
m. Nur eine Meile weiter lag eine Kertih EChana oter Fac⸗
orei, eine längere Reihe von Häufern, vie jegt aber meift ver-
affen ftanden. Eine halbe Stunde fpäter wurde am Böjük Liman
in großes Gebäute wit einem Bazar erreicht, dicht auf Sandgrund
um Meere gelegen, exit deſſen jüngere Anjpülung, mo Fieber vor⸗
jerrichend waren, deshalb bie meiften Bewohner den Ort verlaffen
jatten und auf ihren Jailas überfonmerten.
Dritter Tagemarſch, ven 8. Juli, bis Tireboli (Tri«
»olis) 7). Ueber nievere Bergterrafjen ftieg man um 6 Uhr am
Morgen vom Meere höher auf und ſetzte über den Alfu Dere
Weißwaſſerthal) auf einer Holgbrüde, vie wie fo viele ältere Schwei«
jerbrücken mit einem Holzdache überdeckt war. Ueber wellige und
waldige Berggründe brang man in das Gebiet eines andern Ges
birgschefs, des Ujun Oghlu ein, und kam an vefien Konak ober
Refivenz vorüber. Dann immer weiter vom Meere ſich entfernend,
paffirte man Berge mit Ellern und Reben überwachen, an einem
alten Eaftell, vem Kalidſchik Burun, vorüber. Die Ländereien
waren bier duch große Einhegungen und Gatterthiren, wie fie in
Norwegen ober ver Schweiz nicht felten, hier aber ganz ungewöhn ·
liche Erſcheinungen find, umzäunt und von der wilven Scenerie abe
gegrenzt, melde immer größere Schönheiten entfaltete. Man durch-
ſchritt Waldberge von vielen Schluchten durchriſſen, aber alle in
teichfter Vegetation prangend, mit den ſchönſten Bäumen und vielem
Gebüſch, durch das der Blid nur zu Zeiten durch die Zweige und
die Stille des dunklen Laubdaches hinabreichte zur Tiefe bis zum
blauen Meere. Die Wege wurden fo fteil und verengten ſich fo
fehe zu bloßen Fußpfaden über Abftürze hin, daß es gerathen war,
von den Pferden abzufteigen und zu Fuß zu gehen.
So wurde am Ende der erften Stunde des Morgenmarfches
das Cap Kereli Burun mit den Ruinen des alten Caſtells
Kereli Kaleh erreicht (Gürele bei Bſheſchkian, ver ven ver⸗
) W. Hamilton, Res. L. c. I. p. 251— 255.
Mister Gröfunde AVIN. Bi
818 Klein⸗ Aften. 8. 18.
unglũdten Vetſuch eines ütſchündſch⸗Oghlu Km $ Bade,
bier wieder eine Stabt zw gründen, erwähnt). wir
anttten dies wilde Vorgebirge hinabgeftiegen, um 3 einige
Ruinen des antilen Forts Koralla zu erfpähen, das 210 Stadie
ober 10'/, Stunden fern von Tripolis Ing (Anonymi Peripl. P.
Eux. p. 12, 13); wenigſtens war bem Vorgebirge ver antike Rume
geblieben. YIenfeit des Eaps wurde das Ai-jenefi Dereffi
(0. b. nad) türkiſcher Corruption, Thal des heiligen Eugenins,
San Uiganj der pontifchen Seeleute des Mittelalter8)*®), deſſen Bad
durch Hocheuftivirte Ebene dahinfließt, durchſchritten, und dann bie
Waldlandſchaft durchzogen, die über alle Beſchreibung ſchön vom bier
ſich weftwärts ausbreitet. Da wo biefe bewalbeten Thäler ſich ge
gen das blaue Meer öffnen, zeigen fid nur Prachtſeenen, eine ſchoͤner
als die andere, zumal in einem ber.ganz grünen Thäler gegen das
Meer gewendet, von Warren und Azaleen umkränzt, über denen bie
Felswaͤnde mit Wald übermuchert, deſſen Zweige fid) von beiden
Seiten mit ihrem Laubdache faft berührten und höher und Höher
immer dichter und dichter zuſammenwuchſen.
Um 9 Uhr flieg man wieder auf engen Pfaden, auf Treppen
flufen in Felſen eingehauen, zu dem Seeufer über ven Tſchauſchly
Dere fu hinab, an Gärten und Hütten vorüber, von Enpreffen um
Dfivenbäumen dicht am Meereöufer umgrünt. Diele Bauern waren
hier auf der Wanderfchaft zum nahen Bazar, wo eine Moſchee; alle
waren bewaffnet. Die niederen Klippen am Meere waren alle vul-
eanifch gehobene Vreccia, mit großen Trappblöden überftreut, deren
Berwitterung einen ungemein fruchtbaren Boden erzeugt. Die Hei
nen Küflenflüffe konnten das Trümmerufer aber oft nicht mit ihren
geringen Waflern durchbrechen, fie flagniren alfo in Heinen Lagımen
vor ihnen oder fidgen duch ihre Wbldfungen hindurch, die Stein
blode ſelbſt dienen dann zugleich ftatt ver Brüden über fie hin.
Fallmerayer ?), ver mit einem Küſtenſchiffe von Tirebofi
oftwärts die Küfte umfuhr, hatte von einer Felspaſſage gehört, vie
im Innern der Küfte als ein Derbend diene, hiſtoriſch durch einem
Sieg der Commenen bei den Orten Meliares und Corpyla be
mertenswerth, aber gänzlich aus dem Gedächtniß der Anwohner
unter biefem Namen vergefien war. Er münfchte fie zum Ber
ſtändniß einer Stelle in der trapezuntiſchen Geſchichte wieder auf-
zufinden. Bei dem Strande von Kereli verließ er alſo feinen
30%) Fragmente aus dem Orient, von Ballmerayer. | &.237. Rote.
?) Fragm. aus dem Orient, von Balmerayer, 1845. I. &. 238240.
.
v
ol, Viopolt, Eleghu; die Kirſchenwälder. 819
Kahn, wo ver Meft eines Kloſters und Caſtells ganz Sbe ſtand, und
flieg das Thal des Küftenfläßchens aufwärts, um bie Klauſe Mes
liares aufzuſuchen. Durch Wald und Felswildniß mehrere Stun
den gelangte er wirklich an eine enge Felsſchlucht, ven Derbend,
ben Chalcocondylas die Klanfe Meliares genanntfhatte. " Denn
ihr Ausgang nach dem Meercap zu war durch das Duerthor und
tin alttrapezuntifches Caftell geichlofjen, welches fpäterhin, nach dem
Berfall des trapezuntifchen Reiches, wo hier ein Herzog von Chal»
dia geherrſcht hatte, von einem türkifchen Dere Bey, aus ber
Familie Uzun Oghlu, eingenommen war. Der Hinabweg zum
Meere geleitete zum Landungsplage Böjäf Liman, wo ber Frag-
mentift, erfremt über die zum Verſtändniß gefommene, bisher under
Yannt gebliebene Tocalität in den hiſtoriſchen Urkunden der trapezum«
chen Reichsgeſchichte, ſeine Barke wieder, auf ihn wartend, vor
Anter fand. Der durch die Wildniß zuridgelegte Landweg war
uch die wilde Romantik ſehr lohnend geweſen, und bei ver Eine
chiffung amı genannten Liman wurde eine Stunde weiter” oftwärts
er auch von Hamilton genannte Ort Fol erreicht, der ſich nun
md als abgelürzter Name ver im Mittelalter bekannten Ortſchaft
Biopoli nadmeifen ließ.
Um Halb 11 Uhr wurde von Hamilton das Dorf Eleghu
rreicht, wo ein Bazar auf feinem Weftufer unter Bäumen gehalten
ourde; viel Volls war verfammelt, feinem Handel nachgehend und
Tabak ſchmauchend. Der Reiſende ruhte unter einigen Maulbeer⸗
äumen, wo auch der jüngere Agha ſich nievergelaffen, feine Pfeife
auchend. Hier wurde die föftlichfte einheimifche Frucht, die Kirfche
e8 Landes verfihmaufet, von ber der Name Ceraſus ftammt,
icht umgefehrt, wie noch immer viele mit dem Kirchenvater Sct.
jieronymus dafür halten, die Frucht habe den Namen von dem
ande erhalten, wo die Kirſchenwälder in großer Fülle und
Schönheit, wie ſchon Tournefort bemerktelW), wild wachen, denn
er griechifch-lateinifche Name der Frucht, von dem die neueuropäi-
ben Sprachen ihre Formen ableiten, entſpricht genau dem altar⸗
wnifchen Keraz (woraus auch das türliſche Kires entſtanden), ımb
ı beiden Formen wurzelt die alte und neue Ortsbenennunglt),
;mmian. Marcell. XXIL 8, 16, fagt, daß Lucullus bie
irſchen nah Italien gebraht habe, und dieß mirb buch
#0) Tonrnefort, Relat. d'un Voy. ete. .c. p. 98. *') Mieperta Note
in Hamilton, deutſche Ucberf. I. ©. 508.
8if2
820 alein⸗Afien. 8. 18.
Blinius beſtätigt, ver augiebt, daß es vor den Siegen der Römer
über Mithridates in Kleinaſien feine Kirſchen in Italien gegeben
habe, wohin man den Baum erft im Jahr 680 Urb. cond, db. i.
74 Jahr v. Chr. verpflanzt habe (H. N. XV. 30), ver van 190 |
Jahr ſpäter bis nad Britannien gebradt fei. Der brutale Stel;
des jungen Agha, ber durch Meiverprunf und übermäßig großen
Turban fein Anfehen als Ablömmling ver alten Feudalherren ve
Landchens bei feiner Unmiffenheit und Rohheit in Gegenwart vet
Fremdlings nod durch barſche Zurechtweiſungen ver Lanpleute, die
fich demüthig dieß auch von dem Enfel ihrer alten Grundherren ge
fallen ließen, zu erfennen gab, contraftirte nicht wenig mit ber
Außerlichen Höflichteit deſſelben gegen feinen Gaft, ven er aber kalt
verließ, um in bie Moſchee zu gehen, worauf Zeit zu einer Meri«
dianbeobadhtung gewonnen wurde, wobei die neugierig ımaher-
fiehenden Landleute fi vom Dolmetſcher auch leicht bedeuten Lehen,
dieß geſchehe nur, um zu wiflen, wann bie Sonne genau im Mittag
flünde, was ihnen benn auch ganz vernünftig vorfam und fie ber
halb ven Fremdling gewähren ließen.
Das Dorf Eleghu liegt in einer fruchtbaren Ebene, zwifchen
Meer und Walobergen, die 2 Meilen lang und '/, Meile breit, am
Heinen Flüßchen Eleghu Dereſſi; hierher wird Philocalea verleg
(110 Stabien, 14°; Meilen von Tripolis, nad) Anonym. Peripl.
P. Euxin. p. 410), das aber nah Hamilton wahrſcheinlich etwas
weiter weſtlich an einem größeren Fluſſe Ing (mas Plinius VL 4
durd fein „item” zu verftehen giebt: Tripolis castellum et fluvius
item Philocales, et sine Auvio Liviopolis), mehr tem Borgebirge
Kara Burum genähert. Diefer größere Fluß ift 2 Meilen we-
licher ver Kara Burun-Tfhai, welder aus einem Waldthale
Tommt, nur einen fehr kurzen Lauf haben lann, wie alle hiefigex
Küftenflüffe, aber vennod eine bemunbernswürbige Waſſerfülle
zeigt. Die Wälder, reich an Maulbeer- und Kirfhhäumen, find von
großer Schönheit und Reize, aber an vielen ver Engpäfle fir Par
pferde oft unwegſam, daher bie Landreiſe ungemein beichwerlich unb
vie Seefahrt allerdings viel bequemer, wenn fie gut von Statten
geht. Am folgenden fühnen Vorlande Kara Burun vorüber kam
man an ein paar ifolirten Felſen Kulak Kaleh (d. i. Obren-Schlog)
ober Kulak Kiliffeh vorüber, wo Ruinen lagen. Noch folgten
zwei bebeutenbe Küftenflüffe, der Baba Dereffi und ver Bazar-
Zipai, zwiſchen denen Reisfelder unter Wafler lagen. Jenſeit der
legteren jolgte eine andere Ebene, vie durch ben Schutt des Tire-
Die pontifchen Küftenfläbte, Tireboli. 821
boli fu oder Charſchut Tſchai angehäuft iſt. Diefer Fluß
entſpringt in weiterer Ferne als bie bisher genannten Küſtenflüßchen,
denn er kommt aus den armeniſchen Gebirgen, ven filber-
reihen Gruben (f. oben ©. 76), von wo er viele Gebirgswaſſer
aufnimmt und fo reigend wird, daß man ihn hier min im Fähr-
Boote pafficen konnte. Viermal mußte die Fähre hin- und here
fchiffen, um alles glüdfich hinüber zu bringen. Das Thal zeigt vie ,
wilvefte Feld. umd Waldlandſchaft; Gebirge über Gebirgsketten
thürmen ſich tief landein ſichtbar hoch empor. Jenſeit der Fähre
wurde ein Bergrüden aus bunten Mergel- und Sand ⸗Schichten er«
fliegen, von wo eine Aufeinanderfolge von Bergletten ſich anreiht,
im deren mittlerem Waldſchooße eingehegt die Stabt Tireb oli (Tri
polis) hoc; über dem Meere liegend fich zeigt, zu der die felfigen
Zidzadpfade durch fhöne Haſelnußwälder über grüne Trapp
felfen, welche die fhönften Chalcedondruſen umfchliegen, bis zur Heis
men Bay, vie an der Oftfeite der Stadt liegt, hinabführen.
Zireboli (Tripolis) foll gegenwärtig 400 türkifche und 100
Häufer der Griechen haben, mit 4 Mofcheen, einer griechiſchen Kirche
amd öffentlichen Bädern. Bei Gonzalez Elavigo*?) (im I. 1400)
wird Tripil noch eine fehr große Stabt genannt; Plinins nannte
& ein Caſtell und lannte auch feinen Fluß. Hamilton wurde vom
Gouverneur der Stadt gaftlich aufgenommen; dieſer ſchilderte aber
die Beichwerben des Küftenwegs von hier bi8 Pharnacia, dem
jetzigen Kirefün, fo groß, zu dem man 12 Stunven zu Lande‘
möthig habe, daß er defien Rath nachgab, diefelbe Strede am nächſt ⸗
Tage in einem Seeboote zurüczulegen, wozu er nur 3 bis
4 Stunden Zeit nöthig haben follte, was ihm um fo leichter wurde,
da der einzige zwifchenliegende Ort, befien Lage ihn intereffirte, nur
das Cap Zefreh Burun (Zephyrium) war, an weldem ver Lande
weg aber auch nicht voräbergeführt haben würde. Der Abend wurde
beim Gonverneur zugebracht, der im üppigften Lurus im feiner Die
vansede ſich den Vollgenüſſen überließ und in feiner Wohnung an
Säulen, Galerien, gemalten Zimmern, bunten Fenſtern, Teppichen,
Divans u. |. w. Ueberfluß hatte, und bier feine Tage in Trägheit
amd Nichtsthun vergeubete.-
Der 9. Juli wurde bier bei heftigem Regen, Nebel und Nord»
weſtſturm, ver bie hängenven Wolfen aus den Steppen Rußlands
über ven Pontus herüberjagte, zugebracht. Am äuferften Ende der
32) Fragmente aus dem Drient, von Ballmerayer. 1845. I. ©. 232.
N
\
828 Klein⸗Afien. $. 18.
Velen, auf denen das Haus des Gouverneurs erbaut war, liegt and
ein Caſtell, und dieſes Felscaſtell bezeichnet eins ber drei fich auszeich ·
menden Borgebirge, auf denen die Stabt felbft, Tireboli, erbaut
ift, mit wei zwiſchenliegenden Bayen over Hafenftellen, eine
Lage, welche wol hinreihenden Aufihluß über ven Namen diejer
Dreiftabt Tripolis giebt, ver alfo ein rein localer, kein politir |
ſcher Veitimmungsgrund war, wie ein folder bei ver phönicifcher
Bundesſtadt Tripolis (Ext. XVII. 1. ©. 12) vorwaltete. Die
Baien haben tiefes Waffer, aber auch viele Klippen und daher feinen |
figern Anfergrund. Das Caſtell ift ſehr verfallen, nır wenig
Sculpturen finden ſich über dem Thoreingang; eine Heine Batterie
von 4 Kanonen ift erft kürzlich; erbaut, und auf dem einem Gipfel
liegen die Reſte einer byyantinifhen Kirche; aud ein zweites Bew
gebirge hat einige Nuinen, aber nirgends zeigten fih Spuren ans
den hellenifchen Zeiten.
Nahe der Mündung des Tireboli fu folte eine alte Mine
Tiegen, die aber verlaffen war, weil das Wafler Hineintrat ; babe
ſollten alte Ruinen fein, aber Hamilton fah nır Steinhaufen de
ſelbſt, die alten Schmelzhütten angehören mochten. Die Lage war
fehr dominirend, die Anfiht des Thales ven Fluß aufwärts impo⸗
ſant durch die 2 Stunden ferne Felsfpige, welche der Führer mu |
dem gemifchten Namen Petra Kaleh (Belscaftell) belegte, wo vie
Näune ale aus Felſen gehauen fein follten. Dieſes aus Ichenbi-
gem Stein ausgehauene Caftell, bemerkt Fallmerayer, fei offenbar
das Petroma?B) der Trapezuntier, das einft in einem Feldzuge
gegen bie Tzanen (im Jahr 1380 n. Chr. ©.) ihnen mit einer Gm
niſon von 600 Mann am Bade Bhilobonitis zu Hülfe kam,
der alfo fein anderer ald ver heutige Charſchut Tſchai iſt, welder
im oberen Laufe von Gümiſch khana kommt, aber aud) im usteren
Laufe vor feiner Mündung au einer Silbergrube verübergefloffen
fein fol, deren Spur noch heute am Fuß des Petra Kalch von
Hamilton entdedt wurde. Auch der Armenier Bſheſchkian Temmt
dieſes Caſtell, welches in feinem Inneru brei Kirchen und viele Eifler-
nen enthalten fol, unter dem Namen Bebroma als ven Sig einer
einheimifchen Näuberfürftin, die nur unter dem Namen Derwifch-Sygy
(bie Derwijd Tochter) bekannt, noch zu Anfang biefes Jahrhunderts
amazonengleich die türkifchen Herren ber Umgegend in Schreden fergte
und den Angriffen bes Paſchas von Trebifond tapfern Widerſtand keiftete. |
’”) Bragmente aus dem Orient, vom Ballmerayer a. a. O. L S. 231.
Die Grubenwerke von Tireboli. 833
Die Minen waren nah Hamilton ganz mit Selen um«
ſperrt und überwuchert; bei einem Beſuche verfelben war Has
milton überraſcht, nicht fowol Kupfergruben, wie er vermuthet
hatte, fondern die Refte jehr ergiebiger Silbergruben vorzufinden.
Hier fiel ihm fogleich die Argyria der Alten ein, bie Arrian
(Peripl. P. Euzin. p. 17) 20 Stadien, alfo eine Stunde öſtlich auf
Tripolis folgen läßt, und eben fo des Anonymi Peripl. Pont,
Eux. (p. 12, 13), was ber Lage des wirklichen Abftandes von Tri⸗
poli von 2%, engl. Meilen gehau entſpricht. Der einzige andere
Ort in dieſem Lande, wo fonft noch Silber gefunden wurde, find
bie filberhaltigen Bleibergwerke von Gümifh Chana.
Wenn daher die homeriſche Ilias (II. 857) vie Helven aus dem
Bande ver Halizonen »Fern aus Alybe her, allmo des
Silbers (deysgov) Geburt ift«, ven Trojanern zu Hälfe
ziehen läßt, fo meint er wahrſcheinlich biefe Argyria, mo Eha-
Ipber wohnten, welche ſchon Strabo in feinen Exeurs über die
Dalizonen bei Homer (Strabo XII. 549555) mit Recht für
iventifch mit ven Alybern nachzuweiſen bemüht war, und bemerkte,
aß da, wo zu feiner Zeit nur Eifengruben bearbeitet würden, in
rüherer Zeit Silber gegraben morben fei.
Das Erz fand Hamilton im meißen Feldſpathgeſtein in zer-
egtem Zuſtande und vorzüglich bei der Verbindung bes Mergels
md plutouiſcher Felsmaſſen vor; er hatte ſchon zuvor bemerkt, daß
a ben unteren Lagern ver bunte Mergel und Thon härter wurbe,
8 er ſich zulegt in weißen und rothen Jaspis verwandelte. Die
Bergwerte ſchienen feit vielen Jahren vernachläffigt zu fein; feit
0 Jahren, fagte der Führer, feien fie nicht geöffnet worben, fügte
bee hinzu, fie würben nicht mehr bearbeitet, feit ſich ver Fluß in
einem gegenwärtigen Bette befänbe. Er meinte, baß biefer früher
‚lich von dem Hügel geflofien fei, feitvem er aber feinen Lauf
eãandert, feien die Bergwerle erfoffen. Der Agha beftätigte ven
räheren Silberreihthum ver Bergwerte, bemerkte aber zu-
leich, daß in größerer Tiefe das Silber feltener und das Kupfer
‚äufiger werde. Die einzigen Bergwerle, bie gegenwärtig in Dies
er Gegend bearbeitet werben, follten 6 Stunden ſüdlich von Eleghu
ich befinden, viel Kupfer zu Tage fördern und 600 bis 700 Mens
hen beſchaftigen. Das Erz follte fehr reichhaltig und leicht zu
‚ewinnen fein, weil es nahe an ber Oberfläche liege, auch gebe es
0 Stumben weitlih von Tireboli Eifenbergmwerke, deren Lage
r aber nicht genau anzugeben im Stande war. Wahrſcheinlich find
824 Klein Afien. 8.18.
jene Kupfergruben viefelben, von denen Tonrnefort?!) fpredien
herte und bemerkt, daß einer ber bortigen Flüſſe viele mit weißen
und grünen Ueberzügen bededte Kupfererze ober Rupferfchladen mit
feinen Waffern als Schutt gegen die Meerestüfte herabführe.
Erläuterung 2.
Der Küftenfluß von Tireboli (Tripolis), Charfchut tſchai, mr
fein Ouelfgebiet um -Gümifchhana, die Silbergrube.
Diefer Tireboli- Fluß ift noch non feinem Beobachter in
feiner ganzen Entwidlung verfolgt; doch ift fein Urfprung wel
mit ziemlicher Sicherheit oberhalb Gümifh chana in ver Nähe
der Quellen bes Tſchoruk zu ſuchen, wo fie Hamilton 15) and
vorfand, wie des gegen Nord abfliegenden Degirmen Dere
Fluffes, der nah Trapezunt birect norbiwärts zum Meere eilt,
> während der Tireboli⸗Fluß einen längeren Weg gegen N.W. in
der dahinwaͤrts gehenven allmählichen Senkung zurückzulegen hat.
Biele Reifende, die aus Armenien über das obere Gebirgslant
des Tihoruf, über Baiburt nah Trapezunt ihren Weg nah⸗
men, durchſetzten von Tſchornk oberhalb Baiburt gewöhnlich aud
das obere Thal biefes Tireboli⸗Fluſſes, in welchem die Sil⸗
bergruben von Gümifhchana liegen, jedoch ohne ven Fluß Bei
Namen zu nennen, ohne aud nur feinen weiteren Lauf weſtwärte
im geringften mäher zu erforſchen, ter bon ihnen mr noch wenige
Stunden unterhalb der Silbergruben kei Arboft oder Ardefi
wieder verlaſſen wurbe, um bie naͤchſte Station Stavros (oder Ita
vros, d.i. Mrenz) oder Zigana, bie nächſte Station, die zur Nord-
paflage, zum Slubfyftem Trapegumts führe, und dieſen Daupthafen
zu erreichen. Nur Kinmeir bat ſchon richtig bemerft, daß ver
Fluß bei Gümiſchlhane der Charfhut von Tireboli fei, olme
ihm jedoch verfolgt zu haben. Daher ift nur dag obere Wiegen-
land bes Tireboli-Quellgebietes vielfach befucht worden, fein
mittlerer Ranf aber bis jegt gänzlich unbekannt geblieben. Seine
Durchwanderung würde baher eine banfenmwerthe Aufgabe für küuf ·
tige Reifende fein.
Die Silberbergwerke zu Gümiſchchana (b.i. Silberhaus)
"2 Towrelort, Rat. Fun Vor .c I. p. 08.
**) W. Hamilton, Res, I. p. 1
Tireboli⸗Fluß; Gumiſch chana. 825
Hatte fon Jaubert (im Auguft 1806)16) auf die genannte Weife
auf feinem Durchzuge nad) Trapezunt befuht; es war ein grö⸗
Berer Fleden, von Armeniern bewohnt, in fruchtbarem Thale ge
legen, mit Handelsleuten und dem Bergwerlöbetriebe in ver Nähe
feit alten Zeiten. Die Minen wurden nur fehr roh bearbeitet, doch
. war ihre Ausbeute monatlich 30,000 Piafter; bie Umgebungen foll-
tem nad) allen Seiten fehr metallreich fein. Damals, als die Sil-
bergruben zu Argyria bei Tireboli noch unbelfannt geblieben
waren, fonnte er wol auf ven Gedanken gerathen, von hier vie
homeriſchen Halizonen aus Alybe herfommen zu laſſen. Bon Gü—
miſchchana, das nad Hommaire de Hells Beobachtung (im Jahr
184717) unter 40° 24° 29° N. Br. liegt, flieg Jaubert gegen
Rord nad Stavros ober Iſtavros, dem einzigen bort von Gries
chen bewohnten Dorfe, hinauf, während alle anderen von Armenien
bewohnt waren, um ven ba ten Gebirgspaß nach Trapezumt zu
überfchreiten.
Macdon. Kinneir!®) ritt von Tra pezunt gegen Süben
bergan, um über Baibnrt in Armenien vorzubringen; er ift ber
einzige, ver aber auch nur einen Blid in das Thal des Tire-
boli⸗Fluſſes abwärts warf. Nachdem er 2 Tage bergan“ geftie-
gen umb über ven Gebirgspaß des Koraſch Dagh, der Hauptlette,
die ihre Waſſer nach Norden ſendet, gefommen war, erblidte er am
Morgen des 9. Juli 1814 von deſſen Höhe in 2 Stunben Ferne
gegen Süd die Lage ver Stabt Gümiſchſchana. Es ging fehr
fteil bergab am Fluß, den er bier Charfchut nennt, welder
gegen N.W. firbmte und bei Tireboli zum Meere ein-
fließen follte. Das ganze Thal erſchien wie ein zufammenhän«
genver Garten von Obftbäumen, durch Canäle, vie aus dem Strom
die Ländereien bemäflerten, befruchtet. Auf einer Steinbrüde wurbe
des Strom überfegt und dann 4 Meilen an feinem Ufer entlang
umter Wallnuß⸗, Pflaumen-, Aepfel⸗ Birn-, Mandel- und Quitten»
bäumen fortgeritten, bis man nach Durchſetzung eines Heinen Zu⸗
fluſſes zum Thore von Gümiſch hana gelangte. Es iſt dieß ein
Ort von ganz abſonderlicher Bauart!9), auf Felſen und zwiſchen
Felſen und Precipicen gelegen, wo auf einer Holzterraffe unter dem
*) A. Janbert, Vor. en Armönie 1. c. p. 377.
#7) Lettre a M. ıssy, Tauris 6. Dec. 1847, in Bulletin de la Soc. de
Geogr. de 3 Ser. T. IX. p. 125. '*) Macd. Kinneir, Jouro.
thr. Asia Mi 1. c. Lond, 1818. p. 348. »#) Eli Smitb, Nissio-
jearches in Armenia, Lond. 1834. 8. p. 446.
826 Klein⸗ Aſten. $. 18.
Schatten von Bäumen die Teppiche zur Lagerung ausgebreitet wur ·
ven. Im ber Nähe lagen die Silberminen, von benen bie Stadt
ihren Namen bat, die 7000 Einwohner haben follte, davon 1100
Griechen und 700 Armenier. Die Erzgrube wurde noch bearbeitet,
gab aber nicht mehr ven britten Theil des Extrags wie in früheren
Zeiten. Der Ort hat 5 Chane, 2 öffentliche Bäder, 4 griedhifche .
Kirchen umd eine armeniſche Kapelle; die Hänfer find beffer als ge
wöhnliche türkiſche Wohnungen gebaut und fteigen terrafienweife über
einander empor. Die ganze Umgegend hat viele griechiſche Bewohner;
fie haben mehrere Klöſter (Telieh) mit Mönchen, und zumal eims,
Jeuna genannt, ein vielbeſuchter reicher Wallfahrtsert. Bon Gü-
miſch ana rechnet man über ſehr hohe Gebirgswege die Eutfermung
bis Kara hiffar auf 3 Tagereifen (ſ. oben S.192). Am 11. Iuli
wurde bie Stabt wieder verlaffen.
Auch Eli Smith (f. oben ©.203), ver von Erzer um lau
und ben Weg zur reiten Hand über Baiburt liegen ließ, weil dert
noch zu gewaltige Schneemaffen (am 5. Mai 1831)20) bie Berg
päfle befagerten, wählte einen weftfichen Weg von Germeili nord⸗
wärts über Gümiſch Hana nad Trapezunt burd die Gebirge
des Gjaur Dagh, die wahrſcheinlich von ben vielen chriſtlichen
Bewohnern, die ſich hier einheimiſch erhalten, durch die Mosleruen
dieſen Namen »Berge ber Unglänbigen« belommen haben.
Bon Germeili (over Germery) flieg man nordwärts durch Pinus-
wälder aufwärts zum Dorf Porobor, 6 Stunden weit.
Am folgenden Tage (6. Mai) waren auf böfem Wege zwei
Bergtetten ohne Dörfer zu überfteigen, deren fteile und wilde Ge
hänge kaum noch einzelne Tannen trugen, aber nur noch wenig
Schneefleden zeigten, aber ihre fehr ſtark angeſchwollenen Waller
ſchon vom Euphrat ab und gegen N. W. hin zum Schwarzen Deere
fendeten. Der erfte Anblick diefer norbwärts ſich fenfenden Thäler
war längs dem Flußlaufe, ver nah Gümifh chana führte,
paradieſiſch durch bie Obftgärten, welche in duftender Blüte
fanden, wie Kirſchen-, Aepfel- Bien, WBallafe, Pfirfiſch· ud
Maulbeerbäume, unter benen viele Hütten ver Bewohner lagen,
auch folgte Hier ſchon Chan auf Cham für die Paflegiere auf ber
großen Route nad) Trapezunt, in denen man dod Butter, Räfe,
Obſt und Brod haben konnte, was man lauge wicht geliehen hatte,
wenn es ſchon hart zu beifien mar.
3°) Eli Smith and Dwight, Missionary Rescarches in Armenia. London
1834. p. 447—450.
Gümifh chana, Die Blei» und Silbergrube. 827
Ueber ven Obfkreihthum hiefes Bergwerkreviers von Gür
miſch hana2t) giebt vie armeniſche Geographie des Indſchidſcheau
einige ſonſt umbelaunte Daten. Unter dieſen Obftarten, fagt fie,
find ausgezeichnet die Sauer kirſchen (Fiſchne), Aprikoſen, fehr
füße Maulbeeren (getrodnet zu Bastegh gemacht), beſouders aber
einige Birnenarien, wie Dſchermaji, Abbafi, Mehrani, Ha-
dſchi hamza, Meg hrith (Honigbirme), eine Heine, aber fehr zarte
Bime, Ghalgham armudi, Gelin-armudi mb Byldyr⸗
diin-budi (biefelbe, diein Eonftantinopel Aldje ar mud genannt,
wird, aber Teinen feineren Gefchmad als jene hat). So auch einige
Apfel: Sandugselmafi (Rüftenäpfel), Pumbuk-elmaſi (Baum
wolläpfel) und Kyzyl⸗elmaſi (vothe Aepfel), aber keine Trauben,
Jede Spur des unwirthlichen und baumlofen Urmeniens und Bere
fiens ſchien Smith hier verſchwunden zu fein. So wurde endlich auch
die Stat Gümiſch hana, am linken Ufer des gleichnamigen Fluffes
(des Charſchut tſchai) gelegen, erreicht, in 6 Stunden Ferne von
Borodor. Sie war damals die Refivenz eines Paſcha von zwei
Roßfchtweifen, der unter dem Paſcha von Erzerum ſtand, und follte
200 griehifhe, 200 türliſche und 500 armenifhe Häufer haben,
über welche Zahlen aber bei den dortigen Leuten felbft die verſchie ⸗
denſten Angaben in Umfauf waren. Auf dem Bazar fah man faft
keine Türken, die Chriften ſchienen ben größten Theil ver Bevölfes
zung anszumaden. Die Griechen hatten 5 Kirchen und einen Bis
ſchof, die Armenier nur eine Capelle und ftanben unter ber Diöcefe
ihres Biſchoſs in Trapezunt. Die Blei- und Silbergrube, von
welcher der Ort ven Namen hat, liegt im Thalgrunde des Fluſſes
nahe der Stadt, follte aber zu umergiebig fein, um noch ven Berg
bau zu lohnen. Auch Kupfergruben follen nahe bei ver Stadt liegen.
Die Ruffenüberfälle hatten in dem letzten Kriege hier nur Streifs
züge machen fönnen, die zu kurz waren, um, wie aus Armenien, fo
and) bier chriftliche Bewohner zu entführen. Bon Gümiſch chaua
rechnet man noch 24 Stunden Wegs bis Trapezunt.
H. Southgate hat zwar im Jahre 1837 von Erzerum aus
ebeufalls über Iſtavros die Silberſtadt befucht, und felbft bei
tem Bergwerlspirector daſelbſt auf ven Berghöhen gewohnt,
von wo and ihm der Ort nur wie ein Haufen ſchmutziger Erd⸗
Hütten vorkam22); aber er hat von ber Thalbilbung fo wenig Bericht
?)) Indſchidſchean a. a. D. Nen:Nrmenien nach Kleperts Mſer. ©. 398.
??) Rev. Horatio Southgate, Narrative of a Tour thr, Armenia etc,
Lopd. 1840, Vol. L p 46.
828 Klein-Afen. $ 18.
gegeben, wie für bie Erzftätte felbft Imtereffe gezeigt. Er giebt
nur an, daß fie vordem jährlich 600 Okkas (1500 Pfund) Silber
geliefert und fehr vielen Familien Nahrung gegeben habe; gegen
wärtig nur noch 20 bis 30 Offas liefere, wodurch der Ort in große
Armuth verfunten ſei. Eine fehr unpolitiſche Maßregel habe die
Bewohner an ven Ort, aus Furcht vor Auswanderung, feftgelettet,
da es feinem ber Bewohner geftattet fei, ohne einen befondern Fir
man bes Sultans ben Ort zu verlaflen ober von einem Orte zum
‚anderen zu ziehen. Den Armen fei die Erlangung eines folden
Firmans zu Foftbar. Die Armuth der 800 Familien müſſe daher
‚zunehmen, da bie Reichen nur wegziehen könnten. Er erfuhr, daß
bier 400 griedyifche, 200 armenifche und 200 mufelmännifche Fami⸗
Tien wohnten; bie Griechen hatten feit kurzem 2 griechiſche Schule
erhalten, in denen auch altgriechifch gelehrt wurde. Ihr Dialer
fei fo verderbt, daß fie der Gtieche aus Eonflantinopel nicht
verſtehe
W. Hamilton’?) kam zwar auch von Trapezunt auf gl
dem Wege wie feine Vorgänger ‘über Stavros nah Gümiſch
chana und fand hier das Gebirge aus hartem Schiefer, Kallſtein
und Sanbftein beſtehend, deren Schichten ımter 35° gegen SB.
einfielen, mußte aber zu flüchtig hindurchziehen, ohne die Erzgruben
auf feinem Hinwege nad Erzerum erforfchen zu Können. Gr fans
am 26. Mai 1836 nur, daß die Steilabftürze ver genannten Berg
züge von einigen plutonifhen Gebirgsmaffen gegen bie
Stabtfeite zu durchbrochen waren. Es waren Trappgänge, de
fie durchſetzten. Die Abftürze waren, fo fleil, daß man von den
Pferden abfigen mußte, um ben Fluß von Gumiſch chana zu errei⸗
chen, an dem bie ſchönſten Obſtgaͤrten bewandert wurden, obgleich
dieſe für die Jahreszeit doch noch ſehr zurüdgeblieben waren. Die
Eile ſeiner Begleiter machte es ihm diesmal unthunlich, die Sil⸗
bergruben, welche zu ben berühmteften des türkiſchen Reiche ge
hörten und fogar für vie Bergbanfhule des Landes gehalten
wurden, melde fir alle anderen Diſtricte Meinafiens vie Berg
leute, wie dieß and von Kotſchy im Bergbau des Bulghar
Dagb beftätigt wurde, zu liefern hatte, näher einzufchen.
Glüdlicher Weife gelang ihm dieſes auf dem Rückwege von Er⸗
zerum.
) W. Hamilton, Researches in Asia Minor eic. I. c. Vol. L.p.168-169.
Gumiſch chana, die Bergbaufgule. 829
Hamiltons Weg von Baiburt nad Gümifh hana,
am 26. und 27. Juni 1836%),
Schon nad 2 Stunden Wegs von Baiburt gegen Weit wurbe
der obere Quellarm des Fluſſes von Gümiſch ana erreicht, der
jest fehr feicht war, fo daß man ihn Bfter ohne Schwierigkeit durch»
kreuzen lonnte. Das Thal zwifchen engen granitiſchen Felswänden
war fehr Heiß, aber am Ufer hin durch bie ſchönſten Obftgärten
wurde zunächft bie untere Stabt erreicht, von mo nad) einer Heinen
halben Stunde die obere Stadt in einer wilben, auf halber Berg
höhe angelehnten, höchſt malerischen Lage erftiegen wurde. Wie in
ein Felfenamphitheater eingetreten, überrafchte das Außerordentliche
der Situation nicht wenig, bie Häufer wie Schwalbenneſter an
Felowãnden emporgebaut, von Felſen zu beiden Seiten überragt,
und in ver Tiefe vom grünen Thale mit Fluß, Gärten und Straßen
durchzogen. Das Quartier wurde bei dem Bergwerksdirector
auf der Höhe im Silberhaufe felbft genommen, ver feine Ernen-
mung vom Zarb Chaneh Emini, d. i. vem Münzmeifter in
Eonftantinopel erhielt. Ueberall in ven türkifchen Bergwerfen,
die Hamilton in Kleinafien befuchte, fagte man ihm, daß fie ihre
Bergarbeiter aus Gümiſch hama erhielten, oder daß fle ihre Berg»
teeruten dahin wie auf die Schule fhiden mußten. Auch, gilt der
biefige Oberbeamte ald Bergwerksdirector aller Bergmwerks-
diftricte in Anatolien. Um fo überraſchender war es, ungeachtet
aller Bemühungen, bier genauere Nachrichten über dieſe Gegenftände
einzufammeln, daß ber Erfolg davon doch höchſt unbefriedigend blieb.
Bie alle türkiſchen Berichte, fo waren auch die hier erhaltenen ein-
ander immer widerſprechend, alſo wenig Verlaß darauf.
Die einzige jegt nod) bebaute Mine liegt 1'/, engl. Meilen
in S. O. von der Stabt, jenfeit der Berge, welche diefe umgeben;
um fie zu erreichen, mußte man einen Zweig bes umgebenben Fels⸗
amphitheaters überfteigen. Hier find es ſenkrecht auffteigende Kalk⸗
feingebirge, aud Schiefer, verhärteter Saudſtein und Granit-
felfen im Zuftanbe ver Verwitterung, bie an verſchiedenen Stellen
hervorbrechen. Der damit verknüpften Gefahren ungeachtet konnte
Hamilton doch dem Drange nicht widerſtehen, die Grube felbft
au befahren; ex fand fie noch gefährlicher als andere früher beſuchte,
obwol fie weniger in die Tiefe gingen, alfo auch weniger beſchwerlich
waren. Das Grubendach wird überall nur durch natürliche Feld
) W. Hamilton, Research. I. c. I. p. 233—239. "
830 Mein» Afen. $.18.
pfeller getragen, bie man als Stützen ſtehen ließ. Der Haupte |
ſchacht geht 20° gegen Süd, aber andere Stollen und Gänge wer
zweigen ſich nad allen Richtungen, erweitern ſich zuweilen im größere
Hallen, ziehen ſich bald im enge Paflagen zufammen, ftreichen hori«
zontal ober fteigen im ſenkrechten Spalten and, tiefer hinab. Sie
mäffen aljo wol von ziemlich hohem Alter fein. Im einer ver Hallen
ſenkt fi der naſſe Boden zu einem Teiche vom großer Tiefe hinab,
jenfeit deſſelben ſah man noch Arbeiter mit Grubenlidtern vie Exp
wand wegbrechend. Im ganzen Werke mar feine Methobe, kein
Spur von zweckmaͤßiger Anlage, &8 war feine Vorſorge für die Zu
kunft getcoffen, nur ein Raubbau, mo man bad beſte Erz in
Knollen aus ver Mitte der Erzadern herausreißt, die aus einem
ſchwarzen jehr weichen Lehm (clay) beftehen, ver and) etwas ap
reich ift, und alles wierer in feine Trümmer zufammenfallen tät,
womit die ganze Oberfläche des Bergs wie das Immere der Stollen
und Galerien bebedt war, deren jehr viele [ängft ausgebaut wurden
Auf dem Rückwege zur Stabt wurde vie Schmelzhütte befuckt,
wo faft alles in Unthätigleit lag, obmwol man täglich an 120 Ole
Erz aus ven Minen herausſchaffte. Granitiſches Felsgebirge tritt
in einer Schlucht ver Stadt hervor. Aus vielen Kreuzfragen an
den Bergwerksdirector ließ fi nur fo viel ermitteln, daß die
Metallgänge, obwol zuerft in dem Gebirge, das den Grauit
überlagert, dod oft auch abwärt s im bemfelben ſich verzweigten,
and dafs felbft mandhe ber veihften Erge erft vafelbft fih finden |
Als der Reifende dem Director bemerffe, daß er daſſelbe Granib
geftein mehrere Meilen entlang vem Balachor (ein öftlicher Zuflech
zum Tſchoruk) wahrgenommen, ‚bemestte er, daß biefe Berge bie
Guümiſch Dagh, d. i. die Silberberge heißen, daß man ver
Zeiten bafelöft viel filberhaltiges Blei gefunden, die Gruben
aber durch die Waſſer erſoffen fein und feitvem werbe feiner ber
Schachte mehr bearbeitet, als der einzige, im ben er eben eingefahren
wor. Der Director und femme Vorfahren hatten feit 80 Jahren
die Leitung biefer Werke beſeſſen, die auf fie fortgeerbt war. Roc
feiner Ausjage gehören alle Bergwerke im türkiſchen Weiche bem
Gonvernement, aber nad) deſſen Syſtem werden fie wicht anf Staat
toften bearbeitet, ſondern unter den vortheilhafteften Bevingungen au
Privatunternehmer verpachtet. Produciren dieſe Geld, Silber,
Blei umd andere Metalle, jo werben bie beiven erfteren vom Com
vernement in Anfprud genommen, gegen Zahlung eines geringen
für dieſelben angejegten Normalpreifes, weit unter iheem wirllichen
Gümifh Kama, die Schmelzwerke. 831
Werte (3. B. Gold zu 4 Piafter für bie Drachme, welche doch in
Confiautinopel 50 Piafter gilt; für das Silber zahlt das Gou-
vernement nur 25 Para, obwol es 105 Para Werth hat. Dem
Director dagegen bleibt das Blei überlaffen, um bamit alle Arbeits»
toſten zu befteeiten. Hiernach warb der jährliche Ertrag angegeben
zu 250 bis 300 Dramen Gold (feine 2/, Pfund Golv), 12,000
Dramen Silber (67%, Pfd. Silber) und 8100 Pfund Blei. Ein
anderer dem Director zukommender Bortheil ift der Auflauf der
Holzkohle zu fo nieveren Preifen, 2 Piafter für die Ladung, welche
die Untertanen liefern müſſen, während bieß nur ben vierten Theil
des gewöhnlichen Marktpreifes beträgt; die Dörfer find aber zu
Lieferungen beſtimmter Duantitäten folder Holzfohlen verpflichtet,
wogegen fie dadurch von anbern Abgaben und Taren befreit bleiben.
Bum Gebiete des Vergwerts follen 60 Dorfſchaften eingefchrie
ben fein. Rur 50 bis 60 Bergleute arbeiteten in biefem Werke,
die eine Hälfte in ber Grube, die andere in der Schmelzhütte; ihre
Zahlung ift in hohen: Grabe kärglich (70 Para für den Tag, d. i.
areas über 4 Denier); aber die Stabt hat die Verpflichtung, die
nothwendige Zahl der Arbeiter zu ftellen. Im März, April uns
Mai ſtehen die Schmelzen ftill, weil es dann an Kohlen fehlt. Ein
Scmelzgang dauert 6 Tage; in den erſten 5 Tagen läuft das Blei
ab, am 6. Tage aud) das Silber in Zeit von 3 Stunden, unb vom
viefem wird das goldhaltige chemiſch geſchieden. Der Director bes
hauptete, die Ausgaben (30,346 Piafter) feien größer als die Ein»
nahmen (17,700 Piafter), von Seiten eines Entrepreneurs Töne
das Wert nicht beftehen, aber das Gouvernement habe doch einen
reinen Profit von 37,800 Piafter. — So weit die Erkundigungen
über die Silberberge von Gümifh chana am obern Laufe des
Tirebol- Stromes, zu deſſen pontifger Mündung wir num wieber
zurüdtehren. Bon hier lehrte au Hamilton gegen ven Norden
nach Trapezunt zuräd, wo wir ihm weiter unten wieder begegnen
Der Reichthum von Gümiſch hana, fagt Indihinfhean?%),
ſteht in feinen Gruben im osmaniſchen Reihe nur denen von Ga⸗
ban Ma’aden nad, obgleich fie jegt weniger als früher eintragen.
Unter Sultan Mahmud I. (zu Anfang des 18. Jahrhunderts)
wurde zu Gümiſch chana eine Stelle reich am feinften Golde
entweckt, dicht am Fluſſe ber Stadt, ver ven geöffneten Stollen unter
ne) Judſchidſchean, Neu⸗Armenien, Mfer., überf. von Kiepert. S. 399.
8323 Klein⸗ Afien. $.18,
Waſſer fepte. Nachdem man mit vielen Koften das Waſſer anf
gepumpt hatte, reichte das Gold kaum hin, die Koften zu veden,
daher die Grube wieder verlaffen wurde. Sultan Muftafa IL
(veg. feit 1757) ließ zwar Mobelle zu beſſeren Pumpwerlen aus
Frankreich kommen, aber ſeitdem blieb die Grube unbearbeitet liegen.
Später wurde der Ertrag ber Gruben wicht mehr nach Conflanti
nopel geihidt, und aud) die Zahlung der Arbeiter von da nicht in
geprägten Gelve wieder zurüd, ſondern bie Beſoldung vom jäht |
lichen Tribut aus Erzerum und Diarbefir in ſchlechtem Gelve be
forgt, wodurch die Arbeiter großen Schaben litten. Seitvem nahm
ver Betrieb und vie Zahl ver Arbeiter in den Gruben ab. Später,
als das Amt des Ma’aden Emini oder Bergmwerfspirectors
theurer verpachtet zu werben anfing al® zuvor, umb der Preis dei
Holzes und aller andern Bedürfniſſe zunahm, verminderte fih die
Zahl ver Arbeiter nody mehr, ba fie für ven geringen Lohn nicht
mehr dienen konnten. So ift aljo das Werk immer mehr in Ber
fall gerathen. Indſchidſchean giebt der Stadt 1600 Häufe,
worunter mehr griechiſche als türkiſche, und 200 armemifche, deren |
ſchöne Kirche der Mutter Gottes geweiht iſt. Der Priefter abe
vefibirt im Kloſter Surp Sarkis (Sct. Sergius), eine Stande
von ber Stadt. Die Gärten und Sommerhäuschen ver Stabtte
wohner dehnen fi 4 Stunden weit füblih der Stadt bis zum
Orte Sorda-baghtſcheſſi, und eben fo weit nördlich bis zum
Ort Choroſch (wo aud das Dorf Chaſchra liegt) aus. Ja
dem Bade (der mit dem von Kinneir genannten Charſchat
tfhai nur iventifh fein Kann, ver aud nordwärts firdmt)
findet fid) eine Fiſchart, die Sary balyghy (tärkifch Gelb
Fl) genannt wird. Zu Gümiſch hana gehören 60 umberie
gende Dörfer, die meift von Griechen bewohnt find. Iſdiloz uxd
Baghben, beide benachbart, erzeugen fehr weißen, vorzüglich füßen
Honig, wegen ver herrlichen Blumen, die dort wachſen, daher er zu
Geſchenken an’ ven Sultan dient. Audere Orte find Tembeda,
Emirler, Charawa, Muzena, Chalekza, Ardaſa (mol Ordeſſi ver
Karte), Stavri, Gron und andere. Gjawur Daghy heißt das
Gebirge 14 Stunden fern von der Stadt Gümiſch chaua, am Wege
nad) Tofat, das mit ven Bergletten von Groß- Armenien zuſam ⸗
menhängt. So weit Indſchidſchean.
Ch. Texier will wiſſen, daß das füberhaltige Blei in einem
ſchwefeligen Barytgange Liege, und ſpricht von Bädern in Gümiſch |
Waſſerfahrt ad Rerafan, Pharnacia. 833
chana, bie Häufig beſucht wilrden; auch bemerft er, ber Ort fei im
Jahre 1836 in größere Aufnahme gekommen 32).
Erläuterung 3.
Waſſerfahrt von Tireboli nach Kerafun (Pharnacia) und von
da zu Lande über Ordu (Eotyora); zu Waffer um das Jaſun
Burun (Jaſonium Promontorium) nad Fatſa (Phatifane),
und Sandweg durch das Gebiet der alten Chalyber, ver heu⸗
tigen Eiſenſchmiede, nach Ünieh (Denoe) und zum Termeh
(Thermodon) des alten Amazonenlandes.
Den zu ſchlechten und für bie Packpferde zu beſchwerlichen Lande
wegen auszuweichen, wurde ven Tireboli aus ber Waffermeg auf
einem Flachboote bis Kirefün vorgezogen?”); vie Rüde diefer Kü⸗
ftenfirede bleibt alfo für künftige Neifeforfcher nod auszufüllen übrig;
Doch blieb der Steuermann, wie feine Vorfahren, aus Furcht vor
dem tiefern Wafler, ſtets dicht am Ufer und umruderte alle Bor»
fprünge und Mippen, wodurch mar auch dieſer anſichtig wurde;
Doch wagte er es, vie bewalvete Bay von Zefreh (Zephyrium) quer
zu durchſteuern. Ehe das Zefreh Burum (Ketſchi-Burun, d. i. Bier
gennaſe, bei Bſheſchtian) umrudert werben fonnte, lam man an ber Oft-
fpige Kaik Liman an einem Heinen Hafen vorüber, dem Zepugıos
Arganyv bei Scylax Caryand. p.33, welcher hier vie Wohnungen ber
Moffynöten anf ven benachbarten Bergen angiebt. Bon da
wurrbe bie weftlicher liegenbe zweite, größere Bucht vom Kireſün
durchſchnitten. Am Eingang zu biefer Bucht liegt im Oft, aber
weſtlich von vem Cap Zefreh, ein Meines Eiland, wol die Phily«
reis-Infel der Alten, an welcher die Argonauten vorüber
ſchifften, kurz nachdem fie die Infel Aretias verlafen hatten
(Apollon. Rhod. Arg. II. 1235), welde oftwärts der Mofynoeci
angegeben wurde; eine andere fand fid hier nicht vor. Diefe zweite
aber wurde nah 9 bis 10 Meilen weftlicher Fahrt ebenfalls erreicht,
welche bei ven Türken Kirefün Ada (Aretias ver Alten, Anonymi
Peripl. P. Eux. p.13) heißt. Sie war den Alten eine Anker⸗
ftation und hieß Aretias, weil fie dem Ares geweiht, aber
unbewohnt war. Nach Apoll. Rhod. II. 390 Hatten zwei: amazo-
32€) Ch. Texier, Voy. in Rerue frangaise. T. VI. Paris. p. 351.
7) W. Hamilton, Research. 1. c. I. p. 261 —266.
Ritter Erdtunde XVIL. ga
Fr aAlein ⸗Aßen. 16.
Höhe Saigimen, Otrere und Antiope, bier den WMare dam
ipel geweiht”). Plinins nannte dieß Infelhen Chalceritig,
und erzählt, daß auf ihm bie Vögel einft gegen die Ankonminge
durch Flügelſchlag gefämpft Hätten (Plin. H. N. VI. 13: in ea vo
lueres cum advenis pugnasse pennarum ictu), offenbar eine alte
Erinnerung aug den frũheſten Zeiten ver Argonauten, als die Bägd
noch die Herrſchaft auf der Iujel deu Abenteurern ftreitig zu mw
hen ivı Stande waren, wie dies in fpäteren Jahrtauſenden wel uf
ven Süpfeeinfeln der Fall geweſen. Noch heute liegt, wie Hamil-
ton bemerkt, die Oberflähe der Infel voll Aufterihalen, meh
die großbeſchwingten Seemdven (Larus) und andere Bögd al
ihre Nahrung hierher bringen und verzehren. Diefe Zuſel liegt mm
3 bis 4 Meilen oftwärts von Pharnacia, was mit Arrions Is
gabe des Abſtandes von 30 Stadien ſtimmt. Der Fels, ans ie
fie beſteht, ift ſchwarze vulcaniſche Breccia mit eingelagerten Trapp
fragmenten, und biefer Boden überwudert mit Ranfen und Gckäg
die, Reſte einer alten umherlaufenden Mauer. Ein großer Thum
mit Tenftern und Schießſcharten flieht nahe am Südende, aber Tan
Spur helleniſcher Reſte war dabei zu fehen. Bleibende Wahnfläte
fand, fagt der Fragmentift, der Menfc Hier nur in der Zeit de
Chriſtenthums, wo ih »Mönde unter dem Schirm ber er
bazmenden Liebes in biefer Iuftigen Einfamfeit nieverließen, bü
nad) dem Fall des chriſtlichen trapezuntiichen Kaiferftantes die Die |
auf der Infel wiederlehrte. Die Byzantiner naunten das Zuſelqer
Aranitis, und das Iufellfofter war der » Erbarmerine, ü
Dsovon, geweiht, aber ſchon Mitte des 14. Jahchunderta vom
türliſchen Freibeutern fehr geängftigt). Die Stabt‘ Lerafunt
oder Firefün ver Türken, Cherafunda ver Italiener, Pharnacia
der Alten, wurde nach 9 Stunden Fahrt um 4 Uhr erreicht; fir
biegt am Ende eines Felsvorgebirges, das durch einen bewaldetea
Dhmug lieblichen Anblids mit dem Feſtlande i in Verbindung fickt.
Auf der höchften Spige liegt die Ruine einer byzantiniſchen Fehlt
von ber ſich eine ſtarle Dauer mit hellenifhen Grundlagen nad
beiden Seiten zum Meere zieht. Die irrige Anſicht, dieſe Bhgr
nacia für die öftlichere Gerafus bei Zenophon zu halten, melde
ſchon oben nah Cramer und Hamilton ihre Berichtigung m
hielt und im bie neuere Geographie übergegangen war, Hatte ſcheu
A rl. 16 dem
Grleat on von 3. 2. ih. Ballneraen € Stuttg. art L —X
Kerafun, Pharnacia. 885
9 Mannert berigtigt?O) und dem Arrian (Peripl. Pont. Ruz
p- 17) beigepflichtet, ber allerbings mit Recht fagte, daß fle yar
Alters Kerafug hieß, aber fie nicht mit Zenophons Station zu
Kerafus verwechſelte, was exit durch fpätere Autoren geſchehen
Strabo unterſcheidet bie äftfihere Cerafus bei Trapezunt genan
von biefer weftlichern Stabt, bie ex num mit dem fpäteren Nameg
Pharnacia (Strabo XII. 548) benannte, ven fie als ſchon vorkan-
dene Eolonie der Sinopier beſaß, mit deren Lage ber Doppalhäfen
fie and; manches gemeinfam hat. Erſt durch den pontifcen Künig
Pharnaces, Großvater Mithrivates Eupator, der fie während des
zweiten punifchen Krieges mit Neubauten ausftattete, erhielt fie ihren
neuen Namen. Strabo nennt fie eine befeftigte Stabt und fagt,
daß fie von Cotyora aus gegrlnbet-fei, daß fie im Gebiete ver
Chalyber Liege, vie zu feiner Zeit Chalväer hießen, wo ber erſte
diſchfang der Pelamyden ftattfinde. Sie ift durch das furchtbare
Schickſal von Mithrivates zwei Schweſtern und zwei Gemahlinnen
(gwei Griechinnen, Berenile aus Chios und die [höne Monime ang
Milet) befannt, vie er nach Plutarch, um fie nicht als Gefangene
in Luculins Gewalt gerathen zu lafien, von feinen Verſchnittenen
emorben ließ (Plutarch. Lucull. 18).
Die antike Kerafus hat ven fpäter beigelegten Namen Phar«
nacia wieber verbrängt, und überall ſind auch hier, wie bei den Arabern
in Syrien, die antifen Namen in ver Regel bie vorherrſchenden im
Munde des Volts geblieben, und die aufgebrängten wieder aus ih⸗
ran Winbenfen verfchiwunben. Ueber bie Sage der Gtabt und bie
Wentität der alten Keraſus mit Pharnacia und dem heutigen Kir
tfün ſiehe den Sragmentiften®t). Hier ift die intereffante Auffin«
dung des Namens Pharuakh oder Pharnuf auf finopifden
Münzen durch Blau?) zu erwähnen, ber barin den Namen heg
ltaffgrifchen Gottes Pharnuch os nachweiſen kounte. Diefer- war
am Pontus hochverehrt als Sounengott, ein Häaoc Zeig Ik
pazıs, identiſch mit Sinope's Serapis, als Pharnacos, Haupk
pettheit der Hierodulen zu Cabira (Mithridates Königsreſidenz),
’elaunt, wo er auch zur Gruppe von Men und Mene, Lunus und
dıma, gehört und mit Autolycus dem Selbſtleuchter der Sir
*) Mannert, Geogt. d. Gr. m. R. VI.2. 385; Rieperts Note, Ucherf.
b. Scomburgf von Hamiltons Reife. I. Rote ©. 508.
*) 3. Bh. Fallmerayer, Bragmente aue dem Orient. 1845. Th. L
&. 210-227. ”) Blau in Zeitfchrifi der deutfch. morgenl.
Gefelif. Th. 1X. S. 8789.
©g92
6836 Klein-Aflen. $.18.
noper übereinftiummt. Als Hauptgottheit der pontifchen Akeige, de
alle Pharnak over Mithrivat heißen, ob auch Mithres?
ſtand er auch dem Heiligthum in Comana vor. Pie Statt Bhar
nacia verbankt aber ihren Namen wol eher dem uralten Heifigtium
des Gottes als dem Könige, deſſen Name erft auf bie poutiſe
Könige übergegangen und der Stabt aus ven uns unbelannien Ir
fängen, ihrer Gründung geweiht war.
Am 11. Zuli unterfuhte Hamilton die antifen Max
von Kerafunt, die er im beften Styl rer Mauerwände mit Stein
von gleicher Höhe erbaut fand; ſie fangen nahe dem Ufer in Ed
am, ziehen fid) über ven Berg hin, die Grenzen ber heutigen Etat
bilvend, und find nahe dem Thor noch 20 Fuß hoch erhalten. &
machen die Grundlage ver Wohnung des Agha aus; auf ihnen &
eine Meine Moſchee aufgeführt. Die Quaderblöde aus dunkelgrüce
vulcanifcher Breccia find von gigantifcer Größe. Auf dem Ada
des Berges, über welchen die Mauer eine Strede gegen RRL
sieht, liegen die Ruinen eines mobernen Caſtells, Itſch Kal,
das den Genuefen oder Byzantinern zugefchrieben wird; ver Seh
verfchlag eines nrobernen Dere Bey ift wie angeflebt. Auch gew
Oſt laſſen ſich die anti ken Mauern in der ganzen Strede um |
Eaftell bis zum Meere verfolgen; ein helleniſches Thor war ur
mauert, mit einerh hohen Thurm in vemfelben Styl aufgeführt, te
ganz mit Epheu überwachen ift.
Bom Meereöufer fehrte Hamilton auch längs bemfelben nt
der zurüd, wo die Stabtmaner aber ganz byzantinifch mar
noch Reſte einer kleinen byzantiniſchen Kirche mit guterhalten
Schildereien im Innern fich zeigte. Diefe Mauern waren au de
Weſtſeite jehr gut erhalten. Durch eine Hinterthür fonnte mın F
einer zweiten Kirche hinabfteigen, die in Ruinen an einem Mi
Hafen liegt, der aud nur Feine Schiffe aufnehmen kann. Hie’kt
man noch doppelte Mauerverfhanzungen, unftreitig zum Schu det
nahen Hafens, der nur allein noch tiefes Waſſer hat, wo alfe m
Feind anlanden konnte, daher hier die befondere Vertheidigung geger
ihn gerichtet war. Zwiſchen diefen Mauern trat man in ein geetet,
dunkles Gemach und ftieg mit Fadeln durch geheime Stufen hiual
bis zum Meerufer. Hier war der Fels Fünftlidy weggehauen ut
eine andere Treppenflucht führte wieder zurüd zu ber Behaufus;
des Agha. Bei der Ummanderung um die Stabt konnte man vide
quabratifche Löcher in foliden Fels dicht am Deere eingehauen meh:
nehmen, fie ſchienen Steinbrüche zu fein, aus denen die Stabtmant
Kerafun, Pharnacia. 837
abaut warb, weil die Steinmegen finden mochten, daß fih bie
untere vom Waſſer faturirte Steinſchicht leichter bearbeiten ließ als
die obere härtere. Jetzt wurden biefe Räume von ven Weibern zu
Waſchplatzen benutzt.
Die Stadt liegt, wie faſt alle andern am nordiſchen Pontus⸗
afer, auf und an Gebirgsvorſpringen; aus ven Seiten des klippigen
Iſthmus bringen überall veichlihe Quellen hervor. Antik, fagt
Sallmerayer, ift im Orte nichts mehr als ver Mauerwall, ver
einen Theil des Felshügels umläuft. Die Küſtenlandſchaft von
Leraſun fand Fallmerayer faft noch pittoresfer als die von
Sinope. In der Umgebung wuchs bie wilde Kirfche auf ven
benachbarten Höhen in großer enge; andere als tiefe fonnte man auf
dem Martte teine bekommen; viefe Kirche war Hein und bitter, aber
nicht fauer, fondern ungemein aromatifc. rüber, im J. 1814,
hatte auch Macd. Kinneir ſchon dieſe Stadt Kerajun??) oder
Lereſun beſucht, und ihre einft fehr fefte Lage anerkannt, vie auch
Strabo hervorhob. Nach ihm hat die Stabt 700 Häufer, davon
600 ven Titten, 150 ben Griechen, 50 ven Armeniern gehörig,
mb fagt: ihre Hauptnahrung fei Mais, ber ihnen von Theodoſia
zugeführt werde, überhaupt gehe ihr Hauptverfehr nad) der- Krimm.
Bon bier fchiffte er mit eimer Felule nad) Trapezunt, ven Landweg
verlafiend, weil es ihm unmöglid war, von dem Agha Pferde zu
expreffen, weil dieſer nach herfümmlicher Art von jenem Geſtade ber
hanptete, daß der Landweg zu Pferde unmöglich zurüchzulegen fei;
diefen Weg zu Lande zurücklegen zu wollen, fünme nur ein Ber.
rüdter fi träumen laſſen. Auch Yallmerayer) erfuhr von
Konftantides, dem Bauquier des Müteſſelim der Stabt, daß fle
700 Häufer, darımter 200 griechifche habe, die Chriften daſelbſt aber
unter großem Drud der Türken lebten. Einſt, nad ven türkifden
Steuerzegiftern, die in onftantinopel aufbewahrt würden, habe fie,
bei ver Befignahme durch die Moslemen (im Jahr 1462), 17,000
Wohnungen und 33,000 männliche Kopffteuer zahlende Einwohner
von 11 Fahren und darüber gehabt. So fehr fei ſeitdem bie Stabt,
ähnlich wie alle türkiſch gewordenen Städte Kleinaſiens, durch bie
Berwaltung der Hohen Pforte herabgevrüdt und verfunfen. Der
Bein ver kerafuntifhen Rebe, ver Kirſcheuſtadt, der hier
*22) Macd. Kinneir, Journey 1. c. p. 327. >) Fragmente aus dem
Orient, von I Ph. Ballmerayer. Stuttgart 1845. 8. Th. I.
5. 210-227.
838 Klein-Afen. 8.18,
wer dem angeſchenen Gafte geipendet wurde, war ein hellrocher
leichter, von angenehm jänerlichem Geſchmack. Die türkiſche Ge
graphie nennt den Ort Gürefin; Indſchidſchean*) Kirefun,
fie liege 3 Tage in Weft von Trapezunt und 4 Tage öftfich ven
Samſum, am Fuß eines Higeld zwiſchen zwei abflärzenden Felfe,
von benen ber dent von der See Anfonmenven rechts, aljo weiid
gelegene eine zerftörte Burg trägt, bie von den trapezuntifchen Kai
fern erbaut zu fein ſcheine. In der Stabt mit 1000 Hänfern habe
die Armenier darunter an 30 Häufer und eine aus bem fell
ansgehanene Kirche. Ueber viefer Liegt bie Burg; früher war fe
der Mutter Gottes heilig, wurde aber vor 100 Jahren von Ans
miern abgebrochen und bie neue errichtet, bie dem Sanct Saft
Sergins) geweiht wurde. Die Rhede ift nur für Kails (di. fein
Schiffe) ausreichend. Nahe dem Meere ift ein Teich, darin mer
dein Edelſtein Akik (d. i. Onye) dem von Jemen gleich finke,
anch Ainihur (Adat) und andere ähnliche Stein. Die Is
Hegend hat ſchöne Gärten und Weinberge. Der Handel von Ro
cafun?) mit ven Probucten der Umgegend ımb ihre Einfuhr ib
dieſen Platz nach dem Innern zu in das Land am oberen Iris
wu Schabb oder Scheban Kara Hiffer hatte fih von Zahr m
Dahr fehr gehoben; bei D. Blau's Beſuche gehörten zu ven &
porien vorzüglich Mais, Hanf, etwas Seide ımb Hafelnäffe, ir
Centner zu 5 bis 6 preuß. Thaler.
Bon Kirefün find 12 Stunden nah Aptar auf bem
Landwege. Um 2Uhr wurde die Stabt auf biefem Laudwege am
fer Hin verlafſen, der nad) ber erſten halben Stunde über ven
Baltema fun (richtiger Batlama bei Bfheſchkiau) führt, mb
Ser aus einem großen Walbthale hervorfließt. Eine Meile weit
um man zum Konalk des Agha von Rirefün, Suleiman Mehem
Med; ber Rüdblid von da auf das Vorgebirge ver Stadt war
hochſt maleriſch. Weiterhin wurde ein anderes Borgebivge, Aiwa⸗
fil Burun (Hagios Baſilios), paffirt, wo dieſelbe herrliche Wal
ſernerie fig geigte, in ben Nieverungen Reisfelder Ingen. ud
8 Stamden Wege wurde das Dorf Bulandſchyk (Bolandſchat bei
Bfheſchtian) erreicht, mo aber lein Nachtquartier zu finden wer;
dean bie Bauern waren alle, der Fieberluft zu entflichen, auf bie
Iailas gezogen. Selbſt bie einzelnen auf den Bergen liegenden
2”) Judſchloſchean, Nen⸗Armenlen, ans bem Amen Pu überf. v. Kies
pet. Mir. ©.400. 3) D. Blau, Mſer. 1i
Bon Aptar nah Ordu, Cotyora. 1.)
ehen waren verfaffen, man mußte alſo noch 2 Slünben weller
fehen, durch niedrige Sycoltor-Wätber (Ahorn?), die min hekappt
hatte, und auch andere Bäume, die ſich bis zur Ebene des Bazar
fu hinabzogen, welche bem größten Theil nach mit eingehegten und
berpallifabivten Maisädern bebedt ivar. Unter lieblichem Schat ⸗
ten bon Bäutnen, mit Bogelgefang beäleitet, erreichte man nad
13 Meilen von Pharnacia diefen ziemlich großen Küftenftuß, welcher
dem Pharmatenns bei Arrian (Peripl. Pont. Eusid. p. 17)
mb vem Bharmantus (Änonymi Deser. Ponti Eux. p. 12,
120 Stadien von Pharnacia) entfpriht; Baydar fu hafte ihn
Rinneir-irtig genannt. Da er feine Ufer nicht felten überſchwenimt
amd fle dann mit Sand und Geröll überſchüttet, fo werben fie nidht
bebaut, aber mit Platanen und Steomoren find bie Hügll nulher
auf das fchönfte bewachſen, und wurden von der Abenbfonne herrlich
erleuchtet. Bei einem Eaffechaufe, Aptar genannt, das mäh noch
am Abenb erreichte, wurbe bie Herberge genommen. Auf bet gan«
geh Küfte findet man zwifchen Trapezunt und bier am Strande bie
Köönflen Achate, Eatneole nnd andere edle Gefteine, die aus den
Trapp umd Mandelgeſteine der Uferberge ausgewaſchen hiekher ges
ſthwiunnt werden, wodurch Indſchidſcheans Nachricht beftke
figt toirb.
12. Juli. Bon Aptar nad Orb (Eotyora)). Früh
am 6 Uhr ding es dürch einen Heinen Süftenfluß, mehrere Melken
dm Meeresufer zwiſchen Reidfelvern und Pflanzungen von ſchwar⸗
zen Manlbeerbäumen vorüber, bie verſchieden don den Enröpäl«
fen im Ihmern ihrer Frucht weißliches Fleiſch haben. Das Lab
Wirrbe weniger bergig und beffer angebaut. Nach 2Y, Stmiben
Winde der Daurma ſu durchſchritten, ver einen ſehr fruchtbhrek
Boben burdfließt, ein ſchones Weideland voll deerden, in beſſen
fühlenven Sümpfen viele Büffel fich wälzten. Cine Stunde weiter
Are man zum Melet Irmak, wahrfcheinlih Melanthins (Bei
Kanönymi Peripl. Pont. Eux. p. 12), ber zur Zeit Zenobhons He
Vertitorieh ber Tibarener von denen der Mofynöeci treumte;
dann wifbe ein jtieiter Meinet ſich windender Miftenfluß durchſchrinen
ven dem nam die Geilerwerfftätte bei Orbu-gegen Mittäg erteilt.
Mirere Hiekte Boote, die man Scainpadias (vielleicht noch AM
Wort alid der Geittefeh Beit, dem das Beutfehe id Ehglifdie Wort
Slup, ein Davonfhlüpfer, eine Schaluppe, volllommen ent»
27) W. Hamilton, Res. 1. c. I. p. 266-208.
so Rlein-Afien, $.18.
ſpricht) nannte, die gewöhnlich von 12 bis 14 Matrofen bemenmt
werben und bem Agha gehörten, waren auf ben Strand gezogen.
Pferde waren nicht vorräthig, und bis zum 12 Stunden entferuten
Satfa fein Unterfommen. Daher mußte man ſchon hier verweilen |
Einige Meilen gegen Norden von Orbu liegt das alte zerftücte |
Caſtell Bozuf Kaleh; in der Hoffnung, hier einige Spuren ver |
alten Eotyora zu finden, wo Kenophon fid) mit feinen Kriegs
gefährten nach Heraclen einfcjiffte, wurde daſſelbe beſucht, das auf
einer Halbinfel erbaut ift, die ſich aus Säulenbafalten emperhest.
Es liegt an 9 Meilen fern von Cap Bona Burun (Bowe
dx@wryjpiov bei Anonym. Peripl. Pont. Eux. 32)%8), ift aber
entſchieden byzantiniſch oder türfifh. Cotyora, die nad) Kenopken
von Sinopern gegründet ward, aber ſchon zu Arriaus Zeit nm as
Heiner Fleclen genannt wird, lag wahrfceinlih an der Stelle ver
modernen Orbu, mo noch einige Nefte eines antifen, vielleicht
ihr angehörigen Hafens, im Felſen ausgehauen, fichtbar ſind.
Auch Strabo fagt, daß Cotyora nah Pharnacia über
gegangen fei (Strabo XU.548). Hamilton erhielt hier gute alte
Münzen von Pharnacia, Cabira, Neocäfaren, Amifus, Amaſtrit,
Beweis genug von dem frühen Verkehr am Orte. Jetzt fanden fih
daſelbſt nur 120 griechiſche und 100 armenifche Wohnhäufer (mac
Bſheſchlian ift dieſe Anfievlung in ziemlich neuer Zeit durch den voruch-
men Armenier Mahdes Avedick von Trapezunt hier angelegt); die
Türken wohnten insgejammt an vielen Theilen dieſer Geftade in
zerſtreuten einzelnen Hütten und Häufern an und auf dem Bergen,
wo fie ihren Grundbeſitz Hatten, eben ſo wie zu Zenophons
Zeiten bie dort wohnenben Völfer der Moſſhnöken, bie von ihren
Solzthürmen, uöovvos, in denen fie wohnten, durch bie Griechen
dieſen Namen erhielten (Apollodor. Argon. II. 379). Desgleicen
vie Tibarener, barbariſch und ftreitfüchtig genannt, weil fie den
bewaffneten Sremblingen Yen Durchgaug duch ihre Derrichaften
vertvehrten, indem fie ihre ſouveränen Rechte bis in die neuefte tür-
liſche Periode eben jo hartnädig zu vertheivigen fuchten, wie im
jenen früßeften Zeiten, als Xenophon mit feinen. 10,000 Bin»
durchzog (Xenoph. Anabas. V. 4und5u.f.). Damals ma-
ven fie den Sinopern als Gründern von Cotyora tributpflichtig.
Die Holzhütten ſah auch heute noch Kinneir oft wie Thürme anf
33%) C. Müller, Geogr. Gr. Min. I. p. 469, unb Arriani Peripl, Pont. Bas.
23. p- 390.
Die Mofipnöfen; Jaſun; Cap Jaſonium. 841
ven Hügeln aus ven Laubdach ber Baumkronen, von denen ſie um⸗
geben ſind, hervorragen, und bie Lebensweiſe ver heutigen Bewohner
mag bon ber ber antilen Bewohner, welche vie Griedyen mit dem
Namen ver Barbaren belegten, nur wenig verjchieven fein’). Von
den Sitten diefer Mofiynölen wie der Chalyber und anderer ältefter
pontifcher Küftenvölfer hat ſchen Mannert nad Angabe ver alten
Berichte vollftändige Auskunft gegeben. .
13. Juli. Um das Jaſun Burun, weldes feinen’ antie
. Ten Namen Iafonium bis heute erhalten hat, zu beſuchen,
nahm Hamilton®) ein dem Osman Paſcha gehöriges Küſtenſchiff,
eine Scampavia oder Schaluppe, um zu Waſſer nach Fatſa zu ger
ben, wohin bie Ueberfahrt 100 Piaſter foften ſollte. Der Landweg
dahin war in 12 Stunden Zeit zurüdzulegen.
Diefen Landweg hatte M. Kinneir*!) von Wet her von
den Ruinen bes alten Sive over Polemonium kommend, gegen ben
Dften über das Waldgebirge, weldes die Territorien ber alten
Chalyber im Wet von denen der Zibarener im Dften trennte
(f. Xenoph. VI. 2.1 und oben ©. 44), welches in ven beiven Bor- -
gebirgen Jaſun und Bona weit gegen Nord vorfpringt, jurüd-
gelegt. Bon ihm hatte fich bei ganz heiterm Himmel eine prachtvolle
Ausfiht vom Cap am Thermodonfluffe bis zum Cap Kirefün
eröffuet. Der Seeipiegel gegen Nord glich ihm einer ungeheuer
weit außgebreiteten, durchſichtigen Glasfläche, landein fliegen gewal«:
tige, ſtarr auffteigende Gebirgsmaſſen voll tiefer Thaleinſchnitte
empor, bie näcjften Umgebungen waren mit lieblichen Kirſchwaldum ⸗
gen, Heinen Holzhütten, Wiefengründen, Obftgärten und Blumen-
gefilen überzogen. Die Buhenbäume ober vielleiht die Ka—
ftanien (beech, lann beides bezeichnen) übertrafen hier an Wuchs
vie Pracht aller andern Bäume, und bie Natım zeigte fid ben
Reiſenden hier in ihrer granbiofeften und herrlichſten Entfaltung.
Fünf Meilen over 2 Stimben von Berjhembeh, in N.W. von
Drbn gelegen, jagt Kinneir, liegen die Ruinen einer alten Stabt
bei dem Dorfe Safın. ı
Hamilton ſchiffte fi anf feiner Schaluppe‘ in Orbu ein
und fam nad) ber erften halben Stunde an dem Hleineren fort bes
Bozuk Kaleh vorüber, jenfeit welchem ſich die Küfte etwas weſtlich
3%) J. A. Cramer, Asia Minor 1. c. I. p.278 u.a. O.
d. Gr. u. X. VI. 2. Rleinafien. ©..418— 434.
Research. 1. c. I. p.268— 271. 9
p. 322.
; 8. Manuert, Geogt.
*°) W. Hamilton,
‚cd. Kinneir, Journey 1. c.
843 Kleln⸗Afien. $ 18.
zur Bat vom Perfchentbeh Hinüberzieht, an bereit Straub und uk
digen Ufern nur einzelne türkiſche Hütten zerſtreut lagen. Gamil-
ton fanb es nicht unpaffend, wenn einige Wutoren, wie Rennell,
bie alte Eotyora ftatt nach Ordu im biefe Bucht von Perfhembch
glaubten verlegen zu müſſen, vie allerdings beffer als bie von Orte
geihäßt Liege, wie aud bie Diftanz, weiche Arrian auf 60 Sh-
bien fern von Melanthius für dieſelbe angegeben, beffer ftimine;
aber auch Hier find feine antilen Mefte zur Beſtätigung hiefüt ar
gefunden.
Weiter gegen N.W. war ber Hafen Bona Liman ber Tärlet,
im Süben das Bona Burun ober. Cap Barun (Geneinekie
Prom. bei Steph. Byz., T’erızeng Auımv xAsıorös, Seyl. Peripl. 8)
der befte Winterhafen vieffeit Eonftantinopel, ver felbft vem ven
Sinope vorzuziehen fein foll, weil er größere Waſſertiefe darbieti
Am Ufer um 9 Uhr gelandet, betrat man eitt natürliches Pc
von Bafaltfänlen, das gegen das Meer ſich fenkte, und paffirk
dann an einem Meinen ort, auf einer vorfpringenden Bafalttfihr
liegend, vorüber, von dem bie Türken id; brüfteten, einmal em
rufſiſchen vorüberſegelnden Schiffe das Bugfpriet abgefcheflei p
haben. Weiter gerubert wurde bald das Borna Burun ſelbſt, du
auch Sham Burun, d. i. Feuercap, heißt, boublirt und dä
Cours bei Oftwind gegen N.B. genommen. Die Weſtſeite Befkk
ben iſt fteil, bewalbet und gänzlich) unbewohnt; mähe dabei fiegt &h
Reines Infelhen mit einer Caſtellruine, Hoirat Kaleh Adaſſi
(EhoriatsKalefft ſchreibt Bſheſchtian) genannt, die Infel ber Fir
liten (Anonym. Peripl. Pont. Eux. 11), bie Bißher ten neucita
Geographen unbefannt geblieben ivar. Ihr 15 Stäbien gegen RE.
lag Jaſonium Promontorium der Alten, das zweite gie
Horn der bort vorfpringenden Gebirgäfette, der Jafun Bitnn,
auf deſſen Mippen Hamiltons Fahrzeug faſt Schiffbruch geltiek
Hätte. Auf das Land geftiegen gab bie Beobachtung ver Meriktun
Böhe 41° 7° 30" N.Br. Alte Ruinen fanden fich micht; nm eig
Trümmer von einer alten Kirche und einigen Nebenbauten, weite
die Schiffer Mänaftyr, das Klofter, nannten. O. Blau rühnte
beim Vorüberfahren an der Küfte der Mündung 526 Balamaflufft
(Bolemonium) und bes Jaſun Burun bie ſchöne muleriſche Cr
pirung ber dortigen Berge längs ber mannichfaltig gemumbenen
Küftenlinies Oefter wieberholt fid; eine Formiatioi, die ſqhon bi
Sinope beginnt, vorſpringende Halbinfeln mit ſchmalen Mint
and in ſteilabfallenden Nafen von beträchtlicher Höhe eubeud, dem
Sivene, Polemonium, Pulemon; Balama. 848
ach Kerafunt liezt mie Sinope als Sattel auf einem fotcen
ſthmus.
Ieufeit des Vorgebirges ſchien die Küfte hie und da gut bebaut
zu fein, die Thäfer waren dicht bewaldet; man fchiffte daran vor⸗
Aber und Iandete um halb 3 Uhr bei einem Heinen Fort, nahe dem
Kemat des Agha von Fatſa (Bhatifane). Dieſes Dorf Hatte mu
40 Häufer; hier wurbe ein großes Kriegsfäiff von Osman Paſcha
ft den Groffultan gebt, wobei aber Griechen und Türken zum
Ftohndienſt geywungen wurden, an 300 Mann, gegen bie farge
Zahlang von 6 Para (3 Pfennig) für den Tag, das Landvolk aber
genöthigt war, ohne alle Zahlung das Zimmerholz im Walde
zu füllen,
Die Müundung 88 Pulemon Thai, jetzt auch Balama
genannt, durch ven Verein zweier Flüſſe aus verſchiedenen Thälern
gebildet, Liegt etwa 1’, Meilen in Oft von Fatſa; er hie vor⸗
dei Sidenus, und nahe feiner Mündung fland die Stabt Pole»
moninm. - Die Ruinen einer octogonen Kirche, dem heil. Conſtan ⸗
timus geweiht, und bie Mefte einer maffiven Mauer davon in Sliden
brezeichnen vefien frühere Lage, obwol das Heine Dörfchen Puleman
anf ber aitberen Seite des Fluſſes etwas gegen Oft liegt. Der
Name der Stadt kam erft von ihrem Stifter Bolemen, dem
Entel Mithridates M., Sohn Pharnaces und letztem König in
Vontus, her, den unter: ben ältern Autoren ſelbſt Strabo, bem
doch diefer vagabundirende Abenteurer, ver bei ven Asburginen
feinen Ton fand (Strabo XI. 485), nicht unbekannt geblieben war,
hier nicht erwähnt, fonvern Plinius zum erſten Male nannte
(EU. N. VI. 4. Wer aus Plinins erfahren wir, daß and) zuvor
ein Ort Sidene mb ein Sivenos- Fluß -vorhanden wir, ber
hier die Stadt Polemonium beipülte. Diefe Sidene kannte
Strabso allerdings als eine beglückte Landſchaft, die nur nicht fo
reichlich beiäffert war wie die weftwärts liegende Themifchra; aber
fie Hatte gute befeftigte Hafenorte am Meere, von benen er bie
Staãdte Side, nach ver die Landſchaft ihren Namen führte, nennt,
fo wie Chabaca und Phauda, die und unbelannt geblieben
(Strabo X. 548). Mannert’) hatte daher ganz richtig bie
Hoeutität beider Orte Sive und Polemonium, und letzteren Ras
men nur als eine Mfnrpation des frühern angefejen. Biekeicht, bafı
der Ort erft vom ber überlebenven Witwe dem Andenten hres an»
ir) etauert, Berge: bi @r. 8. 0. U 6.480.
844 Klein-Mfien, 4. 18.
glädlich ermordeten Gemahls geweiht wurde. Polemonium tom
nie zu beveutgnder Blüthe, obwol unter Kaifer Nero bie pontiſche
Provinz von diefer Stabt den Namen Pontus Bolemoniacus
erhalten hatte, blieb doch Neocäſarea am Lycusfluß die Capitale
biefer Eparchie (Hierocl. Synecd. b. Wessel. p. 702). Etwas weh-
lich vom Hafenorte Polemoniuni, ben auch Steph. Byz. neunt,
lag das Caſtell Phatifane (wahrſcheinlich bei Strabo verkürzt in
Phauda), Phadiſana Eaftellum bei Arrian. Peripl. P. Eux. 16,
oder Phapiffa bei Anonym. P. Eux. 10, woraus dann fpäter
Fatſa, Batiza oder Fadida ber pontiſchen Karte des Mitte
alters (Wathadza bei ven Armeniern, nah Bſheſchkian, ver
bier aud von einer- heißen Duelle fpricht) entſtehen Tome
Daß diefe heutige Fatſa ber Hafenort, bie Verlehrs Scala
ver Ausfuhr, von der 18 beſchwerliche Wegſtunden Ianbein- gel
genen Nikſar (Meochfaren am yes) bis heute geblieben, em
giebt fich wol daraus, daß bie Königin Wittwe des Polemon, By-
thodoris, ihre Reſidenz (Strabo XII. 555557) zu Neocäfaree
{jegt Nikfar) behielt, wodurch ber fpätere Verlehr biefe Richt
durch ven Bontus Polemoniacus nehmen konnte, wovon ſchon oben
bei Nitſar die Nadweifung gegeben ift (f. oben ©. 226). Dielen
Beg von Fatfa nad Nikfar hat v. Tſchichatſcheff auf feimer
Karte von Kleinafien über ven mittleren Lauf des Thermodon zwar
eingezeichnet, aber nur nach einer noch nicht beſchriebenen Ronte des
Capitãns Lwoff.
Ein paar Stunden in Oft von Fatſa liegt eine Ruine Haj ar kbei
Bfheſchtian Aja)Raleh, bei dem Konak bes Ali Bey, die Hamilton
in Hoffnung einer amtifen Localität befuchte, ehe ex feinen Weg weiter
“gegen Weft fortfegte; er fand hier aber nur auf vem felfigen Borſprunge
an einem Heinen Hafen ein Genuefen-Gaftell, hinter dem fi Walb-
berge erhoben. Doc; erfuhr er fpäter in Sinope, daß in eimen
nahen Waldthale ſich dennoch daſelbſt Ruinen vorfinden follten.
Auch fand er auf dem Rückwege nach Fatfa, an ver Seite eines
Berges, viele eingehauene Felsniſchen und ein Grabmal, das feiner
Eonfteuction nach anderen zu Suleimanly gejehenen ähnlich war.
Seit der Doublirung des Cap Jaſo nium weſtwärts über
viefes Hajar Kaleh nady Fatfa war er in das Land ber alter
Chalyber eingetreten und erkundigte ſich ſehr begierig mach ben
Eifenminen, welche viejes Küftengebiet einft fo berühmt gemacht.
Noch Konnte er hier feine Nachricht darüber erhalten, aber er ward
uberraſcht durch bie völlig veränderte geolog iſche Beſchaffenbeit
Von Fatſa (Phatiſana) nach ünieh (Denoe). 845
dieſes Ländergebietes. Die vulcanifchen oder plutoniſchen
Trappformationen, welche die ganze Strede von Trapezunt bis
zum Gap vorgeherrſcht hatten, waren hier gänzlich verſchwunden und
hatten in ben Bergen von Hajar Kaleh ven weißen Kreibe-
und Ralfftein- Formationen Play gemacht, mit Zwiſchenlagern
eines weichen, fanbigen Kalfgebilves, das gegen Weit unter einem
Winlel von 20° Einfall hatte. J
14. Juli. Bon Fatſa nad Ünieh (6 Stunden Wegs)*).
An einem Meinen Fort vorüber wurde ver nahe Fluß Elektſchi fu
durchritten und am Fuße vom Walbberge mit Birnen-, Aepfel⸗,
Pflaumen», Mispel- und anderen wilven Obftbänmen bald ein
zweiter Küftenfluß in einer niederen Waldebene, mit Azaleen und
Rhobodenbren überwuchert, durchſetzt, bis man wieder das Meeres-
ufer erreichte, wo mande ſchöͤne Kiefel von Jaspis und Achaten
änzufammeln waren. Weiterhin beftanden die nieveren Klippen aus
jenen alternivenden Schihten von weißem und rothem Kalt-
Kein, die auch bie Formationen zu Hajar Kaleh überlagern, und
erſt über dieſen liegt ein Alluvialbett von ZTrünmmerblöden. Diefe
ippen werben durch eine Ebene unterbrochen, welche ver Dichemiz«
Deresfu (d. i. Nußthal -Waſſer) durchfließt. Unfern von ihm wurde
ein weißer Kallſtein gebrochen und zu Kalf gebrannt; von einem
lehrreichen Profil der dortigen Schichten gab Hamilton eine
Stizze (Nr. 9). Der rothe und weiße Kalfftein wird von einem
Mergelconglomerat vol fcharfediger Jaspis - Fragmente überlagert,
und bietet bie ſchönſten edlen Gefteine von Jaspis, Adat,
Onyr ımb anderen dar, deren Fundort hier in fehr großen
Stüden ſich zeigt und hie Schaglammer eines Mithridat mit den
unzähligen toftbaren Gemmen, Bafen, Geſchirren, Schmudſachen aller
Art fühlen konnte, die Pompejus in deſſen Schlöffern, zumal in ver
Burg Talaura*) erbeutete und im Triumphe zu Rom dem Ju⸗
piter Capitolinus weihen konnte.
Nach 2 Uhr erreichte W. Hamilton die weite und fehr
reihe Ebene, die von einem andern gleichnamigen Dſchewiz⸗
Dere-fu-Fluffe bewäflert wird, der jenfeit feiner Furt nad) ein-
ſtündigem Wege am Meeresufer hin zur Stabt Ünich geleitet.
Diefen zog Hamilton als den beveutenveren vor, ihn für den alten
37) W. Hamilton, Researches etc. 1. c. 1. p. 271. “) W. Hamilton
1. &. p. 272. *°) Appianus de Bell. Mithrid. ed. Toll. Amstelod.
1670. 251, 252. p. 416.
846 Klein-Afen, "1.
Phigamus (Anonymi Peripl. ont. Ruxip. p. 11)
Näher gegen Ünich fah man am Meeredufer viele roihe
Lallſteintafeln ausgelegt, die als Pflaſterſteine für die
zu Leraſun beftimmt, bier zur Uusfuhe bereit lagen.
erreichte man den Ünieh fu (Oenius, Aupoyani Peripl.
p- 11) und z0g über eine Holzbrüde hinüber zu dem Schi
unter Platanen und Sycomoren, wo Seilereim für bie ⸗
waren md für Osman VPoſcha einige Handeloſchiffe zu Kanfkahetr-
fahrten für das Schwarze Meer auf ver Werkſtatt lagen. Der 9er
nat des Paſcha mar auf Mauern von fehr hohem Alter abo; |
dann lam man durch die Ufergafle von Häufern auf Bfeilern ſichen
au defen Zeit (m Yafeng d. Yu) mad cin Bald in mem
|
|
Türken nicht weniger als 800 griechiſche und 840 armeriſche de
milien zu Bewohnern.
Schon Mach. Linneir"”) war die Bauart im Orte, weh
vom Holzhäufern auf Steinpfeilern errichtet, aufgefallen; fe |
diente bazu, vie Schiffe auf Das trodene Band unter vie Häuſer m
Sicherheit gegen die Witterung zu ziehen. Die Eimwohner lebter
in Wohlſtand, durch ſtarken Verlehr mit ven gegenüberliegeuden
Handeloläbten Conftantinopel und deodoſia auf der Yrimm. Pe
Stabt gehörten viele Schiffe, die jedoch nicht über 200 Toumes |
hielten, aber am Orte gebaut unb von Griechen bedient wurden
Die Ausfuhr befteht, nad Kinneir, aus Baumwollzengen vos
Tolat und Diarbefir, aus Früchten und Wein; vie Einfuhr aus
Caffee, Zuder und enropäifchen Fabrilaten, die über Conftantinepel
Tommen. Ale Moſcheen find hier nur Hein, bie Griechen haben &,
bie Armeunier eine Kirche, auch ift hier ein gutes Aflentliches Bar
und ein großer Chan.
Nah Fallmerayer“s) folen Tripoli, Kerafunt m
Unieh vie 3 Hauptftapelorte des Seidenhandels an ber pontifcen
Küfte Kleinaſiens fein, und auf dem Bazar zu Ünich fol ve
größte Umfah dieſes Probuftes flattfinden; der Vertauf ift abe
Monopol des Landeöhern, wie ver des Tabaks. Kürzlich, in
dieſem Jahr 1857, hat D. Blau) ven Hafen von Ünich befacdk,
n
m
f
J
Minas Sſheſchlian, Beſchreibung des Rantas, ©. 31, nad Me |
perte Mier.sUcberfegung. *”) NM. Kinneir, Journ. 1. c. p. 317—320.
#4) Gragm. aus dem Drient. 16.280. °*) D. Blau, Mfr. 1857.
Der Hafenort von ünieb; Oenos. 844
er mar 19 Meilen BRUC von Samfun liegt und ein fehr befichter
Jufcathalt angtolifger Großen ift, da er vorzüglich wegen feiner
Leſundheit gerühmmt wird; auch Hatte ver berüchtigte trapezuntiſche
Haman Paſcha hier feinen Sommerpallaft, der jest aber ſchon wie»
des in Ruinen liegt, von Epheu umrankt and wilden Weinreben
iberwuchert. Das Stãdichen mit 6000 Einwohnern, zur kleineren
Hälfte Griechen, Kiegt ganz in Gärten und Bäumen verftedt, mit
Ausnahme des ärmlichen Raja-Quartiers. Vom Borgebirge Ai
Nicolg ziehen fih die etwa 2000 Häufer bis tief in die Bucht hin«
ein Ein fhöner Wald umzieht vie ganze breite Bucht und Liefert
an geſuchtes Schiffsbaumaterial. Auf ven Werften von Ünieh wer-
dan jährlich 15 bis 20 Handelsbriggs gebaut. Ein neuerdings au ⸗
gelegtes Strandfort im S. O. der Bucht beherrſcht die Rhede. Unter
den Gegeuftänpen der Hauptausfuhr von hier nad) Conſtantinopel
find vor allem nächſt Holz die fogenannten Maltafteine zu nen-
nen, bie, bier gebrochen, zu Geſimſen, liefen, Getäfel u.a. behauen
werden. Die ältere Kirche ver Griechen, Ai Nicola, ftammt aus ,
bzantinifer Zeit und wurde zulegt im Jahre 1629 veftaurirt;
fie iſz fo berühmt, daß fle faft jährlich duch Gefhente aus Athen
ſowohl gls aud Rußland bereichert wird; eine neuere ſehr geihmad-
990, aufgeführte Kirche Heißt U. Panagia. Das Griechiſche, welches
dig Bewohner fprechen, Hang, fagt O. Blau, feinem an das Na
griechiſche von Eonftantinopel ſowol als das der Infeln des Archipel
gewöhnten Ohr fo rauh und fremd, daß er vieles nicht verftanb,
Ueberbem ſprechen bie Bewohner von ünieh meift türkiſch unter
einquder.
Hamiltons erſte Nachfrage in Ünieh, dem antilen Oenos,
einſt nur vom geringer Bedeutung, war nach ven Demir Ma’a-
den, ben Eifenminen, durch melde das Land ver Chalyber
anf fo berühmt war. Uber Niemand konnte darüber Auskuuft
geben. Eine Stunde Ianbein auf dem Gipfel hoher Felſen follte ein
Caſteſl mit Freppenfluchten und Bãdern liegen, von dem viel wun-
jared don verborgenen Schägen gefabelt wurde. Im Thale des
Iniehfluffes durch reihe Korn» und Flachsfelder, deren Ertrag
als Tribut nad Conflantinopel geliefert werben muß, und banız
durch herrliche Wälder wurde das Caſtell nad) einem Spaziergange
dom 1% Stunden erreicht. Es liegt auf einem faft ſenkrecht fh
erhebenden Fels an 500 Fuß hoch, von tiefen Schluchten und Walde
einfamteiten umgeben. Gegen Süd ftößt es an eine Landzunge, auf
welcher das Heine türliſche Dörfhen Kaleh Kidi erbaut ift. Ueber
848 Nlein Men. 58.
demſelben fteigt ber Fels nod 200 Fuß Höher jenkreiht empor mh
zeigt einen vierfäuligen Tempel, der halbwegs aufwärts im die glatte
Felswand eingehanen if. Durch ihn führt eine Oeffnung im em
Heine Höhle, die einft von einem Einſiedler bemohmt geweſen fin
fol, jett aber unzugänglich geworben, va feine Leiter hinauffühe
und vie früheren Felsſtufen vermittert find. An den Tempeljänie
ſollten Schilvereien, wol byzantiniſche Heiligenbilver, fein. De
obere Feld war fo fteil umd abgerundet, daß man feinen Hinaufes
finden konnte, doch bemerkte man nahe dem Gipfel einen Zeiten
gang, ber in das Innere des Felſen hinabführen follte, aber mit
Steinen und Waſſer gefüllt war. Er ſcheint einft den Eingang m
diefe Felsburg gebildet zu haben. Ale Berfuche, jet in ik I
neres zu gelangen, waren jedoch vergeblich. Auch Bſheſchliea
erwähnt ſchon dieſe Oertlichkeit als ein angeblich genueſiſches, mt
vierfacher Mauer umſchloſſenes Caſtell mit 8 Felsciſternen.
Im der Hoffnung getäuſcht, hier ein beachtungewerthes Denim
zu finden, wurde ber Rückweg zur Stabt angetreten, als ſich in
Walde zn nicht geringer Ueberraſchung 3 oder 4 ſchwarze Hätte
zeigten, die bei näherer Befihtigung, Kamine fidero gen,
Eifenfhmieven waren. Nun erft ergab es fi, daß bie benah
barten Berge voll folder Eifenwerfe waren; nur waren jegt fe
Arbeiter darin, wie einft zur Zeit der Chalyber, nach ben alm
Dichtern, davon hier ganze Völferfchaften faßen, die dieſen Roma
führten (ſ. oben ©. 99). Woher das Eifenerz komme, weie
Niemand zu fagen.
Auf dem Heimwege traf man auf eine merhvürbige Grett,
durch die ein Strom alten Waſſers floh, das aus dem genaue
Caſtell herfommen follte. Hamilton konnte darin nur einen
lichen Waflerftollen erkennen, ver zum einftigen Bergmwerte geht
haben’ mochte. Nun am ber Führer, der zuvor nichts von De
tallen wiffen wollte, in Fluß ber Rebe, und nach ihm war alt
vol von Eifenerzen. Die Irrthilmer, welche Hamilton äte
die Lage von Caenon Ehorion, wofär er das Eaftell hielt, und da
Namen de Ortes Oenos beibrachte, find fhon von Kiepert br
tichtigt?®W) worden. >
15. Iuli. Aufenthalt in Ünieh (Denoe)s), Zwi
Stunden weit gegen S. S. O. der Städt, erfuhr der Reiſende, feltt
5°) Kiepert bei Hamilton, Deutihe Ueberſ. I. 258. S. 508, Ret.
*) W, Hamilton, Research, 1. c. I. p. 275—280.
Die eiſenreiche Mäfte der Chalyber. 640
es Eifengruben geben. Pferd und Führer geleiteten ihn durch
ein Felſenthal aus Kallſtein zur Berghöhe, wo viele ſchwarze Zelte
von Turlomanen und Kurven flanden, veren viele Bewohner in ber -
Nähe haufen follten. Ein Weib zeigte den Weg durch ein bides
Waldgebüſch zu einer rohen Schmiede und Hütte aus Baumzweigen. B
Zwei Männer breiteten Teppiche aus und Inden zum Sigen ein.
Auf den Wunſch, von ifmen zu erfahren, wo bie Eifengruben
lägen, antworteten fie, es gebe feine, aber Eifenerz finde man
überall. Sie fragten auf der Stelle nur weniges die Erde auf und
fanden fogleih einen Eifenerzinollen. Im biefer Art fcheint
alles Erz daſelbſt vorzufommen. Der Boden ift ein bunfelgelber
Thon over Lehm (clay), der 2 bis 3 Fuß mächtig den Kalkfels
überlagert und tiefer auch in feine Löcher binabfinkt. Das Erz iſt
nur arm, die Schmelzer, glei ven alten Chafybern, mögen ein
ziemlich, hartes und mühfames Leben führen. Sie find alle zugleid,
Kohlendbrenner, zu ihrem eigenem Gebraud. Iſt eine Gegend
an Hol und Erz erſchöpft, fo ſchlagen fie ihre Hütten von Baum
zweigen an einer anderen Stelle auf. «
So ift das primitive metallurgifche Leben dieſer heu⸗
tigen Berg- und Walbbewohner ver Turkomanen und Kurden,
wie es nach Ausfage der Alten auch bei den einfligen Chalybern
gewiß fehr ähnlicher Urt in den früheften renophont iſchen und
argonautifhen Zeiten gewefen, vie Apollon. Rhodius Argon.
II. 1002—1010 und Andere fo frappant beſchrieben. Auch Virgil
(Georg. 1.58) fprict von den nadten Chalybern, bie ihr Eifen
ſchiden, und Strabo (XII. 549) von den dicht an das Meer gren-
zenden Bergen ver Chalyber (zu feiner "Zeit Chalbäer genannt),
die früher an Silber, zu feiner Zeit aber an Eifen reich mas
ten (Dionys. Perieg. 768-859 unb Eustath. Comment. u. A.);
dennoch wurden fie für eine blos poetiſche Fiction der Jlias und
der Argonautenfänger, gehalten, bis fie in ihrer vem hohen Alter⸗
thum auf das merfwürbigfte entſprechenden Eriftenz in der Gegen
wart von bem trefflichen Beobachter nachgewieſen werben konnten.
Nach feiner näheren Erkundigung ift das Vorkommen des Eifens
und fein Gewinn durch den voheften Menſchenſchlag noch heute fo
wie bamals, eben jo mühfam, eben fo einfaches Gewerbe und das
Product eben fo vorzüglicher Art, wol werth, daß der Cha-
1958, ver Stahl, davon feinen Namen erhalten konnte. Das Erz
wird im einer gemeinfamen Schmiede gefchmolzen, darin 180 Den
des rohen Erzes 3 Batman (ein perſiſches Maaß von 36 Pfund,
Ritter Cutuube xvui. 5%
850 Alein ⸗Aſten. $18.
f. Ext. X. 868; XI. 17, 820 u. a.) ober Metall geben, tum
jeder 6 Ofen ober 13%, Pfund wiegt, wozu 300 Oten Helyihlen
nothwendig find umd doch nur 10 Procent Gewiun geben Des
Gehläfe muß 24 Stunden unterhalten, dabei das Erz immer un
ruhrt und won feinen Schaden befreit werben, worauf das gehdmk-
gene Eifen ſich auf dem Boden zuſammenfindet. “Rad der Brk,
die Hamilton fah, ſchien es vom guter Qualität zu fein Pete
machte ver Mangel eines Dolmetſchers bie genamere Erfuubigm |
miäht möglich; alles Eifen wird nad) Conſiautinopel geiht |
wo es vom Gouvernement ſehr geſucht iſt.
Auf dem Rüdwege nach Ünieh paffirte man noch an mem |
Eifenfhmelzen vorüber, bie ausgebrannt und beren Boden mit
Aſche bededt war. Bei einem zweiten Verſuche, das fon file
‚befuchte Eaftell zu erfteigen, wellte dieß ohne Stride darchans wi
gelingen. Dos fand ſig 0 Fuß unter dem Gipfel nech eine piz
jnbterrane Treppenflucht, vie fehr forgfältig in Felſen ae
grofie Tiefe ımter einem Winkel von 45° hinabſtieg, doch um
reichung zu ſteil war und voll Trümmer lag.
\ Der 16. Inli führte in 10 Stunden Weges 32) von tie
Ünieh wehwärt® über Termeh am Thermodon- Fluſe md
Liäeharfgembeh, in das vom una ſchon In obigem (SR) |
durchwanderte Gebiet des unteren Jeſchil Irmak ober drik
Rroms: Ünieh hat keine Ueberreſte einer helleniſchen Borat ud
äutweifen, weder Schlar, Strabo, noch Plinine neuen fü, ch
Arrian (Peripl. Pont. Eux. 16) führt fie als Stadt, mm
Verſaſſer des anonymen Periplus ald Hafenort uf (pi)
nennt auch ganz richtig bas bei ihm vßrüberflichende Luftenſichaa
Denve, weides von bem bflliere Phigamns verſchieden i
Ext in den Dygamtiner Zeiten wir ber- Det Bebentenber mub ur |
vem Namen Denaenm öfter von den Autoren genamut, weil,
wie manche ver andern pontiſchen Hafenftäbte, durch Die Ucherfük
der Berfer ven oſtrbmiſchen Kaiſern entriffen, wen ihnen buch age
Erpevitionen wieder zurliderobert werden mußte (Joann. Canssi
histor. L. IV. 176 u. VII. p. 293 ed. A. Meineke. Bona. 18%)
And) ivird das weinre iche Oen acum genammt, umb biak IE
Ort ımter den Comnenen zu einem Erile (Nicet. Ann. p. 2%,
14. p. 463, 8, 2; 849, 16 ed. Im. Bekkeri. Bonn. 1835), we Hr.
droniene%), der nechmalige Kaifes (jeit 1189—1186), der KR
37) W. Hamilton, Research. I. c. I. p.279—280. °°) I. A mas,
Asia Minor 1. c. I. p. 272. Gefhiäte bes Katferttumd Is
yezunt, von Sallınerayer. Münden 1827. 4. ©. 22, 31.
Der Tureh, Thoatris bis zum Thermodon. 851’
dee Comnenen, feine Verbannung erbulbete. Durch bie ktummen
Gafien des Ortes Aberſteigt man das Vorgebirge, auf dem bie
Stadt erbaut tft, and gelangt beim Hinabwege zum Ufer am veffen
Weftfpige, wo bie Ruine einer griechifchen Kirche auf einem Meiner
Selen im Meere liegt. Der Uferweg giebt ein gutes Profil ver
untern Kreide» und Sandfleinlager, bie mit blauem und
gelbem Mergel aberdeit finb, welche gegen N. W. abfallen. Diefe
Ueberlagerumgen alterniven mit ven Sanpdſchichten, welche weiterhin
mädjtiger werben, bis bie ganze Maffe vorherrſchend eine fanbige
Krb, welche ber Folge von Flußanſchwemmungen und ihren Niever-
ſalagen ihr Entftehen zu verdanken ſcheint. Die einzigen Feſſile
mein waren große Auſterſchaalen im Sandlager, darüber ſich
wieber eine machtige Schicht aus Diluvialboden von gelbem Lehm
mer Thon (Clay) und Ries ausbreitet, welcher identiſch mit dem
erſchien, in welchem die Eifenerze vorlommen. ine gute Stunde
weftwärts Ünieh waren diefe Schichten im höchſten Grade, offenbar
durch oulcanifhe Einwirkung, durch einander gewunden und
verbreht, ba die obere Rage viele edige Blöde von porphhrartigen
Trapp· und andern plutonifcen Bildungen enthielt.
Keine volle 2 Stunden von ünich wurde ein großer Küſtenfluß,
ver Tureh Tſchai, durchſchritten, der gut bebante Ebenen, mit
einem großen Deltaboben an feiner Mündung, bemäffert; aud er
zeigt berenfdjend, wie fo viele ambre ocalitäten bes pontifchen
Seftabes, noch die Erhaltung der antifen Namen, indem
von ihnen nah Yahrtaufenden der Barbarei doch noch immer -
Anklänge ihrer früheren Benennungen vorherrſchend geblieben
fürn, wie hier der Tureh, der fein amberer als ber deut⸗
lid) wieber zu erfennende Thoaris bei Arriam ift, welcher nad)
ihm 30 Stadien von Denoe entfernt liegt (Arrian. Peripl. Pont.
Eux. p. 16), Bon ihm weitmärts treten bie bis dahin das Pontus-
geftabe ganz dicht begleitenden Uferfetten ver Gebirge immer
mehr und mehr zurlid und machen ber welten fruchtbaren, aber faft
unbenugt liegenden Ebene ber alten Themischra Platz, in welcher
Mbox nur noch daß lehte kurze Käftenflüßchen, der Melitſch⸗tſchai
Betis ver Alten) feinen Lauf nimmt, che ver fo gefeierte Ther⸗
Mmodon, der Strom von Themischra im Lande ber Amazo-
nen, fein Wafler zum Pontus ergiefit.
Diefes fernere Gebiet ift und aus dem Obigen jevod ſchon fo
hinreichend bekannt, daß wir gegenwärtig zu bem äuferften Often
der Küftenfirede, nad ver Stabt Erupezuttt, jur Vollendung ver
Bu 5442
852 allein⸗Aflen. N
Berichterftattung über die pontifchen Geſtadelandſchaften zurädtchren
bärfen. Nur eine weniger beſuchte Strede, die wir früher mm cn |
Mal von Jaubert beſucht fahen (ſ. oben ©.438, 693), vie Küſte
von Kumdſchaz (richtiger Kumdſchughaz) und ihre Wucht (Rum
dſchi Fan ber türkiſchen Seekarte), bie ihren Namen dem fanbige
Ufer verbanft, das hier faft einen Winkel bildet, haben wir md
zu erwähnen, weil fle in diefem Jahre (1857) einmal wieder beſeht
worben und mit in den Fortſchritt des pontifchen Geftabelehens ee
getreten iſt, ba fle zuvor faft unbeſucht blieb. Ihr Uferſtrich, fat |
Blau, ift mit dichtem kurzem Buſchwerk, weiterhin weſtlich mit
Hochwald bedeckt. Einige Hütten aus Holz und Rohrſchilf bie
ben Wächtern zum Aufenthalt, welche bier die nicht umbebeutenen
Ouantitäten Tabat einzufhiffen haben, melde von bier m
Stambul ausgeführt werben. Die Dampfſchiffe legen daher hier
une zur Zeit ver Tabalserporte auf beſondere Benachrichtigung ve
Agentur von Samfun an.
819.
Einundzwanzigſtes Eapitel,
Trapezus, Trapezunda, Tarabozan, Trebifonde
Erläuterung 1.
Die griechiſche Eolonieftabt Trapezus; Trapezunda, bie Cap
tale des Kaifertgums Trapezunt der Eomnenen.
Trapezus, fagt 9. Rennell®®), erhielt feinen größer
Ruhm im höheren Altertyum mehr durch die Gaftlichfeit feiner Bo
wohner gegen ben großen Feldherrn Xenophon und feine Zehntaufeed
als durch irgend eine anbere großartige Begebenheit in der Gehhichke,
die von ben, frühern Zuftänden in ber Hellenen- und Römerzeit über
Trapezus nur wenig unterrichtet ift. Auch in ber biyzentinikhen
Zeit hat Trapezunda nur auf Eurze Dauer als Kaiferkadt
eine glänzend ſcheinende, aber leineswegs ruhmvolle ober beweibenk
werthe Periode durchlebt.
3%) . Rennell, Ilustrations etc. 1. c. p. 254.
Trapezus, eine affyrifche Pflanzſiadt. 858
Zenophon (Anabas. IV. 8) iſt ea, ber fle zuerſt namentlich,
zugleich mit Kotyora und Kerifus, als eine Colonie ber Mutter
ſtadt Sinope aufführt, daher fie zw ven mileſiſchen Colonien ges
zählt wurde. Entſchieden, fagt Movers%), mar ſie aber ſchon von
der vormilefifgen Sinope als ältere Eolonie ausgegangen
umb gehörte baher, wie auch einft Sinope, zu ben affyrifhen
Pflanzftänten ber älteften Zeit am Pontus. Bon anveren
AutorenS”) war fie wol auch für eine pelasgiſche Stiftung gehalten
worben, weil Arcabia vor Zeiten Belasgia hieß), ein Vols⸗
tribus der Arcadier im Peloponus ſich auch Trapezuntier
nannte und, wie Pauſanias erzählt (Arcadica VIII. cap. 27, 8),
bei der Gründung von Megalopolis durch Epaminon das ben
Beſchluß gefaßt haben follte, wieder zu feinen trapezuntifchen Stam ⸗
mesgenoffen im Pontus zurüchzuwandern, wobei der Geſchichtſchreiber
des ſpaͤtern trapezuntiſchen Kaiſerthums wenigſtens ſehr richtig bie
Periode des vormileſiſchen Alterthums am Pontus im Auge
hatte. Die arcadiſchen Cohorten ber Truppen in Zenophons
Heere, die fehr zahlreich barin vertreten waren (nur 8600 Mann,
fagt Zenophon, machte noch feine Mannſchaft aus), wußten von
diefer Stammverwandtſchaft jedoch nichts, wenigſtens fehlt die Bes
Rätigung viefer Anficht bei Zenophons treuem Berichte, und bie
ganze Erzählemg ſcheint fomit mm aus einer etymologiſchen Spie-
lerei mit dem Namen ver arfabifhen Stadt Trapezus hervorgegan-
gen. Die von vielen Griechen bewohnte Stabt Trapezus, deren
Stiftung fi fpäterhin bie ſinopeſiſchen Gefandten rühmten (Anab.
V. 5, 7), nahm ihre griechiſchen Stammgenoffen ‚allerdings gaſtlich
auf, eröffnete ihnen einen Markt für ihren Lebensunterhalt und gab
Gaſtgeſchenke wie Mehl, Wein und Stiere, Da aber der Colonie
doch die hinreichenden Mittel fehlten, ein fo zahlreiches Heer, das
dort am 30 Tage verweilte, zu ernähren, und umber auch berfelben
feinbliche Stämme wohnten, wie zumal vie ſehr friegerifchen
Drilen (vie fpäterhin zur Römerzeit Arrian für iventifch mit ven
Sannen hielt, Peripl. Pont. Eux. p. 11,15), fo überfielen vie
renophontifhen Krieger deren Wohnfige und plünberten fie
aus, um fo mehr, ba biefelben die vom Gebirge nad) Trapezunt
**) Movers, Phöntzier. TH. 11.2. 6. 298, Rot. u. a.o. *) 3. BE.
Ballmeranr, Sersihte des Kalſerthums Trapezunt. Münden 1827.
+46. ®%) Nicolaus Damascen. Fragm. in C. Mulleras, Histor.
— — UL 4. p. 378, 42.
es. KleinAfen. 6..
ji Griechen zuvor ſchen auf dem Marfce vichech b>
löftigt hatten. Mit ven Coldiern, bie im ber (Ebene meh
und ven Trapezuntiern befreundet waren, blieben die Griechen ie
Frieden, und diefe, durch Vermittlung der Trapezuntier angeng,
brachten den Griechen auch Stiere zum Gaſtgeſchenle, mit denen dice
ihre gethanen Gelübde erfüllen und ven Göttern, Zeus Sota,
d. i. dem Erretter, und dem Heracles fir den Schup auf de
glüdlic, zurückgelegten Wanderung, ihre Opfer bringen und bie ick
durch Rampfipiele feiern kounten.
Da nad) einem Monat Raft die Lebensmittel fparfamer mu
den, bie Umgegend ausgepliubert und bie Zahl ver Schife w
Seefahrt nicht groß genug war, brach man zu Lande auf und ky
wach den erſten brei Tagemärfchen ven Weg nach Kerajus (Ride,
f. oben ©. 816,834) zurüd. Da man nur für die Weiher, Kine
yad über 40 Jahr alten Krieger Transportſchiffe erhalten Eounk, I
geht daraus hervor, daß Trapezus damals weder an Chi,
Woblſtand, noch Bevölferung Ueberfluß Haben Torte, und wenn fer
ein geringer Strich ber Colchier ihnen im ber Ebene unterneta
fein wogte, fie doch aud ganz in ber Nähe noch von Friegerilka
Stämmen bedroht waren. Ob in Trapezus eine wit einkin
ſchen und finopefifchen Griechen gemiſchte Bevölterung wie in In
Mutterftaht vorherrſchte, wird nicht gejagt, wäre aber wol mägik
da wenigſtens unter der Achämenidenherrſchaft von Feiner Ems
zung gegen biejelben, wie von veinhellenifchen Colonien wie a Bi
let, Phocäa und anderen, bie Rebe ifl. Ber einer gemikiie
Bevölkerung hätte fi Trapezus wie Sinope wol cher
Zahlung eines geringen Zributs unter das Jod, der Berfer dog |
fönnen, wenn eine ältere einheiniiſche, vormileſiſche, aſſyriſche Gais
niſation daſelbſt ebenfalls das politiſche Uebegewicht his ai
Weranders Eroberungszug durch Kleinaſien behauptet hatte. Dei
tam vie griechiſche Bevölterung ber Colonle ihren Ste |
genoſſen freundlich entgegen.
Dieſer friedliche Zuſtaud ſcheint auch in ber Periode Um
ders durch innere politifche Spaltung nicht geſtert worden zu fs;
in ihr wird Trapezunt nidt einmal mit Namen genaust; ft
wird wie alle griedhifchen Staͤdte Meinaflens durch deſſen Freigchenz
an ihre eigenen Berfafjungen und Einrichtungen ben Gemin os
BWohlftand, Handel, Reichthum, wie die andern Colonieſtaatea br
Griechen am Pontus davon getragen haben, zumal da fie frei #
blieben zu fein ſcheint von bem vielen damals alles Kamıgabıı
Trapezus zur Römer Zeit. 855
und innere Staatsumwãlzungen bes Meineren griechi ·
ſchen Republifen in Democratien, Ariftocratien und Xyramuien,
wobon wenigftens, was Trapezus betrifft, leine hiftorifche Nachricht
überliefert iſt.
Die entferntere Weltſtellung der trapezuntiſchen Colonie von
den Welthaͤndeln im vordern Kleinaſien während ber Nachfolger
Aleganders und während ber Kämpfe ver Römer mit dem Pon-
tiſch⸗Mithridatiſchen Königreiche, vem Trapezus wieSinope, zur
Befivenz erhoben, größern Wohlftand, Pracht und Reichthum yer-
dankte, war unftreitig auch für ihren Handel und Verlechr mit bem
Drient durch bie Nachbarſchaft ber befreundeten und mit jenen ver»
ſchwiſterten armeniſchen Königen begünfigender Art. Nah Mithri«
dates Sturze, durch welchen ihrer Colonie fein Leid geſchah, blieben
Lucullus und Pompejus den griechiſch- pontiſchen Colonien ges
wogen, ba fie ihnen bie Freiheit zurüdgeben und Schutz verhießen.
Auch die Cäſaren blieben ihnen günſtig, wie ſich bei völligem
Mangel hiſtoriſcher Specialberichte doch aus einzelnen Umſtänden
su ergeben fcheint, wenn ſchon Strabe ganz trocken ohne weiteres
fe nur mit Nauen nennt. Sie liege im Lande ver Eoldier,
mo ber Pelamydenfang beginne (Strabo VII. 320; XII. 548
2.556); Pythodoris, bie Wittwe König Polemons, beherrſche fie;
ſeuſt beobachtet Strabo volles Stilljchweigen über Trapezus. Pli«
nius nennt Trapezus doch wenigſtens eine freie Stadt, von einem
großen Gebirge geihügt (Plin. H. N. VI.4: Trapezus oppidum libe-
rum vasto monte clausum), jenfeit welchem die Armeno-Chalyber
fe von Groß-Armenien trennen. Nah Pythodoris Unter
gauge war fie den Römern zugefallen, und fonnte mit ven kauka⸗-
ſiſchen Völlern zu Dioscur ias, wo Römerkaufleute mit 130 Dol-
am zu Plinius Zeit große Geſchäfte machen (Plin. H. N.
FR Mela I. 19 nennt Trapezus mit Ceraſus ſchon
eine Urbs maxime illustris. Zur Zeit Kaiſer Nero's war Tra⸗
Aus den Römern im bem Kriegen gegen die Parther umb gegen
Tiridates von Armenien unter Corbulo's Commando (58 n.
Chr. ©.) wegen ihrer Weltftellung im äußerften Winkel des Pontus
von großer Wichtigkeit, weil fie ihre Legionen und Kriegsbedürfniſſe
direct über ven Stapelplag von Trapezus zu Hülfe fhiden konnten
(Tecitus Annal. XIII. 39), fo wie auch fpäter unter Beipafian
im ber kurzen Fehde gegen bei Freigelaſſenen, Anicetus, bes
frühen pontifhen Königs Polemo, welcher dortige kriegerijſche
856 Klein⸗Aſien. 5.19.
Küftenvölter gegen die Römer und zum Ueberfall von Trapezunt
aufreizte (contra Trapezunten vetusta fama civitatem a Grae-
cis in extremo Ponticae orae conditam; Tacit. Histor. III. c. 47).
Trajan warb Befiger und Wohlthäter von Trapezunt, wie ih
aus den Münzen ver Stabt ergiebt, die ihm and Dankbarkeit ge
prägt waren. Noch mehr wurde Erapezus durch Kaifer Habrien
gehoben, ver bei Bereifung der Provinzen feines Reis (im Daher
122 und 130 n. Chr. ©.) ven Drient befuchte und zu Trapezus
einen Hafen bauen ließ, der zu Arrians Zeit, da biefer als Ri
fect von Cappabocien die Bertheivigungsmaßregeln zum Kriege gegen
die Albanier vorzubereiten und ven Pontus zu bereifen hatte, meh
nicht beendet war, wie er in feinem Bericht an ven Kaifer amgieht
(Arriani Peripl. Pont. Eux. 17). Bis dahin hatte der Hafen ven
Trapezus nur im Sommer als Anterftation dienen Könzen, mm
aber wurde er aud) zum Winterhafen für die Schiffe eingerichtet,
was der Stabt zum großen Bortheil gereichen mußte. Auch warte
die Stabt von der Landſeite duch Verfhanzungen, Tempel
und Monumente gefiert und geſchmückt. Dabei erwähnt Arrien
auch die Erneuerung des Altars, ber an ber Stelle ſtehe, wo der
Kaiſer, wie einft Xenophon, von der Verghöhe das Meer ua
die Hafenftabt Zuerft (Xenoph. de Cyri Expeditione IV. 8, 21)
erblidt habe. Ein Monument beftand zwar ſchon in früherer Zeit,
aber aus einem unpolirten Steine, der mit einer rohen barbarifen
Inſchrift verfehen war, weshalb er dem Raifer Hadrian vorjchlägt,
einen weißen Marmorftein mit guter Iufchrift fegen zu Lafien,
und ihm bemerklich machte, daß bie dem Kaiſer daſelbſt errichtete
Statue, die ihre Hand gegen das Meer ausſtrede, als Stiftung
zwar gut gearbeitet fei, aber wegen Unähnlichleit mit feiner Perſes
dod eine feiner mürbigere Statue daſelbſt zu wänjden wire.
Nur 100 Jahre fpäter, unter Kaifer Balerian, traf die groß
und reich geworbene Handelsſtadt ein großes Unglüd durch ber
Raubüberfall ver Gothenflotte von ber Meeresfeite. Diefe Go
then waren in Thracien vorgebrungen umb bebrohten auch ben
Pontus mit einem Weberfalle, weshalb Trapezunt über feine
gewöhnliche Verteidigung noch mit 10,000 Mann Garnifon befegt
wurde.
Die Zuchtlofigkeit und ſchlechte Mannszucht dieſer Truppen half
zu gar nichts, denn im Jahr 257 n. Chr. G., in einer ſtillen Nacht,
die ohne Nachtwache geblieben, überftiegen die belagernben Gothen
die boppelten Mauern und Gräben der Stadt und morbeten, nach
Trapezus zur Zeit: Zuftinians. jo 4
BarberanArt, alles was ifmen vorfam, und plinberten die Stadt
veim aus, während bie feige Garuifon zu den Thoren ber Stabt
hinauszog und bie unglüdlichen Bewohner ihrem Schickſale über
ließ. Biele Taufende wurden von ihnen nievergemegelt, ihre Habe
gepländert, vie Wohnungen zerftört, Weiber, Kinder und übrig ges
bliebene Männer als Gefangene und Sclaven entführt. Die rä⸗
ſtigen Männer wurden auf die Ruberbänfe ver flotte, die im Hafen
lag, zum Rudern angefchmiebet, und das mit ber umermeflichen
Beute der Stabt beladene Geſchwader fegelte dann über ven Pontus
zu ihren Sitzen am Bosporus zurid. Von dieſem furdytbaren
Ungläd, das Zofimns erzählt (Zosimus Hist. ed. I. Bekkeri.
Bonn. 1837. p. 31—32), konnte ſich die Stabt lange nicht erholen.
Zwar wurben ihre traurigen Weberrefte von ven fernen Barbaren
befreit, aber im ber Nähe blieben anbere figen, vor denen es fdrwer
war fi zu fügen, doch nem Ammian. Marcell. (XXI. 8)
ein paar Dahrhunderte fpäter den Ort noch ein Oppidum non
Nach anfen hatte Kaifer Trajan, wie Procopius fagt:
(de Bell. Goth. IV. 1. 2 ed. G. Dindorf II. 466), feine Caſtra
bei den Lazen bis zu ben Sagiden am Enbe des Pontus vor⸗
geſchoben, welche aber weder dem römifchen Kaiſer, noch dem Re
mige ver Lazen gehorchten. Obwol fie fpäter die Taufe amges
mommen hatten, fo nahmen fie doch nur Vifhöfe ver Lagen bei
NE auf. Die Grenze der Trapezuntier- Herrſchaft reichte zu feiner
Zeit bis Sufurmaena (jet Sürmeneh am Starabere-Flrf)
md Rhizus (jet Riga), wohin man von Trapezus aus zwei
Tagemaͤrſche rechne. Hier lagen die Berge ver Tzani (Sanni),
mit dem bittern Honig, wo ber Bons und Acampfis (Tſchorukfluß,
f. oben &. 77) fliege (Procop. de Bell. Goth. 1. c. IL. p. 464).
Da liege auch Athenae (jet Atina), das nicht von den Athenern
biefen Namen habe, fondern von einer Frau viefes Namens (wo der
Athene auf einem Vorgebivge ein Tempel geweiht geweien, ber bei
Sturm zur Zuflucht der Schiffer diente, Arriani Per. Pont. Eux,
p- 4). Zur Zeit ver fpäteren perſiſchen Weberfälle begann hier im
Weſten von Lazica mit Athenae und Rhizus gegen Trapezus hin
die Grenze bes römifhen Kaiſerreichs (Procop. de Bello
Persico I. 289, 23). Raifer Juſtin ian fuchte dieſe Grenze durch
Manern, Feften und Kirchenbauten gegen ben Perferfeind zu fichern,
und da bie Stabt Trapezus an Waſſer Mangel litt, fo erbaute ex
ihr einen Aquäduct, Eugenins bes Maärtyrers genannt
88 lein ⸗Atuen. . 10.
Procop. de Acdiße. p. 260, 18), wodurch fie Waſſerfalle erhi.
Doch war Trapezus in biefer Zeit ſchon zu einer Provinpialfebt
berabgefunten, die zur pontiſchen Eparchie zwar gehörte, aber Res-
eäfarea, der Capitale dieſer Eparchie, nutergeben war. Zur Zeit
des zweiten nicãiſchen Concils hatte Trapezumt mm mit Phafis
gemeinfchaftlich einen Biſchef zum Borkond, Chriftopherns, ver
fi) als Cyiscopus von Trapezus und Phafis unterpeichwete (Hierod,
Rymecd. ed. Wessel, p. 702 n. 216),
Eine neue Zeit hätte für Trapezus Wohlfahrt durch bie vr
üstnerte Stellung zu ihrer unmittelbaren noch barbariſchen Racer
benöllerung hervorgehen Tönuen, von der Procopius (de Aedic⸗
I. 6) umfänvlih Nachricht giebt, da Kaifer Fuſtiniaun es fh
fee angelegen fein ließ, jenes barbariſche Gebirgsnolf der Tper
nen (Saumi), die big dahin in vielen Tribus fyei in Wäldern mb
auf Bergen ohne Aderbau, meift ven Raub und Plünderung ik
Nachbaren gelebt hatten, ber romiſchen Herrſcheft zu unterwerin,
fie zum Chriſtenthum zu bringen ober als tapfere Krieger da
sömifchen Legionen einzuverleiben. Schon giebt Brecoy zu ve
ſtehen, daß dies durch ven Feldherrn Tzitas gelungen und an ve
Berein drei er großer Volkerſtrahen, die in Trapenus zufemme-
treffen, des Perſer, Armenier und Römer, won großer Bid
ügkeit jei. Um beu Gewiun für bie Civilifetion jener Benältenm-
gan auch dauerhaft zu erhalten, feien durch ben Kaifer bie wien
Gebirgafige zu Communications durch Aushamen ver Wähe,
Weoge- und Brüdenbau bequemer zugänglich gemacht; fo wie fe
durch eine Reihe ſtarler Gaftelle mit Befatungen zu ihren Bern
hinauf Bis zu ihren Iailas der Herrben (ad stabula) gefidert
werben fein. Dart führt Procopius auf ben Wegen, bie uud
Iberien und Perfarmenien führen, das fehr fefle Caſtell Or ou
on, welches Iuflinian zur Sicherung ber Wege exbaute, vom wo bie
Mömer ven erfien Zugang zu ben Bergen in Tzanica erhielten mb
in Dux old Kommandant eingefegt wurde.
. Zwei Tagemärfce von ba, bei den ocenitifhen Tzauen,
dag eine alte Veſte Charton in Ruinen, bie er wieder reflaneiris
aud mit Koloniften zur Aufrehthaltung des Friedens verſah. Bow
ba zog ſich ein fleiles Thal gegen Norb, wo er ein brittes Caſtell
Barch on anlegte, und höher hinauf Ingen nod ihre Viehſtälle,
darunter wol ihre Sommerflationen, bie fie heutzutage Jailas
nennen, zu verfichen find. So wurde zur Linken, bei Cena in ber
Ebene, auch ein altes Caſtell Siſilifſon, ein anderes Ballnet
Trapezunt zur Byzautiner Zeit. [2]
Longini foſſatum (wo ein Longinys, d. i. ein Dur mit 1000
Mamm), ein Burgum noes, eine Tagereiſe von Siſiliſſon und am
ber Grenze der Tzanen, bie ſich Coryliner nannten, zwei Ger
Relle, Schimalichinon und Tzantzacon, erbaut, und jeden
derſelben ein Dax vorgeſetzt. Zwar möchte es ſchwer fein, biefe
Looalitäten noch heute nachzuweiſen; aber es zeigt ſich darin bie
Sorgfalt, welche man einſt darauf verwendete, dieſe fo leicht ner
wundbare Grenze des Reichs durch Feſtungen zu fichern, die freilich
hei den innern Zerrüttungen des Reiche und ber gänzlich verwahr⸗
loſten Disciplin ber Kriegsheece felbft mus menig Hülfe bringen
tonnigu. Die früher zu Eenophons Zeit mod) gefonberten Voöller
ver Chaldäer, Tibavener, Taochi, Sanni m. a, waren jetzt
zur Bigantiner Zeit in bem Miſchvolle der Tzanen zufammme
gebracht, ein Name, des nıw allmählig auch auf den ganzen Küſhen .
ſteich Tzanica überging unb mit mancherlei Erweiterungen wefte
waͤrts bis zum Halys als Provinzialname ausgedehnt wurde, der
ſogar bis hente ip türfiihen Dſchanik fortzubeſtehen ſcheint (j. oh.
S. 101 wf.). Diefe angeſtrebte Sicheraug her Reichegrenze war um
fo wichtiger, da in ben nädfifolgenben überhanbnehmenven Rriegen
mit den Berfern Trapezuut als Hauptwaffenplatz und
Hanptmagazin für die kaiſerlichen Truppen gegen bey orientä⸗
liſchen Feind, noch im 6. und 7. Jahrhundert auch gegen bie liches
fälle ber Araher hienen umiäte. Diele gutverfdanzte Stadt bat
innergalh ihrer Wauern und ihrer verſchanzten Umgebungen damals
noch das einzige Aſyl für fa wiele ſich dahin flüchtende chriſtliche
Bewohner mit ihrer geretteten Habe aus ben orientalen fo ſchaell
estriffenen Provinzen des oftrhmifden Reihe bar, die buch das
wit Uebermacht gegen bie Chriſtenvöller Hereinſtürmen her feurigen
mad flegreichen Diener Muhammeds gaſchredt, und durch ihre Er
oberer mit dem Schwert oder dem Koran nexfolgt, aus ihren vie
len im Oriente heimathlichen Sigen verjagt waren.
Vach des großen Verluſten der Provinzen am Cuphrat, in
Beläfina, Syrien und Armenien concentrirte ſich noch einmal
die romiſche Macht am Pantus um Trapezunt. Die früher
Vrovinzialeintheilmg und Besfaflung, um vieles verlleinert und zuge
rũttet, wor überall durchbrochen; neue militäriſche Verwaltung
warb überall von Nöthen, die mım unter dem Namen ber The»
maten in Gaug kam. Auf Heinem Raumo eingeſchräuli, fuchte
man ſich öfter durch den Stotz ver Titel, wie Thema Anato⸗
licam, Armeniacum, Paphlagonia, Meſopotamia und
oo Alein⸗Afien. 19. |
andere, zu entſchädigen. &o wurde das adyte®) unter den neuen |
17 Thematen des byzantiniſchen Reichs am Bontus, nad ver
frühern Wohnſttzen ver Chaldäer, das Thema Chaldia genumt,
und Trapezus barin zu feiner Capit ale gemacht. Primzen |
Kaiferhaufes (mie unter Kaifer Leo fein vierter Sohn) wurden |
Borſtãnden folder Themata oder kaiſerlicher Provinzen erhoben, |
ober fonft Präfecten unter dem Titel Dur ober Herzog emp |
feht. Bei der Abſchwächung ver Macht und Eirergie bes Take |
lichen Regiments und den inneren Kabalen, Wechſein und Yeiter
der Ariſtokraten wie der Vollsparteien in ber Reſidenz Byzanz wer
& begreiflich, daß fih, wie andere, fo auch bie Herzöge vor
Chaldia immer ımabhängiger von ver Herrſchaft in Day |
machen ſuchten, um ſich endlich ganz ber Laiſerherrſchaft zu enteo
den. Sie fingen, ba die Sorglofigfeit bes Regiments durch we
in der Hauptftabt für ihre fernen Öftfichen Provinzen, der
ſteigenden Gefahren durch die Ueberfälle der Drientalen unge
achtet, oft ins Troſtloſe ausartete, an, ihr Land felbftänbig em
xoga Toaneovoia zu nennen, fi ſelbſt aber Färften von
Trapezus. Als endlich nach der Thronbefteigung des Commenen
WlegisL (Alerins der Sateiner, mit dem Titel Meyuc Koprmrk,
eg. 1081—1118 n. Ehr. ©.)®) faft ganz Mleinafien bie Bere
des tapfern felpfhufifhen Fürſten ſtammes warb, ver erſt ia
Ricke und dam in Iconium (Konieh) feine Reſidenz auffchten
fo war ver Zeitpunkt gekommen, in welchem Trapezus allein neh
im ãußerſten Winfel des Schwarzen Meeres, wie Haithon ven
Armenien fagt (Haithon Hist. Orient, c. 13), bundh feine ber
ſchwerlichen Gebirgszugänge und vielen Caſtelle bem
überlegenen Feinde Wiverftand zu leiften im Stande war, um fh |
in feinen Verſchanzungen und Mauern zu fügen, während die
Taurkenſchaaren bis an den Saum des Bosporus vorbrangen. Die
Pröfecten von Chaldia fahen fih num als felbfländige fonne-
räne Fürften an; fie und bie fie umgebenven Ariftofratien wur
den aber doch aus dem Felde geichlagen, als bie lerten Sprößfinge
der erbberechtigten Comnenen-Dynaftie, mährenb ber gramenwollen
Balaftrevolution in Byzanz, diefer Mefvenz mit dem nur Ajährigen
3”) Constantinns Porphyrog. de Thematibus Lib. I. p. 30; de
Imperio, Cap. 50. p. 226, ed. I. Bekk. Bonn. 1840. 7—
meraner Veſchihte des Kaiſerthums Trapezunt. Münden 1827. 4.
62,
» Stiftung des Keiſerthums Trapezunt. 801
keiſerlichen Erben, dem Knaben Aleris, nach Colchis entfloh,
, zur Mamnbarkeit herangewachſen, im 22. Jahre mit einem bort
gelammelten Kriegsheere die Stadt Trapezunt belagerte, welche
dald mit der ganzen Küſte von Chaldia, mit Tripolis, Eera-
fus bis Amifns ihm zufiel,
Es war im Jahr 1204, ale Aleris L als erfier Kaifer
(Baoıdeds) von Trapezunt Stifter des trapezuntiſchen Kaifer-
thums wurde, des von Colchis bis Sinope reichte, und in Tra«
yezus feine Weflvenz nahm Diefe Periode der cheiftfichen Der»
ſchaft trapezuntiſcher Kaiſer erzeugte zwar in ihrer Refidenz ſelbſt
ein nenes Sehen, verjäurgte bie Iubuftrie, den Handel, bie Kunft
und felbft einige wiſſenſchaftliche Zweige ver Trapezuntier, brachte
ihnen tauporären Wohlftand, Reichthum und Ruhm, aber es war
bei dem Verfall ver Zeit, dem Mangel großer Eharactere, doch nur
ein ſchwacher Abglanz von Byzanz, der Feine Großthaten für die
Nocweit Ginterlaffen hat.. Die deigheit, Verberbtfeit ver Sitten, -
die Schwelgerei bes Hofes, bie Ohnmacht der Regenten, bie meift
als Kinder ven Thron umter ven Intriguen der Gegenfaifer num
über Hofleute beftiegen mub als Kunden jchon verkeiratket wurden
die durch politifche Moth abgedrängten oft erniedrigenden Bände
wiffe und Verfiägerungen mit ven barbarifchen fie umgeben
den laulaſiſchen, armenifchen, colchiſchen und anderen Völterfchaften
und ihren Thronherren, um fi nur ber fortvanernden Ueberfälle
uub Attalen der Seloſchulen, Perfer, Mongolen und anderer Feinde
erwehren zu Lönnen, boten wenn ſchon viel Romantiſches, doch mar
wenig Erhebendes für den Fortſchritt der Geſchichte ber Menſchheit
vor. Auch war ber Glanz dieſes trapezuntiſchen Reichs nur von
Kurzer Dauer, von ein paar Jahrhunderten, bis bie Eroberung
von Conftantinopel durch Muh ammed IL und vefien mächtige
Kriegeräftungen (1458 bis 1462) den trapezuntifgen Raifer-
throm umflirzte und das ganze Kaiſerhaus in Gefangenſchaft
nach Couſtantinopel abführte und bort in ben Kerkern · vernich⸗
tie. Diefe Begebenheiten find aus der trapezuntiichen Gedichte
genauer zu erfehentt).
Das Schichſal ver griehifhen Stadt Trapezus (bei Bir
nntinern mit dem Ümbiegungslaute meift Trapezunta, daher
Zrebifouda bei Ialienern, und dann von Türken Tarabuzun
*) 2. 85. Fall 2 Achte des Katferii 1.0. D.
338. Yalmeraper, Geſchichte des Kaiſerthums Trapezunt a. a. O.
ss alein⸗naen
geaunui) war mic, bet Ereberung hoqhſt ttaurtg j vee
thum ſollte darin durch Moslemen ganz verrichtet
der dritte Theil ihter Bewohner, die Hefe des
daſelbſt zurädhleiben, doch mar außerhalb ber Maneru
nen, durch die Flotte während ver Belagerung ——
Die übrigen wurden theils im das halobbe Gonflintin
Danari als dortige Infaffen zeſchickt, theilo auter die
Sanitſcharen geſtei. —— —
wählte der wolläftige Hetrſcher, ver Gtoßſaltan, zu feinen leiblhen
Dienern, Bogen, Waffenttagern, Leibgarden und Heusleuten. Bide
aus dem gemeinen Volle wurden als Seladen zum Zeltvient ur
das Heer vertheilt; 800 der ſchoͤnſten Kaaben wurtden auserleſen c
in die Liſten ver Sölnner-Cohorte det Ianitfgaren cup
teegen. Die große Burg und ie eigemtfige Stadt wire ganz wit
tartiſchem Fußvolle befegt; ein Untetbefehlebaber ver CSchiffeßstmn
zu Rafipoli, der zum Paſcha ernannt war, nahm feine Meflben ie
Katferpalame. Bon dem eroberten Lande wurde ein Theil zum
Vufhokt von Amafia geſchlagen, im jedes fihöne Barby das
riechen em Tarke eingeſebt ıntd dis Cigmrtäiinm forkgefugt, zb
fo heſchah e8 in allen Stäbten und im ganze Latwe. Diahamı
med bileb den ganzen Winter in Trapezumt und verfieg fs
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gemürbigt ſchienen. Wir drei Möndhslläfter und einige Keinüh
deblichene Die im Innern Gebtegslumbe fanden Write, Um
Seundbeſitz zu
Om — N asien Ende der Katferftabt iſt die heutige
Tarkenftadt Tar abu zun nur als eine Ruine Mbrig gebfichen, in
der ihre früheren Zuſtãnde mr Mymer wiederzuerkenmen find. Bam
den Ortſchaften, welche in ber Kaiſerzeit am benachbarten Cefebt
ment entſtanden waren, ſcheinen vur wenige ſich erhalten zw hebes/
die Stadt ſelbſt hatte unter den Comnenen an Umfang fehr ze
genommen gegen bie frühere Zeit, wie au Großartig keit ms
Pracht der Bauwerke. An dem amphithenttaifc fi erebe
den Geſtade die Berghöhen hinangebaut, im geſunveſten Elkma, von
nem großen Gartenlande umgeben, im beffen Mitle fich die Gut
mit ihren Palüften, Ruppelm wnb Türmen Mk erhob, erfäie fr
=, J. m Hammer, Geſchlchte des osmantfgen Reihe. I. S 57-8.
dallmerayer, Fragmente ans dem Drient. 1845. S. Ad u.f.
Trapezunt water den Komnenen. 308
dan derduſchiffeaden, zumal Im Olanze ver Morgenſonne, wie bir
Königin des Pontus. Die trapezoidiſche Erhebung, bie ihr den ur»
forünglichen Nawen gegeben, auf der fie anfänglich erbaut mar,
war in der Raiferzeit mit vielen Kirchen, Thurmen, Cäulengängen,
Morktplägen und Wohnungen geffmädt; am Buße ber Aubbhen
um vas Meer entlang waren lange Gäuferreihen ver großen Kaufe "
lente Schiffer und reichen Burgerslente aufgeführt. Anfänglich hatte
die Stadt der Griechen aur aus demjenigen Theile beſtauden, deu
man zur Kaiſerzeit vorzugowejſe die Acropolis nannte, die außer
eintr Plattform auch noch eine warüber, eben fo hoch auffteigende
Burg einnakın, wie bie Plattform fich über ven Meereöfpiegel er⸗
Hob. Werind L und fsime bauluſtigen Nachfolger führten zw
Diefen Theil der Stadt gewaltige Mingmauern, tiefe Gräben un
Feſtungsthürme als Berfhanzungen auf; innerhalb waren nur enge,
gepflafterte Gaſſen mit vielſtockigen Hauſern, auf deren Plativächern
Blumengãͤrten, Obfigäxten und Rebengelänber gezogen waren. Außer ⸗
Halb dieſes befeftigten Theiles zogen ſich bie langen und breitem
Straßen ver Borfläbte am Meere hin, und bie Bazare, zumak
gegen die Dftfeie der Bang, wo bie Honewerter und Rauflenie
wohnten, in weit ausgedehnter Ebene mit Baumallern, bis zu zwel
Cañillen, ven denen mit Bewilligung ber Kaiſer eins von ven Genuss
Fein 308 andere von. ven Benetianern erbaut mar, zur Eicherung
ihxer Barrenogszine, aus denen fie vorzüglich bie Bürger der
Start mit ihren Einfnhrartitche verfongten.
Die Kaiſerburg über ver Plattform, ven Fels Hinangebut,
überragte noch die Acropolis und bie untere Stadt; der Palaſt
der Kommenen ſtaud noch mit der Schatlammer, den Archiven,
den Regierungegebäuben und ven Wohnmgen des Hefgefinbes anf
der Plattform, ımd war durch tiefe Gräben, Mauern, Thärme und
eiferne Those geſchloffen. Cine hohe Treppenflucht führte aber zu
dem imnerfien „goldenen Palaſt des Groß⸗ Komnenen * bie
auf, zum großen Kaiſerſaal, ver mit weißen Marmorplatten ge⸗
tajelt, mit ven Vildern und Wappen ver Gomnenen geziert, vom
weißen Marmorfünlen getragen und von ben Audienzzimmern, von
Balkonen, Gallerien, Terraſſen umgeben war, die nad) allen Seiten
vie entzüdenhften Ausſichten auf Sanb und Gebirge, Siada und
Meer darboten. Die Stabt jelbft ſah man von diefer Höhe, wie
ihre nahen Umgebungen von mehreren romantiſchen Thalſchluchten
Drardjgogen, wit Luſthainen, Wiefen, Gärten, Dlivenwälngen, Rebe
Hügeln und vielen Brummen und Bächen, wo die Spaziergange unb
ss aleia · Afle⸗ 51.
Luſthaine der Stähter viel beſucht waren, mährenb auf ben fühmäcit
Tiegenden Borhöhen viele Mlöfter und Stiftungen auf ben veigenbies
Pantten verteilt lagen. Der caftilianiihe Gefanbte Don Kay
Gonzalez Elavijo’®), ver im Jahr 1404 auf feiner Reife nah
Samarcaut über Trapezunt lam, bie Stabt, den Hof um
ben großartigen Hanbelöverkehe der bortigen Italiener Lasıfleute wit
den foftbarften Waaren des Orients bis nah Samarcand mb
Imbien tenuen lernte, ift nod ber umbefangenfte und treueſtt Bes
richterſtatter jener glänzenden Periove von Trapezumt, bein
2obredner vor allen der Cardinal Beffarion (geboren in Te
peʒunt im Jahre 1395 und geftorben 1472)0*) war, der das Jam
merichidjal feiner Baterftgbt nur hırze Zeit überlebte. Ihn wer
& ein für ſich abgefchlofienes Paradies geweſen, mit allen Schägen
der Erbe.
Dieichte von Cypreſſen und Myrten [mädten das Land, Oi
venwãlder, Weinberge, Birnen, Aepfel, Feigen und Grauaten gaben
die koſtlichſten Früchte. Die Citronenbänme blähten das ganze Jahr
mb gaben ihre Früchte; die Thäler voll frifger Onellen und Bike,
die Wieſen und Hügel voll Blumenſchmuuck und Blumenduft, die
Haine vol Rofen und Nachtigallenfhlag. Die fchönften Luſtſchlofſer
und Landhãuſer bienten bem Hofe und ben Reichen zum Lämblichen
Aufenthalt in den verfhievenen Iahresgeiten und zur Aufchene uub
Feſtfeier von hohen Güften, bie vom allen Seiten herbeiftrönten
Solcher romantiſchen Luftorte werben viele genannt, wie Phiaucn
Gauiopedis, Marmora, H. Merkurios, Achantacos, ber liebliche
Hügel Minthros mit feinem Prachtſchloſſe, und des laiſerliche Sub |
ſchloß Parcharis mit feinen Parks, im dem nad ‚ver Palaſtchroail
des Banaretos der Hof alljährlich eine Zeitlang verweilte und feie
fürftlichen Säfte bewirthete. Im den nahen Wälbern wuchſen Ke
Ranien, Walnüffe und Weintranben wild zur Erquidung des Zus
derer; das Ganze, jagt Hadſchi Chalfa%), war nur ein Garken,
ein Weinberg, ein Del- und Obſtwald. Die Früchte gehören zu
den ebelften ihrer Art. Auch der Menfchenfäilag gehörte zu ben
gefunbeften, rüftigften, und war durch feine Schönheit bekfet
®*) D, Clavijo, Historia del Gran Tamerlan e Itinerario etc. p. 84; f-
Sprengel, Geſchichte der wichtigfen B use
©. 356367; 3. ®h. Ballmerayer, Bed. a. a. D.
*) Bessarion, regl Teameloüvsos Miet, fol. b. le “0.0,
ra 6». I) Gihan Numa, Geogr. oriental. od. M. Norberg. VoLL |
Zn I
2 Trapezunt unter ben. Komnenen. OB:
Die Thahter des Laudes, zumal Primzefſinnen ber i
Schattentaiſer, waren als die fehönften ihres Geſchlechts aus weiter.
Terme von ven Peinzen ber verfdjievenfien Höfe gefucht, und bienten:
oft durch die Politit als Bande neuer Verwandiſchaften zu Frie⸗
dens· und Lriegsbündniſſen mit umb gegen Freunde und Feinde.
Sie vermählten fi nicht mur an Byzanz, an Genueſen, chriſt⸗
liche Kreuzfahrer, Mitylener umb audere Chriftenfür-
fien, fonbern aud) an bie Könige der Lazen und Abaſſen, an
bie der Eoldier, die Servier, die Berfer, an Mougholen,
‘an Zurlomanenfürften, an Ufun Hafan, den Großfürſten
nom weißen Sammel, an die Enfel Timurs und an andere Bar-
baxenwölfer; umb die Fürſten ſöhne und Emire vieler Natiouen
des Orients, als Ritter und Freier im Palafte der Groß⸗Comnenen
zu Trapezunt, mit ihren Liebesaventüren bilbeten einen Hauptſtoff
vieler Rittergefhichten und Romane bei Morgen und Abenbländern
im jener Literatur · Periode bes Mittelalters, unter denen ber Roman
des Genuefen Marint (er ftirbt im 9. 1650)%) für die Kenutaiß
des damaligen Lebens in Trapezumt als ‚Einer der lehrreiqhſten und
besähmteften über jeme Zeit angegeben, wirder), da bie Genuefen
mit dem Leben ber Trapezuntier am "bertranteften geweſen waren.
Despina Ehatun, die Tochter des trapezuntiſchen Kaifers Jo⸗
haunes W., old Gemahlin eines Turfomanenfürften, wie die Prin⸗
zeifin Eudocia, Tochter Alexis I. und Gemahlin Kaifers Johau ⸗
nes Paläologus, galten im ganzen Orient für die größten Muſter
dee Schönheit ihrer Zeit),
Die Zahl ver Bewohner in jener Blüthezeit Trapezunts ik
nicht befaunt, muß aber ungeachtet öfter dort einlehrender Peſt
und ver eben fo Häufig ſich wiederholenden Feuersbrünſte nicht
gering geieen fein, da fidh bie Stabt fiets wieber fämell zu erholen
im Stande war. Der Häuferbau ſcheint größtentheil® nur aus
Holgwert beftanben zu haben, das bort in Ueberfliuß war. Schon
zu Tenophons Zeit beftanden alle Burgen, Schangen, Thllruie,
Wohnungen aus Ballenwerl, die Bewohner ver weftlihen Küfte von
Trapez us hatten von ihren Holzbäufern (Mosyni) den Namen
Mofynöten. Schnell erfliegen ans den Aſchenhaufen ver Feuers
**) Dieionario Geografico, Storico, Biografico Ital, Firenze 1853. p. 773,
?) Sallmeraer, Gef. des Raiferlh. Trapızunt a. a. D. ©. 314,
322; Gior. Ambro G. Marini, Il Caloandro fedele. Venezia 1652.
2 Voll. u. ed. Bassano 1786. °°) v. Kanımer, @efch. b. ooman.
Reidjs. Bo. I. S. 57; Ramusio, Coll, T, II. fol. 84.
Ritter Erdkunde XYlil. gi
geß ih Mer Trapezunt, das nebſt Caffa un Taua ne
Krimm und am Tanais bie drei großen Stapelplãtde am Pauiad
waren, wehin die Seidenzeuge aus China, bie Gemärze mb
Eveifteine aus: Iupien, die Perlen aus Perfien und Eeylen
viele andere Koftbarleiten gingen. Hanf und Honig nm
Wingreien; abe: and; Getreibe kam and dem tmrifehen
fones, Zeuge aus Ciliciin, Tücher aus Italien nub Blaster,
Stharlach ans Foren, Glas mid Stahlmanren aus Desk
laab. Alle Jremden, in Sprachen, Kleiverttachten, Reli
Afen, Aftila und Curopa, fogte Beſſat ion, Mame am anf dm
Bazaran ju Trapegunt leid von ben Ginheimsifchen srkerfiheinen;
de Genuefen und Benetianer nahmen aber bie. erſte Stelle sei
1771
Fteiheiten und Conceſſionen yugeflauben wie jemen; fie Hal wie
jeme ihren eigenen Bailo. Wie groß ber Gewinn aus Wiefem Em
icht war, geht beramb herwor, daß bie Genueſen vom ven Mine
von Armenien wie Zuſtimmung erlangten, auf ber Hauveloſtrche
von Trapezunt bid Bajazid, von Strecke zu Strafe, won 10
bio 10 Stunden Wege, eine ganze Rette von Schugeaftelien fir
ihre Karawanen zur Siherung ihrer Wärtentrunsperte anlagen za
dürfen and mit Garmifonen zu verſehen, vom denen bie Gafehe zu
Baidurd med Erzerum, wen fen in ihrem jetzigen Beriche,
die Großartigteit dieſer Anlagen beyugen. Bailo mar ver Ti
ihers Gomfuls®). Die Trapezuntier liegen ſich die Mom
ans dem Often und Zeiten zuführen; fie ſelb ſt gingen mit Ines
Schiffen nie weiter als bis Caffa und Gonftentimepei; ſe
hatten nur Sommiffionsgefhäfte und führten ale ihre Hub
prosucte Wein mab eingefalgene Fiſche, wol an Baahalj
für Sciffomerfte ans, und was ihre Räbtifche Oubeuftcie bachet.
Dich waren vorzuglich Wolleuzeuge, Geivengefpinnfe, ge
fidte Kleider, darin fie große Kunftfertigleit befaßen, buntfar-
bige Zeuge ums Leimen ans der Nachtarſcheft von Mpkgarum.
as) J. Prant, Consul at Erzerum, Joursey 389%; it Jowmal of übe Bar.
Geogr. Soc. of London. VI. p. 18%
Trapezunt Wie den Romnenen. er
Be Weltfikgunger Be RNeichtn und Vimiggängee Yhen biel
Wetten tind Tage mad) Wils in ker Umgegend, bartın ed hricht ſehkie
Spanitfahtita ja Waſſer und zu Land in den ſchönen Umgebungeit,
HEHRERAGE Uebungen in deingſchulen, Gpielt wie Schath, Maik,
Scptifplele, Seiltänzer, die in Gejellſchafien aus Aeghpten bahit
iktöe u: &. Die Hef- nid Gübtketfpruche”) fol bib in vas 16
Sahehundert Mi, den Aufzeichemagen in den Mrchien ih Urkastven
ED sin) Aohannes Corinenteh, des Miytes, Vetichten ein guteh
Gt ieqchi ſch geißefett Teih, jeboch in dem Dialect vor Bhjang Lars
diual Beſfaribn iodt eihkr Der hauptfächlichſten Wiitbeſbrverer
BEE geiechtſehen Notkbet auftebeuden Liictalur in Stalker. übet vie
Bolle- und Handelsſpracht, dit Una gtaeoa Trebisohtia, vdet ver
Ndgkaedio Ak Trebisoirdk wvar eih von ber Mundart in
Eduftantlnobel ſeht berſchirdener uitb berberbtet Dialect geworden,
WERE Eintnchung freimver, lagiſchec, derſiſcher, tartiſcher, italienlſcher
Evbriet, Wenduugth aud Medenbaritn, ums dem bet echt helleniſche
Saft Sie aiis beit Bft mit bem Verſall feiner Fteiheit ano Geſchrre
ccugft verſchwunden fat.
Dat Spraggemife wir eine natätlihe Folge des Bolks⸗
gein ifches aiff den Bajirten Und im Hafet. doch Drang dutch
we vielen Mobuche von ihren Mofterfeulen muher manches tras
pefüntife Wort auch bis zu den batbatiſchen Vewohnern der
WER Kid des benachbarten Hochgebirge, weren noch zu Aufung
23 16. Sahrhumdertd Tourhefort?t) eine Spur verfand, da ie
Karberfiftien Waldbewohnet im Gebirge eine Tagereife vom ber Küfte
Aigen Hochatmenlen hinauf ihm z. Bi die dottige gemeine Tanne
(sdpin, die & auch as den Alpen und Pireitäen Katie) mit dem
getechiſchen Haren meöxos benannten, dagegen eine andere fhöne .
{HIN noch Atrbearitnt gebfieheie Art tirit dem aligriechiſchen bei Die
cdehtch gebtunchlichen Marten ZAdrr (Edeltanne Pious picea)72).
Fat Wilfenfegaften und Kiufle lounte in Trapezuut tie
wenig geſchehen, eBgleich bie Groh· Conmenen nach Art der Byzan ⸗
tie die Wiffenſchaft ehtten, die uber meiſt in theologiſchen/ dog ·
moliſchen, metäphuftfiie und nryftifchen Streitigleiten mid Dispu⸗
tausden ihte tafie gerſplittet en · Nut eine einzige hohe Ehren⸗
) Beiſpieit glebt —— a. 2. O . ©.321—338. 1) Tourse
Belat. . au Levant, T. II. Lettr. XVII. p. 104.
8.8. ze Er er, Sean. Grläuferundt 34 —X Geogt.
* Sletcariin —EE 1892. 6: 188, Rot. 4.
Yii2
808 Rlein⸗ Aftenan. 5.19
ſtelle, die des Erzbiſchofa von Trapezunt, gab dem Ehretij
ber gelehrten Trapezuntier leine hinreichende Nahrung wub Lohg,
fie wanderten alſo meift nach Byzanz aus, wo größere Pfränten
ihrer warteten. Der Erzbifhof Theodulus von Trapezunt
ſchrieb nur Legenden, Kirchengeſänge und wie Audere über metapha
ſiſche Themata der Dogmatik; eben fo ber berühmtefte der Trage
uutier Gelehrten, Cardinal Beifarion, in deſſen Literariihen
Nadhlaß fih zahlloſe bagmatifce Arbeiten vorfanden, aber zur em
einzige Abhaudlung über einen anberen Gegenſtand, näuih
das Lob und die Beſchreibung feiner Baterfiadt Trape⸗
aunt, ber wir bie wichtigſten geographiich-hiftorifchen Angaben über
die damaligen Zuflänve berfelben verdanlen.
In der Balafbibliothef ver Groß-Eommenen befanden fh,
wach den Angaben ver Palaſtchronik des Banaretos, fehr nick
Manufcripte, die ben Türken in die Hände, fielen und in ver
Palafte ju Trapezunt länger aufbewahrt und erhalten blieben is
andere Bibliothelen her Griechen, da biefer Bau mit feinen Schähen
längere Zeit ungerftört blieb, und zur Reſidenz des jebesmafigen
Erbpringen des Großſultans beftimmt, auch feine literäriſchen Schäte
erhalten Tonnte, die wahrſcheinlich fpäter mit ven literärifchen Summe
kungen der byzantinifchen Kaifer in. vie Sammlungen des Laiferlicen
Serai übergegangen finb, wo fie verſchloſſen geblieben. Die Lite
zalität ver Groß⸗ Comnenen zeigte fih in manchen großmüthigen
Unterftügungen au Gelehrte ihrer Zeit, bie fie auch auf Reifen in
das Ausland ſchidten; Mathematik, Aftronomie, zumal Aftrologis,
aber andy Uberglauben, Beichenbeuterei und allerlei obfcure Zweige
des vorgeblichen Wiſſens und Könnens wurden von ihmen gefördert,
‚fo daß außer dem Hoflurus und Hofſtaat aud ein merkwürdiger
Zufarsmenfluß von Notabilitäten der verſchiedenſten Art fid ver
einigt vorfand. Zwar wurde auch ber kriegeriſche Geift ber Ta
pezuntier von ihren Landsleuten gepriejen, und bem Begründer bei
Kaiſerthums, dem jugendlicgen Alexius I, fehlte es daran nicht;
auch war es ihm gelungen, durch glüdlice Siege fih im Bee
feiner Herrſchaft durch colchiſche Hülfstruppen feſtzuſetzen: aber
non den Soldaten der nachfolgenden Trapezuutier find ur Rieder
lagen und Fluchten befannt geworben. Seit Alerius Tode war
die Kriegsmacht der trapezuntifcen Kaifer anf 3000 Mann Haut
und. Grerz · Truppen Herabgefunten. Nicht buch Macht, ſoudern
durch Klugheit, Liſt und Verſchwägerungen ober auf diplomatiſchen
Wege durch Tractate mußte ihre Herrſchaft innerhalb ihrer natär-
Trapezumt unter ben Komnenen. 869
ichen Meeres“ und Gebirgeumſchanzung fih zu erhalten fuchen.
Ihre Bergwerke, Fiſchereien, Zölle von Aus- und Einfuhr
ser Waaren im Tranfit ind Lagergelder der Waaren von den
Ausländern waren mit ben Naturerzeugniſſen des Landes bie
daupteinfünftes”) ihrer nad) ber Aufenfeite nur täufchend
lanzenden Hofhaltung und Landesverwaltung. Ein Theil der Bor-
‚äge des Lanbes und feines Extrages kam auch der in hohen Ehren
tehenben Geiſtlichkeit zu?*), bie imter ihrem Haupte der trape ⸗
untiſchen Kirche, unter ihrem Erzbifchofe, fand und in 15
Episcopate vertheilt war. Diefer Clerus widerſtand in ber
vorthin übergefiebelten griechiſchen Kirche allen Verſuchen ver Päbſte,
ich mit der lateiniſchen Kirche ver Abendlaͤnder zu uniren; er uns
erwarf ſich lieber dem felavifchen Joch der Türken, als dem mehr
yeiftigen Joch ver Päbfte, bewahrte aber gleichen Haß gegen viefe,
vie gegen ihre Nachbarlirche, bie armenifche, und deren Patriar⸗
hen. Im Trapezunt beftand die erzbifchöfliche Cathedrale, die nach-
x in eine Mofchee verwandelt wurde, nebſt mehreren Heineren
dirchen und 4 bis 5 bebeutenden Klöftern. Das Mönch s- und
Einfiedlerleben fagte in einem fo wild und verftedt liegenden
Yebirgslande voll Wälver, Schluchten und Belfen, mit dem lieb
ichften Clima und leichteften Unterhalt der Nahrung, zwifchen un
ultivirten Nadbarvölfern, damals vorzüglid dem Geift ver Zeit
u, und bie Selfenflöfter, die Zellen in den Wälvern, bie zahlreichen
Sremitagen Tonnten den Sturz bes Reiches länger und befier über-
auern als andere Iuftitutionen des Landes.
Tournefort lernte noch aus jener früheren Zeit eins ver
erühmteſten ver überlebenden Convente, das Sct. Johannes-
Lofter, eine gute Tagereife von der Küfte abgelegen, in einer
oildromantiſchen Gegend Tennen, bas, aus Holz gejimmert, am
Abhange eines fteilen Felſens auf ſchwindelnder Höhe nur auf un
ormlichen Baltenftufen zugängig und dadurch vor Weberfällen ge
ichert lag. Es war von Brunnenquellen, Bächen und Wiefengrüns
sen reizend umgeben, bejaß alles Sand drei Stunden im Umkreis
ioch aus alter commenifher Zeit und mehrere Meierhöfe in den
Thälern, auch Sennen auf den nahen Alpen nebft einigen Häufern
m ber Stapt zu feinem Unterhalt. Hainbuchen, Eichen, Eſchen
ind hohe Tannen umgaben es. Auch Fremde, italienifhe Sran-
97%) Zallmerayır a. a. D. 6. 3%. ) Ebendaf. ©. 339-354.
DL} Klein-Uum. 5. 19.
gibcangr« Mönche, hatten fih im 14 Iehriumbert vvr Dem
Sqhutre der Conmenen in Sinspe, Samfun und Trepeunt
niebergelafien und port Hogpitien ſtiften Aümmen
Grlänterung 2.
Tarabuzun bie Türkenftabt, " Drabijon ver Armenier, Trap
aunde ber Staliener, Trebifonde ver Franzoſen. Ihr comme
cieller Aufſchwung in ber Gegenwart,
Die Türkenftadt Tarabuzun, Tarabozan ober Trabizun
bat im den erften Zeiten des Beſitzes berfelben ben Srogfultuun |
als ein ſicherer Waffenplag im Often des Reiches zur
ber Nachbarſchaft und Erweiterung der Herrfhaft nach biefer yes
tiſchen Seite him wichtige Dienfte geleiſtet. Es ging dies fig
daraus hervor, daß fie zur Reſidenz des jedesmaligen Thea
folgers beftimmt wurde, und bie vier folgenden ottomanifchen
fultane, fagt Ewliha Efenvi) fer beſuchte vie Stadt im
1648), wurben hier geboren; Muhamm ed IT. felbft brachte fig
mehrere Yahre zu, feine Söhne und Nachfolger unterwarfen ſich og
hier aus bie Lander Georgien, Mingrelien, Abazien, bes
70 verfdiebene Tribus tributpflichtig gemacht wurten. Sie mußten
jährlich ihren Tribut an ſchoͤnen Knaben umd Mäbdchen am ng
Statthalter von Tarabuzum abliefern, mit andern Waaren, mis
Kampfer, Wahs, Pelzwerk, 1000 Stüd Leintüdher dB
Kücentücer für die kaiſerliche Küche u. a. m., und mit Ablieferung
diefes Tributs wurden erft alljährlich die Bunduiſſe mit ühmen ap
neuert. Bon bier aus wurden bie Kriegäflotten zu
gegen bie Krimm und ben Tatarenfeind ausgeräftet, der vom
mit Corfaren und Fandtruppen gegen Rumelten hin fortwährend
Turlenausbreitung nach dieſer Seite hin bedrohte. Die fefte =
ſtadt erhielt eine ganz militärifche Bevbllerung an ben bert
bürgerten Janitſcharen unb den neben ihnen angeftebeiten
riſchen Lezgis im Süben und Güboften, deren neuere
der Efendi nur als eine Eorruption des Namens ver frübern Pa;
bezeichnet. Dies pontifhe Gebiet wurde zum Pafhalit Tara-
#”*) Ewliya Elendi, Narrative of Travels, transl. by v. Hammer 1. c. Londen
1950, Vol. Il. p. 4150, R
Tarabuzun vie Turkenſtadt. en
Iuzun echoben weit 5 untergeordneten Saubſchale ober Diſtricten
wit Teraluzun a0 Gompt an ber Epipe und Refidenz bes Paſchas
Die Vefefligumg der Stadt war eine Hauptferge ber Regierung,
mb bie türkifchen Geegraphen, wie Ewliya und ber gleichzeitige
wehrte Habſchi Chalfa, find?) vorzüglich mit der Sperialbes
Goeibung ver Drei Caſtelle, die ſich eine über dem andern erheben,
nit ihren eifernen Thoren, tiefen umb breiten Gräben u. ſ. w. bes
Häftigt, denen dann die Angaben ber Mofchern und moslemiſchen
Zanctuarien felgen, wie dies aus I. v. Hammers forgfältiger
Inzeige zu erfehen ift77). Auch werden Elementarfihulen, geehrte
Schulen, Bäter, wehltkätige Stiftungen und anberes aufgeführt,
vorumter wie Chavarteriftif der Einwohner als ein luſtiges und
höne& Bolt beroorguheken, das der Gfendi Ewliya wegen feimer
open Farbe mad ber Gchönfeit der Weiber rühmt, die, meift aus
lbazien, Georgien uud Circaffien gebürtig, nur „mit dem Mond
nd ver Spume« zu vergleichen feien; auch werde Die Proſa und
ie Poeſie bier ſehr cultivirt; er zählte 11 Poeten in Tarabuzun,
rom jeder durch einem ganzen Divan vom Ghazelen belannt
i Man zählte dort 7 Elafien ver Einwohner: bie Beamten
Gpeln, die Scheiche und Befengelchrten, vie Kanfleute,
ie Haudwerler, die Schiffer, bie Gärtner ımb bie Fiſcher,
wen won 1000 angab, welhe zu vechbiehenen Sahrespeiten mit
wichieremen Winden anfer dem enteo ¶ Thunf iſch) auch
ch cm halbes Duhend andere Arten fehr jhmadhafter Fiſche zw
gen verhehen, die als Leckerbiſſen von den Finwohnern verfpeift
erden. Die Namen der Fiſche hat Ewliga aufgezeichnei. Die
ahl der Gärten, die im ren Regiſßern eingetragen waren, feien
1,000, fa wiel wüffe es auch Gärtner geben umb mehr, weil zu«
eilen 3 ader 3 den einen Garten befaßen. Unter ihnen feien viele
Geimgärtuer, wenn der ganze Berg Boztepe, der bes Stabt vors
9. fei wur ein Weinberg. Die Kauflente trieben ihren
vorbei mit Otſchalew, tem Koſalenlande, Mingrelien, Eircaffien, der
rim yab ven Abazen. Bon Benetisnern sad Genueſen ift nicht
he dia Rebe, fie hatten wol ihre (aflelle in der Stadt verlaffen
ffen. We dieſe 7 Rlaffen ver Einwehner gehen, ſagt Emliya,
verſchiedenen ühnen eigenthümlichen bunten Trachten einher und
”*) Giban Numa, Geographia Orientalis b. M. Norberg. Vol.1.p.634—630. -
> Die gRatiihe Türke, Res van Ir © Dammer In Wion. Jahr.
2.2. 2. AV. 1821. ©. Mrd.
78 aleini ſien. s.n.
Wechen türkifch, perſiſch mb les giſch, feine eigeme S⸗
nach Eli Smith, ſondern ein verborbener türkijcher Dieleft, cin
türkifches Kauderwelſch, welches die Türken ſelbſt nicht ver-
fiehen. Diefe Lesghier find meift Bootsleute, die Sclaven
und Burbaum von Tſchornk nach Tarabuzun und Miugrelien va,
ſchiffen und mit ven Türken durch Dolmetſcher verkehren. Mr
allen Künftlern der Stabt, jagt Ewliya, zeichneten fidh die Golt-
ſchmiede aus, als die gefchidteften Meifter in der ganzen Welt, fe
fein die Schüler und die Meifter and in Conflantiropel. Ir
Bafen mit Roſenwaſſer, ihre Weihraucgefäße, ihre Schwerter ma
Dolche, mit ven koftbarften Handgriffen verfehen, feien wunden⸗l
gearbeitet. Auch ihre mit Perkmutter eingelegten Waaren, wie Te
feln, Schränfe, Scpreibzeuge, Stühle u. a. fein umübertroffen m
nur den inbifhen Waaren aus Perlen zu vergleichen. Noch here
gehören bie Perlmutterarbeiten zu den belichteften auf dem Bay
in Conftantinopl. Ewliya's Bater war ein Goldfhmie.
Sonſt hatten Iuden in Tarabızun ihre Maroquin -Gerbereien;
da fle fih aber an Türlenknaben verfünbigten, mußten fie die Stat
verlafien, und wenn ein Jude fich mieber in ber Stadt blicken ek,
hatten bie Bewohner das Hecht, ihm ‚tobtzufchlagen. Auch in Be
reitung von Geträufen zeichneten fih bie Bewohner von Zar
buzun aus, benen bie koſtlichſten Früchte und duftenden Germädfe
wie Rofen, Syringen, Birnen, eigen, Grauaten, Orangen zb
fonftige eblere Früchte zu Gebote fanden. Die Birnen von Zum
bugun waren fo berühmt, wie bie Aepfel von Sinope, umb dr
Kirfhen von Kerafus, die Trauben Dilgi üzümi (Fuchötremien)
und eine Kirfhenäpnliche Frucht Karajemiſch (?), welche nirgena
als in Tarabuzun wachen und fehr ſchmachaft fein follte.
Der Botaniler Tournefort ift der erſte chriſtliche Reifente
der neuern Zeit (im I. 1701), welder einige Beobachtungen über
die Stabt Trebifonde?”%), wie er als Franzofe fie ſchreibt, mi
getheilt hat; doc führt er mehr nur vie Ueberfieferungen ber fris
heren Zeit an. Er fand die Stabt noch umfangreich, aber ſchiecht
bevölfert, und darin mehr Gärten als Häufer, die Mauern mei
aus Trümmern älterer Bauwerke aufgeführt, eine Infcriptiom fer
einem Thoreingange der Oſtmauer, jedoch zu hoch gelegen, um fie
volftändig copiven zu können, daher er nur ein Fragment buvem
#"°) P. de Touraefort, Relation Xun Voy. au Levant 1.c. II p. 98-185;
ſ. die Abbiidung Trebifonde. S. 102.
Trebiſonde bei Tournefort. 873
‚giebt. Bollſtandiger ift fie fpäter vom dem englifchen Biceconfal in
Erzerum, Mr. Abbot, copirt und von Hamilton (Nr. 49 im
Appendir) mitgetheilt. Sie enthält ven Namen des Kaiſers Juſti⸗
nianus mit feinen Titeln und den Namen eines Episcopus, ift
aber wol erft, wie viele ber andern alten Refte, nicht an ihrer ur⸗
fprüngfichen, fonbern an einer andern Stelle fpäterhir in die com»
nenifhen Mauern eingeflidt, wo Hamilton an ver inneren Seite
ebenfalls das Stüd eines daſelbſt eingefügten ältern Frieſes bemerkte.
Tonrnefort copirte noch einige andre Inſchriften aus ber chriſt ⸗
fichen Periode der Stadt. Sein Hauptaugenmert war bei feinem
lurzen Aufenthalte in und um Trapezunt auf die Pflanzemmelt ge
richtet. Schon bei ver Hinfahrt bemerkte ex die beiden Rhodo—
benbren» Arten, beren eine er Chamaerhodendros pontica ma-
xima nennt, bie in 7 bis 8 Fuß Höhe mit Stämmen von Mannsdicke
wachſen, die anbre coerulea, die an allen Ufern ver Bäche fiehen,
vom Bieh nicht gefrefien und für giftig gehalten werben, daher ſich
vie betiiubende Eigenſchaft des laukaſiſch-pontiſchen Honigs erflären
laſſe, welche fehon feit Xenophons Beiten ven Alten befannt war.
Bei den Heptacometen, fagte Strabo (XII.549), feien 3 Cohorten
des Bompejus fogar beim Durchmarſche durch den Honig, ben
dieſes Bolt ihnen am Wege vorjegte, vergiftet worden. Bald dem
Rhododendron caucasicum ferrugineum ober Ponticum (wie Pli-
nius), bald ver Azalea Pontica, wie W. Hamilton?®) in neuefter
Zeit, ſchreibt man biefe betäubende Eigenfchaft zu, don ver Dr.
Meyer?) fagt, daß fie noch ferner Unterfuhungen bedürfe. Dem
Rofenlorbeer oder Oleander (Nerium Oleander, Laurier-rose), war
feine entfchievene Beobachtung, Tönne bie Bitterleit dieſes Honigs
nicht zugefchrieben werben; denn biefer fhöne Buſch, ver das füdliche
Griechenland und das ganze innere centrale Kleinaſien, wie Syrien
mit feinen herrlichen Lauben und rofigen Blüthen fchinüde, wachſe
am Pontus nicht und zeige fih erft an ben, Dardanellen und
von da an ſüdwärts am ven Geſtaden des ägäiſchen Meeres.
Bei feinen Herbarifationen, die Tournefort mande ſchöne
nene Pflanze darboten, kam er auch eine gute halbe Stunde vor ver
Stadt, am Meer, zur einftigen Sct. Sophienkirche, davon ein
Theil in eine Mofchee verwandelt, der andere in Ruinen zerfallen
war; vier graue Marmorfänlen derſelben, fagte man, follten vom
”) W. Hamilton, Research. 1. c. I. p. 160. 8.9. 3. Neyer,
Botanijhe Grlänterungen zu Strabo a. a. D. S. 53-54.
BR. 0 Since u.
* dußis jaſe — won aben Pracenint made
Nogricht giebt. Im der Stadt, fagt Tamensfart, dn
* fich wol in hehe die Begfrapen zu ihe kin map
+ feiner Beit aber poll Räuber mod Spitkuhen,
Trebifonde’s Stahtmaner, jagt Jaubers?!), der ae
Vaudſeite ber, aus Armenien kommend, bie Stant Yan ber Gühpenl
fhöuften Contwaft gegen die weißen Waude ber Hänferruike mb
ben hellblauen Dereröfpiegel darbiete· Ihr zur zechten Geile ige
und Zransportihifie, die in bem Hafen ven Platama ige age
* Tide Station zu haben pflegten,
As Macd. Kinneir®) im 9. 1813 von Du ber
Landſchaft Trebiſonde's näherte, werbe bie Züfte bewohnten,
iger wild und bewaldet ala zuvor, beſſer bebaut weit Boca, Ye
Reben; auch war ver Hafen vom Platana fee beicht Die Su
ſollte 15,000 Einwohner haben, vom den verfchichemften Ra ah
Trachten wie zu Ewliga’s Zeit; ex neun Tarken, Griechen
Armenier, Georgier, Mingrelier, Circaffier, Tatun
und auch Suden, Peyifenel, in = Mit des 17. deha
Obſt fein, Einfuhr beftche in Zuder, Kaffee, Welleawrv v
Conftantinopel, Salz und Eifen von ber Srimun; her weſtliche de
fen war fehr belebt. Die Stadt ſelbſt I enge Ar [5
Die Borftabt in OR der Citadellenſtadt iR von Gi beiden ui
wo jedoch auch Bei der erften Beſitzuahme viele Reſte älterer
ſichen geblieben find. —SS ——
vorfpringt, iſt das Esli Seraj (vgl. S.889); es treumt dit beiden lien
in/OR um SR, ben br fee da äh 2 aaaik
Winde, der Weſthafen mm Meinen Schiffen zur Anlerfiele tik
a der Elapt ale man 18 große Moſcheen, 10 Beine griedhle
Binden, & Chan. Noch beſtand ein Gebaͤude, Bezekan mh
⸗e — Paris 1624. —2
en Pe —— An ,
Trebiſonde Dar aemgren Zeit. Li)
ea wahr ſchealich von den Genueſen erkante Caſtell vn
Struchie, jet das Pulvermagazin. Der Voſcha ul
ie mich," Ipnbern Kat einen Müteffelim aber ie Fi
Ant feiner Nüdiche aus der armeniſchen Miffion zud ham
Inmiou ee (im 3.1831) lam Eli Smith von Gümiſch hans
8* Trapezunt, mo er einige Tage varweilene) und einige Breb⸗
über die machen lonute, bie Indem eutgaugen
jah nur wenig antile Spuren, gußer in Mauern amp
und fand e& felbft zweifelhaft, manches für Mauere
am Hafenbau zu Halten, wa ihm uatirlihe Selswanh zu fein
Die noch fichenden Mauern ſchienen ihm nur ans ber Zeit
omgperen, wicht aus helleniſchen Zeiten zu datiren. Die che
dein y mahnten auerhalb der yumauerten Stadt im Ofen
rſelhen in Lanbhäufern, pwiſchen den Bärten, wo Wein und
Feigen iger aber Drangen und Limonen, wenn fps
zut imodefenb, hoch im Freien feine reifen Früchte braten. Ds
Binben heruiite auch hier im Herhſt. doch fei dag Clima nicht um
yefiumn, ohgleid vie bieg eben fein feltener Sof if. Der Gm
ig war wur vom Aoifd, Heinen Tüfteufahrem, befuht; grüße
der Europäer, am 6 bis 8, lagen nur im wmeflichen Hafen
va Plateng vor Auter. (56 waren alles Eonftantinopolitoner, die
iſche Warm wuh Salz für den perſiſchen Markt brachten,
woran fie" qusgelaben haben, ba eg hier qm Rudfracht fehlt,
meißk Über hie aordiſchen Häfen zu Sadungen, über Redutkaleb,
Faganıng Dpella nah Eonftautigopel zurüdgehen, Daher
beßenn hier eiun ziemlich gute Berhinbung mit allen Hüfn am
Meer ia dielcr Richtung; in Confantinppel einhein
milch auch wol, biverk mit Paſſogieren und Fracht
vom fire u onfigntingyel zurüd. Daher hier ein eugliſcher,
framgbliiher uah ſardiniſcher Cauf ul in Gefchäften fanden,
De — Yan Trapezunt hatte ben Titel Ser «aalier.
weihte von Batum an ber Müubung des Tſchetui
nn tie Bft am der Mibyug des Dalye, und laudein
bis zum Gerweili — ——— nach Kara hiſſar, da
wildea Gehirgaland, das fruber yell Anarchie ud Raubhorden, vol
Reukifäfier Tao, ſo Inge die Merebeis (einbeimiſcher Crbadel
13 Sa ud Di aan Armes Load, 1834. p dh,
Hi
2:33
876 7 Rleinzälfen, sn.
noch wicht durch die Paſchas gebänbigt waren. Trier waren ia
der Stabt die Meuhelmorve fehr häufig. Trapezunt fhwm |
als die Schule ver Affaffinen für Eonflantinopel an. wi
Dsman Paſcha, einen firengen Mufelmann aus ver alten Gi
dom Orden der Derwiſche, Berfolger der Derebeis mm In
Helferähelfer, kam durch Gewalt größere Ruhe und Sicherheits
Land. ber viele der Landleute in ber Umgebung von Trapejrit
bie äußerlich fi wie Muhammebantr zeigen, weil fie durh in
Terrorismus ber Türkendespotie dazu gezwungen werben, fele
heimlich griechiſche Chriften geblieben fein, und fpredien, uk
fol ſcheinbar Türken, doch griechiſch. Eben fo find vie"
Bewohner im Difrict Sürmene 6 Stunden im Dfter ie
Trapezunt folde ⸗chriſtlich-griechiſche Moslemen“. We
30 bis 40 Dörfern waren noch vor kurzem drei Biertheife gricfife
Ehriften, die nur der tgrannifche Drud ımb bie ———
Annahme des Islam gebracht hat. Eben ſo bekennen
Armenier aus gleicher Verzweiflung nur äußerlich zum
3 bis 4 Tagereiſen von Trapezunt im Innern des
zwiſchen Riza 'und Batum. Dieß iſt der Peer, Se
{hin (von dem fhon oben S. 83 die Rede war) mit eiuigm fe
dis 80 Dörfern.
Die Lazen, welde die Hauptbevölferung des Kuſtenlauder de
Paſchalik bilden, nehmen aud einen ftarten Antheil an ver
zahl in der Öftlichen Stabt Trapezunt. Sie wohnen im Oſten
Stadt dem Meere entlang, bis zur Mündung des Tſchoruk hl
zum Gurbl; ihre Sprade fol nur ein verborbener Dialer”
Turkiſchen mit vielem andern Gemifd fein, den daher nach Ew!
Efendi die Türken felbft nicht verſtehen. Vielleicht ein mingl
liſches Patois mit ſtarker türkiſcher Miſchung; nad) Dr. X:
Sprachforſchungen aber ein Zweig ber gruſiſchen Steam
ſprache. Diefes Volt fteht in feinem guten Ruf, fle find
Das Sprichwort ver Trapezuntier fagt: "Unter den Grädgten
find die ſchlechteſten die Tſcheraz (vulgär ausgeſprochen
Keraz, Kirſchen), unter den Moslems die ſchlechte ſten
Lazu. Sie find verachtet als Diebe, Räuber, Schurken, unb
ſagi, daß ein jeder für weine Zwiebels feinen Mann erdeche
Die Heimath der unabhängigen Lazen liegt jedoch weiter far
OR, in Laziſtan. Unter türkiſchem Supremat fcheinen fie nicht nobler
geworben zu fein, als fie in. ihrer Heimath find.
Horatio Southgate, der britiſche Eonful in Tropez,
Fu Trebiſonde der Gegenwart. 877
niebt im Safe 18979) bie Nachricht, daß in ben letztverfloſſenen
1O Jahren ver alte längft erftorbene große Hanbelöverfehr in Tra⸗
seauput fich wieder etwas erneuert habe. Seit ven legten 5 Jahren
yatte.fich. die Einfuhr europäiicher Warren gegen frühere Beiten um
8 Bierfache erhöht, und feit dem Jahre 1836 war ein neuer
Impuls duch die Dampfſchiffahrt hinzugekommen. Leider ent-
prach der Zuſtand des Binnenlandes noch nicht dieſem Fortſchritt
»on außen. Die Lage war wundervoll, aber die Stadt und ihre
Bewölferung äxmlich, weit zurüd gegen bas, mas fie fein konnte.
Durch W. Hamiltons am Ende Mai und am Anfang Inli
1836 wieberholten Beſuch zu Trapezunt®S) werben. von dieſem ume
ichtigen Beobachter. manche der früherhin nur flüchtiger mitgeteilten
Anfiten über diefen immer mehr und mehr beadhtungswerthen
nertwürbigen Ort auf ihren wahren Werth zurüdgeführt, vem eine
echt gründliche, eine Anzahl von Yahren durchgeführte Beobach-
ungsreihe jever Urt, bei dem reihen Stoff, ven die Natur wie das
Bölferleben unb ver Völlerverlehr barbietet, vecht fehr zu wunſchen
wäre, bie ums noch fehlt, obwol Fallmera yer in hiſtoriſcher und
ustiquarifcer Hinſicht die Geſchichte von Trapezunt ungemein
ereichert hat, Hamilton näherte ſich der Stadt, bie ı
Dampfichiffe von Eonftantinopel am britten Tage erreiı
Sap Joros fiel Regen bis zum Hafen; doch fah m
Annäherung zu ihm, am Ufer entlang, ſchon fteile Hügel
iefe Schluchten unterbrochen, die vom Meere auffteigen
treuten Hütten befegt, hie und da mit Anbau des Bo!
Stadt ſelbſt zeigte ſich am Fuß einer hohen Fette fanft
ıbfallender, unbulivenver Hügel, die überall walbbevedt x
daͤuſer außerhalb ver Stadt liegen alle zwiſchen Gärten,
nen ‚umgeben und fehen vom Meere eher wie ein We
me Stabt aus. Gegen Oft ver Stabt auf einem M
prumg liegt die Ruine eines Caſtells, früher die Reſidenz
a8 aber aus Ciferfucht von ver Pforte, weil es ihr be
yeoße Selbftänbigfeit und Sicherheit au geben fchien, z
oll. Noch fehlten damals die Hotels in ver Stadt, A
Folge der Dampfihiffahrten entftanben fein mögen. Beir
Ionful Mr. Suter im griechiſchen Quartier, oſtwärt
3%) Hor, Sonthgale, Narrative of a tour thr. Armenia etc. London 1840.
- Voll. p.145—155. ®*) W. Hamilton, Researches in Asia Mi-
norete. 1. c. Vol, I. p.160—162 u. p. 241-243.
jr
o
826 Kin / Afen. 5.
imauerten Stadt, Im weicher noch lunner ir: cka nehea
ver Heienbe gaftläe Aneehne Wit) weſe Oritiüägiätttt
zwiſchen feinen Gärten nur fehr enge Guſſen. ie
ficher, als gewöhnlich die tutkiſchen State — I
fie
i7
18
—
achtet hier feine Hundeſchaaren wit in Stat Tag
Sqhmutzwinlel durchſtreifen. Die Gaſſen mit
für den Fußgänger zur Seite und einem lieferen
ſſerlauf für das Saumthiet, fir hödftens 6
zwiſchen üben, fenfterleeren Erbwaͤuben boer Dar
die nut Feigenlaub, Welnrebeh ober Ephen Wer ;
zeizenbe pyramidale Cypreſſe aus dem buhiiterfiepeiiien tiidben
raume fl darüber emtpörhebt. Mit Ihten laberiuthiſch
Gängen machen fie einen Mofteräbttlichen, m
der aber verſchwinbet, ſobald man Birth Aiebere
nere der Hofräume eintritt. Die meiſt nite eriftdchigetr
gebäube und niederen Erdgeſchofſe Bieten jebäch ven
der Diyeten, Lorbeeren, Rofenfträuche, Weintanten,
bäume, mit Cypreſſen gemiſchi, einen lieblichen
Fenſeit der niebern Hügel), auf denen bie
etwas gegen S. O. erhebt ſich eltı Meller fai
Hocplatte oder Plateaumaffe, welche bei ven
tepeh, d. i. der graue Berg, heißt. Er
bläufichen Trachyt (Augit-Porphät nach Fach), iſt
einem Kuffconglomerat und einem vilerhifdjen Cube
bededt, bie au mandjert Stellen leicht verwittetu, alfd
ſchet Gebilbe, das in Zuſtande der Verwitterung der Begeta
ſehr günftig zu ſein pflegt. Hiet liegt die Ti
torest von O. nach W. ausgebehtt, darch Feetite tor
Tiefe Segrent, in denen dutch vide Brunnen aud Bäche
Gärten fiegen, aus denen der Lurus des ſchünſten Bauunorichſer
eitporhebt, Ben Voffprutig des Wogtepei jkgen bie Deitähfeit
überiägeit noch bie alten zerfallenen deuinen machtiger
Mauern mit quadratiſchen mafftven Thitruen ide Die
Über die Laubkroneen der tief in den Seitenſchluchten j
peln und Cypteſſet hervorragen, mb it beit Appügften geiait
HHUrGT
BAHR
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Blaun von Trebiſonde und Mouillage s. Planche Dad" ae de
Märigüy, Pilöte 44 Ih Met Notre. Cönstidt 6 98; dei
—8 Mr) Aaik Änheurd. T. I. Pl. —xX It ver
Stadt und Hafen Trebiſoude \
Trebifonde bet Degenwart. Lu)
Ophemniäteen Werkluivet find. Diefer Studtthell Richt mit bet of ⸗
warto liegenden Vorſtadt durch eine hohe ſchmale Brucde, wie auch
oexen dit Weſtſeite in Verbindung umd iſt durch ſtarke Pforten vet ·
tewigt, Aber dem bie Reſte eines alten pittoreslen Caſtells mit
hehen Außenmauern des ganzen Umfang zwiſchen beiden Seiten von
ahgieheuren Schinchten einmehmer. Muf einem der ephemnmtram-
te Tharme ſah Bamiltun noch ein paar Metallfanomen zum
Schein ver Wertheibigung. Hier erhob fid auch einſt ber Palaft
der Commenen , beifen Ruinen ganz überwuchert find mit Lorbeer
AR un Rhoredendren aud auderm Geranle.
Dir Geſchichtſchreiber yon Trapezunten), ver vieſe claſſiſche
Loealnat durch vielſach wiederholte Beſuche auf das genanefte zw
erfveſchen Hewi war, mm noch irgenewie einen hiſterijchen Anhalt
von ubtig gödliebenen Denlmalen aufzuſuchen, fand fi in ver
wuenveten labyrinthiſchen Zerflörimg ber vergangenen Pracht
Gerrlichteit anf das betrübendfte getänfht. Nr das Große
der Aulage vom Grund und Boden war übrig geblichen,
den eblofſalſten Trammetn übervectt und parkahnlich überwuchert.
Dopdelburg der früheren Veſchreibungen auf dem hohen fel⸗
Barallelogramm des alten Trapezud mar noch under
; van zu Beiben Seiten, it OR und Mehl, tiefe dels⸗
verũberzichen, deſſen nörbliche Verberfeite breit gegen bus
abfäßt, deſſen ſchmal zulaufende Rüdfeite gega die
wach dent Innern zu nur Yurd) einen kaum 20 Schritt
hmus oder Telsrüden noch mit beinfelben zuſammen ⸗
Nur von viefer Seite war das Trapezplateau dem Feinde
„ daher hier die hochſten Viauern zus Verthei-
te ger Übergegogen wurben. Nach ben anberm
Wet war 83 durch die Natur der ſteilen und
geihägt, nach Mord aber burd den breiten
vem nur eis jehr ſchmaler ebener Sanbftrane
amphitheatraliſch gegen Süd umberlaufen
Bergrambe war dieſes Trapez alfo noch zufammen»
„fonſt won allen Seiunen feftungsartig von Natur un
er Aunſt voritärkt, ganz iſelirt. Von dem ſchwa ⸗
der allein einen Hilnftlicdhen Schurwehr bebucfte,
Diefes Selte allein die Ueberfälle Tommen Tomte, wahm
SFESSERTRLRSEE
Kin !
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34
ſcu
*") Bellmitohen, Bragmenie aus dam Drirut 1. 8. 74 - 04.
820 Aleiu⸗Aſien. 8. 19.
die Lauge biefes nordwaͤrts platsaırartig auslaufenden Gebirgägneigk
bis zum Steilabfall zum Meere eine Strede von etwa 1000 Schrii
ein. Diefer Ianggeftredte Raun bes zu einer Citadellſtadt umge
formten Blateaurüdend von wechſelnder Breite, fagt Falmerayr.
war nicht tafeleben, und oberhalb feines fteilen Abfturzes zum Meere
von einem höheren und nieberen Duartiere von ungleicher Höhe
überragt. Das höhere naͤchſte gegen die Bergſeite war bauchiger,
maffiger, fteiler, hödriger, unmittelbar aus vem Bergzuge heran
tretend, ragte über das niebrigere hervor, das aber fdmaler uns
länger geſtredt war. Eine Mauer, die von einem Schluchtraute
zum anbern querüber gezogen war, treunte beide Quartiere, doch fo,
daß ihre Grundlage noch über die höchſten Gebände ver unterhelb
tiefer und nordwärts liegenden Stabteitabelle hinauttagte / Der
taiſerliche Balaft im oberften ſüdlichen Quartier ragte eben je
hoch über das Iunere der Quermauer hervor, wie dieſe (am 150
bis 200 Fuß etwa) über ven Spiegel des Meeres erhaben wer.
Diefe Palaftburg, die nad) Süden ſpitz zulaufende höhere Hälfte
dieſes Trapezparallelogramms nahın die Acropolis unfreitig ein zu
Kenophons und Juftinians Zeit. Dieß war bie alte Dop«
pelburg. Auf der Acropole überragte ver Palafı alles andere;
feine Scloßmanern waren am höchſten aufgeführt; feine Ausficht
beherrſchte das Meer, die Citadellſtadt aber bie tiefliegenben
berankten Felsſchluchten zu beiden Seiten mit ihren durchgichenden
Vergfirömen und zahlreich fprubelnden Quellen voll immergräner
Beaumgruppen, Buſchwerk, Gärten und Luſtwege. Das war wem
der Natur gegeben, und hat fid bis heute meift erhalten; was die
Kunft Hinzuthat, Liegt zum Theil in Trümmern bis auf die gewal-
tigften noch unzerſtörbar gebliebenen colofjalen Grundmauern.
Imerhalb des mit Ranbmanern umzogenen Citavell-Barallelo-
graunus iſt der befcgränkte Raum gegenwärtig zwar meift mit Mauer
werten und Wohnungen ver türfiicen Bewohner bevedt, doch auch
liebliche Quellen, Canäle, grüne Stellen zeigen fih hie und ba. a
fräheren Zeiten flohen hieher die Bewohner ver nievern Stabtiheile
und Vorftäbte mit ihrer Habe, weun fie, dort durch Ueberfälle bes
droht, hier ihr Aſyl ſuchten. Da aber zur Commenengeit ver Raum
zu enge gemorben war, fügte Kaiſer Alerins IL. (reg. vom 12397
bie 1830 n. Chr. ©.) durch einen Neubau eine dritte Citadellſtadt
hinzu, die zwiſchen dem Parallelogrammfels und dem Meeresufer am
der Schmalfeite des Platerus Liegt und durch eine Mauer von W.
gegen D., welde von Meer zu Meer reiht, geihügt ward. Im
Trebiſonde der Gegenwart. 881
biefer befinbet fi bie Juſchrift vom 9. 1324, welde die Titel
bes Kaifers wie bie feiner Mutter und Gemahlin Irene und Theo-
dora enthält und fehon von Tournefort mitgeteilt wırdes®).
So entftanden brei abgefonverte Burgen, inbem bie eine
immer höher als die andere aufflieg, teren höchſte der Kaifer-
palafl, wo bie jeigen Mofcheen, did früheren. Kichen Hagia
Ehryfotephalos und Hagios Eugenios flanben, bie jegt nur in
größter Verwüſtung liegt, wo eine elende Holzbarade fir Kanonen
ſteht und nur noch die Stellen eines Theaters, einer Rennbahn und
einiger Luſtorte fich erlennen laſſen. Durch eine Doppelthüre der Quer⸗
mauer, welde den Eingang zu ber mittlern Citadelle und zur ein
figen Domliche Chryſokephalos, ber jegigen Hauptmoſchee
bifbet, lann man noch einzelne Säulen, eine Emporlicche, übertüncte
Srescomalereien, aber ohne alle Pracht, wahrnehmen.
die zieralich weitläufigen Beſchreibungen ver beiden oftgenaun⸗
ten armeniſchen Topographen, des ans einer in Trapezunt altange-⸗
ſeſſenen Familie ſtammenden Minas Bfhefhfion®) und des Luias
Indſchidſchean, erlauben uns, dieſe anſchauliche Schilderung durch
einzelne Details zu ergänzen. Sie geben uns bie vulgären, bei
Türken und Armenien in Gebrauch befindlichen Namen jener brei
Glieder des inmern befeftigten Stabttheils, melde fi vom Meere .
zwiſchen ben beiden parallelen von N. nad) ©. hinauflaufenden Tiefe
jchluchten des Ifchgeleboz im Weſten und des Kuzghun De-
reffi (d. i. Rabenthal) im Often übereinanver lagern. Der auf
dem engften füblichften Theile des Nüdens gelegene oberfte Burgtheil
mit dem alten Kaiferfchlofe und dem im Süden bie ganze Befefti«
gung abſchließenden koloſſalen Feſtungsthurm (türkiſch Kulle), bei
welchem das Kulle⸗Kapuſſi (Thurmthor) ins freie hinaus anf
die Hochebene Kulleboji führt, wird eben danach insgemein nur
Kulle, genauer aber Jokary Hiffar (v. i, oberes Schloß), von
den Armeniern auch Njerkhnapjert (d. i. inneres Schloß) ges
uannt; es enthält das Dſchebe⸗ch ana over Zeughaus, zwei Bir
der, ein paar Mofcheen und wenige türfifhe Häufer; von ben
ꝛec) Tournefort, Relat. de Voy. IL. p. 103; Geſch. des ‚Falfetpume Tra⸗
przunt von Vdallmerayer ©. 198; deffen Bragm. I. ©. 88.
) Befchreibung des Pontus in neuarmenifcher Sprade. Venedig
1819. 4, ©. 58—92; Indſqhloſchean, Rewünmenirn,. &.385—39,
beide nach Kleperts Mier.sücberfepung.
Aitter Crolunde ZVIIL gu
[zu Klein-Afien. $.19.
bkunſtreich angı gekrümmten Gängen und Gemaͤchern im Iunern
der koloſſalen Mauer und beſonders von den gewaltigen ſchauerſichen
Kellern und Verließen, die noch bis auf die Neuzeit als Gefäͤngniſſe
und Hinrichtungsorte ſchwerer Verbrecher dienten, ſprechen die Arme
nier als Augenzeugen mit grauſeuder Bewunderung. Weiter nörd⸗
lich, nur duch eine verfallene Dauer mit tem Thore Deni
Dſchami Kapuffy (Thor ver neuen Moſchee) getrennt, Liegt fchen
etwas geräumiger auf dem nad Norden breiter werbenben Küdes
das fogenaunte Mittelfhloß, Orta Hiffar der Tüten, |
Midfhnapjert der Armenier, umgeben von gewaltigen, im ber |
Breite eines Wagens aufgeführten, trotz ber natürlichen Feſtigket
in OR und Welt auch hier, wie gegen die Unterſtadt, Doppelten
Quadermauern; baher denn auch die brei Thore, welche es in R,
B. und DO. mit Unterftabt und Vorftädten verbinven, boppelt, eines
binter dem andern, angelegt find. Das öfllihe Thor, welches zu
der großen öftlihen Vorſtadt ober ber eigentlichen Neuftabt hinans
führt, oben überbaut von einer alten, jegt in ein Gerichtslocal um⸗
gewandelten Kirche, heißt Tabadana (vulgär ftatt Debbagh-chanch)
Kapuffy nad; ven Werkftätten ver Gerber (türliſch Debbagh), welche
fih hier in ver Tiefe am dem Bache des bie befeftigte Statt vom
der Neuftabt trennenden tiefen Kuzghun Dereffi befinden, welches
durch eine hohe an das Thor ſich anfdliegende und bie beiten
Stabttheile verbindende Brüde überfpannt ift, die des leichteren
Abwerfens zur Vertheivigung halber nur an ben Geiten fleinerne
Bögen, in ber Mitte Holzverbindung hat. Diefelbe Eimichtung |
bat die zweite Brüde, welde zur weftlihen Vorftabt über das
Thal des Iſchgeleboz aus dem weſtlichen Thore des Mittd-
ſchloſſes führt, das nach dem dabei befindlichen Stabtgefängnifie
gewöhnlich Zindan-Kapuffy (Kerlerthor) over auch Zaghan os
Kapuffy, nach dem Namen eines Heerführers Sultan Muham ⸗ |
meds L., ver fid hier beim Sturm auf bie Kaiferftabt durch Tapfer- |
keit hervorthat, genannt wird; Daneben fteht ber durch feine Zuſchrift
befannte große Befeftigungsthurm bes Alerios Komnenos. In der
Nähe dieſes Thores ftcht das bedeutendſte alte Denkmal bes Mittel-
ſchloſſes, bie großartige und pradtvolle Ortahiffar- Dfhamiffi,
erſt vom Eroberer-Sultan zur Mofchee umgewandelt, früher Kirche
der »golbföpfigen Dabonnas (zevooxipados Ilavayla), 150 Fuß
ang und 50 Zuß breit, alfo im Langer Bafilitenform, mit hoher
Kuppel in ber Mitte umgeben, im brei Stodwerlen von boppelten
Trebiſonde der Gegenwart, 888
Emporien mit Sänlengallerien, ja ſogar noch jegt ımter dem netten
Kleide, das ber Islam ihr angelegt, in ihrem inneren Schmucke
einen Reft ihrer einfligen Beſtimmung bewahrend, in ben Reſten
einer großen, bie Verkündigung bes Heilandes darſtellenden Mofail
binter dem alten Hauptaltar. Angebaut dem Vorhofe ver Moſchee
iſt eine turliſche Schule (Mevrefieh), für deren Schüler ſich in ven
den Borhof umgebenden Säulengängen Wohnzellen befinden. Ein
anderes benachbartes, der nordweſtlichen Mauer des Mittelfchloffes
angebautes prachtvolles antiles Gebäude ift unter dem Namen
Zigifte Hammami (Doppelbad) zu einem Badehauſe umgebaut
(auch das jogenannte Gjaur- Hammami (Chriftenbab) foll aus‘
einer Kirche umgebaut fein), während der am der öftlihen Mauer
neben dem Tabachana-Thore liegende alte Palaft der Paſchas (Eski
Seraj) durch nichts als durch feine Größe merkwürdig if. Der
übrige Raum dieſes Stabttheils ift dicht bebaut umd enthäft na
mentlich mehrere prächtige Häufer türfifher Großen. -
Dex unterfte und größte Theil enblid ver Ummanerung, das
Aſchaghy-Hiſſar ver Titten, Waripjert ver Armenier (beives
unteres Schloß beveutend), wie das Mittelfchloß eng bebaut und _
ebenfalls viele Palaftbauten von Stein, mehrere Bäder und Dis
ſcheen, dazır auch Chane und Märkte enthaltend, wird zwar öſtlich
längs der in gleiher Richtung mit ben Beiden obern Schlöffern
nad Norven fortlaufenden Mauer duch das Kuzghun Dereffi mit
feiner unteren Brüde am Bazar oder Mumchana Kapufiy
(Markt« oder Wachslichtfabrilen · Thor), ſowie nördlich durch ben
Strand, zu dem das Moloz-Kapuſſy führt, begrenzt; gegen
Weften dagegen dehnt ſich dieſer Stadttheil im größerer Breite
als vie beiden oberen Schlöffer aus und umſchließt mit feiner
Mauer, durch die das Sotgha Kapuffy in die weſtliche Bor-
ſtadt führt, den flachen unteren Theil des Iſchgeleboz-Thales
ober das vorzugeweiſe foggnannte »Thalquartier« (Dere Mahallefft),
fo daß es auch über die nörbliche Hälfte des Mittelſchloſſes weſtlich
übergreift umb bie äußere Mauer ſich an biefes erft beim Zaghanos⸗
Thor, in der Mitte ver Weltfeite bes Mittelfchlofjes wieder ans
ſchließt. An viefer Stelle, am äufern Ende ber oben erwähnten
großen Brüde, ſteht auch die Unterftabt mit ber weſtlichen Vorſtadt
durch ein Thor in Verbindung, welches gewiflermaßen das äufere
Vorthor zum Zaghanos Kapufiy bildet und von dem benadjbarten
Imaret der Chatunieh« Moſchee gewöhnlich Imaret- Kapuffy
L3ir]
884 _ Klein-Aften. $. 19.
genannt wird. Daneben nimmt den ganzen vorſpriugenden füh-
weftlihen Winkel der Unterftabt der prächtige neue Paſchapalaſt, das
Ieni Serai, ein.
Das Imaret felhft oder die Armenküche, wo wenigſtens frä-
her täglich, regelmäßige Vertkeilungen von Suppe, Fleiſch und Brod
an viele Vebürftige ftattfanden, bilvet mit einer Medreffe oder Schade
ſaumt den den Vorhof umgebenven Zellen der Schüler, einem Babe
Haufe umd einem Hofpital einen großen Gebäubecompler, in befles
Mitte ſich ver prachtvolle Ruppelbau ber über dem Grabmale ber
Mutter Sultan Selim’s I. aufgefüßrten Chatunieh Dfhami
. i. Damen ⸗Moſchee) erhebt, der größten und ſchönſten im dieſer
weſtlichen Vorſtadt. Weiterhin weſtlich liegen außer mehreren llei⸗
neren zwei große, nach ben Stiftern Erdoghd Beg und Suleimen
Beg benannte Moſcheen, vie erſtere aus einer Kirche umgewandelt,
die zweite an dem großen Plage Kabak Meidan (Platanen-Plag,
falſch Kapan Meidan bei Hamilton) gelegen; dieſer gauze zen
ſtadtiſche vorzüglich von Turken bewohnte Bezirk (dazwiſchen jedoch
auch zwei griechiſche Quartiere: Sotgha und Faroz Mahallefſi eu
haltend) zeichnet ſich aus durch bie anmuthigſte Fülle der Vegetation
in ven Gärten, zwiſchen denen bie Häuſer hier mehr zerſtreut liegen;
daher auch ver obere, an ben Bergabhaug gelehute Theil ven Names
Indſchirlik, d. i. Feigenhain, führt, An feinem äuferften weh
lichen Ende, über eine Viertelſtunde von der inneren Stabtmaner
entfernt, liegt im ſchönſter Lage auf einer die Ausficht über das
Meer und weſtlich bis zum heiligen Borgebivge (Joroz Burum) ber
herrſchenden Uferhöhe das ſchönſte Denkmal des Mittelalters von
Trapezunt, weldes alle Reiſenden beſuchen, vie ehemalige griechiſche
Kirche, jegige Mofchee Hagia Sophia, umgeben von vielen Rui⸗
“nen alter Bauten und einem Heinen nad) ihr benannten neuen Stabes
viertel. Trotz ihres Verfalls, zum Theil ſchou feit der türkiſchen
Eroberung, wo nur ein Theil des alten Baues zur Moſchee einge
richtet wurde, noch mehr in neuefter Zeit durch den Krieg von 1829,
wo ‚fie bei einem ruſſiſchen Ueberfalle als Artilleriequartier mit
Rauch geſchwärzt und beſchädigt, fpäter fogar zum- Magazin dienen
wußte, zeigt fie doch aufer ver glänzenden Architektur, dem fchönen,
von vier gewaltigen weißen korinthiſchen Marmorfäulen getragenen
Kuppelbau (nad Kinneir, Hamilton und Eurzon)’®) Refe
a. Cu: —S ab Ka des Drients, 8.
3 Zaraon, Bicde u fer des Orients, bei K. Koch, Kankeſ
Trebifonde der Gegenwart, . 885
antiken Bilderſchmuds in hoͤchſt merhofrbigen Moſaikfußbbden und
Frescogemaͤlden.
Bon jeher ſcheinen nach Fallmerayers Studiendi) die griechi⸗
ſchen Kirchen des Orients ebenſowohl zu Bitder gallerich ihrer
Heiligen und weltlichen Herrſcher gedient zu haben, wie zum Kirchen ⸗
gebrauch; fo war auch biefe Kirche mit-bynaftifchen Schilvereien bis
in die Kuppel hinauf bemalt gewefen, und in tem oberften Theile
noch ziemlich erhalten, wo die Zerftörung ver Türken fie nicht leicht
hatte erreichen können. Auch in einem zur Seite erbauten abgeſon⸗
derten Glodenthurm fanben ſich ſolche Malereien mit Juſchriften
aus dem Jahr 1433 und eine andere vom I. 1427.
Die fon von Tournefort bezmeifelte einheimiſche Angabe
von Erbamung dieſer Kirche zu Juſtinians Zeit durch den Ban«
meifter der berühmteren Sophienkirche Conftantinopels ift nad
Fallmera yers Erforſchungen Teineswegs begründet, fonbern fie
erſcheint gaͤnzlich als ein Werk der Komnenen; Beweis dafür iſt
ihm das am Giebelfelde der Kirche in großem Maßſtabe nicht ohne
Eleganz in Stein ausgehauene Reichswappen ver Groß⸗Kom⸗
nenen, verſchieden von dem bes byzantinifhen Kaifers. Diefes
hatte den Doppeladler als Sinnbild ver Herrſchaft über Oſt⸗
Rum ımd Weſt-Rum; die Groß-Komnenen in ihrem Anſpruche
als Imperatoren von ganz Anatolien wählten ven aufrehtfte-
henden einfahen Adler mit ausgebreiteten Flügeln als
Sinnbild ihrer Macht und Oberherrlichteit (f. oben ©. 395, Note
über Doppelabler).
Weit ausgevehnter, volkreicher und für ben Verlehr wichtiger
als dieſe weftlihe Vorſtadt (Waryſch nad türkiſchem Ausbrud)
iſt die Bftliche, jemfeit der den öſtlichen Feſtungsgraben bildenden
Kuzghun Dere- Schlucht gelegene Hafenvorftabt, melde durch
immer weiter gehenden Anbau in nenerer Zeit nach und nad zur
eigentlichen Stadt geworben ift, wie dieß and ber einheimifche
Sprachgebrauch anerkennt, der die eigentliche Altftadt, bie oben
beichriebene Gruppe ber dreifachen Ummauerungen eigentlich nur als
Schloß ober Citadelle (türk. Hiffar, armen. Pjert) bezeichnet,
Im dieſer Nenftabt ift vorzugeweiſe der Si des Handels und ber
Induftrie der orientalifchechriftlichen Bevölferung (welcher das Woh⸗
9) Fragmente aus dem Orient, von Ballmerayer. 1. &.123—128. -
86 Klekn-Kfien, .n.
nen innerhalb ver Mauern verboten If) und ber exropkifchen Gem
velsgefchäfte und Eonfulate. Da es hier an Raumruicht fehlt, fe
iſt auch dieſer Stebttheil weniger eug als bie Altſtadt, wit meh
holzernck, großentheils nur einftödigen, von fremmtlichen Gürte
umgebenen Häufern angelegt, hat aber eben deswegen aud bei
häufige Feuersbrünſte und durch Verheerungen einheimifcher Bir
gerkriege wie bei ruffifchen Ueberfällen häufig gelitten mb ſein Aub
fehen verändert. Hier liegen nah Angabe ber beiden armeniiden
Topographen bie übrigen hriftlichen Stadtviertel (außer den beiten
is ber weſtlichen Vorſtadt bereit genannten), benannt mac ten
griehifhen Kirchen Hagios Gregorios Gorgor nad) hieſer
Bulgärausſprache, von ben Türken nad einer benachbarten Se
quelle Tuzlu⸗Tſcheſch me genannt, Sit des griechiſchen Erzhi⸗
ſchofs, ver den Titel Erarchos von Lazikia führt), H. Gear
gios (Jorgi), Chriſtos, H. Kyriaki und H.Bafilios (Ainach
Ießtere der bedeutendſte Kirchenbau, mit einer auf 4 Marmorſaia
ruhenden Kuppel und einer Juſchrift Kaiſet Juſtinians, mit ben
Datum’ 480; außerdem noch 17 Heinere und viele verfallene gun
chiſche Kirchen, deren überhaupt, mit Einfhluß ver jegt auch meh
zahlreichen Kapellen in ben Häuſern der Vornehmen, früher erw
unglaubliche Zahl in Trapezunt vorhanden geweien fein fell Er
meniſche Kirchen giebt es, ausſchließlich in demſelben Stabeihel,
vier; jebe umgeben vom dem zu ihr gehörigen Begräbnikple:
Surp Asduadzamair (heil. Gottesmutter) mit Borhof, Gloden
thurm. und 5 Altären, ftatt der bei ber türfifchen Eroberung go
ſtörten Dedenwölbung mit einem Holzdache übervedt, im Borhei
noch Imfczriften vom I. 1414 zeigend; Surp Asduadzadzis
(Geil. Gottesgebärerin), urſprünglich auf Jeſus (armen. Hifas)
Namen geweiht, gewbhulich aber nad) einer Legende von wunderbarer
Nettung eines beim Bau herabgeftürzten Mannes Tihardapen
(d. i. ſchadenverhütend) genannt, nad, einer noch erhaltenen Iufceift
im 9.1431 vom arnıeniihen Fürſten Chodſcha Schamsadin erbast;
S. Sohannes und ©. Okfend (Auxentius), türliih Sulu Re
naſtyr (d.i. Waſſerkloſter) genannt, welche Heiner als bie übrigen,
aber durch die damit verbundene deeſidenz des armeniſchen Meize
politans bedeutend iſt.
Moſcheen giebt es in dieſem mehr von Chriſten bewohnten
Stadttheile weniger als in ven übrigen, nur drei derſelben find ber
deutend, mamentich -die ſegenauntz Marltmoſchee (Tſcharfhy
‘ Trebifonde der Gegenwart. - 887
Dfhamiffi), die an dem 280 Schritt langen und 180 Schritt
breiten jchönen Plage Gjaur-Meidani (d. i. Chriftenplag) gele
gene Meidan-Dfhamiffi, und bie prachtvolle, durch das erſte
Freitagsgebet des Eroberers Sultan Mehemmed eingeweihte Jeui
Digüma’a-Dihamiffi (d. i. neue Freitage-Mofchee), welche
bis zu jener Zeit als chriſtliche Hof- und Klofterkirche ven Namen
Hagios Eugenios führte Sie liegt im oberen ſüdlichen Theile
der Neuftabt, ber fih am Abhange des Boztepe (des granen
Hügele) hinaufzieht, der öftlichen, durch bie Tieffcludt bes Kuzghun
Dere getrennten Schloßmaner unfern gegenüber, auf einer jetzt mit
Buſchwerk wild überwachſenen Bergkuppe. Diefelbe hieß früher das
Mithrion, weil da, wo ein Hauptluftort der heidniſchen
- Zeit war, ein Heiligtfum des Mithras und eine Statue biefes
Gottes geftanden hatte. Die Legende fagt, daß unter Kailer Dio⸗
detian (im I. 281 n. Chr. ©.), als hier das erfte Evangelium
Wurzel faßte, ein Anhänger ber neuen Lehre, Eugenius, mit eini⸗
gen feiner Landsleute in einer Nacht die Statue des Mithras in ben
Abgrund geftürzt habe, und bafür mit den Seinen habe ald Mär
tyrer büßen müffen, aber varum ber hochverehrte Schugpatron von
Zrapezunt geblieben, zumal zu Zeiten der Eomnenen zu hohen Ehe
ven gefommen fei, da ihm bie prachtvollſte Reichskirche erbaut warb.
Damals wär der beliebtefte Name aller chriftlihen Kinder Euges
nius, feine Münze der Kaiſer wurde ohne das Bild bes St.
Engenius auf dem Revers geſchlagen; er trat überall ald Pon⸗
tifex ober Episcopus, als Ritter mit dem Krenz und Heiligenfchein
in ben Biltwerfen hervor, das Klofter wurbe ihm zu Ehren, als
Retter bei einem großen Brande, ber unter Kaifer Alexios III.
(135090) die Stabt verheerte, geftiftet, und feine Kirche wurde
die Krönungsficche, wo bie größten Feſte gefeiert wurben. Aber
dieſer Schugheilige, don dem man einft bie Regeneration*bes
vielgevemüthigten trapezuntiſchen Staates erwartete, Tonnte den in
allen feinen Fugen ſchon morſchen Staat nicht retten.
Die diefem Prachtbau füdlich benachbarte Heine Kapelle und
Weihbrunnen (Ajaama, üylaoıa) des H. Georg (von ven Türken
Cbidrelez oder Chydrylhz genannt und mit bem Propheten Elias
ibentifieirt) ift nur merkwürdig als eine der manchen, für Die beiden ,
fonft feindlichen Religionen gemeinfamen Cultusſtätten; ber Heilige
dicht durch fein angeblich Wunder ver Heilung wirlendes Waſſer
ſtets gläubige hülfeſachende unter Chriften wie Türken an, vorzüg ·
838 Alein⸗Aften. |
lich if an feinem Gedenktage der benachbarte aumuthige Thalgemb,
genannt Gölstfhair (bie Seawiefe), ein ber Begab
gungen der ganzen Stabt, wie Indſchidſcheau und Bihefätien
berichten.
Der feile, in Fels gehauent Stufenpfab, weldier fi} dom ie
Mofchee längs bes fteilen Norbabhanges des Boz-tepe hinarhch
führt weiterhin zu einem weniger. bebeutenden Hefte ver Roman
zeit, einem Nonnentlofter (daher von den Türken Kyzlar-Rı-
naſtyry, Mädchenlloſter genannt), mit Meiner, aber gan ix a
lebendigen Felſen ausgehanener Kirche ver Gottesmutter (Ierıyla
Oeoröxog), armlich und feucht, burd die Nähe bes baräber uk
ſteigenden Verggipfels aber noch jeht im Geruche vorzüglichet de
ligkeit, die man and ber aus ver benachbarten Felſengrotte jr
delnden Quelle zufcreibt; namentlich fol der Gebrauch derſcha
Jugend und Schönheit verlängern, wie man einem franzöfkke
Veſucher erzählte"). Daher denn auch der Schmud vicer de
ſchriften und ſchlecht reſtaurirter Frescomalereien ans ber Zi
Alerios II. und feiner Gemahlin Theobora, ber Erbare x
Kloſters und feiner Zellen. Noch fah man dem Heft einer an
prächtigen Vorhalle, die fid von der fpäten Türfenzerftärug in
17. Jahrhundert erhalten hatte Aus einem der Fenſter did
Kiofters hatte Tournefort feine Vue de Trebisonde (pi
a. a. D.) gezeichnet, welcher der Fragmentift einige Trene zuge,
bie aber doch wenig geeignet if, ein dharacteriftifches Bid der run
tiſchen Landſchaft zu geben, das viel eher durch ben grastirke
Pratüberhlid vom Graſungsplatze der. Karamanen auf ba
Gipfel des Boztepe (Grautopf) gewonnen werben kaunn, ben me
geehrter Botaniker und Reiſende K. Koh ®) zu ſchildern verfmdt a.
Ein ähnliches, jegt verfallene® Mofter mit telfenfapelle, ba
5. Sabas geweiht, Tiegt weiter Bflid} an bemfelben Berge.
Gegen Norboften, nad) dem Eingange bes Degirmen ⸗Thale p
tritt der Abhaug dieſes Verges näher am ben Uferranb vor, iaen
bas Meer hier im Ofen der Stabt eine weite Einbuchtung gm
Süden macht; ber äuferfte ins Meer hineinragende Felsverfpun
trögt die Ruinen eines alten griechiſchen Koſters, der werbermate
"3 1 Chr Tenle, Pensben ot notes ag extraites du joursal de mm
'voyages. Paris 1842. T. 451. ) 8. Koh, Barderıya
im Driente. Weimar ie ©. 4 —— J
Trebiſonde der Gegenwart. 889
Alſheiligen Iungfrau» (ITovayla Néovoa) geweiht. Wo von hier
nach Weften hin ber Uferrand allmählich breiter wird, beginnen die
äußerften öftlichen Vorftäbte von Träpezunt, das türkiſche Viertel
Ai Filibo, vom einer in eine Moſchee umgewandelten früheren
griechiſchen Kirche fo benannt, und das von griechiſchen Töpfern
bewohnte ımb danach benannte Tſchömlekdſchi-Mahalleſſi.
Bei letzterem, welchem ver oben erwähnte Gjaur Meidan (mo bie
Ianbeinwärts ziehenden Karawanen ſich zu verfammeln pflegen) und
die europãiſchen Handelsniederlaſſungen benachbart find, befindet ſich
ein im Sommer viel benutzter, bei ſtürmiſchem, hier ſehr oft eintre⸗
tendem Wetter aber nicht benugbarer Landungeplatz; fonft ift dieſer
ganze Uferrand ber Neuftabt, wenn auch nicht hoch, doch felfig und
ſteil abfallend und ver Schiffahrt gefährlih. Den am weiteften in
der norböftlichen Ede ver Neuftabt vorfpringenben Hügel des Ufer-
randes nimmt ein von Gärten umgebener Palaft ein, ben wegen
der Schönheit ver Lage, welche bie weite Ausfiht auf die ganze
prächtige Küftenlandfchaft beherrſcht, im Yahre 1740 ver damalige
Paſcha ütſchindſchoöghlu Ahnen aufführen ließ, ven aber das rufe .
ſiſche Bombardement von 1807 in Trümmer legte, fo daß fein frü«
herer Name Kyzyl Hiffar (rothes Schloß) im Vulgärgebrauch in
Biran Hiffar (müftes Schloß) fidh veränderte) (daher auch, obwol
weniger genau, in anbern Berichten, oben S. 874, Eli Seraj genannt).
Sunenefter Zeitift diefer Raum zur Anlage verneuen Ouarantäne benugt
worben, freilich zunächft für bie zur See anlommenden Perfonen und
Barren, durch echt türkiſchen Mißbrauch aber aud, um bie Anlage
einer binnenländifdhen Orenzquarantäne zu erfparen, hier mitten in
der Stadt, alfo ohne allen Nugen, für bie aus Perfien ankommen»
den Rarawanen benußt, daher man zuweilen mit Waarenzügen von
bis 2000 Laftthieren bie weitläufigen Höfe bes Gebäudes ganz an
gefünt ſiehtꝰ).
Einen eigentlihen Hafen hat die Neuftabt eben fo wenig als
die weftliche Vorftabt, und Taum verdient auch dieſen Namen ber
längs ber Norbfeite ver befeftigten Mittelſtadt ſich ausdehnende alte
Hafen %) (Moloz Isleleſſi von den Einheimiſchen genammt). Zu
m Ra, Indſchidſcheaun und whheltnun “a. aD ) L. F. Walpole, _
ınsayrii and travels in the further East. London 1851. Yol u
» * ®*) Consol J. Brant, in Journal of the Roy.
je M ei 1905 K. Koch, Wanderungen im Orient. Weimar ie
890 Klein-Afen. ü 5. 19.
beiden Geiten der Mündung bes flachen Iſchgeleboz ⸗Thales, ea
eine Biertelftünde von einander entfernt, treten Bier ein paar afte,
aber" zum großen Theile zerftörte, baher ver Schiffahrt gefährkih
geworbene Molen nur ein paar hundert Schritt weit in grabe nörbe
Tier Richtung ins Meer vor, bie fomit vor ben Bier gerade bes
ſonders zu fürdtenden Nordwinden nicht den mindeſten Schu
geroäßren. Die Enge des ganzen Raumes und der Einfahrt zeigt
biefen Hafen nur für die Heinen Auberfchiffe der Alten und vie
heutigen türfifhen und laziſchen Küftenfahrer beftimmt, während vie
größeren Fahrzeuge der Neuzeit im Sommer vorziehen, draußen auf
der ganz freien Rhede zu bleiben, im Winter aber die fihere Sta |
tion bei dem nur 1% deutſche Meilen entfernten Platana a |
benugen. J ”
Ueber die früheren Hanbelsverhäfniffe ber Stadt berichtet ame |
führlich ver ehemalige franzöfifche Conſul hierſelbft, B. Fonta-
nier?”). Seit vem legten Jahrzehnt aber wird mit jevem Jahre,
wie Hamilton bemerkte®), der Handel von Trapezunt immer
wichtiger. Außer dem früheren ftets, wenn aüch abgeſchwächten, doch
im Gange gebliebenen Verkehre nit Perfien, ward ein nener Hans
delsweg mit Diarbekir und Arabfir in Armenien eröffue,
auf dem große Nachfrage nach britiſchem Cottontwift ſtattfaut,
weil diefer auf ven dort einheimifchen Webeftühlen weit mehr als
zuvor mit Seide gemifcht, zu gemifchten fehr beliebten Zeugen vers
weht wird. Im Bazar fand er die Buben reichlich mit engliſchen
Baummollenzeugen und Cattımen verjehen; bie mehrften in Trape- |
zunt anfommenben Waaren fanden ihren Fortgang über Erzerum
und waren für Perfien beftimmt. Ueber ben fo wichtigen ufe
ſchwung, ven Trapezunt im Hanbelsverfehr genommen hat
unb ferner nehmen wird, verbanfen wir bem genaueften Kenner
beffelben, dem Herrn Rudolf Göbel, perfönlihe Mittkeilungen,
fär die wir une ihm ungemein verpflichtet filhlen®®), umd verweifen
deshalb auf feine inhaltreihe Schrift, hier nur das hierhergehörige
hervorhebend.
a0") Demiöme Voyage en Anatolie. Paris 1834. p. 222 00. du com-
morce de Trebizonde. *) W. Hamilton, Bes. 1. e. I. p. 282.
* — ar at niet, Öfereei, Eoaful zu Trapezunt, Ueber
. ven pontiichen Handeleweg und bie Berhältniffe deo europälfdpers
ſiſchen Veriehrs. Wien 1849. 8. ©. 2, 7, lin.f.w.-
J
Trebiſonde ver Gegenwart. en
Mit der im Immern Kleinaſiens durch Unterdrückung der meift
raubſüchtigen und kriegeriihen Dere Beys ober Thalfürften
hergeſtellten größeren Ruhe und Sicherheit der Landſtraßen und des
Eigenthums traf, fagt R. Göbel, vie feit 1836 in Gang gelom-
mene Dampfichiffahrt auf dem Schwarzen Meere zufammen,
wodurch der große Weltverkehr älterer Zeiten, ver faft in volle Uns
bedeutenheit verſunlen war, wieder zu neuem Leben erwedt werben
konnte. Zwar konnte der große nrältefte Waarenzug ver Aſſyrier
und Kolchier, ober auch derjenige füh-indifhe Waarenzug,
den Maſudi bei den Urabern kennt, ober ver der Genuefen im
Mittelalter, fi bier, nicht wieber verjüngen, weil dieſen birectere
Wege über Suez und das Rothe Meer eröffnet find, wol aber
der Waarenzug nach dem nörblihften Indien und Norbper»
fienW) und ihren Nachbarländern. Samfun und Trapezunt
waren als vie einzigen Thoreingänge von der pontifchen Küftenlinie
gu ben Strafen des Innern Kleinaſiens im Gange geblieben, aber
auch diefe waren durch bie ſchlechteſten Wege die große Winterhälfte
des Jahres faft unzugänglic geworben, und auch in andern Jahres»
zeiten, ſobald um Regengüſſe einfielen, höchſt beſchwerlich geblieben.
Die Borfhläge engliſcher Kaufleute duch Eonful Brant in Tra⸗
pegunt, vermittelt einer Actiengeſellſchaft von da die Wege ver alten
Handelsſtraße nad Erzerum in Armenien gegen Einnahme
der Wegemauth auf eine gewiſſe Neihe von Jahren cantracte
mäßig zu bahnen, wurde vom türkiſchen Gouvernement, mie ges
wöhnlich in folhen Fällen, aus Argwohn nicht angenommen, und
als Fihft Woronzow, Gouverneur von Translaufafien, durch bie
Wegbahnung ver Küſtenſtraße am Pontus von Redutkaleh (in
der Rähe von Batum) auf ruffifhem Territorium zur Per⸗
ſergrenze ver Handelöftrage nad dem Innern eine Ablen⸗
tung von Trapezunt zu geben brohte (im I. 1848), wurbe bag
türtiſche Gouvernement genöthigt, feine Befehle zur Bahnung des
Weges von Batum über Kars nach Bajezid zwar zu geben, aber
die Firmane blieben, wie fo viele verfelben, unausgeführt, vos
wiberfpenftigen Paſchas beeinflußt.
So blieb nur bie alte, beſchwerliche Handels ſtraße (u
deren zwedmäßigem Ausbau nad europäifcher Art unter Leitung
*°°) J. Brant, Journ. in Journ, of the Roy. Geogr. Sae, of London.
1836. Voh NL. p.489. -
893 Mein-Afen. g1n.
Bfterreihifcher Ingenieure ein Anfang im Yahre 1850 aller»
dinge gemacht worden M), aber nad; neueren Nachrichten andy
wieber liegen geblieben ift) von Trapezunt über Gümifch chaua
nad Erzerum und Tebriz für ven Landverlehr ver Karawanen
und bes Gütertransports übrig. Couriere (Tataren) der Gefanbt-
haften umd Confulate der Europäer legen dieſen Weg bis zur
perfifhen Grenze vor Tebriz in 7 Tagen zurüd; Karawauen braz-
en dazu 27 bis 30, im Winter wenigftens 40 Tage. Bon Tra-
pezunt nad Erzerum find 7 bis 8 Tage, im Winter 10 bis 12
notwendig, wenn bie Strafe überhaupt gangbar ift, was nicht
immer ber Fall if.
Außer dieſer eigentligen Commercialftraße, welche bie
Hauptroute bildet, find noch zwei andere möglich, bie aber nur im
Sommer zu begehen find und nur iwerfig benugt werben. Gämifd
chang ift alfo ver Hauptpaffageort, um zur Stabt Erzerum
mit 33,000 Einwohnern und zum perſiſchen Reihe mit 10
Million Seelen zu gelangen, die des Weltverkehrs fo benärftig finb?).
Ihrer Ausfuhrartikel nach Kleinafien, von ber bie meiften auch
über Trapezunt zu gehen pflegen, find aber bei dem Reichthum
Perſiens an, Rohprovucten viele und mannicfaltige: Pferde nub
Maulthiere für bie Karamanen durch ganz Kleinafien, kurdiſche
Schafe mit Fettſchwänzen eben fo bis Smyrna und Conflan
timopel, Och ſen, Schafe, Ziegen, Ziegenhaar, Kameelhaar
und Häute, Bintegel, vie von eigenen Compagnien einen beven-
tenden Export ausmachen; ferner Seide, Wachs, Tabak, Dim-
befi, ein narcotifches Kraut, zum Gebrauch ver Narghiles (Waffe
pfeifen), deſſen Export gegenwärtig ber bedeutendſte Artikel ans Per-
fien in dem muhammebanifchen Weſten ausmadıt. Es ift dies eine
Pflanze, die im Weiten wenig befannt ift, davon aber bie jährliche
Ernte in Perſien auf 3 Millionen Eentner angeſchlagen wird. Ferner
find es Galläpfel, Gelbbeeren, Safran, Indigo, Krapp,
Saflor und andere Farbeftoffe, Burbaumbolz, Oummi-
Tragant, Manna, Reis, Opium, getrodnete Früchte,
Pfeifenröhre aus vem dort einheimiſchen Kirfhbaum)n.a. m.
Aus dem Mineralreich vorzüglih Salpeter, Anripigment,
.*") F. Walpole l.e. p.221. ) R. Göbel, ebenbaf. S. 26, 43, 45.
K. Roh, Wanderungen im Orient. I 1846. ©. 448.
, Handel von Trapezunt, 898
Schwefel, Naphtha, Tärkife; von perfifgen Manufac-
turen: . Shawls, Teppiche, Seivenftoffe, Stidereien,
Chagrinleder, Waffen, gefänittene Steine, Earneole,
Siegelringe, Talismanen. dgl. m. Natürlich werben die Preife
vieler biefer Toftbaren Waaren durch den beſchwerlichen ımb langen
Transport noch beveutend erhöht. Aber in Trapezunt flößt dieſer
Transport zunähft an die wohlfeilre Dampfihiffahrtslinie,
um deren Gewinn ſchon die verſchiedenen Compagnien weiteifern.
Trapezunt ift daher zwifchen ven beiden Polen jenes Welt-
handels Tabris und Eonftantinopel, welde vie großen Em⸗
porien find, der Bermittlungspunct, nicht ſowol ein Stapelort,
fondern ver Spevitionsplag für ven Tranfit. Diefe Beven-
tung ift es, welche buch fo bedeutende Umladungs · und Spebitions«
geichäfte für ale Güter von Perflen und Inneraſien und dem
türkiſchen Europa den Ort mit Hanbelshäufern, Correſpondenten,
auslandiſchen Geſchaͤftsführern, Kaufleuten mit einheimifchen Maͤtlern,
Speculanten, Laftträgern, Reifenven, Chanen, Wechslern u. f. w.
füllen mußte. .
Die Einfuhr der enropäifcen Waaren nad; Perfien über
Tebriz nad Teheran auf diefem Wege betrifft in Maflen fait
alle europäiſchen Fabrikate , die genau verzeichnet find, und
nad) einem (im Jahr 1849 gemachten) Ueberſchlage an 16 Millionen
Gulden betrugen, während die perfifche Ausfuhr zu gleicher Zeit
etwa 2 Million beträgt, der Gewinn alfo für Europa von größter
Wichtigleit erfheint. Trapezunt geht bei folden andauernden und
fortſchreitenden Verhaältniſſen einer glängenven Zukunft entgegen.
Dit ver Vermehrung des Verlehrs und Wohlftandes hat auch
die Zunahme ver Bevölferung ber Stabt gleichen Schritt gehalten:
ie 16,000 Familien freilich, die fie im Anfange des vorigen Jahre
hunderts nach Indſchidſcheans Angabe zählen follte (vgl. oben
©. 874) umb die fid bis zum Ende deſſelben durch bie in Folge
beftänbiger Bürgerkriege und Nebellionen ber laziſchen Provinzen
unb ber daraus entftanbenen Unſicherheit bewirlten Auswanberungen
auf die Hälfte (nämlich; 6000 tückifche, 1500 griechiſche, 500 arme»
niſche) vermindert hatten, laſſen wir als unficher auf ſich beruhen.
Allerdings mag auch im Anfang dieſes Jahrhunderts ber Ueberfall
und bie Befhiefung durch die Kuflen bie Stabt wieder zurildges
+) Göbel, fraͤuliſche Ciufuhrartiltl. S. 5765.
808 Mein-Hfen. 5. 10.
bracht haben, fo daß ber Handeloſtatiſtiker Be auj our nach Angaben
des ſeit 1804 hier beſtehenden franzoͤſiſchen Confulats ihre Seelen⸗
zahl auf nur 16 bis 18,000 ſchätzen lonnte. Dem ſpäteren Ceuful
Fontanier gab man bei feinem erſten Beſuch im Jahr 1826 bie
Seelenzahl ſchon wieder auf 60,000 am, was ſich aber als orientar
liſche Uebertreibung erwies, da er fie bei feinen fpäterm Längen
Aufenthalte nach genauer Angabe auf nur 24,000 ſchätzte, worater
3000 Griechen, 500 Armenier, 300 Katholiten fein follten®). Nech
geringer ift das Refultat von Eli Smith Nachfragen bei ven
Borftejern der chriſtlichen Gemeinde im I. 1831, wonach 90 Take
liſche und 250 ſchismatiſche Kamilien der Armenier, 900, nah aw
derer Angabe nur 500 griechifche gezählt wurden, alſo bie chriftfice
Bevölterung ſich nicht über 5—7000 Seelen, bie ber Geſamimtberöl⸗
lerung auf höchſtens 15,000 belaufen follte. Damals fpürte mar
noch, wie in Erzerum, bie Nachwirkungen bes ruffifchen Kriegs ven
1829, aber feit jener Zeit hob ſich die Bevölkerung zufehenbs:
fon 1835 gab fie ver bortige britifhe Conſul I. Bramt auf
25-—30,000 an (darunter 3500-4000 Griechen, 15002000 Ir
menier), Southgate‘) im Jahre 1837 auf 27,000, worumter
2500 Griechen, 1200 Armenier und 300 Katholilen; Fallmerayer?)
im Jahre 1840 auf 30—33,000 in 5800 Häufern, worunter 400
griechiſche, 300 armeniſche, 90 armenijher und anderer Katholdien
und 8 europãiſche, Koch ®) im Jahre 1843 ebenfalls auf 30,000,
worunter 1000 Griechen, 1500 Armenier, 300 Katholiken, meif
italieniſcher Nation, endlich ein Confulatsberiht vom I. 1847 9)
ſchon auf-40,000; und bie neueften Ungaben beftätigen biefen Zur
wachs vollfommen (vgl. ımten die Notizen von D. Blau).
Ueber die armenifchen Einwohner, unter denen viele reiche nud
vornehme Familien fid, befinden, geben bie beiven Autoren tiefer
Nation die Nachricht, daß fle in die früher faft reim griechiſche
Stabt erft in ber legten Komnenenzeit ans Groß- Armenien, umb
zwar beſonders aus ber mittelalterlichen Hanptftabt Ani nad) deren
Zerftörung (vgl. Erdt. X. ©. 441), dann in noch größerer Menge
aus dem in ben öftlichen laziſchen Bergen gelegenen Gau von Hamſchen
gelonmen feien, was fie ſowohl durch zahlreiche Darüber noch vorhandene
#0) V. Fontanier, Voyage en Orient. 1827. p. 21: Deuxitme Voyage en
Anatolie. 1833. p. 72. *) Hor. Soutbgate, Narratire a. a. D.
vgl. ©.877. 7) Fragmente aus dem Orient. Bb.1. ©. 55, 62,
®) Wanderungen im Orient, 1847. Bd. J. S. 429. *) Auges
burger Allg. Ztg. 1847. Ro. 78,
Clima von Trapezunt. 895
Docamente, als durch ihren Dialeft und mande beſondere Ge
wäuche noch bekunden. Uebrigens rühmen alle Beobachter 1) die
törperfchönheit ber chriſtlichen, namentlich ver griechifchen Bevölle⸗
ung von Stabt und Umgegend, nicht allein beim weiblichen Ge-
chlecht, fonvern auch in dem fräftigen Bau, dem eblen griechiichen
Beſichtsſchnitt, dem ſtolzen Bid und Gang der Männer; Köpfe
nit ſchwarzen Augen, aber blondem Haare follen nad Walpole unter
yeiven Geſchlechtern nicht felten ſein.
Im den. Gärten der Stabt umb ihrer meiteren Umgebung ift
Icberfluß an Obft und Gemüfe, das Clima ift im allgemeinen ber
Begetation ungemein günftig, doch leidet es Häufig am Wechfeln
uch bie über ven Pontus herwehenben Falten Winde, Nebel und
Regenfhauer. Im Winter wird jedod nur felten einmal ein Schnees
chauer in die Straßen ber Stabt hineingemeht, der aber nie lange
iegen bleibt. Feigen und Trauben reifen daher nicht vor Oc⸗
ober und November, ja der Wein wird meift erft Anfang December
yefchnitten, aud geben bie meiften Gärten nur fparfames Obſt,
veil man fie verwildern läßt und nichts fir ihre Pflege thut. Die
Reben ranfen, wie in Oberitalien, zu großen Baumftämmen ſchen⸗
elvi in bie Kronen ver Wallnuß- und anderer Obftbäume hinauf,
ıber bie Laubfülle hindert das frühere Reifen ver Trauben. Cine
Rebe kam In guten Jahren!!) 200—250 Pfund Ertrag an Trauben
eben; Mitte September giebt es bie erflen reifen Trauben, bie
eine befonvere Süße haben; die eigentliche Weinlefe fällt erſt mit
Beihnachten und Anfang Januar zufammen. Zuweilen hängen bie
Erauben bis in ben Fruͤhling an ven Reben. In Koldis reifen
ie Trauben ſchon im März, in Cypern am Ende Juni. Eine .
Rebenart, Jediweren (b. i. fiebenmal gebend) genannt, giebt, wie
ver Eitronenbaum, zu allen Zeiten zugleich Blüthen und Früchte;
ußerdem rühmt Indſchidſchean als ganz vorzüglich die dunkel⸗
Hlaue Art Mührüzen, aud erwähnt er die künſtliche Bewäfferung
‚er Weinflöde durch Leitung einer großen Menge Heiner Wafler-
wäben. Maulbeeren und Granatäpfel wachen überall, aber
Bomeranzen, -Limonen, Citronen und andere eblere Früchte
eifen nur an gefchüßteren Stellen, wie Eli Smith bemerkte,
Nur oftwärts Trapezunt, an ber geſchützteren Küfte von Riza ift
ı) Vorzüglich Dalpole a. a. D. II. S. 209 und J. Ch. Teule, Pensees
et notes critiques. T. I. p. 481. “) Ballmerager, Fragmente
aus bem Orient. L’6, 282.
‚896 Klein-Afen. 5. 19.
das Clima, wo Citronen und Pomeranzen im Freien trefflich ge
deihen, freilich müffen die Bäume im Winter forgfältig eingepeiit
werben#12). Zur Zeit ver Commenen !?) wuchfen fie auch im Freien,
zumal in ven Gärten gegen Hagia Sophia und Kalımima hin, we
die ſchönſten Gärten mit ihnen prangten und nad Ealloandrs
das irbifche Paradies Ing; jet aber entbehren fie dieſe Pflege. Die
Granate mit ihrer Purpurblüthe und fhönen Frucht wächft überafl
als Feldbaum und bringt auch Früchte, die Bergwänbe hinauf bis
zu den Buchenwäldern, doch wird fie auch beſonders in Gramat
wälbchen gepflegt, um aus ver ebleren Frucht (Nar) vun Reime
das allgemein befebte Getränf, das Scherbet, zu bereiten.
Sranatapfel von Ünieh fteht im größten Rufe Bon Fe
ſchen verfchievener Farbe und Gattungen, wilde unb verevelte, hat
man bier 15 verfchievene Arten; ihre Wälder find zur WBläthezeit
von entzüdendem Ausſehen; fle fleigen bis zu 4000 Fuß abfoluter
Höhe die Küftenberge, nah) K. Kochs Beobachtung !*), aufwärke.
Die Olive gebeiht beffer im Hafenort Platana, währen die
trapezuntiſchen nur Hein und fchleht werden; die Wallnuß ki
dem nachbenannten Dorfe Karydia ober Dſchewizlik, ihr Od
wird ſowohl als Speifeöl wie wegen feiner größeren Leuchtfraft
nach Indſchidſchean zu den Kirchenlampen benugt. Die Hafel-
ſtaude (Corylus) bringt die evelften und füßeften milchſaftigen Räfe
(Aegroxapva) zu Riza; bie großen bortigen Hafelnugwälder
des Dorfes Kefhab geben vie berühmten lambertsnuß ähn⸗
lien Nüffe, Keſchab fyndyky (Hafelnäffe von Keſchab) ge
nannt, die in Delicateffe denen von Kerafunt und Trapezunt vor
gezogen und in großen Ladungen nach Stambul und-Obeffa verſaudt
werben. Die Feige von Tarabuzun ift fehr beliebt, wie bie
Birne und Maulbeere aus dem Dſchanil. Noch neunt ber
armenifche Geograph als hier heimifche vorzüglich gefhägte Obſt⸗
arten den finopifhen Apfel (türk. Sinab-elmafy), die fleiſchige
faftige Apfelart Jemurah, bie bis % Pfund ſchwer wird, bie
platte Birnenart, welde die Türken Degirmen-armudi (Mühle
radbirne), bie Armenier Lisjergian-Danpfi (Achſenbirne) mem
nen, bie fogenannte Karpuz⸗ arm udi (Arbufen- ober Wafferme-
Ionen-Birne), bie mitunter bis 1 Pfund ſchwere faftige Birnenart
in Fontanier, Dewitme Voyage. p.81. 1") Ballmerayer, Bragm. ans
dem Drient. 1. ©. —— iR 8. Koh, Banberungen ir
Drieat 0. 0. D. 1846, L ©. 418.
2 Culture und Juduſtrie hi. Trapezunt. 807
ide tſcha nic (armen. »Reenpsaflene), die ſegenanute Baum⸗
selone ( Aghadſch · Karuni), bie Lotuspflaume, armeniſch
35chad, türkiſch Tarabuzun-churmaſſy (d. i. trapezuntifce
Yattel) genauut/ bie Brombeere (Dſovagh ber Armenier, Kara
em iſch der Türken); von letzterer, jo wie von Kirſchen, Aepfeln
ud Biruen werben große Mengen getroduet über See, bejonbers
ach Rußland, ausgeführt.
Für Aderbau ift am diefer pontiſchen Küfte, wie in Tara«
u zu n überhaupt une wenig Raum; auf ben Deltas der Küften-
üffe ift aber nah K. Koch die Ergiebigkeit der Weizenfelder
ußerorventlih. Mais (hier Lazut genaumt) ift das beliebtefte
Betreive, weil es auf jevem ausgerodeten Waldboden gebeiht, leicht
gepflanzt, am ergiebigften ift, im ſchlechten Jahren bod; 40, in
uten Jahren 8Ofältigen Ertrag giebt, auch ſchnell reift und eine
dachernte von Gurten, Kürbifien und vergleichen Gemüſe geſtattet.
5umpfreis wird bei Tarabuzun feiner gebaut, weiter oſtwärts
ber Bergreis, der zwar weniger ergiebig ift, aber wohlfchmeden«
ee fein fol. Korn und Gerfte find nur ſparſam cultivirt, aber
Hanf und Sein deſto mehr und find von vorzüglicher Güte, na«
aentlich werben hier ans Hanf bie feinften Gewebe verfertigt. Der
3afha don Trapezunt hat eine gewiſſe Ouantität von beiden all«
ährlic in natura an bie Hohe Pforte in Eonftantinopel abzuliefern,
ben fo wie au Gerfte, Korn, Wachs und Kupfer. Yın be
ühmmteften ift bie Leinwand von Riza, eine Tagereife öftlic von
Trapezunt. Tarabozun bezi „Leinwand von Trapezunte iſt
‚erühut auf allen Bazaren und Bezeſtans (gededte Marltplaͤtze
ir feinere Zeuge) im Orient, von Saloniti, Conftantinopel bis
Bagbab und fühwärts bis Cairo, Bon Bez, d. i. Leinwand 1),
aben foger die Bezeftans ihre Benennung erhalten, das heißt,
vo Leinwand in großen Maſſen, dam and; ambere Zeuge ver
äuflih find. Bezas heißt ver Leinwanphändler, Bezafiftan
ind abgelürzt Bezeftau, ber Ort, mo ber Verkäufer fit. Die
einem Flachshem den mit kurzen, weiten Aermeln, fagt Fall⸗
meraper, find bei allen Gonbolieren am Bosporus, und bie
einfien feidengleihen Leinhemben ber Ruderer auf ben
Schiffen der Grofipern als Schmud belaunt, eben fo wie bie Lü-
°) Kollmerayer, Fragmente aus dem Orient. I. ©. 281, Not. 282,
Kitter Erdkunde XVIIL, eu
808 Mein Arten,
Gentüder, weide in die Aeiferihe Rüde als Trike
werben mußten, wie die Güde, Taue und Seile beit
Hanf an die Schiffswerfte, und das Leinil, das item
aller Holzhänfer in großen Duantitäten nach Eonftautineped neh
bier ausgeführt wird. Auf den Bazaten von Trapezunt {d
Hamilton Kupfer md Aupfergefhirt «is einen
e
8
ii
|
aus den inläubifhen Yupfergruben gewonnen, DaB in großer Bew
wichfaltigfeit von Gegenſtäͤnden von den Kupferſchmieven in Tara:
bazun verarbeitet wird, und in allen Hauthaltangen, ba als
Unsfattungen und Hochzeiten zu ben nothwendigſten Gaucicc⸗
ſchaften und zum größten Lurus gehört:
Erlänterung 3.
Ger Fluß von Tarabuzun, Sürmel oder Sürmen-fu, Pygir
bei Plinius; Degirmen-fu, ver Müglenfluh, im untere |
Laufe, Matſchuka und Surmelas vie eberen Berzmweigungs
Das Höhlenkiofter ver Panagia ven Sumelas ; ver
Wallfahrtoort.
Nur durch eine vorzuglich begaugenr Oauptſtra ße MR
Trapezunt in Verbindung mit dem Innern Kleinaſient, uuh
die großze Karnmwanenkraße, bie nach Armenien an Gamiſa
ana vorbei Aber Baiburt zum oberen Tſhorat· Qu eſllaudt
führt, ein Weg, der und nach ber Betrechtmug des ganen pruchan
Landergebietes wieder zu umferm anfänglichen Ausgaugeraroctt wit
hydrographiſchen Berhältniffe dieſes ganzen Nordtzebiett
vom Kleinafien zunklfährt. Wenn es nnd noch An paar axter
Seitenwege als dieſe Karawanenſtraßße giebt, die aus der em
Thale des Tarabuzun-Glüfihens direct gegem Gib aufnärt
zum Gebirgspat von Kolabat Boghaz muh Sſt avros up ia
das Thal des Tireboli⸗Fluſſes nach Gümiſch hauv fürn,
fo iſt jene doch die einzige, welche von Erzer um mb Arure aten
und von Baiburt am Tſchornk Aber das Hochgebirge don
Trapezunt an ber Meereslüfte das ganze Jahr gangbar
bleibt, und bie einzige Winterfiraße für Karamanenzäge
ober Heereszüge iſt, während alle anderen über wilbere unb größere
Berghöhen daun durch Schneemaffen völlig verſchloſſen bleiben.
Gebirgspaß von Trapezunt nach Gümiſch chana. 009
Kensphons berthutter Rucmarſch, bemerit 9. Braut,
wit feinen Zehntanfenn Griechen, davon aber nur moch am 8000
abrig waren, die über dieſe Gebirge und dieſe Wege nach Trapazumt
Yinabftiegen, fei zwar Gegenſtand vieler gelehrter Unterfudunagen ger
weſen, —— — mehr genau in allen feinen Einzelheiten
nachweiſen; wenn aber, fügt I. Braut hinzu, ver Boden ſich feit
jener alten Beit nicht verändert habe, fo müffe er denſelben Paß,
dem biefe große Raramanenfiraße bis Heute im Gebrauch he
Yalten habe, ebenfalls gezogen fein, da kein anderer zur Win⸗
terzeit für eim Kriegäheer practicabel bleibe; deun es zog Xeno⸗
phon eben im Winter bier durch. Mas laun in ver That gemeigt
fein, ihm barin beigupflicten, deun was fi in Xenophons
Berichten noch Iscal nachweiſen läßt, widerſpricht biefer Annahme
wicht, fonbere Läßt ſich in manchen Puncten als eine Beftätigung
deuten, wie diek fhon durch verſchiedene des Weges Tommende made
foigende Wanderer wie Mannert, 9. Jaubert, Hamilton,
Minsworth, Koch u. U. geſchehen if. Als Hamilton!) den
Gebirgepaß üherfirg (am 26. Mai), fielen bie Cammthiere und Big
an ben Bauch in die Scmeemafien ein; als Macd. Rinneir ihn
am 6. Imi pafficen mußte, lagen die Sqhnenmaſſen ned a gos
hoch im Wege.
Der Gebirgsſtrom von Tarabuzun ober Trabezuni,
welcher ſich oſtwaͤris ver Stadt am der Sübofifeite des Hafens unter
dem Namen Degirmen (vulgar Dermen) Dere Su, d. i. Mühl⸗
bachthaler⸗Waſſer, in mehrere Mündungsarme ergießt, trägt
dieſen Nomen von ben an ihm erbanten Mühlen im untern Theile
feines Laufes. Er entfpringt am zwei Tagereifen ſudwärts nom
ÜDkeeve anf dem Hochgebirge ver Pontuskette, dem Kolat Dagh
CChulat ſchreibt Inbfhiichenn), und bem weiter Bftlich (wie es
mach der unbeſtimuten Bezeichnung der orientaliſchen Erdbeſchreiber
Ayimt)!®) fih Himgichenben Chofoghlan G ſghner Runde). ober
Sailat · mesdſchidi O. i. Alpen -Maſchee) over Aghathſqh baſchi (d. i.
Boumheupt), verſchiedene Namen für die einzelnen Verggipfel; dan
Quellen des Zireboli« Sinffes (gegen S. W.) und des Tihorat«
“7 Brant. Joumey in Journ. of the Roy. Geogr. Soc. of Lond. 1836.
VI. p. 188. 17) W. Hamilton, Research. 1. c. I. p. 166; Mani.
Kianeir p. BA. ie) Emliya Efendi Le. Il. p. 50 und daraap
Hadſchi n n im Dſchihannuͤma bei Norberg. I. S. 638 und
Fr aa vergl. Ballmerayer, Fragmente aus dem Drient. I.
FE)
200 ee "> sie
Flu ſſes obechalb Baiburt gegen S. O. benachbart, aber um va
ſchiedenen Queilflüfſen, bie derſchiedene Namen tragen, jee ak
dirert der nerbwärts über 8000 bis 9000 Fuß hohen pontijden
Küftentette in wilden Stärgen entfirönen, währenb ver Tire⸗
boliftuß bei Gumiſch ana und ver Tſchornk bei Baibımt af
„dem Gikoabhange verfelben Waſſerſcheidete tte exft im Kid
berfelben weite Umwege gegen Weſten und Often zu nehmen gepmumgn
Find, ehe fie das Meer erreichen können. Durch dieſes Verhältsf
AR die directefte Baffage aus einem biefer beiben Hintern Stu
thaler über den Gebirgspaß von Qulabat Boghaz (vie Pre
‚ober Fauces der Armenochalijbes bei Plin.) bebingt, der im feiner Cala
nation zu 8114 F. Par. (8650 3. Engl) emporragt. Das vide
Gebirgepaß zunächft nordablaufende Thal Merjemana Dere (ee
Rame, ven Kinneir auch, wol irrig, auf das vereinigte Haupthel
Überträgt) oder auch Surmel gewannt, vereinigt fich bei Dide
wizlit, 6 Stunden oberhalb ber Küfte, mit einem ans Weſten im
menden Thale, Matſchka ober Matſchuka, 2 Stuben wei
abwärts aber mit dem aus Ofen kommenden Kalian- Der;
weiter abwärts behält Thal und Fluß außer dem
Namen auch noch ven Namen bes obern Laufes Särmelsfu bei;
den Namen Kerkut erwähnt von allen Zeugen einzig Founus
niert); es ift der Pyrites bei Plinius (in ora ante Trape-
zunta Alumen Pyaites, Plin. H. N. VI. 4), ein Name, ver
Clavijo's Zeit (im I. 1404) noch nicht vergefien war, da die
Neifende ihn dort Pechir nennen hörte, als ex den jetzt ſellen bo
gengenen Weg durch das Matfhula- Thal weſtwärts dom bes
Hauptpaffe des Kulabat Boghaz nah Eaftell Zigama eimfhlg.
Auf der älteften catal oni ſchen Karte bes Schwarzen Meers kei
Buchon heißt ver Fluß noch Pidtcha; auf allen jpäteren bei Gast
umb auch bei Serriftori hat er ven Namen Sormena, Surmen
oder Suzmena erhalten, was mit Sumela ibentifch ift; aber amd
Bſheſchtian und Manganari kennen ven Namen Pyrites als noch jet
im Munde der griechifhen Bewohner lebend; auch rühmt jener feine
teefflichen Fiſcharten Aabalyt ("Buntfihe d. i. Forelle) und Cayın.
Den Weg durch das mittlere Quellſtromthal zum Höhlentloßer
Merjemana ober Surmela hatte fon Tournefort genes ·
men, ohne es mit Namen zu neunen; durch Fall merayer (im 9.
1840) haben wir es genauer kennen lernen; den Hauptpaß af
#19) Yoyages en Orient, Paris i1827. p. 42.
Das Delta des Degirmen Su. vo
Der großen Karawauenſtraße haben Hamilton umb andere genam
beſchrieben.
Das flache Delta, welches der Degirmen ⸗ ſu an feiner Man⸗
dung abgelagert Bat, gehört, wie alle ähnlichen Bildungen an dieſem
eftade, zu den fruchtbarften Mais und Gemüfefelvern und würde
auch Reis ergengen, wenn folcher hier angebaut würde. Hier führt
im ber Nähe der Mündung zur Verbindung ber Stabt. mit ben
üMfich benachbarten größeren Küftenorten Kowata, Fallkos u. a. eine
wegen der häufigen reifjenben Verheerungen des Fluſſes hochgebaute
fürfbogige Steinbrüde hinüber. Diefen unteren Theil bes. Thales
hat von ums belannt geworbenen Angenzeugen nur K. Roc als
Botaniker durchwandertꝰ?); es zieht ſich hier an ber Dftfeite des
Boztepe in ber Breite einer Biertelftunde allmählich, dann aber
an einem Felsvorſprunge als fehr verengte Schlucht, meift mus 60
bis 100 Fuß breit, eine halbe Stunde lang ſteil empor bis zu einer
ſchonen, wohlerhaltenen Brüde von einem hohen Steinbogen
aus ber Romnenen« Zeit. Tamaristen mb der Ganbborn
(Bippophad rhamnoides) uberwuchern zuerft bie Ufer, wie biefelben
Gebüfche fo viele Saudſtrecken der Gebirgeflüffe am ihrem Austritt
in bie Ebene überwachen. Höher auf im Thale folgen vie Wal⸗
dungen ber orilentaliſchen Weißbuche, dam das Gebüſch vom
ir ſchlorbeer (Lauras cerasus), von Rrenzborn (Rhamnus
alaternus), Stehpalme, Chriſtdorn (Paliurus australis) u. a;
auch Heine Kaftanien, Strauche ichen, Hafelftauden, Hart⸗
riegel, Weißdorn, Sumach, Feigenbaum, Apfelftrand,
Zwergmandel, Erdbeerſtrauch. Das wenig maleriſche Thal
wunde bei einer. Hitze von Ne Reaum. weiter aufwärts bis zu ber
Kaffeefhente eines Armeniers verfolgt, wobei ein zerſtrentliegen ·
des Dörfäen von Holzhutten, die, ans bien Bohlen erbaut,
ganz leer fanden, weil die Bewohner mit ihren Heerben bie höheren
Dailas bezogen hatten. Bei jever ver Hütten hatte man eine Meine
Gruppe von Waldımg ſtehen laſſen, während bie dazwiſchen gero⸗
deten Pläge zu Getreivefelvern umgendert waren; von bier wurbe
der Rüdweg nach Trapezunt angetreten. Diefen untera Theile
des Thales, zur Seite auf der weltlichen Höhe, nur eine Stunde
von Trapezunt entfernt, Tiegt das von europäifchen Reiſenden
noch nicht, dagegen um fo ausfährliher von ben Armeniern?t)
”°) 8. Rod, Wanderungen im Drient. Weimar 1846. I. ©.433—445.
1) Indfhiofheen, Nen:Armenien. &.390—392; Biheichfian, Beſchr.
des Pentus, ©. 8285, nach Kleperts Mfcr.Meberfegung.
. alein · Aſten. sn
beſcheichene befeftigte armeniſche Kloſter Umjenaprgitik
&. i. Allerloſer), von ven Türken Schems edli Manafyı p
meunt, mit großer Kirche und heben Glockenthrrin; wit eine Se
ſheift des Erbauers Chodſcha Stjepannos Sg ems edli —A
—8
a ber re a Umveit des Bio
Tindet ſich eime für heilig gehaltene Duelle fapdusfien Wales
(Eusaghpiur, b.i. Lichtquelle, vom ben Armeniere gemaunt), bem
lauge Verehrum⸗ a ee
i a en
$. Memas noch jegt Ajomem genannt wird, eine Strecke von i
—— — Die itung aber, welche bie eisen
Etadttheile des alten Trapezunt fehon tm Alterthum mit ae
Iımt 1813: Rinneir, Journey. p. 34%; 1826: J. Fontanier, Yoygs
u ?. 35 04.; Saii 1838: Mamilton, —
PA 1840. &htahı G, Badari, Bel In den Orient. Hei
9 1840. 14 Ch. Texier, Voyage en
pl. 175; 1840: E. Flandin et P. Cosse, Voyage . 5
Vol. l.p.as eq.ꝭ 1840: dallmeraver, Fragmente aus dem ODu⸗⸗
1 6.131 5.; 1857: D. Bien, nad mändl. ——
in umgeegrir Richtung von ©. nad R.; 1806: Bei
1830: Eli Smith and Dwight, Missionarg Researches. — —
Ainsworth, Travels , Wel.ll. p. 397; 1851: F. Walpele, the da
sayrii and Travels in the further East. Vol. IL p 20729.
Das obere Degirmen Dere. "08
none Ghauffirung Hereite erwähnt haben) hinan, han beflen begraſtem
Rüden ſich nochmals die prähtigfe Ausſicht anf das ganze weite
Amphitkeater von Stabt, Borftäbten, Dörfern, Hochgebirge, Walde
dergafien uuh Meer eröffnet. Nach beſchwerlichem Anftieg und etwa
Hmeiftünnigem Marſch über bie Hühen (Bloß Fontanier amwähnt
ver ein Dort, Seveſchiaxi, 8 Stunden von ber Gtabt, wo ſich
hie Zelleinnahme befaud) fenkt ſich bei Weg bei ven foger
Drachen⸗ oder Schlaugenbrunnen (Apaxorraunyadı
nach Zacha ri ae und Fallmera her), wo einft Kaiſer
igp I. mit dem Veiſtande der Panagia das verheerende Unthier
haben ſoll, Bft im das uns fon helanute Sürmel⸗ ſu
jemenr Dere hinab, um biefem sm weiter aufwärts zu
femme ohne Ausnahme, mögen fie vom ber See
apezunt ia Dies poutiſche Gebixgeland eintreten ober daß-
L je ihres Landwegs von ben üben traurigen Hoch-
xmenient herab durchziehen, ftimmen überein im Preiſe der
wilsmontifhen Alpennatur dieſes Thales· der zit hun
Bafostälen fein ſteil abfhäffiges Bett erfüllende Berg
je bad; anfgcthürmten Seligunände, in jeber Spalte wie auf
ipbhn pom pröntigften Walbgrün der Edeltannen, Buchen
um Nußbaume helfeivet, bie dazwiſchen in den Senkungen
Ah binaufzichenden frifhen Wiefenmatten, reich geihmidt mit
loſen Xhododendren und Azaleen, die bis ins Spätjahr (no
nach Flaudin) bläpend die Luft mit ihren Wohlge⸗
eriifen, bilden eine überauß reizende Landſchaft, deren Aehn⸗-
4 mit den herrlichen Scenerien ſchweizeriſcher Bergnataur noch
gehober wird durch die überall ſichtbaren Spuren fleißiger Den
; den mühſamen Anbau fleil geneigter Bergabhänge, forg-
Inmwe Benutzung per Waflertröfte zu zahlreichen Mühlen und Eifen-
hömwaa, xeinliche, auf den Matten zerficeute aber unter dem
hoher Lonbpäcer verſtedte Häufer der zierlichften Holy
‘ han, bie in ‚größener Nähe her Stadt größeren wohlgebauten
Steinhäufern Plotz machen. Aber hinter ver Privatbetriebfanteit
ter grie hiſchen Bepöfferung Bleibt bie Fürforge ber Öffentlichen Ge-
weit zurüd, ver Weg efinbet Bd) bei dem gänglichen Verfall
des alten Steindammes in biefem ſtets feuchten und regenreichen
Fäftenlnde im traurigſten Bufanb, fo daß oft game Truppen von
Laftthieren (Zügen von bis zu 250 Eſeln, Kifen nach Fezerum
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ſchleppend, begegueten hier Hamilton) reiiungstes im Ghlamme
fieden bleiben, da der theils graue, theils röthliche Thoubeden, ver
als Refiduum vulcauiſcher Breccien und verwitterter Trappe
Trachyte (nach demſelben forgfältigen Forſcher) die Thalſehle Het,
bis zu beträchtlicher Tiefe aufweicht.
Fünf Stunden oberhalb der Stadt, nachdem man das von Dfiee
einmändende Ralian Dere (nad Fontanier uud Dlan) 66
gelaſſen, gelangt man fo im Hauptthale nach dem Dörfchen DRa-
taradſchyk (Maturage bei Kinneir); ohne ven Numen anzupien
erwähnt auch Fallmeraye r biefes einzige unbebeutende Derkien
mitten in wilder Waldwildniß und giebt eine babei gelegene
Tuppe als bie ſpeciell Choſchoglau genannte Stelle an (ogl.
©. 899), auf ber einft eine Burg deſtonden haben fell urb- zund ieh
om 15. Auguft das Maria Himmelfahrtsfeft von dem
fen Bewohnern des Berglandes unter großem Zulaufe
begangen wird. Eine Stunde weiter oben ober 6 (nur nach
milton 5 Stunven) von Trapezunt führt eine Steinbrikde
einem Bogen zum Tſchiftlik umd Menzil (Beflftation) des ie
reizenben Thalmeitung 1144 Bar. Buß über dem Meere)
gebauten Dorfes Dſchewizluk, d. i. Nußort, wie es bie
ober Karydia, wie es gleichbedentend bie griechiſchen
nennen‘). Schon zu Hadſchi Chalfa's Zeit?5) warden
die mit der Bewachung des Paſſes betrauten und dafür von
befreiten Bewohner des Ortes die Paſſe aller Reiferden 2*
da ſchon damals (mie nah Eli Smith no heutzutage) Yier die
Grenze des Tarabuzun Paſchalyts gegen das von Gumiſch case
fi befand. Ringsumher erheben ſich (nah Hamilton uub Fall-
merager) 4500 Fuß hohe fehr vegelmäßig gebildete suädhtige
Gänge von Bafaltfänlen umd darüber ſchön bewaldete Trachetberge
deren einer im Süden des Ortes bie Trunmmer einer alten Burt
eines Dere Bey trägt. Aehnliche ifolirte Aundthärme mer
Burgtrümmer erſcheinen auch weiter anfwärts, nicht felten bes
Gehölz überragend, auf fteilen Felſen mit unbegreiflicher Arhuheit
wie hingezaubert und Höchft malerifch von Ephen und Mebengerent,
von mächtigen Feigen und Aufbäumen ganz überwachen.
*?°) Texier, Conpes hypsomätriques calcal6es par Delcros id Bull. de ia
Soc. Geogr. de Paris. 2 Ser. Vol. XX. p. 246.
Kinneir S. 344 Jemiſhy gefchrieben; Tfcpebislit Karadia bei Ze
hariae ©. 316; Gerisleh bei Ainsworth IL. ©. 397; —
a — bei Yaipol 1. ©. 207, 212. * Cihen Numa ed.
1
14
Fir
pH
Ihn
*
Die große Hauptſtraße im Merjemanathal. d08
Die Walweitung von Dſchewizlut entfteht bush das guſam ·
mentreffen der beiden hier fid zum Hauptthal des Sürmel - ſu ver⸗
einigenden Quellthaler, bes eigentlichen Särmel oder Mer jamana
6 Süoeft, und des Matfchla (tärtiih Mapfhuta-Dereffi
geſprochen) ans Sühmweft; letzteres, welches ſchon Clavijo im Jahre
2404 auf ſeinem Wege über Zigang nach Gumiſch chana befuchte,
umd welches auch dem nur worüberziehenden Reiſenden ſchon bei
feiner Ausmändung in das Hauptthal neue und Höhere pittoreske
eye zeigt), if nach Indſchidſchean in Trapezımt mehr befamt
durch die treffliche Butter, die es auf ven Markt ver Stabt liefert,
amd die Runftfertigkeit feiner in 150 kleinen Dörfchen zerſtreuten
geichtigen Bewohner als Metallarbeiter, die ihr Glück häufig im
Auslaude fuchen- und namentlich zu Gonftantinopel bie gefuchteften
Eeſſelſchmiede (Shazandſchi) abgeben; auf Bitten biefer hriftlichen
Bewohner, die mit Ihren im Minengebiet von Gümiſch chana zahl
reichern Glaubensgenoffen verbunden zu fein wünfchten, ſoll Sultan
Muhammeb I. das Thal dieſem Paſchalyt zugetheilt Haben, während
es bie dahin zu Tarabnzun gehörte.
Die große Heerſtraße, welche wir mit Hamilton weiter ver-
folgen, läßt dieſes Thal rechts, das Merjemana-Thal links umd fteigt
weiſchen beiden 3 Stunden fteil aufwärts, an einem Tſchiftlik des
Arkifchen Agha vorbei, durch pradytoolle Wälder und über blumen
bedette Wieſenmatten, in denen beſonders die Azaleen und Khodo ⸗
dendren in außerordentlicher Schönheit und Fülle vorherrſchen, bis
‚le in einer Höhe vom 45000 Fuß über dem Meere aufhören und
ver Zone gigantifher Buchenwälder vie Alleinherrfhaft
überlaffen. Alle tiefere Vegetation, bis anf einige jebod nur krüp-
pelig getwachfene Sycomoren (Wachholder? oder Ahornarten), hatte
aufgehört, ehe noch das Dorf Karakaban erreicht war, das nad
Bamilton® ungefährer Mefiung 5420 Fuß engl. (nad Terier
6852 5. P.) über dem Meere liegt; doch gab er ſelbſt zu verſtehen, daß
die wahre abfolnte Höhe eher bedeutender als geringer fein möchte.
Es iſt dieß ein armes elendes Bergdorf, das man von Trapezunt
in 9%, Stunden Zeit erreicht und baher als Raftort fir die auf⸗
ſteigenden Karawanen dient, ungeachtet e8 nur 20 engl. Meilen in
directem Abſtande gegen S.S. W. von Trapezunt entfernt Tiegt.
Zum Unterkommen bietet es jedoch nur elende Hütten voll Rauch
erzzen Erſte Reife. S. 37; dallmerayer S. 146; Judſchidſchean
im der Phyſiognomie, won ber auch Fallmeraher bei fc Be
fuihe des Grottenlloſters ein leincswegs vortheilhaftes Jeugeiß gel:
Diefelbe Phyſiogaomie farb Hamilton ſpätechin bei für
veſtlichen Küßtesteife au der Pontuslüfte ziemlich vorherrſcher⸗
web daracterifirt fie durch eine merkwürdige Rırabung des Befhit,
große Mauler mit aufgeworfenen Lippen und ein ſtarles As.
Am 6 Uhr am folgenven Morgen, 26. Mei, zeg Hamilton)
wieder hefahierlidh empor auf fhlchtem Reinigen Mege; dat Bam
wurde immer pflamgeuleerer, über ed nadier, noch war Time
otatien antwidelt, weil chen arſt ber Wintea ſchaee uf Dein |
Höhen zum Schmalzen kam. Saft ſeit ein paer Tasen wer ie
Debirgöpa6 zugänglich geworden, und auf her größten Höhe Age
weite, wellige, offenbar von Stürmen gufanmengemehte Tahuechde
in weldie bie Pferde oft bis an ben Bauch eiubrochen, menen Dem
das jebesmalige Umpaden ver Laftthiese bie befepmerliche Felge jan
maßte; eim höfer Aufenthalt. Nach zweiſtündiger Muhferuung on
Raralaban, zu der man 3 Zeitfamben braucht, wurde die
erreicht, von welder der Räſende zum legten Male dap
in des Ferne erblickte. Auf einer hohen Kuppe eine Uierteliude
weſtwaͤria lag ein großer Gteinblod, ver, vom vielen Hein
angeben, baran erinnern konute, daß vielleicht eben hier die vide
lahrenden Griechen unter Kenophons Geleit, nor Freude über up
erften Anblid ihres heimathlichen Meeres nach Iangwierigen Aw
türen durch die Mitte der Wuſte und Sünder, ihrem Jubelsuf
durch ſolches Denkmal einen Ausdruck gegeben. Dieler Auficht, mit
+7) W. Hamilton, Research, 1. c. I. p. 166-168.
Kenopfond Uebergang. 007
ver auch fen Maunert®), Ianberi?) und Winsworth)
im Weſentlichen einverſtanden war, wodurch aber Kennelle®)
Macd. Binneire”) und Anderer Conjecturen fiber dieſen
ſpeechenen Punkt einige Modiſikatien erhalten”), ſtellie Her
—— einige Grünbe entgegen. ,
Diefe Stelle, meint ex, konnte nicht die vom Kenophon ange
fein, weil er vom feinem von ihm Theches (Onyns) genau
ven Stawöpunlte noch 5 Tagemärfche vom Meere entfernt wer,
als fich deffen Spiegel zum erſten Mole feinem Blide zeigte; vemm
wer genammte große Steinbled mit den Seldtrümmern, einein fahete
tüfchen Coirn ya wergleihen, liegt une 25 engl. Meilen fern vom
Teaperunt. in zweiter Gruud, ber gegen biefe Oypotheſe ſtreitet,
vie Höbe über Raralaban mit dem Theches berge zu iventife
ciren, best Darin, daß die Griechen am Tage uach dem Meeres-
erſt einen großen Strom, ven Grenzfirom zwiſchen Sch“
thinen uns Makronen, erreihten. Dieier Fluß ergoß fih aber
im eimen andern zubern Ekzem zu Tnkm Oeub, ben fi mu überkten
anf ven Fink von Baiburt paſſen Zennte aber
Frber, chan a. Ein dritter Gegengrund if
56 wende, erſt nach dem fie dieſen Strom durchſcheitten
⸗ bie Grene der Kolch ier erreichten. Hier wiverfeßten fi
die Berghewohmer, die ſich auf hohem Berge verfammekt hatten,
weicher wol der — gwifchen Gumiſch chana und Trebäfenbe
entfpredien Znnte, aber noch weiter omärts als ber Oechpaß
Über ken Racalaban ober Rulabat Bothaz liegen mußte. Rach
der Einnahme tiefes Pafles ver Feinde war es aber, daß fh bie
Griechen nachher durch das ganze Yanıb in die Dörfer serbueiteten,
wo fie won dem berauſchenden Honig (Deli bal, d. h.
Tollpemig) Äittn. Durch diefes Factum wird bie Lecafikik
faßgeflellt, des bie Azalea, melde bem Honig jene betäubende
Acaſt giebt, wähft nicht im Süven der Rüftengebirgslette
" Had Temlert) erwähnt mod jeht vorkommende Falle tbtlicher
Vergiftung durch biefen Azaleen · Houig, von van man, um büe
— mit Zwiebeln, die er dunlel
Habt, abguloden page; ehenfo wurde Smith”) ein Ball mähkt,
D Mannert, Grogr. d. Br.n. 8. 9.2. ©. 408. H Jeubert, Yoy.
Le. p.878.. 9°) W. Ainsworth, Trasels in the track of ibe fen
Thousand Greeks etc. 3") Rennells Map of the Retreat of the
Ten Thousand etc. 1815. p. 190 29. ®) Macd. Kinneir I. c
#35. °*) J.«. Cramer, Asia Minor. I p.29804. ”) Pen
nden ‚ci mean anitiquen. 19.453. °*) Missianary Remarch. v. 451.
5
hi
zit
908 Kein Ken, $. 19.
bei dem alle von Xenophon beſchriebenen Syurptone eintraten; wer
gegen Koh®s) und Walpole jeve ſchadliche Eigenfchaft ver Azale⸗
Ieuguen. Die Griechen waren aljo nad Vertreibung ber Roldier
von ihren Höhen in die Dörfer hinabgeftiegen, mo fie Lebessurittel
haben konnten, mo fie biefen Honig fanden; alfe wol im jene
Tyler, wo das Bahstyum ber Azalea und ihre Blathe be
giunt, alfo zu dem Norbgehänge ber Küſte gegen bie WReeresjeite
bin. Darauf, fagt Reuophon, erreichte er mit den Geinigen
(wa) 7 Parafangen, d. i. 20 bis 22 engl. Meilen) in 2 Tagemin⸗
. fen Trapezunt. Der Führer, welcher den Griechen, die ſich fo
fehr nach dem Aublid des heimathlichen Dieeresipiegels gefehat hatten,
dieſen Anblicd gern verfchaffte, weil er einer reichlichen Belek
dafür gewiß war, hatte fie alfo mehrere Tage früher und weiter
im DOften zu einer Gipfelhöhe über dem Tſchorukthale hinauf
geführt, die wahrſcheinlich in der Nähe zwiſchen Jopirt und Bei ·
burt lag. — Bielleicht fonnten fe aud von ven Hähen Aber La ·
talaban das Meer zum zweiten Male erſchauen, aber davou fagt
Kenophon nichts; vieleicht hinderte das Gewölk biefen zweiten
Bid, wie es auch W. Hamilton auf feinem Rückwege vom Hode
paß nach Karakaban ging (am 28. Iumi), und wegen ber Welke
maſſen auch nicht gelingen 26) wollte, ven Punlkt genauer ſfeſtze
fielen, von dem ans man das Meer zum erfien Male e
Biden kann.
Auch Yanbert?”), ver feine Aufmerkſamleit auf dieſelbe Beeb⸗
achtung gerichtet hatte, wurbe durch gewaltige Wolleumaffen und ein
heftiges Gewitter mit Donner und Blitz, das am.26. Anguft 1806
fich wahrend feines Ueberganges über ven Gebirgspaß im See⸗
nenſchein in bie Tiefe über Trapezunt zu feinen Yüßen hinabſtürge
an biefer Beobachtung gehindert. Das ımtere Gebirge aud Mer
war ihm durch die bichteften Wollenlagen gänzlich verhällt, währe
Rinneir ebendaſelbſt am 8. Yumi 1813 ein heftiges Schueegeſtsber
im beftehen hatte. Von Iegtgenamnter Stelle des deacklice auf yes
Meer und den Steinhaufen änderte fich um 10 Uhr ber Karawaren ·
weg don Sad gegen Weſt; er wurbe fehr fteif, erhob fich zwifden
plutoniſchen Felſen ud grauitiſchen Gebirgsmaſſen eime gute Stuude
fortziehend, wo man eine ſtarkaufwallende eifenhaltige Duelle
erreichte, die über ſtalactitiſche vom ihr gebildete Klippen, die fie mit
#20) goch, Wanderungen im Orient. I. ©. 11. °%) W. Hamiken,
Bee, 1.0 1. 9.230. 37) A. Jankert, Veyı en Parse L.c. p 377.
2 Höchfte Paßbaͤbe Aelabat Boghaz. og
viel gelben Gifenodher überzogen hatte, herabſprudolte. Hier war
vie .hödfte Paßhöhe von Kalabat Boghaz (891 Fuß Par.
nach -Tegier) überftiegen und man rüdte in ©. gen W. nad) einer
Stunde hinab nah Stavros (Iftanros ver Karte), wo ſich die
bis bahin übe Scene wieder buch einigen Anbau im Thalgebiete,
das fidy gegen Gümiſch hama fenkt, belebte. Noch waren bie
fünkichen Abhlnge ver Bergfeite nadt, nur wenige dürftige Pappeln
ſtauden am läfer des Bergftroms.
Dom Dörfcken Stavro3®), das nur aus zerſtreut ſtehenden
Hütten zwifchen einzelnen gerobeten Stellen fich ſchon wieder durch
Maisban und einzelne Obftbäume auszeichnet, war mod eine
gute halbe Stunde tiefer zum Verein mehrerer Bergwafier hinabe
yuftcigen, ehe ber Soramanentueg wieber fih oßmärts, ben gegen
Belt eilenden Strom nad) Zireboli aufwärts, wendet, vor wo
aus man bie Rorbgrenze des Gämifh hana-Diftrictes mit
feinen Silbergruben erreicht hat, von dem ſchon früher die Rede war
(f. oben ©. 835). Oſtwärts von Gümifh hana geht bie große
armenifche Raramwanenftraße (vie ſchon früher beſchrieben ift,
ſ. oben ©. 829) zu dem 32 engl. Meilen over 14 Stunden ent
fernten Baiburt weiter. Die Höhe ver Lage von Gümiſch chana
über dem Meere ſcheint noch nicht näher beftimmt zu fein, weder
von Terier, Ainsworth, noh Hamilton, nur giebt letzterer
eine vegetative Climamarke an, wenn er fagt, baf ex hier die
Zujube (richtiger Sijivabaum, ob Zizyphus vulgaris) in voller
Blüthe (am 27. Mai) mit gelben kreuzförmigen Bluͤthen, dem
Yasınin ähnlich, im freien angetroffen habe, ver auch mit feinen
duftenden Blüthen das Thal des Tſchoruk [hmüdt?) (ſ. Erdk.
Th. Edt v. Aften. 1882. ©.359. V. 1836. ë. 201. VL.1836..829).
Ein anderer, ſeltener begangener und noch ſteilerer, aber
naherer Gebirgsweg führt etwas weiter weſtlich von Dſche⸗
wizlük oder auch aus dem obern Thal des Matſchka⸗-Thales in
18—20 Stunden nach Gumiſchchana. Eli Smith), der in
unsgefehrter Richtung dieſen Weg am 7. Mai 1830 zurücklegte,
Befchreibt bes Aufftieß vom ber Bergwerkftabt als durch bie engften,
max ben tobenben Giebäden Raum gewährenden Feleſchluchten, an
furchtbar ſteit Reiten hängen in den gefäßrfichften Windungen hinauf ⸗
a San ve Ganz verftümmelt Eftoury bei Kinnelr ©. 346, Starvez oder Stars
En 28 ee (Ratt Boghaz) bei Walpole IL 202, 207 gefährieben.
Research. 1. c. I. p.169, 2192q, *) Smith and
Dei, larnary Besearches. p. 449-451.
910 ‚Mein: Aflen. 6.10.
fuhrend, im cbern Ende durch das Nebenthal EhabiäieDeeif im
großartiger Schönheit; fo wurde in 11 Steben wie oberfe Sa
höhe und mad) 3 Stunden Ginabweg auf ber andern Ce wi
BE. das erfle Dörfcken Fer-Rjöprüffi erreicht; fon werufe
verfafienen Chanen ‘feine Spur menſchlichet Wnfieblung 1.3
Blandin*) bagegen erwähnt halbwegs zwiſchen biefem Ort mb
Samiſch Hana, 6 Stunden von jedem entfernt, das Derfcha dis
gama (das als Zigana auch ſchon in Brants Roxtier von 106,
und fegar ſchen im ber autifen Gtuufe bes Itinererium 4
p. 216. 52 rbm. Milien von Trapezus no Satala zu ai
wird)/ fo mie füntid abwarte von biefem mut Gamiſch dmg
den zerflörten Ort Veſch Tiliffeh (d. i. Bänflicchen) [202
Aigen Meften von fünf alten Kirchen (9). Das mr aut main
Häufern beftehenbe, am oberfien Anfang ber Eultur anf ba Sa
feite deß Gebirge gelsgene Dirfcden Fer-Bibpräfft, bi &%
dräde, hat feinen Namen von einer mit Erde bevedten ih ab |
bewacjfenen natürlichen Tropfeinbräde, die derch den Eile
arten Thale auf Hamiltene Bege erwühet werben unb ehe
anvern Zocafitäten bekannt find (Pambut-Kaleffi aber Sim
Polis in Porngien mb bie berühmte Diäier ei-Ruwchw
Fitani in Shrien, vgl. Eret. XVIL ©. 190-139).
Bir kehren nad dem Theilangspuntte ver Thaler bei Die
wiglnt yerrüc, um nuu dem Üftlihen Thalarme, dem Mer jenera
oder eigentlichen SürmeleDere, zu dem berühmten griedhifder
Watifahrtsorte hinauf zu folgen, ein Weg, den feit Touta⸗
fort (der aber nicht einmal dem Namen des Thales au A⸗ße⸗
nennt) zuerſt wieder in unſern Tagen Die dentſchen, von ber Hub
nung ver Entvelung hiſtoriſch autiquariſcher Schate geirichum
Forſcher Zach ariae (24. guli 1838)) und Se llaerayer (1
befugt und für emeopäifche Lefer (beuem bie damit mefentfich Men
imftinumenben Berichte der beiden armeniſchen Topographen
unbelatınt geblieben find) beſchrieben haben. Nachdem men vb
Immer enger und wilber werbende Woldthal mit feinen rozdedhen
Bergftcome und vielen berabgeftürzten Selablöden (Ballmereker
een) E. Flandin et P. Oowe, Toyage En Parse. Darin 1054, 4. p- 47
7) @. Zachariae, Meife In den Deiemt. üheiveibeng a8 ill.
Der Wallfapeibont Merjemana. sit
dergleicht ed niit der berlihnten Chartreufe bei Grenoble) 8 bis &
Gtunven aufwärts verfelgt, zeigt ſich das Mofter hoch oben in einer
Ginfenfing der das Thal fühlic, überhängenden Felswand, über ber
Dir höheren Berge in ihren Schluchten noch im Yult Schneelager
wiigten; nur anf enger Selfentreppe über graufigen Abgrüuden hin»
weg ums über ſchmale hölzerne Stege, bie nur bei Ankunft dou
Pügern, jedesmal heragelaffen werden, fouft zum Gäuge gegen
Meberfülle ver wilden Lazen aufgezogen bleiben, führt der Weg zur
ſtete verſchloſſenen eifermen Pforte tes ärmlichen und finftern, —
den etwa 20 bis 30 Mönchen unter einem Abte bewohuten Höhlen-
Uoſters, welches und griechiſcher Art etwas hodıtönend »Rreupie
gung® - Mofter der allerheiligfieh Gotteömutter von Sumelan
(oreuponnyıazdy kovaorıjpıov ris Önepaylas Ieoröxov dmike-
yolvov veb Zovusä) benaunt®); aus dem türkiſchen Vei⸗
namen ber heiligen Sungfrau: Marjam⸗ana, b.i. Marie Mutter,
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+) Zu dem von Zacharlae ©. 341 mitgetheilten Er J
des Bifofe — fen en
918 Alle in ⸗ Aſien. 6.19.
genieht, foghr- bei türkiſchen Fraxen, bie der Reiſerde Kar ke
von Baiburt bergepilgert ihre Gebete durch bie Bermittiung ve
Mönche on Darjam-Yna fendend fand; denn außer der Henke
noth foll auch Kraucheit und weibliche Unfruchtbarkeit durch vie da
Heiligen dargebrachten Opfer abgewendet werben. Nicht zujtica
mit dem freiwilligen Zufprud der Pilger, ſchidt das Kloſte Kir
Geuoſſen auch mit Erfolg zum NAlmojenfammeln im entjenke
Gegenben, wo griechiſcher Cultus und Aberglaube herrſcht, fe
wach Ruhhland und ben Donaufürftenthimene; erſt kũczlich, bester
mon dem Beifenben, war ein ſolcher Vettelmönd;, nachdem a cm
Summe vom 10,000 Sranfen zuſammengebracht, zu Kaifarich der
ſelben beraubt und erſchlagen worden.
Die bodenloſe miftvnnifhe Unwiſſenheit der ihrer Heimeth nah
rciſt der Unigegend dieſes rauhen Berglandes augehörigen Dünhe-
eute von ebenfo mgeſtalter vierſchebuiger Inodjiger Kerpecſeran me
elklhafter Unweinficheit, wie ungehilbeten Geiftes, bie in Euihaltag
von gelochten Fleiſchſpeiſen ihre ganze Orthedorie fegen — erkämek
ſehr den eigentlichen Reiſezweck des Hiſtorilers, bie Nadferiiug |
wach hiſtoriſchen Dolumenten über das trapezumtiiche Reich. Zus
je vorhanden, müſſen biefelben in ben fener#bränften, bie bas Die
fer mehrmals erlitten, vernichtet worben fein; nur eime halbzerrifen,
ſcher lesbare Stiftungsnrkunde mit Kaiferbileniffen merbe af
vielem Bögern zur Anſicht vorgelegt, und bie Bucherkammer antik,
wie auch ſchon Zach ariae erprobt hatte, außer gedrudten Baks
ar etwa 10 neue und ganz werthloje Hanbfchriften.
Während Fallmerayer vom hier direct nach Txapezunt pri
kehrte, jehte Zachari ae feine Wanberung, freilich unter ungiufiger
Usaftänven, bei Regenwetter noch 8 Stunden weiter öflfich furl, mt
mehemaligem Ueberfteigen von Berg und Thal auf ſchlechten Ba
wegen bis zum gleichfalls griechiſchen Kloſter des H. Georg var
der Taube (ö Ilegeorepäs), das gleichfalls anf fegroffen Gele
am Abhaug höherer Berge erbaut ift, wahrſcheinlich im obern Thak
bes Nebenthales Ralian-Dere (vgl S. 900), denn ber Btädug
mad Trapezunt führte nach 3 Stunden fleilen Abſteigens wieher uf
bie große Heerſtraße hinaus. Die Bibliothek dieſes Meinen Re
ſters zeigte ſich etwas weicher als bie von Sumela, ohne indeß ingab
eine hiſtoriſch bedeutende Urkunde zu enthalten, und belohrte die
ebenſowenig die Mühe ver Nachforſchung.
Das Küftenzebirgsfand In DA von Trapezunt. 913 _
i
8. 20.
Zweiundzwanzisſtes Eapitel,
Das pontifhe Küftengebirgsland öftlih von Trapezunt
bis zur Mündung des Tſchoruk bei Batum ober das
. Land ver Lazen.
Erläuterung 1.
Die fünf weftlichen Küftengane: Jomura, Surmeneh, Of,
Riza und Hemſchin, nach den Berichten der Armenier und der
neueren Reiſenden, vorzüglich K. Kochs (im J. 1843).
Im Oſten von Trapezunt und dem Degirmen-fn dehnt fich
die pontiſche Küftenftrede nach N.D. an zwei Langengrade zwiſchen
39%4° bis 414° DO.R. v. Cr. bis zur Mündung bes Tfhornt
bei Batum aus. Sie ift weniger befucht und befannt, weil das
HIunere ihrer Gebirgslandſchaft keine bedeutendern Stäbte und Cul⸗
turen enthält und meift nur noch roher gebliebene ımabhängige
" Teiegerifche und raubfüchtige Völlerftämme, wie zumal im öſtlichen
Theile, vem eigentlichen Lazi ſtan. Auf ven Orenzgebieten zwiſchen
tartiſcher und ruſſiſch-kaulaſiſcher Herrſchaft haben dieſe kriegeriſchen
Küftenvölfer durch alle Jahrhunderte hindurch, von Lenophon bis
auf Kaiſer Iuftinian und vow deſſen Unterjochungsverſuchen an,
die wir aus Procopins perſiſchen und hothiſchen Kriegsgeſchichten
lennen Iernen, bis auf die türkiſche Befignahme drei Jahrhunderte
hindurch bis heute in fortwährenden Rebellionen ihre Zugänge zu
ihren ſchwierigen Küftengebirg&«Gauen ſtets gefahrvoll gemacht. Die
feit dem Frieden zu Aorianopel zwiihen Rußland und ver Türkei
im Jahr 1829 nad dem. Kriege zwifchen beiden Reichen feftgeftellten
politiſchen Staatengrenzen haben auf bie Lebensweise der renzan-
wohner feinen entſcheidenden Einfluß ausgeübt. Nur ihre Stellung
nach Augen hat dadurch Abänderungen erlitten, weniger nad} Innen,
An ihren ftärmifhen Klippenufern ift man baher auch ſeitdem
meiſt nur eiligft vorübergeſchifft, oder hat nur einzelne Landungs-
puncte bie und ba an ein paar Stellen berührt, Das im viele
Gebirgsausläufer der Waſſerſcheideletten des Tihorukfgftems gegen
Ritter Erdtunde AVLL. Mmm
914 Mein-Aken. 9.
die Bontusfeite und viele tiefe Schluchten ber zahlreichen kurzen, der
wilben Küftenftröme zerriffene und beſchwerliche Küſtenland hat meh
Niemand in feiner ganzen Ausbehnung*s) durchwandert und bank
forfcht. Unſer verehrter Freund, der Botanifer 8. Koch, hat
feiner Wanderung durch das Tihoruffgftem (im J. 1843, f. ode
&.89ff.) mande Erkundigungen darüber eingezogen, theilweiſe is
vieles Kuſtenland amd, geſehen und barüber Die lehrreichſten üte-
fichtlichen Mitthelluugen berichtet, denen wir hier wie deun Ve
Conſul Brant in Erzerim imd einigen raffifchen Kriegsberichten Ic
wie einigen Notizen ber Armenier vorzüglich Folge geben frunen®)
1. Jomura. Bon Trapezunt wurde von K. Koh) a
Ausflug in den unmittelbar an den Degirmeri-fu angrenzenden fi
fendiftrid Iomura gemacht, um bie om dem Bamptorte kefidks
gerüßmten miweralifchen Gifenwalfer zw urterfuchen %
weiter man vom Mühlbacdthale aus gegen OR vorſchritt, befie j6i
ner zeigte fich ver Pflanzenwuchs von Azaleen, Rhobodendren, Eh
palmen, Kirſchlorbeer, die im ifeen Stämmen die Dide von 94, dej
im Durchurefier exreichte. Meber Waluf, ein Dorf mit Meike,
Yam man durch dichte Halme von Yepfel-, Birn- und Kirihhieen,
die veichliche Sauerlirſchen gaben, nicht größer als unſere beutkhe
Art, aber von einer intenfivem Säure ımb Aroma; ver Bam
fiefert die türliſchen fo beliebten Pfeifenröhre. Biele Helcch
mwälner geben bie fehr wohlſchnecdenden Iambertsmufartigen
Hafelnäffe. Im der Nähe von Jomure, dem DHaupiorte, et
ſich an einem Made der Abſatz von vielem Eifemocer, we c
Dudle aus Augitporphyr mit unbereutendem Gifengehalt mer p
vinget Temperatur: (8° Reaum, bei 17° K. Lufttemperatur) has
trat, ein ſchwacher Säuerling, ber auch eimns Kali, Natel
amd Schmefel enthielt. Von hier erfuhr man, daß es eisen baden
Weg Aber ben Küſtengebirgatamm nach Gümifc drama ger, I
man im zwei Tagen erreichen koönue und vielleicht eime bequemer
Sanbrafe barbieten wärbe, ald bie vom Trapezimt ars bey
«4s) 5. Braot, Journey 1835, in Jonraal of the Roy. Geogr. Soc. ol Lee
don. Vol, Vi. 1835. p. 191—194. ) R. Rohe Bericht gm ir
länferung ver Ratte vom Ljceraf, im Beriät über die Werben:
Eungen ber Kon. Br. Alademie ber Wißenſch. in Berlin. 1843. 8 |
6.308 u. 311, uud Dr. Rofens Bericht an Bopp über das Lafike
ebend. ©. 311—323; vergl. H. Kievert, Memolt a. a. D. 6. Wf.
SR. Rod, Wanderungen im Orient u. 3. 1849-44. Meat |
1846. 1. ©. 445-450.
Deftl.-pontifches Käftengebirge, Jomura. 915
werke Karawanenſtraße; nah Baiburt fähre aber fein birecter
Weg. Diefe Gebiete, erfuhr man, feien vorzugsweiſe von Ehriften
bewohnt, bie ihren Glauben aber geheim halten, meil fie nur zum
Stein dem IHlam ſich hingaben, daher aud ihr Mittelpunct Wa-
kuf, ein Grundſtück und Eigenthum ver Mofchee heiße.
Eli Smith‘) bemerkt, dieſes beftätigend, von denſelben Be
wohnern des bortigen Landes, daß fie feine Lazen find, zu benen
man fie dfter zählt, fondern griechifcher Abftammung, die als con-
vertirte Moslenen gelten, aber weber Beſchneidung noch ven Ritus
des Koran umd insgeheim noch ihre Priefter beibehalten haben. Ihre
Namen nehmen fie aus dem Alten Teftamente, weil fie diefe auch
mit ben Moslemen gemein haben, fie leben aber nım in einzelnen
zerſtreuten Holzhütten mit Shindeldächern, die fe, meiſt auf Feld
Hippen errichten, aber nur im Winter bewohnen, im Sommer aber
verlaſſen. Am Wege ber vorüberziehenden Karawauen pflegen fie
die Probucte ihres Landerertrags ober fonftigen Erwerbs zum Ber-
tauf auszujegen. Ihre Hauptuahrung it Mais, der hier vorzüglich
viel gepflanzt wird. Auch Hamilton hatte von biefen, wie er fie
nennt, griehifhen Türken in der Umgegenb Trapezumts gehört,
und Flandin“) kennt fie unter dem Namen Krumi (nad ihrem
Hauptvorfe Krum) ober Meſſomeſſo als eine von Türken und
Chriſten gleichmäßig verachtete Selte. Nach Indſchidſcheaus
Berichten erfolgte der maſſenhafte Uebertritt zum Islam in allen
diefen Gebirgediſtrilten bis zum Tſchoruk hin, um dem übermäßi-
gen Steuerdruck zu entgehen, am Ende bes 17. und Anfang des
18. Jahrhamderts; die Mehrzahl der Bewohner folgt nach ihm jet
im der That'dem islamiſchen Ritus und bekundet nur durch aber»
glaubiſche Verehrung des Kreuzſymbols und der Kirchen und
Kirgenruimen, fo wie durch die Beibehaltung des Ausdrucks Bathe
als Freundſchaftsbezeichnung im gewöhnlichen Leben und durch Beob-
achtumg der dyeifilichen Faftenzeit ihre frühere Angehörigfeit zu einem
andern Glauben.
Wo dieſes Hauptthal von Jomura over Wakuf (Drono
Veit der Toalfiuh in der ruffihen Küftenaufnahtne)®) unweit Bf:
lich von Trapezunt in eine tiefer einſchneidende Meeresbucht aus-
*®) Eli Smith and Dwight, Mission. Researches I. c. p. 453. *°) Flan-
din, Voyage en Perse T.1. p. 38; Inbfchlefgean a. a. D. ©. 380,.
393, 396.” °°) &. Manganari, Karte des Schwarzen Meeres in
ruſſiſcher Sprache. Petersburg 1845.
Mmm2
916 , Mein -Ufen. en.
mänbet, zeigt ſich ver fladiere Strand in Auspehmumg von mehr
Stunden mit zerſtreuten Häufergruppen zwiſchen ichtem Lana,
unter denen ſich einige verfallene Kirchen auszeichnen, bebaut, we
insgefammt unter dem Namen Rowata befannt find, mähren cs
zelne Theile noch befondere Specialuamen führen, von denen dei
weftlich gelegene Schaua wegen feiner vortrefflichen Hafelnite ir
ſondere Erwähnung verbientSt). Zwei beutfche Meilen mein 4
lich bezeichnet das Vorgebirge Arakly (meniger. richtig bon am
Exelli genanut)52) die Grenze des Jomura⸗Gaues gegen den felgen
den von Sürmench.
2. Sürmeneh if ein alteinheimiſcher Name, bes neben ken
griechiſchen Hyſſos für Fluß und Hafen ſchon vie alten Paripkı
(des Arrianus und des anonymen Verfafſfers) unter der dem
Zovodpuia, Procop (Bell. Goth. IV. 2. p. 463 ed. Bonn)
Dorf Zovoovpuamva lennen. Bſheſchkian nennt den glei
migen Hauptort an der Flußmündung einen guten interheie,
fidjerer als ver von Trapezunt, mit altem verfallenem Schlofe m
einer alten dem H. Bafllios (Aj Waſil nad vulgärer Ausipak)
geweihten Kirche. Judſchidſchean ſpricht vom ber bedeuten
Ausfuhr von Bauholz in Brettern bis Couſtantinopel. Ko,
der auf feiner Küftenfahrt nach Laziftan hier anlegte umb in de
auf hoher Terraffe am Ufer erbauten Kaffechaufe Abernachtete, ht
von der Eriftenz eines fürmlichen Hafen midhts bemerft, faden
nur eine in ber Bucht zwiſchen ben ans Meer. vorfprimgenten Per
phyrrfelſen durch das vom Fluſſe (ven er Kara-Dere, Schechy
thal, nennt) herabgeſchwemmte Geröll gebilbete flache Aulandeiik;.
vie Häufer zerftreut und theilweiſe verſtedt zwiſchen dem üppigen
Grun ver Wald- und Fruchtbäume, namentlich einer herrlichen der
genart mit fehr großen Blättern. Länge bes Fluſſes füßet ein mit
allzu ſchwieriger Weg in zwei Tagereifen (bie an venrfelben belegen
Dörfer hat Koch nad) den erfragten Wegediſtanzen in feiner Ruck“)
eingetragen) gerade ſüdlich zwifchen ben vorfpringenben Gebirgejeden
Padſchatuſi und Makur Dagh (wol ein Reit des alten Bel
namens der Mafronen) und über den Hauptlamm bes Hedger
+) Bipefchfian a. a. D. ©. 92. *) Sogar Be si Fontankt,
Denzitme Voyage en Orient. 1833. p. 291. *) 8. Koh, Bar
derungen im DOriente. Bd. Il. &.2f. **) Karte ber tea
länder in 4 Bl. Berlin 1851 bei D. Reimer, auch aufersuma
in $. Kieperts neue Karte vom Kurbifan ıc. in 4 DL. ale Anuis
. gung der Karte Rieinafiens. Berlin 1857.
Deftl.=pontifches Küftengebirge, Sürmeneh. 917
ge, hier Natſchilebi Dagh genannt)%) zum obern Tſchorukthale
bei Baiburt hinüber. Wenig Aderbau, faſt allein Biehzuht in
ben ſehr zerſtreut zwiſchen Alpenwieſen und Hochwäldern gelegenen
20 Dorfſchaften des Gaues iſt auch bier vorherrſchender Typus,
daher Butter und Käfe von Sürmeneh auf dem Markte des
benachbarten Trapezunt guten Abfag finden. Die Gefammtzahl ver .
Bewohner auf einem Flaͤcherraume von etwa 9 deutſchen Quadrat
meilen (vielleicht ohme die Wälder, denn nach Kochs Karte müßten
es wenigſtens 20 bis 24 fein) wırde Sontanier®) bei feinem
erften Beſuche im Jahre 1827 auf 2000, beim zweiten im Jahre
1833 fogar (wol zu hoch) auf 4000 Häufer ober Familien ange»
gegeben; auch er beſtaͤtigt Indſchidſcheans Angabe, daß Griechiſch
die vorherrſchende Sprache, die Confeſſion ber Bevöllerung zwiſchen
Chriſtenthum und Ielamı getheilt ſei.
Die Bewohner dieſer beiden weſtlicheren Thalgauen, ſagt
Brant?), haben durch den faſt täglichen Verkehr mit ver Haupte
ſtadt etwas mehr, wenn auch nur äußerliche, Civiliſation angenom«
men, als die weit wohnenden und ungebändigten Bewohner der
oͤſtlich folgenden Küſtengebirge, die insgemein (wenn auch eigentlich
in zu weiter Ausdehnung, da die von Of und Riz a wenigſtens
zu einen verſchiedenen Vollsſtamme gehören) unter dem Namen der
Lazen begriffen werben; fie find insgemein fleißig, kühn und treffs
liche Schügen, bie nie unbewaffnet gehen, aber aud ver Blutrache
leidenſchaftlich ergeben. Im den öftlihern Strichen beſchränkt ſich
der Verkehr auf bie wöchentlich einmalige Berfammlung zum fonft
faft unbewohnten Bazar an der Mündung jeves Hauptthales ; bie
eigentlichen Dörfer liegen an mehr geficherten Plägen im Gebirge
zerſtreut. Das ganze Geftadeland mit feinen im Hintergrunde zu
4— 5000 Fuß Höhe auffteigenven Bergen ift von größter malerifcher
Schönheit, die unteren Wbhänge dicht bebeift mit Pappeln, Weiden,
Erlen, Ehen, Burbaum, Buchen, Nußbäumen, Raftanien, bie Höheren
Berge mit Nadelholz. Da die Ausfuhr von Schiffebauholz, wozu
es ſich trefflich eignen würbe, von ber türkiſchen Regierung verboten
iR, dient diefer Walbreihthum nur zum Bau ber Häufer und
*3) Der Name, den Fontanier (a. a. D. ©. 292) für biefe am 11.
Auguft 1831 noch fhneebevedten Gipfel angtebt: Jün Dagh, bes
deutet im türfiichen einfach: hundert Berge, If alfo eigentlich kein
Name. **) Voyage en Orient p. 11; Deuxitme Voyage en Ans-
tolie p. 290. Y Journ. of the Roy. Geogr. Soc. 1836. Vol. VI.
p. 192.
918 Klein-Aflen. 8.
Fiſcherboote und zur reichlichen Bereitung vorzüglicher Kohlen. Trug
des mühſamſten Anbaues jever zugänglichen Berglehne, vorzäsih
‚mit Mais, veiht das Probuft doch zur Ernährung ver Verölle⸗
rung nicht hin, daher fie das mangelnde gegen Umtauſch ihret
Waldprodukte aus dem ruſſiſchen Gurien und Mingrelien einführen.
3 Of. K. Rod und Fontanier fahen auf ber af
Sürmeneh öſtlich folgenden hafenlofen Küfte vorüberfchiffent mer
Feld und Wald, nirgend bewohnte Ortſchaften, doch ment leh⸗
terer 8), übereinftimmenb mit der Küftenfarte, als Namen einzeiver
Pläge eine Stunde von Siirmeneh gegen ven Zaradere-Bazar,
griechiſch Mava genannt (Ortapazar bei Bſheſchtian 7), eine Stuukt
meiter ben Diftift Magana, richtiger Mahona (nad Bike
Han und Blau; bie ruffifche Küftenkarte jet das zerftreut liegende
Dorf Machanel an)59), dann den Grenzfluß Solatli, richtiger ah
dem Armenier und Ruffen Solally, mit einem vielthirmigen afıen
Schloffe. An feiner Ausmündung liegt die Ortſchaft Of; fhe
ben alten Periplen und Geographen, wie der Fluß unter bemufelhen
Namen ("Oyıs, "Ogıoüs) bekannt, den danach auch der ganze Difiit
trägt, welder außer dem erwähnten Heinen, vornämlich dem öſtlih
folgenven größeren Thale eines vom Rüden des Hochgebirges am
mehreren Zubäcen herablommenden Fluſſes befteht, ber feinen in
den Periplen überlieferten antiken griechiſchen Namen bes ſchönen
Fluſſes, Ralopotamos, unverändert bis auf ven heutigen Tag
erhalten hat; denn Kaladovas, wie ihn Fontanier nennt, fdeint
nur eine Verſtümmelung in hybrider Zufammenfegung ver beiden
bier herrſchenden Sprachen (Owa, in Compofitionen Owaffy, im
Türkiſchen Ebene) zu fein; ber echt türkiſche Nebenname, ven anh
Bſheſchkian Fennt, ift nach Blau Asbei-Dereffi; aud für
das im Often der Thalmündung kühn ins Meer tretende Borgebirge,
welches die Griechen Kurdv ögog, ven ſchönen Berg, nennen,
haben bie Türken einen befonberen Nebennamen, Ajan Dagh (wel
von ben griechiſchen @yıog wheilig« abgeleitet). Sein nörblicer
Abfall gegen den Ankerplag Erik-liman (d. i. Pflaumenhafen,
welchen auch der franzöſiſche Berichterſtatter als ven einzigen be
wohnten Ort mit kleinem Bazar an dieſer Küſte nennt) iſt mit
vereinzelten, freundlich in Obſtgärten und kleinen Kornfeldern zwi⸗
ſchen der natürlichen Waldung gelegenen Gehöften bededt, vie int
#39) Deuzitme Voyage p. 296. ©) Bei Köler (Monatsber. d. Berl.
Gel. f. Grof. 1844. ©. 54) mit unter dem Namen des Hanptertet
Sürmeneh begriffen, das fih nad ihm 1'/, Stunden “weit laͤngs
des Ufers erfieden ſoll.
Defil,-pontifches Küftengebirge, Of. 90
yefanmt Maslath genannt werben; außerdem ift weſtlich von Of
zur Aulegung einer Straudwache in neueſſer Zeit eine Anfieblang,
Emirgijan genaunt, entftanden. Soweit DO. Blau's uns gätigfk
nitgetheilte Bemerkungen vom Mai 1857.
Die Schaͤtzung von 24,000 waffenfähigen Männern im Dir
trikte Of, welche Brant®) nad dem Cenſus von 1835 mittheilt,
cheint wol noch andere Berggaue, wenigſtens Hemſchin, mit zu
usafaffen, da noch Fontanier®t) im Zahre 1833 dafür nur 3000
Familien, Koch 24 Dorffchaften im ganzen Bezirke nennt; 20,000,
wie Bſheſchkian meint, ober gar nad) andern Angaben bei Ind⸗
ihibfhean 80,000 Häufer ober Feuerſtellen (Tiütün, d. i. Rauch,
ft ver hier gebräuchliche türkiſche Terminus) find jevenfals ins un⸗
yeheure lbertrichene Zahlen, auch meint der Autor”), fein barin
vol alle im Auslande zerfireuten Leute von Of einbegriffen, deren
ic, bei ber regen Wanderluſt des auf fo engen umergiebigen Raum
ufammengebrängten, ſich ſtark vermehrenden Gebirgsvöllchens, im
»ielen Seeſtäͤdten, namentlich aber in ver türkiſchen Hauptſtadt ſtets
ine große Menge finde, die vorzüglid, als gefhidte Maurer,
Dachdeder und Seiler ihren Unterhalt verdienen, Häufig aber auch
hren angeborenen Verſtand in geiſtlicher Laufbahn erproben; fo dag
oiele der angefehenften Gelehrten, Geiſtlichen und Rechtslkundigen
Üteme) Eomfontinspels ſich ihrer Herkunft aus Of rühmen,
Die Erhaltung der griechiſchen Sprade in biefem entfernten
Bergwinlel des Pontus, ſelbſt unter ben zum Ielamı befehrien Be⸗
wohnern, vom bemen aber viele mod; insgeheim das Chriſtenthum.
befennen, iſt den beiben armeniſchen Zopographen wohlbelaunt. Ihr
freier, unabhängiger, tapferer Sinn, verbunden mit Rohheit, aber
auch ſtrengen Sitten, Mäpigfeit und Klugheit, machte fie bisher flets
wie auch noch zu Fontaniers Zeit) zu haxtnädigen Geguern ihrer
türkiſchen Oberherra, an besen- fie ſich durch Räuberei und Falſch-
munyerei rächen für bie Verſuche gewaltſamer Unterwerfung, Verſuche,
vie trotz oftmaliger Wiederhelung ſeitens ber Paſchas von Tara- -
buzum doch laum zu eimem dauernden Reſultat führen Können, bei
ver nuglaublich ſchwierigen Bergnatur ver Landſchaft, welche türkis
ſcher Vollswitz mit dem Beinamen Tſchengeliſtau, d. i. ein Land
ooller Halen, belegt und bie beim mühfeligen Erklettern der Berge
außgeftoßenen Seufzer uf! als bie Quelle des jegt unverſtandenen
Namens Of anfieht.
*°) Joura. of the Roy. Geogr. Sec. Vol, W. 10. le 2.20.
? We) —E —E ©. 3, übaf. v. 24
920 KleinsAfen. $. 20.
4 Riza. Ienfeit des ſchbnen Vorgebirges, va mo
fon bie alten Kuſienbeſchreiber (Peripl. Arrian. et Anon, and
Ptolem.) ven Hafenort Rizus (PiZios, Pidoũc) nennen, ver unker
bem römifchen Reiche zu einer Grenzfeſtung umgeftaltet umb nach
Procop (bell. Goth. lib. IV. cp. 2. p. 463 ed. Bonn., id. de Acdif.
II. 7), ex fchreibt ven Namen “PıLatov xwplov, von Raifer Iuftiien
mit Kihaftlichen Hafenanlagen bereichert wurde, hat ſich auch hentzutege
mit faſt unveränderten Namen Riza ober Rize (andy Irize bei
den Armeniern, bie wie bie Türken das anlautende R nidyt lieben)
bie bedeutendſte Ortſchaft dieſes ganzen Küftenftries zwiſchen Tre
pezunt und ber ruſſiſchen Grenze erhalten, bie mit ihrer lebhaften
Induſtrie und Haubelsthätigfeit wol ven Namen eines Stäbtchens,
den ihr die meiften Berichte geben, verbient, wenn and die Zahl
von 500 Häufern muhammedaniſcher und griechiſcher Bewohret,
neben 20 armeniſchen (aus Perſiſch-⸗Armenien ftammenb und im einem
befonbern Quartiere, Rofchi genannt, wohnend nach Bflyeichtian),
die Indſchidſchean hier angiebt, mit Koch auf etwa 300 zu befhrän
len fein wird. Die Häuſerzahl des ganzen zu Riza gehörigen
Difteilts gab Fontanier®) im Jahre 1833 auf mehr als 4000
an (worunter 60 griechiſche und nur 2 armenifche im Hauptorte)
die Zahl der hierher gehörigen Handelsfahrzeuge auf 15. Alle
Reiſende rühmen aufs höchſte vie außerorbentliche Friſche und der
maleriſchen Keichtjum der Natur, die unvergleichlihe Pracht der
Lage, die biefem Orte bei ven Türfen ven Beinamen eines irbi-
˖ ſchen Paradieſes verihafft hat. Zu beiden Seiten des hier
ausniündenden kryſtallhellen Bergflüßchens zieht ſich von ver ſchmalen
uſtenfläche in halbmondförmigem Amphitheater von Bergen das
durch feine Wohlhabenheit freunblihe und reinliche Staͤdtchen auf
wärts, fich allmählig in vereinzelte Gartenhäuſer verlieren, überall
durchwachſen von den prächtigfien Baumgruppen in allen Thum
bes friſcheſten Grüne, bie durch zahlreiche, dem rothen Porphyr-
geftein emtfpringende Quellen genährt werben, das Ganze hödhft
maleriſch gefrönt von den die Gipfel beherrſchenden Reſten mehrerer
alten Burgen, welche die Tradition wie gewöhnlich auf die Dfchi-
niwiz (Genuefen) zurüdführt. Eine andere Burgruine im zwei
ftühbiger Entfernung von der Stadt (nach Bſheſchtian) gilt für das
9) Deuxitme Voyage en Anatolie. p. 205; X. Rod, aüberuugen im
Drtent. Zy-1. 6.7; Dan Gage Britfeilungen.
Deftl,pontifcyes Küftengebivge, Rize. 931
Stammſchloß ver früheren erblichen Fürftenfamilie, ver Tuzdſchi⸗
DoghlueDerebeis®t), deren letzter erft vor Kurzem durch Osntan
Paſcha von Tarabuzun nad) tapferer Gegenwehr ein biutiges Ende
jefunden hat, feit welcher Zeit der Bezirk durch einen türkiſchen
Müteffelim verwaltet wirb.
Der vor den feuchten umd Falten Seewinden der Rorbfeite ger
hügte offene warme Thalfefiel im Süden ver Stabt bringt in
einen forgfältig gepflegten und Tünftlich beriefelten Gärten nad
Blau's Bericht die im Pontus fehr geſchätzten und in großer
Menge ausgeführten, an Süße freilich den mittelmeerifchen nachſte⸗
yenden Citronen und Drangen im freien hervor; beſonders
ıber dient der ſchon am ſich fruchtbare, durch Zerfegung des rothen
Porphyrs entſtandene Boden, dem durch Düngung mit einem ges
suboerten graugelben kalkigen Stein (davon Heine Ouantitäten bereits
ur Probe nad; England ausgeführt worben find) und durch Berie⸗
elung aus ben zahlreichen Quellen ein noch höherer Ertrag gegeben
vird, zur Erzeugung ber ausgefudt feinen Flachs- und Hanf-
Sorten, deren Produkt, die wegen ihrer Weide und Feinheit im
yanzen Orient berühmte, namentlich aber im Harem des Sultans
zeſuchte Leinwand (Rize-bezi), felbft auf der Parifer Weltaus-
tellung von 1855 einen erften Preis ſich errang. Die Preife für
08 Stüd von 60 Ellen bei %, Ellen Breite gehen von 180 bis
1200 türk. Piaſter (7%—60 Thaler)®).
Auch in der verhältnigmäßig guten Pflafterung ver Straßen,
n ber Einfafiung der Wege mit lebendigen Heden von Kirſchlorbeer
md Brombeeren, in der Anlage durch Felſen getriebener Brimnen
ur Erfangung des ſchönſten kühlften Trinkwaſſers hatte unfer vers
hrter Freund Koch) die Inbuftrie der Rizaer zu bemundern, ald
x, ber erfte wifienfchaftlihe Europäer, am 28. Juli 1843 landein⸗
vãrts durch den Thalgau zum Hochgebirge hinauf feine Reife fort»
etzte, wohin wir ihm ſogleich begleiten, da bie weitere öftliche Kü«
tenftrede des Bezirls bis zu feiner Grenze gegen bas eigentliche
daziſtan am weit vorfpringenben Vorgebirge Kemer Burun (b. i.
Sewölbe-Borgebirge) faum etwas anberes merfwürbiges barbietet,
ils 1 bis 2 Stunden Bftlich von Rize die Mündung des Haupt«
Auffes biefes Gaues, des ſchon ben alten Beriplen mohlbelannten
Askuros, jegt gewöhnlih Asforos ausgeſprochen (Fonta-
“),Balf& bei Bontanler 0. a. D. ©. 298 Jurcht; galon gefchrieben.
°) Bien. Handelsarchiv für 1857. Nr. 19. ) .d. Su.
9 . Meindifen. . sn.
nier*7) nennt auf feiner Küfenfalet weiter öfklich mad 2 Shuhen
den Ort Dſchewizlik, d. i. Nußert, und wiever nach 2 tm
das laziſche Dorf Mapawri mit alten Burgthürmen, wo nd
Rottiers eine völlig unbenutzte Naphthaquelle die Oberflüce be
Meeres weithin mit ihrem Del bededt, ftatt deren anf ver uf
ſchen Küfenfarte, der bie Stiepertfche folgt, ganz andere Ram fe
ben, barumter das Flüßchen Chamuda, mol iventifch mit bem von
Koh®) genannten Kanly Dere, wie es ſcheint türfifche Unstexing
des einheimiſchen Namens, bergenommen von ber rothen Farbe vi
Porphyrs, da ber Name „blutiges Thalu beveuten würde. |
Die Schönheit der Laudſchaft fleigerte ſich mod und gem |
darch den Rüdblid auf bie eigenthümlice Berg umd Serfabt ut
ihre Eulturumgebung beim Emporfteigen auf die ſüdlich mughe-
den Berge, deren Höhe ber Botaniker auf etwa 1000 Fuß Idir,
und bie hier mit Weißbuchen, Hafelnuß- und Straucheichen bach
find. Aus diefen Waldhöhen flieg man hinab in das Bier ulg
ebene und breite Thal des in mehreren inſelbildenden Armen mh
dehiufließenden Asferos (fo ſchreibt Koch den Namen), tee
Wieſenmatten beim Dorfe Salahi fi ganz mit ven Leinwer
bleichen ber Rizaer Kaufleute bevedt zeigten. Zwei Stunden mein
hinauf beim Dorfe Ruspa veremgerte ſich das Thal durch für
vortvetende gebüjchbevedfte Bergwände mit einzeln vorjpringeie
Selfenmaffen, zwiſchen denen ſchon ſtatt der Erlen und Tamaritir
ber niedern Bone die charalteriſtiſche Flora dieſes pontiſchen Gehr-
ges, die Prachtblüthen der Azalea, des Rhododendron nud Kirk
lorbeer und das ſaftige Grin des Burbaums erſchienen. Beier
hinauf bezeichnete das Dorf Aubarluk (over Hambarlyl, hi
Sceunensrt), noch zwifpen pramtvol belaubten, aber wenig gem
Ertrag gehenden Obftbäumen gelegen, das Ende des offenen Dalch
und bie Bergwege über zadige Felſen am graufigen Abgründes vr
bei wurden nun immer beſchwerlicher; nad) einer Stunde murbe ber
legte bewohnte Ort des Diftrittes Riga, das hoch über dem Fiche
gelegene, auf 1600 Fuß Meereshöhe geihägte Wintervorf Anton
(bean bie Mehrzahl ber Bewohner war bamals mit dem Geerden uch
höher auf die Sommeralpen gezogen) erreicht.
Zweiter Tagemarſch, 29. Auli. Nachdem man zmilger
ähnlichen Gebilſch, wie am vorigen Tage in 3 bie 4 Stauden
Tangfam und fteil wol um 3000 Fuß höher geftiegen war, erjdim
+7) a. 0. D. &.299; Rottiers, Itindraire de Tifis a Constantinopke. p.1#l.
) a. a. O. S. 24.
Oeſil.⸗pontiſches Küftengebirge, Hemfchin. 998
in folder Höhe wieberum Wälder von freilich meiſt nur wiebrigen
Buchen, fpäter auch Ahorn und Fichten. Dann gelangte man auf
freie Wpenwiefen, and denen bie Quellen bes Asferos (ven man, im
feinem tiefen Thal nicht mehr fichtbar, rechts oder weſtlich gelaſſen
hatte) nach Norden abfliegen, mo bie Fälle der mamnigfaltigften As
penflora den Botaniker entzüdte.- Hier ſtellte ſich nun gegen Suden
vie höhere, bis über bie untern Wollenſchichten zu 7000 Fuß-an«
ſteigende Bergwand entgegen, welche vie Säogrenze des Thalgaues
von Riza gegen ven höher gelegenen Gebirgsgau Hemfhin bes
zeichnet ; an tiefen Schluchten entlang, die noch jegt im hohen Sommer
eine Fülle von Schnee bemahrten, wurde fie in einem Sattel, ver
mm 5—6000 Fuß unter ven höchſten zur Seite bleibenden Porphur-
fuppen, dem Tſcharantaſch (Echoftein) ımd Asforos Baſchi
(Asforoskaupt), lag, mühfem erflettert, um dann auf ver Sävfeite
nicht weniger fleil zum obern Quellgebiete des uns fon won Of
ber befannten, nach Nordweſten abfliegenven Ralopotamos hinab⸗
zufteigen. Das erfte tiefe Nebenthal, Jedi Tſchukur (die 7 Gras
ben) genannt, mußte durchſetzt und jenfeit das hohe (auf 8000 F.
gefchägte) ans Syenitfels beftchende Vergioch des Temir Dagh
(Eifenberges) wieder überftiegen werben, um weit jewfeit beffelben
im tiefer Dunkelheit ver Nacht nad mehr als 1öftänbigem Warſche
im bem Dorfe Dſchimil wieder die erfien menfchlichen Wohnungen
zu erreichen und in bem feften Haufe des Derebei Qumpu sar owa
Soliman Agha gaftfreie Aufnahme zu genieken.
5. Thalgau oder Sandſchak Hemſchin (turkiſch gewöhn ⸗
lich Oemſchireh, armeniſch Hamfchen genannt) iſt im firengeren
Sinne als bie bisher genannten Küſtenlandſchaften ein Alpenland,
da es nirgends bis zur Küfte binabreicht, fonbern erſt 2 6i8 3 Stun-
ven oberhalb derſelben, Rizeh und den weſtlichen Strich bes eigent-
lichen Laziſtans von ver Sudſeite umſchließend, bis zum höchſten
Rüden des pontifhen Gebirge auf ver Waſſerſcheide zwiſchen dem
Meer und dem Tfhoruf-Thal ſich hinaufzieht. So umfwht
diefer Bezirk die oberen Thalgebiete mehrerer Küfienfläfie,
unter denen das bisweilen größte und aus mehreren Nebenthälern
gebilvete, Das der Furtuna (des Pordanis oder Prytanis ber
alten Periplen), faft ausſchließlich, bis auf das Kurze unterſte Ende,
ihm angehört; außerdem aber auch bie obern Hälften ver nörplich nach
Laziftan umd Rizeh hinabgehenden Thäler Such a uud Sennes Dere
(letzteres in feinem Namen noch ben Adienos⸗Fluß der alten Per
riplen bewahrend), und in orbiwelicer Abdachung das zum Kalo⸗
994 Klein⸗ Aſten. 8. 20.
potamos in ben Bezirk von Of Yin ſich abdachende Hochthal tes
Dſchimil Su), das beim gleichnamigen Dorfe nah Kocht
Barometermeſſung in etwa 6000 Fuß Meereshöhe oberhalb ver
Baumgrenze liegt, unfern botaniſchen Freund aber durch ben eher
orbentlichen Reichthum feiner ben zerbrödelten Syenitboden ent
fproffenen Alpenflora entzüdte?v). Mit dem Ueberfteigen bes Ickien
ſudlich von Dſchimil bis zu angeblih 9000 Fuß anfteigenden Gat-
tele, zwiſchen abwehjelnben Felsmaſſen und Schnerfelvern werte
vie Waſſerſcheide ſelbſt erreicht und damit bie Grenze von Hemfdke
überfchritten, um durch Nebenthäler bes Jspir ⸗ Gaues zum heifen
tiefen Hauptthal des Tfhoruf hinabzufteigen und in biefem thal⸗
abmärts bie Eutdedungsreiſe durch ven Gau Pertakrek fortzufegen.
Dam aber wandte fich der Reiſende wieder nördlich, um nochmals,
etwa 5 deutſche Meilen von dem erften Paſſe öftlich entfernt, vie
pontiſche Gebirgskette zu überfteigen und längs bes Furtunathales
zum Meere hinab zu gelangen, woburd wir wentgftens einen Theil
dieſes öftlichen Hanptthals von Hemfchin anſchaulich kennen lernen
Zwiſchen beiden Päflen erhebt ſich die Kette im einem Gebirge
Inoten, dem gegen R. und S. beveutende Querjoche angelagert fin
mb nach allen Seiten ſtarle Bäche eutquellen, zur größten, nach ver
übertreibenven Angabe ver Anwohner nur dem Ararat nachfichen
ven Gipfelhöhe in ver mit ewigem Schnee bevedten viefigen Prra-
mide bes Barfambeg ober Khatſchkar Dagh (auch Khatſch-
kal ansgefprochen), wie Koch ven Namen fdreibt?!); jedoch mag
die vom ihm angegebene Bedeutung (m Helvenfels« vom arma.
hadfh ⸗ftark⸗, und Kbar „Gtein«) bahingeftellt fein, da Bſheſqh⸗
Kan den Namen Ehatjhikjar (d. i. Kreuzespein) ſchreibt und von
einer auf ihm liegenden, ſowohl von Ehriften als Muhammebanern
heilig gehaltenen Klofterruine (ein Factum, das auch Koch beridztet
wurde) ableitet. An feiner öftlichen Abdachung in einem 7000 Fuß
body gelegenen Alpenthal, das fih zum Thale des Baldar-fu,
eines Tſchoruk⸗ Zufluffes, hinabſenkt, ſüdlich durch eine gewaltige
Nebenkette vom Hauptthale dieſes Fluſſes, nördlich durch eine noch
höhere, dem eigentlichen Balchar oder Barchal Dagh (altarıme
niſch Parchar, Paryadres der Alten, vgl. oben S. 12), von ber
Käftenabbadhung gefchieven, Tiegt in 5 Ahtheilungen, die an 200
Hänfer zählen, zerſtreut das Dorf Kewal, das Koch ) als das
oberfte des oberfte des Tſqhoruk ⸗ Thalgaues Pertakrel bezeichnet, dem es durch
00) Koch, Wanderungen. 11. ©. 23, 25. ’”) @hendaf. 6.33.”
”) Che. 6. 0. ”) Ebend, ©. 95, 98.
Oefif.»pontifihes Kaſtengebirge, Hemſchia. OSB
bie naturliche Grenze der höchſten Waſſerſcheide zugewieſen iſt, wäh⸗
rend es früher zu Hemſchin gehörte nach udſchidſchean, ver es Ehie
wath und ben Namen bes vorbeifließenden Tſchoruk- Zuflufies
Beſchan⸗kjed ſchreibt und gleichfalls die Bewohnerzahl auf 200
Familien durchaus armeniſcher Nationalität angiebt, die aber jet
bis auf 5—6 Kriftlich gebliebene ven Islam angenommen haben.
Bon bier aus, wo alles winterlich Talt ausfah, — mur fpare
ſamer Gerftenban in ven ziemlich ſchueeloſen vier Sommermonaten
und Wohnen der Menſchen in fleinernen Kellern unter ben ber
Wärme halber darüber angelegten Biehftällen — wurde am 14.
Auguft 1843 der oberfte von hohen Eisbergen umſchloſſene Thalleſſel,
durch Wiefen und Steinmaflen von Chloritporphyr fteigenb, durch-⸗
wandert und nur etwa 100 Fuß ımterhalb ver Grenze ewigen
Schnees (Roc ſchätzte fie, allerdings nach dem Verluſte feines Ba-
tometers nur annähernd, anf 10,000 Fuß) vie zur Paflage dienende
Einfattelung des höchften Kammes überftiegen, bie wie bei ber erſten
Baflage wegen der im biefem Theile des Bontus fo häufig die At⸗
mofphäre erfüllenden Nebel und Wolfen feine weite Ausficht geftat-
tete (nur 30—40 ganz heitere Tage femme man hier das Jahr über,
zählten die Bewohner von Kala, gewöhnlich find vie Thäler von
Mittag on mit Nebeln und Wolfen erfült). Ueberaus mühfelig
beſonders für die Maulthiere war das Hinabflettern über die Fel⸗
jenträmmer umb geneigten Eisflächen am ber fteileren Norbfeite des
Sebirges; mächtige an ven fteilften Felſenwäͤnden hängende Schnee»
ager bewiefen bie Gewalt ver hier von Norben vom Meere her
nprallenden Stürme. In der oberen breiten Thalmulde eines Zu⸗
luſſes ver Furtuna wurden nad) langer ermattender Wanderung
Senmbütten, Mäto genannt, erreicht, innen wohlgepflaftert und rein
om Dünger, den man durch himübergeleitete Waſſerrinnen aus dem
iahen Bade auf bie tiefer gelegenen Gerftenfelver ableitet. Erſt
ine Stunde weiter abwärts machten verfrüppelte Fichten, Rothe
juchen umb Vogelbeeren ven Anfang des Holzwuchſes, dann gelangte
nan immer tiefer in bie Region der Alpenrofen, dann ver mächtigen
Onchenwãlder, in benen Stämme von 20—24 Fuß Umfang feine
Seltenheit waren, enblich der Burbãume und Kaftanien. Die game
Scenerie bes bald von fleileren und hohen Felſenwänden eingefchlofe
enen, bald in anmuthigen laubgrünen Weitungen ſich dehnenden
Tales, des bald ruhig ſich zwiſchen dem Grün hinwindenden, bald
n ben maleriſchſten Cascaden dahintoſenden Bades und feiner zu»
veilen in mehreren hundert Fuß hohen Staubfällen hineinrauſchenden
02 Klein » Ufen, 8. 20.
Zuftüfle vergleicht ber Reiſende mit ben ſchönften mb gepcieieufen
Bartien des Berner Oberlandes. Cine Iaila (Sommeralpe) ws
Dorfes Chala, Artä genaunt, bot in tiefer Abenddumlelheit ven
Ermildeten endlich die zwar wenig gaftliche Stätte zum Ucbernacten.
Am andern Morgen ging es weiter hinab durch das Hier oſſeer
werbeube, aur noch mit nieberen Gebüſchen flatt des früheren Hok
waldes erfüllte Thal des Kala (beffer Chala) Su, wie er nah
ven oberfien Dorfe heißt, oder ber öffiden Furtuma, ter am
Stunde weiter abwärts durch den links eimfallenden, direlt vom van
Eistoloſſe des Khatſchlar herabkommenden Khatihlar-Su verkät
wird, über ben bier ein hoher fleinerner Brüdenbogen füt |
1 Stunden weiter hinab wurde das Dorf Kala (Chala ki
gndſchidſchean) erreicht, wo bem aus dem Tſchorukthale mit femr
hocharmeniſchen Bauart fommenden Reiſenden die Bauart der Hey
hauſer mit ihrem überaus ſpitzen Döcern auffiel. Die Thalmeitug,
in der das Dorf weit zerfirent (einzelne Abtheilumgen im Neben
thalern ftundenmweit aufwärts) liegt, verengert fic weiter hinab wie
der zur romantiſchen Felſenſchlucht voll der üppigſten Begetatin
bis nach einer Stunde die Einmündung des weſtlichen Haupt-
thale® erreicht wurde, welches gewöhnlih nur Böjül Dere vie
große Thal« genannt wird.
Im mittleren Theile dieſes Thales liegt 3 Stumben amfwärtt
die Reſidenz des türliſchen Statthalters bes ganzen Hemijdin-
Diſtriktes (dev den Titel Wojwoda füht, und bie drei Ajazs
oder Derebeis von Dſchimil, Orta fdi und Marmawat unter ih
hat), gewöhnlich nur kurzweg Tale, d. i. bie Burg, gemammt, ua
im obern Theile des Thales feine Sommerrefivenz, das große Darf,
weiches tem ganzen Gau ben Namen gegeben, Hemfgin, wie
Rod, Hamfhen ober ſpezieller Baſch (d.i. Ober) Hamfdhen,
wie e8 bie Armenier nennen, ein Name, ver zufammengezogen fer
fol aus Hamamajchen, b.i. Bam des Hamam, eines georgiiden
Fürften des 7. Jahrhunderts”), Ind ſchidſchean nennt bien
von Europäern bisher noch nicht beſuchten, am Fuße des Bardal-
Berges gelegenen Ort eine Heine, aber ſtarle Feſte auf bes Gipfel
eines rings fieil abfallenden Berges, burhans von Muhamurchanera
bewehnt, bie einen bedeutenden Ausfuhrhandel mit Bich mb mit
Vech, das in den biefigen Wäldern von vorzägkiger Güte erzeugt |
Bu) Fr us p. 396, St. Martin, Memoires sur l’Armenie. Vol. I. |
Pr
Deftl.pontifches Küftengebirge, Hemfchtn. 82%
wird, treiben. Außerdem merben als Erzeugniffe der tiefer gelegenen
Thaler Wachs ımd Honig in großer Menge und Burbaum von
orbentlicyer Stärke, ſowie daraus verfertigte. Geräthe genannt.
Noch eine Tagereife weiter thalaufwärts Tiege auf faft unzugäng-
lichem Felſen die gemaltige Schloßeuine Zykkale, fo mie in einem
Nebenthale des Hamfden- Baches, das fih bei dem Dotfe Dap
(turtiſch Tſchat genannt) mit jenen vereinigt, das bedeutende Dorf
Jewoghiud (eigentlih Seghiowib, d. i. Delthal), das einzige
des Bezirks, im welchem ſich noch eine anſehnliche hriftliche Be—
vollerung, die hier die Hälfte bildet; erhalten hat, die and noch
ihren eigenen Geiftfichen hat, ter auf mehreren jährlichen Rund
reiſen bie übrigen zerfireuten einzelnen chriſtlichen Familien der an«
deren Dörfer beſucht, um die nöthigen geiſtlichen Handlungen zu
verrichten. Denn hier, wie in andern Theilen des pontiſchen Ges
Binges, iſt die früher durchaus Kriftliche Venöfterung kurz vor
und nad 1700, um dem unerträglichen Steuerdruck zu entgehen,
faft insgefommt, bis auf wenige treugebliebene Familien, zum
Islam übergegangen. Als Zeugen des früheren Zuftandes haben
ſich aber bei ihnen, aufer ven noch faft im jevem Dorfe ftehenden,
wenn auch verfallenen Kirchen, mande chriſtliche Gebräuche erhal-
ten, zumal bie Berehrung des Kreuzes, die Beobachtung der chriſt⸗
lichen Faflen, die Beibehaltung von Ausprüden wie Bathe und
Gevatter im gewöhnlichen Peben, und ebenfowenig wie dieſe haben
fle ihre wäterlide Sprache verändert, welche nach wie vor bie ar«
meniſche iſt, die font im ganzen Orient ſchon an ſich ein ſicheres
Kennzeichen chriſtlichen Belenntniſſes bildet. Der armenifhen Zunge
gehören daher and) bie von Indſchidſchean genannten Namen von
Dörfern dieſes Bezirles an, die wir ber Bollftänbigfeit halber hier
noch folgen laſſen: Goluna, Koſchdintz, Amolta, Mjezjdmun, Sha-
nindnotz, Molewing, Usgurda, Schentſchiwa, Kuſchiwa, Wortneng,
Magrewintz, Chabak, Njerki (Unter-) und Wieri (Ober⸗) Wiſha; alle
mit gemiſchter (zum Heinen Theil chriſtlicher) Bevölferung.
Nur das letztgenannte Heine Dorf lernte auch unfer Reifender,
Prof. 2. Roh7%), lennen (er ſchreibt den Namen Widſche), ver
es an der Furtuna (mie erſt ber aus ben obengenannten Thätern
vereinigte Fluß genamst wird) eine halbe Stunde weiter hinabziehend
und dann die fleile linle Thalſeite erfteigend, erreichte. Der Weg
führte dann mehr weſtlich über die höhere Waſſerſcheide zwiſchen
) a. a. D. S. 111.
928 Klein · Aſten. 5%.
dem Furtuma · und Sucha · Thale, und ließ in ziemficher Tiefe ubeb-
lich unter ſich die Ruinen der erſt vor kurzer Zeit durch den Der
bei von Dſchimil zerſtörten Burg feines Nebenbuhlers, des Dercbei
von Marmanat — bie britte Thalfürften-Refivenz in biefem Arie
men Landchen zu Orta kjdi (d.i. Mittelvorf, ver einzige tärkifde
Ortename in Hemfchin) blieb weiter weftlih bes Reiſeweges, im
ebern Theile des nad) der Küfte von Rize hinansgehenden Seuues
Dere liegen. — Das noch auf der Höhe, aber ſchon in einem dich⸗
ten Obſtbaumwalde Tiegende letzte Dorf von Hemſchin hieß Tfin-
git; nur eine halbe Stunde weiter im Dorfe Lamghr befand man
fi ſchon auf dem Boden des eigentlichen Laziftan; ein breiflän-
diger Weg in dem freundlichen, Stunde breiten, mit Obfiwälben
und Mais und Hirfefeldern erfüllten Thale Suha Dere führte
nad Atina zur Küſte des Schwarzen Meeres zurüd.
Die Bewohnerzahl des ganzen Thalganes wurbe Koch zu 1500
Familien, alfo etwa 8000 Seelen angegeben; fie ift vielleicht mod
bebeutenber, ba im ber kurzen Zeit feit ber erziwimgenen Unterwer-
fung unter ven Paſcha von Tarabuzun (um 1835) ein vollftäniger
Cenſus wol kaum hatte ansgeführt werben Können. Durch gem
Hemſchin und das weſtliche Laziftan rähmt berfelbe Beobachter die
treffliche Unterhaltung der Straßen und Brüden und bie Sorge für
die Bequemlichleit der Reiſenden in Faffung von Quellen uud AUu
lage von Brunnen. .
Erläuterung 2.
Laziſtan, das eigentliche Rand ber Lazen, ober ber äftfichfte
Theil des pontifchen Küftengebtrgelandes bis zum Tſchoruk.
In dieſem äuferften Gebirgewinfel ver Heinaflatifhen Halk-
infel lennt das höhere Alterthum jenfeit ver Malronen, bie wir
aus Xenophon als Bewohner ver Gebirgsgaue Aber Trapezus kennen
gelernt haben, ober wie fie fpäterhin hießen, ver Tzanen (em
Name, der feitvem in ber neueren Form Dſchanik weiter weſtlich
gerüdt ift), noch zwei ober brei Voftaftämme Tennt: die Becheiren
oberhalb Rhizus (alfo im Gau Hemſchin) umb weiter öflich bie
Byzeren, auch von ihren 7 Dorffcaften bei den Griechen Hep«
takom eten genannt (fo in Schlar Periplus und Apollon. Argonaut.),
wozu bie fpätern Periplen noch zwiſchen beiden ben Namen der
Pontifhes Küſrengebirge in Laziſtan. 020
Eledeirier Nigen; fie wiffen aber von / denſelben nichts weiter zu
jagen, als daß e8 rohe, in ihren Gitten äußerk barbariſche, von
ven ſpurlichen Anufiedlungen griechiſcher Cultur auf ihren Küften mm
xrithrt gebliebene Gebirgeſtãmme waren, ohne ihre Nationalität
aãher zu bezeichnen. Der Name ver Lazen, mit welchem bie Ri-
wer noch zu Iuflinians Zeit, nach Brocops über dieſe Gegen-
en ziemlich ausführlich ſich verbreitenden Kriegäberichten, ausſchließ⸗
ich die Bewohner ber kolchiſchen Tiefebene, vie Borfahren der
eigen Imerier und Mingrelier,” offenbar nad; ihrem eigenen
Sprachgebranch, bezeichneten, erſcheint num im der neueren Zeit um
:in bebentenbes weiter fübfich und weftlich ausgebehnt und anf bie
Bige jener unbelanuten Heinen Küftengebirgeftämme des Alterthums
lbertragen, gewiß nur als Gefamnıtuame des Stammes, dem auch
ene ſchon nach Sprache und Sitte angehörten, denn au eine Ber-
imberung ber Bevbllerung ift in biefen ſchwer zugänglichen, von hos
ven Bergwällen umfchloffenen, mit ver Außenwelt nur an wenigen
duſtenpunlten in Verbindung fiehenden Engthälern gar nicht zu
enden. Anch fpricht für bie Erhaktung der alten Beuölterung ein
Iuſtand, ver im feinem ſcharfen Gegenfag zu ben vom türkiſcher
Zunge eroberten Gebieten ſofort allen Beobachtern (namentlich auch
%. Rod) auffallen mußte und für den unfere bisherige Durchwan ·
rung der weftlichen Thalgaue bereits hinreichende Zeugniffe
yliefert hat: nämlich die faft vollftändige Erhaltung ver von ben
Alten überlieferten Namen der Küftenflüffe und Hafenorte
n der heutigen Voltsſprache.
Auch die neuere Zeit hat dies Boll lange in ungeflörter Ber-
sorgenheit feiner Waloberge, unberührt vom Weltoerlehr und daher
aum dem Namen nad) gelaunt, gelaffen. Selbſt vie Exbbefchreiber
»es Orients, Hadſchi Ehalfa und fein armenifcher Bearbeiter,
re ums ſchon fo häufig vervollſtaͤndigende Notizen geliefert hat,
viffen von biefem Laziſtau und feinen rohen Einwohnern nicht viel
‚m melven; fie leunen von bem ganzen ehemaligen Paſchalyk Farſch
benannt von der ſeitdem am bie Ruſſen abgetretenen und durch das
noderne Pot i erfegten Hauptſtadt am Phafis), ober wie es fpäter
md) genannt wird, Gönich over Batum, nur bie wenigen Kü«
enorie, durch bie der Handel feine Wege findet. Der orbnungslofe
mſichere Zuftand bes Gebiets erlaubte bis zu der erft vor zwei
Zahrzehnten vucchgeführten Träftigeren Unterwerfung umter bie Be
‚chle des türkifcen Paſchas zu Trapezunt feinem Ausländer ins
Junere einzubringen; fo haben ſich denn auch die erften europaiſchen
Kitten Erdtunde XVIL. Nun
930 Kein · ANen. CR.
Berichterſtaiter, Eolomel Neottiers ber Holländer, bei fin Kb
iche ans vuffifhem Dienit in Tromslantafien Enpe Dei 1818,
web ber franzöſiſche Couſul Bictor Fontanier im Iabr 109
anf eine Küfiemfahrt mit öfterem Anhelten in den Safer ie
ſchraͤnlen wüßlen. Erſt im unſern Tagen iſt bie wiffenidafäke
Anficliegung des Junern verfucht, — aber eben amd wur cf im
wen werben, durch die im Tſchorulk ⸗Thal nach Artwin talk
rende Routen eines Deutjhen, des Dr. med. Köler*) in.de |
1842 und eines Staliener® in englifchen Dieufen, des Biere
zu Botuu, F. Guarracino”) im I. 1844, fo wie built |
Wanderungen unfereß verehrten Freundes, Prof. K. Rod, im |
ver Kuſte und vom derſelben Durch das Gebirge za Tikenuihel
Winüber, vie wir, nad) Boranfcidung des im Lillgeweinen über ii
Bolt überlieferten, im einzelnen zu verfelgen haben, werben, muy
einer inımer noch ſehr fragmentariicen näheren Kewutnik dief ws
nechläffigten Landſtriches zu gelangen. .
Rottiers bezeichnete bie Lazen nur im Allgemeinen, wel uk
ohne Vorurtheil, als Tühmes und trotziges, zugleich ſchlaues, bil
ſqes, verrätheriſches Gefindel, trefflich geeignet zum Cord,
woju fie vorzugsweiſe vom ben Türken ausgehoben werben Di
Ruſſen, welche vielfältig “mit den Yayen in freuudliche uud jun
liche Berührung kamen, zumal in des Generals Fürften Paste
witſch Grenzkriege vom 9. 1828 und 182978) gegen Erems |
bis Trapezunt, fanden fie meift im bem wildeſten, maberrchbeinglidhen
Veld- und Gebirgsſchluchten wohnhaft, wo fie aber mie mhk ,
daheim blieben, fondesn immer Gefahr aufſuchend, ſtets af Ai |
und Tod vorbereitet erſchienen; daher fie im Sleimfriege ber
Türken, als vortvefflihe Scügen, das beſte Fußvoll uuker va
Truppen bilden. Sie leben zum Theil vom Anbau bes Bedeni
aber au von Viehzucht, Fiſchfang und Jagd, im eimem an BB |
ſeht reichen Gebirgelande. Wenn ihnen Aderlanb im Gebirge hl,
pachten fie wol in der Ebene ein Gruudſtück, ziehen im Gem
wit ihren Zelten dahin umd bebanen es. (ine Sale, weil Bar
Meiver, eine rothe Heine Müte ober eim Turban bilden ihre Sur
*"°) Rottiers, Itinsraire de Til A Constantinople, Brazellee 1820. p. 1m
e Mopatsber. d. Gef. ſ. Erdt. ıu Berlin. 1842. ©. 218; *
&.22—59. ””) Journal of the Roy. Geogr. Soc. of Lois |
Vol. XV. p. 206 59. ”°) Uichafofl, — Befhicgte dar Be |
aüge in der aflatifpen Türtei während der Jahre 1828 mad 184,
aus dem Rufl. von Saemmlein, Leiphig 1838. L ©. 63, 118
Pontiſches Mengebirge, Laziſtan. 9
rebeifmg; em krummer Säbel, ein Dolch und ein Gewehr mit‘ ge-
sogenem Kolben, find ihre beftänbige Waffe. Ieder trägt außerdem
ioch einen Strick oder eine feidene Schnur um ben linken Arm ger
vunden, um daran feine Gefangenen zu Binden. Unter fi, leben
ie immer in Zwietracht; Blutvergießen Mommt täglich vor. Sie
Ind unbengfam, hartmädig, aber fir den Drientafen redtich, dabei
iber lelvenfchaftliche Raͤuber ımb vorzäglic auf Fang von Menſchen
»erjeffen, die fie dann an den Seeplägen als Sclaven verkaufen.
Der Paſcha von Trapezunt übt wenig ober gar Feine Gewalt
Iber fie aus, nur in ber Nähe der Stabt leiſten fie einigen Ge⸗
jorfam, in ber Ferne gar keinen, und felbft ihre eigenen Derebeis
‚deren wir weiterhin nach Koch nicht meniger als 15 aufzuzählen
jaben werben) find faft ohne Gewalt über fie, denn fie ſtehen unter
ich in fortwaͤhrender Fehde. Ihr heutiger Zuſtand erinnert noch
n vieler Hinſicht an die Zuſtände bortiger Bölfer zu Mithridati-
‚hen Zeiten. Durch die ganze Küfte entlang von Trapezunt oſt⸗
vãrts bis Batum beſteht Feine Küftenftraße, feine Communi«
sation gu Rande mb nur wenig Paßverbindemg mit bem Inmern.
R. Koch fand in Laziften größeren Wohlftand als in den am⸗
dern Miftengebieten; man merkte ben Bewohnern ihre bis dahin
som trfifchen Joch umderfümmerte Selbftämdigfeit wol an, bie aber
ſchon hie und da auf der Abnahme ſtand; denn bie Expreffungen
ſchritten nur allmählich nach fo mancher gemachten Erfahrung, aber
deſto ficherer durch Rift mehr als durch Gewalt fort, der die Lazen
den kühnſten Wiverftand leiften. Ein großer Fortſchritt für die
Unterbrildung mar es, daß die Lazen, melde es ſelbſt noch fehr
wohl wiffen, daß fle, vor nicht gar langer Zeit noch Ehriften, zu ben
fanatifchften, intoleranteſten Moslemen übergeführt tworben find, denen
die Chriften verhaßt find, weshalb die Helfen von Europäern in
ihren Territorien großen Schwierigkeiten unterworfen blieben. Chri⸗
ten fand K. Koch bei ihnen gar feine anfäffig. Nach tem Cenſus
von 1836 gab Brant”®) ihre Zahl waffenfähiger Männer
anf 18,000 an und Roc im Jahre 1843 auf 20,000. Nach
Brants Bemerkung überſchreiten die Lazen nicht felten als Han-
delsleute die Grenzen ihrer Küfte auf die Oftfeite des Tſchoruk,
wo ſich viele am Hafenorte Batum umd zu Tſchoruk- ſu am ben
dortigen Bazaren betheiligen. Die Beflger ver Kaufbuben daſelbſt
find meiſtentheils von der Küfte Laziftans gebürtig, die mit ben
"%)' Journ. of ihe Roy. Geogr. Soc. Vol. VI. p. 192.
Nun?
0 Kleia⸗ Aſten. ER.
Tingebovemen ven Marlt beſchiden, der wöchmtlich gehalten wih,
Sn ber umgefanben SJahreöyeit, wo dort Feber vochesrfäen, um
laſſen fie den Bazar, mänılidy im Herbſt, lehren aber in ber gain
Iafresjeit dahin zuehd. Ir äußeren Uufehen überrajchte Lak
beim exfien Betreten von Laziſtan ſogleich bie. ungemeine
wit dem grufifchen (iberifchen) Bollsftamme; vi
Figur, mit vollem runden regelmäßigen Geficht, nur
weißt Heinerer Statur find; bie Haare vorherrſcheud
fogax bloud, aber fehe felten ſchwarz
Die Sprache der Razen war Biker, eine geringe
Würtern ausgenommen, bie Klaproth in feiner Asia polyglis
p- 122 witgetbeilt Hatte, vällig unbelaunt geblieben, bis Dr. ©. Br
fen, welcher Prof. K. Koch anf feiner kaukeſiſchen Neife
dieſelbe zum Gegenſtaude feiner Studien machte, nud bieje ach
wärbige Ioiom durch eine vollſtaͤndige Grammatil mit yefı
Morheit darlegte, fo wie durch bie reiche Mutmmahl eines Lagikie
Worterſchatzes die Sprade aus bem bisherigen wiffenihefliie
Dunlel hervorhob und die Iretglämer früherer Borftellungen ie
dieſelbe berichtigte. Es ging daraus hervor, das laziſche fie
Dialect des georgifhen Spradfiamues, der mit dem mi
greliſchen, ſuamiſchen umb laziſchen einen engeren Spradkes
bilve, nämlich den iberifhen, .von dem bieher mur das gest:
giſche grammatiſch belauut war. Gehe bürftig war bad unge
liſche und ſuamiſche, am bürftigften aber das Inzifche vertreten, zb
doch zeigten fih, mad) unfers hodberchrten College map gun
Sprabforiäers 8. Bopp®) eigenen Kutrad, vet meh
dige Uebereinftimmungen bes lazifchen wie bes george
ſchen mit, dem Sauscrit, in allen Teilen des fpradgliden
Organismus, die man in deſſen inhaltreicher Abhaudlung war
verfolgen möge.
Un der Rüße Gegimnt das eigemfiche Begifkan meffüch, wie Kim
oben (©. 921) bemerit, mit dem ſchroff überhängenben Tekmaie
des Vorgebivged Kemer Burundt), vie fh ein paar Stauden
a
h
[1]
IE
2) Bopp, über Siafenbung Dr. G. Rofens über dad Lafiiche, im Re
matsbericht der Berhandl. der Berliner Alabemie der Wiflenfeftn.
1843. ©. 311—323; derfelbe, das Georgliche im foradnermant:
fhaitlicher Veytehung, In Abhantl. ver —— Mademie » Bife:
(often zu Berlin aus dem Jahre 1846. Berlin 1848, 4. She.
biflor. Kaffe. S. 259--339. *) Bontanier a. a. D. 6.3;
Bigefgfian.
Pontifches Kuftengebirge, Laziſtan. vs
weit ze udehſten worfpeingenden Belfemafe karvz Burun hin⸗
Achen. Diefe® überragt eime jest zerftörte Feſte, Laroz Kaleffi
Katenfchit, b.i. Meines Gehloß, auf ber rufftfchen Rifkenfarte ger
vazakt), fu der noch im 3. 1815 ein Derebet, Muftafa Mgha, fich lange
Zat gegen die Truppen de& trapenmiiſchen Paſchas vertheidigt ha-
ven fol). Weiterhin BREG, gegenüber dem Auefluf eine® Baches
‚der einer ſtarlen Quelle, Souk⸗ ſu, d. i. laltes Waffer, genannt
aber darum wicht, wie Bfheſchkian meint, für ven Fluß Piychros
ver Witen zu halten, ven bie Periplen viel weiter wehllich bei Of
ıngeben), uͤegt der Gteiftifte gegenfiber im Meere ein detfeninfelchen
mit allem Tharme, amgebiih einem Genue ſeub au, gewöhnlich,
vie viele Ahuliche ſchwer zugängliche Bauwerke, Ayz-Ruleffi, d.i.
Präsente, genanmt. Im der Rage, ehwa eime halbe beutfche
Breite wehfich von Mtine, fimmen ber Wrmenier und ber tufffie
daſtenverzeichner überein; eo mag daher wol auf eimer Bermedhfer
ung berußen, mern Kochee) denfelben Namen ben geringen Burg ·
wüsemenz giebt, welche fich auf einem Augitporphyrkegel unmittelber
iher de Orte Atina erheben, und in denen Rott iers auch Kefte
lien Ehmten gejchen haben mil. *
Diefen Ort, an der Ausmuludung eines größeren Thales, des
Zuce Dere (Zagatio ber alten Pertpfen) gelegen, umb daher
ür den Verkehr bedentend, Yemen fen bie Alten als Städtchen
tab fpätere rbiniſche Grengfeftung (Procop. B. Goth. IV. 2. p.485
d. Benn:) unter dem Mamen Athenae, ben fie anf einem Tempel
er Göttin zweüdführen, von dem ver armenifche Küſtenbeſchreiber
vd) im unferer Beit eine amtile Bronzethur geiehen Haben will.
Tech fand den Ort, wie alle laziſchen, aus zerfienten, aber wohl»
ſebanten Hänfern zwifehen Gärten beſtehend , mit ſierk beſuchtem
leinem Bazar am Meeresſtraude, und ben feſtgebauten Wohnfthen
weier Thalherren (Dercheis, aber jet von ben Tuͤrken nur
Kiens, d. i. Autmanner, titulirt), won denen der eine vie Ein⸗
Aufte ver weflfich gelegenen Ortſchaſten (ver Dixfer Dſchumbat,
Deiet, Mellint mud Dſchemer, lehteres 3 Stunden von tina,
»ffembar vaffelbe wie Reimer, nach weicherer Ausſprache) und bes
alben Ortes Atina, der zweite ven ber andern Hälfte deffelben zu
yemiehen hatie, und bie einander durch Aulegung zmeier, ziemlich
vo) verpachteten SKaffeehäufer am Bazar Coucurrenz machten. |
7) Rottirs a. a. O. S. 101. »5) a. a. D. 1. S. 123.
[0 Klein. 2%.
pegutifchen, blaßrötglich und ſaͤuerlich; als vorzüglicen Antje
ariilel aber Bustter von Nußbaumholz ; & bemerkte auch auj am
Klippe im Meere dem Orte —— — Fang
Die Fortfegung Dee Reife zur
Heinen Stunde wieder zu einge rittlerburgähnlichen Neſiden cı
Dexebei zu Buleb (wie Manganari uud Bſheſchlian ben
kreiben, vielleicht, wit allexdings befsemblich vertaufcten Ram,
einerlei mit bem genuefifhen Fort von Scindo na, welchet Ru
tiere als öftlih von Atisa gelsgen erwähnt, umb wit Four
Thal und Berg Bogbale, eine halbe Stumbe von Aline). de
Neifende Hatte ſich hier einer ganz beſonders zuunrkowannhen gi
freien und für bie Raifegwede erfpziehlähen Aufnahare yı afum |
Dex hurusreiche fruchtbare Boden ber Nachbacſchaft, im den!
Marmanat (f. ©. 928) Hesahlomummben Thale zeigte ſich ꝛin Dih
und Öenülfe aufs fleigigRe angebaut; war don hier gefumbenms Sräd
tan, unter denen auch Orangen allerdiuga mehr abs Gelteuket fi
- finden, giebt Koch mit Beifügung ver iaziſchen Beuenuunga
un le Bazeigaig ss).
Be hie an fand Fontanier®) im Borüberfahren aufm |
vere Stunden wu ber Küße unbewohntes Waldoickicht. am wre
gelt ein paar Häufer zum Schutze gegen die in den ticjen dis
thalern häufigen Eher, Wälje und Schlangen auf —* |
erbaut. Immitken dieſer Stunde fallt wit mugeinumenn Laüx
uns ſchou durch ihren Oberlauf ie ben Bergen vom Hemſchu
tote Furtung ins Meer, fen ben Alten muter faR *
demſelben Namen bekaunt NIöobàa⸗ic bei Schlag, Idpurung ki
Arzian. et Auou. Peripl,). Auch son einem’ Orte fen der
Mündung weſtlich, ven Schlag An mddız, bie fpätern Peripen
Vürftenfig bes Auchiales (Haolau Ayguitev, sffenbar eines ala
lagiſchen Derebei) nennen, haben fich immisten des Walbdickcu in
Bor eines pieredigen Plateaus erhalten, bie he Aormalmers uni
dem wunberlihen Namen Eski-Tarabuzun, di. At-Trapgmi,
belaunt find, welcher ben unlritiſchen Sontenier®”) verdeitetz, hir
die Lage der alten griechiſchen Golauie, zu Emopkems Zeit zu fahen,
re
9. Röler, in Donaisber, der Geiellig. fir grotanne in Bla Bela
1844. Br. VI. »).00. © 1 **) Deuzine
Voyage —X oz )44D. e. "75, 0.
‘ Pontiſches Miftengebinge, Laziſtan. 0.
wm Rocy aber bewits gomg vichtig buach Gimwehlung anf Die oft
wiederholte Unfitte ter Urimeialen, größere Muinewfbikden veim will ⸗
dahrlich mis dem Rewe: cinos benachbarten bedentenden Stadt der
Weugeit (mie Eeli Abalia, Goli Meuiboi, Esti Vaghdad) zu ber
asunen, erllari werben iſt. Die nächte Derebei-Mefidenz, choa
1, Stunden öfiiich von ber Burtusa®), heißt Artafchin ( Foniauier
** mach armenijcher Audſorache Ardaſchen, Adler Ardaſchau)
mb liegt wicbenum über der Musmänbung eines fruchtbaren, wohl»
amgebemten Thales, in meiden ſich das zerfivent liegende Dorf hech
Wpiteamf zicht, umb hier im undern Theile bei reichlich vorhaudeurr
Beräfieung fogee Reis gebaut wende, freifich [che men Scham
mes Gejumbheit der Bimmoheee. Ans Geexanbe beflubet fid) ber Heise
VBaar wit Rafischaus mn Moſchee
Un vie Stelle des waldigen Abhungs treten von hier an wie ·
zes, wie Rod; auf ver weiteren Seefahrt bemerkt, ſteil ins Weer
blallenne Felſeurander, doch unterbrochen von ven flachen, bia eine
Wirrtelinmde besiten Thakmändumngen; die die Höhen bebedkuben
Wilven ober ubertrafen an Schönheit ned; weit alle biöher gefer
bamen; bie wenigen Dorfer nes Bezirls — Odſcha, 1 Stube von
Actaſchin, au einem durch enge Felsſchlucht ins Meer ſtaczenden
Bade, und Gereh (Gera mit einer Rue, bei Söler) 1 Stunde
weiter mad 11, Stunden bieffeit Witzeh — zeiagen ſich hoch oben
Die Refveng des fünften Thalherru, damals eines erblzudeten
Seiöhrigen Greiſes, eines ſtarren Gegners der uruen türkifchen
Wärsigait im ſeinen Bergen, Witzeh gemannt (jo bei Koch,
Mitte bei Köln, Wizeh mit weichem z == bentjchent | bei Bſheſc⸗
Ban), an einem Flußchen, deſſen alter Naue Purites (bei Aion
und Rliiuc) im dem heuligen wenig verändert fortlabt, giebt dem
Namen ein paſſendes Zengmiß durch bie Pracht feiner von Rot⸗
weh) als ein wahres Paradies geichibverien Durbaunwälber. Der
Rune ‚nos Qus beſchrault (ich nach Koch auf den Aubau bex limten
Dalſeite, wahrend die Öflliche Gegenfeite mit ihren jchämen Obſi-
Härten ven Namen Abu führt.
Den fernern Weg längs ber Küfte über Sumleh bis Archawe
(3% Stunden) machte Koch zu Fuße umd hatte dadurch Gelegenheit
®*) So giebt es Roche Karte in Uebereinftiimmung mit der tuſſiſchen
Küſtenlarte und Bontanier vi m; in Kochs Tert ©. 132 iR es
irethümdich fo bargeflellt, als ob A. unmittelbar am der Burtuna
lege, ) a. a. O. ©. 187.
wer gleidieaunige, ziemlich aufepnliche Berkiieten 0”) Wird amade
Archaweh (Arlams bei Gonianier), woſilich Na pi ſteh (noch us
Schreibung, Rapiftra der Küſtenlarte, and, bei Bibeln. te
alte Hafenort Kiffos, nach welchen ben⸗unt die Bemehan ir
Umgegend als Bell ver Kiffier bei Ptolemäus aufgeährt werde,
* unter dem Nomen Keiſſeh ode Kiſſa nech exhalten hat; a
jet der Gi des achten Aja⸗ von Laziſtau Nicht: wie wi,
5
fer erſchwerte, gelangte man enblih zum Dieriifiaten Chopa
(Roppa bei Küler, Copi bei Foutanier), dem Gige des tirflige
Stutthaters (Deiteffeliin) von ganz Saziftan ;. fein Haus, anf der
80 Fuß a ee ehe
Aublid auf die üppig fruchtbare Gartemungebung. Bier
iR al der am meifien befuchte — dt
von Brant genannt; ex bilbet ben natürlichen Wnsgang beb Ber
tehrg. für die bedeutende binmenlämbifche Stadt Metwin im uni
Tferutihale, zu der über ben hier fchen berenteud von feiner für
Herabfintenben Gebirgelammein bequem angelegter Meg fähtie
+) Die von Rottiers a. a. D. S. 185 angegebene über *
Tas doch liegende gemuefifcge Burg Djibfa Sul, m mi rn
freilich faR verlofchener Iufchrift über dem Thor uud
im Innern, unter beuen die Formen eines Pegafus 25 LU
aber Koch bier'weber felbft auffinden, noch etwas Aber fie erfehem
Der Rame Krtarla in Rache Berigt (a. 0. D. SM) Kae)
aur Dradfehler Ratt Arkawa.
Pontiſches Mlfiengebirge, Laziſtan. ou
meilich, obwohl won jeher Rark vom Hambeltreibenben bemupt, deunt-
ae [4 volumen fü: ylez Tora, ba ma vor m Se
Wönbersien Unifeher Ctrundheitier vorgefallen turen, Die ine,
die. nenmmmachte (insrpbe der tärfifdhen Oberherm Bale ee]
22.
Am Madmritioge des —— folgte Rad wit feinem
Beibaehiein Dofen Diem Ziege 1 thalaxfwario in fübäftäicher
Richtung ; ver Gebingtwäden, hier ans Kalt beftchend, war überall
zeit wicht fonberkih hohen bern bebeift, feine
wvurde ohne fonberliche Muftcengumg von Ehoppa aus in 4 Stunden
reicht. Fernere Beobachtungen hinderte die einbrechende Dumkel⸗
%
5
i
3
J
155
ä
Die wenn auch niedrigeren, doch immer noch ins Meer felfig
mb feil abfallenden: Miftensberge DAL vom Ehoppa (Biere mit
zorfiogenden Bafelfelfen oder Scheeren die Röler im Borbeifahren
yoch mit Bogeldiluger bededt fah, ver aber hier unbenugt bleibt) find
8 zur Tſchorul ⸗ Mündung noch zweimal durch offene Thalfchluchten
Yan, falſch ſteht auf Mangangari's Küftenkarte Abu-islam, welches
Hau in Won-felam berichtigt, aber auch Fentauler hat Ab ousla,
Rößer ſogar Wboftra), ift berühmt wegen des trefffichen
hrer reichen Onellen in überaus reizender Walvfcenerie; es iſt dies
‚mer jener Meinen verfledten, vom ber Ueberwachung der rufſtſchen
abs fräefüfchen Agenten abgelegenen Hafenorte, wo noch; jeht nad)
er gewoltſamen Verhinderung ber frähern direkten Sklavenausfuchr
uro ¶ Tcerleſſtea md Mingretien, oft genug bie geraubten ober
mtfichenen Schönheiten des Kaukafus zu größeren Trausporten ver-
ammelt werben, bie dann von hier zu Schiffe nach Conftantinopel
sehen. Der oͤſtlichere Hafen mit einem ſehr Heinen Bazar und ber
Iuine eines erſt vor kurzem zerſthrten Schloffes eines Inzifchen
Derebei heißt bei Fontanier Makria, bei Köler Makriali, bei
Danganeri Matrialos, bei dem Armenier Makrakala; wie es
vei ber häufigen Erhaltung griechifcher Vauennungen in biefen Berge
988 _ Ee⸗in⸗ Aſua⸗ 5%
wenden feheimt, eine Gtfieliung ans uonpsg wähle (ange
Gtroub). Eimer dieſer nd wicht len amienfundgten Diris fan
milk wielleicht gar Das welichere Ehupyr, wie Koch mat; vx
and oben ©. 92) bezeichaet wiehhehht vie Sau⸗ ver allen Eh
Apfaros, die. als fpätere romiſche Grenzfeftung net Panp
(weil. Giech. IV. ep. 2) fo bebemub mer, Def fie ein dem
Theuter und Hippebram befafr; doch hiabert, men nam damal ik
wenben Wüntsmgäerme des Tſchoruk meiwen Same.
Erläuterung 3.
Das untere Thal und bie Mündungbebene. das Tich oral ia
Razifian-Gaue_ nach Köler (1842), Aoch (1B43) um
Guarracina (IHM: v
Das flache, grüßtsutheils ſumpfige wub welshebedie- ide
dungsbelta des Tfgorul-Stroms, deſſen. Thalfpafie bie
fammenhängenven. Ketten des poutiſchen Giebinges. im Often begung
und unſerer Ummanberung bes nördlichen Kicinaſtens ats Mike
Grenzmarle dient, ift bereits oben (S. 38) im Aligeweinen in
wit; es ift die 2-3 Stunben längs der Lüfte meer chen jet
laudeinwarts bis yar Spige des Dreicht am Yusizitte des Flik
aus dem Bergen ausgedehnle, etwa 1), bentäihe-Dmabzukusiien ab
haltendeꝰ), von den Lagen fe genannte Sahaber Dmalig lie
qabar bei Iudfchibfchenu), weiche, fiak bei forgfältiger Eiuplumung
des im Früuhſomuer fs ilbertcetenden Stramlauſa umb lie
+) Bol, ©. 90. Gin neuerer und ausführlicher Beticht äber WR
Gegenden vom britifchen Bicrsomful.zm Bat, Gomns, ben. D. Bier
(us münblicher Mittheilung) in Crzetum —— mn:
[ch auf dos ganze Tidyorufthal erftteifen ir une Bey
nicht zu erlangen gemufen. *%) A Köler, it Meneishee. & O4
f. Grdf, zu Berlin. HB4B. Bis I: ©. 200, DAR,
Rayifan, means Ahhorufthal. BR
vs wertempienhen Welſler, Raikigen Auban mit reichen Ernten zu
exgelten, igit fo gut vie vabenachi liegt, wilden Schweinen, Büfiche
nd anderem Wilde Wohnftätten gewährt, und in ven freien Stellen
wifcgen days Dicicht wur ein pagı Heine lariſche Dörfsgen, in ihrer
Ritte ſegar ein aus Blochäuſern beſtehendes Winterborf eines
‚urhenftammes enthält (früher nach Judſchidſchean bis 400, jagt
ach Zöles ware noch etwa 30 Familien ſtart), des von den Alpen
er atmeniſchen Bag tegelmäßig im Winter ‚bie in biefe nörblicie
wilchen Dercheiß; Batum und Gönich oper Günich; bisjes
is Meiner Marftert am weſilichen Ufer des Tiorul mit anſehn ⸗
chem Schlolia, weihen, nach Hadſchi Chalja’s Nachrichten zu
Hliegeny in frühen Zeiten temporär als Palda- Reſtdenz viente
nd der ganzen Iszifhen Probicz ven Namen gab, woraus wol auf
ine früßere größere Yebautung bes vau Curopäern in neuerer Zeit
>enig befschten uno wicht beſchriebenen Ortes zu ſchließen ift.
Der Hafmost Batum, von deſſen vortrefflichem geräumigem
dafen (car jadoch. —— nad Bſheſchlians Bericht, an einem
omfuls und dem bes Paebe®). Diefes iſt der lebie nach Biefer
Deite. his af Meaifchen Gebinle, ben ber noch weiter nirdlich ſich
airb wicht, mehr zu Sagißan im engem Sinne gereßuc, ſendern zu
) Bal. S. 93 und Fr Sen bort angeführten Autoritäten noch Rottiers,
Itipgmire p LAA una komtanier, Varage en Orisat, Parie 1807. p. 200.
”) Köler a. a. D. Bd. 1. 6.24; Bo. I. S. 2225
0 \ Klein: Aften. - 59.
Gurien, veffen türkiſchen Aucheil ex bidet, willen der gie
Theil dieſer Landſchaft mit ver Dauptfiekt Ozurgeti inmechdih ir
. enffifgen Grenʒe liegt.
wirhrömen im allgemeinen fer and umihitig, zoie fir bei fh
gar feine eigenen Schiffe, kaum ein paar elenbe Fefcherboeie kefm, |
umd ben reichen Yang erg (vie für vie Yale
Türkei hinreichenden Thran Kiefern), Stören, Herimgen, Gteinieiie,
AUnchovis u. |. w. den imbnftriöferen Schiffen von Rigeh Heide
Dazu find fie die fireitfüchtigften mad ränberifcäften aller Lan, u
ehem Grade ver Bfatradie ergeben, für bie es mie
fehlt; fintt ber Wohlhebenheit aid Orbunng, bie Zoch ned in
weſtlichen Sajftun 27
lichen Dulfeenellen des Landes zurisleibenve Urmuch, eb fe gt
nen leiten engen Pleruen Baheumgen, wie in br, a
Bornehmen gewöhnlich ärmlichen uud fhmubigen Tracht. Bühne
in der Flußebene trefflicher Boden ae rn
bie
Bergen der 'anbaufähige Boden een | fe on
Boltozabl zur Ernährung nicht bin; Geireibe muß, mameniich u
Mingreiien, importirt werden, wogegen bie einzigen 7—
Auefuhrartikel der herrliche Burbaum der Wälder uno bie in
De ee ne ———
überaus veihlicen Wachs· und Honigergengung gewähren.
Die Entfernung von Batum nach bem naͤchſtgelegenen Ian
teadfien Oandeleplabe des imern Berglaabes, der Etabt Armin
im Tfeeruftale, beträgt 16 Gtenden aber zwei Tagereifen; be |
allerdings wenig gebahnten Wege führen auf beibem Afhagufern, def
ber auf ber rechten ober Aftlihen Sekte, den Köler zuridigk,
mit ungleich größeren Terraiuſchwierigkeiten als der weßtlige, ka
Guarracino und tgeilmeife Koch beuuften.
» Der englife Eonful®) fand dem Gtrem, nadibem er bie ße
haber-Ebene in 2), Stunden von Dahme amd durchritien, bei vr
Fahre Kiyzyl⸗Toprak (d. i. rother Erdboden) im ber train
dehredzeit nur etwa 40 Schritt breit und in ber Mitte 7-8 U
def, während fein Hochwaſſer im Mei ud Iaei, zur Zeit be
Sehneeſchmelze in den armeniſchen Hodigebirgen, die faft zehech
#99) Guarracino, vn ” a 3 Journey to Artwin, in low. of the R. Coop.
Soc. Vol. XV, p. 2
3 Laagiſtan, wuieres. Thchorukthal. eu
Uber leichte wit Wad won Buchen, Eichen, Erlen
bebedite Auhohen (während auf ber Oftfeite die Ebene
noch eine Stunde weiter hinaufreicht) wurde nach 2 Stun»
wohlgebonte Dorf Om boli von 30 Häufern erreicht;
dem auf der Dftfeite gelegeifen, 40
Dork Erge nochmals eine Heine Thalebene
A eine Stunde weiter von Oſten her der bie
Diſtrilis bezeichnende Adſchara Su durch
xſtchende Darfchen Miruwet, gegenüber dem größeren Dorf
333 Iapir ehe: nad audern Madſchchal) vom 30 bis
fern; 1, Stunden weiter ſudlich am Fluſſe der aus 70
Bad he im Bla pa By u Ba m
Maradit, in eimer im Sommer ungeſunden Lage, daher das dazu
ge Dur mac Koch e) die —* des 13. laziſchen Dexebei,
ine halbe Stunde baxüber auf ver Höhe gebaut if. Cine Straße,
nie vom hier über bie Berge mad Choppa führt, muß allerdings
yegen bie füblichere, welche Koch einſchlug, eimen Umweg, aber viel«
eicht eine bequemere Gebirgepaſſage bieten, wenigfens fand fie ber
Reiſende von Artwiner Hanbelsleuten und Handarbeiten, bie bes
eichtern Verdienſtes halbes oft nach Trapezunt und Conftantinopel
schen, ſiarl benntt. ech bie nähen 17, Stunden ging der Weg
uch bequeme uud gerade aus im Flußthal, 5i8 gegenüber von Hebba
Chebba bei Koeler), daun aber mit Y, Stunden über einen vor-
—— Bepila wa nach dem bedeutenden unb durch ben gaſt ⸗
und Sinn feiner Bewohuer belanuten Dorfe
Ravapha (Gadapcha bei Köler), welches aus zwei beſonderen
Tpeiten, jeber zu etwa 100 Gäufern befteht, deren einer am Fluſſe,
»er ambere im bene zum Tſchoruk mündenben Karadere (Schwarz
Aal) Üegt. Diefes Thal muß daſſelbe fein, in welchen höher hinauf
wach den Wise Koch eingegogenen Nachrichten zwiſchen Maradii und
22. ſudlich foigesen Tat fi Me Ref bes 14. ae
chen Derebei von Perlewan. befindet.
Nachdem man Y, Stunde weiter das Dorf Mirkumet von
50 Häuferm paffist, und abermals eine Stunde ver Thalfohle des
=
’*) Wanderungen im Orient. Tg. II. ©. 176.
943 Re &R.
Dqhorud gefofgt Hk, fchteßt Wr wieder Un Moentglttck "gun neu
Thal, der in einem fteifen Eugpaß 2 Stuben wert
den mir, mm zum Dorfe Botfchta (fo fereibt amd
abmeichenb Wotfchlja bet Med, wer Bhörtfchfähe ver
Wachnfchiy e) zu gefangen, dad ben halben Weg uch Mrfiin
dos Ende ber gemöhnlichen erfien Tagereife vom: Der Wie
geiäimet, Der Ort zähft W100 gutgtbaute Hänfer mad
Keufläben, imd hat viel DER und Weinbau, fürete chrize Sit
im irdenen Wanren, wonrit er ben ganzer Mfientegirk bis Uefa
verforgt, wozu die 30 den Votfihnern gehörigen Moote Vitsen, We
afferbinge nur ſtromab belaben fahren können, ſtromauf dir ie
gezogen werben mäffen. Sdlich des Dorfeß Tiegt bie Wk
einer alten, angeblich wieder gennefifhen Burg mrf eimr'
die ſteinerne Brucke über ben hier von ven weſtlichen Bergen
fommenden und in den Tſchotuk füehenden Hfch-Karefert
BWaſſer bes inneren Schloffes; mh MBler ſchreibt Sofhe
vaffefbe vwaches Koch Herab verfolgte mb, wof mäßiger vidhig,
Noeie · fu namte, ſ. oben ©. 937) beherrſcheud. Wrmed Fe
halbe Stimbe weiter fübfich mündet ein anderes Thel vor Mile
ein; es ift der Murghnl-fu) (Surghur bei Suarruciue,
auf diefer Seite die Grenze des eigentlichen Laziſtaa beyeichet
Der Theil des Dchornkthabes der ſich von Yier am
Offette des inffee, wie oben Bemerft morben Hi, fon
Mandung des Äbſchara Sn an in fünfidher Nchtaug Se
nächfte hohe das Thal von Weſten nach Often verdffehette Air
fette und bie dadurch bedingte ſtarke Biegung des Winktheht m
firedtt, bildet der Thalgan Liwaneh, wie Bnzen ati Armrch Ye
Namen ausſprechen (Liga ni bet ben eigentlichen Sertgier I
feit after Zeit unter dem Paſcha von Erzerum ſteht au Tomit Wh
in pofitifcher Beziehmg dem Binnenlande angehört. DE
indeß biefe Grenzmarken der Adminiſttativa im der ge
&
*
12
Frr ip
vn
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#7) Wakhoncht, Description geographigue de ta Gorgie, pub. p. BÜ
St. Petersbang 1642. p. 111; Aler 0. D. ©.26; Rot and
&.150. °) So nad Roh nnb Surfihiriheen, 3
Köler, ver bier fälihlih ein gleihnamiges Do mit &
giebt, das Guartatino Zitureb nennt. * [33
&. 115; Iupfälfgeon, Neulrmen. 6. 124, map Tem we iub
Herefchaft von Tiwane ausden 4 Unterdifziften von Artwin, Enke, |
Barchal und Gisgim befteht, zu beuen Teltem nad Roy mh
Rarfcpgal gefommen if. |
agiſtan, nis Ahhornkthal. ves
heieachaung uldit ‚eitem, feien wir unſere Durchwandereg bei
Ehaleß much bie laca Strede weiter bis zum Erdpunlt enropäiſcher
, im Urkein fort,
Dex vemtfihe Botaniker, deſſen Bericht vom hier am ber voll⸗
tämbigere iſt, erreichte wach mugehähr einer Stunde vom Greuzbach
= wei cinam Kügel gelegene, nur 20 Häufer enthaltende Dorf
jelewauden weben Dem Fiuſſe zwei Stunden entlang, dan noch
ine Stube A (und) dem britischen Neifenden wäre biefe
leng) zum Dörfchen Oman a mit einem ſchlech⸗
dann wieber abwärts und über mehrere wenig
emahbele, aut fehe zerhröceltem Porphtr beflehende, daher ben
——— ſehr —— Bergrüden eine Stunde (zwei nach
gun weitlichen Zufluß Katila (Hatilebere bei Guarr,,
Thabile als Name ves-höher oben in ven Bergen gelegenen Dor⸗
18 bei dem Armenier). Die Laudſchaft mit ihren pittoreslen Fels-
aauern, Burgirlmmern guf faft unerreichbarer Höhe in ben Lüften
chwebend, waſſerreiche Cascaden ver Nebenbäde, nahm hier einen
Stunden eutferute Stadt Artwin erreicht. "
—* wir num wo mit Köler®®) ven Weg auf ber öſt⸗
rechten Thalſeite des Tſchoruk aufwärts, fo zeigt fih "
hen aber
erſelbe ſchon vom Gintritt- ind Gebirge von der Mündungsebene
er weit beſchwerlicher; ein enger, fleiler, treppenartiger Pfab führte
m her Fahre in einer Stunde zu ben bereits genannten Dorfe
irge, in einer Gun ven Stunde, zuletzt fehr ſteil abwãrts, zur
Jolgbräde in der Engſchlucht des Adſchara Su. Das eine halbe
Stunde weiter entfernte Dorf Madfchalleh Ispir (Mabfdhel
ei Jopfhinfcheon, Hauptort eines Keinen Unterbezixks von Liwauch)
R wur Hein, aber wohlgebaut, unter einer Fülle von Obſthainen
pittoreslen Welfenwänden au rauſchenden Waſſerfällen ſehr
gelegen; weiterhin, wo der Pfad ſich wieder hoch über den in
eleſchlacht toſenden Wegen des Fluſſes entlang zog, folgten
==) 5, Juni 1842 4. 0. D. Bo. II. 844). S. 2340.
Pe
[IT “ Minttm. . 1:7 6.9,
ak, weheere Mehne Aufieiukungen nit aingelmuten Welsce unullny
abhang To fiel gelagen, dafs e& San imögfich exfäpten, sie Hufen
dort nur Überhaupt Fuß fallen konnten. Die Beräikuung kat
Orte, noch nicht am ben Aublick von Fraulen geil, zuge fh
ungemein fen, bie durchaus beiwefiweten Männer sit =
Stellung, de ſie tn ben ben Reiſenden begleitenden
Erbfeinde zu haffen geivehet find. Der Weg “
Bier, oft buch 3 bis 4 Fuß babe, ſchmale
ſchwindelnden Abgrunden unterbrochen, die
mern an das and ben deloritzen ſproſſende
So wurde nah 2 Stunden mähfeligfin Richters
Fluß hinabgehendes Nebenthal erreicht, au vems
zerſtreut das Dorf Chebba, unten Im Thal ein
Kaffeehaus Liegt. Wie von bier an bie Berge
zunehmen, fo erſchien auch mm als
einer höheren Bone die hier nirgend am bie Küfe oder im bie
Thäler hinabreichende Gattung Pimas. Der Weg ging in
befchwerlichen, oft durch ſtelle Feldwaͤnde smterbrochemen Weiſe uni,
17, Stunden zum naͤchſten Bflkhen Nebenthal, veffen in bei
tofender Waldbach auf einen ſchwindelnden hehen foymsuien Bakl
bogen, Rabdarstäst (?) Kidpra Überfchritten wich,
überragt von einer auf tfolttem Felskegel über Dichten Gehäkih
erhebenden Burgruine; dann noch andere 1Y, Stausee ber unit
dichteren ippigeren Wald auf» und abwärts bis zur Fine
Boͤtſchcha, wo übergefeht umb in dem Saffechamfe dus fire die
befchriebenen Dorfes das Nachtquartier genommen wurde
Am folgenden Tage wurde die Wanderung wider anf im
rechten Ufer, da mm die Pferde nicht mit hatte überſeden
fortgeſetzt; mwieber über fteile Felslehnen, die meift aur
beverft ober ganz kahl, weit rauher und ſchroffer
Theile des Thales find; zwiſchen ihnen machte der
der geioorbene Fluß bie mannigfachſten Winbungen
fige Infeln von Rolfteinen. Eine halbe Stunde von
wurde ber öftliche Zufluß Abdullah · ſu anf einer alten
Brüde von brei ‚Bogen paffirt, 3 Stunden weiter,
Auf · und Ablettern das Dörfhen Ahaldaba erreicht,
vollſter Lage mit herrlicher Ausfiht auf die weſtlich
Thales ſich emporthärmenven Vergmaffen, alle Aberungt
hohen Schneegipfel (ohne Zweifel dem Khatſchkar, ſ.
©. 924). Die Bewohner find hier, trotz bes georgiſ chen
Hi
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Bart
Eruppen nibenghrant iorben if
Die Gegen der Brike, weihe an6 eines eigen Etchcheten
iber ven hier nur 1620 Schritt breiten, aber tiefen, in engem
jelfenbette über mächtige Blode bafintofenden Fluß eich, best
uch ofen Geiten hin Blide von der großertiglen wilbefen Water
‚ die alles bis hierher im Tigoruiiae gefehene überrift
Die Peiebilnngen beftchen mach Roc") einerfeits ans mächtiger
Ralffagern, andererſeits ans einer Formation bläulich grauen, mit
Dmarzabern burchzogenen Thouſchiefers, beſonders Iegterer überall
noch plutoniſche Kräfte aufs äußere verworfen und häufig von
Relaphgr durchbr
Is
Fuß die Selfenmaffe, weiche die grauen Ruinen der älteften Burg
yon Artwin trägt; wenig höher, auf einer weiter zurücli—
Terraffe flarren vie noch weißen Kallmauern des zerflörten neuen
Scloffes empor.
Bon bier zieht fih mm bie Stadt Artwin längs ber Güb-
eite einer zum Flußzthale hinabgebenden Thalſchlucht über den Berge
ücken noch etwa * Kur ins Koch) —— eine halbe Stunde
zeit im die Höhe; fie bei biefer umebenen Lage natürlich fee
avegelmäßig und zum Set —— — Gärten zerftreut
it Biegeloächern enthält, ben bie Mehrzahl der Hiufer it and
hier, in ver Haupifiabt bes Bezirio, nur ans Ballen und Breiter
ws) Wanderungen im Orient. Th. IL &.176 f.
Ritter Cutunde XVOL Doo
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Ben: lea Hi Eh h ll,
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Unteres Tfepemchihak, Artwin. w
In cam felgen machten auch Guarracine und Köler
werigfens: theikweeiie) die Rüdfahrt nad Batum in ber hal
ig der Landweg Iofiet (8—O Stunden Dis yamı Monte,
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ie Gimmahnergehl des ganyen Liwaneh⸗Gaues wurte Red
Damilien in etwa 100 Dürfen, Guarracino ?) veolftm
ger (vieleicht mit Zusehmung einiger der im Iepter Zeit durch den
DRäteffelim erworbenen tleineren Vergoiſtritte) auf 8000 in 280
Derjſera angegeben; über Die der Stadt Artwin fedoft weichen:
ie Angaben gleichfalls ab; —B ſchatzte im Aufaug
dehrhuade ia 1000 tactiſcho wub 500 eriflich-armenifce
die eine Geſammtzahl ven wenigſtens 10--11,000 Cinwoh-
ergehen wi ; bie Angaben, die Rod) erhielt, rednciren wire
.7000, wesen atna ein Drittel (im 400 Häufern) katheliſche
x Gars Dife nu 600, bie Gihitmueer auf 100
einige Taufald Muhammeranes; Guarracine
Angaben erpalten zu haben: 804 au
werumien 60 ſchiametiſch unb 334 katheliſch,
—— 1000 Qäufer —
wahr Eorifßen als Muhamunudaner. Die Urfache dieſer
liegt in der Site des Iettaren, daßz jsber erwad
Sehn einen beſenderen Hausftond begründet,
mit ihren Familien bei den chriftlichen Bewohnern
Safe der Gitens bilben, alfe viel anger zufamumn-
dennoqh möthte die gewöhnliche für bie Dorfer
Duwhjänittsammahme von 5, bühne 6 Par
Haus für ſolche qhhriſiliche äotifche inbufiriele De
[eine erhebliche Ausnahme erleiden und die Geelen»
ahl im Ganzen höher anzunehmen fein.
9000. 6.30.
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us Benin 5.2.
Die Bezeichnung der Chriſten darchweg als Wrmerter fceint
hier nicht ganz fiveng geneunmen zu fein, wenigfiens verflhert Rocher),
3 B. Papas · oghla, »Pfaffenfohn«, vorkommen) durchaus Die gru-
fifge oder georgiſche, die der laziſchen wächftvermanbte iR,
eine Augabe, die auch durch bie vorzugoweiſe biefer Eiprudie ange
horigen Derfnamen der Umgegend befiktigt wirt. Andererſelts zadee
ber Uebertritt einer fo großen Zahl ans dieſem, fiveng cm feiner
orientaliſchen Kirche feſthaltenden Bolle zum vömifchen Katholictant
eine wunderliche Ausnahme, währenb dieſelbe Kicche belannilꝛch umier
Zeit. hier angefienefte
niſche Colonie hinzubeuten, wie deren jo viele ımter der Umgemfl
ver Zeiten aus ihrem Vaterlande verbrängt ſich unter finumefrenten
Bellern wiebergelaffen und ben alten Glauben bewahrt
rend fle ihre Mutterfpradie gegen bie im ber neuen Heimeth ehahes
miſchen aufzugeben gendthigt waren; dech if dieß jedenfalls
Vanit, der erft durch meue Unterfuchimgen an Ort usb Gitelle
nagend aufgeklärt werben Emm. Der moraliſche Charakter ti
etlichen Beoölfermng wirb ven ben turopkifihen Weifenben
wicht gelobt, fie fanden fie mißteumifg und im hochſten
eigenmiig ımb betrugeriſc neben erheniheiter Bröunmigfeit, Wie
noch weit mehr als fonft irgendwo im eeremonienreichen Orient
4
Hr
2;
) 4. 4. O. 6.166.
Vontiſches Gebirge, Bagetntionsverhältniffe. 040
Erläuterung 4
Die Begetationsberhältmiffe bes Säboftioinfel® des Schwarzen
Meeres, na K. Kochs Beobachtungen (im J. 1843).
Werfen wir zuleht ned), nach des Botaniters 2. Koch Veoh
ichtungen, einen kurzen Blut auf das Eigenthümliche ber Pflan-
enbefleidung dieſes geuaunten pontiſchen Käftengebietes,
08 wetgen der großen Wechſel der Bodenverhältniſſe auch große
Berſchiedenheiten ber Pflamenverhaltiffe darlegen wirb, tie ſich dieß
ucch fehser aus ber Vergleichung ber drei Hauptſornten bes heißen
ingeſchaoſſenen Tiefthales des Zjchoruffgftems, der kalten Fir
!ette des Wafferfcheiderüdens ber Pontustetten und ben
tiefliegenden Borhügeln, wie dem tiefen Füßengennde
ver Meerestüfte von felbft ergeben nf.
Die ganze Küfte von Zrebifond. bis an den aueflus
es Tfch oxui unterſcheidet fid wicht blos geslogiſch von ber Sf»
iher antiegenben Lunbfihaft des Guriel ımb Deingreliens, ſondern
Kotanifäher Oiuficht in den niedern Kraniern mehr als im
Wuchs ver Bäume, die mehr mit einamber übereimftine
findet mehr Analogie beiber Pflanenfermen mılt bem
Geſtade ver Weftfeite von Trapezunt ſtatt. Au bie
jem Nordgeſtade fperingen überall mehr klippige teodene Höhen am
vom ſchanalen Küftenfaume gegen die Meerebfeite vor, im Often
es Tſchornt gegen ben ion, find es mehr flache, breite, im
Sämpfe und Niederungen verwanbefte Ebenen, hinter denen bie
Berghöhen zurüdtweichen; daher hier große Strecen von Marfehlest
die Ufer bedeclen, wo mer wenige immergrüne Stränder Naum ges
winnen Tünmen. Wo bieß aber hie und ba geſchieht, finb es age»
heure Buchen waͤlder, welche daun das Ganze faft unbunhbeingkich
und andſchließlich beherrſchen. As ber Kaſte gwilhen Batum
und Trapezunt dagegen fehlen bie weiten Niederungen, bie Felſen
treten hier bis dicht am ben vom Meere angefchmwennsten mx {dena
len Strand, von wo fogleich niedere Anhöhen und fchmales Hügel»
land Iiegt, das ſehr bald zu Steilgebirgen ſich emporhebt, wie bei
Bulep, Artaſchin, Archaweh u.a. O.
‚Die Kitſte zuncht iſt amsgmeihnet durch einen beſondern
I;
nach
em
men;
[
’
H
obd txriꝛe Aſirn. un.
Reichtum von Nußbäumen, von Kern- und Gteinohk, fe
dag man mit Recht fagen kann, die Südoftfüfte des Ein
zen Meeres fei das Vaterland bes Obftes, zumel te Bir-
nen und Kirfchen, bie fic Hier einer Art von Cultut afıa,
wie
Zuſtandes
Da dies eine eigene Speeies von Prenns ſei.
Apritofen findet mem hin mb weichen, aber oime feinen Beil
geſchenac, und chen fo bie Pfirſiche. Kirſchlorbeer (Pesm
Inurocerasus) wich in mamdex Gegenden, zumal Bapikext, at
Oðo ſthaum gegogen, tagt daun Imfelnufgeofe, fifliche, cicc
Lotuspflaume (Diospyros Istue), die hier Churma keit,
mit mon fen die Dotiel brgeiiant, bie hier aber Munah gassel
Sontifihes Küftengebioge; Vegetationsverhältniſſe. EL
ird. Diefe Dioppyros wire Häufig wegen ihres fehlnen Bauds in
m Gärten gepflanzt. .
Beigenbäuse, micht fekten, mit Weniger geſchlitzten, indie ab⸗
munneten Blättern, fpreffen häufig ans ven Felorihen und Spalten
ervor, anch genießt man ihre Fruchte, ohne ſich Mahe mit ihre
laltur zu geben, fie zu fantmeln, zu trednar oder audzuführen.
Der Delbaum iſt zwar im Trapezus fehr gemein, wirb In
agiſtan jevoch ſparfam, und verfchtsindet vom va gegen RD. ganz
ine Oliven find aber laum genießbar md werden meh nech
reif im Eſſig eingemacht. Del ficht mom Teins daraus bereiten
Die Fruchto ver Corneltir ſche (Coraus mascula), die als Ettauqh
mis Baum vertomt, werben auf bem Bazar feilgeboten. Die
Branate wirb nirges gegeffen, ver Strunch aber in allın Gar⸗
en feiner ſchönen Bhüfjen weten gezogen wu bie Mrunht zu Sor⸗
eien Aeleltert, -
Da Wallnußeb aum if wegen feiner Rüffe fahr beliebt, auch
wegen feines fchattihen Yanbvadies; fein Staum excehdht meift eine
Die von 3 BIO 4 Fuß, jene Höhe HR myeniger Behentenb, aber fein
Yaubbad} von ſchr weiten Umſange.
Der Haſelſtrauch iR Merall verbreitet; vielleicht ſind bi
vekwärts an Domma un Trebiſoud bis Samfın von verfikievenz
Kt. Zu Vaumen wädhlt ex nicht heran, ſeudern bieibt Strauch,
cher viels Stämme nach innen gebogen wachſen aus wem ‚Hemchns
amen Wurzelſtode hervor. Kapfel mu Fruchte ſtimmen mehr mie
Doeyllas avellans als mit Cor. eoturna ber fibliden Turlei übers
An, die grohere Naſſe trägt.
Raftanienbäume zeigen ſich auch laͤngo ver Hüfte, doch ſtei⸗
yın fie wahr gegen bie Höfe auf; da man ihre Fruchta nirzuds⸗
zuf den Bageren u laufen fand, uüffen fie wol wicht eben belichte
Spelfe fein. Mrz einmol ſah ver Reifende ſuhe nud bittere Oran-
ziken bei Witzch mb Kapifteh,
Rehschern ſelbſt am den fleilften Wände bewachſen, wo fi ie
Spirues byperisifelie. felbR. is bie jentuechten Felſen einkifiel, Einen
x
; ga
Nelten, Balfaminen, Sammtblumen (Tageteg), Ringel
blumen (Oslendula), Malvexarten, Sonnenblunen (Hei
thus) find bie gewöhnlichen Bierben biefer Garten, bera Eli
wen oft in halbzerbrochenen Scherben ıier einen bem Rey je
eimglißen Drt fiellt und fie dam ſich ſelbſt übelägt.
Auf Gemäfe wird mehr Sorgfalt verwendet; das Rrante
weicht eine ungewöhnlide Stärke, die Bohnen finb van amgendum
Gelämad. Gurten, Melonen, Arbuſen, Kürbiffe vae
im großer Menge cultiviet, Gurten oft roh gegefien, Fleider
Mürbiffe (Cuewrbita Ingenarse) fLhom wireif mit gefadtem Bid
Pontiſches Gebiege, Begemsionsverpätiife. —F
pefält und zu Genäfe bouugt, wem gereift zu Schaalen. kant
Sefähen wie Flaſchen. Man baut Lichesäpfel (dolemum Iyso-
persieum), wie Eierfrndt (Melongaena), Möhren, Zwichele,
Ruoblaud, Poreen, Beterfilie, Koriander umb bie belichke
Bamiyan (Hibisons esculentus);; viel Bohnenarten, Linfen,
Erbfen (Cioer arietinum) u. a. find beliebte Sipeifen, ſewio eime
enge wildwachſender keineswegs ſtets Weiher Kräuter, wie
wilder Spinat, Ampfer, Geisfuß over Ginſch (Asgepodium
podagraria), eine falzigfette Doldenblume u. pgl. ın., alles mit Dam
Romen Luh, d. i. Kohl, wie Gruukraut, belegend.
Unter den wilden Pflongen des Kuſteuſtriche finb vide Man-
tengewäche, zumal Bubus canus un audert Bromheerarten;
am ber Keuſchbaum (Vitex agnus eastus), Hart riegel
Coraus sanguinea), Rheinweiden (Liguetram vülgere), Weiß-
dorn, Smilararten, wilde Reben (Vitis kabrusoe), des Hopfen
deer, bie pontiſche Alpenrofe (Rhododendron pontion), die
Stehpalme (Dex aquifolium), zu denen auch weiter gegen Weſt
ver Lorb eerſtrauch (Laurus nobilis) maud ber Erpbeerbamm
"Arbutus unedo) bimzutritt. Der Ephen mit diden Blätter be
yecht ganze Felſen und DMenerwände, die Weißbuche teiti al in
jedenartiger Form auf, bis fie etwas höher im Didichten auffbeigt.
Die Erle bleibt nur in den niedern Thälern ver Waflerkäde, chen
io nur einzelne Lindenbäume einer befemberen Art, bie af
jöher aufwärts als Steimlinbe fih zeigt, bis etwa im 2000 Fa
Döbe. Weiter gegen DR nad der Mundung bes Tſchornk zu us
mehrt ſich nicht nur das Laubholz als Wald, federn Die ei
‚nen Bäume werben au guößer, ft kam baffeie aber vor Wim
Geholz kaum auflonmen.
Rhododendron ſteigt hier mid den Agza leen, ber
hpalme und dem Kirſchlorbeer bis zu 8000 Fuß Aber das
in oft ſtandenlaug bicht zufemmenhängenbem, faſt umbende
Gebüſch empor, fo daß dann der Lerbeer- und ber Eabec⸗⸗
fih num ganz zurüchzicht. Des Buzbaum begimus mei
einer Höhe von 800 aber 1000 Yuß-äber van Meere mb
3000 Fu anf. Bei Atinag mb am unteren Gem
ein der Heibelbeere (Vaceiniam 'myrtillun) übe»
xerſchieveuer , Dur fich zwiſchen des itmmengeäi
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u. mein · Aßen. a.
Oft Dei 800 bie 2000 Maß über dem Meere chetalt, u
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an {it alien tiefern ferchrern Thalern Bis
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aufhort. Die So mim ere iche verſcheic⸗
ſaen bei 2000 Fuß. Mon den Obſtarten ſreigt ber Beilan⸗
baum am hödfken; im Furtanathale ſand ihn K. Kohl
uf beiae 3000 duß; üb. d. MR.
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Ables ansehe, ver gemeinen Fichte, am wmehrflen glei. Zur
fen 8700 Wis 5000 Fuß erreicht fie ihre Hechform von 60
«us .
Bi 4500 bie 5000 Fuß begiunt eine britte Begetatin
Rufe vom Meereeuſer aus, melde tu Plaza le
zeqͥaet wiro, wie darch Balbriane (Valeriana allierifohe), ii
5000 Yu durch Ritterfpsrn (Deiphinien), Sturmpnt (der
sikam), bei 58500. bis 6000 Bauhı mit Rilienarten, Dräit,
Stekwurg (Hellebeens), Fäufelrazt (Podienlaris), bei 60ME
mis Udelei (Aqmibeja), bei 6500 Dis 7000 Su mit weigiääfsie
Wlpenzofen, ibm I000 Zu eh: Kckyplige Dupheoärke
I
Auffhwung der pontiſchen Geſtadewelt. BUS
mb WBachholver (Juniperns), Von wa an begimt uf Die edite
Höhenflora des Hocgebirgrüdens, bie mit Gilenen,
Dianthuserten, mit Aretia, Primeln, Rannnenlus, Bor
entille, Leontodon web eigenthümlichen Umbellifesen uw
Dolvengemächen in die wahre Alpenflora bes centralen Ge
irgelaudee Abegeht.
8.21.
Dreiundzwanzigfies Gapitel.
Rüdblid auf den jüngften Aufſchwung der pontifhen
Seßadewelt von Anatolien in ber Mitte des 9. 1857.
Nah Otto Blau.
Den Folgen der Wirren, welche t
‚8 Weſtens gegen das pontiſche Reich d
um Theil ein Fortſchritt des anatoll
‚er in Zukunft nicht ausbleiden Yantı ı
Dr die menſchlichere Entwidelun;
chlechter einer ber fhönften und in
ẽErde, falls ſchon jeht die Reifezeit zu
isherigen langen Verſunlenheit in Yaı
Bern, wie fih aus Obigem ergiedt,
unt gegenwärtig als Mittelpunct
sung des pontifch-auatoliſchen Geſtad
Fahrzehnden begonnen hat, erfheint, fı
Bunct, fonbern vielmehr eine lange K
5i8 an die ruſſiſch ⸗ tſcherkeſſtſche Grenze,
Belebung Theil nimmt, und noch viel
auf das dahinter Legende Feſtland nicht
ruch ihrer dahinter Tiegenden Orenzlänv
ınd felbft weiterhin in ven Orient hin
Achtigen Beobachtungen eines mehrjäßrt;
jaltenden und tiefforfäenden Studien wi
in Ort und Stelle mitgefheilten Berla
DVertehrsamftaften, nach amt
u) Berafifäre Handelsarchlo, eine —E lt für Handel, Gewerbe
. 1857. Mr. 30.
17. Butt nf. Handiäritige — - D, Blon :
Belebung
Beobachter, naturgemäß in zwei weſtliche Kreife, bie ven Si⸗
uspe und Samfun, und in einen öſtlichen, ben von Batın,
zwiſchen welden ber von Trapezunt in ber Mitte liegt. Ber
dem Anfang unferes neunzehnten Jahrhunderts lagen dieſe Geier
kaum dem Nomen nach gelanut, ohne irgeud einem Berkchr mit te
civiliſirten Welt der Europäer, ganz ruhmlos, nur bei ber claffikien
gelehrten Welt genannt, aber ber gebilveten Gegenwart ganz mir
launt, höchſtens von einigen wißbegierigen 6 Ace
den einmal in langen Intervallen befucht, aber im feinen Zum
menhang, gefätseige deu im einen Ichenbigen Mertefe mit igm
ſeit laum einem Iahrzehend, ja erft feit ein paar Jahren
Richt nur durch zahlreichere jüngere Keifende finb bie mehrfe
gelanuter Puncte derſelben find, wie zumal bie größeren berie,
merllicher Bebeutung für ben Weltver kehr gelangt. Ce
igenbe Ausfuhr ihrer Probulte, ein bedeutender Verbrauch ar»
pãiſchet Warren umd Fabrilate, ein lebendiger Perſonenveriche ia
ihnen mit ven türkiſchen Ränbergebieten, zumal mit Conflantinpel
wis wit dem Audlande in Europa, ein mie in bemfelben Made
vorhandener Trauſit perſiſcher Waaren und Bedürfniſſe aller Art
aus bem nahen Armenien und Perſien, iſt an bie Stk ver
Bereinſamung und Verddung getreten.
Wenn vie Hauptorte, wie Conflautinopel, durch Dampfſchiſte
über Sinope und Samfun mit Trapezunt ſchon feit ber Mitte
der vierziger Jahre in bie neue Phafe eines früher gänzlich unge
lannten, nun aber gut geregelten Seeverlehrs getreten waren, weit
der neue Aufſchwung begann, fo find viele andere Orte feiten
wit in den Bereich dieſes Verkehrs gezogen. So Ineboli, d#
Hafenort von Raftammmi, feit ein paar Jahren durch bie beriige
Aufſchwung der ponmfigen Geſtadewelt. I5P
dandung des Aeyddampfers; fo Amaſtra, Amaffera und Eregli
vegen ihrer dortigen Steinfohlenlager, wohin an alle drei Orte ver
Schraubendampfer Anadolei ven 100 Pferdekraft (einer ottamamie
ben Couwagnie) regelmaͤßige woͤcentliche Fahrten macht. Eben fo
twarts von Samſun die Orte Rerafun, Tireboͤli und Pla⸗
yana, und ber Meine, aber treffliche Hafen bei Cap Bona feit
1855 und 1856. Kerafun, das regelmäßig von Lleydſchiffen Ber
ucht wird, erhielt durch fie im Jahre 1866 an Werth für 627,890
Thlr. Manufacturen und Eolonialmaaren zugeführt md erportickr
ür 241,134 Pr. Thlr. an Werth: Hanf, Seide, Kulanz (Mate)
mv Hafelräffe.
Im bſtlichen Kreiſe ienſeit Trapezunt find kurzlich fo die
Rüftenorte Shirmench, Riza und Batum mit in dieſen Bertchr
jineingegogen, ſeitdem der Friede daſelbſt hergefteilt if. Den Im-
uls zu dieſen Fortſchritten gab allerdings ber ruffiſch-türkiſche Krieg
n der gegenkber liegenden Küfte ver Krimm und bie Anweſenhen
o vieler Alllirten aus dem Weſten; er hat aber auch Wanden
jefehlagen, ie Sahre Langer Pflege bevürfen Die Anöfahr won’
Bieh und Laftthieren ans dem ganzen Feſtlande Aeinaſiens zum-
Transport umd Broviant ber Truppen, mehr noch bie —— —
nenſchlichen Opfer auf den Schlachtfeldern und bei den
zer haben die anatolifchen Provinzen von Menſchen entodltert,
mb ver Mangel an Menfhenhänden eine große Bernadläf-
zung des Landbaues zur Wolge gehabt, der lange Beit zu feiner‘
krholung bedarf; aber der Verlehr, das Gewerbe, ber Havel, bie
Tpätigfeit, das Beflgthum und die allgemeine Betriebſamkeit, wer
er Lirus, die Vermehrung ber Bebürfniffe und die Radfrage w
hrer Befriebigung find merklich geftiegen.
Die VBendlkerung von Sinope, welche um das Yahr 1800:
i8 auf 500 Seelen berabgefunten war, iR 1886 bis auf 0080:
fliegen. Die im Rüden von Sinope liegenben reichen Wel⸗
ungen entfenven jährlich 80 Schiffelabungen Bretter und Vauhelz,
vorzüglich treffliche Eichenhölzer file die türfifhe Marine, vie
ner ihre Schiffswerfte ausbilvete, und fir den Bedarf von Eiſen⸗
ahnbauten, bie anch in Meinafien in Angriff genommen wurden.
Pürben auch die Landwege nad) ben Immern fſhen die abchige
Berbefferung gewonmen haben, fo miädhte ber directe Berlehr dahin
chon viel weiter fortgefchritten fein, eben fo wie ber von Sam⸗
un, Raftamuni, Bojabab, Amaſia und auderen Biete
chenorien.
belaven eime Husfuke von 64, Milien Poenf, Tiaknm
HH
J
Die reihen Qupfer minen Cappadociens und zumal Te
kata waren bisher nur wenig sber faſt gar wicht amägebeuiet, ie
des beſchwerlichen Trausportes iss Samen uabud
m bie Erſtattung des Arbeitöfoften. Anfang Bi
em eugliſche Geſellſchaft mit ber türkifchen Regie
“ eonieactmäßig ſowol die zeichen Kupfermise
fgefunbenen Kohlenlager im Iumern des Laie u
mehwen ?). Gleichzeitig iſt die Errichtung einer Gilm-
Samjun bis Tolat, dem Hauptfiapelplag alles Io
Armenien und Perfien, im Gange, wodarch and is
iſtricte um Roifarich uud Komich zu hoher Dam
tung gelangen werben. Mit dem Dempffciffe laudeten im p
‚nannten Monate 7 euglilche Ingenieure mi 2 rk, u
ij 24
wegen (die
viger Un- und Uuslabungsftelien am jchlagten Hafen für ven gr
(en Sekehr und wegen wer für Curapüer noththeitigen Gtembfihe
jur
ri
13
123
je
E
Ausmändung der Cifenbahnfinie geeignet fein, wel abe Me
ebus- Togereife weiter ofiwärts Bequemer gelegene lmich (Dee),
wit Meinem, aber ſichers Hafen und geſunder Buft, wo nur geringe
Qupwiecigkeiten fih für deu Ban zeigen ud Besmaserial in ir
Neha liegt. Gadmämne, die jene Gegend bereißen, halten bu,
.
Aufſchwung der poruiſchen Geſtabewelt. MAP
ab Tokat märbe dam naturgemäß der Centralpunkt für bes
jange innere Anatolien wie den Verlehr mit Karamanien umb Pe
ien werben. Trapezunt ift für die Gegenwart wol bie Haupt
ladt des pontiſch⸗ perſiſchen Verkehrs, aber deſſen Schwerpunct Könnte
van mit der Zukunft durch ven veränderten Trauſit wol eine Ver⸗
qiebung erleiben.
Samfun für die Wei, Batum für bie
vo auf ruſſiſchem Gebiete bis Anapa ver B
ehhaft geworben, Haben daun bie mäcfte Aur
endern Fortichritt, da wiederholt von einer reg
ehrtslinie wiſchen Rebuttale, Batum un
Rebe war ®), und and) bie Wegbahnung vom A
wa Baiburt nah Sürmeneh und Riza,
hana am Charſchut Tſchai nah Tirebo
pruch auf Ausführung ſteht. Schueller wird a
nit bebentenben Kräften am ver Herſtellung ei
jarbeitet, die von Poti nad Tiflis über $
ür bie georgifchen Armeecorps beftimmt if, ab,
enzweg zux nordwärte gehenden Ablenkung filı
den Handel von der größten Wichtigfeit wer
dohe Pforte um fo frühgeitiger genöthigt fein
tinie einer weniger gefahrvollen und mühfeligı
U8 die Hochſtrahe von Trapezunt über Gümiſch
Ergerum, bie nur mit großen Koften einer T
ein ſcheint, und wegen ber fehraffen Höhe bie 1
mbrauchbar und aljährlih durch Schueemaffe
Beränbernngen und Reparaturen bebürftig bie
Ansführung zu beſchleunigen.
Deu ſichtbarſten Aufſchwung Hat bis jegt
efien Bevöllerung fid) feit 50 Jahren mehr
mb gegeumärtig durch ben Einfuhrhandel i
umal von europäifhen Waaren in flarl
rſcheint, wie durch Berbefferung von Defterrei
vegen und freie ungehindert Bahnung nach |
Mittelmeer und ver unteren Donau, in einen
xoßen Weltverlehr getreten if, der mit aller
uch noch für eine gewiſſe Periove durch fein
®) ebendaj. a. a.D. Mr. 28. ©. 72. 2 a. a. O. Rr. 17,
24. April 1857. und Rr. 18, 1. Mal. S. 428 -482.
566 Mein-Afen, 2.
tin fortbeftehen wird, Obwol ber gegenwärtige politiſche Zufleab
Berfiens keineswegs blühenb iſt, fo hat fih, fagt der genume
Beobachter, doch die Vorliebe in bem an einheimiſchen Provalten fo
ungemein reihen und großen Perfien durch Prunk und Lupus fir
fremde Waaren und VBefriebigung felbftgefchaffener Berärfuifie m
gemein gefteigert, und auch Kaufleute von Chiwa, Bodare,
Herat und andern Orten finven fi immer mehr mmd mehr uf
den Marktorten Perfiens ein, wodurch in Zukunft dem bertig
Abſatz an enropäifchen und ſelbſt am beutfchen und preußiſchen Wan
ven eine große Ausbreitung eröffnet ifl.
Seit den letzten 25 Jahren, feit ber ernenerten WBelchung del
perſiſchen Tranſithandels im Yahre 1831 hat Trapezunt fetig
zugenommen, von wenigen bis anf 43,500 Bewohner, davon 36,00
Mufelmänner und 5500 Kurumlus find, d. i. folde, vie mm
äußerlich die Gebräuche des Jelam mitmadyen, intgeheim aber gr
chiſcher Confeſſion geblieben find und ihren Namen vom Gtörtier
Kurum im Paſchalik von Erzerum führen, wo vom ihrer Exk
über 2000 Familien angefievelt find. Griechiſche und armanide
Rajahs zählte man im Juli 185760) 10,000; Gerrgier, ihr
keſſen und Juden 1800; Franken, d. i. Europäer, mu 20,
wozu aufer ben Anfäffigen noch ein fehr beveutender Fremder
‘verkehr kommt, von dem man im Anfange ber Dampffchfiche
während des Jahres an 20,000 Individuen als Gäfte, im Ihr
1856 ſchon 34,180 dafelbft als Paflagiere begrüßt hat.
Dreimal jede Wode führen Dampfer, die in Inebeh,
Sinope, Samfun, Kerafunt und Trapezunt anhalten, vef
Neifenden regelmäßig Hinzu umb wieder hinweg; wozu an 2620
Pferdekraft zur Beſchiffung ber ganzen Küfte von Conſtanti⸗
nopel bis Trapezunt verbraucht wird; doch werben im biefem
Jahr noch franzöfifche Mefagerien und Dampfer von Deeſſa fir
das immer ſteigende Bedurfniß des Trapezunt-Berfehrs, weil
aud eine armeniſch⸗türkiſche „Compagnie Dttomane« ihre Dampfer
linie in Gang gefegt hat, eingerichtet. Die Zahl ver fonfligen is
biefen Häfen einlaufenden Segelſchiffe, ihr Tonnengehalt,
ihr Ladungswerth der Einfuhr und Ausfuhr, iſt für de
verlaufende Jahredreihe feit 1848 a. a, D. verzeichnet, wodon wir
nur 3 Jahre als Intervalle anführen:
*.) Pr. Handeleardiv Mr. 28, 10. Juli 1857. ©. 20-34.
Auff hwung bee poutiſchen Geſtadewelt. GBI
Einfuhr: Auofuhr:
Zahl der einge» Sebunghwerth
inufenen Sehiffe. Tonnengehalt. in Pr. Tpalern. in Pr. Thalern.
1848: 132 87,170 11,507000 1,388,634
18694: 228 118,762 14821,000 4,818,000
1886: 317 83,402 18,776,000 5,528,000
De Sefammtumfa an Werth im Handel ftleg von 1848
NS 1856 von 17 Milliouen auf 38 Millionen Thlen. Preuß. Cour.
Die Unregelmäßigfeiten im Berfehr und dem Umfage wurden durch
Ne Unterbrefjungen des Krieges vom 1848 bis 1855 veranlaft; ber
sormale Zuftand darf wieder mit dem Jahre 1857 ermartet merben.
Die Summe ver im Yahre 1856 in Trapezunt eingelanfenen
md abgefertigten Schiffe if 317 und 276, davon waren 96
Arliſche Schiffe, 88 helleniſche, 74 großbritanmifche, 38 öfterreihifäe,
18 an8 ven Domaufirftenthümern, dann 2 franzöfiihe, 2 farbi-
vifge, von den ioniſchen Inſeln und ans Holland von jedem nur
1 Schiff. Danach wor aud ber Werth der Einfuhr ſehr verſchie-
en. Im nenefter Zeit fanben von Geiten ber mit ber Türkei
vefrembeten Maͤchte viele confnlarifche Bertretungen in Tra-
»ezunt flatt: effective Confnlate von Belgien, England,
Fraukreich Griechenlaud, Oeſterreich, Sardinien, Rußland, Verfien;
Bieeconfulate von Neapel, Dänemark, Schweden und Norwegen
md ven Haufeftäbten; Preußen ift bis jebt durch das laiſerlich öfter»
eichiſche Conſulat vertreten.
Die Zahl der hier anfäffigen Europäer iſt noch ımverhältniß-
näßig Nein, denn das Eoninlar-Eorp6, die Kaufleute, Aerzte, Hand⸗
verfer mit ihren Familien, einige Geiftliche (8 Kapuziner und ein
nnerikauiſcher Miffionair), nebft einigen barmherzigen Schweftern
ilden eine Eolonie von böcftene 200 Seelen, davon 40 Ruffen,
ben fo viel Franzoſen und Hellenen, 20 Englänver und eben fo
iel Defterreicher, 5 Preußen und eben fo viel Neapolitaner und
onſt Fo) 2% verfchievene andere.
Der bebentenbere Handel von Trapezunt befleht in dem
roßartigen Tranfitgefhäft mit Berfien, ven
lutheil nimmt der Rocalvertehr, das Platgefhäft ein. Der Tranfit
va Perfien wird im gewöhnlichen Jahren auf 80,000 Eollis
Baaren angefchlagen, deren jebes einen Durchſchnittswerth don 200
is 250 Preuß. Thlru. hat; dieſe Einfuhr überwiegt die gefammte
Insfuhr Perfiens durch Trapezunt um mehr als Das Doppelte;
wer Ballen Waare perſiſcher Ausfuhr bat nur den Durch-
Aitter Erdkunde xviu. Bpp
‚208 Aeis · Afien. sa.
ſchnittaerth von 150 bis 170 Thle. Trapezunt if bis im
Perfiens Spevitionsplag für Rechnung theils eweopäiider, Kalk
perſiſcher Hanbelshäufer, Fabrilanten und Producenten. Ber Oct
iſt nod fein Hauptmarkt, no fein Waarendepot für da⸗
fien, denn es fehlen in Trapezunt große Waarenlager, Daher de
perſiſche Großhändler noch immer erft zum Einfanf nad Graf
tinopel gehen maß; denn große Capitaliften, welche. nach ken Di
ſpiele der Holländer und Engläsber in Iuosen, veiche Banealge
amd oxganifirte Factoreien anlegen, mm ben Gewinn bes binden
Abfages an Ort und Stelle zu haben, fehlen mod im **
wo erſt die Zukunft ſolche Etabliſſements be mn
der Verkehr ſicher geſtellt iſt. Der Tranfit ift noch manden Ede
rigleiten unterworfen, fo lange nur Kameele und Bafıpfere am
ſchlechteſten Straßen zum Transport bienen werben; ba is
große europäifche Waarenballen muß zum Weitertransport in jr
Heine Balken zu 60 Ola umgepadt werden, ba das Pen m
Durchſchuitt nur 120 Dffa tragen kann, und eben fo das Rune
über das Hochgebirge (44 Okia wachen 1 Zollcentuer ans). De
Verpadung geſchieht im doppelte und breifache Wacheleinwand wit
feſtem Drell überzogen, mit Reifen von Eiſenblech umſpat mi
meiſt noch die ganze Ladung mit Baflmratten überdeckt, was ba ir
wechſelnden Witterung, Regen, Schnee und Eis nothwendig, da ki
den vielen Hemmungen ber ſchlechten Gebirgäwege bie Colt di
wochenlang im Schnee und Schmug auf ben Wegen Liegen has
müflen, che fie weiter befürvert werben Tonnen. Demnoqh, ddr
Hinberniffe ungeachtet, ift ber Aufſchwung biefes Hanbelögugt te
Volkerſchaften von geoßer VBebeutung, ba er mit großem Gewim
zumal für Griechen und Urmenier, in deren Hänben ex vorge
weife,ift, verbunden, vurd alle Klaffen und Stände inmp
mein vegeö Leben weithin durch den Orient ſchon gegemeärtig am
breitet, wie ſich aus der Mannicfaltigfeit ver Productionen ji
Umfages leicht nachweiſt 11).
Bon Eonftantinopel dauerte die Ueberfahrt ber Danpe
nach Trapezunt regelmäßig 60 bis 70 Stunden, fo bh mit
ihrem drei Tage Iangen Aufenthalt daſelbſt ein regelmäßig gebe
Gleis allwäcentlih für den Verlchr mit Perſien im Gang hm
Auf dem Landtransport von Trapezunt wirb der nãchſte Stapel
©) Srenf. Handeld-eio a. 0. D. Mr. 17, 24. Mpril 1837. 648 |
und Nr. 18, 1. Mai 1857. ©. 480-485.
2 Auffhwung ber pontifißfen Geſtadewelt. 988
da Erzerum in 7 6i6 8 Lagen erreiäit, und von da bie Ta⸗
ıris Aber Bajazed bei giftigen, Umftänden in 3 Wochen, im
Alinmaften Falle in 4 Wochen; fo daß eben im biefem Falle zum
Eramfport ver Collis von Eonftantinopel bis Tabris (Tamis) doch
» Wachen ausreichenn find. Die durch ven Krieg veranlaßten Gtö-
ungen dieſes Verkehrs find in ihren Normalzug zurädgelehtt. Die
Impoxten wie bie Gxporten von Perfien waren bis jegt noch wicht
u bie Hände ver Emsopäer gelommen; vie Großhändler in Bar-
tem find meift eingeberene Perfer, vie ven Vertrieb nach dem Aus-
ande ven Armenien, Juden, Griechen u. a. überlaſſen.
Den Ansfuhrartileln aus Berfien über Trapezumt,
ie wir in Obigem, nach Mittheilungen Gödels vom Jahr 1849
mr überfichtfich angeführt haben (f. oben S. 892), wären vom
jegenwärtigen Jahre 1857 nicht mur viel größere Duantitäten, fon
vern auch viel mannichfaltigere Artilel anzureihen, welche zeigen, in
viefern durch alle Zweige der Hanbthierungen, Gewerbe, Aderbau,
Biehtucht und Fabrikation aud bie Bewohner Perfiens zu erhöhter
Thatigleit durch ben Trapezuntverfehr jeit einem Jahrzehend fort ⸗
yelcheitten ſind, was jedoch hier nicht weiter dargelegt werben Tann.
Dagegen iſt es für ben Europäer und zumal audy für ven deutſchen
Handel uud Gewerbfleiß interefiant und lehrreich zu fehen, in wie
ern auch feine Beftrebungen durch dieſen Aufſchwung eine Au-
prache bis nach Perfiens Mitte zu einer zukünftigen genaueren
Berbindung und zu reicherm Verlehr gewonnen haben, wodurch bie
Scheidewand ver Bölter des Orients und Dccibents allmählich mehr
ab mehr ſchwinden und eime mehr gegenfeitige Annäherung ihrer
zebeneweiſen und ihrer Gebanfenwelt vermittelt werben wird. -
Nicht alles, was nad) der Levante überhaupt aus Europa nad
Aflen geht, findet auch feinen Durchgang durch Anadoli umd ben
Trapeguniverleie nach Perfien; aber auch vieles, was dahin nur
vorzugsweife Beifall finvet. Für Möbel und Kleidungsſtüde ift wie .
ür vieles, was nur dem Europäer ober dem Franken bient, Fein
Markt in Berfien. Vieles, was nur ausſchließlich für den Geſchmeck
ver Türken berechnet ift, wie Jaſchmaks und Feridſches (vie
Tracht ber Frauen in Conftantinopel bis nach Sinope), wie Tibet,
Merinos, Ze u. |. w. findet dort feimen Abſatz. Grelle Farben,
jlänzendes Aeußere zieht ven Perfer an; vie befondern Waarenlager
er Leipziger Meffe in vielfarbigen. Stoffen, geoßblumigen Du-
tem mit Palmart, Rothorud für den perſiſchen Geſchmad berechnet,
ianden von jeher ven reichlichften Abfag; aber in neuern Zeiten _
Bpp2
Eu
=.
o0 Klein Aſten.
Haben fich perſiſche Hänvler bem gefalligen eucsplifhen
angelehut. Die Leipziger Meſſe ift oc immer band dice
des Orienis berühmt und allgemein bekannt. Früher
Engländer ausfälieplich ven Markt von Perſien umb
ihre Reiſende; Schweiger und Deutfche find
Eoncurrenz getreten; Frankreich und. Nordamerila
zelne Berfuche gemacht, Rußland macht vielen
ben Eingang ſtreitig. Die Schweizer Fabrilen find
Ti im Treffen des perſiſchen Geſchmads und im
Deſſins. Die Fabriken von Preußen, Sachſen, Böhmen no Di
ven haben ſich bem Sinne und den Sitten ven Orients und nk
amzupafien, Wollenwaaren, zumal Tuch und ſchwere Zäder ia
beſonders beliebt, in braun, grün, feltner ſchwarzer Farbe. Die je
brifen von Görlig (Firma Gevers), Guben, Kottbus kim
BH;
R
H
ih
der Meffe 150 Ballen nah Trapezunt gefchidt. Far Trage
find dunkelſtes grün, duulel olive, fehr dunkles blau, bufel wild,
rothbraun heil und dunkel, für Perfien aber hellere Gare ki
ter, wie grau, gelbgrau, blaugrau, chamois, orange, roſa, fan
orbimaire als mittlere Tücher, vie Ele zu 4—5 Gulben, and et
Eafimirs512). Defterreich und Sachen liefern mittlere Seck af
Kupland fühet Tücher ein. MWollene Shamls Liefert fit car
Zeit Berlin auf dem orientalifhen Markt. Die Einfuhr egiike
Waare iſt fehr beträchtlich; Flauelle Tommen vorzüglich ans Eadja
und Amerifa nach Perſien. Iudiennes umd Longeloths, che mi
falfhe, ausfchlieglih aus England, find ſebr gefucht; bie dei
führt ihre voten Imbiermes dahin, auch führt biefe, fehr fait
gegen Italien und Frankreich, ihre Seiden waaren nad Fake;
wit ihr wetteifern Sachſen und bie preußiſchen Fabrilen von Ber-
Lin, Elberfeld und Erefeld. Auch die Seiven- un Bam
wollenfammetfabrifen in ben preußiſchen Stäͤdten can
in viefer Waare mit dem Schweizerfabrifat von Winterthut m
überbieten es in vorzüglicher Güte und Wohlfeilheit; dieſer Guam!
iſt in Perfien beſonders beliebt.
“) Preuß. Handele-Achiv a. a. D. Mai 1857. S. %.
Auffpwung der pontifhen Gefladewelt. _965
Rupfer-, Zinn«, Eiſen-, Meffingbleh und Stahl wie
Zint liefert Rußland über das caspiſche Meer ımb England nach
Berften. Stahl- umd Bronzewaaren gehen aus ven Solinger
Fabriken ſchon jegt dahin, blanle Waffen nur weniger, ba bie
serfifde Shwertfegerkunft im hoher Blüthe fteht, und auch
ne Einfuhr der Mingen von Lahore-Stahl fo gut gehärtet und
charf find, daß fie in Perfien noch höher geſchätzt werben als Da⸗
nascener Klingen. Die Schußwaffen liefern Rußlands Fabriken.
Dii outerien von Pforzheim, Hanau, Berlin mb Wien
inden in folcher Menge in Perfien Abſatz, daß ihr Vertrieb daſelbſt
Hänzenb genarmt werben fann, die Uhren Liefert Genf, die Glas-
vaaren in erſter Linie Böhmen, andere Frankreich und Amerika.
Tofelglas wird nicht gebraucht, aber Defterreich führte im I. 1855
a Trapezunt für 10,000 Gulden Spiegel.ein. Die meift bunten
Bapiere von Nürnberg und Aſchaffenburg, zumal farbig mar⸗
norirte und Golbpapiere haben ven Vorzug vor ben franzöftfchen;
nuch Defterreid hat zulegt mit Glück orientaliſches, glattes Papier
iachgeahmt und im Perſien Abfag gefunden. Ouincaillerien,
iverfe Waare, ans Defterreih, Baden, Sachſen, obwol bie
Bexfer felbft ſehr zierliche Indirte Waare und zumal Berimutter-
ihnigerei mit Perlmutter (aus dem Ueberfiuß im perfiichen Golf)
nahen, worans fie auch fehr ſchön eingelegte Kunftarbeiten fer-
ägen, die zumal in Eonftantinopel ihren Abſatz finden, Haben dennoch
tel Eingang in Perflen. Berliner gemalte Rouleaux gehen
m ganzen Sendungen nad Perfien. Für Colonialwaaren find den
Berfern die Hauptmärkte in ven Hafenftäbten am arabifch-perfifchen
Meere zu Maskat und Abufhehr; Thee, Zuder, Rum wird
son England und Amerifa über Trapezunt importirt, fo auch
Spezereien, Droguen, Cochenille und anderes, Thee wird in Per-
fien ſehr viel verbraudt, ihre gebräudlichfte Theemaſchine ift bie
cuſſtſche Samovar.
Deutſchland müßte, nad; dem Beobachter, Geſchaͤftsreiſende,
Bertraute, auf Tängere Zeit in Perflen die Initiative ergreifen laſſen,
Connnanditen in Trapezunt, Erzerum und Tabris haben, um mit
den Gebräuden von Land und Volk befannter zu werben; bie an⸗
fänglichen Opfer, bie folhe Verſuche erheiſchen, nicht ſcheuen; bie
confulariſche und politiſche Vertretung würde dann mit dem großen
Gewinn ſchon zu feiner Zeit nachfolgen.
Im Often von Trapezunt if Batum feit dem Frieden in
ber Krimm im feine Unbeveutenheit zurlcgefunfen,giie zuvor, und
%6 B Kein-Afen. ga.
ame ein elender Ort von 200 Häufern mit etwa 1500 Gistschen
umb eben fo vielen, die in ben umliegenden Bergen im Höhle m
Hütten haufen. Die männliche Bevöllerung?is) ift ansihuih
mufelmännifd; unter ven Weibern find aber viele Georgierumm
die ihre chriſtliche Religion bewahrt haben. Nur ein ruffifder de⸗
conful und ein Quarantänenarzt wohnen daſelbſt, fonft kei Eu
päer auf die Dauer; das frühere englifche Bicecomfulat ift feit is
Frieden nicht wieder befegt. Der Ort ift durch bie Gimp mt
den Reisbau im Sommer nicht nur wegen der Fieber, dei
im Mitte Inni einftellen, wo dann Alles auf bie Berge flick, ihr
ungejund, fondern auch im Winter und Grähjahr durh ie
eislalten Nebel, bie ſich ven dem Gebirge Laziftans herabienie.
Die Sampfe ließen fi ableiten und flatt Reis der Maichen mi
Bortheil einführen, wodurch ber Boben getrocknet würde
Diefes Batum ift ein nothwendiger Punkt zur Berfoum
des ganzen Tazifhen Hinterlandes (mit 24,000 Seclen Bad
ferung) und ver nächſten Küfenftrede von Anapa mit europüke
Erzeuguifien. Es hat obenein den beſten Hafen as ver gay
Sudküſte des Schwarzen Meeres, ber gegen N.W. offen mr p
gleich gegen alle herrſchenden Winde gefdjügt ift; auch jo geriumi
umd tief, daß die größten Dampfichiffe bis dicht am ferne ger
Landbrüde heranrüden, bequem aus- und einladen Eosmen. Dick
wurbe währen bes Kriegs von ven allirten Truppen erbaut mb
iR gut unterhalten. Dicht neben ihr ift ein Kehlenmagayin für te
turliſche Arſenal.
Im Jahr 1856 liefen 51 Schiffe in dieſen Hafen ein, bam
38 türkiſche und auch 2 preußiſche waren; am Barken, zumal nk
ſiſchen und türkifchen, liefen 362 ein und chen fo viele aus; Iehkfer
wer biefe Schiffahrt im Jahr 1855, weil damals die tärfifhen ut
tunefifchen Truppen ihre Hauptdepots von Munition und Dub
vorräthen in Batum hatten. Die Barken bringen das ganze Sehr
europuiſche Artikel zum Detailverfauf dahin, wie aud) Fleiſch Frihte
und andere Lebensmittel. An Reis wie Mais werden jähdh
4 bis 5 Schiffsladungen von jedweder Art erportirt, fo ah
Delle und Pelze, zumal von Bären, wilden Ziegen und Mares
aus ben Gebirgen.
Auch Hölzer feinerer Art, wie Nußbaum und ambere, were
von hier viel bis nad; Conftantinepel ansgefüßet, vie Masfuhr von
+13) Preuß, Gandelalkrcpiv a. a. O. 1857. Rr. 28, 10. Inii. 6.117
Aufſchwung der pontiſchen Geſtadewelt. 967
Burbaumholz war früher viel bedeutender als gegenwärtig. Der
Burbaum wächſt fo langſam, daß ein Stamm von einem Fuß
Durchmeſſer 250 bis 300 Jahre braudt, um auszumachen. Im ven
Iegten Yahrzehnden haben viele Abholzungen ftaitgefunden, aber kein
Nachwuchs. Die Transporte der Stämme über die wilden Gebirge
abftürze zur See find fehr beſchwerlich, wodurch dieſer Artikel zu
großer Theuerung kommt. Die befte Qualität wählt auf ben
fleinigen Höhen Loziftans und des Kaufafus. Der Eentner Toftete
feüßer 10-606 12 Pafter, gegeawärtig if fein Preis 80 6i6 90 P.
Eine geringere Ouantität, bie, weniger ſchwer, weniger bidt und
weniger hochgelb if als jene, Tommt aus ber Umgegenb von
Baiburt.
Die Einfuhr in Batum überwiegt die Ausfuhr bedeutend,
der frühere Sclavenhandel hat ſehr abgenommen. Die Haupteinfuhr
beſteht in Baumwollen⸗ und Wollenſtoffen von England wie von
ver Leipziger Meſſe, vie durch ganz Laziſtan viel genamnt iſt. Wafe
fen liefern Belgien und England, die Lütticher Fabrik ganz ordinäre
Flinten und Piftolen, die hier zu doppelten Preifen verfauft werben.
Die meiften Gefchäfte gehen gegen Barzahlung. Der Handel mit
den Tſcherleſſen ift Tauſchhandel primitiofter Art, aber fehr lebhaft
betrieben. j
Berichtigungen (einfchlieplich der
Drudfehler) und Zufäge
zu Klein-Afien Bb. I.
Di Abſicht, dieſes Buch zu einem möglich vollttändigen Reyerie
rium aller biöher auf dem betreffenden Gebiete Kleinaſiens beobadeim
und beſchriebenen Thatſachen zu machen, fonnte doch bei der ſchwer zu
bewäftigenden Maſſe des jo vielfach zerſtreuten Materials faum vollfommen
erreicht werden; für manche Auslaſſungen nicht unwichtiger Punkte, Der:
unter einzelne weniger befannte, im Beginn der Arbeit ganz überfehese
Bücher, namentlich franzoͤſiſcher Berichterftatter, müffen wir die Radidt
des Leſers in Anſpruch nehmen; wie ja auch anderfeits beRändig wäpren
der Arbeit und des Drudes neu zur Kenntaiß kommende Thatfachen sder
Verichtigungen früherer Annahmen, deren infhaltung an der paffenden
Stelle öfters nicht mehr thunlich iſt, die einmal angenommene Ortung
zu erſchüttern beitragen. Im nun doch jene wenigfiend augeftrebte madgs
lichſte BVolljtändigkeit des Materials, namentlih in Benupung ältere
Quellen zu wahren, ſchien ed zwedhmäßig, alle im Texte zufällig überfche
nen, aus verſchiedenen Werken zufammengeftellten Daten (eine Mühe ber
Sammlung, der fi unfer Mitarbeiter Dr. H. Kiepert gern unterzogen
hat) bier ald am pafiendften Orte noch einzuſchalten, fo daß der Leſer
verfihert fein kann, den geograppifchen Inhalt aller über die betreffenden
Landestheile bis zum laufenden Jahre veröffentlichten Berihte, foweit
fie irgend zu unferer Kenntniß gelommen find, in diefem Bande
zuſammen zu haben. Auch bittet unfer genannter Freund, nachdem er fh
gleichfalls der Berihtigung der Drudbogen (mie fhon bei mehreren frks
heren Bänden der Erdkunde) angenommen hat, um Entſchuldigung wegen
mancher Drudiehfer, die ihm trog aller angewandten Mühe noch emigangen
waren, und von denen er wenigſtens die erheblicheren hier anzuzeigen wicht
hat unterlafjen wollen. Nicht jedesmal ausdrüclich bemerkt find Heinere
Ungfeichförmigkeiten, die zum Theil mehr auf · Rechnung der unbefkinemsien
Yechbäigungen wie Zufkpe: a
Beralansfpendge vieler orientaliſchen Namen zu ſchieben find (wie 5. ©. der
wedhfelnde Gebranch von i und y, ü und y, e mad i, e und a, ⸗ mem,
in ein und demfahben Namen); ud iR ziemlich in allen Fällen wenigfiens
am einer Stelle Die genaueſte Schreibart oder Ausſprache jede: Ramens
im Xegt angegeben werben (je iR, wenn auch Worte wie Pjöi „Dorf“,
Bid! „See“ u.a. als Tai, gol gebundt erſcheinen, jene vorherrſchend bes "
folgte Schreibart als der richtigen Ausſprache entſprechend anzufchen).
©. 11. iſt vor Eruͤnterung 1 eimgufdalten: „Erlſter Abfchnitt.
Die Gliederung der Halbinſel in ihten Hauptformen.‘“
©. 11. Rote. Die zu dem bier angeführten Berk von BWrons
tſchenko gehörige Karte (Karte von Klein »Afen, gufannmengefteikt vom
Oberſt im Generalſtab Weontfhento, nach feinen 1834—1835 gemachten
Routen und afronsmifchen Beobachtungen, im Menfftab von 1:840,000.
2 Bl. gr. Kol. in ruſſiſcher Sprache), wahrſcheinlich ſchon vor längerer
Zeit amägefüget, aber in der Publication biäher durch Augfliche Gehetm:
Haltung feiten® ded rufffchen ‚SAriegämintfteriunns aufgehaften, iſt jagt eud⸗
U6 in St. Peteroburg erſchienen und ums chen während bed Druckes biefer
Eqluſbogen (Mitte Januar 1858) zugegangen. Die Ausfägrung biefer
Karte bleibt aber noch hinter den befcheidenen Erwartungen zurüd, die man
davon nad der vorgängigen Bemspung derſelben in General Bolotoffs
Karte zu dem Berke des Sem. v. Tſchichatſcheff hegen konnte; fie tft ein
Beweis mehr von dem unvolllommenen Standpunkte, auf welchem zur Zeit
ned Die Rortsgraphte in Rufkann Reht. Daß fie aus ſchlie ßlich die vom
Berſaffer bereiten Rowien wid Ortslagen enthält, würde man chenfowenig
wie die audfehfiehttche Grundfegung auf die aſtronomiſch befimmten Poſi⸗
Howen des Verf. (wenngleich manche derſelben einer bedeutenden Correction
meh von Btefnßtaten anderer meverläffiger Beobachter bedarftig find) zu tadein
haben, wenn Berf. nach dem Beiſpicle gewiſſenhaftet emglifcher Forſcher,
wie Ainsworth um Hamilton, nur die unmittelbar gefehenen oder
eraudeten Siriche auogezeichnet und ven Beft lieber weiß gelafien
Hätte anſtatt ihn, wit Deiſeiteſchung all‘ und jeder auf anderen Quellen
berupeien, auch noch fo gewifien geographiſchen Thatſachen, mit phan⸗
tediſchen, außerſt roh Ningeworfenen Terraubiliungen auszufüllen! ber
fh Die am Routen de Berf. liegenden, nad Autopfle (wie man
3) Hegehäimeten Bergzüge, zeigen cine manierirte und übers
teibenbe Art ver Zeichnung; die Adfenlinien, bei denen die Benupung
der nevern Aufnahmen ver britifihen Marine gar micht in Mebe gekommen
W, zeigen ſelbſt den Älteren franzöffgen Karten gegenkber eine fo
Yesmpe Grrucchliffigung aller Gchärfe und Genauigkeit, dab man gegen
von ganzen Inhalt der Karte nur hoͤchſt mißtraulfch werben muß und mer
für einzehne Partien, wo zur Zeit noch audere befiere zur Gomtroßle dies
nenne Merogmebcirungen fehlen, hochſt vorſichtig Gehrend davon machen
Mana: anal Die where Peifung ar⸗ eiuy unmmpäituipmäßig große Bahl
Hu
ns Daigdgungen ur Fukkpe.
ertſchleden fehlerhaft Aefdriokener Nawen (beſenders durch MBermehiiung
aͤheti auöfchember rufſiſcher Buchſtaben) amfweik. — Die von je
v. Zihigatfcheft zum dritten Bande feines Werkes verſorochee gro:
Logische Karte, weldie menden ber hier gerägten Uchefftänte abkein
und Die Refußtate auch ver lehten Reijen des unterachmenden drferiäed
enthabten folte, iR bis jept noch nicht eetöffentficht worden.
&..15. 3. 9 u. 20. Sethan, befier zu ſchreiben Geiben.
©. 16. 3. 16.0. Germujat I. Garmufalin.
©. 28 3. 4 0.0. Die Höhe Des großen Ararat beträgt uidt LLOM.
fondern (nie Grdf. X. 495 angegeben) nach Parrots md Ferorsfit
Weffung 16,208 Pazifer Faf.
©. 41.3.4». u. Der Galbis (über den a beir. Da L
das nähere) iR ala furzer Kiftenftf hier gang zu Reichen.
©. 48. 3. 1v. 0. 1. Lacus ſt. Locus.
©. 63.3.5». u. f. Gouhabor 1. mit. den befferen Audyka
Taverniers Coudah ar, weiches ſelbſt wol Schreibfehler, da Damit jim:
falls Kodſch-hiſſar gemeint if. Die Größe des Sees gietT m
8—10 Stunden Breite, 1-2 Stunden Länge an, worand man fick, If
er mur den ſchenalen nordlichen Einfhnitt meint. — 3. 3 u. iR:
rad R. Lurat. — 3. 1 v. u. 1. 1638 f. 1639.
©. 75 iſt wor $. 3. Drities Kapitel. eimpufhalten: „Zweck Br
ſchuiti.
©. 17. Die Sceeibert Tſch ox ukh mit ſehr Razt aus dem Gem
foirietem f) wurde die herricenbe Ausfpraihe (mad Dr. Blaws Mittheiiug)
beffer wiedergeben ; biefer Rame bed großen Flufffes hat aber. mit ber Berarimg
ſaules Waſſer⸗ (mie ©. 93 gefagt iR) nichts zu them; Setere haft
Ah wur auf den Meinen mörblihern Küſtenflus an der ruſſtſchen Ga
Tſchürük-Su (mit weih geforechenem ).
&. 78. 3.9.0. Gunia, I. Günich sd Gdnieh.
©. 80 ff. 164. G@ermeild, beſſa wol, wie fpätee vegeimähig g
Aörieben iR; Wermiln,
©. 84. Ueber Baiburt bemerkt Lieutn 3. Balp nie (The Aue,
with travels in the further Hank, London 1861. Vol. U. p. 194) ci fühl
eine der umgemehmften Gtädte des Oriccis, ein Drt, we viele tiräihe
Rentiers ein angenchmes Laudleben neben fläbtifcer Beqnemlichlet gene
ben, mit fehr wohl werfchenen Wagoren, und Kaffecfäufern wat weile
bauten Häufern aus weißgelben Buichſteineci mit hübſchen Balınm, Mit
fih) vom Fluß die oͤſtiche Bergmwand hinauſuehen Dis zu Dem weikirign
fogemamnten Genuefenbas der alden Feſte zwiſchen dem prachtveien Bein
der veichften Obfgärten.
©. 85. 3.11 v.0. fl. Warzuhan, wie ich nach Jadſch idichtaa
aeichrichen Habe, giebt Blau von Ram Marfuwan; Warzen (dk
Dagegen auch Neiie (Penesas ot motines dans ms vorägen an Oceni. Ink
Beriftigungen mo Zee. 2:
1822. 7. n. p. 584) ver e& ehı profee mmenifchel Dörf, 2 Stunden von
Baiburt, nennt, von Ruinen aber nichts erwähnt.
€. 6.9.40. 5 v. u. ftatt pher f. beidemal phor oder (nad
jeßiger Aueſprache) p’or (dab arınentfehe Wort für Tyan. Ob aber mes
alie BardizatsPhor, das „Gartenthal”, dad die Bengraphie des Pfnıdes
Mofes zur Provinz Taifh rechnet, Hier ober nicht vielmehr im wen on⸗
licher gelegenen hentigen Bardes zu ſuchen ift, möge noch dahingeſtellt
bleiben.
©. 86. Rote 88. Wie die Derweifung amf die 36 Seiten des Rod:
ſchen Berichts lehrt, find aus dieſem hier mir die allgemeinften Refultate
über die Terrainverhäftniffe des mittleren Tſchoru bh-Thates mıfgenem:
men, und fann fir die Details (uf die zurückzukommen fi im weiteren
Berfolg unferes Buchs fein paflender Ort fand) ganz auf das angeführte
Bart von Brof. Koch verwiefen werden.
©. 93 iſt das vom Tſchoruth gefagte nach ©. 939 zu keihigem.
©. 94. 8. 19 v. o. ft. Misamen l. Miasmen.
©. 88. Erl. 1. 3. 4. R. Falſa 1. Fatſa oder Fotiſa.
©. 95. Rote. 3. 1 v. u. fl. fead 1. fand.
©. 101. 3. 15 v. 0. ft. Pentſchſcherembe 1. Pendſchfchenbeh (wulgär
geſprochen Berfhembeh). Weber Dfhauit vgl, ©. 442ff. Die Ablei-
fang vom arabtfcjen Dſchan, d. i. Garten, iR metürkih mm türtifche
Bortipieleret.
©. 103. Den Namen Mazon Dagh (oder, wenn man beutfeher
Drthogtaphie folgt, Mafon, wie ©. 106. 3. 5 v. o. ſteht) beſtaͤigt abs
noch Heut erhalten Fallmera her (Fragm. a. d. Driem. IH. U. S. 286).
©. 109 unten. Zwifhen Tofat mad Adrae mennt Tavernier
jenfeit des erften, das Thal fperrenden Bergraſſes das Dörfihen Almons,
weiches, wie aus Aucher Eboy's Route (Voyages en Orient. p. 387)
über Mmond (sie) ımd Octaf (Ditab. bei Snmilten, dgl. S. 117) ders
vorgeht, noch anf der großen Niffar-Straße legt (Armupstjdi, ». t.
Birmendorf auf Bofotoffs Karte ſcheint derſelbe Ort, und in diefem Malle
die richtigere Gchreibart zu fein). — Won hier vurhgieht‘ T. Die große
Thalebene ded Tontanlonsfon, welchen er für einen Rebenſluß mus
‚Stromes von Tofat, d. i. des Iris, hält, ohne zu bemerken Daß es der
Iris ſelbſt iR, der mich in feinem unteren Lauf jenen Ramen (correct Tor
da ath fir gefäpeieben) behäft. — Giernach umd mach den beiten Gtallor
nen von Tofat 16 Stunden nah Salingi, 2 nah Corpitan (ohne
weitere Angaben) auf der graben Erzernm-GStraße über Gnderes bei la
Beuliaye ie Gouz (f. Zufap gu ©. 124) bedarf Die Angabe ©. 108.
Anf. der Erl. 1, wonach fein Reifender das Jriöthaf wbergeib Gömenet
durchzogen habe, allerdings einer Berichtigung, doch fernen wir Dumh den
alten Wanderer fein weitered Detail bis nad Adras (d. i. Enderes) hin
Tennen, ald den Namen eined nördlicher, d. i. in der Scheitekeite zwiſchen
Bu Boricheiguugen wnb Zuſche.
Dem
Heide Ad Lyen · Thale gelegenen Berges, der Die Swahe Yafknt:
frelet ihm incomert genug Karabefirbegniendren m
©. 113. 3.2 0.3 0.0. Die tirifhen Remen Lmmten Kufk:
Kajaffy (Bogelfels) und Sheitan-Rajaffv (Teufelsfele).
©. 116. 3. 3 v. 0. iR Berfolgerin zu leſen ſt. Zachfolgerin
©. 117. Bu Hamiltons Bericht iſt zu vergleichen der der ie:
merö Li Smith (Missionery Researches p. 46), der im Jaft 189 ka-
Weg von Tofat mach Milfar in 9 Stunden zuräefiegte; er famı nah ha
erſten 2 Etunden zu den auf beiden Flaßufern gelegenen Gtetireim,
die man ihm Alt-Tokat (alfo im tärfifchen Coti Totat) manzir, mi
rühmt Me yrachtvofie Weldfewerie des demwaf folgenden Bergpaffet, be:
hend ans Gichen, Buchen, Pintanen, Ahornen, Burbaum u. m. reich derh
wachſen mit verſchtedenen Befen und wilden Wein⸗Arten umb an
Schlinggewaͤchſen.
S. 119. 8. 5 v. o. ſt 4808 f. 1809.
©. 119. 8. 6 v. o. Bei Onfelen I. 1816 als Datum ter Sc
(1828 {ft das Datum der Herausgabe); fein Weg führte ihn von Riffel
(wie er ſtatt Rikfar freibt) mit einem Meinen Stündden darh Id
fumpfige Thal des Kafkot:Irmat, dann 3 Gtunden weit das Waitgehire
eiimälig hinauf, auf defien Rüden cr die wohlangebaute Ebene von Di:
dop (Dftap oben bei Hamilton) fand, nah 2, Stunden erreihte m
ebenfo fanft. bergab das Thal’ ded Tofatfhifies, 24, St. weiter Die Brian
md mach den lepten 2 (hm Ganzen 10 Ghurden) Tolat.
©. 190. 3.6. u. lied: Oeſcht Beheſcht (D. 1. 8 Parabick) des
Bertif. (Mole Idri ibn Chiſam ed⸗din aus Dediis, yerfiicher Seſhue
freiber, + 1523:)
©. 122. Mitte. Tozanly if ma allen Nintoritäten der gm
iiche türfifche Rame des Iris in feinem ganzen oberen Laufe, mit de
eines Rebenfiufieb, Kaſalmat aber, wie ihn auch Jadfon bei feinem Bo
fanbe von Totat im I. 1797 nennt, ſicher nicht ans Ky zul⸗, fondern an
Kapztrmet (d. 1. Gänfefing) verberht, Da chen Die Theiebene vom Kelat
au Kazsowa, die Bänfechene (vgl. S. 133) graamat wird.
©. 124. Bald nad Tavernier, im I 1647, fam der Sieurde
ye le Gouz nad Totat, der damaligen Reſidenz eines Falke,
deſſen Größe er mit der von Florenz vergfeidht (Voyages et ebserraium.
Poris 1068. chep. 38).
©. 177. In Dupre's Angabe der Bevbikerung von Zitat #
hier der wichtigfte Thetl derſelben übergamgen, die Armenier der matis:
nafen (vom dm Katpoliten fog. ſchismatiſchen) Kirche, die cr af
8600 Green ſhadt: die gamge Stadt, Die Dammld eier ehnam Bird won
der Pforte abhängigen BWejwern (nljo in einer günfigeren Lage als die
übrige Theile des Siwas Bafhafyls) Rand, nam er (womit auch Jack⸗
fon übeweiniiumt) Die bezehnute, rein iichſte deb gangen Aieimaflens, feRt
daraus mit zweiftöcigen Häufern, die ih die Bergabhänge Hinmmfpichen
bio unter den Fuß ver ſenkrechten Yeljenwänve, die ganze Ihngegen» ein
großer Garten voll des herrlichſſen Obſtes mar Weines in erſtaualicher
Fülle, ten Fuß breit enbaufähigen Bodens brach gefoflen. Nach Badger
aber (iheNestorians, I, p.23) iſt Die Weinbereitung fehr fchleht, cd werben
daher vielmehr vie Trauben und zwar beſonders in Menge nach Siwad,
wo feine wachſen, verfandt.
“6. 129, 3. 16 v.0. Das Gofell liegt (nach v. Muhlbach 260 Yuf
über dem Iris⸗Thale) auf der wertlichen, allerdings weiter gegen Norden
und das Jeis⸗Thal vorfwringenden von zwei Felshöhen, zwiſchen denen, im
der fünlidh vom Hauptthal fid peraufglehenden, im Süden nur durch fanfte
Söhen gefchlofienen Tpalmulde die Stadt liegt, wie Eli Smith (He.
Bes. p. 42) nach feinem Beſuch im Jahre 1880 die Sage am anfchaufichs
lichiten befchreibt. Nach Badger (the Nestorians I. p.27) follen fih im
Gaftell mehrere lateiniſche Iuſchriften, obwohl fehr gerflört, befinden.
Swith erwähnt auch die auf dem Import roher Seide aus Amafla bern:
gende Seivenweberei und Fabrikation baumwollener Stoffe, die noch da⸗
mals ohne Mafchinen, bloß dur Handarbeit bedrudt wurden. (Iept
int diefe Induftrie durch englüche Concurrenz erdrüdt.) Die Benölferung
giebt er zu 4000 türfijchen, 70 jübijdren, 5600 griechifchen und 1350
armeniſchen (movon 80 katholiſche) Familien an, woraus eine ungeffihre
Seelenzahl von 30—32,000 folgen wärde; die Armenier Haben 7 Kirchen
mit 30 Prieftern und mehrere Schulen, ihr Bifchof reftnirt tm Kofler
St. Anna, I Stunde (mach Indſchidſchean 2 St.) vor der Stadt. Bor
turzem haben die Katholiken, durch franzöffhen Einfiuß begunſtigt, eine
hũbſche neue Kirche gebaut (Badger). Enter a. a. D. &.439 giebt 5000
türtifche, 50 jänifhe, 150 griehifhe, 1500 armenifche (30 Aathofifche)
Familien, alſo etwa 35,000 Bewohner; Bors 40,000 Serlen (©. 333),
datuuter 12,000 Armenier, wovon 1200 katholiſch (S. 379). Anh
Sand reczki's Angabe vom Jahre 1850 von 4000 turtiſchen, 30 jüw.,
350 gried., 1500 (dtem.sarmen., 100 fathol,sarmen. Häufern (Reife nach
Moful. 1867. 1. Bd. ©. 93) ftinmmt damit ziemlich; überein. Nach Bore
find Me drei Hauptmoſcheen der Stadt aus früheren griechifchen Kirchen
umgebaut; Me Sftlichen dem Gafell gegenüberliegenden Belsgipfel Helfen
nah ihm Jailadſchyk, d. i. Meine Sommerweide und Ghejghej.
Die Menge des Kupfererzeb, welche noch jept aus ben drei Hauptminen
zu Kiebban Ma’aden am Cuphrat, Arghana bei Dierbefir umd
Sakyr⸗Kureſſi unfern des Schwarzen Meeres auf Kameelen zum
Schmelzen nah Tofat transportirt wird, giebt derfelbe auf 400,000
—
Vaidkigungen- sb Diine.
Be jahiih a Jadſchid ſchtans nieht die-Rumn der Die Eiabt
aoidebenden Berge etwas verihieren an: Ghyſchabrich im O ſte n. Gpalih-
vagby und Jailadſchyk im Weiten der Stade; der dieſelbe Derdpizömene
u den Iris ſich ergießente Vach Heipt nad ihm Ghyturipfe, ui
iwägt noch die in der Stadt beñndliche Duelle Begza d zur reichen Beni
derung Dusch eine große Menge von Zontainen bei. linter deu zerig
lichen Gebäuden zählt er auf außer dem ſchon erwähnten Begeiten (Mai:
hallen vorzüglich für Wauufacurwaeren) 14 öffentliche Bäder, 5 zı Se
mungen für fremde Auufeute eingerichtete große Ghane, ein Zimar: dem
Garrenhaus), die Drei großen Moſcheen Ulu Digami (d. i. Die genhel.
Ali Paſcha Did. und Meidan (Marktplags) Dich., mebit ſeht viren
leineren, die 7 Kirchen ter Armenier, benaunt: Gt. Stier ‘
1S. Stephan), frühere Metropolis, gewöhnlich türiih Taf -Rerdimen.
».i. Eteintreppe genannt, verbunden mit einer griechiſchen Rapelle; Saır
Weduadzadzin (heil Gotteögebirerin), feit 1792 Wetropolituntuk
gewöhnlich armeniih Gathu⸗aghpiur, d. i. Milchquelle, gemauzt; im
©. Sarkis (Zergius), S. Keort (Georg), uch Bazarpichurs &
des Heinen Marktes) genamt, S. Rinas, Parfamıd-Kirde ad dem
Chatſchdagh war Aharfun-Manug (d. i. 40 Kinder) aßtüh wer In
Stadt, Die beiten Iepten mit Begribnigplägen verbunden. Im Der
Getji, eine Stunde vor ver Stadt, iſt eine alte, angeblich won Kalle
Juſtiniau erbaute griechiſche Küche, türkiih Mermer-Kiliſſa, ». i. Mars.
kirche, genannt.
€. 133. Gil. 1 zu Ende. H. Martuns Grab auf dem armesikeı
Kirchhofe iſt in der That durch Fürforge des verkorbenen britiſchen Ges
fuls zu Baghdad, GL I. Ric, mit einer Meinen Marmorplatte verice
und durch eine, von den wahrſcheinlich armenijgen Steinmepen alertupe
ſeht incorrert eingehauene lateiniſche Juſchrift bezeichnet, die S a maregzhı
Reife nach Moſul, Stuttgart 1857. Ip. 1. S. 91) mittheilt.
©. 134. 3.8. Keſchau Kaleſſi heißt nit Gaftellberg, jsarem
Gaftell der Winterwohnung (Kjefchen, perſiſch, für das türkiſche Kuda)
©. 135. Das bier aus Suters Rowte angeführte große Der Bu
sartjüi fehlt aud) bei Ainsworth a a. D. ©. 22 nicht, ver ed m
fen Tunguz (d. i. Schwein) und Jumurta angiebt und daſelbſt Hark
Yanfbau erwähnt, auh Gardanne's Routier vom Jahre 1507 feunt et
und giebt ihm nicht weniger ala 500 Haͤuſer.
©. 135 imten. Die Irisebene um Bazarkjöi war der äußerke Bush
gegen Norden, wo Euter nod Lager wandernder Kurdenborten astra
Den Fluß nennt er nur Tokat-⸗Su.
S. 136. Der Schloßberg von Turchal erhebt fih nach Thei
v. Muͤhlbach (briefl. Mittp.) nur etwa 250 Fuß über dem Tpale. Eden
Zavernier im 3. 1631 nannte diejen Ort (Tourcal fehreipt er) cum
großen Zieden mit ehr ſchonem Karwanferai, Dupre (Voy. en Perse. pH)
Wiaht iq ↄodo:tarucqe Cian⸗qner mad Den Fräıh Dufeihk 50 Aafı Beste;
fodies der Oirt.fehr deſunten fein, Dean Eli Emith 1680 (Missie-
‚many Resmesahen, p. 40) nenut Turkgal ein elendes Neſt von nur 150 Gäu
term. Badger (the Nestorlans etc. 1. p. 22) fpriht 1842 wieder von
580 (rhhütten, fein Gollege, Miffiener Zletcher (Notes from Nineve.
Lenden 1850. Val, I. p. 91) van 1500 Gimwohnern. Der Ort llegt übri-
003 wit dicht am Tazaniy oder Iris, fondern an einem Nebenbecht
deſſelben etwas awfmärts im Thale nad v. Molte's Moutier, freilich much
wicht, wie Badger angiebt, 2 Stuuben vom Sluſſe entfernt. Der einzige
Tentanu (Voyages on Orient. 1820. p 205) nennt flatt Turchal ten Ras
men Lopralshale (2. i. Erdſchloß).
. ©. 181. Mehrere der neueren Reifehden und gesade Tiejenigen, deren
Berichte für geographliche Kenntniß die meilte Belehrung gewähren und
Daher hier eubführlicher verfofgt And, haben allerdings den By zwilchen
Turchai (refv. Tofat) und Amaſia über Zileh gemommen, der aber, vele
ein Blick auf die Karte lehrt, ein bedeutender Umweg umd keineswegs
die gewaͤhnliche Straße iſt: dieſe (deren Erwähnung oben im Text zu⸗
füßig, bis auf Ainsworths- frühere -Romte (S. 141) gauz über
wangen it) führt zwar auch nicht der umzugänglicen Felsfchlacht
des Jsiplaufes eutlang”), ſondern nad) den kartographiſchen Recognadc-
vamyen von Wrontfhento und v. Moftke und dem Berichten an-
derer Reiienden (Morier 1809, Journ. London 1812. P 346, Dujelen
1816, Trar. Vol. III. p. 491, Badger 1842, the Nestor. Vol. I. p. 21,
Fletcher 1842, Notes [rom Nisereh. Vol. I. p. 90, Sandreczti 1860,
R. n. Moful p. 78) von Turchal über die dden wildzerriſſenen Kaltbesge
am rechten Ufer des Tozanly oder Jeſchil Irmak (Iris) und berührt
niemlich halbwegs (etwa 6 Stunden von Turchal, wie von Amafla) dad
ärmliche Dorf Aineh⸗ (Inch) bazar, d. i. Gpiegelmarkt, wo an ber
Stelle des alten laut der Juſchrift vom Seldſchuken-Sultan Alaeddin er:
bauten Karwanjerais, dad bier, 7 Stunden von Amaſia, 13 von Tofat
ſchon la Boullaye le Gouz bei feiner Durcreife im I. 1647 erwähnt
(Voyages et Obserwations, etc. Paris 1653. cap. 28), jept ein neu erbauter
) Der Ort Aſſin, der in diefer Rage mit dem Beichen des Zweifels
auf meiner Karte eingetragen if, Seruht nur auf dem unger
nauen und nicht vollftändigen Routier Jadfons von 1797, der
ihn nad der Abreife von Tofat, ohne Turchal zu erwähnen, nad
5 Stunden (vielleicht vom legten Orte an gerechnet) und nod 9 St.
von Amafia angiebt, auch dafelbft einen Chan erwähnt, jo Daß gr
an die große Straße gehört und mögliherweife mit Ginebazar ihenz
tif) iſtz — der wohl auf Mißverſtaͤndniß beruhende Name Afin —
ein aͤhnlich lautender Tommt wenigftens in ben obenangeführten Re
irangen dieſes Straßenſtückes nicht vor — muß aljo u. aus
den Karten geftrihen werden. .
- Betiiigumen un Zifite.
Span fubt. Diefer Ort liegt in seinem wehiid zum Iris Hinahgehuben
Theke, deſſen Ba Wrontigente's Karte Rawal-fnj- (Beppeisehe)
wreit wird (f. im Test Gemiltens und Guters Bericht. ieh
Den. U. p.25, ſhan die Höfe der fenfreihen —28 über der Die
ſohle auf 800-1000 Fuß). B
©. 138 3. 3. flat 2060 fieh 1850 Gufer, jeuen iſt die Gefemmt
wahl, die Suter für die ganze Gtadt angieht (4006 —2* uch Kar
worth). Die zahlreichen Dörfer der umdiegenden Ebene bauen nad im
viel Korn, Obſt, Tabak und Bein, lehterer aber vom fehlechter Beide
Seit; amd fol vie Luft hier wenig gefund fein umb Ydmfige Acker kır
Aigen (Gafvatort, Fundgrab. d. Orient. 1815. W.L. S. 99 f., de
gieiter von Bardanne’s Gefandtfaftsreife im I. 1807; er zieht in
Drt nur 1000 Häufer, wovon 160 ia der Gitadelle liegen fol). da
Botaniters Andher Eicy (Voyage p. 866) Befacı im I. 1837 ia Dill
oder Zill, wie er den Namen fchreibt, bringt feine neuen Thetſahen
©. 142. Die ahweihende Zeihnung der linken Zris- Buff u
Xfehichatfcheffs Karte beruft, wie ſich jept heramskefit, auf der Bauy
der obenerwähnten Karte von Wrontſchenko, die mit ihrer ville
Ignorirung afler andern auf demfelben Boren angeſtellten Rocafforiduns
nur zu oft in ähnliche Ierthämer verfällt; es MM aber für Geweral Bale:
toffs Zeichnung von 1853 zu Tfeh.’s Karte ein viel ſchwererer Bemel
als für jene bereits 1834 von Wrontfch. gezeichnete Karte, Die Bemejan
von Sängft veröffentlichten ausgezeichneten Materialien, wie den Reden ma
Ainsworth und Hamilton gänzlich verabfäumt zu haben!
©. 143. 3. 7. Aatt Tſchichatſcheff led Brontfhente, dem dr
ſem gebührt daB Berbienft, jener if mar der feinen Borgänger in Tel
feiner Karte verfäweigende Copiſt
©. 144. 3. 6. fl. Kara Megora I. Rara-Raghara (t.i femar
Soͤhle), ebenfo ©. 146.
©. 144 unten. Bon Zourneforts Route Tann die leider opme Kant
welches tepograppifche Detail angegebene von Audyer Cloy wenig ebwihe
d zu 6. 138): von Aladſcha bei Idzgat mit 4 Standen mad Zn
Berichtigungen and Zufäpe. 9A
penftt, 6 durch ein ſchones Flußthal nach Baslameg, 2 nad Karatſchyk
und 6 nad) Zileh.
©. 144 unten. Wie Tournefort ſcheint auch Bardanne 1807 einen
nur wenig nörbficheren. Weg als Bram und Tſchichatſcheff eingefäjlagen zu
baden: von Függet mit 6 St. nad; Diklidſche, einem großen Ort von
600 Häufern tm oberen Thale des Tſchykryk⸗ſu, 6 &t. nad Surkun,
9 nad Hadfht-Rjdt, beides Dörfer von 108 Hänfern, 9%, St. nach
dem halb fo großen Dorfe Kyzyldſchyk, 9 nad dem 600 Häufer ent⸗
haftenden Bagarzfjöt (auch bei Ainsw. a. a. D. &. 22) und noch 6
nad Tofat.
©. 147 oben. Die Angaben der Ruffen über die betreffenden Fluß:
laͤufe find hier, wie ſchon zu ©. 142 erwähnt, ganz falfh, da fie durch
Hamiltons Bereifung diefer Gegend widerlegt werden.
©. 150. 3. 15 d. 0. 3090 AR engliſcheß Manf (me 2900 $. Par.).
Die griehifhe Inſchrift lautet in Ainsworths Notes, I. R. Geogr. Soc. IX.
p. 262: IKEZIOY.
©. 153. 3. 22. fl. Tſchüterlek 1. Tſchoͤterlük.
©. 154. 3. 13. Habaf iſt fein türfifches Wort und wohl verfehlt
flott Kabak Tepe, d. i. Kürbispügel. .
©. 159. 3.7 v. u. Tſchapan Joly Heißt Lumpenweg.
©. 163. 3. 11.v. u. Die Infhrift iſt nad) Dupre nicht an einem
Stadtthore, fondern am Eingang der Gjdt-Medreffeh (blauen Schufe).
S. 163. 3.7 v. u. flatt Dfigamit (Ainsworth) ſchrelbt Dupre
Dſchanyk Dagb. Zu ven Gpporten der Start find nad Dupre noch
Xeder, Hafenfelle, Ziegenwolle, Gelbbeeren und Getreide anzuführen;
außerdem (nach Sandreczki, Reife nach Moſul. 1857. I. S. 70) getrodnete
Pflaumen, die unter Ten Namen Amaſia-eriki zu Gonftantinopel als
die vorzuͤglichſten geften, endlich (nad, Rottiers, Tlineraire de Tilis A Con-
stantinople. p. 254) Opium.
©. 173. Ueber die Brüden in Amafin weicht BadgEr (the Nesto-
risns. Vol. I. p. 18) ab; er nennt zwei hölzerne und eine ganz aus antifen
Quadern erbaute fleinerne; die Länge derfelben oder die Breite des Fluß:
betted beträgt nach ihm 180 Fuß.
©. 174, 175. Vore's Bemerkungen find hier nicht ganz vollſtändig
wiedergegeben, da fie an verſchiedenen Stellen feines Berichts (S. 308,
311, 419) zerſtreut ſtehen. Gr fand bei dem Dorfe Kaleh kjöi (d. i.
Schloß: oder Burgdorf; im Buch tit durchweg Keni ftatt der franzöfifchen
Schreibart keui fr Adi gedrudt) 2 Stunden füröftfih der Stadt, über
dem Thale eines Meinen Iriszufluſſes auf ſenkrechtem nur von einer Seite
her zugänglichen Felſen fih erhebend ein Schloß mit zwei Tpürmen am
Eingang, mit in Zeld gehauenen Kellern, durch welche eine Zelfentreppe 135
Stufen weit abwärts zu verfolgen, das untere Ende aber verſchüttet war;
auf der Oftfelte waren ähnliche Grabkammern, wie an der Burg von,
Ritter Erdtunde XVII. D2ag
ME Berihkigungen und Zufäge.
Amafla in den Felſen eingehauen. Bon hier über das Der Tamrac
miſch bis Amafia waren die Spuren einer alten Gtraße bentlih ua |
folgen. — Auch in der in eine Moſchee verwandelten ehemaligen gricik
fhen Metropolitankirche der Stadt oder in der damit verbundenen Edaz
(Meprefieh) fol fi ein antites Grabmal befinden, deſſen Gauipter, am
Hegende Frau darftellend, zu dem türkischen Namen „Grabmal der Bar
end“ (turtiſch alfo wohl Kuzmezari) und ver Legende von cina ir
begrabenen Königstochter Anlap gegeben hat. Die Ajnafu: Grat kr
außerhalb der nördlichen Vorſtadt; die Angaben darüber ©. 175 cm
find dahin zu berichtigen, daß 50 Fuß das Maaß der Höhe ihre Ines
über dem Fuße des Marmorfelfens bezeichnet, aus dem der hamägreje Bid
mit hafbbogenförmigem Giebel 30 Fuß Hoch, 24 Fuß tief mit einem im
fen rings berumführenden eingehauenen Gange herausgearbeitet, uns mic
in feinem Innern, zu einer Kammer ausgehöhlt ift; hiermit flinmt ah te
Befcreibung Fontaniers und die Abbildung im Zitelkupfer feine der
(Voyages en Orient. Paris 1829. p. 236) überein, nur daß ex bie beht z
36, die Breite zu 30 Zuß, und ald Bulgärname Tafchsain (nähe
ajneh, d. t. Steinfpiegel) angiebt; am der Fagade find neh Ark m
Skulpturen erhalten und von der Infchrift jedenfalls die Borte THF
APXIEPEYZ; Bot6 fügt noch eifige unverflänbliche Budılahe ms
bei, am Ende KPLIETO (vieleiht das in Grabinſchrifien bir
xenoroc), woraus er auf chriflihen Urfprung geſchloſſen um ii
halb die Figurenrefte für Engel und Heilige gehalten zu Gaben jdem
Gine andere künſtliche Felsgrotte, 1 Stunde ſüdlich von der Ei
mit Quelle, defien Gntftehung die einheinifche Legende der zufälige &
rührung des Leichnams des h. Chryſoſtomus auf ihrem Zramtrm md
GConftantinopel im Jahr 438 (vergl. S. 116) zuſchreibt, erwähna x
Niffionare Badger (the Nestorians. I. p. 21) und Zletcher (Nois Ina
Ninereh. p- 90).
S. 177 oben. Der Gintritt in die Tafhabad-Ebene von Amahı de
nach dem Durchbruch des Fluſſes durd die letzte quervorliegente Barzferk
von der herab ein in Trümmern liegendes altes Schloß Paß ua Irak
beherrſcht, liegt nad) Bore (I. p. 315) nicht unmittelbar bei Jergigta (Mer
Jerkezlü, d.t. am Erdeinfchnitt gelegen), fondern jenfeit des dararf jel
genden Dorfes Kalakala (?) noch eine Stunde weiter öftfich entfernt.
S. 177 u. f. Statt Terfhan, wie hier überall gedrudt if, fol
Terzachan oder Terzafan (wie aud Sandreczki, Reife nad Moſal 18
ſchreibt) geſchtieben werden.
S. 179 unten. Die Häuſerzahl für Ladik bei Catiys bezicht Ad.
wie immer bei den orientaliſchen Autoren, nicht auf den Ort artſolcile
(die population agglomeree, wie die Franzoſen fagen), fondern auf du
gangen Diſtritt oder Jurißdictionsbezirt (Raza). Daſſelbe gilt fir Am
fan S. 185, Mitte.
Beritigungen und Zufüge. 0
©. 180. Marfiwän (fo ſchteibt Oufeley, Marfovan Ei Smith)
8 Gtunden von Amafla gelegen, auf welcher ganzen Strede der Weg durch
Die fruchtbare Ebene ein Dorf berüprte, nennt Jadfon im Jahre 1797
eine Stadt von der Größe von Siwas, die vorzüglichen Rothwein erzeugt,
Rottiers 1818 (Itindraire de Tiflis & Constantinople. p. 258) ſpricht von
ſtarker Ausfuhr von hier fabrieirten groben buntgefärbten Baunwollen⸗
ſtoffen und von Hafenfellen, und giebt ihr 3000 Ginwohner, worunter
1000 Armenier; dagegen Zontanier 1827 (Voyage en Orient, Paris 1829.
P- 247) fogar 4000 Häufer, worunter 200 armenifche, 11 Mofcheen und
4 Schulen (Medreſſeh); diefelbe übertriebene Angabe von 5000 Häufern,
worunter 1000 armeniſche, findet fi 1830 bei Eli Smith (Missionary
Besearches. p. 36) und doch foll der Ort dorfähnlich zwiſchen Gärten in
der bene zerfirent liegen, daher wol auch hier die den ganzen Diftrikt
betreffente Zahlangabe mißverftändiih auf ten Hauptort bezogen iſt
Cogl. oben zu 8.179). Aus Duprs ift die Rotig nachzutragen, daß eine
der Moſcheen früher eine alte hriftliche Kirche war, erbaut vom Kaifer
Johannes Tzimisced zu Ehren des h. Theodorus von Gucaita, weswegen
er den Ort für das in der byzantiniſchen Kirchengefchichte öfters als Ber:
bannungsort erwähnte und in der 28ften Novelle K. Juſtinians unter den
Städten der Provinz Helenopontud zwiſchen Amafla und Zela genannte
Eugaita hält.
©. 180. 181. Died Hadſchi-Kidi (d. i. Pilgerdorf, nich, wie
Rottiers u. a. ſchreiben, AdfirKidt,, was „Sittered Dorf“ bezeichnen
würde) mit feiner Silbermine erwähnt ald früher bedeutende aber 1647
fon verfallene Stadt bereits der mehrmals angefährte alte franzoͤſiſche
Neifende Sieur de la Boullaye le Gouz (Voyages et obserrations.
Paris 1653. chap. 27); es enthielt 1818 nad) Rottiers (a. a. O. S. 269)
400 Häufer- und lieferte jährlih 5000 Ofen Blei und 500 Dfen Silber (die
Ota — 2%, Pfo.), er giebt die Rage 4 Stunden von Marfiwan und noch
8 St. von Oemandjvk an (8 Stunden weftlih von Marfiman das Dorf
und noch 2 Gt. weiter weitfich im Gebirge die Minen, wie Bontanier
a.0.D. ©. 262 fagt, ift alfo wol ein Fehler).
©. 181.3. Tv. u. fl. Otter f. Dupre.
©. 182.3. 9 v. u. ſt. Am l. An.
S. 183. 3. 6 v. q. Der Ma'amur Dagh (fo if die richtigere
Schreibart) iſt derſelbe, den v. Moltke's Karte weniger genau Mani
neunt. — Neuerdings, im J. 1850, hat Sandreczki (Reife nach Moſul.
1857. Bd. 1. S. 47—52) denſelben Weg von Samfun über Ladik nah
Amaſia ausführlicher gefhilvert; den noͤrdlichen Küftenfluß, deſſen Thal
beim Aufſteigen über die mit ſchoͤnen Waldgruppen bedeckten Hügel rechts
bleibt, nennt er Kurdu (nicht wie v. Moltkes Karte Bördön) Irmak;
Kawal, 89%, Stunden von Samfun, ift eine Heine türfifche Kaflaba,
in der nur wenige Armenier von einer früher flärteren Gemeinde, Deren
Q442
oso Berichtigungen und Zuſaͤtze.
Kirdje in Ruinen flegt, übrig find; man erreicht fie von Nowen her erh
einen ſchluchtartigen Einſchnitt in einer von OR nach Weſt fih ziehen
Hügelreihe, deren folk auffteigender Endpunft Maltepeh, d. i. She
Hügel, Heißt. Badger (the Nestorians, p. 16) giebt dem Orte au 4
ſchlechte Erphätten.
©. 184. 3.5 v.u. Rach Suter Hat die Quelle 150° 5. (= 52/R)
und durchaus feinen minerafifchen Gehalt, wirkt alfo gegen Rheuma m
durch ihre Wärme, wie das Gafteiner Waſſer und ähnliche Therme.
©. 185 unten. Deſchan ſcheint wohl ein Fehler für Tanion |
Dagh (Hafenberg) wie Ainsworth denfelben Berg nennt. |
©. 186. Bore giebt Ladit 350 Häufer, während einige Jahre ie |
nod 1000 dort gewefen fein follen; Badger 1842 (a. a. O. S
giebt 2000 Einwohner an, worunter 15 armenifche Familien und nidt ai.
ald 20 Moſcheen, darunter 2 große, die Häufer ganz verſtedt im rida
Raubgrün der herrlichften Bäume; aud er erwähnt außer manchen der
Arcitechurreften, die ihn die Bermuthung einer antiken Laoditta Wir
tigten, dad S. 187 aus Bors angeführte achtedige Gebäude wit deriike
Säufen, welches er mit mehr Wahrſcheinlichteit für ein Grabmal hit
©. 193 unten. Zaghava fommt noch in einem aften Jtinmr bi |
1a Boullaye le Gouz (a. a. D. cap 28) vor, freilich umter ziemlich aid |
tem und mißverftandenem Namen als Khan Sahabha (wei an |
an Seigneur überjeßt, als wenn es perſiſcher neutraler Plural vom m
biſchen Sah ib „Herr” wäre!) 9 Meine Tagereiſen von Tokat af kg
rum zu; genauere Localangaben theilt er über diefe ganze Route widtmk,
wohl aber die interefjante Notiz, dafı die ganze Umgegend (alſo Ne Zi
ebene von Endered) voll griechiſcher Dörfer fei, die erft kurz ver fir
Zeit (1647) durch unerträglichen Stenerdrud zur Annahme dei Yan
gezwungen worden feien; er meint wohl cher Armenier, doch miheis
ſeitdem deren Zuftand, vielleicht durd; neue Ginwanderumg, wieder geästen
haben (vgl. S. 212).
©. 201. 3. 21. fl. Weife 1. Wieſe (Tſchemen).
©. 201. Note. 3. 2. ft. Gillun 1. Giban.
©. 232. 3.4 v.u. Mafon, nad unferer Schreibart richtige Ra
zon (mit frangöfifhem weichem 3). .
©. 236, zum Schluß des $. 4. An der angegebenen Sickt ii
Ufer kurz vor Samfun, wo aud) Hamilton und die Küftenfarte cin Der
bend (Engweg) bezeichnen, fol nad) der unten öfter angeführten Kühe
beſchrelbung des Armeniers Bſheſchkjan Farz vor feinem Befunde (1817)
eine afte früher von den Genuefen benupte Silbermine aufge
worden fein; nach demfelben ſcheint eine Bleigrube ſich unfern tiber
ſchembeh bei dem benachbarten Fleden Kurſchunlu (Biel Heißt im Ur
tiſchen Kurschun) zu befinden, der von armeniſchen Auswanderer at
Semſchin im öftlichen pontifchen Gebirge (j. unten &. 923) bewobet ik
‚ Beridtigungen und Zufäpe. 981
die unter ihren eigenen nationalen Zürften (Derebej) wenigftens damals
noch einen hohen Grad von Selbftändigkeit bewahrten; über die neueren
Schichale diefer Eofonie iſt nichts befannt geworden.
©. 249. Rad der leidigen Manier der ruffifchen Verichterftatter über
Kleinafien erfahren wir nicht, ob v. Tſchichatſcheff die angebliche Halys-
Duelle am Gemibeli felbft befucht oder nur auf Suters und Ainsworthé
Autorität bin berichtet hat; es wäre immerhin möglich, daß die Route
dieſes Reifenden vom Enderes herüber auch nur einen Nebenzufluß berührt
hätte und die Hauptquelle in öftliher Richtung weiter zurüd läge. Cine
unedirte, von Hrn. Ch. Tegier handſchriftlich zur Benugung gütigft mit
geteilte Routenſkizze, die von Schiran am Lycus (Kalkyt- oder Germilü
Tſchai) gerade fünlich nad) Egin am Euphrat geht, zeigt in dieſer Rich⸗
tung mehrere aufeinander folgende von D. nad) W. ſich erſtreckeude Pa-
rallelketten, und zwifchen denfelben beim Orte Gerpfhanis ein paar nad)
Weſten hinablaufende Bachthaͤler, ohne Angabe von Namen over Ziel des
Laufes; es ift nicht unmöglich, daß dieſelbe ſich nörblic herum zum Lyeus
oder ſuͤdlich durch den Karabunar Tſchai zum Guphrat wenden, ebenfo
leicht aber auch, daß fie fich in grader weftlicher Richtung nah Gemitjdt
und Zarra Hin fortjegen und fomit ven oberſten Theil des Halys-Haupt⸗
thales bilden, das auf dieſe Art einen vollen Grad weiter als man bisher
angenommen hat, oͤſtlich hinaufreichen würde, wie die in meiner neuen
Karte von Armenien und Kurdiftan, 1858, angedeutet iſt. Einige
Unterftüpung erpäft diefe Annahme durch die Angabe Inpfhidfheans
(Reu-Armenien. ©. 299), daß der Kyzyl Irmak wenig noͤrdlich von
Diwirigi entfpringe. J
S. 251. Das an einem weſtlichen Euphratzufluß gelegene Diwi⸗
rigi nennt Jndſchidſchean noch den Hauptort eines Sandfchats (welches
jeht eingegangen iſt) mit hoͤchſtens 2000 Häufern, worunter 100 den Ars
meniern gehören, die 2 Kirchen haben, Surp Aſduadzadzin (h. Gottes-
gebärerin) und S. Arrathjal (h. Apoftel); Das zwei Stunden lange vom
Flüßchen Burma bewäflerte Thal, werin die Stadt liege, fei angefüllt
mit Obftgärten und Weinbergen, deren fehr feine durchſichtige Rofinen
und von den Armenien bereiteter feuriger Rothwein ſehr gefchäpt feien.
In dem 3 Gtunden von der Start am Sarviſchitſchel Dagh (Gelbblumen⸗
Berg) — alfo oͤſtlich — gelegenen Kloſter des heiligen Erleuchters
Gregor (Surp Luſaworitſch) reſidirt der Primas des vom Patriarchen zu
Sie abhängigen Difrift®, zu dem 25. Dörfer mit gemifchter türfifcher und
armenifper Bevölferung gehören. Der heutige Zufand iſt nad Brants
umd Ainsworths Notizen fen Erdf. X. ©. 797 furz erwähnt, lehteres
Reiſenden fernerer Weg über das Gebirge weftlich aber übergangen, den
wir daher hier einfhaften (Trav. and Researches. II. p. 9. 10). Der aus
vom Thal von Diwirigt fehr flelle Anfftieg des nördlich darüber ſich erhe⸗
benden Dumbugh Dagh dur den Paß BelisOghlu zeigte die Felſen
982 Berichtigungen und Zufüge.
aus ſtark eiſenhaltigem Guphotit, auf dem Nordabhange aber uns Gras
beſtehend; von feinem Rüden ging es abwärts über dad Dorf Gelittilki
dem fi) Eifenminen finden) in das obere Taf des Kümür Su (Reim
waffe). Hier tritt man in die hügelige Gypsregion, die fidh über die Yalat
(Sommerafpen) des KAurdendorfes Jarbafan bis zum höheren, abrrund
mit Eichen und Fichten bededten Waflerfheiderüden des Karabelft.i
ſchwarze Ferfe) erftredt, deſſen tieffte Ginfattelung hier nicht über SF
anfleigt, während die Höhe von 5790 F. einem öftlicher gelegenen, bei dr
frügeren Gelegenheit von demfelben Reifenden überftiegenen Bafie patent.
Der nördliche Abftieg führt durch waldumfäumte Hochthäler, werk te
Jallas ded am Halya gelegeuen Dorfes Tuzla:gjdölü fiegen, weite m
ten durch eine Engſchlucht, deren Ramen A. in ein hybrides arkiik
türfifhes SchatzelrRava (angeblich „Fluß des Felfens !-) verkimmt.
(vermutlich ift es verhört für Scheitan-Raja „Zenfelsfels“) zum Dar
Toſangi im Halysthale hinab.
©. 252 oben. Zu Suter und Bore ift noch Fontaniers Ims
Bericht von feiner Reife von 1827 (Voyages en Orient. Paris 1829. p.313)
zu vergleichen. Gr fand in dem oberen, von der Stwasebene dund ir
Quergebirge geſchiedenen Theile des Halysthales am Fuße der anf rk:
lichem Kalt beftehenden höheren Berge, große Gypsmaffen im nieden bi—
gelm gelagert, die durch den Regen flellenweife zu tiefem Löchern ange
ſchen die Wege hoͤchſt gefährlic machten; Das durch Die GSypeberze au
fieternde, den darunter liegenden Kalt aber nicht durchdringende Bein
bildet durch feinen Zufammenflug 2 Stunden oberhafb Siwas ein En.
der 1 Stunde weiter hinab: zum Halys abfließt und dieſem weite sa
ganz Maren Fluß hier die röthlihe Farbe des Kafkgefteins witiheit —
Die Stadt felbft Hat nach ihm 40,000 Einwohner, darunter 3000 Kr
nier; die Dörfer im Thale oberhalb find nur von Arwenier beretei
($. 146. 169).
©. 256 unten. Das Knie der Brüde liegt der auf der Rorbfeie id
Bettes reigenderen Strömung entgegen, durch 6 Bogen vom nörtihe,
dur 12 Bogen vom ſüdlichen Ufer getrennt (Sandreczti a. a. D. 6.131).
S. 260. 261. 263. Weg von Tokat nah Siwas. Dayıd
(Voy. en Perse. I. p. 46. 47) und Badger (Nestorians p. 28) aka
in 3 Stunden von Tofat die Pafpöhe des Tſchamly Bel (Kurk:beliz
Derbend, d. i. Boffsferfen-Paß nennt fie Badger) und dem in3 Et
abwärts das große türkifche Dorf Charchin (fo fehreibt Judſchidſchemn
als befte Autorität, Rargin bei v. Binde, Kargum bei Digi m
Bore, a. a. D. ©. 344, 350, Ghirkhan bei Badger und Flethet, 1
nereh I. p. 102), über welchem fi die ungeheure Pyramide des Stern:
berges, Jyldyz-Dagh, in die Wolken erhebt; vom da nach 7 (Dem).
8 Gietcher), oder 9 (Badger) Stunden nach Stwas. Fontanier (uud.
©. 182) ver Kargpi (wie er den Namen fhreibt) mer 6 Ctunden fuel |
⸗
Berihtigungen und Zufäge. 983
von Siwas ald Tokat entfernt abgiebt (der Name des Bergkegels ift bei
ihm ganz corrumpirt Omz⸗dagh), nennt die Berge über welche die Straße
führt aus grobiefigen Sandftein, überlagert von röͤthlichem und weißem
Kalt beftchend. — Der Weg über Jenihan (oben ©. 263) ein aus
etwa 100 elenden Erdlochern beftchendes, Halb von Türken, halb von Grie: .
hen bewohntes Dorf mit großem aber zerftörten Chan, Mofchee und Kirche
Sandreczti) iſt, wie ſich aus den Entfernungen: 12 (nad v. Muͤhlbach
10) Stunden von Tokat, 9 von Siwas ergiebt, etwas weiter als der
obige Weg, wenn aud die weflliche Krümmung deſſelben in v. Moltke's
flüchtiger Routenftigge (Danach in meiner Karte) etwas zu flart ange:
‚geben fein mag. B
©. 261 unten. Ulaſch (falfch bei Dupre Dulakh gefchrieben),
6 Stunden von Siwas if nach Badger (a. a. O. ©. 30) ein fehr ärm⸗
liches armenifches Dorf von 60 Häufern, doch mit einer Kirche; zwi—
ſchen demfelben und Siwas, 1%, St. von der Halysbrüde, führte die
Strafe durd einen Felfenpaß, der durch eine Felswand in der Mitte in
zwei parallele Schluchten getheilt iſt, daher Tſchifte Kardaſch „vas
Brüberpaar‘ genannt, ein Rame, zu deffen Erklärung das Volk ein Mährs
hen erfonnen hat von zwei Brüdern, Kaufleuten in Gonftantinopel und
Baghpad, die jeder nach dem eutgegengefepten Eundgiele reifend, hier auf
Halbem Wege, jeder durch die andere Pforte, die der andere wählt, an
einander vorbeiziehend ſich verfehlen und erft bei der Ruͤckehr nach Haufe
auf demfelben Punkte fich zufällig treffen, wie Badger und Fietcher (a. a. O.
©. 104) weitläufig erzählen. Auch das Zürkendorf Deliklü Tafch Hat
feine von Badger berichtete Legende: das Felsloch, wovon der Ort den
Ramen hat, fol feinen Berbreiher durdlaffen. Es beſteht nah San:
dreczti (©. 136) aus 100 rohen Feldſteinhäuſern und einer verfallenen
Zefte mit runden Ecthuͤrmen (mol ein Kjerwanferaj) und Hat flatt man:
gelnden Kornwuchſes fehr ergiebige Heuernten.
6.265. 3.8 v. 0. l. Abulfath Keitobad, Sohn des ſteichoſrn
Behram.
©. 266, Mitte. Das obere Caſtell Hält Ainsworth für fehr alt,
wahrſcheinlich ein Werk der pontiſchen Könige, aber die von Stmbo an
den Baryadres und in die Nähe der Phanaroea gefegte Mithridated:Refideng
Gabira, die er hier fucht, vaßt gar nicht in dieſe Lage (vergl. oben
©. 223).
©. 266 unten. Die Einwohnerzahl von Siwas wurde Sandrecgzti
(6. 116) 1850 zu 4—5000 türfifen und zu 1800, nach andern 2500
armenifchen Familien angegeben, wonach fle ſich zwifchen 30 und 40,000
Seelen berechnen würde.
©. 271. 3.23. fl. Sumantia L. Zamantia,
©. 272. 3. 11 v. u. fl. Gorün I. Görän.
©. 298.3.6v.0. f. 561.136. Kyzyt fhreibt den Dorf
984 Berihtigungen und Zufäge.
namen Indſchidſchean. Sarmufat iſt im folgenden übetall als beñt
Scpreibart (weniger gut Sarumfat oder Sarymjal, oder wie Animes
ſchreibt Sarimſal) herzuſtellen.
S. 273 unten. Im den angeführten Notizen im R. Geogr. Ser. um.
erwähnt Ainsworth auch Gypsbrüche am Salzſet, fowie (S. 274 cha)
Gyps⸗ und Sandfeinlager in den Hügeln hinter Pallas.
©. 274. 3. 8 v. 0. Aehnlih wie v. Moftke ſchreibt and Fon.
joufat (Voyage en Asie Mineure. Paris 1840. Vol. L. p. 312) dieſen Oxk-
namen Geumerek (eu frauzoͤfiſch — 6); weiter ift aber aus feinem ührıms
flügtigen Ztinerar nichts zu entnehmen; die Diſtanzen giebt er von Ku
ſerleh 10 St. bi zum Salz ſee, ver im Auguft troden lag, 2 St m
SultansChan, dann über fhwärzlihen öden vulkaniſchen Felabere
4 St. nach Gömeref, und über Karabunar (in Ainsworths Rouk Rı:
jabunar) und Ramleh () 17 St. nah Siwas; vie Ichten ha
Zahlen fiher zu Hein oder mit Auslaffungen.
©. 274. 3. 21 v. 0. fi. Dorfl. Bort. Die Höhe des Ann
Dagh fhäpt Ainsworth a. a. D. auf 5000 Fuß.
©. 274. 3.2 v. u. fatt der Redart der Researches: Chauskas
¶ Tſchauſchan) fehreibt A. in den angef. Notes p. 312 Tevfhan, was
andere Ausſprache des türk. Wortes Taufchan „Hafe‘‘, alſo wol ritige
if. Das auf der Süpfeite der Janak-⸗tſchai-Cbene liegende Dorf Kun.
dfha:Kyfhla (. t. röthliches Winterdorf) iſt nach Ainsworth (Bes 1
p. 230) durch Ruinen und-einen künſtlichen Erdhügel ald Lage cms ar
tiken Ortes bezeichnet; er vermuthet Armaza, welches aber nah de
S. 268 angegebenen Diftanzen viel näher an Gäfaren liegen mußte; wel
eher Rarandara. — Scharkyſchla ift als Refivenz eines Ajan (Diiit
vorſtehers) ein Dorf von größerer Bedeutung.
©. 275.3. 150.0. fl. drei. 4 (1 St. dund die Gene wa 3
thalaufwärts). — Die Bewohner von Abbafili find nad A. kräftige üe
Unabhaͤngigkeit behauptende Kurden; aud gehören die folgenden Lori
namen (f. Bd. II. Sarus-Quellen) der kurdiſchen Sprache an.
©. 275. 3. 1v.u. Güzelsoghlan (. i. ſchöner Kuabe) ik diu
richtige Schreibart; fo hat auch v. Moltke's Kartencroguts, A. aber fereikt
(Notes X. p. 314) Gögoghlan (Göz heißt Auge), was feinen Sin giebt.
» 6.276. 3. 10. 0. Xanaz if die richtige Gäreibart.
S. 276. 3. 4-v. u. fl. Chizig 1. Ebidſchit @. t. Heiner Wu
telfad).
©. 277 fi. 1. überall befier Sarmufat und Sarmnfafiy:6n.
©. 280. 3. 7 v. u. fl. Dſchehanneh 1. Dſchehennch.
©. 281. 3. 120. 0. fi. Mabmudijehs 1. Mahmmpijeh.
S. 283. 3. 1v. o. Koramas ſchreibt Biſchof Kyrillos, alfe wel
richtiger.
©. 283. Mitte. Etkelet, fehr corrupt bei Kinneir (6. 95) Hiller
Berichtigungen und Zufaͤte. 985
gefhrieben, Erfet bei Poujoulat (Voy. dans YAsie Mineure. ‚Vol. I. 9.296)
der hier einen großen Zumufus bemerkte, ift nach der erhaltenen Spur des
alten Ramend offenbar das Arch alla des Ptolemäus (nördlich von Cä—
faren in der Gentralproving Gappadociens, Cilicia genannt), welches
Leake irrthuͤmlich ſehr viel weiter füpfid in Gregli am Taurus fuchte.
(Kiepert, Rote zu Hamiltons Reife, D. Ueberf. Th. II. ©. 394.) Nah
Judfjchidichean (&. 317) heißt es Erfifit, hat 1500 Häufer, worunter
300 armenifche und einige griechiſche (150 von jeder Nation fagt Kyrilos)
‚sine armenifde und eine griechiſche Kirche, eine von Sultan Mürad erbante
Mofcer, ein Bad und auf der Höhe-über dem Orte ein chriſtliches Kloſter,
angeblich alter Genueſenbau, welches gewöhnlih nın Chydrylyz (der
orientalifche Name des Propheten Elias, aber gewöhnlich mit dem Heil.
Georg iventificirt) genannt wird (daher Khidr-JIliyas als Name
der ganzen Hügelgruppe im Norden der Kaiſerieh-Ebene bei Ainsworth
Res. Vol. II. S. 224).
©. 286. 3. 11 v. u. fl. Kankeri l. Kjankari.
©. 287. 3.2. v. o. Awanoz ſchreibt auch Kyrillos in feiner Karte,
48avvogt in der zu deren Erflärung zu Gonftantinopel 1815 in der Pas
triardpatspruderei gebradten Meinen Schrift (Zorogıxj regygayn zod dv
Bıkrog meoexdo9@vros Xwgoygayızoü Illvaxor Tis neyalis dgyuoa-
rganlag ’Ixovlov), die jept zu den größten Geltenheiten gehört und uns
mur durch gütige Bermittelung eines griechifchen Zreundes aus Athen zur
Benugung verflattet werden konnte. — Im berfelben ift ſtatt Jarapifon
(&. 291 oben) Jarapuſon gefprieben, und die Notiz beigefügt, daß der
Ort 1776 durch den daher gebürtigen Wezit Silihtar-Mehmed-Pafcha mit
Renbauten, wozu auch griechiſche Bewohner herbeigezogen wurden, verſchoͤ—
nert md Gülſchehir, d. i. Rofenftadt, umgenannt wurde, ein Name der
fih jedoch nicht erhalten hat. Die beigefügte Angabe, ed fei das alte
Arabiffos, it entſchieden falſch, da dieß ins ſüdoͤſtliche Cappadocien am
Zaurus gehört (vgl. folg. Bd. ©. 24).
S. 292. Mitte. Richt der Gjauren, fondern der Genien (Didin).
©. 293. Kyrillos (a. a. O. S.!9) giebt 1815 in Newſcheht 56000
Bewohner an, worunier nur wenige Armenier und Türken, faſt mir Grie⸗
chen, vgl. S. 306.
©. 294. 3. 2 v. u. lies: die Steinſalzbaͤnke liegen 40 Fuß unter
der Oberfläche.
©. 295. 3. 11 v. u. flatt Meinem Dorfe I. Kaſſaba, d. i. Markt
festen. "
©. 295. 3. Av. m. Taſchtellah (d. i. Steinfihlinge, nit Tel⸗
lat) iR kein Dorf, ſondern der Rame der Syenitkuppe.
©. 296. 3. 20 v. o. fl. eine Stunde l. St. —3. 24 1. Tſcha⸗
murly (dad oben genannte) ſtatt Daniſchmanly, weiches nur eine vom Autor
fräter zurädgenommene angebliche Ramenberichtigung des Herausgebers des
986 Beriftigungen und Zufäge.
Geogr. Soc. Journal ift, aus dem (Vol. X. p. 292) diefer Paffus entichet iR.
Gbenfo weiter unten (3. 10 u. 3. 5 v. u.) Ajanlv, wofür, wie oben,
Tſchamlo zu leſen.
©. 296. 3. 6 v. u, ©. 297. 3. 2 v. o. iſt 3800 und 3580 em:
liſches Maaß, — reſp. 5565 und 3360 Parifer Fur.
©. 297. 3. 10 v. 0. f. Schaffgat 1. Tfhaftfhat.
©. 306 unten. Ütfd Hiffar ſchreibt auch v. Moltte, Kyrilied de
gegen Jüdfchefar (Nourceocio) und überfegt „Hohe Schloß“, mei
türtifch vielmehr Jükfek-hiffar heißen würde. \
©. 308 oben. Die befte biefige Aprifofenart wird mad Kyrilee—
Tokal-oghlu genannt und in Mafle getrodnet nach Gonftantine
verfandt.
S. 308. 3. 13 0.0. fl. Malvas I. Matyas. Die richtig
Schreibart ift nicht zu ermitteln.
S.'309. Ürgüb fhreibt auch Indſchidſchean, Urgup (Odeyi=)
Kyrillos (a. a. D. ©. 8), nennt es aber Gorruption des aften (gie
chiſchen) Namens Profopi; in den Felſen ringeumher fol Balgami, r.i.
Ghalcedon, gebrochen werden (vgl. &. 319), vielleicht derſelbe Stein
ven Hamilton Iafpis nennt. Rur eine Stunde thalauf über Urgm ing
dad große von Griechen und Türken bewohnte Dorf Sinafon (weniger
richtig in v. Moltke's Karte Sinnafanna), weiches Indſchidſcheau afs tr
Seimath der meiften Fiſchhaͤndler zu Gonftantinopel kennt und irrifm-
lich für das alte Nazianzus, Kprilos ebenfo unrihtig für Gafime
Hält; es ſcheim demnach dort an Meften des Alterthumd, die nähere Unter
fuchung verdienten, nicht zu fehlen. Bon einem aus diefem Orte gebir:
tigen Griechen Rhizas iſt im vorigen Jahre ein Schriftchen über das
alte und neue Kappadolien zu Gonftantinopel erſchienen, das wir ums bie
ber noch nicht Haben verſchaffen fönnen.
©. 314. Köreme, bei Kyrillos correcter Gjoͤremez (d. i. er fan
nicht fehen); er Hält die Ruinen für dad aus der Geſchichte des H. Bas
fing befannte Klofter des H. Dreſtes. J
©. 316. 3. 5 v. 0. Tunhiffer bei Teriet wol ein Irrtpana; bi
Ayrillos Heißt es nicht Tovrfeode (die Karte iſt undenttich im deu Ber
men) fondern Tovrfeoag — itſchohiſſar (f. oben zu ©. 306).
©. 319. Rach einer Ueberſicht der Routen vorzüglich framgdfifger
Reifenden, welche Oberft Lapie mit Benugung handſchriftlicher Meterisiiea
auf einer Karte in 4 BI. (zu Texiers Voyage en Perse) gegeben hat, jält
freitih Calliers Route zwifhen Angora und Kaiſarieh mit der auch an
den übrigen Reiſeberichten befannten großen Straße zufammen, fo dah tie
Hoffnung, daraus mehr Licht für den eigentlihen Halyslauf zu ganins
nen, wie die Phrafen Michauds und Rochelles erwarten ließen, fi mei
als trügerifh erweifen dürfte.
©. 320, 3.4 v. o. 1. Pteria.
Berigtigungen und Zufäge. 987
S. 324. Mitte. Ura if kein türkiſches Wort und bebeutet nicht
„Feuer““, es iſt wol verhört oder verſchtieben. Dr, d. i. Graben, ein
echt türkifches Wort (nur ſolche darf man hier unter den Turkmanen
ſuchen, Teine arabiſch-perſiſchen) Täge noch am näcften, tft aber ebenfo
ungewiß. Kura ift wol Schreibfehler für Kuru, d. i. troden; fonft
Fönnte e8 mur das aus dem Perfifchen aufgenommene Wort Kirch, d. i.
Land, Bezirk, fein, was feinen rechten Sinn giebt.
©. 325. Tſcheſchnigir bedeutet das bei orientalifchen Höfen ge:
braͤuchliche, dem abendländifchen Mundſchenk entfpredhende Amt des Vor—⸗
fofers. — Statt 12 Een, und 31 Schritt lied Yards (gu 3 engl. F.).
©. 326. 3. 10 v. 0. fl. Gotovah (Journ. R. Geogr. Soc. Vol. X.
p. 284) hat die zugehörige Karte Goͤl-Owa, d. I. Geeebene, wol rich⸗
tiger, da Göt eine umanftändige Bedeutung hat (podex) und zur Namen-
bildung von Türken nicht leicht gebraucht werden würde.
©. 328. 3. 12 v. 0. 3320 Fuß if engliſches Maaß (= 3115 5
Par.) — Ueber Bozuf vgl. unten S. 367.
©. 330. 3.2 0.0. fl. Karakaja (. Karafetfgtlü @-1. Schwarz
ziegenort), wie v. Binde's Routier hier am der Halysbrüce hat, denn
Cherchemit Euprufu des Lucas iſt etwas entftellt hie oben ©. 321,'325
erwähnte Tfhefhnigir Kjdprüffk (der Endfag des oberen Alinea
©. 333 if alfo zu fireichen).
©. 331. 3.6.0. 9. giebt nicht eine, fondern fieben Mofcheen
in SKirfhehr an; die Anhöhe inmitten des Orts häft er für küͤnſtlich, von
einem alten Orte herruͤhrend.
©. 334. 3. 8 v. 0. fl. Murugjöt 1. Emirler (d. {. Furſten).
S. 335. Die 4 erſten Säge find zu flreichen, dies Emirler iſt von
vem bei Aucher genannten verſchieden, vgl. zu S. 371.
©. 335. 3. 6 v. u. fl. Karagjöl 1. Kurugjöl, 3.4v. u. if
und zu flreichen.
©. 338. Mitte. ſtatt Salanda ſchreibt Biſchof Kyrillos Selendi.
S. 340. 3. 10 v. u. fl. Sangor I. Saugor (fo hat Kinneir, alſo
etwa Sakar zu fprehen?). 3. 8 v. m. meint er das alte Tavium!
Faft diefelbe Route von Angora nach Juzgat haben auch die Franzoſen
Gardanne 1807, Aucher Gloy 1834 [Relat. p. 72) und Baptiftin
PBonjoufat „1837 (Voyage en Asie Mineare. Paris 1840. Vol, I. p. 289
— 292) gemadht, ohne daß man aus Ihren kurzen Rotizen etwas mehr
Ternt als ein paar Ortönamen. Leßterer erreicht in 8 St. von Angora das
Dörfhen Keliskler in einem Thale (Kilidſchlü Adi der Karte?), dann
nad 3 St. die Halysfähre und jenfeit derfelben das Dorf Jaſchi-khan
Gakschy, d. i. gut?), 2 St. weiter die benachbarten Dörfer Keralch und
Kerakle(N) und nun durch die weiten Gteppenebenen der, Turkmanen mit
10 St. über Arslandje und noch 10 St. Jüzgat. — Gardanne hat
meiſt verfhledene Stationen: Hairitdi mit 280 Häufern 10 St. von
988 Beriptiguugen und Zufäge.
Angora, 10 St. weiter nah Hafahan (jenes Jaſchi⸗chan) mit 160 Hr
fern am Halys, 7 St. nad Baletſchik mit 260 Häufern am Aula
(rodne Bad), 9 Gt. nah Katibunu, 9%, St. mad Tüpgat; — Yxde
hat 9 St. von Angura Aſiz-Jüzgat (aus Ainneir bekannt) mit 15
Häufern, 9 St. weiter über Kilifhlar (Relisfier oben) die Halysbrädt
und Caklchiana (?) mit 104 Häuſem nah Bazardſchyk @. i Na
Markt) mit 50 Häufern, das erfte Turfmanendorf, wo Daher die Fra
unverjehleiert gehen; dann 10 St. über dden falzhaltigen Born nad
Terscle (Terzilüt 2. i. Schneiderort), dann noch einen Tue
marſch bis Serat Ejöi (d. i. Palaftvorf, false nicht für Sarutjäi
„gelbes Dorf'‘ mißverftanden) mit 120 Häufern, nahe bei Jügget.
S. 349. Note. 3. 1 v. u. fl. 263 1. 261.
S. 350. 8. 17. daher es if hinter Zortfchritt zu fehen.
©. 350. 3. 22. Paß des Köſſeh Dagh 3330 engl. (3125 Par.) u
hoch nad; Ainsworth. Das Gebirge beftcht hier aus Bohlenhaltigem Kult
fein, am Weſtabhang bis zum Fluß hinab aus Gyps.
©. 351. 3. 4. ZJötelib it die feinere, Esfilub vie grwährtise
Ausfpradhe (Ainsw. Bes. I. p. 104).
©. 352. 3.2 v. u. fl. „eine Quelk, einft von Chriſten zur Zart
benutzt, mit einer Zelafculptur‘‘, ift zu leſen: „ein taufſteinähnlich ausge:
hoͤhltes Becken.“
©. 353. 3. 1 v. o. ſt. „ſehr antike“ 1. „früher in beſſern Zukant
gewefene, vielleicht alte“ Brücke.
S. 354. 3. 5. ſt. 2462 1. 2345 Fuß (2500 8. engl.).
S. 354. 3.14, 15. ſt. 12° 76 1. 1048. (13° 6); 3.
ſt. 22° 7° 8. 15% R. (23° 6.).
©. 355. Die von Ainsworth afronomifh gefundene Pofitica fu
Tſchangti (3. Roy. Geogr. Soc. IX. p. 269) it 40° 35° 50 R.Br, 3°
49° D. v. Greenwich, nah Monddiſtanzen.
©. 359. Mitte. Der berühmte Markt von Japratjchlispaaait
(sic), 15 Stunden von Koſtambol gelegen, foll noch 1818 regelmäßig ver
etwa 50,000 Menſchen beſucht gewefen fein, nad Rottiers (Itimeraire ke
Tiis & Constantinople. p. 262) in neuern Zeiten aber ſehr abgenmmn
haben nad) Bors (Vol. 1. p. 274), der Japragtgizpenir freak (a
richtiger bair, d. i. Hügel?).
©. 359. 3. 7 u. 6 v. u. I. Beg Tuzi GC. i. Fürſten ſalz).
S. 360 unten. Doch euthaͤlt die Stadt, die fih riags um dien
der Mitte liegende, gleichfalls mit Häufern angefüllte Zelfenvehte gerumgich,
nad) Aineworth noch 14 Mofcheen, freilich aber nur einen Cham um eia
öffentliches Bad.
©. 362. 3.20. 0. ſt. Tfhigatigefii. Brontfiente.
©. 363. 3. 10 v.m. ſt. Jeret⸗uſju 1. Erit-Uzen (d. i. Ms
menfluß).
Bexichtigungen und Zufäge, 989
©. 365. 8. 6 v. u. Auf der ganzen Lange der zweiten Tagerelfe
fand Tavernier ziemlich immer von 2 zu 2 Stunden künſtlich aufgeroorfene
Erdhůgel, die man der Zeit der türfifchen Eroberung zufchrieb, nach der
Gewohnheit diefed Volkes bei Kriegszügen im Nachtlager die Hauptfahne
anf einem folden Tumulus aufzupflanzen.
©. 367. 3. 3. 1. Tſchapan-Oghlu's (der Name iſt bezeichnend:
Rumpenfohn).
©. 379. Bonjoulat (a. a. D. ©. 293) giebt 1837 Jasgat nur
1000 Bewohner, worunter 1000 Griechen und 1000 Armenier.
©. 398. 3.8 v. u. Bidenesfu if nach Bore der eigentliche Name
des Fluſſes von Wezlr Kjöpri.
©. 399. 3. 2 v. o. ft. Bainder I. Baindyr oder Bajandyr.
©. 399. 3. 13 v. u. fl. 283 Göhritt 1. Yards, — 850 engl.
(etwa 800 Par.) Fuß. Die Stadt Hat nach Ainsworth 300 Käufer,
5 Moſcheen und Öffentliche Bäder.
©. 400. 3. 16 v. 0. Pimolifa, vgl. jedoch ©. 437.
S. 405 unten. Deli .i. toller) Dewris ſchreibt Rottlers (1818)
den Flußnamen. Das Thal hat nah Ainsworth viel Reisbau.
©. 406. 3. 11. v. 0. Karaufer fiegt nad) Answorth fon auf
der Weffeite der Waſſerſcheide, im Billäußgebiet.
S. 407. 3. 12 v. o. fl. 1838 1. 1839.
S. 410. Bie Brontfhento nennt ſchon Kinnelr den Fluß ſtets nur
Karafı. .
©. 411. 372 v. u. 1. bei dem Dorfe Kiras nahe bei Görün.
©. 412.3. 3 v. 0. Nicht 30 Fuß Höhe, fondern Durch meſſer
haben (nad Bore I, S. 263 u. 413) De aus rohen Granitblöden beſte-
genden Mauern, die in einer wechfelnden Höhe von 3 His 6 Fuß ſich er⸗
halten haben; die Türken nennen dies Monument Quai (d. i. Kaja)
divan, d. 1. Steinbanf; nahe dabei liegt der 20 Fuß fange Reft eines
Obelisken, defien Spipe fehlt.
S. 412. Mitte. Bom Tadairflufie geht Bore (a. a. D. S. 267—269)
ven Flecken Bojalar rechts laſſend durch die mit Dörfern angefüllte Ebene
norböffich über Kal em⸗Kjo i (Rohrdorf); rechts ab von dieſem Orte
2%, St. entfernt ſollen in den Bergen Schloßtuinen Tiegen, Surgan
genannt, links aber (alfo nördlich) 4 St. welt auf fteilen Zelfen die Befte
Ah vai, von deren Groberung durch Jilderim Oghlu mittelſt der Kift einer
gefangenen Griechin eine Legende noch jept erzäplt wird. Der Reſt des
Beges führt über die Dörfer Kuſulu und Dſchidie nad Kaſtamuni. —
Rad) Alnsworth (I. R. Geogr. Soc. Vol. IX, p. 244) beftcht das Gochthal
von Dadahi aus zwei Hauptthälern, das gegen S. W. angehende ent:
Haft 13, daB gegen S.S.D. gerichtete, welches auch den Speclafnamen
Ehonfilar führt, 11 Dörfer; die umgebenden Berge bilden feine zuſam⸗
menbängenden Ketten, fondern vereinzelte Gruppen.
20 Berihtigungen und Zufüge.
©. 412.3. 7 v. u. l. zuerſt N.W., danı RD., endii in mebr
nördlicher Richtung.
©. 412.3. 1v.u. l. Dſchurim aran, Reſidenz eines Unterſteu
halters (Ruchtar).
©. 413 oben. (Zufäpe aus Ainsw. Notes L.c. IX. p. 245). Janet
Deretjdi führt der Weg über Kalkplateau, das hinter Salmanly ylögie
mit einem fleilen und fangen von D. nach W. gedehnten Abfall endet, va
an defien Fuße die plutoniſchen Gebilde, die eb gehoben haben, zw Zug
llegen; die darunter ſich auöbreitende Ebene bilder den Diſtrikt Dun:
dſcha; dann folgen wieder fihtenbededte Kalt: und Sandfeinhägel wat
der höheren Kohlenſchieferberge, Kyrnak Dagh (d. i. SMavenberg),
von defien Höhe nur wenig hinabzuſteigen war in das Meine Beden
worin Bakyr Küreffi liegt. Ainsworth meint (a. a. O. S. 247).
es fei nicht unmöglih, daß bier die von Strabo gemannte Arſenik⸗
mine (Zavdapaxovgyıoy) an einem der Abhänge des Dlgafiys, de
mit demfelben doch auch diefe Berge in entferntem Zufammenhang chen,
zu ſuchen fei.
©. 414. 3. 6. ſt. Jeralagos 1. Yeralayds (fo dei Ainsw., aber
da jenes Wort feinen Sinn giebt, wol richtiger zu leſen Serlürgdz,
d.i. Grdauge). Ruchweg nad) Kaftamuni, ib. p. 248, Research. I. p. 78:
Der Weg führt wieder über den Kyrnak Dagh und dann im eim Thal
hinab, längs des Bades in R.D. Richtung aufwärts, um den mit Birken
und Tannen bededten Berg Ikindſchiler herum; 3 Stunden auf ſchlech
ten Waldwegen aufwärts fommt man wieder in die Kalkregion, etwa eim
Stunde weiter aber über Sanbfteinhügel, die den Mebergang zu Dem var
tothen und weißen Kreidefelfen umgebenen Thale von Daurifan (3240
engl., 3040 Par. Fuß) bilden. Daſſelbe erftredt fih fruchtbar und weh,
angebaut von S. W. nah N. O. und enthält 14 meiſt große Dörfer. 6
wurden dann noch mehrfache öde Höhenzüge aus Trapp, Schiefer at
Kalkſtein beftchend überftiegen, bevor man in das größere '/, Stunte breite
mit vielen Dörfern reich angebaute Thal des Gjök Irmak (blauen Fiai-
fes) mit der Stadt Kuflamuni im Hintergrunde tief hinabſtieg. Lchtze
nannter, obgleid der vereinte Fluß defien Namen beibehält, war hier doch
Heiner ala der nordweſtliche Zufluß Dadapi, diefer 30, jener nur wenig
über 20 Fuß breit bei 1 Fuß Tiefe, am vielen Stellen aber ſeichter unt
dann breit auögedehnt.
©. 418. Mitte. Ainsworth ‚befimmte die Lage von Kaftımmi zu
41° 21° R.Br., 33° 56° DO.2. v. Greenwich. Kinneit fagt 12,000 türt.
300 griech. Bewohner (nicht Familien). Rottiers (Itineraire de Tiis &
Constantinople p.261) giebt 1818 20,000 Einwohner an, darıater 120
griegifhe, 15—20 armenifche Familien, und unter der vorzüglich mad
Sinope gehenden Ausfuhr, außer einer großen Menge von Hafenfellen be
fonders Hier fabricirte Gamelots und andere Stoffe aus AngorasZiegruhser
Berigtigungen und Zufäge. 91
(Shall und Ef). Rach Bars (a. a. O. J. 6.274) iſt die einzige noch jept
blũhende Induftrie der Stadt die Gerberei, und der einzige Reſt Höheren
Altertpumd (wie er meint, von der alten Germanicopolis, vgl. jedoch oben
S. 357) der in Stein gehauene und mit Duadern umleidete Ausgang
eines unterirdijchen Ganges am Fuße der Felſen, worauf die Burg liegt.
©. 419 unten. Der Weg thalabwärts führt fat 2 Stunden nord-
oͤſtlich um eine von Süden ber vorfpringende Bergecke von Sandſtein,
wo eine Beobachtung die Breite 41° 26° ergab, dann aber in mehr öſt⸗
tiger Richtung (Ainsw., Kinneit giebt Hier das Dorf Jspan an), wenig
weiter (nah A. 1%, St. weiter nad K., 2 St. von Kaflamuni nad Bore)
ommt man über einen aus dem Ofgafiy (Migop bei Ainsw. II. p. 36,
ulguz Dagh bei Bore u. Kinneir) perablommenden Zufluß Kara⸗ſu, der no
wafferreicher ald der @jöt Irmat ſelbſt it, '/, St. (Ainsw., 1 St. nad)
X.) weiter folgt eine bevedfte Hogbrüde über den vereinten Strom und der
Weg bleibt nun auf dem nördlichen Ufer. Nach 1 St. kommt man (nad
Kinneir) in das Fruchtthal von Batak, 1Y,—2 St. weiter in das von
Buyuk; auch Bore Hat hier die Dörfer Aiwaly (Duittenort), Kizilvegen (2)
und But (d. 1. Böjüt, groß) «Rjdi; 1 Gt. weiter und nah 11, St.
von Tafhkjöprü bei Ahmevi wird ein von Norden kommender Zufluß yaf-
firt (Rin.). Nach Ainsworth iſt die dorfreiche Thalebene von Taſchtjopru
von der unmittelbar vorhergehenden durch eine nur St. lange felfige
Engſchlucht, die der Fluß durchbricht, geſchieden. Die ganze Entfernung
von Kaſtamuni beträgt 8 Pofftunden.
©. 420. Auch Bore (a.a.0. 6.283) der außer der von Ainsworth
erwähnten (Corp. Inser. Gr. No. 4153) eine andere in eine Tempelruine
eingebaute Juſchrift fand (ib. No. 4154) worin Pompejopofis eine Mmrgo-
nols Hoaplayovlas genannt wird, wähnte der erfte Entdecker zu fein.
Rach ihm hat auch eine große Moſchee antike Saͤulen und das Anfehen
einer ehemaligen chriftlichen Baſilika.
©. 420. 3. 4 v. u. fl. 4000 Ginwohner 1. 400 Häujer.
©. 120.3. 1 v. u. fl. 1500 Ginwohner 1. 1500 Häufer.
©. 421. Die Schlofruine (nad; Kinneir 1%, St. von Zafhkjöprü,
‚am Aufftieg aus der Thalebene zu den Waldbergen) erwähnt auch Bore —
Quizqualeh fhreibt er ©. 416, Quizler⸗ (Plural von Kyz) qualehfi
©. 285. — nad ihm iſt fie 400 Fuß lang, mit 7 Thürmen verfehen,
ihre Grundmauern aus Marmorblöden, zum Theil alten Infchriftfteinen,
aufgeführt, durd ihre Lage auf einer vom Gebirge vorfpringenden Höhe
das ganze Thal beherrfchend; weiter öftlih ift eine vom Süden einmüns
dende Engſchlucht von den Reften einer römifchen Brüde überfpannt (wol
Ainoworths Tſchakmak Kjöprüffü).
©. 421 unten. Auch Kinneir (S. 288—290) giebt dem Orte Wei—
wode (mie er den Namen verumftaltet, eigentlich iſt es Boja-abad, d. i.
Färbereiort) 2000 Ginwogner, und flldert ald überaus veigend feine Lage,
99 Berichtigungen wnb Zuflge.
zerſtreut gebaut zwiſchen Rofen-, Obft- und MWeingärten von feine Be:
trefflichteit des Ertrags, an der Mündung eines von ©. her zum amt
fluſſe einmändenden lachenden wundervoll grünen ſchmalen MWiefentbald
wiſchen ſentrechten 300 Fuß hohen Pelswänden, dad ganze überragt um
einer an die Ritterburgen Europas erinnernden vielgethürmten Ruta.
©. 422. 3. 3 zugufegen: Öff. Länge von Greenwich 34° 51".
©. 429. Mitte. Das Thal hat abwärts von Bojabad eine darh
fäpntttfie Breite von %—1 engl. Meile; die aus neuen Brei mw
Sandfteinen beftehenden Thalwaͤnde erheben fich bis zu 800 Fuß Hi,
oft ſenkrechte Felſen bildend (Ainsw.). — Statt Tahiran ſchreit Dar
Tonragan; es fiegt nach ihm 5 Gt. von Bojabad.
©. 429. 3.2. u. u.flg. fl. Kara Tepe (I. Roy. Geogr. Sc n
p. 256) [. Kara Dere (Schwarzthaf); fo hat wenigftens Aiadworth Be.
1. p. 92. "
©. 431 oben. Schon dem Reifenden Kinneir (Journ. p. 295) ie
der gaͤnzliche Mangel an Wohnungen in diefem Engthaf des Kyzyl Irml
bei nicht ganz mangelndem Feldbau auf, und er erfuhr, daß die Bam
fi in die unzugaͤnglichſten der umgebenden höheren Zelöfhluchten dt
Wohnſihe zurücgegogen Hatten, um den beftändigen Quälereien und Ar
bereien der Regierungseifboten (Xataren) zu entgehen. Der Wald wırka
Thale ftellenweife fo dit, daß er dem Reifenden fogar den Einfluß It
Gjöt Irmat in den Halys, nod viel mehr jene Schlupfwinkel von Dir
verborgen hatte.
©. 432. 3. 6 v. u. 4 Meine Stunden; bei Ainaw. 9 Mile =!
Stunden, nach Kinneir (S. 296) nit weniger ala 7—8 St. EL
Bergwald bis zum Dorf Sirferaj, dann über offenes Weideland zit
roͤthlichem Erdboden, im Allgemeinen &.D. bis zur Stadt, deren Rama
er falſch Vezir Kapry fhreibt).
©. 432. 3.2 v. u. Lfgeltit, bei Ainsw. Tſchellidſchak.
©. 433. Mitte. Nicht Iftawlar @. i. Stile), fondern Starrei
iſt der Schreibfehler: Aftavoluz 4S. 434. 3. 7 v. u.) bei Coliva a
daſſelbe Wort ſchlecht gefefen (der Anfangsvofal wird im türt. Mpbakt
nicht ausgedrückt, und z zu Ende ift mit dem nur durch einen Punft de
über fid davon unterfheidenden r verwechfelt). Bore nennt den Fink #
lich der Stadt Bideneh Tſchai; 6000 Hänfer bei Cwliya werten ib
wol wie in ähnlichen Fällen (f. oben zu ©. 179) auf den Diftift kit
hen, der nach Kinneir 1813 (Journ. p. 298) nur 56 Dörfer enthielt; die
6St. von Marfiwan entfernte Stadt hat nach ihm 2000 Häufer, 13 Ir
fcheen, 2 öffentliche Bäder, einen Chan und Bazar.
©. 435. 3. 4. u. fl. weniger 1. gut. Auf einer der Hilden
Felsfpigen des Tauſchan Dagh (d. 1. Hafenberges) öſtlich von den de
fhriebenen Wege fol, wie der Reifende fpäter erfuhr, eine Burgmiz
Taufban Kufeh liegen (a. a. ©. IX. ©. 260).
Berichtigaugen und Zufkte. 998
©. 436. 3. 10. Kozadſchak (fe die correcte Schreibart, Dimi-
uutin des Volfönamend Kozak) nach Ainsworth nur etwa 3000 8. engl.
(2800 $. Par.) hoch.
‚S. 436. Mitte. Die Gegend von Afchil-Menzil (fo die richtige
Wortſtellung, d. i. Liebhaber: Station) nennt Aindworih (Res. IL. p. 34)
eine durch Räuber unſichere Eugſchlucht, 6 Stunden von Osmandſchyt;
ebenfo viel brauchte Otter von Hadſchi Kjdi nad DO. über den Bergpaß
Direflü-Bel (d.i. Säufen:Paß, offenbar von den fäufenförmigen Felſen
jo benannt; ebenfo bei Dufeley, Trav. Vol. II. p 497) nad) Baillie Fraſer
(Winter journey to Teheran. London 1838. Vol. I. p 200, ver fehr ent:
ftelt Dreffer:daugh fehreibt) haben die gefährlichen Abgründe dieſes
Paßweges 4—500 Fuß ſentrechte Tiefe.
©. 437 oben. Einzuſchalten iſt hier mod die Straße von Wezir
Kjdprü bis Samjun am Seeſtrande, beſchrieben von Kinneir (1813.
Journ. p. 298—301) und Bors (1837, a. a. O. S. 290, 417). Erſterer
brauchte -5 St. bis zum griehifhen Dorf Gourkhoi (fo fehreibt er, ed
iſt offenbar das oft vorfommende Appellativ Gjaur-Kjdi, d. i. Ungläu—
bigensDorf), 1 St. weiter nah Kankhoi (Kanstjdt, d. i. Blutdorf?
oder Chan⸗kjdi, Herbergsdorf?) dann noch 5 Stunden, immer in unduz
lirendem Terrain, alle Höhen bedeckt mit malerijhen Gruppen von Eichen
und Ulmen, der ſchoöͤnſten Scenerie eines engliſchen Parkes aͤhnlich, dazwi-
fen ungemein fruchtbarer und von der fleißigen (nad) Bore überwiegend
sriehifhen) Bevölkerung gut angebauter kornreicher ſchwarzer Humus⸗
boden. Dann begann Pie Ebene deb Diitrifts und gleihnamigen 2 St.
weiter und nod 8 von Samfun entlegenen Dorfes Konak (S. 299, fiher
Screibfepler für das und fon aus andern Routiers befannte Kawak,
d. i. Pappel, f. oben ©. 183 u. Zuf.); zufammen 21 Stunden; bei Bore
nur 18 St., dazwiſchen 6 Gt. von B. K. das Dorf Karajuffufly, noch
von dieſem bfeibt rechts (jüdlid) eine Ruine, die den wunderlihen Namen
Tſchin oder Matſchin Kaleffi (Chineſenſchloß) führt.
©. 438 unten. Jaubert fagt (a. a. D. ©. 102), die durchaus
hölzernen Häujer ſehen auf Pfählen und find oben von Gallerien umge:
ben, um der ſchaͤdlichen Feuchtigkeit des Erdbodens zu entgehen.
©. 440. Auch beim Merd-Irmak wird die überaus reigende park⸗
artige Scenerie, namentlich der Pracht der Sycomorenwälder gerühmt, welche
ein Ueberfluß von Wild, bejonders Ebern, Zajanen u. a. belebt (Walpole,
the Ansayrii and Travels in the further East. London 1851. II. p. 244).
©. 442. Mitte. ft. Badefee 1. Warmbad: See.
©. 443. Ueber Dſchanik im allgemeinen vgl. oben S. 101. Die
Stadt Bafra fand H. de Hell (Voy. en Turquie. I. p. 355) 1846 in
ſchneller Aufnahme durch das milde, aber energifch auf Sicherheit haftende
Regiment des Paſcha von Dſchanik, der Hier einen prädtigen Pallaſt in
Mitten Erdtunde ZVUL Rır
Le Veriätigungen ut Zuie.
rein orientaliſchen Styl, 3 Moſcheen und ten 20 Pontaizen mm hair
erbauen faflen.
©. 444. Am Rebian Dagh fol fih nad Vihpefifien dar ba
quelle befinden. Die Breite des Fluſſes mit der Schiſſbrüde bei Bein
vergteicht Wettiers (Itin. p. 264) mit der Maas bei Lüttich, er Imuie
4 St. bie Alatſcham, 15 weiter nah Gerzeh, 6 nach Siuede
©. 446. 3. 10. R. Alfa 1. Akfı.
©. 446. Mitte. Kuzufet; correcie Sqchreibart mach Bhheidäm:
Kurzuwat (Körzäbet bat au die ruſſtſche Küſtenterie von Ra
ganari, Kuruvet»Stefeffi unrichtig 9. de Hei), =b iſt Gurpubartttn
der alten Beriplen.
©. 447 oben. Gerzeh nennt $. de Sell (a. a. D. 6.30) in
in zeigenden Gärten gelegenen, eine Menge bühfcher Kaffenhäufer culkahr:
ver Ort von 300 Käufern (worunter 35 chriſtliche).
©. 460. 3. 4 u. 5. bis „verglichen if zu ſtreichen. Ber Mei
hat feinen Namen von dem Rohre (Tſchibut) welches daran wählt; ii
der Pfeife heißt Tſchibuk nur das grade Robefiäd. — Die Gunite
hat übrigens auch Ainsworth (defien Bericht, Ressurdhes. I. p. 138,1,
und ausfüfeliäjer Journ. R. Geogr. Soc. Veh IX. p. 272274, bin ie:
gangen tl), einen wenig abweihenden Bez von Kaledſchit mad Kun
über die Waſſerſchelde vom Halys zum Gangarius gemacht. Diefe ichnt
and hier aus Gypslagern, am vielen Stellen durch plutontjhe Bit
verglaft oder verworfen; auf der hoͤchſten Stelle des Sattels iR cin iakt
Haus, wo um Mittag die aftronomijde Breite zu 40° 1° befkkmmt mu:
nad 6 Stunden wurde das große Turfmanendorf Hajjansghleni
Knabe Haffen) erreicht, und dicht dabei eine große Quelle, derm Mc
nach dem 5 St. entfernten Angora gebt, umgeben von zuhfrehen Br
ſten des Mterthums, Säulen, Gapitellen u. de, doch feine Suite:
wie wir vermuthen dürfen von einem altem Tempel, der dieſe Gteke i
äußerften ö ftlichen Urfprung des der Göttermmiter geheiligten Sarzea
Stromes bezeichnete. Die ganze Umgebung von undulirenden Hügen, hu
Weldeboden den zahlreichen Ziegenheerden Angoras Nahrung giebt, hät,
befteht nad A. aus primärem Gchiefergefteine, durchbrochen um anf wir
Streden umgeftaftet durd zu Tage tretende trachytiſche Maſſen (drim),
deren hoͤchſte Spitze, ſuͤdlich der Strafe, den Namen Göffein Okei
füget, es iſt die oben ©. 461 ans Ewliya md Sauilte u
fügste Höhe mit dem Derwiſcheloſter, welches mach der von Mniwet
Kirſcheht erfundeten Legende (f. oben S. 329, Yinsw. 1. S. 157) ai
der Stelle errichtet jein fol, wohin der beim Stuem auf Ancere fell:
tirtiſche Held feinen eigenen abgehemenen Kopf — wie im der driflihen
Mytgologie der Heil. Diemyfius zu Paris — getragen mad cine Hk
des Berges beigefept haben foll! Ebenſo tritt in dem Cafrlheg m
Angora, der anftegenden, durch das Thal des Tabhana Eu gebe
Bergrigumgen end Zuftge. üb
wen, nur wenig Höheren Berge Chydryllvs (6. Elias oder S. Gedttz)
und zwei kleineren benachbarten Höhen das eruptive Geſtein gu Tage, wo:
gegen es in den runden Kuppen bes Baghlun oder Banfus Dagh
(St. Pauksherg) nördfi der Stadt nur hebend gewirft hat. Soweit
Answortg.
©. 460. 3.8 v. m. Der Name Rawli (fo hat Gamilton in Buch
und Karte) muß fatſch fein, da Fein echttarkifches Wort (und hier ımter
Den Kımhmnmen giebt es mer ſolche) mit r anfangen fann. Etwa verſchrie⸗
ben für Kawunly (Belonenort) oder Kajaly tfelfiger Ort)?
©. 463. Zweites Alinea ımten, f. Adſchuja 1. Inja nach ins.
©. 125, der Yuya ſchreibt. — Zu Miranos fand er Reſte eines Kafteits,
das er für das antite Minizus hielt, das aber nach den Ertfetnungs⸗
angaben der Jutnererien weiter von Ancyta entfernt auf der graben Straße
zum Boopornd, beim heutigen Ajaſch gefucht werben nmB, vgl. ©. 470.
©. 463. 3. 7 v. u. BVielleicht Ala-Kawun, d. i. bunte Melone;
al MR jedenfalls faiſch; der arabifche Artikel (vor einem türkiſchen Wort!)
darf darin nicht gefinht werben.
©. 463. 3.5 v.u. Jightler (alfo Dſchigiler zu fotechen), ſteht
in A Tept Jighes fm der day gehörigen Karte.
©. 465. 8. 11. fl. Kyymyan I. Kyrmyzw.
©..885. 3. 17. Den Ramen Emir tſchai hat Bolotoff in Tſchi—
chatſcheffs Karte aus v. Binde's Routier entnommen.
©. 466. Mitte. Diefed Dſchiger, oder nad dem Tegt auch hier
Dfhigtler, umterfpetvet der Reffende von dem vorhergenannten, im
"MertodefeTäcle gelegenen ald „das obete“ (affo tirtifh jofara).
S. 486. 3. 11 v. u. fl. zwei 1. drei.
©. 488. 3. 10. fl. eine 1. mei Stunden.
©. 468 unten. Diefe Bergleute waren and hier Griechen, wie in
allen Bergwerten Kleinaſtens bis zum oberen Tigris hin.
©. 469. Tabachana, noch vulgärer Tabana, iſt Korruption aus
Debbagtchanch, d. i. Gerberel.
S. 488. 3. 11m.Av.n. ft. Khydvrlytel Chodrvlyz.
©. 489. 3. 8 0.0. ſt. Setil f. Serich (eigentfich saglijeh) ebenfo
©. 46. 3.14.
©. 49. 3.3. 1. Scali.
S. 497—99. Andere nenere Angaben über die Bevoͤlkerung von An-
gora And von Aucher (1834), 7764 Ratholifche Armenier (in 1154 Hau
fern), 288 ſchiematiſche Armenier; dann 1200 griechiſche, 100 jndiſche,
8000 türkifche Hänfer, was eine Geſammtbevdlkerung von etwa 50,000
(30,000 bei Aucher ©. 68 muß Druafrehler fein, da er felbft 5 Seelen
uf dab Hand rechnet) geben wirde. — Nach B. Boujonlat 1837
«(Voy. en Asie Min. I. p. 274) nur 20,000 Türfen, 3000 katholiſche Armie⸗
ner, 700 Griechen, 500 Juden. — Rad Ainsworth 1839 (I. R. Geogr.
Rır2
996 Berichtigungen uud Zufäge.
Soc. IX. 9.278) gab der Kadi 54,000 Gimwohner an, werunie mu
5000 Chriſten, die Chriſten aber rechueten 8000 tuͤrtiſche Familien (die
40,000 Seelen), 4000 Armenier (davon 3200, ie fi) Telbt Futhekit
nennen, der Rationalkirche angehörig, und nur 800 tömifch-fatheliih, du
von ihren Landöleuten ſchismatiſch genannt werden, daher Die Berwarm
in den andern Angaben), 1200 Griechen und 300 Juden, aljo zum
über 45,000 Seelen; doch bemerkt A., daß alle dieſe Schaͤzungen im
die Hälfte zu hoch erfchienen felen. Die Stadt hat nach ihm nicht wenige
ala 84 Moſcheen, 1T—18 Ghans, aber nur 3 Hammams (warme Bide;;
der alte ſchoͤne nod von Aucher bewunderte Bezeſten lag in Ruin ir
aſtronomiſche Länge der Stadt beitimmte Aintworth durd zwei Anja
von Ghronometerbeobachtungen zu 32° 50° D.E. v. Greenwich, die Baar
du 39° 58° 30”,
S. 514, erfter Abjag. 3. 1. ſt. 1000 1. 2000 Bebftüple (im
ne, ©. 403).
, 6.521. 3.1 v.u. Balyk heißt im türfiihen Fifh, Kojuadisı
Schäfer, wodurch freilich die Eompofition des Ortsmamend um wide wr-
Rändlicher wird.
©. 528. Ro. 3. 3. 7. 400 Ghriften, nämlih Armenier, vom
R. ſpricht von einer Meinen, aber alten armenijhen Kirche.
©. 529. 3. 4. Wol 5—6 Stunden zu rechnen; K. jagt 13 Bir
(die erſte Hälfte S.W., dann um die fünlihe Ede des Berges, Lingi dan
Fuß der Weg führt, plöplih RO. und einen teilen Abfall im Zicha
hinab in das Thal eined nah R., dann nah D. fliegenden Bade, a
dem bald darauf das Dorf Coahas (sic), wie weiterhin Das gange Thal
lints gelajien wird. Auh Hammam Aida liegt in demfelben Zi.
Gine halbe Stunde hinter Jazy und noch 14 St. vor Ierma wirt de⸗
Dorf Gidſchak mit Reften ſolider alter Bauwerke paffirt.
©. 529. 3. 9. if „am Sabkariafluſſe“ zu ſtreichen.
©. 531. Das lehte Alinea von Erl. 1 if fo zu ändem: Bau
Ierma verfolgte Kinneir die rechte Tpalfeite des Flüßchens 2 Gt. wei fü
zum Dorfe Mirgon (in welchem Namen vielleiht dad alte Myrifion, oben
©. 530, tet) und durchſchnitt darauf hügeliges Weideland ver Zurtms
menhorden, bis er nad weiteren 2'/ Stunden den Sangarins a:
reichte.
©. 533. 3. 15v.u ſt. Bjöf l. GjöflüsDagh.
©. 535. 3. 16 v. 0. ft. plutonlihen [. aus Trapp und Bajalt be
ſtehenden.
©. 536. 3.9 und 537. 3.6, 11 u. 19. ſt. Masiv 1. Mibli.
©. 538. 3.8 v. u. fl. Anfhut 1. Udſchuk.
©. 539. Die 400 u. 300 Schritt beziehen fi) auf dem Umfanz der
Drtsummauerung.
©. 542. 3. 6. Ura Dagh, vgl. Zuj. zu S. 324.
Berichtigungen und Zufäge. 997
©. 545. Goffumbafa ſcheint aus einem Ramen Kofimbazar entftellt
zu fein.
S. 548. Kjöttät if nicht Name, fondern bedeutet eine Gruppe
mebrerer zufammengehöriger Dörfer.
©. 549. 3. 1 v.u. fl. Denifi 1. Defizi; ebenſo S. 656. 3.8 v. u.
S. 556. 3.2 v. u. fl. Scott Baring 1803 1. Bardanne, Sal:
vatori und Dupre 1807. Das nur zufällig in dem Buche von Scott
Baring mit abgedruckte anonyme kurze Itinerar iſt bis auf Die, wol falſch
angegebene Jahreszahl, völlig identiſch mit dem von Dr. Salvatori, dem
Begleiter des franzöflfchen Befandten nach Teheran, Ange de Bardanne
Gin den Fundgr. d. Orients. Br. 1. Allg. Geogr. Ephem. Bd. 46) publicirien;
hiernach iſt auch S. 564 Anf. zu berichtigen. Gin nen hinzugefommenes
Itinerar über diefelde Straße von B. Boujeufat 1637 (Voy. en Asie Min.
Paris 1840. Völ.1. p. 250—268) giebt auch feine andere Bereicherung als
ein paar ſtatiſtiſche Daten: Geiweh, 4 St. von Alferaj am Gakaria,
bat nady Gardanne 400 Häufer, nach Bonjoufat 1000 Ginwohner; mit
7% (Gard.) oder 6 (Ponj.) Stunden jenfeit des Karakaja Dagh (oben
©. 558, nicht wie Bonj. ſchreibt, Kara-Kiaya, was er richtig aber
albern genug montagne du secreiaire noir überfeßt), folgt Tereffü mit
400 Hänfern (Gard., 500 Käufern nad Fontanier); mit wieder 8 (Bard.)
oder 6 (Ponj.) Stunden Torbalp, auf zwei einander gegemüber Hegenden
Hügeln gelegen mit 500 (Aucher) oder 760 Häufern (Gard. Font.). Bon
hier find 8, 10 oder fogar' 14 Stunden (refp. Auch., Gard., Ponj.) bis
Kidfteber (. i. Mauhwurf, der richtige, ſchon von Ewliya oben ©. 547
angegebene Rame, Kioftebe bei Gard., Kusdebek bei Ponj., aber falfch bei
v. Binde Keffebei), umd wieder 8-9 (Ainsw. und Gard., nach Pouj.
wol irethämlich mır 5) Stunden bis Nalichan mit 300 Häufern, wor:
unter 100 armenifhe (Gard. und Salvat., 500 6. nah Ponj.). Bon hier
rechnet Pouj. 3—4 St. nach Zairfjöl, wol der Ort, den v. Binde (S. 563)
richtiger Tfhairfjdl nennt, dann aber nicht identiih mit Sary⸗
Möi (. i. gelbes Dorf), welches nach Aucher 7 St. von Ralichan und
8 dieffeit Beibazar zwiſchen furdtbar zerriffenen Hügeln von rother Farbe
liegt. Der nur 60 Häufer enthaltende, aber durch Teppichfabritation aus:
gezeichnete Ort Siwribiffar, bei Gardanne und Galvateri 6%, St.
von Rallfan, 7 von Belbagar, ſcheint, da in Mefem ganzen Striche nur
wenige Dörfer exifliren, damit iventifch und der fonft von feinem andern
Reifenden erwähnte Rome auf einem Mißverftäntniffe zu beruhen. Bei⸗
bazar-hat nad) Gard. 1000 (nach Ponj. 800) Häufer und einigen Gel:
denbau; Ajafch aber 600 Hänfer, Baumwollen- und Reiscultur, ſowie
Bergbau auf Kupfer und Gifber. Auf der ganzen zurüdgelegten Gtraße
bemerkte Safvatori überall anſtehendes Steinfalg und falzigen Gefchmad der
meiften Quellen und Bäche.
©. 580. 3. 1. Lefteh. Duprs ſelbſt ſchreibt (falſch) Laptie.
9 Beriätiguugen auı Iuläge-
©. 560. 3.4. R Gjöhl. Gjöls-Bazar.
©. 565. 3.6. Griechen if wel ein Nifverkänduig Rett Nine
nier und bezieht fh nur auf die Gonfefhon ; Ratiomafgriechen mis arme:
nifcher Sprache find undenkbar.
©. 565. 3. 9. 1. 50 griechiſche und 400 tüͤrkiſche Hänfer.
©. 566. 3. 3. ft. Supfhar L Soudfhal: Bunar G. i far
Ducle).
©. 573 (vergl. unten ©. 663). Rah Kinuediz liegt —e— (2
ſchreibt er) am Gangerius, was von allen anderen Angaben alwaiht.
©. 574. 3. 21. fl. gegen Rord fagt Kinadr (S. 38) Süden
aber offenbar irrig, vgl. ©. 628 u. Zuf.
©. 575. Aus Kinneirs Ronte (S. 43 ff.) von Seidi Ghe umh
Die öftliche Ebene if noch zu bemerken, 1%, Gt. von jesem Dete cu Be
gräbnißplag, der Reſte antiker Säulen und amderer Bauſtüche enthielt we
auf eine alte Drtölage deutete, eben folde wieder 4 Gt. weiter um Eis
- eines nach Norden (alſo zum Gangarins) flichenden Bades (me mad ir
übereinftimmenden Diftanzangabe der alten Jtinerarien Trieomia wen Lit:
pert — in der ©. 577, Anm. 6 anzef. Schrift, — nit von Kinzcir,
wie 3. 14 gedrudt iſt, gefuct wur), Dam. mod Ir-3, Gt weite
einem zweiten Sangariugzufluß das große, aus einfödigen Schuhirfen
mit Flachdaͤchern beftehende Dorf Kymak (sic, Keimas bei Zfchäcetiheh);
von bier bis Siwrihiſſar 7 Stunden weit zieht fi ber ag kängk ii
füplichen Zußes einer oͤden felfigen Bergkette.
©. 575. 3. 6. v. u. emtdedt iR nicht Rrang wihtig, da en Ir:
hundert früher ſchon Pocode dafelbft gewefen war.
©. 579. 3. 6. genauer Jazyd ſchy zu ſchreiben.
©. 619. Die füplihere, auf meiner Karie angenommenen Enge um
Midaium wird durch die Diflangen der Tabula Peuting.. auf ver Eins
von Dorylalum nach Peffinus geſichert.
©. 612 unten. Eine Infhrift mit dem Namen der alten Gl
bat zuerſt Stewart (a. a. D. ©. 4) aufgefunden.
©. 614. Rote 971. ſt. überf. 1. Ausgabe.
©. 615 unten. Der vorlapte Gap üb zu Preihen, Dafür einzeidek
tn: PBoujoulat (a. a. D. I ©. 145) giebt die Purfalguelie nah Se
richt ver CEinheimiſchen in 10 Stunden fübliher Entferuung von As
tahia an. Dlivier ſchreibt der Stadt Siutahia 910,000 His
(alfo an 50,000 Bewohner) zu, worunter etwa 1000 armeniſhe ui
100 griechiſche fein fohten; er faud die Geht verhäktuifmäiig meh:
gebaut, durch viele Fontainen mit gutem Waſſer verfehen, reich an Be
ſcheen und großen Kjerwauſerajs; die Umgegend fruchtbar und gut angeha,
die Straßen rings umber gut unterhalten.
©. 616. 3. 12. 1. von Karahiſſar in 5 Sa. nach Heiret ud 164
weiter nach Altyataſch. — 3- 18. fl. &L 17%, ©. (8 Et. nad Rain
Umihngungen an Zulige. a
WAR won da 9%, Gt. zur Brück). — Auch Domingo Badia, genannt
Ylibei el Abaſſi (Voyages. Paris A814 Vol. III p. 312) traf auf. feiner
Rürtveife 1807 deſſelben Weges kommend das tiefe Flußthal mit der Brite
wait 2%, St. fünlih von der Stadt; in derfelben fiel ihm die auch in
der Hanptfapt gemähnlice Bauart der hohen buntangeftrichenen Holghäufer
mit vielen und großen Zenftern und Kjoͤſchken auf; die große Mofchee, in die
igm feine angenommene Muhassmedaner-Rolle Gintritt gewährte, wies fi
durch ine Bauart in zwei durch eine Gäufenreipe getrennten Schiffen und
durch Reſte non Malerei an den Wänden alq ehemalige griechiſche Kirche
aus. Poujoulat erwähnt bei feinem Beſuche im Jahr 1837 (a. a. O.
©. 139) die gewaltigen Thürme und Mauern des mächtigen Felskaftells
Won. dena die Anfiht in Tſchichatſchaff s Reiſewert eine Anfhayung
gemährt) un den Oplumbau in der Mmgegenb, befonberd in Der fruch⸗
bazen Ebene im Rorden der Stadt; diefe hat nach ihm wicht weniger
als 70,000. härtifhe, 2000 armenifche, 1500 griechiſche Bewohner, 30: Mor
Horw, 3 Kirchen, 4 Chane, 6 oͤffentliche Bäner.
©. 620, Mitte. Fellows Duaslu iſt gleich Doghan Arslan,
aber verſchieden won Leakes Doghauly, vgl. unten zu ©. 649.
S. 622. Gin Scpreibfehler ftatt In Ongü ift wol aud das mitten
in herzlichen quellenteichen Waͤldern gelegene Dorf Deasoghlou, das
Alibei (a. 0.0. ©. 314) nördlich vom Kjutapia, nachdem, er zweimal
den. erft weßlich, daun norvöftlich fließenden Purſak überfegt, erreichte, von
wo er noch 5 St. bis Souh out (Sögüp) brauchte, das er ein wohlha⸗
bendes von fhönen Gärten umgebenes Dorf nennt — Boujoufat
(9. ©, 148) der feinen Weg nach Rorden, von Cokiſchehr aus
nahm, erreichte 4 Gt. R.W. von dort am Rande der Ebene, am Austritt
des 1.6. R. von Cstiſchehr in den Purfak fliegenden Sareh⸗ſou
Gard⸗ſu, d. i. gelbes Waſſer, von ihm für ben Bathys der Alten erflärt)
an dan Gehiran Dat türfifce Darfı Ragergami, warin er- das Gor⸗
goni der Kreugfahrer (f. S. 629) wiederfand, das fih mit feinen Grotten
{a den Selöwänben bis zu den danach benannten Flecden Yneusna (sc,
d. i. Zu: Ongü) hinaufgieht. Das 7 Gt. davon eutferute Gugut (sie)
hat nach ihm 100 tuͤrkiſche und 50 griechiſche Häufer und fiegt in einem
wit Rein: und Maufbeergärten angefüllten Thale; auf dem nördlich des
Drtes, fich. exhehenden Plateau ſteht Grtoghrula Grabfapelle mit bleierner
Kuppel und vergolbetem Halbmond darüber.
&. 627 unten. (rl. 5. Der Weg von Kjutahia am Purfal abs
wörte nach Gahifchehr findet fidy wur ganz kurz befeprieben bei Poujoulat
@%D.L 6. 145): 2 Stunden durch Wiefenebene- zur Brüse des Pur
fak, 2. St. durch vaube und ode Berge, dann 1 Gt. in dem hier engen
Thale abwärts bis zum Austritt in die Dorvlaiſche Ebene; nirgends Cul⸗
Age. oder gar Dörfer Cetiſcheht hat nach ihm 200 türfifhe Häufer,
4 Moſcheen, 2 Chans. B
R
1000 Berichtigungen mn Zufäge.
©. 628. Mitte. Vonjoulat (8. 145) giebt freilich Ye Wing
des Purſak nach Berichten der Einheimifhen in 15 ſtündiger wertökiter
Gntfernung von Eskiſchehr, was faum richtig ſein kann, währen cd ai
Kjutahia bezogen eher paſſen würde. — Wine Infchrift mit dem Ram
Dorylaium ift allerdings feitdem von Stewart c. p. 14) gefunden de
nicht publichtt worden.
S. 631. Mitte. Die vorzäglichften Reerfguumgruben befinden ih
nad Ainsworth 8 St. von Eskiſcheht anf der Straße nach Steriktfier m
€. 632. Stewart (p. 14) ſpricht von vielen Juſchriften zu Eat d
Ghazi, die beweifen follen, daß es die Stele des alten Racolea (m
©. 638) einnehmen, nach leidiger Art vieler Englänver hat er fe ar
für fi behalten und nicht einmal mitgetheilt, ob der Name biefer din
Stadt deutlich darin zu fefen fel, fo daß ſich über die Suläffigkeit Krk
Annahme kein fiheres Urtheil fälen läßt; unmöglich wäre fie mict, de fir
Promnefjod nur eine Infrift ſpricht und Dedicationsimfchriften ven ke:
nachbarten Städten auch fonft vorfommen. Der Auffkieg von Eck d
Ghazi führt nach Ainsworth durch Lawen und Bafalt in eine fradtber,
aud wieder mit Wald bededte Kafffleinregton; in Bardaktſchili Ei
Topfmacherdorf), wie Ainsw. fhreibt, mit etwa 100 Häufern fintm is
viele alte Baurefte und byzantinifche Säulen in Häufern und Gräbern m:
mauert. — Die Mofhee, früher Kirche, gehört nah Ehofrem:Baitı
Deſtlich und ſuͤdlich von viefen Ortſchaften feigen die niedrigen nme
Eigen und Fichten beredten Höpen des Emir dagh auf, Hier gegen Eit
die Grenze des Sangariusgebiets bezeichnend. Rod mörplic derfdke.
aber in einem andern nach Oſten und zum oberen Gangarius gerihtin
Thale zwiſchen Tuff und Kavafelfen, die zu einer Menge after Wohnaza
und Grablammern , oft mit ornamentalen Verzierungen befonvers Lies:
geftaften ausgehöplt And, liegt die folgende Gtatien der großen Ghake
- Bajad (vgl. &. 642, Ainsw. Researches. L. p. 61. Journ. Geogr. SocL
p- 492). .
©. 638. 3. 1. Piomifch beventet nichts, Piſchmiſch if aa
getocht, ift alfo ſinnlos, aber Stewart ©. 8 fhreibt wol richtiger Aiſq
miſch Kaleffi, d. i. Aprifofen: Elf.
©. 642. 3. 31.2 v. u. „oder richtiger Kirk In’ iſt zu reiten.
©. 649. Eine Orientirung der von Gtewart angegebenen Dat
keiten iſt nad) feinen, allerdings fehr unbeftimmten Localangaben ren
mir verfucht worden im Memoir zur Karte S. 85 und in der Karte von
Kleinafien in 2 Bl. (1855 bei D. Reimer); die Ortöfagen von Kurth mt
Gombetli waren auch fehon durch Kifchers Recognosrirung ver bank
barten großen Straße (in der Karte von Kleinafien in 6 BL, wo fe Ki
und Kümbet gefchrieben find) befannt.
©. 687. 3.1. fi. Aral. Ama (bei Tſchichetſchef rüßtiger Oma}
©. 659. 8.8. R. nad I. von.
Berichtigungen aud Zuſatze. 1001
©. 69. 3. 14. Kaſa Ejub nah Fiſchers Routier, bei Oltvier
KRazaltand geſchrieben, anf Wrontſchenko's Karte Kyzyl Ejub.
©. 661 zu Ende. 5. Poujoulats Routier 1837 (Voy. en Asie
Minenre. I. p. 158, 159) von Lefleh, das 4000 Bewohner hat (morunter
50 Griechen) nach einer halben Stunde weſtlich über die alte Quaderbrüde
Des Gallus, der hier Gj oͤr Su (Euk Son ſchreibt Ponj. und erffärt richtig”
eau bleue) heißt, an feiner Mündung in den Sangarius, daͤnn denſelben
Fuß 8 Gt. aufwärts nach Jeniſchehr, einer Siadt mit 600 tüͤrtiſchen
umd 40 armenifhen Häufern; 5 St. weiter nah Tymbos auf der Höhe
ver BWafierfgeive zum Thale von Brafla.
©. 665 unten. Unter den 400 Käufern 100 von Griechen bewohnt
(Anew. Res, H. p. 53).
©. 666. 3. 1. ft. Paſchas l. Paſcha.
S. 666 unten. Der Rame Soͤgüd wirt nad Ainsworth hier wie
Säujut ausgeſprochen; die Ueberzahl der Griechen beruht auf ihrer Ger
woohnpeit zu mehreren verwandten Familien zufammen in zweiftödigen Häus
fern zu wohnen, während bei den Türken jede neue Familie ihr eigenes Meines
KHaus bezieht. — Die aus Glimmerſchiefer beftchennen Waldhoöͤhen fünfich
nad Estifchehr zu nennt A. ebenfalle Tomanji Dagb (Dumandfchn,
d. i. Köhfer, eigentlich Räucherer), wie weiter nordwelich Dftvier Cogl.
oben ©. 659) und Riebuhr. Auch Alibei (MI. p. 317) hat 1807 die-
felbe Ronte gemacht, doch ohne Details zu geben; er nennt Bezirkhan einen
aanz griechiſchen, im Maufbeerwald gelegenen Ort.
S. 667. Rote. 3. 1. v. u. fies Vol. 1. p. 26.
©. 668. 3. 14” fl. 7 1. über 2%, Stunden (8 engl. Meilen). Die
irrthumtiche Angabe ver Ränge von 20—30 Miles findet ſich bei Dufeley
Vol. II. p. 511. Eti Smith (Missionary Researches p. 25) fund 1830
im Sabandſcha nur 190 Hänfer, worunter 25 armenifche, 15 griechiſche,
nnd 'große Buͤffelheerden in den Moräften, zu denen der See fi ausdehnt,
trefflid) gedeihent. Die Entfernung von Jotimid beträgt 6 Stunden.
©. 671 unten. „Der fpegielle „Rapport au Gouvernement Tarc” von
Hommaire de Hell findet fi in der 2. Abth. des 1. Bandes. feines
Reifewerted ©. 260-274. Die 40 Metres beziehen fih auf die Höhe der
Waſſerſcheide über der oberften Brüde des ziemlich ſchnell zum Jemidgolf
hinabſtießenden Kires-fu (d.i. Kirſchwaſſer, vgl. S. 668, auch Kilis-ſu
ſcheint damit identiſch und nur irrig auf den öftfichen Abfluß übertragen,
S. de Hell ſchreibt falſch Kiraſou) den Ser [häpt er 25—30 M. (80--90°)
über dem Marmora-Meere; 5 Stunden fang bei 1 St. mittlerer Breite.
Sein Weg führte ihn (a. a. D. S. 255 ff.) von Jamid laͤngs und über
vie Bindungen des Kires-ſu aufwärts über das Meine tuͤrkiſche Dorf -
Rjöffen !idt D. 1. Geborf, fo wol am richtigften geſchrieben, Keffetdi bei
v. Binde, Kuſſel⸗kueil ſchreibt H. de Heil fehr incorrect); dann mit einent
Abſtecher auf Die-fühlichen. Walbberge zu einem "gang von Armeniere
1008 Beckhtiguagen zn Zuflge.
bewohnten Dorie, deflen Ramen er wit einmal ewaͤhnt, Tas eine wune:
volle Ausfigt über die weiten Gpingeh des Sees und bet. Wimmeiike
Geht; und das üppige Wieſen⸗ un? Waldgrüm der Dugwiiden fe ai
beeitenden, Sumpfebene und der fie einfäfiehenden Fähen. gewährtı; Cake
Nußpäyme, Caruben, Wacholder, wildes Wein, werben ala nesheribut
wwähnt. Dann längs ber Höhen, melde am der Rordſeite bie zum Em
ufer herab ſich fenken, zu dem ganz von, Sriecher hemohnten Doriekim
(bei Lihigatihet Lime) tjdi, und 2 St. weiter zun Ofirige
Sers. deſſen Abfiuß fih von. hier unischalb der Giant Hraba jez mm
Sataria ergießt; eine römifhe Bräde von einem. Bagen fükste- kinlte:
nur eine gute Bierkelftunde weiter: folgte eine gushn ans 10 Bagen mer
ven Quaderbaues beftchenbe wohlerhaltene römifche Uyahdfe wen 205 Wan
(820 Fuß) Länge bei 24 Fuß Breite mit fhdnen Bortilen, „Die Auen
wmipalten an beiten Enden, yon der Gall alerdingt ſagt, daß Re ikea
alten Hauptabfluß des Eyes führe (E. 277), wah aber: wol ein Itiag
fein muß; da ungeachtet der Aoweidhung in den Machen die Befduaiung
zu nahe mit der Teziers (S. 675 oben) dou her alien Brüde- über de
trodene Gangarins-Plapbeit überein.
©. 672. Müte. Gardanne nennt Alferei ciaeı Dri van 150 die
fen am Gafarin, 14 ©t. son Jonit, 4 von Gelmch um» wühu, wie fin
Begleiter Salvatori (der- han Namen Azar — wol verfimmeit an I
hiſſat? — ſchreibt), die prachwolle Degetation und dan ſerghaltigen Arkın,
befonders von Baumwolle und Gefam, in Dem übe 30 Däzfen anigelen
den Thalbezirke. Akſar ſchrabt Wrontfhento's Karte.
©. 673. 3.6. Wahamah. Achulich ſchreibt Duſelev (a. a. D. & 511)
Mehennet:Eupri, Dagegen der Amenier Sſheſchlien Hama:
Kjöprä (ob Gowunken a6 Ri. Der ', Weile (omaf) kam
entfepliche Rnüppeldamım zwiſchen der alten map neuen Bräde, wer ah"
beiden Seiten mod weiter fich fortfegt, wird mad. Brafer Cl. cp IM)
NzunzKjöprä, d, i. die lange Brüde, gesaunt.
©, rau fie, mol englifhe Berunfkaliuug von Id,
d. i. der fog. wilde Delbaum (Elseageus).
©. 677 oben. Athiſſar blieb von Kinneirs Route ein naar Gyunden
meftlich liegen. ©
©. 678. Mitte ſt. Itweza 1. Itzewa; ſt. Dugelln, I. Dura —
Zweite. Mlinea. 3. 1. fh nordlicher 1. nordoͤſtlicher.
©. 689. Rote. fl. Göbel l. Goͤdel.
©. 7106. Erl. 2. Ueberſchrift. R- Tſcherches I. Aſchetea. Uicbagmge
fan: hier die dieſelbe Wegſtrecke betreffenden allerdings flädetigeren. Beriife
von Jadfon 1797, Dufelen 1816, Yontamiex 1827 (Voyage a
Oriens, Paris 1829. p. 282—297), Gli Smith 1880. (Mieieuary, Dawn
hen, Vol.dl. p 27 8q,) und Birafer 1837 (m Winter. Jonyagg from Ge-
aantinopla io Teheran, Lem 183% Vol. px ikeriQ), and Dh
Verkkilzungm vun Zuiber. 1008
eimzelge wirptigese Botigen him zut Cuoanxius heizubsingen find, ſowie der
ältefte Bericht von Tavernier, der im Jahre 1631 ya Galaria (dem
er Zacarat ſchaciht) nach Foſia zog; die Ramen der Stationen find bei
ihm mein Rat vorunßaltst: Gancoy flatt Chaadat, Tuskebazar fl.
Wügdfheh, Dany das won Nauen nicht genannte große Dorf Gargueslar
am einem Bech⸗, der ſich durch den Ueberfluß von fcht. feinem, mod mehr
all Zoacllen quikäpten Giſchen ausjeichnet, die von ihrer langen Gchmange
Dan, türifhen. Ramen Burunbaluly, d. i. Raſenfiſch, genamnt werben.
In ds; Ebene von Polia (Boly), welche Stadt damals mod größten«
theils vom, Griechen bewahat war, wird der won Großvezier Kjöprüfd mit
fehs groben Koften (wege der Mangela an Steinen in den finmpfigen
Sard ſchaften) abanie Gtraßendanm mit vielen Brüden erwähnt (nad
Dufeley im 3 1816 ewähnt ige, doch als fehr verfallen); dann folgen
Geers ad ar (Geredeh), Benderlour (Bajandyr), Gargeslar (Tſcherkey),
Garagalar (Rerapfigalar), Coſig at (Rotfäshifier) dis Tocia.
Bir wiederholen num in folgenden hie ©. 106718 nad; den einzelnen
Boutiera verfeigten Pegeßreden und Derilicjfeiten in bequemen überfihtlichen
Bsogvaphifcen Zufammengang, von W. nach D., um die nöthigen Bufäge
daſinder einfhalte zu men: Chaud ak, Hauptort des Diſtritu Mfjazy
im Sandſqhal Ch⸗odawendtjat mad) Hadſqhi Chalfa, Hindat bei Jacſon 12 St.,
mac Gwisy 10 Gi. van Sabaudſcha, worüber Ainsworths ausführlicher
Beni (ſ. oben. ©. 744) zu vergleichan, der ed, wie Eli Smith, ein Dorf
von 200 Häufern nennt, Legt nah Gardauge im dichteſten Buchenwald,
auı deſſen Vuchacacn hier Dei gepreht wird, Die Bewohner find als
bimbelfüctig und raͤuberiſch verzufen (Morier, Jadfon). Iaufeit folgen
Vegräpnigplägen viele Reße alter Bauftüde, Gäulen, Jaſchriftſteinen u. dgt.
finden ( Fraſer a. a. D. ©. 187). Dann 4 Stunden weit fruchtbare
2 ducchfloſen nad Barden zu, vom Milan fu, gau bededt mit faR
wruuhvringliäen au Amerita crinnernden Urwald, nad C. Emith, der
die, Gntfernung His Dügpfde auf 5%, Gt. angiebt, die nach allen anbern
Augovitäten wol Da& doppelte beträgt — 9 (27 Miles) nah Jacſon, 10
mad Onfeley, 11 nach Ker Porter, 12 nach Otter und Ainaworth. Rach
de4 Ießtaen trigomgmehrifher Mefiung erhebt fid der Boly Dagh im Sü-
den der Ebene in einer einzigen über ben Waldgürtel ſich wwheheuben
Gige, die ein alteh, Kaſtell tragen fol (Bas. I. p. 26) mus zu 1490 engl.
(1380 Par.) Yu Höge. — Bon D. mach Boly 12 St., dech mar zu
30 Mich angefihlagen (Dufcey, Wintworth), duich ben Engpaß bes
Baly, Dogh, der no. Fontauler aus weißem ſchwarzflecigem Marmor
mit — reichen Urwald viele Kohlenbrenner ernaͤhrt;
den Untergrund zwifchen den maͤchtigen Cichen und Bucen:
Hana ua — Rur die lege Vegſtunde
1006 Berihrigungen up Zufäge.
vor Bofn in ver Ebene, die nah Kimeir 16 Miles -(5 St.) Ima 5—&
(1%, St.) breit if.
Bolv (das auch Dufelen a. a. D. &. 507 falſchlich für Herrin
polis bielt) bat nad Kinneir 12 Mofceen, aber num ein Batehamt —
das charakteriftifche Merkmal für den Wohlſtand türkiſcher Städte, Tab
Borters umd Ainsworthe Angaben von 5—10,000 Einwohner wei de
glaublich find, als die übertriebene von Kontanier (wenn nicht Dradieka)
von 40—-50,000, worumter er freifih and nur 300 griechiſche Eprikn
mit einer Kirche in einer Borftadt angiebt. Ei Smith rähmt den reiben
Anbau ter Ebene, ver Stadt giebt er 800 durtiſche, der Borkadt mar
40 armenifche Häufer. Bis Geredeh 89 Stunden nad Jacfes mt
Zontanier, 10 nad; Ainswortb und Kinneir, 12 nad Otter, nie,
Smitb, Porter, Oufelen; nad des feßteren Angabe 2 Stunden in ve
Ebene, dann 4 St. Sügelland zu einem Derbend (dad ren Ainerecn
genannte Wachthaus, f. oben S. 718), 1%, St. um Schaban-Ehan,
1 &t. weiter an der Norbfeite der Straße der 7—5 Miles (2%, Et)
lange von vielen Dörfern numgebene Schaban-®jöl (Ra ter fpradime
tige Dufelen den Namen fait flete fehr genau wiebergiebt, gewiß richtiger
als Porters Tſchaga-Gol, oben ©. 715, und Kinneirs Tſchal, wen
den Diftrit an dem See nennt, ver nach ihm 14 Mich — 4 St. wiht
wie S. 712 fiebt, 1%, St. fang if). Zwei ſtarke Stunden weiter m
nod 2 Meine Et. von Geredeh liegt nad) Duf. füdfich der Strafe ter Mei:
nere Ser, ten Otter (oben ©. 707) Karagjöl nennt.
Geredeh (Gerideh bei Gmith, Saredeh bei Onfelen S. 506, =
richtig Gheriza bei Fraſer S. 189) nennt allerdinge noch Iadfen 1797
eine bedeutende obwol nur ans Blodhänfern mit Bretterdächern befteberde
Stadt mit reichen Bazaren und febhafter Fabrikation von Kupfergefbirn
und vorzüglichem Xeder, ebenſo Dufeley 1816 und noch Kontemier 167
ermäbnt bier Zeug: und Maroquin-Fabriken; wogegen ſchon 1830 Cmik
eb nur einen ausſchließlich tärfifhen Marktort von nur 200 Däufen« wer
Frafer 1837 ein bloße Dorf nennt; Aineworths Angabe (S. 718) für
fit) alfo auf den oehörigen Beuirt oder anf eine frühere bfühentere Fer
riode zu beziehen.
Bon Geredeh nah Hammamly 7 St. nah Smith, 8 nad Otter,
Kinneir, Ker Porter, 9 nad) Fontanier und Onfeles. Im Dem zwijhen:
flegenden fihtenbewafteten Bergfattel ein Meiner Ser (Ainewortbe Eh
Bafcht) nach Jacſon, zwei Seen fürlih der Straße gelegen nach Zontasker.
Bajandyr, jept mit 100 Häufern nach Ainsw., ſah noch Kinneir in
feiner Zerflörung ale Reft eines ehemals viel bedeutenderen Ortes, der wre
das benachbarte 1811 zerftörte Hammtamly (vgl. S. 718 und Morirr ©.355,
Duſeley S. 504, Fontanier S. 295) zu Grunde ging in den inneren Krk
gen, durch welche, Me faft unakhängige Macht des Kurfmanenfärften Lfde-
van Oghlu ron Jüzgat (vergl. oben S. 341. 368) gebrochen warte,
Berihtigungen und Zufuhe. -1005
der von Dupre erwähnte Pa mit Wachthaus bei Baindyr (oben ©. 711)
begeicnete den weſtlichſten Grenzpunkt feines @ebiets.
Bon Baindyr nad Tſcherkez 6 St. nach Font. m. Jacſ.; ſchon von
Sammamly an 6 Gt. nach Dufelen (7 nach Dtter und Dupre), halbwegs
ein gefährlicher Engpaß zwiſchen mächtigen Felswaͤnden, durch die ſich das
Slußchen drängt, welches Fontanier ganz terig für den fogenannten Karaſu
von Toſia Hält.
Tſcherkez (iv wol am richtigſten, genau wie der bekannte Bolkaname
aus dem Kaufafus, mit Ouſeley ©. 503 zu fhreiben, doch ſchreiben auch
Ainsw. und Fraſer Cherleſh, Jacſſon ſehr incorrert Serkis) nennen alle
Reiſenden eine huͤbſche faſt auf europaifche Art mit ſoliden Bruchſteinhäu-
fern gebaute, umsmauerte reinliche Stadt in dicht bewohnter, vorzüglich ſchöͤue
Butter und Honig in Ueberfluß erzeugender Thalebene mit prachtvollen
aropen Bäumen, Morier (S. 355) fand auch hier einige antite Säulen
und Infgriftfeine. Drei St. (Duf., Jachſſ, Font.) weiter liegt Kara—
dfchalar (nicht Karadpfchylar wie S. TIL ficht, Karabjoular bei Font.)
nach Jackſon ein Ort vom nicht weniger ald 2000 Einwohnern, im oberiten
Ihale des Haumamly Su oder öͤſtlichen BillänesArmes und noch 3 St.
weiter Kar ad ſchawir an (Aarafuren bei Ouf,, wol Druckfehler für euren)
jenfeit defien bald der Cugpaß erreicht wird, der die Waſſerſchelde zum
Halyagebiet bildet und nach dem 8—9 Gt. entfernten Kodſch Hiſſar am
Dewrisstfhai und weiterhin nach Toſia hinüberführt.
©. 707. 3.1. f.6L_
S. 107. 3. 14 v. u. ft. Chodavendfhar I. — wendfjar.
©. 709 unten. Bei den Ruinen befindet ſich nad Dupre u. Dufeley
eine Brüde über den Bolifu.
. ©. Til unten. Auch Pontanier fa. a. D. ©. 313) hat denſelben
Beg gemacht: von Torbaly mit 12 St. nah Muburly, dad er einen
elenden armſeligen Ort nenat, dann 8 Gt. am Fluß abwärts nach Bol,
wozu Kinneis (freilich bei Nacht) 12 St. brauchte. Reßterer nennt das
überftiegene Gebirge im Süden der Gbene von Boly Abbae Dagh
(8. 369). Porcelsine (3. 4 v. u.) ſteht aflerdinge in Kinneirs Bericht
(S. 271), ift wol aber ein Irrthum flatt Puzzolaue.
©. 713. Vom Alinea 3. 5. ft. fünf [. vier.
S. 713. 3. 11w. 10 v. u. iſt „dad aber nicht genannt if zu ſtrei⸗
hen; ft. „‚einer der vorzüglichften Ströme” 1. der landſchaftlich fhönfte Fluß.
©. 713.3. 4v. u. fl. 14 1. 11 St.
©. 114.3. 13. 8.21.3% St.
©. 714. 3. 17.18. Sarpundſcha (fo nach Kiuneir, richtiger wol
Sapaundſcha, wie der weſtlichere oben befchriebene Ort) iR nad) ihm 12 St.
von Hadſchi Abbas entfernt; von dem daran vorbeifließenden Fluſſe, den
er Aſchar-ſu, mach dem weiter oͤſtlich gelegenen Orte Afchar, nennt,
fagt er, er fließe gegen Ofen (S. 279), allein dies ſcheint ein Irrthum,
1006 Bechftigumgen une Sufäge.
da die Türken Die Wewäffer vielucht nah dem der uriit unit gi
genen Ortfchaften zu benennen plegen, und da Olinpwerth (Aue. Bar.
Geogr. Soc. Vel. IK. P. 251) af der Weife "von Sufeemuieig mh
KReftamuni erfuhr, daß der Aradſch fu (Graf fGreöht er, alfe mit Um
Rellung der Duchſtaben gegen Ninmeir, der in Namen meeift fehr wgwe:
laſſig in) em Zufluß des Piuffee vom Gummamiy (Des Melden) fi:
fo iſt es daher and, wenngleich im Detail fehr zweifelhaft, af wein
Kerten dargefeät. Kinneir it (außer Werusfigexie) ver zinzige eifak,
der durch die bier beſchriebene Route den Gemmamigfiuß Wehe unkrieb
vaſſirt Hat; über dad zwifgeniigende won amepäiher Becheiftung uch
waberührte umd daher auf den Karten mur Hupeihehifäh bangefteiite Oil
zog indeſſen Ainsworth thelld von Saden ber, u Pammmni ib
Bajandyt, theils von der Nordfrite zu Safmemboly chriye Grfumbiguge
ein. Der Fluß fol danach 8 St. unterhalb Hemmmamiy bei dem Drk
Artſcha Hiffar den micht wnbebemenben Zuſtuß Milan aufuchem,
der aub den Gebirgätgälen von Schaphutun mb Dia Finzet, dam
Hauytorte Atbafch (d. 1. Wethtovſ) und Bahlamanı (d. 1. DrW) vb.
4 und 11 St. von der Ortfhaft Min fiegen, bei wuhdper Ickteren &
Heiße Quellen beſtaden follen. Ueber den weiteren Sauf f. S. 140 2. 3el.
©. 714. 8.22. fl. Ifhergena 1. Tſcherg ow a.
©. 117. 3. 7. Mandartd wol wißwerkenen fl. Milan Gr (g.
S. 783).
©. 120. 3.8 v.0. fi. Koſchak (. Kotſchat. Mn Berd(Lp ii
u. 405) erwwäßet hier beim Dorfe Belin Pjdi ein antifts Urabmal ne
Mitar,
©. 720. 3. 16 v. 0. fl. 5 1. 4 Stunden (12 Me).
S. 120. 8.6. v.u. Bord S. 406 ment dies Dorf Milaf. 05
AR engl. Maaß (780 Par. Fuß)
S. 732. 3.9. Richt Alnsmworth, fordern der Perambgeier, me
deften vorläufigen Rotm in Journ. R. Gesgr. Soc. Wol. IK. p. 228; R. tes
Namen Fypsipylae I. dad griechifhe Wort depmads, bach.
S. TUR unten. Nach Bors ©. 216 fol 7 &R. wefeärts von Per
ſchembeh am Filtjas (er ſchtribt ſtets Fahkh Falio d) ein von Tarvvien
noch nicht befuchtes Städtchen Dewret Tiegen, wo viele Arneenter Wohnen.
6. 723. 3. 15 vu. fl. Degirtten, ad (wol dos rühtäge iR, färeibt
a. Dagermanoe.
©. 723 unten. Diefe Ruinen feinen viejefben, welche Bord erwähnt,
deren Rage er aber zu unbeflimmt wad veicberforechend angtebt: rimmal
4 St. weftlich vom Faliodflaſfe A) md 1'St. W. vom Tfharfärmieh
(&. 407), denn wieder 1 Gt, nördlich von Werfhenbeh (@. 26), ai
einem Pügel mitten {m Thale, mit in Felſen gehauenen Treppen eb cum
Grade mit griechtſchet Infchriſt, offenbar eimer alten Befeſtigung augebörreb:
durchans irrig glaubte er hier Claudiopolis mi finden.
Beririgengen und Buffer. 1007
©. 79. 3.7. R.16uM I. 210.36 Bub; 3.8. fl. 120 Bub
Ausdehnung I. über 60 Fuß Höhe (fo Ainsw. I. p. 49, 9. Geogr. Soc.
Vol. ML. p. 231).
S. 724. 3. 13. ſt. Saferdſchi 1. Dſchaferdſchi.
S. 724 unten. Bors (I. p. 221. 408) nennt den Bauſtyl der Mauern
der Akropolis pelasgiſch oder cyelopiſch, d. h. ans großen unregel⸗
mäßigen Steinen beftchend; der Hügel, auf dem die Stadt liegt, dacht ſich
weſnich fanft zur Mfte ab, während der Nord: und Rordoft:Rand fleil ins
Decı abfaut.
©. 7126 unten. Zwiſchen Kyzyl Elma und der Bartan-Mündung liegt
ma Nanganaris Kuſtenkarte der Ort Büzetvfihe Hiffar (fhönes,
vielleicht wichtiger Kyzyl dſcha, d. i. röfpfiches Schloß), den Bord ©. 221
ein genueftſches Schtoß neunt; auch der armenifche Kuͤſtenbeſchreiber Vſheſch⸗
rian uenut es und dabei dad Vorgebirge Tſchiniz (Dfchenewtzt) Burnu.
S. de Hell (A. p. 329) ſah dieſe Steilküſte im Vorüberſchiffen aus ganz
vertitafen, ungemein regelmäßigen Bafaltfänfen dis zu 200 Fuß Höhe ger
Hot, oben mit Teichem Waldwuchs bedeift, unten von der Meeresbrandung
sahfreihe Grotten darin ausgewaſchen.
©. 127. Rad 5. de Hell (I. p. 330) und Bors (I. p. 224) MR der
Bartin (mie beide fehreiben) nur das 3 (bei Bors wol irrig 6) Stunden
Kmac Sſheſchtian 10 ltien) iinge Städ von der Mündung bis zum
gleichnamigen Orte fehiffbar; den wafferreichften Fluß der Hüfte von Bob:
porud an {alfd fetbſt den Sangarins übertreffend) nennt ihn Hell.
©. 727. 8. 12 v.n. fl. Seite des Kodfchanas l. Seite, der R.—
Andw. giebt ihm flatt des gemöntichen Su oder Tſchal die tuͤrtiſche Be⸗
gekhmmmg Irmak, die eigentlich nur groͤßern ſchtſbaren Strömen autom,
offenbar vorgen ſeiner großen Baffermaffe.
©. 726. Rach Bors S. 224 Hat Bartan 500 Hänfer, davon 50
qeiſtliche, und egportirt nach Eonfmtinopel Bauholz, Obft und Hanf.
©. 729. Mitte. Für 2000 Fuß giebt Mine. 1966 engl. d.i. 1850
Bar. Zub.
©. 7129 unten. Der dem Diſtrikt und dem daraus kommenden Zu:
fluß des Ordeiri den Namen gebende Fleden Olos Liegt nach Bord &. 247
fettwärte des Weges im höheren Gebirge.
&. 730. Durtſauly, iventifh mit Douradani in Bord's Route
S. 283), wonach ©. 133 3. 15 gm ſtreichen.
©. 134. 3. 130.0. KuransKjdi überfept A. Königsdorf,
dann mrähte es als Korruption amd dem den flawiſchen Sprachen emtiehnten
Werte Kyral (Rraf) angefehen werden, das aber hier im Mfien ſchwerlich
in Grbraud HR.
S. 73.8. 10 v. n. fl. Serd I. Serb (Jomrn. R. Geogr. Soc. IX.
p. 240).
©. 741. Erl. 5. Wenig abweichend von Aineworths Moute iſt die
1008 Bevlchtigungen ud Zuſtbe.
nur ungenügend beſchtiebene von Bore (S. 261 ff.), von Iflawi eime halle
Tagereiſe weit über Die Godfläde mit den Dörfern Afrenfjöi um Ji:
Kadi (sie), dann durch fichtenbedectes Hochgebirge (96 Ugun- bera!)
nah Görün, wo ein eigenthümlicher Reft des Alterthums, |. ob. S. 41
4 St. füplih von hier in den Bergen, hörte er, Tiege eine bebemiat
Ruine, Haſſar-Kaleh genannt (S. 414).
©. 7412. Mitte. ft. Dadafi I. Dadapi.
©. 740. Der vereinigte Strom des Bajandyr (Gammemis)
Aradſch- und Soghanfvn:luffes, für den ein neuer allgemeiner Rame
bis jept eben jo wenig befannt üft, ald der alte Name, fließt nad Aink
worth& Nachrichten (J. Geogr. Soc. IX. p. 242) weitlih vom Zafazanbeis
durch eine Engfpalte am Fuß der Sarkyunsjailafig und vereinigt fh mit
dem Hauptärm des Billäus, dem Fluß von Boly angeblich 20 Staunen
von Zafaranboly, eine von A. bezweifelte Angabe, die nur richtig fein lana,
wenn Das zwiſchenliegende unerforichte Bergland dem geraten Wege auper:
ordentliche Hinderniffe entgegenftellt.
©. 745. 3. 11 v. 0. Yfnanly jchreibt der Herausgeber von Ans
worths Noten in J. Geogr. Soc. IX. p. 220. Der See liegt nad Som:
maire de Hell 6 St. N.N. W. von Uskup.
©. 746. Neuerbinge (1846 Juli) if Hommaire de Hell wm
der Küfte aus in Uskup gewefen (Voyage en Turquie. Paris 1855. T.L
p. 319), deſſen Lage er an Schönheit mit feiner antiken Rivalin Bra
wetteifernd nennt. Die Akropole liegt auf einem Borfprung der närbfüdhen
Berge, deſſen fanfte drei Abfälle nah S., D. und W. die alte Stadt be
deckte und fo die gange Ebene beherrſchte. Mer Umfang ver alten, jchr
zerflörten, nirgend mehr über 12 Fuß hohen Mauer beträgt mad ie
2135 Schritt, dad Innere iſt gang erfüllt mit Bruchſtücken antifer Kur,
bejonders vielen Säulen vom jehr Meinem Maaße; das bebemtendfr Ge
bäude iſt das genau nad) Güren gerichtete Theater mit 15 zum The
erhaftenen Sipreipen (nicht Amphitheater wie Bors S. 202 fagt, ir
jogar Die Groͤße der Arena! zu 300 x 180 Fuß angiebt) die als bee
mer Steinbrud für Das jept nur 150 Häufer enthaltende, Tabafahen mt
Holgfeplag treibende Städten dient.
©. 747 unten. Aktfche Schehr (vgl. oben ©. 679) hat jenm
Namen offenbar von dem aus weißen Kafkfeljen wie bei Affajafjöi (6. 745)
beftehenden Vorgebirge, auf dem nah Hommaire de Heli cin dids
viereckiger Thurn, von denen im Dreieck eine Mauer zu zwei hoͤber zele
genen Thürmen fi hinaufzieht, alles byzantinifher Bauart, ins Meer kin
ausragt. Deſtlicher die Tihumaly (9. ſchreibt Tchowfale) Jskeleſſi
d. i. Sadhafen, mit vielen Kaufläden und Kaffees und großen Bantel:
lagern für die türfifdpe Flotte; im Thale aber landein bernachbur das
aus 300 Häufern beftebende Dorf Keremeden.
©. 748. 3. 12. Athiſſar it Gorruption, fen meuer Name. —
Berkäeigungen und Zuſaͤtze. 1009
UL -Raja Kjdi ſcheint bei Bors S. 207 verdorben in Varaqlu, wie er
ein Dorf zwiſchen Aktfchefchehr und Halably nennt.
©. 749 unten. Alaply treibt nah H. de Hell (S. 324, Anapli
ſchreibt er unrichtig) bedeutenden Handel mit Baupolz.
©. 7164. Mitte. Doch if er an der Mündung zu Zeiten fo breit,
daß dieſelbe von H. de Hell (S.324) für einen ausgedehnten auf den
Karten fehlenden See, über den eine Brüde führt, gehalten werden konnte.
©. 764. 3. 8. ſt. zu l. wet.
©. 765. 3. 17. Harakly iſt correste Ausfprache; man hört aber
nur Gregli, auch umgefeßt Elegri oder Eregri (fo Jaubert).
©: 65. 3. 9. Tab ana kommt hier nit von taban, d. i. Sohle,
fondern ift, wie in andern Fällen (3. B. bei Angora, oben S. 469) Cor⸗
ruption der Ausſprache aus Tabahana ( Debbagh⸗chaneh), d. i. Gerberei.
©. 767. 6. de Hell, der die Grotte im Cap Baba (oder Tſchilli,
wie er es S. 325 nennt) gleichfalls befuchte, fand aufer den Nijchen und
behauenen Pfeilern eine Menge Reſte alter Sculpturen in der vorderen
Abtheilung, aus der ein verticaled Loch in die innere Kammer führt, aber
nichts zu fehen von dem in Marmor verwandelten fchlafenden Riebespaar
von dem die Legende der Türken fpricht, und dad feine Entſtehung wol
einer Tropfleinbildung verdankt. Der Name Baba kommt nach Bfpefekian
von einem türkifhen Heiligengrabe, zu dem gewallfagttet wird.
©. 767 unten. Als wichtige Ausfuhrartitel von Gregli außer Baus
holz nennt Hell Holzkohle, deren Hier ſeht viel bereltet wird, Bors Flachs,
Nüſſe und Kaſtanien.
©. 768. Auf das aherufifche Vorgebirge folgt in den beiden antiken
Periplen des Pontus das Fluͤßchen Oginas, weldes feinen Namen Ok,
feine bewahrt, nad Bſheſchtian und der Manganarifhen Küftenfarte;
Teftere giebt weiter öftlih das Fläßchen und Dorf Zungulvait an,
offenbar daſſelbe, welches bei Hommaire de Hell (Voyage en Turguie,
1855. T. I. p. 328) corrupt Longourda geſchrieben iſt. Er erreichte es
(15. Juli 1846) von Gregli aus zur See und beſuchte es befonders wegen
der um oder vor 1834 hier entdeckten, doch erft feit 1841 vorzugämelfe
duch Slaven, mit 1500 Arbeitern und 3—400 Fuhrleuten benupten
Steintoplengruben, die fi bis 2 Stunden weit fandeinwärts ziehen
und bereitd angefangen haben, an dieſem früger äden Ort einigen Wohl⸗
Rand zu verbreiten; zumal aud das anliegende Küſtenthälchen wohls.
bewäflerten Aderboden gewährt. Diejer Hafen hieß nad) den Periplen im
Alterthum Sandarafa, ein Name, den R. Rochette (Mem, de Ninstitut.
1848. XVII. 2. p. 295) geneigt iſt, als Beftätigung der auch fonft an dieſen
Küften nachgewieſen phoͤniciſchen Gofonifation anzufehen.
©. 160. 3. 6 v. u. l. Tſchakras.
©. 770. Mitte. 400 Häufer ſagt Bors; H. de Hell fand die Bes
Ritter Erdkunde xviu. if
1010 Berichtigungen and Bufkye
vollerung fehr ungaſtlich; ihr ganzer Grwerb beſteht in Werferigung von
Holgwaaren.
©. 771. Mitte. Den großen Ziegelbau (154 Schritt fang, 54 breit
nad) Bſheſchtian) glaubte Bors (a. a. ©. ©. 232. 409) für die Re
alter Thermen halten zu dürfen; Daneben fand er eine Tenwelruine ans
weißem Marmor; eine andere (mit der im Corp. Inser. Gr. Ne. 4132 4-
geprudten Inferift) am weitlichen Abhange des Berges worauf Die Gin
fiegt, unterhalb defielben die bis 60 Fuß Höhe anfeigende, mit Trümmern
von Baufhmud bededten Gipreipen eines 250 Fuß breiten Theaters
und eine Reihe von koloſſalen, 30 Fuß breiten tief in den Berg hindes
gehenden Gewölben aus mächtigen Quadern (19 noch zugänglich, die übri
gen verfbüttet) auf denen eine Terrafie ruht, die einen wundervollen Lchen
blid des Hafens und der Umgegend gewäßrt, daher er an eine Nadpahmung
der hängenden Gärten Babylons durch die Herriderin aus verkihem
Stamme dachte. Gegen die Landſeite zu bilden mächtige Gramitbidde dr
Grund der Ummauerung. B
©. 172 oben. Das erwägnte Monument feht Bors 2 Stunden son
Bartin, alfo auf halbem Wege; es liegt hoch über dem Thale von Amaris,
von wo der Aufitieg (nah $. de Hell, der es gleichfalls befuchte) fer
beſchwerlich ift; in den benachbarten Infchrifttafeln, die Ainsworth unleier
lich fand, entzifferte er die Worte: AMASTRIS und SALVATORI
(a. 0.9.1. ©. 229. 408).
S. 713. Zwiſchen Erl. 2 und 3 gehört die Darſtelung der Riem
entwidelung zwiſchen Amaftris und Sinope, eine allerdings wenig cwftivirke,
auch im Älterthum feine Punfte von großem hiſtoriſchem Zwtereffe, die
fich den größeren Seeftäpten Heratlea, Amafrid und Ginspe an die Seu
ſtellen ließen, darbietende Landſchaft, die jedoch dur ihren unerfeärf
lichen Reichthum an trefflichem Bauholz and; jept, zumal bei Der Näe da
Reihspauptitadt, Wichtigkeit genug befipt, um hier nicht ganz übergengen
werden zu dürfen.
Die Beſchaffenheit der Hüfte, welche nach H. de Hell (Yoy. en Turgeia
Vol. I. p. 333) der entgegenfiegenden Sudküſte der Arym ähnlich), dem
-Borüberfaprenden faft durchaus hohe Berge zeigt, deren unterer Thel
Dicht bewaldet iſt, worüber ſich die nadten Kaffwände erheben, erſchwert
jede Verbindung aud zu Lande und befchränkt den Verkehr zwiſchen den
einzelnen ausmündenden furgen Thälern auf den Geeweg; nur auf Die
nächften Streden bei Amaffera und Sinope haben ſich daher tie Beabade
‚ tungen einzelner Reifenden au von der Landſeite erfiredt; für die üprb
gen Küftenpfäge find wir außer den Kartenaufnahmen Tattbout de Mas
rigny's und Manganart’s, auf bie Mittheilungen ber beiden Reifenden
beſchraͤnkt, welche den Uferſttich von Hafen zu Hafen beſchifft Haben: des
Armeniers Bſheſchkian 1817 (in feiner armeniſch gefchriebenen Befchreis
bung des Schwarzen Meeres) und des Franzoſen Hemmaire De Sell
Berläfigangen uns Juſtze. 1011
1849. €. Bere (Relation. Vol. 1. p. 238, 245, 412) fuhr im 3. 1837
von Amaflera zu Boot nach dem 3 Stunden entfernten Tſchakaraz (oder
wie Bſheſchklan und Manganari fhreiben Tſchakras) -Kjöi, wo fih
dieleriet antife Arhitefturs und Seulpturreſte von Marmor, Saͤulenbruch-
Rüde u. dgl. fanden, die wol einem antiten Tempel angehört Haben mögen.
Dean das alte Erythini, worauf er fie bezieht (wenigſtens kennt Steph.
Byz. eine Ortfdaft diefes Namens, während in der äfteften Erwähnung
ver Itlas I. 855; vergl. Apollon. Rhod. Arg. II. 942 und in den Per
tiplen der Name nur eine Felsſpihe bezeichnet), lag nach der Entfernungs⸗
gabe von 60 Stadien, wie ſchon Bſheſchtian bemerkt, etwas öftlicher bet
dem heutigen Delifli Schili, einer durch die Mündung eines Flüßchens
gebildeten ſchlechten Rhede. Weiterhin auf den fleilen Felswänden des
Ufers, 5 Stunden von Amafiera, 2 vom folgenden Ort, fah hier Bore
(Ehne daß er den Ramen des Orts bemerkt) gigantifche Mauerreſte von
alten Wachtthaͤrnen. An der Mündung des Bftlich folgenden reich anges
bauten Thales liegt Das Dorf und Hübfehe Paſcha-Tſchiftlit Teke-önü
©. 1. KioftersSeite, fo richtig bei Bſheſchtian, Teklol-ojunu bei Mang.,
Teukany bei Bors S. 239), nach der übereinfinmenden Diſtanz von
130 Stadien öftih von Amaſtris, mit Recht von. Bſheſchkian nnd Bore
für das alte Cromna, gleichfalls emen fhon von Homer erwähnten Ort,
der ſpater zum Gebiet von Amaftris gehörte, gehalten, irrig für Cytorus
von Rottier® (Itindraire de Tiflis & Constantinople. Bruxelles 1828.
8299), der hier in der Mofchee viel afte Bruchſtücke von Sänfen und
andern Baureſten bemerte.
Erf weiter SRH 90 Stadien nach den Alten, 18 Millien nach dem
Uirmenler, 3 Stunden nach Bors (S. 241, 412), 3, geographiſche Meis
ben nach den Küftenkarten, folgt die alte zum ſinopiſchen @ebiet gehörige
Geichenkadt Cytorus, die in der hentigen Ausſprache Kidros (Kitroz
bet Bſheſchtian) ihren Namen fait unverändert erhalten hat. Schon Tas
vernier (Voyages. Pt. I. lirt. 3. chap. 6) nannte Quitros einen bergums
gebenen. ttefen ganz gefchäpten Hafen mit engem Gingang, vor den Fels⸗
Mippen liegen, hinter dem ſich ein aus den hohen Bergen tm Süden reich
bewaͤſfertes Thal ausdehnt; der Ort war noch voll antiker Bauftüde, obs
gleich viele davon, namentlich Säulen, fortwährend nad Conſtantinopel
aebgeführt wurden. Die Angaben über die Lage beftätigen die Reueren,
Jaubert (Voy. en Perse. p. 402) und Bſheſchkian, zu deren Zeit noch
Werfte für die türfifche Marine hier beftanden und ftarfe Ausfuhr von
Bauhotz. Dies hat nad Bors’s neuerem Zeugniß jetzt aufgehört durch
die allzu verſchwenderiſche Ausnutzung der benachbarten Wälder; er fand
unter ben miedern Gebüſche, das die Nähe des Hafens bedeckt, noch die
Neſte der aften Mmfaflungemaner und die Belienwände des Thals zu alten
Grabtanmern ausgehöpft; am Ufer nur wenige Hütten, das zugehörige
Dorf aber eine Stunde Sandeinwärts entfernt. — Deſtlich von diefent Ort
&ii2
1012 Berichtigungen und Zufäge.
ſcheint das Safsdereffi (Räftentarte und Bfpefhfian) bedeutender zu fein
und weit aus dem inneren Rande herabzufommen, da fein Ylüßchen —
Tſchida Tſchai nennt e8 Hommaire de Hell (a. a. D. ©. 334), der es
vom Kepeh Dagh (Kapu D., d. i. Chorberg der Küſtenkarte) au
ſpringen fäßt, zum Holzflößen gebraucht wird. Es folgt das Borgebirge
Karaghatſch (nah Hei, einen gleichnamigen Bach giebt die Küfenlarte
an) dann ver Landungepfag mit Werft Aidos Isteleffi (6. de HH)
an der Mündung eines breiten wohlangebauten Thals, benannt emimerer
vom griechiſchen derös „Adler oder ald Gorruption des alten Aegialss,
wie die Ilias und die Periplen einen Ort in diefer Gegend nennen.
Auch die folgende alte Schifferſtation Timolaium bei Marien, Thy⸗
mena bei Arrian gefhrieben, if unverkennbar in dem heutigen Timteh
(fe auf Manganart’s Karte) corrupt Kümle Jstelefü bei Hommatre de He
6. 336, der wol irrig daneben noch Thimen« ald noch exiſtirend angieht
und von ſtarker Ausfuhr von Baupolz nach Conſtantinopel fpricht. — Da
benachbarte, von den Alten wegen feiner Stürme gefürdhtete und wegen der
Beugung, die hier vie Küftenlinie macht, irrig für die noͤrdlich ſte wei
vorforingente Spihze Kleinafiend gehaltenen Borgebirge Garambis (vgl
©. 787 unten), nad) jepiger Audfprahe Kerembeh, fand Heil (6.338)
‚ In feiner Uferwand faum 100 Buß hech, auch fonft durch feine auffaleade
Bildung ausgezeichnet; doch bildet ed einen Scheivepunft in der Gonfiges
ration der Küfe, die flatt der ſtellen weſtlichen Abfälle von hier au alle
mäblig flacher wird, fo daß die höheren Berge nach Ofen immer mehr ia
den Hintergrund zurücktreten. M. Wagner (Beife nach Perfien 1852.
Xh.L ©. 151) hörte den Ramen Gelembeh fpreien und bie, de
doch ſelbſt unglaubliche, Crzaͤhlung von einem vor chwa 20 Jahrea
durdy ein Grobeben erfolgten Cinkurz des früher viel höher gemefenen
Berges. Das nächte Meine Thal gegen Ofen hat eine Gfaia vom
60 Häufen Fakaz⸗Jskeleſſt CH. de He), Calliſtratia oder
Marfilla der alten Periplen, dam folgt Ratran sder Kariani
IJsteleſſi (das alte Zephyrium) und Barpana (dad alte Garium)
in einem ſchoͤnen breiten Thale. Me aber übertrifft an Guftur umb
Zebhaftigkeit das an der Mündung des nächſten, größeren und längeren
Thales gelegene Ineboli, der einzige Ort diefer Küfte zwiſchen Amafias
und Sinope, der noch jept den Namen einer Stabt verdient, und in Iciter
Zeit durh Aufnahme in die Dampfbootlinie noch mehr gewonnen haben
wird; denn noch 1846 fand H. de Hell (a. a. O. ©. 339) dem Ort fo
wenig befucht, daß man fich noch der vor 40 Jahr erfolgten Darchteiſe
eines Franzofen (opne Zweifel Jauberts, f. oben ©. 788) erinnerte; er
überzeugte ſich von dem flarfen Betrieb des Bretter: mad Baupolshanbeik,
fand Bazar und zahlreiche Caffes wol in Orduung, an Autiken einen fürds
nen Marmorfried und in der Brüde einige griechiſche und lateiniſcht In⸗
feriften. Die lehte Zäplung hatte 124 türlifhe und 163 deilige Gäxfer
Berichtigungen and Zufäge. 1013
«(wonad; man auf etwa 1500 Einwohner ſchließen fann) ergeben. Weiter
gegen Often wird nad) demfelben Beobachter S. 342 die Kuͤſte wieder bers
iger, um ſich erft gegen Iſtifan Hin wieder zu fenfen; die kurzen daraus
abfließenden Gewäfler haben mehr den Charakter von @ießbähen mit
reißenden Gefällen und lagern viel Kies an ihren Mündungen ab. Zu
Ai Antoni (vgl. 6.787, Mitte, wo Ajandan Drudfehler für die türfifche
Romendform Ajandun if) fand der Reifende ein paar byzantiniſche Baus
reſte mitten unter coloſſalen Platanen und Lorbeerbäumen, lehtere bis zu
30 Zuß Umfang; Rottierd (a. a. O. S. 278) der 1818 hierher kam,
fand den Ort von 500 Familien bewohnt, die von der Bearbeitung des
zum Eciffbau trefflich geeigneten Eichenhotzes Tebten; derſelbe bemerfte
Gib. p. 275) an dem mitten zwiſchen Ajandun und Sinope, 2 Stunden
von jerem gelegenen Akliman (d. 1. weißer Hafen, am alten Harmene),
antite Molen von chrlopifher Arbeit und Landungötreppen in-den weißen
Felfen ausgehauen, aber feine Riederlaſſung, Die auch jet nicht exiſtirt
(f. S. 786 unten, wo 8. 1 v. u. Pach ios ft. Pafchios zu feien if).
©. 789. Auch 9. de Hell 1846 (I. p. 346) giebt 4500 Ginwohner
am, darunter Y, Ehriften. Bontanier Dagegen im Jahr 1830 (deuxieme
Voyage en Anatolie 1834. p. 65) noch 15,000 Ginwohner, wovon Grie⸗
hen; er rühmt die breiten, gut gepflafterten und reinfich gehaltenen Straßen,
tm Drient eine feltene Erſcheinung. Rad Hell war fie die Reſidenz eines
Kaimalan, unter dem 11 Difrifte (Kazas) ſtehen und führte jährlich aus
circa 2000 Colli (zu je 60 Dta — 1Y, Gtr.) Leinwand von Kaſtamuni,
300 an Ziegenhaaren, 300 an Salep und Safran, 100 an Belbbeeren.
©. 793 oben. Bei der Duelle auf dem Boztepe war früher nach
Bſheſchtian ein türkifches Kloſter oder Tekleh (Hell fand es gänzlich vers
fallen) mit dem Grabmal eined muhammeanifhen Helligen, des Seid
Silal (mol Battal? f. oben &. 461).
©. 788, 789. Samfan if eine etwas ſtarke Entſtellung des alten
Namens, begänftigt durch ein gleichlautendes türfifches Wort, das Dogge
bebentet.
©. 800 ff. Rottiers (Itin. de Tilis, p. 250) fand 1818 Samſun
mit 400 Häufern eben wieder im Entfiehen nad) ber wenige Jahre zuvor
erfolgten Serftörung durch den Pafcha von Iysgat, Tſchapau Oghlu, im
Kriege mit Tahyr Paſcha von Dſchanik. Ainsworth (Res, IL p. 31)
fäpte 1838 die Benöfferung mit Einfluß von Kadifjdi auf T—8000,
Hommaire de Hell (Voy. en Turquie. I. p. 358) giebt wol irrig nur
109 (fol heißen 1000) türkifche, 200 armeniſche Häufer an und. nennt die
Stadt Höchft elend, verfallen und fhmupig, darin ganz im Widerſpruche
mit Walpole (the Ansayries and travels in the further East. Lond. 1851.
Vol. II. p. 243), der 1850 die neu (wol nach einem Brande) angelegten
großen Borfläbte, namentlich die von Gpriften bewohnte, zwar von Fach⸗
wert aber ſeht veinlic und freundlich gebaut fund. Gr berichtet gleihfols
1014 Berkptigungen und Bufäge.
über die Rırinen von Gsli-Gamfun, d. i. Amifus, die 5. de Hell
. nicht, wie Hamilton für die Akrgpole, fonbern für die gefammte alte Ein
bielt, da der Mauerumfang nach feiner Mefjung volle 15,000 Fuß being;
er nennt die Dertlihkeit Kali Burnu, vieleicht alfo Kalech, d.i. Shi
Borgebirge, nach den Ruinen, und nicht, wie Hamilton und w. Molke u
geben, Sajaly, d:i. felfig (über Die Handelöbmwegung des Hafens ngl. def
©. 359-361). Der fehr vorzügliche Tabak, der auf dem leichten Gügd
boden der Umgegend gewonnen und in großer Maſſe (feit kurzem and meh
Branfreid) exnortirt wird, koſtet hier in befer Qualität 26 Piafer da
Batınan zu 6 Dfen (16 Pfund, alfo das Pfund etwa 2”, Sp). Da
‘geroinnreichften Handelszweig für die Regierung, die daraus ein Mugel
gemacht hat, bildet die fehr bedeutende Ausfuhr von Blwtegeln, cm
4000 Dken (11,000 Pfund) jägrlich, für deren Yang in Der Umgegeas Im
Fiſchern 80 Piafter pro Dfe (1%, Thlr. pro Pfo.) bezahlt wird, mb ie
in einem großen (hlammgefüllten Behälter in der Nähe bes Hafs g
fammelt werben.
©. 812. Bitte. Platana, 100 türfifhe und 100 griedifige Hixfe
tiebt 1846 Hommaire de Hell an (I. p 377).
©. 815 oben. ſt. Judſchir ſchreibt KH. de Geil a. a O. Jadje⸗
liman, d. i. ſchualer Hafen; er fand die Bucht von einem Dliechen
umgeben (vgl. ©. 813 unten, geitun Burn).
©. 816 unten. Auch Fallmerayer (Bragm. a. d. Orient. 6.20
fand im Kerafun Dere keine Ruinen und fogar den Boden Käzfigen Uss
ſchwemmungen ausgefegt, mithin für Anfledelungen ungänflig, daher cr a
der Rage der alten Stadt an biefer Stelle zweifelt, indem der Rame m
fo weniger beweife, ald er in der einheimiſchen Sprache leicht auf werfgie
dene Rocalitäten angewendet werden konnte.
©. 817 oben, 819 Mitte. Biopoli iR eine Verümmelung der zn
Plinius mit dem Beifag sine Sumins erwähnten Liviopotis.
©. 820. Mitte. Elevi ſchteibt H- de Hel (L. p. 376) und num
es ein Dorf von 30 Häufern und großem Konak (Landfig) des Agpe
©. 821. Mitte. Machom Kinneir (doum. p. 331) farb 1813 m
Zireboli 400. Häufer, 2 fhöngebaute Chane, einen ſoliden aus Gteim mad
altgenueſiſchet Art mit kuͤnſtlichen Gitterfenftern gebauten Konak und due
ſeht alte griechiſche Kirche; die Häufer lagen gerfirent durch Chile
und Bergabhänge. Hommaire de Hell 1846 (Voyage em Turgeie
p- 374) giebt 600 Häufer an, worunter '/, von Griechen h
deren Frauen hier von auferordentliher Schönheit und eben
Ger Scheu vor Fremden find. Unter den Früchten zeichneten
vorzüglihften Drangen und Granoten im Ueberfuß aus. Au der Hin
dung führt der Fluß von Tireboli nach Wanganari's Küftenkerte web
Bſheſchtian aud den Namen Epaltawila (Garkavala ſchteibt H. de sch,
Voy. en Turg. 1..p. 375), Ainneit (p. 332) neunt ipn Hier mx Tet ebeli⸗
*
Berichtigungen und Zufäge. 1015
Su und erwäpnt ebenfalls als in dem Engpafle, durch den er fih ins
Meer ergießt, 1Y, Stunden von der Küſte gelegen, die Zeile Bedrama
(sie) und die Geſchichte ven der gegen den Paſcha rebellirenden Burgfrau,
Die Bergkette im Süden, deren Name er Sitö-Dagh ſchreibt, fah er
noch im Juni fehneebededt.
©. 824. Mitte. Ardeſt bei M. Wagner (a. a. O. S. 172), Artaſo,
gegenüber auf der Thalwand eine Schloßruine, welche den Genueſen zuges
ſchrieben wird,
©. 825. 3. 6. Jaubert fagt, der Ertrag fel früher 30,000 Piaſter
monatlich, zw feiner Zeit nur Y, fo hoch gewefen.
S. 825. Alinea 3. 5. Koraſch Dagh iſt nicht die Hauptfette,
die Kinneit (S. 345) vielmehr Koat (fl. Kolat) D. nennt, fondern eine
ſadlic· Rebenkette, wie auch Die Karte zeigt.
6, 827. 3. 9. fl. Atdje 1. Atofhe. 8. 10. fi. keinen 1. einen.
3.11. ſt. Küften 1. Kiftemäpfel, ft. Bumbut . Pambuk. (Mitte).
Eine abweichende Bevölterungsangabe, die Smith gleichfalls erhielt, lautet
auf 1400 tuͤrkiſche, 500 griechiſche und 70 armenifhe Häufer.
©. 829. Weg von Gümiſchchana zum oberen Tſchorukh⸗Thal nad
Kinaeit (1813, Travels. 9. 350): 1, —2 Stunden in den Obftgärten des
Charſchut · Thales, überragt von -öden zerriffenen Belöwänden, dann in
gängliger Dede ohne Baummwucs 1%, St. thalauf zum Dorfe Peka,
2°, St. weiter zum Dorfe Buskela, nördlich überragt von einer alten
Shqhlohruine auf ungeheuren Felswaͤnden, 27/, Gt. weiter zu ben Quellen
ver Charſchut und über die platenuartige Paßhoͤhe mit üppigem Graswuchs,
hinab in die Hechebene des Tſchorukhgebietes, 2 St. zum Dorf Buburdy,
1% St. nah Balath ot (Palagor, oben ©. 86), 5&t. nah Baiburt.
M. Bagner (Reife nad Perſien 1852. TH. 1. ©. 191) mennt das erſte
Dorf 2'/, Stunden von Gümiſchchana, Deköi (Kinneird Pela, in den
ruſſiſchen Karten von 1829 Tekieh, d. i. Klofter) und fah dabei
Mineralquellen dem Granitboden entftrömen, die durd Ablagerung von
Kafttaff eine Menge von regelmäßigen Gewölben, von etwa 10 F. Breite
und 20 $. Höhe gebildet hatten. Die Ruinen nannte man ihm Genie
(wei richtiger Dfegenewig) Kaleh, als angebliches Genueſenſchloß, bie
Felſen auf denen fie liegen (nad Hamilton I. S. 170 bi 1500 Fuß über
dem Thale Hoch), welche drohend mit fürdhterlihen Baden und Nadeln den
engen Thalweg überhängen, beftchen aus Kalk und Thonfchiefer, gehoben
umd verworfen durch Porphyr, der am Fuße zu Tage tritt; aͤhnlich if die
Sormation nördlich von Gumiſchchana (a. a. D. ©. 173).
©. 894. Mitte. Den Ramen Aranitis führt Fallmerayer aus einer
handſchriftlichen Chronik des Panaretos an; Kinneir (S. 329) erwähnt auf
der auch für große Schiffe wegen der Tiefe und Sicherheit des Waſſers
leicht zugänglichen Juſel eine Duelle vortrefflichen Waſſers.
©. 836. 3. 2. ‚ob and Mithras gehört an den Schluß Des voran ⸗
1016 Berichtigungen und Zufäge.
gehenden Sapes. Der folgende Sap iſt ſehr zu modificiren: Der Eiuiglie
Berfonenname Pharnakes geht allerdings auf den Gottednamen zurkl,
der der Stadt aber mur auf den Königsnamen, da um ja grrak
Kerafus als der ältere Stadtname, Pharnakia aber mur ald derbe
ſpaͤtern königlichen Epoche bekannt iſt.
©. 837 unten. Die Ernte der Stadt und Umgegend an Hafel:
nüffen, dem Hauptausfuhrartifel, [häpt er auf 1000 Gentner. Die ie
gabe aus den mittefafterfichen. Eteuerregiftern bezicht fich, wie im frühe
angeführten Angaben aus Ewliya (6. 179, 433) auf die ganze Provinz,
nicht auf die Stadt allein; 750 Häufer giebt dieſet auch H. de Heli
dl. p. 372), die Höhe des Halbinfelberges, auf dem die Stadt fiegt, be
trage 360 Fuß. Das Geftein derfelben nennt er vulkaniſch (Griufern m
Xrapp fagt Ainneir).” Rah Rottiers (Itneraire de Tifis & Consumß-
nople. p. 232) erportirt man außerdem auch Bein und Weidfelrähre p
Zabaköpfeifen, die in der Umgegend in vorzüglicher Qualität wachen. —
Die Hohe Bergfpipe Tſhal Dagh, 7 St. füblich von Kircfum (und af
ber Küftenfarte fo angegeben), dient nad) Kinneir (6. 330) den tif
als Landmarke.
©. 838 unten. Vulandſchyt Hat nach ©. de Heil etwa 100 His.
©. 839 oben. Das Mündungsthal des Baydar (richtiger Baga)
ö &u, der hier feine bedeutende Waffermafle in 5 Arme theitt, ii mah
Kinnelr (S. 326) von Griechen bewohnt, die vortrefflicken Land: mb
Obftbau betreiben und in hölzernen thurmartigen Gebaͤuden (erinnern m
die Wohnungen der alten Moffunöten, vergl. 6. 840) wohnen. Ber
dieſem 31% St. und 2 von dem in 2 je 50 Schritt breite Wetten geifelfen
Melanthius entfernt fam er über einen Meinen Fluß, am deften Ike
Reisbau, den er Serindi, die Küͤſtenkarte Turna-Suj u (d. 1. Arne
wafler) nennt.
©. 840. Rottiers (a. a. D. ©. 234) behauptet die Reke des ein
Kotyora: zwei gewaltige Molen und an deren Spitzen kolsſſale Tare
mit in Feld gehauenen Treppen auf der Uferhöhe, darüber Reſte coricc
fer Säufen und anderer Bauftüce, in einer Bucht, die er Razrlimen
(Ragenhafen) nennt, die aber unter diefem Namen in den übrigen Küßen
beſchreibungen und Karten nicht vorfommt, zwiſchen den Kaps Ajo Bar
ſili (unfern Kirefun) und Bostipei (das foll heißen Bozstepe „gramr
Hügel‘ wie die Küftenkarte den Berg über Ordu nennt) — alfe wel web
SfLIH von Ordu gefunden zu haben. — Ordu ſelbſt fand H. de Hell
(l. p. 371) 1846 im Auguft wegen der herrfchenden Fieberluft ganz ven
laſſen; es follte für gewöhnlich von 300 tüͤrkiſchen, 200 griedztfcen ut
80 armenifhen Familien bewohnt fein. Kinneir (©. 324) namate
nur ein großes Fiſcherdorf, meift von Griechen bewohnt, einem prodptvoien
Menſchenſchlag, deren Frauen fi) namentlich durch eben fo große Sie
heit als Furchtſamkeit auszeichneten (vgl. zu &. 821); er glaubt bei Dryn
— — —
Berihtigungen und Zufäpe. 1917
ſelbſt (S. 321) Ruinenhaufen, namentlich aud einen großen gewölbten
Bau bemerkt zu haben.
©. 842. Mitte. Choriat iſt das neugriechiſche zuguirns, d. 1. Bauer.
©. 844. Fatſa nannte Kinneir 1813 eine elende Kaflaba (d. i.
Marktfleden) mit großem Chan und Konak des Agha, es hat ſich ſeitden
nicht gehoben, da auch $. de Helf(l. p. 369) 1846 hier außer ein paar
griechiichen nur 25 von Türken bewohnte Häufer fand.
©. 844. alinea. Raja Kalch (. 1. Felfenfhloß). ſchreiben H. de
He und die Manganarifhe Küftenkarte.
. ©. 845. Erftes Aline. Immergrüne Eichen, Lorbeer, Stechpalmen
nennt Kinneir (S. 320) als vorherrfhend in denfelben dichten Wald zwi⸗
fen Ünich und Fatſa.
©. 847. Ünieh: 3000 Häufer, davon 1000 griechiſch giebt 1846.
6. de Hell (. p. 368) an; Hanfbau und Seilerei erwähnt als Haupt
erwerbzweig für die Ausfuhr Rottiers (a. a. O. S. 246). — Die Kirche
H. Rikolaos Tiegt auf dem im N.W. der Stadt vorfpringenden Gap;
deffen türfifcher Name (auf der Küftenfarte) Taſchchana Burnu, d. i.
Steinhaus⸗Naſe, eben davon herrühren mag.
©. 847 unten. H. de Hell fagt, daß die alte Burg nach der früher
hier anfäßigen Derebey⸗Familie Tſchale Oghlu genannt werde; in der
Rähe befinde fi am Felſen auf der Ccke eined reichverzierten Giebels eine
Apdferfenlotur, die er wegen dieſes Gegenftandes für römifch hält (fe
Bönnte leicht älteren Urfprung haben, vergl. über den Adler in aflatifhen
Dentmälern oben ©. 395 ff., und verdiente daher wol eine genanere Un⸗
terſuchung)·
©. 849. 8. 1 v. u. fl. 36 Pfand 1. 6 Ota (16%, Pfund), die
perfifgen Batmans find fehr verfchiedenartige Gewichtsmaaße.
©. 850. 3. 1 v. 0. iſt oder zu freien.
©. 884. 3. 15. fl. Platanen (mas türifh Cawak heißen wärde)
1. KürbissPlag (mie auch Köfer, Monatöber. d. Berk. Gef. f. Erpt.
1844. ©. 57, die.Bedeutung richtig anpiebt).
©. 899 u. 904. Rach Dr. Blau's Mittheilung iſt Choſchogh lan
vielmehr der Rame der erſten nur 2 Stunden von Trapezunt anf der gro⸗
fen Straße entfernten Karawanenftation und nur trrigämfich auf die ans
grengenden Berge übertragen, alfo beinahe identiſch mit ontanierd & ever
fſchiari (6. 903), und mit dem armenifchen Dörfen Zephonos,
1% Stunden von der Stadt,” wo Teufe (Pensees et notes critiques etc,
Paris 1842. T. II. p. 556) die außerorbentiche Schönheit der Frauen
auffiel.
©. 904. Tſchebislit ſchreibt auch M. Wagner (Reife nach Ber:
flen. Th. J. ©. 164) für Ort und Fluß; er nennt das Geſtein der Berge
feiten Thonſchiefer, unregelmäßig verworfen und durchſeht durch den am
duße zu Tage tretenden Porphär, aus dem eine große Menge kalter Mi:
1018 Berigtigungen und Buföge.
mealauellen hervorſyrudela; eine ſolche, die eine Marke Luffinruein
abfepte, bemerkte er im MatfhfarXhale (vgl. 905 m. 910).
©. 99, 3. 2. ſt. Kalabat I. Kulapat.
©. 910. Zigana, bei M. Wagaer (a. a.D. 6. 167. 172) Schau
+ gerieben ; den nördlich davon abfließenden Bach nennt er Kiokera 6u
das Geitehn iſt fehr Harter weißer Kalt, Thon⸗ und Kiejelfchiefer, gehen
und durchbrochen durch oft in Melaphyr übergehenden Iradyt.
©. 911. 3. 12. Zravponmyınmd novaarigım werken in Ya ge:
chiſchen Kirche mit ehrendem Titel diejenigen Aldfter genannt, die nigt
unser einen Biſchof, fondern nur direkt unter dem Patriargen chen
©. 915. Mitte. Arumi, diefelben, die S. 960 nah Biari ub
fändigerer Angabe Kurumlu genannt werden.
©. 918.3. 7v.w. Ajan Dagh, nah D. Blau wird Ir Ram
Ujanne geſorochen.
©. 957. 3. 1. iſt entweder Amafra over Amaffera zu Frida
Nachtrag von im obigen auegelaſſenen Zufägen.
©. 100. Kinmeir fand den Melitſch⸗Ir ma k (Melicherne sorry li
Hm geſchrieben) durch eine 60 Schritt lange Brüde übervedt; dem Nike
(bei tm Webyda) menut er den erften Maren über Kieſel zwiſchen uam
Aigen Wieſen dahlurollenden Bach, der dem won Weiten die Küße varb
genden Beifenben begegnet. — Terme nennt er mur ein Def von u
DI8 90 Hänfern; Hommalre de Gel (Voy. en Targ. I. p. 365) mei
gleichfalls Die Schönheit der Obfts und Laubwälder, aber auch di ink
Wweitung des Fluſſes in von coloſſalem Schilf erfüllte Eümpfe, weide da
Drt zu einem der ungefundeften der ganzen Küfte machen.
©. 208. Der Beiname des öftlicgen Karahiſſat lautet nah 4 Bun
Gefähiger Mitteilung, der fprachfundige Türken ausbrädlid dehnya fe
frage: Schebin, welches Wort tm oftürtiichen ſoviel wie ſch du heran
fol und mit dem Schabbchana nichts zu thun hat; ud det gu
Zudſchidſchean unterfheidet Dies von dem Beinamen der Gtadt, den ml
geringer Mbweihung Schabin fihreibt, welches ich irrthamilich für da
Genitiv von Schab (daher mit dumpfem { ober h, welches die alt
GSqhrift nicht immer anddrüdt) gehalten Hatte.
©. 288. 3. 1v.u. ſt. 1814 L 1813.
6. 285 oben. Iharfhembeh, 9. de Hell 1846 (a..D.6.3M)
beftätigt vielmehr Kiuneirs Angabe über das Verhältnig der armemiideame
griechiſchen Bevöfferung (refp. 200 u. 100 Häufer,“ die die Borfladt aufs
Betfeite des Fluſſes bilden) zur türtiſchen in der eigentlichen auf ie &b
fette gelegenen Stadt mit 1200 Häufern. Diefe fand er aud nah Dim
Bafhas Tode och hoͤcht blahend unter feinem Sohne Hadfdi (uf
Weil, wie es (reiht) Ahmed Paſcha, — der Zamilienuume if Chuy
Ellitung ver Aupfertaftla. 1019
nadarsOghlu, — der freilich aur dem weſtlichtn Theil des vaerlichen
Gebietes, das eigentliche Dſchanik bis zum Halys hin, geerbt und Trayes
zunt an einen anderen Paſcha hatte abtreten muffen. — Wie zu Termeh
bersfägten auch hier wegen des fagnirenden Waſſers häufige Fieber.
3. 18—19 iſt fo umzufegen: Gufeimans, eines Derebejs im Dſchauil.
©. 294. 3. 13 v. u. fl. Steinſalzfels 1. bloß Felſen, und 8. 18
iR von Steinfalz zu reihen.
©. 399. 3. 13 v. u. ft. 283 Schritt l. Yards (mm 860 engl. oder
8003. %.). In der Stadt fand Ainsworth 5 Moſcheen und 300 Hdnfen
“ ©. 427, 429, 431 IR nach der zu ©. 428 angegebenen Berichtigung
ach im Golumnentitel Karatepe in Kara Dere zu ändern.
Zu ven Kupfertafeln.
Da die oben ©. 384—396 gegebene Befchreibung der älteen erhal⸗
tenen Denkmaͤler Cappadociens ohne bildliche Beigabe nicht wol verſtändlich
fein würde, fo erſchien es zwedmäßig und für ſehr wuͤnſchenswerthe weitere
Forderung förderlich, die ans dem feiner Koffpieligfeit wegen nur in wer
nigen Bibliothelen zu findenden Texierſchen Prachtwerke (pl. 72 u. 75-78)
reducirten Wobißdungen von Tafel’. u. II. hier beizufügen, ſowie Die übri ⸗
‚gen in den Ländern dieffeit des Euphrat gerftreuten, jenen zunädk
verwandten Werke ältefter aſſyriſcher Kumft, auf welche fich mehrfache
Erlanterungen in den folgenden Bänden ber Erdkunde gurdelbezichen wer⸗
den, auf Tafel III. zufammenzuftellen. Beigefügt find denfelden zur leich ⸗
"teren Bergleihung und als einziger fiherer Anhalt zur Grfkärung,
einige in Haltung und Attributen äahnliche Figuren, in Münziypen
amd babyloniſchen Cylindern erhalten. Diefen hätten ſich leicht aus
Rayards großem Werke über bie aſſyriſchen Alterthümer (Monumente f
Nineveh, Socond Series, 1853 erſchienen, nachdem unfere Tafeln bereits
geſtochen waren) einzelne aͤhnliche Momumente nordaffgrifhen Urs
fprungs beifügen laſſen, doch wird, zumal da bei dem großen Intereffe,
welches die aſſvriſchen Forſchungen jegt ‘in Auſpruch nehmen, Kaya
Werte weiter verbreitet, auch zum Theil bereits in beutfchen Ueberfepungen
Sugänglicher geworden find; eine einfache Verweifung darauf genägen.
Die Vergleichung des roheren Kunftftyls dieſer Bilpwerte, vorzägkidh
der von Jazylyfaja, mit dem jegt bekannt gewordenen der Blüthezeit affe
riſcher Kunft, vom 8. bis 6. Jahrhundert und der Mangel ber in den
befannten aſſhriſchen, babyloniſchen und perfifhen Monumenten nie fehlen:
den Juſchtiften fheint ginreiend anf ein. ſehr hohes Miter Hingabenten,
ficher noch anf ein früheres als das 7. Jahrhundert; welches die zur Beur⸗
theilung der von Texier während feiner Reife eingefandten Zeichnungen von
ner Parifer Akademie eingefehte Gommiffion (die damals noch zwiſchen
aſſytiſchem oder phoͤniciſ che m Urferung ſchwankte) als Mininum glaubte
10280 Erklarung ber Kupfertafeln.
anehmen zu dürfen (Journal des Savants. 1835. p. 375). If ſchon des
derch jede von Hafe, Hamilton u. A. verfuchte Beziehung auf foätere
Befhigttige Ereigniffe abgefihnitten, fo verbietet ſich überhaupt jet
Hiftorifirende Erffärungeweife noch diel entſchiedener burch bie eigemthäms
lichen Attribute der Figuren, welche großentheild genau übereinfktmmend in
aſſyriſch⸗ babyloniſchen Göttergeftalten wiederfehren und nur eine mythos
logiſche Auffaflung des ganzen dargeftellten Vorgauges möglich machen.
Dpne in einen mit den -jegt vorhandenen Mitteln immer nod allza
wißtigen Deutungsverfud der einzelnen Figuren eingehen zu wollen ua»
indem wir und begnügen, bier einzelne zum Verſtaͤndniß dienende
fiterariffpe Radmweifungen gufammenzußeflen, dürfen wir ums jebeh
voltommen den Anfihten der franzöffgen Forſcher Raoul Ro:
Hette*) und Felix Lajard**), fowie des Engländers Layarı““)
anfchliegen,, die einftimmig in den Mittelfiguren des großen Gauptfeldes
(Xaf. 1. oben, Ro. 5) zwei Hauptgötter der affyrifhen Religion, Die
Wepräfentanten des befruchtenden männlichen und des gebärenden weiblichen
Prince, Herkules oder Sandon, und Aphrodite oder Mylitta
(Sayard glaubt fie noch genauer ald die von Diodor genannte afjyrifge
Gera bezeichnen zu müflen) anerkennen. Die Stellung auf dem Rüden
bes Löwen, ber ald Symbol der Erde in den femitifhen Religionen Kleis⸗
Wfiens (befanntlid Attribut der phrygiſchen Erdmutter Kybele) eine ebenfe
bedeutende Mole ſpielt, als in denen Afiyriens und Babhlons, fdreikt
Nacrobius (Saturn. 1.23) ausvrüdtich der Mylitta, Lucian (de dem Syra 31)
der gleichbedeutenden, aud; unter dem Namen Derketo und Aſtarte zu
‚Hieropofis in Syrien verehrten Göttin zu; ebenfo finden wir Aſtarte auf
dem Löwen ſtehend als Stadtgottheit derfelben Hlerapolis, von Damasens
mad Berytus auf den griechiſchen Münzen biefer Gtäbte (Lajard. Le
» 126) und in einer, unferm cappadociſchen Bildwerk aͤußerſt ätmlichen
Haltung, nur flatt der Blume einen Ring haftend und mit einem zwer
ebenſo geftalteten, aber etwas anderen verzieren Kopfihumd auf eimen
neuerding® dur; Layard befannt gewordenen Felſenrelief zu Malthaja bei
Moſul (Nineveh etc. Vol. II. p. 212); endlich ift, wie Layard mit großer
Dahrſcheialichteit annimmt, die in Werten der fpäteren aͤghptiſchen Kun
erfheinende auf einem Lowen fichende ägyptifhe Venus oder Ken
(vergt. Abbildungen bel Layard 1. c. und bei Lajard, Cult de Venus, pL.
XIV. F.) in der Zeit enger Verbindung ägyptifcher und aſſyriſcher Könige ⸗
dynaſtien aus Borberafien herübergenommen.
®) Nemoire sur P’lercule phönicien et assyrien eic. in Mem. de l’Tastitut
1848. Vol. XVII. vorzügl. p. 180, Note. _®*) Surle Calte de Vene
en Orient et en Occident. Paris 1837—1849, befonder& p. 119 M.:
Memoire sur le Taureau et le Lion cofsideres comme attributs ca-
racteristiques de Venus. ®**) Austen Henry Layard, Ninerch
and its remains, Vol. Il, p. 456.
Grffänag ver Kupfertafele. 1001
Die der Göttin gegemüberftehente männliche Hauptfigur ſteht zwar
in Texiers Zeichnung, die wir getreu wiedergegeben haben, auf zwei gebewgien:
Männergeftalten; es mag aber fraglich erfcheinen, ob diefelben auf dem
Felſen wirklich in derfelben Beſtimmtheit zu erkennen find, da Hamilton
anftatt derfelben vielmehr nur eine und zwar eine Thierfigur von uns
beftimmbarer Art -(a nondescript animal) gefehen zu haben meint. Je⸗
denfalls aber iſt Hier und bei den beiden Hinter der Hauptfigur folgenden
Männergeftalten, wo der Stein zu fehr gelitten Hat, um eine deutliche
Darftellung zu erlauben, nit an die auf der anderen Geite unverkennbare
Xöwenfigur zu denfen, wie fie doch aud) dem männlichen Begleiter der weib⸗
lichen Hauptfigur zum Fußgeſtell gegeben iſt. Dies iſt bekanutlich eine
Darftellung, die im aſſyriſchen Cultus dem Gotte zukam, der das auf die
empfangende Grde influirende Princiy, die Reben zeugende Kraft der
Sonne repräfentirte, und am häufigen von den Griechen als orienta ⸗
liſcher Herafles, mit einheimiſchem Namen aber in Afiyrien und Babylon
wie in Gilicien und Lydien did Sandon oder Sarndan bejeidnet wird*).
Diefer Gott, mit Köcher und Pfeilen, den Symbolen der Sonnenftrahlen
und den Schlangenring, das Symbol des dadurch erweckten Lebens (vgl.
Lajard a. a. O. S. 35ff. oder wie R. Rochette a. a. O. ©. 185 meint, den
Kreislauf der Zeit bedeutend) in der Hand haltend und gewöhnlich auf dem
Loͤwen ftehend, erſcheint daher auf zahlreichen Heineren Kunſtdenkmalen des
Drients, namentlih häufig in gefchnittenen Steinen, fogenannten babylos
nifhen Eylindern**) und in den Münztypen vorderaflatifcher Städte, die
auch in der Periode griechiſcher Herrſchaft und Guftur jene uralten ans
Aſſyrien überfommenen Gultusformen beibehaften hatten, namentlich zu
Zarfus in Cilicien, wo der Rame Sandon in Sage und Gultus am
dauerndften haftete, aber auch bis nad) Lydien hin***); fonft, foviel uns bie
jest bekannt, nur in einer zuerft von Rouet entdedten, doch ſtark vers
flümmelten afigrifchen Felſenſtulptur bei Bavian im Gebirge nördlich von
*) Bgl. außer der ange Abh. von Raoul Roch ette und Movers,
Rigtond. Phönicler, befonders Ottfr. Müllers Sandon und Sars
danapaf, Rhein. Ruf. 1829. und feine Schriften II. S. 100.
**) Zwei derfelben find zur —ã— auf unferer Tafel III, die
Darftellung links aus der Bonomifhen Sammlung, jeft im britifchen
Rufen, die zur rechten aus dem Berliner Mufeum, beide bei Rajard
Di I. No. 12 u. 11; R. Rodette a. a. D. pl. IV. Ro. 16.
" und 188, mit der zweiten fait völlig — ein Cylinder
von Rineveh in Laverde Monuments, Second series. pl. 69. No. 44.
Bgl. die aus Originalen und Paften des Berliner Mufeums ent⸗
nommenen Typen auf umferer Taf. IL Philadelphia bei Mionnet
Deser. IV. No. 558; R. Roch. I c. pl. IV. 8, für Tarfus f. Binder,
Beiträge 1. ©. 187, 13. X. VL. 5: Duc de’Luynes, Nam. des Sa-
trapies. VII. 8. Lajard a. a. D. — 9 und die angef. Abh. v.
D. Müller; auch einen dem tarſiſchen Müngtypus — — eigen
Eylinder aus Nineveh bei Rayard Sec. Ser. pl. 69.
1083 Etlirung der Rupfertafkfn.
Mofnl, in der ſreilich mach der von Lavard mitgeiheiften Zeidhunng
(Monumente, sceond series. pl. 51) die ſchlaukgebauten Thiere, anf weihen
fewohl der Gott, ald der ihm gegemäberfichente ihn verehtende König
(Ganperib nad Lavards Leſung der Keilinfchrift) chen, wenn fie anders
richtig wiedergegeben find, Loͤwen laum entfernt ähnlich fehen*).
Ein unterjeivendes Attribut, weichen auf oberaſiatiſchem Boden, ia
Afigeien, Babylon, Perfien bis jept nirgend aufgefunden zu fein“") und
Daher überhaupt nicht vorgafonsmen ſcheint, zeigen num diefe im Abrigen fo
völlig übereinftimmenden Göttergeftalten auf dem Boden Alciaafiens: Tab
Doppelbeil, welches im Gürtel oder in der Hand fewohl der Tar⸗
ſiſcht Sandon, nad; Belhreibungen und Münzen, wie der Huwptgett der
Kurier, der fogenaunte lariſche Zeus Stratios oder Rabrandeus *"*), midt
weniger aber ach die eutſprechenden weiblichen Gottheiten führten, wie vie
Ieiegextiche Gottheit (dinge der Grichen) von Komana, die Amen
Bönigin mb die wiederum mit Heratles (d. t. dem orientaliſchen Gotte
*) Einen auf dem Röwen ſtehenden aſſyrifchen Gonnengott Adad im
@ult von Hierapolis am Euphrat tennt aud; Macrob. Saturn. 123,
daneben erwähnt er cap. 17 aus demelben Cult eine andere Form
des Sonnengotted, die er ohne Angabe des einheimijchen Ramenk
mır als bärtigen Apollo bezeichnet und ihm als Attribut eine
in der Hand erhobene Blume zuichreibt; danach koͤnnte mam geneigt
fein, eine Barftelung diefes Guitusbilees auf dem in —S ——
Tupprat (nicht wie auf der Tafel Fept in Hierapolis) Reid,
dem einzigen Mn Art, weldes aus dem oberen Syrien befauzt
ggonen it, zu finden, das Badger in feinem wenig verbreiteten Bude
Nestoriens and their Rituals Vol. I. p. 352 nt gemacht bat,
und von dem wir deshalb auf Taf. Ul. eine Copie geben. AB
Gottheit ſcheint die Kur wenigtend durch dad Larüber ange
brachte, auch in ven Bilrwerfen von Tavia auf dem Kopfe_einer
Seſtatt, Taf. 1. 4, erſcheinende und in der a —
Taf. I. 8m. 10, (von Layard Nineveh II. S. 449 mit Recht als
emblem of the deity bezeichnet) enthaltene Fluͤgelſymbol bezeichmet zu
fein. Die in diefem lem vegelmäßig erſcheinende. aber auch ein
kin 32. in der Hand der Figur Taf. II. 10 und Hinter der weib⸗
lichen Hauptfigur, Taf. L 5, wiederkehrende Alramns oder Man:
dragorenmwurzel, der wegen ihrer menfchenäbwlichen Geſtalt im
Aberglauben der verſchiedenſten Völter geheime Zeugung ermedinde
Kräfte Angeförieben werben, bezieht fid) ebenfalls auf den das Ger
flahtateben repräjentirenden Gharafter der dargeitellten Gottheiten.
**) Denn nicht die von Rawlinſon J. R. Geogr. Soc. IX. p. 31 be
Ahrtebene Felaſtulycur bei Sun ine ajtyrifchsmediichen @Grenggebir;
eine Ausnahme macht. _***) Haupteultus in Labranda (Rame
jeleitet von lebrys, d.i. Beil) bei Mylafa, auf deiien Wünzen jene
ttergeſtalt, von der wir den am häufigiten vorfummenden Typus
auf Taf. UL. beifügen, oͤfters auch, gerade wie ber affyrifge Her
vale® (Sandon) oder wie Der phrygiſche männlige Mo: (Ra
oder Kunus) us Ring und Stenhienfrang erſcheint Lochette
“aD. ©. 185).
Gellarung der Kupſertafeln. 1098
dieſes Namens) in Beziehung gefepte lydiſche Omphale*). Dieſe eigens
Männliche Waffe wird, wo fie in Hiforifchem Gebrauch erfdeint, von
den Griechen ausſchließlich den ſkyt hiſche n Wanderflimmen zugeſchrieben;
noch im Heere des Terzes erfheinen die Saken oder Shythen damit bes
waffnet, ja fie ſcheint fi) Bis auf die Neuzeit bei den Gchirgäftämmen von
Mazenvderan in Gebrauch erhalten zu haben. 4 dürfte defien Gebrauch
ta Rleinafien fomit nicht ohne Wahrſcheinlichkeit auf die hier wie in gang
Borderafien vieleicht ſchon uralte (vorſemitiſche) und in manchen abgeles
genen Gebirgowinkeln bis in hiſtoriſche Zeiten ſich erhaltende turanifche
(ffothifhe) Bevdtkerung zurüdgeführt und angenommen werben, Daß es
Ad) in fpäteren Zeiten als ein Reſt uralter Sitte nur in gewifien gottes⸗
dlenſtlichen Geremonien, wie den von Strabon und andern geſchilderten det
Satäcnsfeftes (f. oben ©. 391) erhalten Hätte. Da mın das Doppel
beil in unferen Bildwerken von Tavia nicht allein im Gürtel der männlichen
Hauptfigur und der Hinter der weiblichen ftehenden, fondern auch in den Hän«
den vieler der übrigen Begfeiter*®) erfcheint, fo würde dadurch Tetiers, In der
Unterfchrift feiner Zeichnungen „les Sackes” dargelegte neuere Anficht ihre
Begründung erhalten; mar werden wir nicht mit ihm den Alten auch auf
das Feld fplelender Hiftorifirenver Etymologie folgen und and Namen und
Entftehung jenes Feſtes auf die hiſtoriſchen Sakeneinfälle zurädführen dür-
fen, da durch andere getwichtigere Zeugniffe Die allgemeine Verbreitung des
SGatäenfeftes (Sukkoth, d. i. Laubhütten) umd feine Bedeutung im
obfeönen Cult der Befchlehtögottheiten bei allen femitifhen Stämmen
won Babylon und Paldftina bis mach Lydien hinreichend feſtgeſtellt if
(Movers, Relig. d. Phönig ©. 480 ff; R. Rochette u.a. D. & 286).
Ein fernered Moment zur Bernüpfung der Euftusfiguren mit den hiſtori⸗
fen Zuraniern (Saten) mochte die eigenthämfihe Kopftracht der hohen
Spipmüßen geben, welche, wie fie aus turanifcher Sitte zu den Reuperfern
Übergegangen ift, und ebenfo fehon ten Safe in Zerxes Heer beigelegt
win (wvoßaulas & SE) dreypevar bei Herodot VIL. 64)," ebenfo durde
gangig bei aflen männlichen Figuren in unferen Bildwerken, im Gegenſatz
zu tem der aſſyriſchen und medifhen Tracht ähnlichen Kopfſchmuck der
weiblichen Figuren erſcheint.
*) Daher die combintrende hiftorifirende Fabel der Griechen (bei Piutarch.
Bellenica. 0.45. p. 403 ed. Müller. VII. 204 ed. Reiske) wie Heratles das
Beil der befiegten Amagonenkönigin raubt und der Omphale bringt,
von der es als koͤnigliches Würdezeichen auf die lydiſchen Könige
vererbt, bis auf Gyges, der es feinem kariſchen Bundesgenoffen als
Benteftäd überläßt, worurd es dann nach Karten gelangt, wo die
Griechen es noch in Hifterifher Beit als Gultusfymbol fanden.
) Benigfens ſcheint diefe Auffaſſung natürlicher als darunter das
von Aegypten her als Symbol des Lebens bekannte fogenannte Hens
Beifreuz zu verftehen (vgl. R. Rochette a. a. D. ©. 143 u. 375 ff.
wur la eroiz ansdo asiatique).
10% GEellärung der Rupfertafele.
Beide bier als eigenthuümlich hervorgehobene Städe ber Tradt: hohe
Spihmühe und Doppelbeil im Gürtel (Ichteres auf allen frühere
Zeich ungen und von mir felbft ned; bei der Ausführung ter Zeikaung
an Ort und Stelle verfannt und erft durch Vergleichung der analczen Ge
Ralten bei Texier beftätigt) vereinigen fih nun aud in der auf Taf IE
gegebenen Geſtalt des Fel ſen relieſs von Rymphi in Eydien — wege
fon Hergdot irrthämlich für ägyptifc gehalten hatte — um auch Died
Wert uralter Kun demſelben Urfprunge zuzuweiſen, dem die Bilweie
von Zavia ihre Gntfiehung verdanken. Die Bedeutung defielben als Dead
mal aiteſter afjyrifher Eroberung bes vorderen Kleinafiens (vieleicht
alſo {hen des 13. vorchriſtlichen Jahrhunderts) erfheint mir jept uner
feihaft und damit die Berechtigung des von Herodot getadelten Grfläres
(wahrfgeiulich des Setatäus), der darin den affprifcen Heros Rem
mon zu fchen geglaubt hatte. (Mehr hierüber im III. B. der Gref. von
Kleinaflen, vgl. auch Lepfius in Gerhards archäol. Zeit. 1846. S.273.)
Ganz ifolirt ſteht endlich das obere große Relief von Taf. IIL, mi
“eb wir hier nach einer und gütigk havertrauten Skizze vom Der Hank
des verkorbenen Oberſt Fiſch er zum erftenmal bekannt machen, nachden
Dtter, ver es [don 1736 gefehen, es nur flüdtig beſchrieben. aber nigt
Aeiquet Hatte. Ge findet ih 20 Fuß über dem Boden an einer Friämunb
var Seite eines Weges, der fih von Eregli im fünlichen Cappadocien 5.8.
von der großen Straße nach den ciliciſchen Päfien rechts abgehend, durch Die
Borhoͤben des Taurus zieht, nahe dem Dorfe Jwris (nicht Abrtz, wie Otter !
mit Anführung einer irrigen perſiſchen Etymologie ſchreibt), und hat im der hier
dazgeftellten Ausdehnung etwa 12 Fuß Höhe bis zu der oberem Austichung
{a der fonft glatten, mur oben etwas weiter vorſoriugenden Felwand.
Da Styl des Werks ift unverkennbar ähnlich dem der übrigen von uns
betrachteten Werke, etwad weniger roh und mit betaillirterem Schmnd der
Kleidung ald in den Bildwerfen von Tavfa, aber auch weniger ausgebildet
ala in dem auf unjeree Tafel nebenftehenden aſſyriſchen Königärelief ver
Beirut (Sanperib, 7. Jahrhund. v. Chr.) und mod) mehr ald in den von
Rineve her bekannten Werfen der Blüthezeit aſſyriſcher Kunſt. Der Zur
der Daritellung ift unverkennbar: Darbringung eines Opfers von den Erf
fingen des Herbftes, Kornaähren und Trauben (mie die heitnifchen Armes
nier fie no im 4. Jahrh. nach Agathangelos Bericht am erſten Tage
des Monats Navafard, d. i. Reujahr, umjerem September entfpredent,
zu opfern pflegten) vor dem etwaß erhöht ſtehenden Meineren Standbiſde
einer Gottheit; ob aber die vor dem Geſichte der größeren Figur Rchenten,
von dem Autor unjerer Skigge in der Entfernung und Gile nur flüchtig
angedeuteten Zeichen etwa Reſte von Keilſchrift entpalten und jomit darch
theilweiſe Entzifferung zum Berftänduiß der Figur beitragen Rönnen, muß
erſt eine fehr wuͤnſchenswerthe nochmalige genauere Unterfuchung des Trab
mals an Ort und Stelle lehren.
. ©. Kiepen
1%
Dictized by Google
Baia, Google
Dictized by Google
Dictized by Google
Baia, Google